Der Geisterzahnarzt von Inverness - Thomas M. Meine - E-Book

Der Geisterzahnarzt von Inverness E-Book

Thomas M. Meine

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Beschreibung

Eine junge Lady aus den schottischen Highlands muss mit Zahnschmerzen zum Zahnarzt. Schon schlimm genug, aber es kommt noch schlimmer. Keineswegs zimperlich, wenn es um ihre eigenen Interessen geht und selbst mit einigen Leichen im Keller, gerät sie hier in die Fänge eines untoten Vertreters der Zunft. Viel Whiskey begleitet die Geschichte in der Nähe von Nessie, dem Ungeheuer von Loch Ness - aber wird es ihr gelingen zu entkommen? Pflichtlektüre für alle Anhänger von 'No Ladies in the Pub please'.

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AN DIE DISTEL:

Für die Schotten bist du mehr als eine Blume Du bist ein Symbol für große Stärke und Macht Eingehüllt in Töne von lila und grün Bist du die schönste Blume die ich je gesehen habe

Einige Leute sagen du wärst nur ein Unkraut Aber wir Schotten kennen dich als mächtige Art Du bist zart und doch stark und wagemutig Und du bist uns mehr wert als Silber und Gold

Du wirst von den schottischen Herzen geliebt Und du warst von Anbeginn an richtig Mit den lila Köpfen und dem sehr stachligen Stiel Du bist die prächtigste aller schottischen Juwelen

Inhaltsverzeichnis

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

I.

Fiona MacGill aus Drumnadrochit war ein hübsches Mädchen, witzig, lebenslustig, klug und vor allem sehr reich. Mit Ausnahme von Letzterem gäbe es eine ganze Menge ihrer Art, aber das war nicht das Besondere an ihr. Fiona sagt, sie könne Geister sehen und hätte auch keine Angst vor ihnen.

Blond, wie es ihr aus dem Gälischen stammender Name (weiß, hell, blond) suggeriert, war sie aber nicht, sondern mit langen, rötlichen Haaren ausgestattet. Die hatte sie aber weder von ihrer Mutter noch von ihrem Vater; auch bei beiden Großeltern war diese Farbe nicht zu finden.

Kein Wunder also, dass Gerüchte aufkamen, sie wäre irgendwie untergeschoben worden. Dass diese Nachreden von ihren zwei jüngeren Brüdern, Archie und Finley, wegen deren Erbschaftsinteressen lanciert worden sein sollen, interessiert jetzt nicht mehr. Beide sind inzwischen verstorben bzw. ertrunken und sie selbst hatte nach einem tödlichen Unfall ihrer Eltern bei einem Hausbrand das Anwesen und ein riesiges Vermögen allein geerbt.

Apropos ertrunken. Das schöne Städtchen Drumnadrochit in den schottischen Highlands liegt in der Mitte des Westufers von Loch Ness im Zentrum des weltweiten Tourismus, der Jahr für Jahr die Menschen wegen des dort gelegentlich auftauchenden Monsters 'Nessie' anlockt.

Zunächst wohnten die Eltern im näher an Inverness gelegenen Dochgarroch, wo das über die Ness kommende Wasser von der Beauly Firth und der Moray Firth durch Inverness hindurch zum nördlichen Ende von Loch Ness führt. Dort gab es aber leider – wie auch heute noch – keinen Pub, was den trinkfreudigen Vater schließlich veranlasste, wegzuziehen und sich ein paar Dörfer weiter in einem prächtigen Anwesen niederzulassen. Manche sagen, dies sei nicht der wirkliche Grund gewesen, als sie mit der kleinen Fiona dort ankamen.

Fiona soll Jahre später ihrem Bruder Archie einen Tritt gegeben haben, als sie am Ufer von Loch Ness standen, um wie so oft nach dem Ungeheuer Ausschau zu halten. Er wäre sofort untergegangen und nicht mehr aufgetaucht. Man glaubte aber dem vermeintlichen Augenzeugen nicht, denn jeder weiß, dass Nessie ein Planktonfresser ist und beide Brüder gute Schwimmer waren.

Loch Ness liegt mitten im Kaledonischen Kanal, einem künstlich als auch unter Ausnutzung natürlicher Flüsse und Seen angelegter Wasserweg, der die Nordsee im Osten mit dem Atlantik auf der anderen Seite von Schottland – quer durch die Highlands – verbindet.

Beide Enden liegen auf gleicher Meereshöhe. Aber durch die Highlands hindurch muss man diverse Höhenunterschiede überwinden, was nur mit vielen Schleusen längs des Weges geht. Da hätten die Brüder eigentlich irgendwann hängen bleiben müssen, dachte jeder, nur Fiona dachte richtig:

Loch Ness hat gar keine richtige Strömung, nur oberhalb, wenn starke Winde das Wasser bewegen, und alles sinkt sauber ab auf den Grund.

Die kluge Fiona kennt sich auch bestens mit Bathymetrie aus. Das ist die Vermessung zur Erfassung der topografischen Gestalt von Gewässerbecken. Über die Tiefe von Loch Ness wird immer gestritten. Manche meinen 230 Meter, andere sprechen von bis zu 325 Meter. Da es am Grund viele Höhlen gibt, sind Messungen problematisch. Was die Gestalt der Seitenwände angeht, so gehen diese sehr abrupt und steil nach unten, was stellenweise einem Winkel von 75° bei einem abfallenden Hang entspricht.

Beste Voraussetzungen also, den Bruder Archie zu bitten, den dicht am Ufer stehenden Picknickkorb zu nehmen; eine praktische Schlinge ums Handgelenk gelegt, damit er ihn nicht verliert, ein überraschter Ausruf 'sieh doch – dort – Nessie kommt hoch' und dann noch ein kräftiger Tritt – so gehts, besonders wenn man Ziegelsteine statt belegte Brötchen eingepackt hat.

Ein Jahr danach hatte Fiona den anderen Bruder Finn vom von Touristen überlaufenen Platz nahe der Urquhart Burgruine weggelockt, um an anderer Stelle, ohne lästige Zuschauer, ihr Glück zu versuchen. Dort konnte sie ihn in aller Ruhe niederschlagen und mit Steinen beschwert versenken; ist ja auch schade um so einen schönen Picknickkorb …

Nun aber zurück zu den Geistern:

Das Gespenst von Canterville, das viele aus den Büchern von Oscar Wilde und den verschiedenen Hollywoodverfilmungen kennen, war schon richtig tot, nachdem es nach jahrhundertelanger Verdammung Geist zu spielen, endlich erlöst wurde. Aber nun spukt es doch wieder herum. Fiona wusste das aus persönlicher Bekanntschaft, hatte es aber nie an die große Glocke gehängt, wie sie sagt. Sie meinte, das würde viele Menschen nur enttäuschen, die an so fest an die endgültige Erlösung von Sir Simon de Canterville glauben.

In feuchtfröhlicher Runde spricht sie aber gerne über ihre anderen Begegnungen dieser Art. Die schaurigen Geschichten, die sie zum Besten gibt, zeugen meist von einer Respektlosigkeit gegenüber Geistern und Untoten, die an reinste Unverschämtheit grenzt.

Dem Mann ohne Kopf kam sie einmal spöttelnd entgegen und fragte ihn, warum er eigentlich nie einen Hut trägt. Bevor der verdutzte Geist Luft holen und antworten konnte, lachte sie nur und sagte »weil du keinen Kopf hast, du Knalltüte!«

Den als Skelett herumlaufenden Gespenstern empfiehlt sie nächtliche Besuche bei der Altkleidersammlung.

Flaschengeister pöbelt sie an, sich eine anständige Behausung zu suchen, solange man noch den Pfand auf die alte Unterkunft zurückbekommen kann.

Als Studentin auf dem St Leonards College in St Andrews hatte sie in der Gruft der Cathedral einmal geöffnete Flasche Chanel No. 5 stehen lassen und dann laut bemerkt: »Weil ihr hier nie lüftet, ihr Moderlappen!«

Geister laufen lieber davon, wenn sie auftaucht. Manche geraten in echte Panik oder fallen ohnmächtig zu Boden, oft nicht ohne einen dauerhaften und ekligen Fleck zu hinterlassen.

Kommen wir jetzt zur eigentlichen Geschichte: