Der ganz normale Hebammenwahnsinn - Anna-Maria Held - E-Book

Der ganz normale Hebammenwahnsinn E-Book

Anna-Maria Held

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Beschreibung

Schon wieder Schule! Eigentlich war für Anna-Maria die Ausbildung auf der Hebammenschule schon fast zu viel des Guten. Aber was tut man nicht alles, um wissbegierigen Neuntklässlern das A und O der Hebammenkunst beizubringen. So plaudert die freiberufliche Hebamme aus dem Nähkästchen und lässt die Horde jugendlicher Nachwuchs-Eltern samt ihren Übungspuppen an schrillen und schrägen, herzhaften und herzlichen Geschichten teilhaben. „Chanelle erwartete ihr erstes Kind. ‚Ungeplant, aber was soll man machen?‘ Der Kindsvater kam aus einer Kultur, in der Hebammen nur ungern gesehen waren. ‚Wär toll, wenn du zwei Straßen weiter weg parkst und keinem sagst, dass du zu uns kommst. Der Marco ist auch nicht so begeistert davon, dass ich ‘ne Hebamme hab. Da müssen wir mal gucken, wie das noch so wird.‘ Klar. Gern. Und sowieso: Schweigepflicht.“ Ein Buch für alle, die sich mit der eigenen Hebamme zu Hause einen Tick wohler fühlen als ohne. Und die auf Anna-Marias lockeren Stil einfach nicht verzichten wollen.

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Inhalt

Korrektes Vorwort

Die individuelle Hebamme

Die individuelle Schwangere und Wöchnerin

Unterricht mit der Hebamme

Krasse hypothetische Fallbeispiele

Alles wie immer da unten

Latifeh gern putzen

Mama und Papa

Dafür gibt es Hebammen

Samantha-Dakota

Unerwünscht

Hebammen und das liebe Geld

Superhero

Lieber den Professor fragen!

Die Wahrheit über die Zahnvererbungslüge

Wie Weihnachten, nur besser

Seiner Zeit voraus

Meine Grenze

Viele Wege führen nach Rom

Zwei kleine Engel

Nix Schlimmes!

Ja, aber - - -

Erwartungen an die Hebamme

Frische Morgen - müde Morgen

Kurse

Traum und Wirklichkeit

Wie geht es weiter?

Die individuelle Hebamme

Es gibt unterschiedliche Arten der Gattung „Hebamme“. Niemand wird das bestreiten. Karikaturistisch überzeichnet existieren nur drei „Hauptarten“

Zum einen gibt es die klischeetreue Hebamme.

Wie sieht die so aus?

In der Regel ungeschminkt. Sie trägt nicht viel Schmuck. Einen Ehering vielleicht. Und eventuell auch eine Kette mit einem Anhänger. Der besteht meist aus einem Stein, der sie ausgleicht. Sie lebt vegan, trinkt keinen Alkohol, hat noch nie eine Paracetamoltablette eingeworfen und kennt sich mit allen Gesetzen der Homöopathie aus.

Sie reißt sich ein Bein dafür aus, dass Schwangere selbstbestimmt die Vorzüge der außerklinischen Geburtshilfe in Anspruch nehmen, und das andere Bein dafür, dass diese ihr Kind stillen kann.

Kaffee trinkt sie meistens nicht, lieber einen Yogitee. Yoga macht sie übrigens auch. Und Pilates. Sie hat um die vier Kinder, die natürlich alle per Hausgeburt auf die Welt gekommen sind. Sie meidet den Gynäkologen (und den Großteil der Schulmedizin) wie ein Vampir die Sonne.

Auto- und Klamottenmarke sind ihr völlig gleich. Das Auto muss nur fahren und darf ihr nicht unter dem Hintern wegrosten. TÜV ist auch nicht so wichtig. Die Kleidung sollte aus Baumwolle oder Leinen sein und aus ökologischem Anbau. Sie nimmt an jeder Hebammendemonstration teil und verteilt Petitionenunterschriftenlisten. Sie ist Hebamme mit Leib und Seele und auch nachts erreichbar. Die Burnoutgefahr ist groß.

Obwohl es ihr finanziell nicht besonders gutgeht, würde sie auch umsonst arbeiten. Sie hat Verständnis für jede Schwangere, und lässt sie sein, wie sie ist. Niemals kommt der Satz „Diese Frau ist anstrengend“ über ihre Lippen.

Die Hebamme des anderen Extrems ist eine Perlenpaula, die ungeschminkt niemals das Haus verlässt. Ihr Ehemann ist Herz-Thorax-Chirurg oder übt irgendeinen anderen total megabezahlten Beruf aus. In ihrer Existenz fühlt sie sich daher nicht bedroht, aufs Geld ist sie nämlich nicht unbedingt angewiesen. Sie trägt teure Klamotten, echten Schmuck und schweres Parfum. Der Friseur und die Kosmetikerin sind feste Bestandteile ihres Lebens.

Gern unternimmt sie Besuche im Solarium. Sie ackert immer wieder wie ein Pferd, auch an den Wochenenden, erkennt aber rechtzeitig ihre Grenze und zieht sie dann auch ganz strikt. Die Burnoutgefahr ist nicht so groß. Sie geht täglich joggen oder reiten und hat einen Dackel. Ihr Auto ist entweder ein Zweisitzer-Sportwagen (teuer natürlich) oder ein fetter Geländewagen (auch sauteuer). Vielleicht hat sie aber auch beide Varianten.

Sie rechnet korrekt ab, nie zu ihrem Nachteil, und kennt jede legale Möglichkeit, aus einer Rechnung noch etwas mehr rauszuholen. Sie liebt Kaffee und Champagner. Auch sie betreut jede Schwangere aus jeder Klientel, ist aber nicht ganz so Mutter-Teresa-mäßig drauf wie die oben beschriebene Kollegin.

Sie arbeitet nach einer festen „Wenn, dann“-Struktur. Hausgeburten und Stillen findet sie zwar unterm Strich auch besser als primäre Sectios und primäres Abstillen. Ihr Seelenheil hängt allerdings nicht so sehr davon ab.

Die dritte Hauptart ist irgendwo dazwischen. Und natürlich: Es gibt noch viele, viele Zwischenarten und Zwischenzwischenarten. Da kann sich jede irgendwie wiederfinden. Da bin ich mir sicher.

Fachlich ist jede Hebamme auf ihre Art und Weise gut, denn alle haben trotz aller Unterschiede eines gemeinsam: Sie möchten das Beste für Mutter und Kind. Es führen viele Wege nach Rom. Nicht nur einer.

Natürlich kommt menschlich nicht jede Hebamme mit der anderen Hebamme klar. Unter Frauen ist das auch manchmal sowieso eine Sache.

Und außerdem: Jede Hebamme ist auch nur ein Mensch.

Mit Macken.

Die individuelle Schwangere und Wöchnerin

Genauso, wie es unterschiedlichste Hebammen gibt, gibt es unterschiedliche zu betreuende Schwangere und Wöchnerinnen.

Unterschiedliche Kulturen. Altersunterschiede. Das wievielte Kind? Alleinstehend oder in einer Partnerschaft? Mit Vorerkrankungen oder völlig gesund? Sozial gut oder eher schwach gestellt? Abitur / akademischer Abschluss oder nach der sechsten Klasse die Schule abgebrochen?

Und, und, und, und.

Auch sie haben eines gemeinsam: Sie möchten betreut werden. Das haben wir Hebammen im Fokus. Fachlich geben wir unser Bestes. Es ist uns egal, wie gut oder schlecht die Frauen gestellt sind. Wir betreuen sie, weil wir finden, dass es unsere Aufgabe ist.

Wir machen da keine Unterschiede, und trotzdem betreuen wir sie individuell.

Es gibt Frauen, die möchten Hebammenbetreuung und brechen den Kontakt dann doch abrupt ab. Das muss akzeptiert werden. Ist deren Entscheidung. Und mehr als uns dann juristisch korrekt zu verhalten und uns zu reflektieren, können wir nicht. Andere Frauen besuchen wir länger. Ist auch deren Entscheidung. Jede so, wie sie das haben möchte.

Die eine Frau setzt gern jeden Vorschlag sofort um, der von uns kommt, weil sie sich das alles gut vorstellen kann, was wir sagen. Die menschliche Wellenlänge scheint da zu stimmen. Bei der anderen Frau stimmt die menschliche Wellenlänge irgendwie nicht so und sie zweifelt viel an dem, was wir sagen, oder hält sich lieber an andere Ratgeber. Das ist dann so. Wir haben die Frau dann einfach nicht richtig verstanden, oder sie uns nicht, weil wir es ihnen nicht so erklären konnten, wie sie das gebraucht hätte. Der gemeinsame Nenner fehlt. Muss man einfach einsehen.

Jede Schwangere und Wöchnerin ist eine Herausforderung für uns. Die eine nehmen wir nicht so als Herausforderung wahr, weil das eine einfache Geschichte ist. Bei der anderen kann das schon wieder ganz anders aussehen.

Manche Frauen sind Algebra (Das liegt mir persönlich.) und manche sind Geometrie (Das ist mir ein Rätsel.).

Unser Ziel ist es (zumindest sehe ich das so), jede Schwangere und Wöchnerin so zu betreuen, wie sie es braucht, wie sie es möchte und auch, wie die Situation das erfordert. Keine Frau wird gedanklich schlecht gemacht, aber mit all ihren Eigenheiten eben wahrgenommen. Das hat nichts mit herablassendem Gehabe zu tun.

Manchmal passiert es, dass eine Herausforderung nicht gemeistert werden kann. Das muss man für sich erkennen und die Konsequenzen daraus ziehen.

Niemand hält sich für den Messias der Hebammenwissenschaften. Das nehme ich zumindest an. Herausforderungen, an denen wir scheitern, sollten uns immer dazu veranlassen, uns zu fragen: „Was hätte ich anders machen können?“

Und dann macht man das beim nächsten Mal eben anders. Oder auch nicht. Je nachdem, was unsere Reflexion so ergeben hat.

Wir wachsen am meisten an den Frauen, die Geometrie sind.

Eigentlich wollte ich ja Lehrerin werden. Bin ich dann aber doch nicht geworden. Trotzdem schmeißt mir das Universum die Schule immer wieder mal gezielt in mein Leben.

Nachdem mein Examen an der Hebammenschule ungefähr fünf Jahre hinter mir lag, schien es an der Zeit zu sein, mich wieder einer Schule zu nähern.

Und so kam doch prompt die Anfrage einer Lehrerin ins Haus geflattert: Ob ich nicht Lust hätte, der neunten Klasse einer Gesamtschule im Landkreis etwas über die Hebammenarbeit zu erzählen. Frau Meier meinte, mein „Unterricht“ fände im Rahmen des aktuellen Präventionsprojektes für Teenagerschwangerschaften statt.

Mit Simulationspuppen, wie man sie aus dem Fernsehen kennt. Die haben einen eingebauten Microchip. Auf den wird programmiert, um wie viel Uhr das „Baby“ schreit. Und vor allem, warum es schreit.

Möchte es auf den Arm genommen werden? Hat es Hunger auf sein Fläschchen? (Gestillte Modelle gibt’s noch nicht, diese Babys sind komplette Flaschenkinder. Es wird sicher schon an Upgrades gearbeitet.) Möchte es gewickelt werden?

Der Chip kann anhand eines weiteren Chips im Armband der „Mutter“ oder des „Vaters“ erkennen, ob und wie das Baby beruhigt wurde. Hinterher gibt’s dann via PC eine Auswertung darüber, wie lange das Kind geschrien hat und auch, ob es eventuell geschüttelt worden ist.

Da ich schon Erfahrung bei dieser Art Unterrichts-Projekten gesammelt hatte, die immer recht witzig verliefen, sagte ich zu.

Und eines Montag Morgens packte ich meine Federwaage mit Tuch, mein Hebammen-Hörrohr und ein paar Globuli – schließlich musste ich ja authentisch wirken – in meine Hebammentasche und trat vor eine 20-köpfige Schulklasse.

Alle hatten ihre „Babys“ dabei, manche schrien gerade, wurden gewickelt oder geflaschelt. Mit einem Wort: Es ging recht zu.

Nach dem durch Babygeschrei unterbrochenen Anfangsgeplänkel – „Mein Name ist so und so, ich arbeite als Hebamme, bin so und so alt und wurde neulich gefragt, ob ich vielleicht blablabla und dann sagte ich natürlich blablabla und so weiter und so weiter“ – ging es mit den ersten Fragen los.

„Was macht eine Hebamme denn eigentlich?“

Die Frage gab ich direkt zurück: „Was glaubt Ihr denn so? Ideen?“

„Gucken, wie es dem Baby geht?“

„Stimmt. Und wann so?“

„Na, wenn’s noch im Bauch ist und wenn’s dann auf der Welt ist.“

„Stimmt auch.“

„Gucken, wie es der Mutter geht?“

„Ja, stimmt. Wann so?“

„Na, wenn sie noch schwanger ist und auch danach?“

„Genau.“

„Das Baby auf die Welt bringen?“

„Nein, das macht die Mutter selbst, aber die Hebamme darf sie dabei unterstützen.“

„Dem Baby die Brust geben?“

„Nein, das macht die Mutter auch selbst. Früher gab es Stillammen. Jetzt nicht mehr. Jetzt gibt’s Kunstnahrung. Ob die Abschaffung der Stillammen so falsch war, möchte ich bezweifeln.“

„Der Mutter zeigen, wie man das Baby wickelt und badet?“

„Auch. Ja.“

„Das Baby wiegen?“

„Durchaus mal.“

„Gibt doch auch so krasse Wochenbettdepressionen, oder? Die Hebamme kennt so was bestimmt und tröstet die Mutter dann, glaub ich.“

„Nicht schlecht!“

Grundsätzlich waren sie also informiert.

„Wenn die Mutter Fragen hat, kann die Hebamme die beantworten.“

„Nicht alle. Aber wir versuchen unser Bestes.“

„Und Kurse auch, oder?“

„Ja. Zum Beispiel?“

„Na Geburtsvorbereitungskurse, wo die alles über Geburt und so lernen.“

„Unter anderem. Ja. Und sonst so?“

„Kurse, in denen die Frauen sich zurückbilden und abnehmen können.“

„Fast. In Rückbildungskursen sollen sich alle schwangerschafts- und geburtsbedingten Veränderungen wieder zurückbilden. Die Frauen bilden sich nicht zurück. Die bleiben ganz.“

Diese neunte Klasse hatte sich gut vorbereitet. Prima!

Theoretisch zumindest. In der Praxis schrien gerade fünf Puppen gleichzeitig, und keine wollte gewickelt oder gefüttert werden.

Als Frau Meier das Projekt etliche Wochen zuvor vorgestellt hatte, gluckerten die Teenies noch freudig:

„Ist ja nur ‘ne Puppe, wird schon irgendwie gehen.“

Doch spätestens jetzt, nach der ersten durchwachten Nacht, wurde allen klar: Shit! Diese Puppen lassen sich ja gar nicht ausschalten!

Zumindest nicht von den Teilnehmern selbst.

Klar, bevor ein Jugendlicher vor lauter Verzweiflung aus dem Fenster sprang, gab es immer eine Notrufnummer, die gewählt werden konnte – auch nachts –, wenn die Totalüberforderung eintreffen sollte. Noch hatte keiner davon Gebrauch gemacht, aber die Handys lagen wohl schon gezückt neben den Betten.

„Und? Wer möchte in absehbarer Zeit ein echtes Baby bekommen?“, fragte ich in die müde aussehende Runde.

Niemand meldete sich.

„Lieber bringe ich mich um!“, stöhnte Marina kichernd.

„Nee, Alter. Das weiß ich zu verhindern“, wusste Erdal.

„Und wie?“, griff ich diese Antwort auf.

„Na mit Verhütung und so.“

„Stimmt. Wie kann die aussehen?“

„Kondom?“

„Jawoll.“

„Diaphragma?“

„Auch.“

„Sterilisieren lassen?“

„Irgendwann, wenn Ihr genug Kinder habt. Dann ja.“

„Wie geht das überhaupt? Sterilisieren?“

„Ja, wie geht das? Ich geb die Frage mal zurück. Ideen?“

„Bei der Frau alles raus, wo sich was einnisten kann? Gedärme und so. Oder Gebärmutter. Beim Mann kommen die Eier also ich meine Hoden ab, oder?“

„Naja. Nicht ganz. Ein Thema für später. Welche Verhütungsmethode fällt euch noch ein?“

„Ins andere Loch?“

„Was???“

„Äh nix.“

„Vorher rausziehen, bevor der Mann kommt?“

„Nein.“

„Gar keinen Sex machen?“

„Ja. Zum Beispiel.“

„Kalt duschen?“, fragte Ole.

„Hä, wie verhütet man damit denn?“ Reiner konnte sich darunter rein gar nichts vorstellen.

„Na, der Mann kriegt dann keinen hoch, du Spast. Weißt du gar nichts?“

„Hebamme is irgendwie auch voll Arzt, oder? Haben Sie auch Ultraschall und so?“

„Nein. Und nein. Wir haben Hände, ein Maßband und ein Gefühl.“

Meine Freundin, begeisterte Klinikgynäkologin, war sehr erstaunt und begeistert, als ich ihr in der 18. Schwangerschaftswoche sagen konnte, wie ihr Baby in ihrem Bauch lag und wie groß es in etwa war. Und das ganz ohne Strom.

„Was war denn so das Krasseste, was Sie je erlebt haben?“, wollte Manuela wissen.

„Krass“ ist an sich ja ein großes Wort. „Krass furchtbar“, „krass toll“, „krass beeindruckend“, „krass normal“, „krass cool“, „krass happyendmäßig“ ... Alles wäre da möglich.

Wollen wir es nicht einfach „Krasse Fallbeispiele“ nennen? „Krasse hypothetische Fallbeispiele“?

Ja. Es sind krasse hypothetische Fallbeispiele. Krass verändert, krass auf den krassen Punkt gebracht, krass wertungsfrei.

Bei jeglichem „Das ist aber nicht okay, das so zu schreiben!“ verweise ich sofort auf das krasse Vorwort.

Und beginne mal mit dem krassen Paul.

Alles wie immer da unten

„Du, die Mandy hat ja die Krankenschwesterausbildung, ne?“, berichtete Paul, während er Mandy auf dem Sofa fest umschlungen hielt und manisch ihren schwangeren Bauch streichelte. „Das müsste doch irgendwie gehen, dass die dann so ‘ne Art Hebammenworkshop oder so macht.“ (Während er „Hebammenworkshop“ sagte, legte er seine Stirn in tiefste Falten und imitierte mit seinen Fingern Anführungszeichen.) „So was kann man doch übers Wochenende alles lernen, oder? Kann ja nicht so schwer sein. So ein bisschen Kindwiegen und so.“

Ich liebe es ja sehr.

Diese Wertschätzung meines Berufes.

„Jedenfalls wär das, glaub ich, ganz gut für die Mandy, wenn die sowas mal machen würde. Weißte, dann kann die vormittags, wenn das Kind dann in der Krippe ist, ein bisschen durch die Gegend zu den Frauen fahren und dann nachmittags oder abends – weil vielleicht kommt‘s auch gleich in den Ganztag, das Kind, hat uns ja auch nicht geschadet – ist die Mandy dann wieder zu Hause. Dann kommt die einfach auch mal raus und findet ja vielleicht dadurch auch ein paar neue Freundinnen.“

Mandy lächelte verklärt und nickte begeistert, während sie im Liebesschwitzkasten ihres Freundes verharrte.

Oh. Mein. Gott.

Das war übrigens ein Hausbesuch. Ich hatte die Uhr im Auge, denn bereits in 20 Minuten erwartete mich die nächste Familie. Seit eben diesen 20 Minuten saß ich schon hier und wurde mit Ideen wie der genannten überhäuft.

Das Schlimme daran war, dass ich irgendwie begeistert und bejahend darauf antworten musste, denn alles andere hätte endlose Monologe von Paul zur Folge gehabt. Das kannte ich schon. Paul laberte mich jedes Mal in Grund und Boden.

Die Tochter seines Kumpels würde mit drei Jahren noch immer gestillt werden. Wie ich denn das so sähe. Und die Frau seines Chefs, die sei auch schwanger, wie die Mandy. Auch genauso weit schon. Allerdings sei Mandys Bauch viel kleiner. Ob die Frau seines Chefs jetzt vielleicht schon Schwangerschaftszucker hätte?

„Sag doch mal, du als Fachfrau! Kann ich der vielleicht irgendwas Schlaues dazu raten?“