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Als aus Gärten in der Nachbarschaft wertvolle Pflanzen und Skulpturen gestohlen werden, wittert Billie einen neuen Fall. Aber Polizeioberkommissar Hildebrandt mag keine Nachwuchs-Detektivinnen, die ihre Nasen in seine Ermittlungen stecken. Billie solle sich doch lieber um die verschwundene Gartenfee der kleinen Doro kümmern. Was Billie auch prompt tut– mit ganz erstaunlichen Ergebnissen.– Privatdetektivin Billie Pinkernell löst mit pfiffigen Ideen auch diesen verzwickten Fall. Sie findet die verschwundene Gartenfee und überführt die Gartenräuber.– »Die Geschichte ist gut, weil man mittendrin einen Verdacht hat, wer die Diebe sein könnten, aber die sind es dann doch nicht. Billie löst den Fall gemeinsam mit ihren Freunden Loreley und Tim. Alle drei Freunde sind sehr verschieden, was die Geschichte oft sehr lustig macht.« (Sonja Kerkloh, 10 Jahre, KrimiKurier)– »Spannend und stimmig geschrieben.« (ekz Bibliotheksservice)
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Als aus Gärten in der Nachbarschaft wertvolle Pflanzen und Skulpturen gestohlen werden, wittert Billie einen neuen Fall.
Aber Polizeioberkommissar Hildebrandt mag keine Nachwuchs-Detektivinnen, die ihre Nasen in seine Ermittlungen stecken. Billie solle sich doch lieber um die verschwundene Gartenfee der kleinen Doro kümmern. Was Billie auch prompt tut – mit ganz erstaunlichen Ergebnissen …
Privatdetektivin Billie Pinkernell löst mit pfiffigen Ideen auch diesen verzwickten Fall. Sie findet die verschwundene Gartenfee und überführt die Gartenräuber.
»Die Geschichte ist gut, weil man mittendrin einen Verdacht hat, wer die Diebe sein könnten, aber die sind es dann doch nicht. Billie löst den Fall gemeinsam mit ihren Freunden Loreley und Tim. Alle drei Freunde sind sehr verschieden, was die Geschichte oft sehr lustig macht.« (Sonja Kerkloh, 10 Jahre, KrimiKurier)
»Spannend und stimmig geschrieben.« (ekz Bibliotheksservice)
Für Tamara und Leonie,
die das Manuskript lasen und Billie mochten
1: Eine unruhige Nacht
2: Moosmörder & Fensterglück
3: Die Bücherburg
4: Fischers Fritz
5: Im Netz gefangen
6: Das Verbot
7: Geheimnisvolle Post
8: Eine unglaubliche Nachricht!
9: Billie wird reingelegt
10: Ein neuer Fall
11: Flusskrebs mampft Rotbarsch
12: Billies Zeugenaussage
13: Das Verhör
14: Überhühner?
15: Zitrone im Katzenklo
16: Der Plan für die Nacht
17: Die Frage aller Fragen
18: Der Verdacht
19: Info aus der Bongo-Bar
20: Gelöste und ungelöste Fälle
21: Der Beweis!
22: Überführt von Billie Pinkernell
Die Geheimschrift
Die Auflösungen der Geheimbotschaften
Alle Billie-Krimis
Über Gesine Schulz
Impressum
Billie saß im Bett und ärgerte sich. Um ein Haar hätte sie den Bankräuber gehabt!
Der Kassierer hatte ein Geldscheinbündel nach dem anderen über die Theke geschoben. Der Räuber hatte das Geld gierig in einen Einkaufskorb gepackt und gar nicht gemerkt, dass sich die Privatdetektivin Billie Pinkernell von hinten an ihn herangeschlichen hatte. Gerade wollte sie das große Netz über ihn werfen, schon hatte sie es wie ein Lasso gewirbelt und Schwung geholt, da sagte jemand: »Au-au, mein Zeh!«, und Billie war aufgewacht.
Hatte sich der Kassierer den Fuß gestoßen? Hätte er damit nicht warten können, bis der Räuber in Billies Netz gezappelt und sie ihn unschädlich gemacht hätte?
»Ist doch wohl ein Riesenpech, Sophie. Das musst du zugeben«, sagte Billie zu der grauen Katze, die zusammengerollt am Fußende des Bettes lag. Sophie zuckte mit einem Ohr. So viel konnte Billie im fahlen Licht des Mondes gerade erkennen. Sie legte sich wieder hin, schloss die Augen und versuchte in den Traum zurückzukehren.
»Au-au, mein Rücken!«
»Nun sei doch still!«, zischte jemand.
Billie riss die Augen auf. Im Nu hatte sie ihr Federbett zurückgeworfen, war aus dem Bett gesprungen und stand am Fenster.
Sophie krabbelte unter der auf ihr gelandeten Decke hervor und sprang mit einem Riesensatz auf die Fensterbank.
Behutsam öffnete Billie das angelehnte Fenster. Der schmale Vorgarten der alten Villa lag im Dunkeln. Die Straßenlaternen im Kleopatra-Weg und überall in Rabenstein waren schon ausgeschaltet. Es musste nach Mitternacht sein. Billie konnte die Ampel unten auf der Hauptstraße sehen. Sie wechselte gerade von Rot und Gelb nach Grün, aber kein einziges Auto fuhr über die Kreuzung.
Ganz Rabenstein schlief.
Selbst in der Richtung, in der das Haus und die Autowerkstatt der Familie Ley lagen, brannte kein Licht. Dabei las Loreley jetzt in den Sommerferien gerne bis tief in die Nacht hinein. Obwohl sie tagsüber schon kaum etwas anderes tat. Solch eine Leseratte wie Loreley hatte Billie noch nie gesehen. Selbst in Berlin nicht, wo sie mit ihrer Mam noch vor kurzem gelebt hatte. Und das war immerhin die Hauptstadt!
Nein, ganz Rabenstein schlief. Nur Billie war wach. Die Kirchturmuhr schlug zwei. Gerade wollte Billie wieder ins Bett steigen, als sie ein Geräusch hörte und innehielt. Sie bekam eine Gänsehaut.
Sophie saß noch auf der Fensterbank, die Ohren nach vorn gebeugt, und sah auf die Straße. Langsam legte sie den Kopf schräg. Was sah sie?
Da war es wieder! Ein fürchterliches Stöhnen, ein Schnaufen und auf dem Bürgersteig schlurfende Schritte, die immer näher kamen.
Auf Zehenspitzen schlich Billie zum Fenster zurück. Eine Wolke schob sich vor das Gesicht des Mondes. In dem grauen Zwielicht meinte Billie eine Form zu erkennen: oval, wie ein kleiner Zeppelin, der über den Spitzen des Gitterzauns entlangzuschweben schien.
Aber es war kein Zeppelin.
Billie kniff die Augen zusammen. Es war ein riesiger Fisch, fast so groß wie eine Badewanne, der da vorüberzog. Ein Fisch, der aufglänzte, als ihn ein Mondstrahl traf. So, als sei er noch nass, als sei er erst vor Minuten aus den Tiefen des Flusses aufgetaucht.
Aber zu wem gehörten die Schritte, die ihn langsam begleiteten, wer stöhnte da unterdrückt und wer machte warnend »Pssssst!«?
Der Mond verschwand hinter einer Wolkenbank und Billie konnte nichts mehr erkennen. Sie blieb am Fenster stehen, bis die Geräusche der unheimlichen Prozession leiser und leiser wurden und Billie sie nicht mehr vom Wispern des Windes unterscheiden konnte.
»Du dicke Socke! Was war denn das? Ganz schön unheimlich, oder? Vielleicht träume ich ja noch. Könntest du nicht ein Gedicht aufsagen, Sophie? Oder ein Lied singen? Dann wüsste ich genau, dass ich träume.«
»M-mau!«, machte Sophie, sprang vom Fensterbrett und kehrte aufs Bett zurück.
»Na, das hilft mir jetzt aber kein bisschen«, meinte Billie und folgte ihr. Als sie schon fast wieder eingeschlafen war, hörte sie, wie der Motor eines Lasters angeworfen wurde. Der Wagen fuhr los, rumpelte auf die Straße und entfernte sich in die andere Richtung.
»Ich hab heute Nacht vielleicht komisch geträumt«, sagte Billie am Frühstückstisch zu ihrer Mutter. »Erst von einem Bankräuber, das war ganz schön. Ich hätte ihn fast gefangen, mit dem großen Netz, das ich gestern auf dem Dachboden gefunden habe, weißt du, Mam?«
»Ja. Ich dachte allerdings, man breitet es über Beerensträucher, um die Früchte vor Vögeln zu schützen. Dass man damit auch Bankräuber fangen kann, ist mir neu.«
»Hat auch nicht geklappt. Weil dann dieser Fisch kam –«
»Fisch! Das ist es. Wir essen heute Fisch. Was hältst du davon, Billie? Mit Kräutern aus dem Garten.«
»Mit der Petersilie.«
»Nein, mit Rosmarin! Ich habe nämlich gestern einen Rosmarinstrauch im Garten entdeckt. Kann ich alles in den Backofen werfen, das kocht sich dann wie von selbst, glaube ich. Würdest du nachher in den Ort gehen und etwas Fisch kaufen? Dann kann ich mich schon mit dem Moosmörder beschäftigen.«
Billie pustete auf den Kakao in ihrem Becher und nickte. Bevor sie vor ein paar Wochen nach Rabenstein gezogen waren, war ihre Mutter Lektorin in einem Berliner Verlag gewesen. Sie hatte wunderschöne Gartenbücher herausgegeben und davon geträumt, selbst mal einen Garten zu haben, in dem es Blaue Blüten im Frühling geben würde und Aromatische Küchenkräuter aus dem Kräutergarten, Rasen wie Samt oder Das elegante Gartenhaus – ganz wie in ihren Büchern.
Dann war der Verlag verkauft worden und es gab viele Kündigungen. Auch Billies Mutter wurde arbeitslos. Zwei Monate lang versuchte sie vergebens, eine neue Stellung zu finden. Zum Glück kam dann der Brief der Anwältin, aus dem sie erfuhren, dass Billie eine Erbschaft gemacht hatte: das Haus ihrer Urgroßtante Malwine, die alte Villa Pinkernell in Rabenstein.
Und so waren sie in dieser Kleinstadt im Westen gelandet, hatten jetzt Haus und Garten statt einer Wohnung mit Balkon. Der Garten war groß und verwildert. Hohes Gras wuchs auf den Kräuterbeeten; statt samtigem Rasen gab es eine Wiese.
Vom Gartenhaus blätterte die Farbe und die Dielen knarrten. Aber das war Billie egal. In diesem Gartenhaus hatte sie ihr Detektivbüro eingerichtet. Mit einer kleinen Anzeige im Rabensteiner Boten hatte sie für Reklame gesorgt und auch schon zwei Fälle gelöst. Oder eigentlich zweieinhalb.
[Lies nach in Band 1: Fernando ist futsch]
»Hoffentlich meldet sich bald neue Kundschaft«, sagte Billie. »Ich hätte Lust auf einen schönen Juwelendiebstahl. Oder auf einen fiesen Hochstapler mit schwarzen Lackschuhen und einem Ferrari. Wäre das nicht toll, Mam?«
»Ja, fabelhaft.« Billies Mutter schaute mit abwesendem Blick in den Garten.
Wahrscheinlich dachte sie schon über den Moosmörder-Artikel nach. So verdiente sie jetzt nämlich ihr Geld. Sie schrieb für die Putzmittelfirma Blitzblank über deren Produkte Artikel, die in der Kundenzeitschrift Alles blitzblank erschienen. Viel Spaß machte ihr das nicht.
Aber sie bekam für jeden Artikel ein gutes Honorar und vorher schon zum Ausprobieren einen großen Karton des Produkts, über das sie schreiben sollte. Mit der ersten Sendung hatten sie 24-mal Fensterglück erhalten. Das war ein Glasreiniger. Und jetzt waren 24 Flaschen Moosmörder angekommen. Spezialität: Beseitigung von unerwünschtem Moos auf Grabsteinen und Gartenwegen.
Sie hatten beide Kartons auf den Dachboden geschafft. Dort hatten schon Urgroßtante Malwine und ihre Eltern kaputte Möbel und anderen Krimskrams abgestellt und vergessen. Auf ein paar Kasten mehr oder weniger kam es da nicht an.
»Und was für einen Fisch soll ich kaufen, Mam?«
»Tja … ich weiß auch nicht. Heilbutt? Am besten fragst du im Fischladen, welche Sorte sich gut für den Backofen eignet. Es muss nicht die teuerste sein.«
»Okay. Dann lauf ich mal los.« Billies Fahrrad stand immer noch mit verbogenem Vorderrad und losem Schutzblech im Schuppen.
»Und sobald wir etwas Geld übrig haben, wird dein Fahrrad repariert, Billie, ja? Versprochen.«
Billie nickte und zog los. Hoffentlich würde sie bis dahin das Radfahren nicht verlernt haben! Es war so ein Pech gewesen, dass sie mit dem parkenden Auto zusammengestoßen war. Und hatte sich der Mann wegen der paar Kratzer vielleicht aufgeregt! Geschimpft hatte er und kein bisschen eingesehen, dass man nicht auf die Straße gucken kann, wenn man einen entflogenen grünen Papagei mit dem Fahrrad verfolgt. Gleichzeitig nach oben gucken und auf die Straße, das ging nun mal nicht.
Das mit dem Papagei war noch in Berlin gewesen. Ihr zweiter Fall, obwohl sie damals noch kein richtiges Detektivbüro hatte. Und eine doll hohe Belohnung hatte es gegeben! Leider hatte sie nichts davon gehabt. Die Autoreparatur hatte das meiste Geld verschlungen. Für den Rest hatte Billie ihrer Mutter eine extragroße Flasche Baldriantropfen gekauft. Weil ihre Nerven dringend beruhigt werden mussten.
»Was dir hätte passieren können, Billie! Eine Verfolgungsjagd, kreuz und quer durch den Verkehr … Ich darf gar nicht darüber nachdenken.«
Über die Baldriantropfen hatte sie sich dann aber sehr gefreut. Sie hatte die Flasche sogar mit nach Rabenstein gebracht. »Für alle Fälle, Billie. Bei dir weiß man ja nie.«
Billies erster Weg führte sie zur Bücherburg. So nannten die Leute in Rabenstein ihre Stadtbücherei, weil sie von außen aussah wie eine kleine Ritterburg und innen voller Bücher war.
Frau Ness, die Bibliothekarin, war am Telefon. »Ja, habe ich notiert«, sagte sie. »Welche Sorte Zigarren rauchte Fidel Castro am liebsten und das Klima von Kuba im Mai. Sobald ich es herausgefunden habe, rufe ich Sie zurück, Herr Doktor Hugendubel. Ja, noch etwas?«
Billie schlich sich an der Theke vorbei zum Schwarzen Brett für Erwachsene. Verflixt. Da hatte Frau Ness doch wieder die Fotokopie von Billies Zeitungsanzeige entfernt und an das Schwarze Brett für Kinder umgehängt! Als würde Billie nur Aufträge von Kindern annehmen! So ein Quatsch.
DETEKTIVBÜRO BILLIE PINKERNELL
KLEOPATRA-WEG 13, GARTENHAUS
SERIÖS, DISKRET, PREISWERT
(KEINE GARANTIE)
Billie fand ihre Anzeige immer noch ziemlich gut. Die letzten beiden Zeilen hatte sie aus der Annonce eines Instituts für Kunsthaareinpflanzung abgeschrieben.
Schnell wie der Blitz hängte sie den Zettel zurück an das Schwarze Brett für Erwachsene und rannte die Treppe hoch bis in die zweite Etage und weiter die schmale Wendeltreppe hinauf bis unters Dach, wo sich die Kinderbücherei befand.
Ausnahmsweise saß Loreley nicht auf dem Schmökersofa, sondern an einem der Tische. Sie schrieb etwas aus einem Buch ab, das vor ihr lag.
Billie zog einen zweiten Stuhl heran und setzte sich. »Hallo, Loreley. Was machst du da?«
»Oh, hallo, Billie. Hast du schon einen neuen Fall?« Sie tippte auf das Buch. »Ich habe hier eine klasse Idee für eine Geheimschrift gefunden. Man muss sich für bestimmte Worte andere Worte ausdenken und alles genau aufschreiben. Da bin ich gerade bei. Wenn ich fertig bin, bekommst du eine Abschrift. Und Tim auch. Dann können wir uns geheime Mitteilungen schicken und –«
»Och … wir können uns doch wieder morsen. Wenn’s überhaupt nötig ist.« Das mit dem Morsen hatte sie inzwischen wenigstens einigermaßen raus.
»Aber, Billie, dies ist eine Schrift!«
»Na, die Morsezeichen kann man doch auch aufschreiben.«
»Aber die kann dann jeder lesen. Oder fast jeder. So eine richtige Geheimschrift hingegen ist ganz schwer zu knacken.«
Billie hatte noch nie jemanden gekannt, der so verrückt nach geheimen Schriften, Signalen und Codes war wie Loreley. »Vielleicht solltest du Spionin werden, Loreley. Beim Geheimdienst würden sie sich bestimmt riesig über dich freuen.«
»Ach nein. Viel zu anstrengend. Über Spionage lese ich lieber gemütlich auf dem Sofa. Und diese Schrift probieren wir bei deinem nächsten Fall aus, ja? Oder besser schon vorher, damit nicht wieder so ein Kuddelmuddel herauskommt wie neulich.« Loreley kicherte. »Regin Pfiti Deksu … das war wirklich witzig.«
»Ach! Das passiert mir bestimmt nicht noch mal. Weißt du zufällig, welcher Fisch billig ist und gut zum Backen?«
»Keine Ahnung. Rotbarsch vielleicht? Ich werde dich Rotbarsch nennen.« Loreley fing wieder an zu schreiben.
»Das passt viel besser auf dich. Mit deinen Haaren!«
»Stimmt. Aber da könnte jemand draufkommen. Rote Haare –Rotbarsch. Ich könnte Kugelfisch sein. Weil ich doch dünn bin.«
»Du könntest auch Leseratte sein.«
»Okay.« Loreley strich Kugelfisch durch und schrieb Ratte darüber.
Billie schüttelte den Kopf. Wenn sie es irgendwie verhindern könnte, würde sie in ihrem nächsten Fall keine Geheimschrift brauchen. Außer, es wäre absolut hundertprozentig nötig – und zweihundertprozentig unvermeidbar. Schließlich war sie Privatdetektivin und keine Geheimagentin. Und in ihrem Handbuch für junge Detektivinnen & Detektive hatte sie das Kapitel Geheime Schriften immer überschlagen.
Und dann ihr Name: Rotbarsch … Ha!
Zwei große Scheiben Seelachsfilet lagen im Kühlschrank. Mam würde staunen. Billie hatte die Filets zehn Prozent billiger bekommen, weil im Fischladen ausgerechnet heute Fischers-Fritz-Tag war.
Einmal im Monat wurde jedem, der den Zungenbrecher beim ersten Versuch dreimal hintereinander fehlerfrei aufsagen konnte, zehn Prozent von der Fischrechnung abgezogen!
Billie hätte nichts dagegen, wenn der Laden das jede Woche anbieten würde. Den Satz konnte sie nämlich runterrasseln wie nichts. Dazu hatten sie letztes Jahr im Musikunterricht gerappt.
Fi-schers Fritz FISCHT
fri-sche Fische,
frische FISCHE fischt
Fischers FRITZ.
YOH!
Beim ersten YOH! war die Verkäuferin noch zusammengezuckt. Später hatte sie säuerlich gelächelt und gemeint, so habe sich aber noch niemand seine zehn Prozent verdient. Na, sie würde sich daran gewöhnen müssen. Denn zehn Prozent waren schließlich zehn Prozent.
Schade, dass Herr Danziger heute Nachmittag nicht zu Hause war. Billie hätte ihn sonst gefragt, ob er mit ihr nicht ein paar Runden Mensch ärgere dich nicht auf der Terrasse spielen wollte.
Herr Danziger wohnte in der kleinen Einliegerwohnung der Villa Pinkernell. Weil er ein Freund von Urgroßtante Malwine war, durfte er umsonst dort wohnen.Wohnrecht auf Lebenszeit hieß das.
Bei ihrer Ankunft in Rabenstein waren Billie und ihre Mutter ziemlich enttäuscht gewesen, dass er nicht aus seiner Wohnung ausgezogen war. Eigentlich hatte er nämlich ins Altersheim gehen wollen. War er auch. Aber schon nach ein paar Tagen hatte er genug gehabt und war zurückgekommen. Deshalb konnten sie die Wohnung nicht vermieten. Dabei hätten sie die Miete gut gebrauchen können.
Inzwischen war Billie aber ganz froh, ihn zum Nachbarn zu haben. Manchmal erzählte er ihr von früher. Er hatte mal in China gelebt – in Schanghai! Auch in Mexiko bei den Indios. Und in New York, aber nicht in einem Wolkenkratzer. Von ihm wusste Billie auch, dass es in Rabenstein einst die berühmte Schokoladenfabrik Pinkernell gegeben hatte. Sie war abgebrannt, als Urgroßtante Malwine noch ein Mädchen war. Das geheime Schokoladenrezept war damals spurlos verschwunden.
Herr Danziger hatte gemeint, ob das nicht ein Fall für Billie sei. Aber das war ihr zu lange her. Sie war viel mehr an den Briefen interessiert, die Herr Danziger stapelweise erhielt. Woher kamen sie? Warum war er rot geworden und verlegen, als Billie ihn neulich auf die viele Post angesprochen hatte, die er bekam?
Er selbst schien nur wenige Briefe zu schreiben. Zweimal war sie ihm begegnet, als er auf dem Weg zum Postkasten war. Jedes Mal hatte er nur einen einzigen Brief in der Hand gehabt – einen cremefarbenen Umschlag mit einem goldenen Wappen darauf! Sehr vornehm sah das aus. Und irgendwie passte das gar nicht zu Herrn Danziger mit seiner schwarzen Baskenmütze und seinen Polohemden. Zu gerne hätte Billie mal einen gründlichen Blick auf dieses Wappen geworfen. Könnte doch sein, dass ein Geheimnis dahintersteckte. Wenigstens ein kleines.
Billie säbelte sich zwei Scheiben vom Steinofenbrot ab und nahm sie mit in den Garten. Sie würde in ihrem Büro essen. Oder vielmehr vor ihrem Büro. Denn das Gartenhaus hatte eine kleine Veranda, auf der ein alter, knarrender Korbschaukelstuhl stand. Darin konnte man sitzen und schaukeln, in die hohen Bäume gucken, dabei eine Scheibe von seinem Lieblingsbrot mampfen und auf Kunden warten oder über ein Geheimnis nachdenken.
Aber zuerst schloss Billie das eiserne Gartentor auf, das auf den breiten Weg führte, der den Kleopatra-Weg mit dem Friedhof verband. Sie trat hinaus und sah von rechts nach links und von links nach rechts.
Weit und breit keine Kundschaft in Sicht.
Der vergoldete Bilderrahmen am Tor hing noch gerade und sah eindrucksvoll aus.
Detektivbüro
Billie Pinkernell
→ Gartenhaus
Sie entfernte ein kleines Blatt, das sich in einem der Schnörkel des Rahmens verfangen hatte, hob ein zusammengeknülltes Stück Papier vom Weg auf, sah sich noch einmal um und ging zurück in den Garten.