Die Tür zur anderen Welt - Thomas M. Meine - E-Book

Die Tür zur anderen Welt E-Book

Thomas M. Meine

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Beschreibung

Schundroman? Trivialliteratur? In den 1930er bis 1950er Jahren erfreuten sich die sogenannten Pulp-Magazine, auch kurz 'Pulp' genannt, großer Beliebtheit. Durchgehende Handlung und Spannung, ohne besonderen literarischen und intellektuellen Anspruch - einfach nur unterhaltend. Jedes Jahr entführt die 'Bruderschaft der Tür' Menschen, um sie 'Denen hinter der Tür' zu opfern. Eine junge Frau, mit ihrem Mann auf Hochzeitsreise in London, wird Opfer dieser fanatischen Sekte. Wird es Inspektor Campbell zusammen mit ihrem Mann gelingen, sie noch rechtzeitig zu befreien, bevor sie in die geheimnisvolle Welt eines anderen Universums entschwindet? In Anlehnung an die Kurzgeschichte 'The Door to Infinity' von Edmond Hamilton aus dem Jahre 1936, erschienen in 'Weird Tales', einem der damals populärsten Pulp-Magazine.

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Inhalt

Die Bruderschaft

Die Todesfalle

Durch den Wassertunnel

Die Höhle der Tür

Die Tür öffnet sich

Epilog

DIE BRUDERSCHAFT

London, 15. Mai 1935:

„Wohin führt diese Tür?“

„Sie führt in die Welt außerhalb.“

„Wer hat uns gelehrt, diese Tür zu öffnen?“

„Die hinter der Tür haben es uns gelehrt.“

„Wem bringen wir diese Opfer?“

„Wir bringen sie denen hinter der Tür.“

„Sollen wir die Tür jetzt öffnen?“

„Ja, lasst uns die Tür öffnen!“

Paul Ennis hat geduldig zugehört, aber sein hageres Gesicht zeigte einen Ausdruck des Unverständnisses.

Schließlich unterbrach er den Redenden:

„Was hat das alles zu bedeuten, Inspektor, warum erwähnen Sie mir gegenüber diese Worte?“

„Sie haben sicher einen solchen Dialog noch nie gehört“, sagte Inspektor Pierce Campbell, der sich etwas nach vorne lehnte.

„Natürlich nicht“, rief Ennis aus, „das klingt wie unsinniges Kauderwelsch für mich. Welche Verbindung soll es da zu meiner Frau geben?“

Er erhob sich, ein groß gewachsener, blonder, junger Amerikaner, dessen fülliges, blondes Haar von seiner Stirn ordentlich zurückgebürstet war. Seine blauen Augen waren von leidvoller Angst heimgesucht, und sein Gesicht erschien durch innerliche Qualen verstellt.

Er stieß seinen Stuhl zurück und lief durch das düstere, kleine Bürozimmer, dessen einziges Fenster einen Blick auf das neblige Zwielicht in London bot. Dann beugte er sich über den heruntergekommenen Schreibtisch des Inspektors. Seine Hände hielten sich an der Tischplatte fest, als er angespannt mit dem Mann sprach, der dahinter saß.

„Inspektor, warum vergeuden wir unsere Zeit mit solchen Gesprächen?“, kam es fast im Schreiton aus ihm heraus. „Wir sitzen hier und palavern, währen Ruth alles Mögliche passieren kann. Es sind schon Stunden vergangen, seit sie gekidnappt wurde. Sie könnten sie schon sonst wohin gebracht haben, sogar außerhalb Londons. Statt nach ihr zu suchen, sitzen Sie hier und quasseln etwas von Türen.“

Inspektor Campell schien die Aufregung von Ennis wenig zu beeindrucken. Er war ein klobiger, fast kahlköpfiger Mann. Wenn er mit seinem farblosen Gesicht aufsah, leuchteten zwei Augen, wie aus hellem, braunen Glas gemacht.

„Sie helfen mir nicht besonders, wenn Sie ihren Emotionen so freien Lauf lassen, Mr. Ennis“, sagte er in ruhigem Ton.

„Freien Lauf lassen? Wer würde ihnen nicht freien Lauf lassen?“, schrie Ennis in wilder Erregung. „Mann, verstehen Sie denn nicht? Es ist Ruth, meine Frau, die weg ist!“

„Letzte Woche haben wir in New York geheiratet, und am zweiten Tag unserer Hochzeitsreise in London sehe ich, wie sie in eine Limousine gezerrt und vor meinen Augen verschleppt wird. Ich dachte, ihr Leute von Scotland Yard würdet sofort reagieren und etwas tun. Stattdessen servieren Sie mir dieses Kauderwelsch.“

„Diese Worte sind kein Kauderwelsch“, sagte Pierce Campbell ruhig, „und ich denke, sie stehen in Verbindung mit der Entführung ihrer Frau.“

„Was meinen Sie damit, wie hängt das alles zusammen?“

Die hellen, braunen Augen des Inspektors, fixierten die von Ennis: „Haben Sie jemals von einer Organisation gehört, die sich ‚Bruderschaft der Tür‘ nennt?“

Ennis schüttelte den Kopf und Campbell fuhr fort: „Nun, ich bin mir sicher, dass ihre Frau von Mitgliedern dieser Bruderschaft entführt worden ist.“

„Was für eine Organisation ist das?“, wollte der Amerikaner wissen. „Eine Bande von Kriminellen?“

„Nein, das ist keine gewöhnliche kriminelle Vereinigung“, sagte der Kriminalbeamte. Sein herunterhängendes Gesicht nahm jetzt seltsame Züge an. „Wenn ich nicht ganz falsch liege, dann ist die ‚Bruderschaft der Tür‘ die sündhafteste und finsterste Organisation, die jemals auf dieser Erde existiert hat. Außerhalb ihres Zirkels ist fast nichts über sie bekannt. Ich selbst beschäftige mich schon seit zwanzig Jahren mit ihr, habe aber bisher nur wenig herausfinden können – nicht viel mehr, als dass sie existiert und ihren Namen.“

„Und dieses gesprochene Ritual, das ich Ihnen gegenüber gerade erwähnt habe, hörte ich von den Lippen eines sterbenden Mitglieds der Bruderschaft, das diese Worte im Delirium wiederholte.“

Campbell lehnte sich weiter nach vorne. „Ich weiß auch, dass jedes Jahr, ungefähr um diese Zeit, die Bruderschaft aus allen Teilen der Welt ausgerechnet hier in England zusammenkommt und sich an einem geheimen Ort trifft. Jedes Jahr, vor diesem Treffen, werden vielerorts eine Menge Leute entführt, und man hört nie wieder etwas von ihnen. Wir haben Grund zu der Annahme, dass die Bruderschaft, dahintersteckt.“

„Was passiert mit den Leuten, die sie entführen?“, wollte der junge Amerikaner wissen. „Was machen sie mit ihnen?“

Die Augen von Inspektor Campbell zeigten Anzeichen von Angst und er schüttelte seinen Kopf. „Ich weiß nicht mehr als ich gesagt habe. Egal, was sie mit den Opfern machen, man hört nie wieder etwas von ihnen.“

„Sie müssen etwas mehr tun!“, protestierte Ennis. „Was ist das für eine Tür, wohin führt sie?“

Campbell schüttelte wieder den Kopf. „Das weiß ich ebenfalls nicht, aber sie muss etwas Heiliges für die Bruderschaft sein. Was auch immer sie mit ‚hinter der Tür‘ meinen, ist es etwas, dass sie auf das Höchste fürchten und verehren.“

„Sie führt in die Welt außerhalb“, wiederholte Ennis. „Was können sie damit meinen?“

„Das könnte eine symbolische Bedeutung haben, die sich auf einen abgeschiedenen Ort des Ordens bezieht oder auf einen anderen Platz. Oder es könnte…“ Er hielt inne.

„Oder es könnte was?“, drängte Ennis und kam mit seinem bleichen Gesicht näher heran.

„Es könnte bedeuten, was es im wahrsten Sinne der Worte bedeutet, dass die Tür nach außerhalb von unserer Welt führt“, schloss der Inspektor.

Der gehetzt dreinblickende Ennis starrte ihn an. „Meinen Sie, diese Tür könnte irgendwie in ein anderes Universum führen? Aber das ist unmöglich!“

„Vielleicht unwahrscheinlich“, sagte Campbell mit leiser Stimme, „aber nicht unmöglich.“

„Die moderne Wissenschaft hat uns gelehrt, dass es noch andere Universen gibt, außer diesem, in dem wir leben. Universen, die gleichzeitig mit unserem Raum und mit unserer Zeit existieren, aber von uns getrennt sind, durch unpassierbare Barrieren und verschiedene Dimensionen.“

„Es ist durchaus möglich, dass ein höherer wissenschaftlicher Stand, als der unsere, einen Weg gefunden haben könnte, diese Barriere zwischen unserem Universum und einen außerhalb liegenden zu durchdringen, sodass eine Tür dazwischen geöffnet werden kann.“

„Eine Tür zu einem anderen Universum“, wiederholte Ennis grüblerisch und schaute über den Inspektor hinweg durch das Fenster. Dann machte er eine plötzliche Bewegung in wilder Ungeduld, und das Entsetzen kam wieder zurück in seine Augen.

„Ach, was können denn all diese Gespräche über Türen und andere Universen bewirken, wenn es darum geht, Ruth zu finden? Ich möchte etwas tun, nicht reden!“

„Wenn Sie denken, die Bruderschaft hat sie geholt, könnten Sie doch auch eine Idee haben, wie wir sie wiederfinden können? Sie müssen etwas mehr über sie wissen, als Sie bisher gesagt haben.“

„Ich weiß nichts Bestimmtes, aber ich habe gewisse Verdachtsmomente, die sich zu einer Überzeugung summiert haben“, sagte Inspektor Campbell. „Ich beschäftige mich seit Jahren mit ihnen und habe inzwischen, Häuserblock für Häuserblock, den Platz eingeengt, von dem ich glaube, dass er ein lokales Zentrum des Ordens ist und die Londoner Hauptstelle dieser geheimnisvollen ‚Bruderschaft der Tür‘.“

„Wo ist dieser Ort?“, fragte Ennis angespannt.

„Es ist die Hafenkneipe eines gewissen Chandra, ein Hindu, unten bei den East Docks“, sagte der Kriminalbeamte. Ich war schon mehr als einmal getarnt dort und habe die Örtlichkeiten beobachtet. Dieser Chandra scheint im Viertel sehr gefürchtet zu sein, was meinen Glauben verstärkt, dass er einer der höheren Offiziere in der Bruderschaft ist. Er ist ein viel zu außergewöhnlicher Mann, um solch eine Spelunke zu führen.“

„Wenn die Bruderschaft Ruth mitgenommen hat, dann könnte sie jetzt an diesem Ort sein“, rief der junge Amerikaner wie elektrisiert.

Campbell nickte mit seinem kahlen Kopf. „Sie kann durchaus dort sein. Heute Nacht werde ich wieder getarnt hingehen. Ich habe dann Männer bereitstehen, die eine Razzia durchführen können. Wenn Chandra ihre Frau dort festhält, werden wir sie herausholen, bevor er sie wegschaffen kann. Was auch immer dabei herauskommt, wir werden Sie das sofort wissen lassen.“

„Zur Hölle werden Sie das!“, explodierte der junge Ennis. „Denken Sie ich drehe Däumchen, während Sie dort sind? Ich werde mit Ihnen gehen, und wenn Sie mir das verweigern, dann werde ich – so wahr mir der Himmel helfe – alleine dort auftauchen.“

Inspektor Campbell warf dem sorgenvoll und wild dreinblickenden Mann einen langen Blick zu. Doch dann hatte sein eigener, farbloser Gesichtsausdruck etwas Besänftigendes. „Nun gut“, sagte er ruhig. „Ich kann Sie verkleiden, sodass man Sie nicht erkennen kann. Sie müssen aber meinen Anweisungen genauestens Folge leisten, oder der Tod wird über uns beide kommen.“

Diese seltsame, verborgene Furcht flackerte wieder in seinen Augen, so, als würde er durch einen Nebelschleier die Konturen eines düsteren Schreckens erkennen. „Es könnte sein“, fügte er langsam hinzu, „dass sogar etwas Schlimmeres als der Tod auf diejenigen wartet, die sich gegen diese Bruderschaft stellen – etwas, was das übernatürliche Schreckensbild und das unirdische Geheimnis des Ordens erklären würde.“