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Vom Eurofighter-Skandal bis zur Burgtheater-Affäre Wer durchschaut den Dschungel der jüngsten Wirtschaftsskandale Österreichs? Was waren die Ursachen, wer spann welche Fäden und wer verdiente daran? Nachjahrelangen Recherchen sucht Aufdeckerjournalist Ashwien Sankholkar nach Antworten und dokumentiert die brisantesten Korruptionsfälle. Jeder einzelne gleicht einem Krimi. Vom Eurofighter-Skandal bis zum Fall Buwog, von der Wiener Kindergarten- Affäre bis zum Privilegienparadies Nationalbank, von der Causa Telekom Austria bis zum Burgtheater-Skandal. Doch wie kam es zur Misswirtschaft? Was war vermeidbar? Was könnte sich wiederholen? Sankholkar liefert eine hochaktuelle Skandalchronik und skizziert seine persönlichen Lösungsansätze. Ein aufsehenerregendes Debattenbuch.
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Seitenzahl: 414
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Ashwien Sankholkar
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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
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© 2017 Residenz Verlag GmbHSalzburg – Wien
Alle Urheber- und Leistungsschutzrechte vorbehalten.
Keine unerlaubte Vervielfältigung!
Umschlaggestaltung: BoutiqueBrutal.com
Typografische Gestaltung, Satz: Lanz, Wien
Lektorat: Josef Weilguni
ISBN ePub:
978 3 7017 4561 6
ISBN Printausgabe:
978 3 7017 3426 9
Vorwort
Kapitel 1: Die Verschwender – oder: der Burgtheater-Skandal
Die Wandlungsfähigkeit der Wirtschaftsprüfer
Der Geldregen für die Geschäftsführung
Kapitel 2: Dunkle Verbindungen – oder: die Telekom-Affäre
»Ein System der Gefälligkeiten«
Die Millionendeals des Martin Schlaff
Kapitel 3: Der Skandalreigen KHG – oder: die Buwog-Bombe
Die Schockwellen der Buwog-Bombe
Die Schwiegermutter-Connection
Der Masterplan aus dem Hotel Bristol
Der Sündenfall beim Linzer Turmbau
Das Finanzstrafverfahren des ehemaligen Finanzministers
Grassers Antikorruptions-Fibel
Kapitel 4: Das Schmiergeldkarussell – oder: die Eurofighter-Korruption
Ein Trojaner für die Roten
Angewandte Voodoo-Ökonomie
Die Karibikgeschäfte des Grafen
Ein Präsent für die Postsparkasse
Kapitel 5: Im monetären Moloch – oder: das Nationalbank-Drama
Die Liste der Luxusrentner
Apokalypse Alpe Adria
Ein Loch in der Firewall
Das Ende des Schweigekartells
Kapitel 6: Tickende Zeitbomben – oder: die Staatsbanken-Krise
Fremdwährungskredite fürs Finanzministerium
Die Zockerbude auf Zypern
Der Goldschatz der Volksbanker
Der Aufstieg des Pleitebankers
Kapitel 7: Aktenzeichen XY unberührt – oder: die Zweiklassenjustiz
Freibrief für Förderungen
Die Spekulationsverluste in Niederösterreich
Ein Kanzler im Visier des Staatsanwalts
Plädoyer für mehr Transparenz, Verantwortung und Kontrolle
Genug mit der Geheimnistuerei
Parteien an den Pranger
Das Ende der Verantwortungslosigkeit
Der Rechnungshof als Superkontrollor
Das Reform-Manifest
Pensions-Sheriffs, Haftungs-Wächter & Förderungs-Polizei
Parteienfinanzierung, ein Kavaliersdelikt
Justizpolizei gegen Wirtschaftskriminelle
Politiker, Privilegien & Presse
Schluss mit dem Amtsgeheimnis
Dieses Buch soll aufdecken und aufwecken. Auf den nächsten Seiten werden neue Skandale enthüllt und längst vergessene Vorfälle wieder in Erinnerung gerufen. Die sieben Kapitel schaffen einen kompakten Überblick über die größten Wirtschaftskrimis Österreichs seit der Jahrtausendwende.
Am Anfang stand die Empörung. Über die Geldverschwendung. Über die Korruption. Über die Verantwortungslosigkeit. Das darf doch nicht wahr sein: Warum bleiben offensichtliche Missstände im staatsnahen Bereich und in der Privatwirtschaft ohne Konsequenzen? Warum wird niemand zur Rechenschaft gezogen? Taugen die Gesetze nichts? Liegt es an den Gerichten? Was ist los mit den Strafverfolgern? Und warum schreibt keiner darüber? Das alles empörte mich lange vor der Jahrtausendwende, also bevor ich Journalist wurde.
Als Reporter für das Magazin »Format« (heute: »trend«) war ich von 2000 bis 2016 an der Aufdeckung zahlreicher Wirtschaftskriminalfälle und Politskandale beteiligt. Mehr als ein Jahrzehnt wurde ich journalistisch auf Trab gehalten. Die persönliche Publikationsliste ist lang. Sie reicht vom Bawag-Skandal (mit Helmut Elsner und Wolfgang Flöttl) über das Skylink-Desaster am Flughafen Wien bis hin zu den Anlegerskandalen Meinl und Immofinanz. Die Berichte führten über die Jahre zu Strafverfahren, einige davon zu gerichtlichen Schuldsprüchen. Eher nebenbei bekam ich Einblick in ein Geflecht aus Politik, Wirtschaft und Kultur, das das gesamte Land durchzieht – und leider auch Korruption begünstigt.
Dieses Buch liefert eine Bestandsaufnahme der wichtigsten Wirtschaftsskandale, die Österreich seit der schwarz-blauen Regierung erschüttert haben und die das Land noch Jahre in Atem halten werden – und deshalb nicht in Vergessenheit geraten sollten. Beleuchtet werden die Hintergründe zu den bevorstehenden Anklagen in den Strafsachen Buwog und Telekom sowie politische Dauerbrenner wie etwa das System Nationalbank oder das staatliche Milliardengrab Hypo Alpe Adria.
Dieses Buch stützt sich auf öffentlich zugängliche Informationen, wie Rechnungshofpapiere, Parlamentsprotokolle oder Medienberichte, sowie auf mir über viele Jahre zugespielte Verschlussakten, wie etwa Polizeiberichte, Gerichtsbeschlüsse, (forensische) Gutachten oder Telefonüberwachungsprotokolle. Dabei handelt es sich um Dokumente der alltäglichen Korruption in Österreich, die zeigen, wie es jahrelang lief und in Zukunft nicht mehr laufen darf. Die Veröffentlichung von Schmiergeldaffären, die Berichterstattung über Politskandale sowie die publizistische Aufarbeitung von Anlegerkrimis beeinflussen das politische und soziokulturelle Leben in einem Land maßgeblich – und die Storys offenbaren auch die Plünderung des Staates.
Es gilt die Unschuldsvermutung. Zahlreiche Personen, die in diesem Buch namentlich genannt werden, standen oder stehen im Verdacht, strafrechtlich relevante Handlungen verübt zu haben. Sofern sie nicht von einem ordentlichen Gericht rechtskräftig verurteilt wurden, gelten sie vor dem Gesetz als sauber und unbescholten. Dieses Buch stellt keine Anklageschrift dar, sondern eine Dokumentation von Handlungen und Verhaltensweisen, die aus Sicht eines Journalisten veröffentlichungswürdig sind.
Wie ich feststellen musste, mutieren spannende Politkrimis ohne prozessbegleitende News sehr leicht zu langweiliger Wirtschaftsgeschichte. Viel zu rasch macht sich dann Interesselosigkeit breit – zuerst in den Medien, dann in der Öffentlichkeit und schließlich in der Justiz. In politisch turbulenten Zeiten scheint alles wichtiger zu sein als die Strafverfolgung. 2016 war so ein Jahr mit dem SP-Kanzlerwechsel von Werner Faymann zu Christian Kern und der Bundespräsidentenwahl zwischen Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer. 2017 ging es weiter mit dem ÖVP-Machtkampf zwischen Sebastian Kurz und Reinhold Mitterlehner. Eva Glawischnig trat als Bundessprecherin der Grünen zurück und Peter Pilz gründete eine eigene Partei. Die politische Landschaft verändert sich nachhaltig. Richtungsweisende Entscheidungen stehen bevor.
Auch die grassierende Vergesslichkeit und Ignoranz machten dieses Buch notwendig. Selbst gut informierte Zeitgenossen haben längst den Überblick verloren, was seit der schwarz-blauen Regierungszeit alles falsch gelaufen ist. In Zeiten des politischen Umbruchs ist es wichtig, Derartiges im Kopf zu behalten. Der Skandalreigen rund um Karl-Heinz Grasser war kein Einzelfall, sondern hatte System. Eurofighter, Hypo Alpe Adria und Telekom Austria: Dieses Buch soll Ordnung ins Chaos bringen und Unfassbares wieder in Erinnerung rufen.
Journalisten sind keine Polizisten, keine Staatsanwälte und keine Richter. Wir führen keine Verhöre, schreiben keine Anklageschriften und urteilen nicht über Schuld oder Unschuld. Sehr wohl gehört die schonungslose Information zu unseren Aufgaben, wobei für uns Maßstäbe wie Moral und Wohlverhalten unabdingbar sind. Nicht alles, was rechtlich zulässig ist, ist auch in Ordnung.
Das Buch ist ein Plädoyer für den investigativen Journalismus. Es ist das Verdienst mutiger Informanten, dass Korruption und Misswirtschaft ein Riegel vorgeschoben wird. Ohne sie wären viele Skandale wohl nie ans Tageslicht gekommen. Whistleblower nehmen die Gefahr auf sich, brisante Information mit Journalisten zu teilen. Das vorliegende Buch widme ich »meinen Informanten«, die mich in meiner publizistischen Detektivarbeit unterstützen. Sie brachten mir unglaubliches Vertrauen entgegen und machen meinen Beruf zur Berufung.
Am Ende dieser persönlichen Skandalchronik findet sich ein Plädoyer für mehr Transparenz, Verantwortlichkeit und Kontrolle. Neue Lösungen für alte Probleme. Die zum Teil auch plakativen Ideen und Vorschläge sollen zu einer konstruktiven Debatte über Fehlentwicklungen im Polit- und Justizsystem anregen – und in letzter Konsequenz helfen, die Plünderung des Staates zu stoppen. Für die Profiteure des korrupten Systems soll das Buch eine Warnung sein, dass ihr Treiben nicht in Vergessenheit gerät und späte Verfolgung möglich ist.
Abschließend möchte ich Familie und Freunden sowie meinem Lektor Josef Weilguni und dem Team des Residenz Verlags danken. Ihre Unterstützung hat zum Erfolg des Buches wesentlich beigetragen.
Ashwien Sankholkar
Wien, im September 2017
Dumm gelaufen für Thomas Drozda. Das Wirtschaftsdrama am Wiener Burgtheater bereitet dem sozialdemokratischen Kulturminister seit mehr als einem Jahr schlaflose Nächte. Dabei verlief die Karriere des 52-jährigen Oberösterreichers bis dato wie am Schnürchen. Nach Stationen bei der Sozialistischen Jugend und in der Nationalbank diente Drozda zwei roten Bundeskanzlern: Im Kabinett von Franz Vranitzky war er wirtschaftspolitischer Berater (1993) und unter Viktor Klima betrieb er Kulturpolitik (1997). Als die Bundestheater Ende der Neunzigerjahre ausgegliedert wurden, war Drozda in der glücklichen Lage, sich den Job aussuchen zu dürfen. Seine Wahl fiel auf das prestigeträchtige Burgtheater, das damals Bühnenlegenden (Kirsten Dene, Gert Voss) und Jungstars (Birgit Minichmayr, Nicholas Ofczarek) gleichermaßen unter Vertrag hatte. Als Kulturmanager war Drozda beliebt. Prominente Schauspieler schwärmen noch heute von ihm. Unter Drozda war die Welt noch in Ordnung, heißt es. Eine Welt im Graubereich.
Es war die Zeit der Verschwender. Finanzielle Kontrolle an der Burg? Dafür waren Billeteure zuständig. Grenzenloses Geldausgeben war damals im staatsnahen Kunstbetrieb ganz normal. Den sparsamen Umgang mit Steuergeld gab’s bestenfalls in der Theorie. Korruption – von der Revision aufgedeckt – wurde von der Prüfinstanz zugedeckt. Politisch besetzte Kontrollore oder willfährige Prüfer begünstigten eine Art systematische Vertuschung. Am Burgtheater war das nicht anders. Als kaufmännischer Geschäftsführer – der erste unter dem Dach der neu errichteten Bundestheater-Holding – übernahm Drozda nicht nur die größte Sprechbühne im deutschsprachigen Raum, sondern erbte auch eine gigantische Privilegien-Hochburg, wo Gebarungskontrolle ein Fremdwort war.
Unter den Auspizien des legendären Bundestheater-Generals Georg Springer und der emsigen Burgtheater-Prokuristin Silvia Stantejsky wurden die offiziellen Bücher frisiert, die geheimen Geldtöpfe gefüllt und alle Kritiker auf Distanz gehalten. Als Drozda schließlich 2008 zu den Vereinigten Bühnen (Raimund Theater, Ronacher) wechselte, übergab er ein lastenfreies Burgtheater – zumindest auf dem Papier: Bilanzen und Finanzen der Burg wurden damals einwandfrei testiert. Persilscheine gab es viele: Prüfberichte der Wirtschaftstreuhänder PwC und KPMG, die Steuerbescheide des Finanzamts oder das ausdrückliche Lob des Aufsichtsrats. Das alles wird heute von Minister Drozda hervorgekramt, vor allem zur Selbstverteidigung. Rückblickend betrachtet, darf die positive Darstellung der Burgtheater-Finanzen jedenfalls angezweifelt werden.
Ausgerechnet auf dem Höhepunkt dieser sozialdemokratischen Bilderbuchkarriere wurde Thomas Drozda von seiner Vergangenheit eingeholt. Im Mai 2016 ereilte ihn der Ruf seines dritten Kanzlers. Sein politischer Weggefährte Christian Kern – dieser war 1997 Büroleiter von SP-Klubobmann Peter Kostelka – wollte ihn als Minister für Kunst, Kultur und Medien in seinem Regierungsteam. Als Kanzleramtsminister ist Drozda nun oberster Eigentümervertreter des Burgtheaters. Die Auseinandersetzung mit dem spektakulären Wirtschaftsskandal an der Burg bedeutet für ihn notgedrungen auch Vergangenheitsbewältigung in eigener Sache. Denn nun interessiert sich nicht nur die Opposition für ihn, sondern auch alle mit der Causa befassten Institutionen.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt seit 2014 am Tatort Burgtheater wegen des Verdachts der Bilanzfälschung, des Betrugs und der Untreue sowie wegen Abgabenhinterziehung. Im Visier der Ermittler stehen in erster Linie der ehemalige Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann (2009–2014), die entlassene Burgtheater-Managerin Silvia Stantejsky und der zum Rücktritt gezwungene Bundestheater-Boss Georg Springer. Letzterer war auch langjähriger Aufsichtsratsvorsitzender der Burgtheater GmbH. Die drei spielen die Hauptrollen im spektakulären Burgtheater-Drama. Für sie gilt die Unschuldsvermutung. Eine prominente Nebenrolle nimmt Drozda ein. Zwar waren die Malversationen erst nach seinem Abgang aufgeflogen, weshalb er aus Ermittlersicht aus dem Schneider ist. Doch seine tatsächliche Verantwortung ist noch nicht restlos aufgeklärt. Warum? Als oberster Burg-Kaufmann war er ein Jahrzehnt lang für alle bilanz-, organisations- und steuerrechtlichen Belange verantwortlich. Fakt ist: Auch in seiner Zeit lief sehr viel schief.
Unter Drozda wurden Steuern und Abgaben nicht korrekt abgeführt, wie Finanzprüfer 2016 feststellten: Allein aus der unkorrekten Abrechnung ausländischer Künstler musste das Burgtheater für die Jahre 2004 bis 2013 rund 867 000 Euro nachzahlen – mehr als die Hälfte des Betrags betrifft die Ära Drozda. »Haftungsansprüche gegen mich haben keine Grundlage«, wiederholt Kulturminister Thomas Drozda gebetsmühlenartig. »Von Seiten des Burgtheaters höre ich, dass in keinem der Bescheide ein Vorwurf gegen mich oder meine Geschäftsführung erhoben wird. Diese richten sich ausschließlich gegen die spätere Geschäftsführung.« Drozda wird jedenfalls nicht als Beschuldigter geführt.
Die Aufarbeitung des Burgtheater-Skandals wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Der Vorhabensbericht ist zwar schon fertig. Ob es zu einer Anklage kommt, steht noch nicht fest. Das wird das Justizministerium zu entscheiden haben. Die Staatsanwälte haben sich durch einen gewaltigen Aktenberg aus Aufsichtsratsprotokollen, Revisionsmeldungen, Rechnungshofberichten und Wirtschaftsprüfertestaten durchgeackert. Die brisanten Dokumente, darunter Gutachten von Forensikern und Rechtsanwälten, beschreiben nicht nur eine beispiellose Steuergeldverschwendung, sondern nennen zahlreiche Profiteure. Nicht nur Hartmann, Springer und Stantejsky lebten sehr gut auf Kosten des Steuerzahlers. In den vertraulichen Papieren werden auch berühmte Schauspieler, Regisseure und andere Nutznießer des Systems genannt. Auch zahlreiche Berater, die selbst Sparsamkeit einmahnten, verdienten sich eine goldene Nase. Die fette Rechnung bekam am Ende der Steuerzahler präsentiert.
»Aufgrund der erforderlichen Bilanzberichtigungen im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Vergangenheit musste die Burgtheater GmbH Ende des Geschäftsjahres 2012/2013 in ihrer Bilanz bereits ein negatives Eigenkapital in der Höhe von 10,29 Millionen Euro ausweisen«, schreibt der Rechnungshof in seinem Prüfbericht vom Mai 2016. »Die insolvenzrechtliche Überschuldung konnte nur durch eine Patronatserklärung der Bundestheater-Holding und die Erstellung einer positiven Fortbestandsprognose vermieden werden.« Im Klartext: Das Burgtheater war Ende 2013 pleite. Ohne 10-Millionen-Euro-Garantie der Republik wäre das berühmteste Schauspielhaus im deutschsprachigen Raum zum Fall für den Insolvenzrichter geworden. Schauspieler, Bühnentechniker, Dramaturgen – sie alle wären auf der Stelle arbeitslos gewesen. Ein kulturpolitischer Tsunami wurde in letzter Minute verhindert.
Doch wie kam es so weit? Was waren die Gründe? Und wer waren die Profiteure?
Die Hauptverantwortung tragen – wie so oft – die Politiker, die dem wilden Treiben am Burgtheater mindestens zwei Jahrzehnte tatenlos zusahen. Auch die willfährigen Vasallen von VP-Kunststaatssekretär Franz Morak (2000–2007) und SP-Kulturministerin Claudia Schmied (2007–2013) agierten desaströs: Als Aufsichtsräte wurde ihnen das Wohl der Bundestheater (Akademie- und Burgtheater sowie Staats- und Volksoper) anvertraut. Doch anstatt mit dem »Privilegienstadl« aufzuräumen, taten sie genau das Gegenteil: Sie schauten stillschweigend zu.
Die Misswirtschaft an der Burg wird am Beispiel der Ticketvergabe besonders deutlich. Für Österreichs Elite gelten Burgtheater-Karten als harte Währung. Eintrittskarten für Premieren oder für bereits ausverkaufte Vorstellungen werden teilweise zu Fantasiepreisen gehandelt, wie Kulturinteressierte wissen. Wer die Hand auf dem Ticket-Pool hat, der hat auch Wertvolles zu verteilen. Die Chefetage der Bundestheater-Holding, vertreten durch Georg Springer und Burgtheater-Grande-Dame Stantejsky, wusste das zu gut – die beiden avancierten so zu den einflussreichsten Leuten an der Burg. Last-Minute-Tickets bei ausgebuchten Aufführungen gefällig? Für Springer und Stantejsky kein Problem: Ein Anruf genügte. Gleichzeitig mussten einfache Theaterfans lange Warteschlangen in Kauf nehmen oder teure Karten auf dem Schwarzmarkt erwerben. Tickets, die Springers Günstlinge zum Nulltariferhielten. Für ein Theater, das vom Staat subventioniert wird, ist das bemerkenswert. Die größte Frechheit daran: Springer und Stantejsky agierten nicht widerrechtlich oder auf unerlaubte Weise. Ihre Handlungen waren rechtlich gedeckt durch Gesetze und interne Richtlinien, die sie selbst überwachten.
»Den Geschäftsführungen der Bundestheater-Holding GmbH sowie der Burgtheater GmbH waren täglich eine Dienstloge der besten Preiskategorie zur Verfügung zu stellen«, schreibt der Rechnungshof in seinem Bericht vom Mai 2016. Doch damit nicht genug. Springer und Stantejsky verfügten darüber hinaus über ein riesiges Kontingent an Gratiskarten. Von 2008/2009 bis 2013/2014 wurden in Summe 116 922 Eintrittskarten registriert, die »im Burg- und Akademietheater zu keinen Erlösen führten«. In diesen sechs Jahren erhielten die Sponsoren exakt 6960 Gratiskarten. Beeindruckender ist aber die Anzahl der sogenannten »Dienstkarten«. Derartige Spezialtickets sind kostenlos und dürfen offiziell nicht weitergegeben werden, was wiederum kaum kontrolliert wird. Davon wurden innerhalb von sechs Jahren 85 394 Stück verteilt. Auch Springer und Stantejsky griffen auf diesen Pool zu.
Die »echten« Dienstkarten erhalten ausgewählte Autoren, Komponisten, Solisten oder Verleger sowie Ärzte, Feuerwehrleute oder Polizisten, die aus dienstlichen Gründen im Theater anwesend sein müssen. Der viel größere Teil war aber für »Special Guests« reserviert, eine handverlesene Schar, die von Springer, Stantejsky oder dem einflussreichen Burg-Betriebsrat ausgewählt wurde – ein klassisches Privileg.
Die Geschäftsführungen von Bundestheater-Holding GmbH oder Burgtheater GmbH durften jeden als Gast klassifizieren, solange der Besuch »im künstlerischen oder wirtschaftlichen Interesse« des Burgtheaters lag. Diese Klausel legitimierte so gut wie jede Gratiseinladung, denn wer von »wirtschaftlichem Interesse« war, bestimmten Springer und Stantejsky selbst. Zum Kreis der Begünstigten gehörten alle, die der Burg nahestanden, beispielsweise Aufsichtsräte, Wirtschaftsprüfer und Politiker sowie »friends & family«. Nachvollziehbar: Kontrollore und Geldgeber zu beglücken, lag im wirtschaftlichen Interesse der Burg. Dementsprechend gab es von Ministerium und Aufsicht keine Kritik, dass Jahr für Jahr Tickets im Wert von rund 500 000 Euro verschenkt wurden. Die fragwürdige Praxis wurde stillschweigend toleriert – und besteht im Wesentlichen bis heute.
Das »künstlerische Interesse« interpretierte der Betriebsrat. »Aus dem Kontingent der Dienstkarten stellte die Burgtheater GmbH dem künstlerischen und dem technischen Betriebsrat kostenlose Karten im Burg- und Akademietheater zur Verfügung«, heißt es im Rechnungshofbericht. »Auf das Burgtheater entfielen davon jährlich durchschnittlich rund 4700 Karten mit einem Wert von rund 180 000 Euro und auf das Akademietheater jährlich rund 2100 Karten mit einem Wert von rund 83 000 Euro.« In den sechs geprüften Jahren wurden rund 41 000 Tickets (Wert: 1,52 Millionen Euro) durch den Betriebsrat geschleust. Pikant daran ist, dass es für diese Praxis keine schriftliche (Betriebs-)Vereinbarung gibt. »Die Burgtheater GmbH gab dem Rechnungshof bekannt, dass diese Handhabung bereits mehrere Jahrzehnte zurückreiche und sie nicht feststellen könne, wann und wer mit der Abgabe von Dienstkarten an den künstlerischen und technischen Betriebsrat begann.« (RH-Bericht vom Mai 2016). Dass bei der regelmäßigen Gebarungsprüfung seit 2009 die »in jedem Geschäftsjahr erfolgte Abgabe von mehreren tausend Dienstkarten an den Betriebsrat nicht thematisiert wurde«, stellt eine kolossale Fehlleistung der Prüforgane dar. »Diese Kartenabgabe [steht] im Widerspruch zur Regelung der Bundestheater-Holding GmbH«, stellte der Rechnungshof trocken fest. Bis dato drücken sich Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann und ihr kaufmännischer Direktor Thomas Königstorfer davor, »die Abgabe von Dienstkarten an den Betriebsrat zu beenden«, wie es der Rechnungshof empfiehlt. Das Betriebsratskontingent solle lediglich reduziert werden, um Zoff mit der Schauspieler-Vertretung zu vermeiden. Der designierte Burgtheater-Direktor Martin Kušej, der 2019 antreten wird, hält nichts vom alten Schlendrian: »Ich kann Bilanzen lesen«, sagte er anlässlich seiner Vorstellung im Juni 2017.
Besonders krass lief es bei Premieren ab. Diese gelten gemeinhin als Veranstaltungen mit dem größten Andrang. Dennoch waren die Kartenerlöse um bis zu 48 Prozent niedriger als bei den Folgevorstellungen. Wie kam das? Zitat aus dem RH-Bericht: »Der Anteil der Dienst- und Regiekarten lag bei Premieren im Burg- bzw. Akademietheater bei rund 27 Prozent bzw. rund 40 Prozent. Im Hinblick darauf, dass bei Premieren ein besonderes Publikumsinteresse anzunehmen war, wies der RH kritisch darauf hin, dass die Feststellung im Bericht über die Gebarungsprüfung, ›dass sparsam mit der Vergabe von Dienst- bzw. Regiekarten umgegangen wird und nur im Ausnahmefall, das heißt nur bei nicht ausverkauften Vorstellungen, Dienst- bzw. Regiekarten vergeben werden‹, nicht nachvollziehbar war.« Im Burgtheater verteidigt man die großzügige Einladungspolitik noch heute damit, dass »Premieren ein zentraler Kommunikations-Angelpunkt für Meinungsbildner und für Zwecke des Fundraisings« seien und sich allein daraus ein »höherer Anteil an Regiekarten« ergeben würde. Bei allem Verständnis für Öffentlichkeitsarbeit: Dass fast die Hälfte der Eintrittskarten verschleudert wird, wirkt doch ein wenig übertrieben.
Tatsächlich wäre ein Ende der maßlosen Gratisvergabe höchst angebracht. Immerhin verfälscht sie auch die betriebswirtschaftlichen Statistiken. So stiegen die Auslastungszahlen durch den Dienstkarten-Trick um mindestens 1,6 Prozentpunkte, wie der Rechnungshof vorrechnete. Um das zu verstecken, wurden sogar Auslastungszahlen manipuliert. »Seit 1999 wurden bei Repertoirevorstellungen in der Spielstätte Burgtheater bis zu 112 teilweise stark sichtbehinderte und bis zum Vortag nicht verkaufte Sitzplätze nachträglich aus dem Angebot genommen und somit nicht in die Summe der angebotenen Sitzplätze einbezogen«, schreibt der Rechnungshof. So konnten die Auslastungszahlen willkürlich rauf- und runtergesetzt werden. Im Extremfall ergaben sich Vorstellungen mit einer 100-prozentigen Auslastung. Der Rechnungshof: »Die gesamte Auslastung bei den Spielstätten hätte sich demnach von 82 auf 80 Prozent oder um zwei Prozentpunkte verringert.«
»Der kulturpolitische Auftrag lautet, die Bundestheater im Sinne eines hochklassigen Repertoiretheaterbetriebs zu führen«, sagte der frühere SP-Kulturminister Josef Ostermayer im August 2014. »Das ist der Anspruch, den die Bevölkerung stellt, den auch ich stelle. Natürlich geht es darum, mit dem vorhandenen Geld auszukommen.« Das Credo übernahm auch sein Nachfolger Thomas Drozda. Auch für ihn sind die primären Geldquellen des Burgtheaters Ticketeinnahmen, Sponsoring und die staatliche Basisabgeltung. Diese deckt das Budget zum größten Teil ab. Minister Drozda sowie seine Vorgänger Josef Ostermayer, Claudia Schmied und Franz Morak erhöhten den Bundeszuschuss zur Erfüllung des »kulturpolitischen Auftrags« sukzessive. Was sie dabei aus den Augen verloren: die Kostenschraube. Sparsamkeit und Kulturpolitik schließen einander per se nicht aus. Einsparungen wären möglich gewesen. Doch an der Stellschraube »Personalkosten« wollte keiner drehen. Das war unpopulär.
Die Schauspieler waren und sind tabu – und damit auch ihre unfassbaren Privilegien. Der Rechnungshof kritisierte in seinem Bericht, dass »die Burgtheater GmbH in der Personalverwaltung gravierende Mängel aufwies, weil sie nicht für alle Beschäftigten Dienstverträge ausstellte und entgegen der Weisung der Bundestheater-Holding GmbH bis zum Jahr 2014 keine Dienstreiseabrechnungen durchführte«. Das hatte zur Folge, dass Gagen ohne vertragliche Grundlage ausgezahlt und Reisekosten ohne Belege abgerechnet wurden – und das in einem Staatsbetrieb! Diese Praxis wurde vom seit 2013 amtierenden kaufmännischen Direktor Thomas Königstorfer mittlerweile abgestellt. Daran führte auch kein Weg vorbei. Königstorfer hatte keine andere Wahl. Anders beim Thema Zeitausgleich.
»Die Burgtheater GmbH gewährte dem Personal in den Bereichen Kunst und Technik zusätzlich zum Erholungsurlaub einen Zeitausgleich, der – so er nicht verbraucht wurde – auszubezahlen war und im Unterschied zum Anspruch auf den Erholungsurlaub nicht verfallen konnte«, schreibt der Rechnungshof. In der Regel wurde der Zeitausgleich in den Theaterferien verbraucht, also im Juli und August, wenn Burg- und Akademietheater geschlossen waren. Der Zeitausgleich sollte die bei Theaterproduktionen anfallenden Überstunden kompensieren. Im Bereich Technik erlaubte eine Betriebsvereinbarung, dass 14 Werktage Zeitausgleich gewährt würden, die in den Theaterferien zu konsumieren und auch aufzuzeichnen seien. Die Auszahlung von Zeitausgleich wurde nur »in Ausnahmefällen« und nach schriftlichem Antrag gewährt. Der Technikbetriebsrat wollte so Missbrauch verhindern.
Extrawürste gab es für die Künstler. »Durch jahrzehntelange Übung wurde der Anspruch auf Zeitausgleich von 17 Werktagen für das gesamte künstlerische Personal Bestandteil der einzelnen Dienstverträge« (Rechnungshof). Doch im Gegensatz zum Technikbereich gab es für die Künstler keine Betriebsvereinbarung. Grundlage für die fragwürdige Praxis war eine einseitige Regelung der Bundestheaterverwaltung aus dem Jahr 1960 (!) sowie eine nicht schriftlich festgelegte betriebliche Übung. Die Künstler wurden auch nicht verpflichtet, ihren Zeitausgleich in den Theaterferien zu konsumieren, geschweige denn schriftliche Aufzeichnungen zu führen. So wurde es Usus, dass sich die Schauspieler ihren Zeitausgleich regelmäßig auszahlen ließen. Ob sie den Zeitausgleich in realita bereits abgebaut hatten, spielte keine Rolle, weil es ohnedies nie kontrolliert wurde.
»Bis zum Jahr 2015 führte die Burgtheater GmbH für das Personal im Bereich Kunst keine schriftlichen Aufzeichnungen über den Verbrauch der Urlaubs- und Zeitausgleichsansprüche, und das Personal in diesem Bereich stellte keine schriftlichen Anträge für die Ausbezahlung von Ersatzansprüchen«, schreibt der Rechnungshof im Bericht vom Mai 2016. »Dessen ungeachtet zahlte die Burgtheater GmbH dem Personal im Bereich Kunst im überprüften Zeitraum rund 136 000 Euro für nicht verbrauchte Freizeit aus.« Künstler, die nach dem Theatergesetz angestellt sind, verfügen über einen Urlaubsanspruch von vier bis sechs Wochen, abhängig von der Zugehörigkeitsdauer. Das Burgtheater-Privileg: Ensemblemitgliedern stehen zwischen sieben und neun Wochen Freizeit zu. Daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern, heißt es. Nur den Zeitausgleich müssen sie schriftlich beantragen. Und eine Auszahlung kommt nur ausnahmsweise und in begründeten Fällen in Betracht, was von den Betroffenen als beispiellose Schikane empfunden wird.
Dienstkarten zum Nulltarif, Zeitausgleich ohne Rechtsgrundlage, mündliche Arbeitsverträge: Das war der ideale Nährboden für die obszöne Unternehmenskultur, die im Herbst 2013 zum Crash an der Burg führte. Die Wirtschaftsprüfgesellschaft KPMG führte im Oktober 2013 eine Gebarungsprüfung durch, die den Anfang des Burgtheater-Skandals markiert. »Hohe Kassenbestände führten dazu, dass auch die Kassenführung in die Gebarungsprüfung einbezogen wurde«, heißt es im Rechnungshofbericht vom Mai 2016. »Der Abschlussprüfer stellte am 11. November 2013 in seinem ersten Entwurf des Berichts gravierende Mängel in der Buchführung fest.« KPMG hatte Pricewaterhouse-Coopers (PwC) als Buchprüfer des Burgtheaters ersetzt und war angesichts der grassierenden Bilanzskandale bei Banken und Industriebetrieben sensibilisiert. Und siehe da: Diesmal zog der Wirtschaftsprüfer die Notbremse. Das Burgtheater war pleite. »Der Jahresabschluss des Geschäftsjahres 2012/13 wies einen Bilanzverlust von 19,64 Millionen Euro und ein negatives Eigenkapital von 10,29 Millionen Euro aus«, schreibt der Rechnungshof. »Der Bilanzverlust resultierte aus der Bildung von Steuerrückstellungen, aus der Abschreibung von Bühnenproduktionen […] und der Wertberichtigung von sonstigen Forderungen und Vermögensgegenständen von insgesamt 17,65 Millionen Euro.« Ein bilanzieller Kraftakt war nötig, um die Vergangenheit aufzuarbeiten. Erst auf der Basis einer Patronatserklärung von zehn Millionen Euro seitens der Bundestheater-Holding war KPMG bereit, eine positive Fortbestandsprognose abzugeben. Damals konnte der Wirtschaftsprüfer erstmals »schwerwiegende Verstöße der gesetzlichen Vertreter gegen das Gesetz erkennen«, schreibt der Rechnungshof. Doch die Warnung kam viel zu spät.
Im Minderheitsbericht des parlamentarischen Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofunterausschusses, der den Skandal am Burgtheater in acht Sitzungen zwischen 19. November 2014 und 10. Mai 2015 untersuchte, heißt es: »Auf Ebene der Wirtschaftsprüfer war es ›sehr auffällig, dass bei Prüfberichten […] komplette Entlastung gegeben wurde. Es wurde nichts beanstandet, es wurde nichts kritisiert, es wurde alles für gut befunden‹, kritisiert Rechtsanwalt Thomas Angermair die Arbeit der Prüfgesellschaft PricewaterhouseCoopers.« Angermair war Rechtsberater von Kulturminister Josef Ostermayer. Schwere Bilanzierungsfehler und offensichtliche Mängel in der Revision wurden schlicht und ergreifend ignoriert. Auch die KPMG habe bei ihrer ersten Prüfung zum Jahresabschluss 2011/12 noch nichts zu beanstanden gehabt. Laut Bundestheater-Manager Othmar Stoss sei bis zum Herbst 2013 von PwC und KPMG »die klare Aussage getätigt worden, dass ein funktionierendes internes Kontrollsystem implementiert« worden sei. Tatsächlich war genau das Gegenteil der Fall, wie Forensiker und Anwälte später erkennen sollten. Offensichtlich wollten es sich die Wirtschaftsprüfer nicht mit Kunst und Politik verscherzen. Für sie war klar, dass im Notfall der Staat einspringen würde. So wie die »großen« Banken war das »kleine« Burgtheater »too big to fail«, zu groß zum Scheitern.
Die Zustände am Burgtheater sprengten jeden Rahmen. Geheime Gelddepots, mysteriöse Scheinrechnungen und teure Beratungsaufträge wurden enthüllt. Wiewohl der Skandal im Herbst 2013 aufgedeckt wurde und in der Folge zum Rauswurf von Silvia Stantejsky (November 2013), Matthias Hartmann (Frühjahr 2014) und zum erzwungenen Rücktritt von Georg Springer ( Juni 2014) führte, war der leichtfertige Umgang mit Bargeld schon viel früher bekannt. Vertrauliche Revisionsberichte der Bundestheater-Holding aus den Jahren 2011 und 2013 machten auf strukturelle Missstände am Burgtheater aufmerksam. Von Springer und dem Bundestheater-Aufsichtsrat wurden die Berichte aber schubladisiert. Ein Freibrief für Missmanagement.
Die Bundestheater-Revision hielt im Jahr 2011 im Bericht zum Thema »Barauszahlungen (Honorare, Gagen, Eintrittsgelder)« fest, dass damals mehr als 30 Prozent aller Honorare, Spesen und Wohnzuschüsse über Barauszahlungen abgewickelt wurden. Zum Vergleich: In der Staatsoper, die ebenfalls der Bundestheater-Revision unterstellt war, lag die Cash-Quote bei rund sechs Prozent. Bargeld verwalten, Auszahlungen anweisen und Kassastand prüfen: Für all das war Silvia Stantejsky zuständig. Diese Machtkonzentration fördere Missbrauch, kritisierten die Revisoren. Das müsse umgehend abgestellt werden. Doch es geschah nichts. Der Bericht landete in der Schublade. Stantejsky durfte weitermachen und sagt (leider) zu Recht: »Die Kontrollinstanzen des Burgtheaters waren immer über die Buchführung informiert.« Die Dimension der Malversationen war dem Aufsichtsrat vermutlich nicht bewusst. Dass herumgewurschtelt wurde, war offensichtlich. Die Missstände zu beenden, kam den Aufsehern dennoch nicht in den Sinn.
Zahlreiche Künstler ließen sich ihre Spielgelder, Pauschalen oder Tantiemen in Cash auszahlen. Ein Anruf bei der Hauptkasse genügte, und das Geld wurde zur Abholung bereitgestellt. Im forensischen KPMG-Bericht vom 27. Februar 2014 (Titel: »Projekt Sopran«) heißt es zur Bezahlkultur an der Burg: »Der Grund dieser Vorgehensweise der (teilweisen) Barauszahlungen von vertraglichen Ansprüchen und Honoraransprüchen an Künstler ist betrieblich und betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbar und kann als fremdunüblich beurteilt werden. Die Vorgehensweise birgt das Risiko, dass die Burgtheater GmbH zu Abgabenhinterziehung beiträgt.« Tatsächlich wurde es teuer. Für nachzuzahlende Steuern und Sozialversicherungsbeiträge musste das Burgtheater im Jahr 2014 rund 9,9 Millionen Euro bilanziell rückstellen. Ein Staatsbetrieb, der Steuerhinterziehung begünstigt. Das ist keine Kunst, sondern kriminell.
Das Wirtschaftsmagazin »Format« outete in der Titelgeschichte »Cash und Crash am Burgtheater« am 13. Juni 2014 eine Reihe von Bühnenstars als regelmäßige Bargeldempfänger. So standen beispielsweise Michael Maertens (»Der ideale Mann«), Christiane von Poelnitz (»Elektra«) oder der verstorbene Gert Voss auf Stantejskys Liste. Zur Erinnerung: Silvia Stantejsky führte »schwarze« Kassen, wo sie Ein- und Auszahlungen in Cash abwickelte. Dass sie am Ende den Überblick über die wilden Geldgeschäfte verlor, wurde ihr letztlich zum Verhängnis.
Die prominenten Auskunftspersonen sprachen über Stantejskys lockeren Umgang mit Bargeld. »Nestroy«-Preisträger Michael Maertens, der Ehemann von Mavie Hörbiger, bunkerte in Summe 99 000 Euro bei Stantejsky. Er habe »bis etwa 2004 kein eigenes Bankkonto besessen« und Stantejskys Angebot, sein Geld zu verwalten, gerne angenommen. »Ich fand das sehr nett«, so Maertens. »Ich wollte ja sparen.« Folglich behielt die Burg ab 2001 sein »Monatsgehalt in Form von Spielgeld, Pauschalen etc.« ein. Wenn er das Geld brauchte, spazierte er »zur Hauptkasse des Burgtheaters«. Die »bar erhaltenen Summen« habe er gegengezeichnet, und damit war’s für ihn erledigt. »Das Geld ist versteuert worden«, betont Maertens. Lohnsteuer und Sozialversicherung wurden abgeführt. Maertens: »Ich war ein Trottel, dass ich Stantejsky mein Geld gab.« Zumindest hat er nichts verloren. Im Gegensatz zu Regisseur David Bösch (»Parzival«), der um rund 200 000 Euro zittert.
»Nestroy«-Preisträger bekamen offenbar eine Spezialbehandlung. »Christiane von Poelnitz gab an, von Frau Stantejsky viele Akontos abgeholt zu haben«, heißt es im »Sopran«-Bericht. »Die Übergabe fand immer bar in der Hauptkasse statt.« Am 31. August bzw. 21. November 2012 holte sie 7000 bzw. 7500 Euro ab. »Jede Akonto-Auszahlung an mich wurde dem Gehalt abgezogen und damit ordnungsgemäß versteuert«, sagt Christiane von Poelnitz, die langjährige Lebensgefährtin von Schauspieler Joachim Meyerhoff (»Die Welt im Rücken«). Auch Schauspiellegende Gert Voss wird im »Sopran«-Bericht erwähnt. »Stantejsky sendete ein E-Mail mit der Bitte um Baranweisung der Monatsgage September von Gert Voss und teilte mit, dass die weiteren Zahlungen dann wieder aufs Konto erfolgen sollten.« Ob das eine Ausnahme oder die Regel war und wie viel über die Hauptkasse verschoben wurde, bleibt ungeklärt. Gert Voss verstarb im Sommer 2014. Bei Starregisseur Jan Bosse konnte die KPMG hingegen konkrete Geldsummen festmachen: »Stantejsky sendete ein E-Mail, aus dem hervorgeht, dass sie Jan Bosse einen Vertrag über 30 000 Euro zukommen ließ und dazu noch ein weiteres Honorar von 10 000 Euro dazukomme, für welches die Honorarnote dann bei Barbehebung in Wien ausgestellt wird.«
»Künftig wird es keine Barauszahlungen mehr geben, sondern nur von Konto zu Konto«, versichert Burg-Direktorin Karin Bergmann. Daran wird auch Martin Kušej, ihr designierter Nachfolger an der Burg, nichts ändern. Doch ähnlich wie Minister Drozda hadert auch Bergmann mit ihrer Vergangenheit. Sie war viele Jahre am Burgtheater angestellt und mit Stantejsky gut befreundet. Wenig überraschend: Auch Bergmanns Name scheint auf Stantejskys berüchtigter »Depots«-Liste auf. Dabei handelt es sich um die Auflistung von Verrechnungskonten, auf denen Stantejsky das Cash ihrer Schützlinge bunkerte. Neben Bergmann werden auch die Regisseure Karin Beier, Nicolas Stemann, Tom Stromberg und der verstorbene Christoph Schlingensief genannt. Sie alle wollen nichts davon gewusst haben, dass Stantejsky ein Depot unter ihrem Namen führte. Bergmann hat in der Vergangenheit jede illegale Entgegennahme von Burgtheater-Geldern zurückgewiesen. Die monatlich 2700 Euro, die ihr laut dem Nachrichtenmagazin »profil« in der Saison 2008/09 vom damaligen Burg-Direktor Klaus Bachler überwiesen wurden, seien jedenfalls sauber.
Konkret flossen zwischen September 2008 und August 2009 in Summe 32 400 Euro von Bachlers Privatkonto an Bergmanns Privatkonto. Dies sei laut Stellungnahme des Burgtheaters »freiwillig, ohne jegliche rechtliche Versicherung als Zeichen der freundschaftlichen Verbundenheit und persönlichen Dankbarkeit für die loyale Unterstützung« geschehen, weil Bachler in seiner letzten Saison am Burgtheater kaum anwesend war und seine damalige Stellvertreterin Bergmann seinen Job erledigte. Rechtlich sei das völlig in Ordnung, befand Georg Springer als damaliger Burg-Aufsichtsratspräsident. Diese »private« Aufwandsentschädigung von Bachler für Bergmann darf im Rückblick als weitere Blüte im Burgtheater-Sumpfbetrachtet werden. Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass ein Geschäftsführer seinen Job bis zum Vertragsende erfüllt. Managementagenden einfach so zu delegieren und danach über Aufwandsentschädigungen auszugleichen: Das klingt nach einem arbeitsrechtlichen Drahtseilakt.
Eine prominente Nebenrolle im Burgtheater-Drama bekleidete der Betriebsrat, der sich im Zuge der forensischen Recherchen als diskrete Gelddrehscheibe entpuppte. Nicht nur wertvolle Gratistickets wurden dort verteilt, sondern auch echtes Geld. Im »Sopran«-Bericht ist dokumentiert, dass immer wieder zehntausende Euro von der Burgkasse zum Betriebsrat gewandert sind, der das Geld gegen Ausstellung dubioser Quittungen entgegengenommen haben soll. Der Rechnungszweck war kurz, der Geldbetrag groß: »Abrechnung künstlerischer Lizenzen« (18 000 Euro), »Personalangelegenheiten« (18 000 Euro), »TV-Auszahlung« (12 000 Euro), »Diverse Lizenzen« (20 000 Euro) oder »Zurverfügungstellung von Personal« (26 646,35 Euro). Das Gegenüber von Burg-Managerin Silvia Stantejsky war die damalige Betriebsratsvorsitzende Dagmar Hölzl. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es sich um Scheinrechnungen gehandelt haben könnte, weil Hölzl sagt: »Ich habe das Geld nie gesehen.« Wo ist das Geld gelandet? Die Justiz sucht es noch.
Wiewohl die Stantejsky-Hölzl-Transfers noch Gegenstand von Untersuchungen sind, besteht kein Zweifel, dass der Betriebsrat über die Jahre mit großen Geldbeträgen jongliert hat. »Unter dem Titel ›Erlöse aus Rundfunk- und Fernsehübertragungen‹ kassiert das Burgtheater viel Geld, das zum Großteil an die Künstler weitergereicht wird«, berichtete das Magazin »Format« im Juni 2014. In sieben Jahren, also von 2006 bis 2013, waren es 967 334,85 Euro. »Die Direktion überweist das ORF-Geld an den Betriebsrat, der es verteilt: Der Künstler wird angerufen, er solle doch ›kurz vorbeischauen‹, um ›sein Geld‹ abzuholen. Ein paar hundert bis ein paar tausend Euro wechseln dann den Besitzer.« Auf die Frage, warum das Geld nicht überwiesen werde, heißt es seitens des Betriebsrats: »Das war schon immer so.« Zwar weise der Betriebsrat die Ensemblemitglieder darauf hin, dass das Geld zu versteuern sei. Doch ähnlich wie bei Trinkgeldern dürfte das Finanzamt wohl auch vom Betriebsratsgeld nichts erfahren haben. Tatsache ist, dass laut Rechnungshof erhebliche Abgabenschulden entstanden sind: »Die Burgtheater GmbH beglich für 23 Personen insgesamt rund 137 000 Euro an persönlichen Steuer- und Abgabenverbindlichkeiten bei in- und ausländischen Finanzverwaltungen.« Die Namen der betroffenen Personen sind ein Staatsgeheimnis.
Der Burg-Betriebsrat führt jedenfalls seit vielen Jahren ein fragwürdiges Dasein. In der Vergangenheit beschäftigte er schon mehrfach die Gerichte. Im Juni 2013 wurde ein Betriebsrat rechtskräftig zu acht Monaten bedingter Haftstrafe verurteilt, weil er sich zwischen Februar 2010 und November 2011 insgesamt 78 Mal aus dem Betriebsratsfonds bedient hatte – Schaden: 52 000 Euro. Um das Geld kaufte er beispielsweise Fernseher, Geschirrspüler oder Kaffeemaschinen für seine Kolleginnen und Kollegen. Wer einen finanziellen Engpass hatte, der wurde mit Geld aus der Kasse versorgt. Eine noble Geste, die aber strafrechtlich relevant ist. Denn: Das willkürliche Verteilen von fremdem Vermögen ist verboten – auch aus edlen Motiven.
Wiewohl die Verurteilung des Betriebsrats für großen Wirbel sorgte, änderte sich wenig am Schlendrian. Im Juni 2016 wurde abermals ein Betriebsratsmitglied wegen Veruntreuung zu neun Monaten bedingter Haft verurteilt. Aus dem Betriebsratsfonds des künstlerischen Personals und einem Sozialfonds zweigte er von Februar 2015 bis März 2016 insgesamt 47 300 Euro ab. »Als Kassaverwalter hatte der Mann Zugriff auf Bankkonto und Tresor, was er nutzte, um sich regelmäßig Beträge zwischen 200 und 3500 Euro einzustecken«, berichtete die »Austria Presse Agentur« am 16. Juni 2016. Die Malversationen waren im Zuge einer internen Rechnungsprüfung entdeckt worden. In einer Presseaussendung stellte der künstlerische Betriebsrat fest, dass es sich »bei der betroffenen Person nicht um eine Darstellerin oder einen Darsteller handelt«. Außerdem: »Es sind auch keine Steuermittel, Erlöse aus Kartenverkäufen oder sonstige Gelder der Burgtheater GmbH von dem Vorfall betroffen, sondern ausschließlich Mittel der Kolleginnen und Kollegen des Burgtheaters.« Spät, aber doch: Der Betriebsrat nahm den Vorfall aus dem Jahr 2016 zum Anlass, das interne Kontrollsystem nachzuschärfen.
Es gibt noch sehr viel zu verbessern. Gefordert wären in erster Linie die Aufsichtsorgane von Bundestheater-Holding oder des Burgtheaters, dem auch der Betriebsrat angehört. Es war eine Mischung aus Unvermögen und Gleichgültigkeit, die die Tricksereien in der Bilanz- und Liquiditätsrechnung möglich machten. Zu den Aufsichtsräten der Bundestheater-Holding in der Skandal-Ära gehörten etwa Max Kothbauer (Nationalbank-Vizepräsident), Bettina Glatz-Kremsner (Lotterien-Geschäftsführerin), Hilde Hawlicek (Ex-SP-Unterrichtsministerin) und Manfred Lödl (Finanzministerium). Im Burgtheater-Aufsichtsrat saßen damals beispielsweise Karl Stoss (Ex-Casinos-Austria-General), Heide Schmidt (Liberales-Forum-Gründerin), Josef Schmidinger (s Bausparkasse), Viktoria Kickinger (Ex-Post-Lobbyistin), Susanne Moser (Direktorin Komische Oper Berlin), Michael Längle (Rohöl-Aufsuchungs-AG-Vorstand) und Monika Hutter (Finanzministerium).
Die geballte Kraft aus Wirtschaft und Kultur konnte betriebswirtschaftlichen Wahnsinn und künstlerischen Unsinn nicht verhindern. Die Kontrollore nickten alles kritiklos ab. Der Unterausschuss des Rechnungshofausschusses stellt im Minderheitenbericht fest, dass »eine mittelfristige finanzielle Konsolidierung durch strukturelle Maßnahmen« kaum auszumachen war, »einfacher war es jedenfalls, auf eine Erhöhung der Bundesfinanzierung zu setzen«. Und das Jahr für Jahr – bis zum Crash Ende 2013. Fazit der damaligen RH-Unterausschuss-Vorsitzenden und NEOS-Politikerin Beate Meinl-Reisinger: »Es ist ein Versagen auf allen Ebenen erkennbar, von der Wirtschaftsprüfung über Geschäftsführung und Aufsichtsrat bis zum Ministerium.«
Im Minderheitenbericht werden die Verantwortlichkeiten auf den Punkt gebracht. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften PwC und KPMG agierten zahnlos. »Es wurde nichts beanstandet, es wurde nichts kritisiert, es wurde alles für gut befunden«, wird Rechtsanwalt Thomas Angermair zur PwC-Arbeit zitiert. Bühnenstücke wurden über einen Zeitraum von fünf Jahren abgeschrieben. Statthaft wäre laut Rechnungshof eine buchhalterische Nutzungsdauer von drei Jahren gewesen. Zudem wurden Aufführungen, die längst abgespielt waren, mit positiven Buchwerten erfasst. »Da die Jahresabschlüsse wesentliche Fehldarstellungen enthielten, war es für den Rechnungshof nicht nachvollziehbar, warum die Prüfungshandlungen der Abschlussprüfung der Geschäftsjahre 2011/12 zu keinen Einwendungen führten«, heißt es im RH-Bericht vom Mai 2016. Zumal die Abschlussprüfer im Jahr 2008/09 »einen Schwerpunkt der Prüfungshandlungen beim Anlagevermögen« setzten und spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten feststellen müssen, dass »Buchwerte für nicht mehr gespielte Bühnenproduktionen« angesetzt wurden. Durch diese Bilanztricks wurden nicht mehr aufgeführte Theaterstücke als Vermögenswert ausgewiesen. Im Klartext: Die Burgtheater GmbH machte sich so reicher, als sie eigentlich war.
Im Aufsichtsrat von Bundestheater-Holding und Burgtheater GmbH weist man jedes Fehlverhalten zurück. Man habe sich auf die Wirtschaftsprüfer und deren Testate verlassen. Zudem seien die Malversationen nicht feststellbar gewesen. Der Aufsichtsrat habe sich nicht nur auf die Urteile der Abschlussprüfer zu verlassen, sondern das zu überwachende Unternehmen vertieft zu kontrollieren, entgegnet der Rechnungshof in seinem Bericht vom Mai 2016 und erinnert an die Warnungen der internen Revision und Aufsichtsratsprotokolle, wo auf dubiose Bilanzierungs- und Bargeldpraktiken im Burgtheater hingewiesen wurde. »Durch diese hätten die Mitglieder des Aufsichtsrats erkennen können, dass die Einrichtung der Kasse nicht den maßgeblichen Grundprinzipien eines Internen Kontrollsystems entsprach.« Der Theaterexperte Gerd Leo Kuck sagt laut Minderheitenbericht: »Ein großes Problem sind die Aufsichtsräte, die absolut nicht qualifiziert sind für ihre Tätigkeit. Das sind reine Abnick-Organisationen, so wie sich das dargestellt hat.« Kucks Empfehlung: »Künftige Aufsichtsräte, die diese Jobs übernehmen, müssen einen Schnellkurs machen, wie ein Theaterbetrieb funktioniert.«
»Ab dem Jahr 2010 war die alarmierende Liquidität ein prominentes Thema im Aufsichtsrat der Bundestheater-Holding«, sagt NEOS-Politikerin Beate Meinl-Reisinger, die als Vorsitzende des RH-Unterausschusses zum Burgtheater-Skandal eine Reihe von Auskunftspersonen befragte, darunter den Spitzenbeamten Gerhard Steger. Steger war mehr als ein Jahrzehnt Budget-Sektionschef im Finanzministerium und danach bis 2016 Finanz-Sektionschef im Rechnungshof. Als Vertreter des Finanzministeriums saß er im Bundestheater-Aufsichtsrat. Steger laut Minderheitenbericht: »Erstens ist es so, dass ich wie eine tibetanische Gebetsmühle im Aufsichtsrat immer wieder Konsolidierungsmaßnahmen nicht nur im Burgtheater, sondern in allen Bühnen eingefordert habe. Ich war immer derjenige, der gesagt hat: Wir können nicht warten, bis wir quasi an der Wand stehen, sondern wir müssen rechtzeitig mittelfristig ausgeglichene Budgets in allen Bühnen sicherstellen.« Doch seine Mahnungen wurden niedergestimmt. Man habe stets versucht, sich »über das nächste Jahr hinüberzuturnen«, und kurzfristige Maßnahmen ergriffen, um »das nächste Jahr zu überbrücken«. Die Vogel-Strauß-Taktik ging vom damaligen Bundestheater-Aufsichtsratsvorsitzenden Max Kothbauer aus, der alle Probleme mittels Erhöhung der Bundessubvention lösen wollte. Im Aufsichtsrat sagte Kothbauer laut Minderheitenbericht: »Sämtliche Einsparungen, die man jetzt machen kann, helfen uns nichts, wir brauchen mehr Geld.« Kothbauer war Vorstandsmitglied der Creditanstalt (heute UniCredit Bank Austria) und ist Vizepräsident der Nationalbank, wo finanzielle Sorgen traditionell vom Steuerzahler übernommen werden.
Die Burg-Aufseher diskutierten die Finanzprobleme im Oktober 2010. »Allerspätestens ab dieser Sitzung musste den Mitgliedern des Aufsichtsrats bewusst gewesen sein, dass hinsichtlich der wirtschaftlichen Situation der Burgtheater GmbH Maßnahmen erforderlich waren«, schreibt der Rechnungshof. Doch Sanierungsmaßnahmen sucht man vergeblich. »Beispielsweise ein Konsolidierungsprogramm auszuarbeiten, um den bis 2014 gesetzten Finanzrahmen unter Beibehaltung der künstlerischen Qualität einzuhalten.« Eine Schuldenreduktion wurde etwa durch buchhalterische Kunstgriffe erreicht. So wurden Verbindlichkeiten gegenüber Beschäftigten und Dritten verspätet erfasst und Barauszahlungen vom Juli 2010 erst im September 2010 verspätet registriert. Die Zahlungsprobleme wurden aufgeschoben. »Im Aufsichtsrat der Burgtheater GmbH fand eine eingehende Debatte über die Liquiditätslage erst am 23. Jänner 2013 und nicht bereits ein Jahr davor statt, als eine negative Planabweichung von 1,05 Millionen Euro bereits erkennbar war.« Besonders skandalös ist die Ignoranz des Burg-Aufsichtsrats: »Die Beratungen über Berichte der internen Revision wurden selbst dann vom Aufsichtsrat vertagt, wenn diese unverzüglich zu setzende Maßnahmen enthielten.«
Den Kontrollorganen war somit klar, dass das Burgtheater grundlegend reformiert werden musste. Die angespannte Finanzsituation war den Eigentümervertretern des Burgtheaters bewusst, wie der Sektionschef im Kunstministerium, Michael Franz, im Rechnungshofunterausschuss zu Protokoll gab. Laut Franz sei »die Situation des Bundestheater-Konzerns insgesamt von 2007 an durchaus bekannt und nachvollziehbar« gewesen. Es habe eine Vielzahl an Besprechungen mit Holding-Geschäftsführer Georg Springer und Kulturministerin Claudia Schmied gegeben, in denen die Liquiditätssituation und allfällige Gegensteuerungsmaßnahmen diskutiert wurden. Franz laut Minderheitenbericht: »Soll man Strukturmaßnahmen setzen, die finanzielle Auswirkungen haben, oder soll man Maßnahmen setzen, die durch zusätzliche Mittel getragen werden? Da gab es durch die Ministerin eine Festlegung: Sie wollte keine Strukturmaßnahmen.« Claudia Schmied zog es vor, die bereits üppige Basisabgeltung für die Bundestheater immer wieder hinaufzuschrauben. Das war mit weniger Widerstand verbunden. Schmied, die auch Bildungsministerin war, wollte sich eine zweite Front ersparen. Der Konflikt mit der selbstbewussten Lehrergewerkschaft reichte ihr. Der Gedankenaustausch mit Künstlern und Schauspielern war ihr persönliches Wohlfühlprogramm.
Die Pläne zur Sanierung des Burgtheaters lagen bereits vor. Das Skandalöse daran: Sowohl Ministerium als auch Bundestheater-Holding, die mehrere Experten mit der Ausarbeitung von finanziellen Verbesserungsvorschlägen beauftragt hatten, ließen die Konzepte links liegen. Der Wirtschaftsprüfer Richard Bock evaluierte beispielsweise gemeinsam mit dem Theaterexperten Gerd Leo Kuck in den Jahren 2009 und 2010 den Bundestheater-Konzern sowie die Burgtheater GmbH – und kam auf ein erhebliches »Verbesserungspotential«. »Laut Kuck ergab die erste Zusammenfassung nach mehr als zwei Jahren Evaluierung sogar ein Einsparungspotential von 30 Millionen Euro«, heißt es im Minderheitenbericht des RH-Unterausschusses. »Die schwarze Null wäre seiner Ansicht nach ohne Erhöhung der Basisabgeltung und bei gleichbleibendem kulturpolitischen Auftrag über einen Zeitraum von fünf Jahren zu erreichen gewesen.«
Doch das hätte massive Einschnitte beim Personal nötig gemacht, was mit allen Mitteln vermieden werden sollte. Mit beliebten Schauspielern und dem einflussreichen Betriebsrat wollte es sich die Politik nicht verscherzen. Der »Privilegienstadl« wurde nicht abgerissen, sondern unter Denkmalschutz gestellt. Aus Sicht der Sonderprüfer wurde nie kontrolliert, wie das Geld ausgegeben wird. Kuck laut Minderheitenbericht: »Wenn man Vergleichszahlen deutscher Theater in ähnlicher Größenordnung sieht, sind die Ausgaben, die für einzelne Produktionen gemacht werden, meist zwischen einem Drittel und 50 Prozent niedriger als für vergleichbare Produktionen in Wien. […] Das Problem ist: Solange die Theater im festen Glauben sind, dass jegliche Kosten getragen werden, werden sie sich nicht reformieren. […] Wirkliche Reformen sind nur möglich, wenn den Theaterunternehmen ganz klargemacht wird, dass es Budgeterhöhungen, Erhöhungen von Basisabgeltungen in den nächsten Jahren nicht geben wird und man sich auf viele, viele Maßnahmen einlassen muss, die zu einer massiven Reduzierung der Ausgaben führen.«
Doch in der Bundestheater-Holding dachte man nicht im Traum daran, zu sparen, und redete sich ein, dass eine kostenseitige Sanierung unmöglich sei. Im RH-Unterausschuss sagte Bundestheater-Prokurist Othmar Stoss: »Es wurde sehr viel rationalisiert im Personalkostenbereich, nur ist einfach jedes Jahr diese Situation, dass die Personalkosten um drei bis fünf Millionen Euro steigen.« In Summe liegen die Personalaufwendungen in den Bundestheatern (Akademie- und Burgtheater, Staats- und Volksoper) bei rund 175 Millionen Euro. »Die Bundestheater kostet eine Gehaltsrunde, die der Bund abschließt, etwa drei bis fünf Millionen Euro«, sagt Stoss. »So viel kann man nie einsparen. Das ist unmöglich bei den gegebenen Rahmenbedingungen.«
Ganz so unmöglich, wie es Bundestheater-Veteran Othmar Stoss darstellt, wäre es keineswegs gewesen. Das Argument, dass ohne Bundessubvention der viel zitierte »kulturpolitische Auftrag« nicht erfüllt werden kann, lässt Theaterexperte Gerd Leo Kuck laut Minderheitenbericht nicht gelten: »Der kulturpolitische Auftrag ist enorm wichtig, nur der ist so nebulos verfasst. Es gibt ja keine Zielvorstellungen. […] Es ist wie mit der Freiheit der Kunst: Jede wirtschaftliche Einschränkung oder Veränderung kann ich gleichzeitig auch als Angriff auf die Freiheit der Kunst interpretieren. Das heißt, es bedarf großen Mutes, Strukturreformen anzugehen.«
Selbst in der schweren Liquiditätskrise war kaum Mut zur Veränderung wahrnehmbar. Alles sollte beim Alten bleiben – und vom Steuerzahler finanziert werden. »Es hat tatsächlich eine Vorgabe gegeben, die auch von Frau Bundesministerin Schmied formuliert wurde«, erinnert sich Ex-Bundestheater-Boss Georg Springer bei seiner Befragung im RH-Unterausschuss: »Ich gehe sicher nicht in die Geschichte der Kunst- und Kulturverwaltung mit Schließung von Theatern ein.« Claudia Schmied war vor ihrer Ernennung zur Bildungs- und Kulturministerin im Topmanagement der Kommunalkredit Austria. Das ist jene Spezialbank, die offiziell als biederer Gemeindefinanzierer auftrat, aber in Wahrheit wegen fehlgeleiteter Milliardenspekulationen Ende 2008 notverstaatlicht werden musste. Auch dafür lehnte Claudia Schmied jegliche Mitverantwortung ab. Die Staatsanwaltschaft vertraute der SP-Politikerin und stellte das Strafverfahren gegen sie sehr rasch ein.
Die Nonchalance der politischen Führung wurde von Springer, Stantejsky und Hartmann ausgenutzt. Hartmann kassierte bis zu seiner Entlassung im Frühjahr 2014 rund 2,2 Millionen Euro. Aus Sicht des Rechnungshofs war die Vertragsbeziehung zu Hartmann »von Rechtsunsicherheit und Intransparenz« geprägt. In seiner Amtszeit von 2009 bis 2014 kassierte er eine runde Million Euro Geschäftsführergehalt, das korrekt über die Lohnverrechnung ausgezahlt wurde. Doch darüber hinaus flossen weitere 1,23 Millionen Euro, wo es dem Rechnungshof schwerfällt, einen »nachvollziehbaren Leistungsgrund zuzuordnen«. Hartmann besteht auf der Feststellung, dass er die Honorare zu Recht bezogen habe. Trotzdem musste die Burgtheater GmbH zwei Gutachten um insgesamt rund 21 000 Euro einholen, um die Zahlungen an Hartmann zu rekonstruieren. Hartmann selbst fand nichts dabei, einen Großteil seiner Honorare über die Hauptkasse abzuwickeln, wovon laut Rechnungshof »mehr als die Hälfte (insgesamt rund 375 000 Euro) Barauszahlungen« darstellten. Dabei griff er auf die Dienste von Co-Direktorin Stantejsky und deren klandestines Cash-System zurück.
Auch Stantejsky selbst ließ es sich gut gehen. So zahlte sie sich beispielsweise für August 2008 insgesamt 14 600 Euro »für nichtkonsumierte Freizeit« aus, wie der Rechnungshof feststellte. »Das waren um rund 9400 Euro oder 31 Tage mehr, als ihr zugestanden hätten.« Die Burgtheater GmbH zahlte Stantejsky üppige Mehrdienstleistungspauschalen, die ihr laut Geschäftsführervertrag aber nicht mehr zustanden. Bargeldauszahlungen nahm Stantejsky ohne Rücksicht auf das Vier-Augen-Prinzip vor – auch in eigener Sache. Zitat aus dem RH-Bericht: »Die frühere kaufmännische Geschäftsführerin erhielt in 73 Auszahlungsvorgängen ›Akonti‹ von insgesamt rund 64 000 Euro.« Nachsatz: »Eine gesetzliche Verpflichtung zur Leistung von ›Akonti‹ an Beschäftigte oder Werkvertragsnehmer bestand nicht.« Im System Stantejsky flossen laut Rechnungshof zwischen 2008 und 2013 in 7362 Fällen »Akonti« über rund 21,14 Millionen, für die »keine gesetzliche Verpflichtung bestand und eine etwaige vertragliche Verpflichtung nicht überprüfbar war«. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft untersucht die strafrechtliche Relevanz dieser Bargeldzahlungen.
Bis zum erzwungenen Rücktritt führte Georg Springer ein feudales Leben. Als langjähriger Bundestheater-Boss durfte er zu Premieren einladen und Gratistickets verteilen. Seine Ambition war es, dem Ministerium Jahr für Jahr mehr Geld abzuluchsen, natürlich nicht für sich selbst, sondern »für die Kunst«. Dabei wäre das gar nicht seine primäre Aufgabe gewesen. Die Bundestheater-Holding wurde zur strategischen Steuerung der Bühnengesellschaften gegründet. Nicht das Geldverteilen, sondern die sparsame Verwendung von Steuergeld wäre seine Verantwortung gewesen. Die Einhaltung vorgegebener Controlling- und Rechnungswesen-Standards wurde unzureichend überprüft, was zum Burgtheater-Skandal beitrug. Angesichts seines systematischen Versagens wirkt es geradezu absurd, dass Springer fette Geschäftsführerprämien kassierte. Rechnungshofprüfer Bernhard Kratschmer laut Minderheitenbericht: »Die Zielvereinbarung sollte natürlich abgeschlossen werden, bevor eine Saison beginnt.« Im Fall Springer war es so, dass die Ziele »erst weit in der Saison« beschlossen wurden, also zu einem Zeitpunkt, als schon klar war, welche Ziele erfüllt wurden und welche nicht. Bemerkenswert: »Dass man in die Zielvereinbarungen eine ganze Reihe von Kriterien hineinschreibt, die ein Geschäftsführer sowieso zu erfüllen hätte.« Springer kam so auf Prämien von rund 20 000 Euro im Jahr. Zusätzlich zu seiner Geschäftsführergage von zuletzt 261 700 Euro. Sowohl bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft als auch im Justizministerium wird in Sachen Springer eifrig antichambriert. Das Strafverfahren gegen ihn solle alsbald eingestellt werden.
Auch bei Springer, Stantejsky und Hartmann hätte man den Rotstift ansetzen können. Stattdessen wurde der Irrsinn an der Burg durch Subventionen unterstützt. Statt die explodierenden Gagen von Kunstmanagern und Schauspielern anzutasten, wurde das Publikum herangezogen. »Anstelle einer […] massiven Einschränkung der Produktionen kam es im Geschäftsjahr 2011/12 zu einem Anstieg auf 31 Produktionen und einer Überschreitung des genehmigten Produktionsbudgets um 28 Prozent«, schreibt der Rechnungshof. Außerdem wurden die Kartenpreise alle vier bis fünf Jahre erhöht. »Nach der Preiserhöhung vom 1. September 2010 ging die Besucherzahl je Vorstellung in der Spielstätte Burgtheater von 984 (Saison 2009/10) auf 906 (2010/11) um acht Prozent zurück«, stellt der Rechnungshoffest. Die rückläufigen Besucherzahlen wurden von Management, Aufsichtsrat und Ministerium achselzuckend in Kauf genommen. Dass der Steuerzahler auf diese Art zweimal für die Misere am Burgtheater zur Kasse gebeten wurde, kam den Verantwortlichen nicht in den Sinn.
»Theaterbetriebe sind nicht über Einnahmen zu führen, sondern nur über Ausgaben, weil das einzig Sichere im Theater nicht die Einnahmen, sondern die Ausgaben sind, die durch eine starke Verwaltungsdirektion und durch eine starke Holding zu steuern sind«, sagt der Theaterexperte Gerd Leo Kuck. Am Burgtheater war das bis dato nicht der Fall. »Es ist das Harmoniebedürfnis im Theater allgemein sehr groß. […] Leute, die versuchen, die Betriebe ordentlich zu führen, werden in der Regel als Kunstfeinde dargestellt – und Kunstfeind in Österreich zu sein, ist wahrscheinlich mit das Schwierigste, was ein Politiker oder sonst jemand aushalten kann.« Nun liegt es an Kunstminister Thomas Drozda, die Bundestheater wieder auf Vordermann zu bringen. Die Wiederbestellung von Thomas Königstorfer als kaufmännischem Direktor ist ein Garant dafür. Seiner ruhigen Hand ist es zu verdanken, dass die Burg nicht zu einem Fall für den Insolvenzrichter wurde.
Das Bargeldauszahlungssystem ist eliminiert, die verrückten Chefprämien sind objektiviert und die Aufführungen finden nun innerhalb des Budgetrahmens statt. Auch Arbeitsverträge werden unter der neuen Geschäftsführung – wie es sich gehört – nicht mehr mündlich abgeschlossen. Parallel dazu wurden die Abrechnungssysteme so umgestellt, dass Lohnsteuer, Sozialversicherung und Krankenkassenbeiträge nun ordentlich abgeführt werden. Mahnungen der internen Revision kommt künftig mehr Bedeutung zu, und das Vier-Augen-Prinzip ist kein Lippenbekenntnis mehr.
Seit Ausbruch des Burgtheater-Skandals wurden das Topmanagement und (fast) alle Aufsichtsräte ausgewechselt. Für Kulturminister Thomas Drozda ist die Arbeit damit noch nicht beendet. Seine Amtszeit wird auch daran gemessen werden, wie Bühnen, Museen und andere öffentliche Kulturbetriebe wirtschaftlich aufgestellt sind. Trotz der zahlreichen Adaptionen liegt noch viel im Argen. Echte Strukturreformen lassen noch auf sich warten. Zahlreiche Privilegien blieben de facto unangetastet (Stichwort: Gratistickets). Auch bei den Personalkosten bestünde erhebliches Verbesserungspotenzial. Das Burgtheater ist kein Einzelfall. Drozda weiß, dass auch andere Kultureinrichtungen suboptimal geführt werden. Viele genießen eine Sonderstellung und hängen am Fördertropf. Weniger Privilegien, mehr Transparenz und klare Verantwortlichkeiten in den Kunsttempeln sind dringend nötig. Nur so können kostspielige Wiederholungen des Burgtheater-Dramas verhindert werden.
Er ist reich, steinreich. Auf mehr als 45 Milliarden Euro wird das Vermögen von Carlos Slim Helú geschätzt. Den öffentlichkeitsscheuen Mexikaner kannten die Österreicher lange nur aus den Reichenrankings des US-Magazins »Forbes«. Dort bekleidete Slim Helú regelmäßig eine Spitzenposition und wurde bestenfalls von Microsoft-Gründer Bill Gates, Berkshire-Hathaway-Investor Warren Buffett oder dem spanischen Zara-Textilmagnaten Armancio Ortega übertroffen.