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Italien-Feeling pur im romantischen Sommerroman »Der Geschmack von Mirabelleneis« von Roberta Gregorio – jetzt als eBook bei dotbooks. Das kleine Villebianche an der Venezianischen Küste scheint wie aus der Zeit gefallen, gemütlichen geht alles seinen Gang – nur die Stille Post, die ist blitzschnell und kein Geheimnis vor ihr sicher! Davon können auch Gloria und ihre Freundin Maria ein Lied singen: Während die eine alles daransetzt, ihre kriselnde Ehe zu retten und den drohenden Skandal mit einem Lächeln zu überspielen, hat Maria sich gerade Hals über Kopf verliebt – und das ausgerechnet in den jungen Priester der Stadt! Die beiden Freundinnen brauchen dringend Hilfe … kommt diese etwa plötzlich von himmlischer Seite? San Lorenzo, der Schutzheilige des Ortes, scheint alles wieder in die rechten Bahnen lenken zu wollen – aber so ein Himmelsbote ist auch nur ein Mann, und was versteht der schon von der Liebe und den Sorgen einer Frau? Jetzt als eBook kaufen und genießen: Das Urlaubs-Highlight »Der Geschmack von Mirabelleneis« von Roberta Gregorio – auch bekannt unter dem Titel »Mit Liebe, Herz und Gloria« – ist der zweite Band ihrer romantischen »Küsse in Venezien«-Trilogie, in der jeder Roman unabhängig gelesen werden kann. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 170
Über dieses Buch:
Das kleine Villebianche an der Venezianischen Küste scheint wie aus der Zeit gefallen, gemütlichen geht alles seinen Gang – nur die Stille Post, die ist blitzschnell und kein Geheimnis vor ihr sicher! Davon können auch Gloria und ihre Freundin Maria ein Lied singen: Während die eine alles daransetzt, ihre kriselnde Ehe zu retten und den drohenden Skandal mit einem Lächeln zu überspielen, hat Maria sich gerade Hals über Kopf verliebt – und das ausgerechnet in den jungen Priester der Stadt! Die beiden Freundinnen brauchen dringend Hilfe … kommt diese etwa plötzlich von himmlischer Seite? San Lorenzo, der Schutzheilige des Ortes, scheint alles wieder in die rechten Bahnen lenken zu wollen – aber so ein Himmelsbote ist auch nur ein Mann, und was versteht der schon von der Liebe und den Sorgen einer Frau?
Über die Autorin:
Roberta Gregorio, geboren 1976 in Bayern, ist staatlich geprüfte Fremdsprachenkorrespondentin. Heute lebt sie als Autorin mit ihrer Familie im tiefsten Süden Italiens, wo sie am kleinen, grünen Schreibtisch mit Blick aufs Meer ihrer Fantasie freien Lauf lässt.
Bei dotbooks veröffentlicht sie ihre »Küsse in Venezien«-Trilogie, die auch im Sammelband »Sommerduft und Rosenknospen« erhältlich ist:
»Der Duft von Sommer und Limonen«
»Der Geschmack von Mirabelleneis«
»Das Leuchten der Orangenblüten«
Auch bei dotbooks erscheinen ihre Romane:
»Das kleine Restaurant des Glücks«
»Im Schatten der Zitronenbäume«
»Italienische Küsse«
»Der Sommer der Zitronenblüten«
»Winterküsse mit Zimt und Zucker«
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Originalausgabe Juni 2017, Juni 2022
Dieses Buch erschien bereits 2017 unter dem Titel »Mit Liebe, Herz und Gloria« bei dotbooks.
Copyright © der Originalausgabe 2017, 2022 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Redaktion: Dr. Verena Stindl
Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)
ISBN 978-3-96148-018-0
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Roberta Gregorio
Der Geschmack von Mirabelleneis
Küsse in Venezien – Band 2
dotbooks.
In der Luft lag eine feine Herbstnote, die sich, so erschien es San Lorenzo zumindest, mit dem hartnäckigen Spätsommer anzulegen versuchte. Noch war der Sommer eindeutiger Gewinner. Hoffentlich nicht mehr lange, überlegte er. Denn er mochte es nicht, wenn es allzu heiß war. Und das schon seit vielen Jahrhunderten nicht. Genauer, seit 258 nach Christus, also dem Jahr, in dem er als Märtyrer auf einem glühenden Eisenrost starb.
Lorenzo schüttelte sich. Wie immer, wenn er an diese Zeit zurückdachte. Seine Nachbarin, Santa Rosalia aus Tettirossi, hatte ihm schon oft dazu geraten, zur Überwindung dieses Traumas in Therapie zu gehen. Pah! Als ob es so leicht wäre, als Heiliger einen Therapieplatz zu finden. Nein, nein. Er würde das auch ohne professionelle Hilfe hinbekommen. Denn inzwischen hatte er es doch sehr gut. Er durfte in Villebianche, einem kleinen Ort im süditalienischen Nirgendwo, für seine Gemeinde da sein, eine kleine, hübsche Kirche bewohnen und ab und an sogar einmal die Regeln brechen, wie letztens erst, als er mit Rosalia für das Wohl eines kleinen Jungen eingetreten war. Aber das musste er erst richtig lernen, dieses Springen über den eigenen Schatten. Darin war er nicht so gut. Etwas lockerer musste er werden. Das nahm er sich einmal mehr ganz fest vor.
Der Heilige blickte auf. Don John betrat geschäftig die Kirche, begab sich eilig und seltsamerweise grußlos in die Sakristei, kam aber dann gleich wieder zurück, kniete sich erst vor den Altar, dann vor seine Statue.
»San Lorenzo, gib mir die Kraft, das bevorstehende Telefonat tapfer zu überstehen«, bat der Priester mit amerikanischem Akzent.
Als Don John vor nunmehr sieben Jahren nach Villebianche gekommen war, hatte der Heilige wahrlich seine Probleme gehabt, den Amerikaner zu verstehen. Nicht selten hatte er Wörterbücher konsultiert, um den Gebeten des jungen Priesters überhaupt einen Sinn geben zu können. Klar, Gott war Gott und Amen war Amen. Aber das ganze Beten dazwischen war Lorenzo nicht selten wie ein zäher Wörterbrei vorgekommen. Ganz im Gegensatz zu dem Großteil der Gemeinde, die sich über diese Sprachbarriere geärgert und beschwert hatte, hatte er sich bemüht, diese zu überwinden. Schließlich konnte er sich nur zu gut an die Zeit zurückerinnern, in der er selbst als junger Bursche aus Spanien nach Rom gekommen war, wo keiner ihn so richtig verstand.
Mittlerweile empfand Lorenzo das Verhältnis zu dem Priester als beinahe brüderlich vertraut. Don John war ein guter Junge. Na ja, eher Mann. Wobei Lorenzo irgendwie alle Gemeindemitglieder noch für Jungen hielt. Bei dem krassen Altersunterschied zu ihm vielleicht verständlich. Jedenfalls mochte er den Amerikaner sehr und fragte sich nun, um welches Telefonat es wohl ging. Der Priester aber bekreuzigte sich bereits und erhob sich mühelos, um in die Sakristei zu gehen.
Lorenzo sprang vom Sockel und schwebte ihm hinterher. Natürlich nur als seelische Unterstützung. Keineswegs wollte er lauschen. Er stellte sich auch nur brav in die Ecke und … wartete ab. Don John setzte sich an seinen schweren Schreibtisch, der ihm eine Nummer zu groß zu sein schien. Sein Handy legte er vor sich. Dann faltete er die Hände und tippte mit der rechten Fußspitze immerzu auf den Boden. Das machte sogar San Lorenzo nervös. Erst als die Glocken dreimal geläutet hatten, fing das Handy des Priesters an zu vibrieren.
»Pronto?«, meldete Don John sich mit einem eigentlich witzig gerollten R. Nur konnte Lorenzo gerade gar nicht darüber lachen. Viel zu ernst erschien ihm der Priester.
Der Heilige verließ seine Position im Eck, um sich dem Schreitisch zu nähern. Superkräfte hatte er nämlich nicht. Also, nicht im herkömmlichen Sinne. Ein extra fein funktionierendes Gehör hatte er zum Beispiel nicht. Um etwas vom Telefonat mitzubekommen, musste er schon ganz nahe ran. Es ging ihm auch nicht wirklich ums Lauschen, sondern darum, zu begreifen, wieso der Priester so nervös war.
»… Vescovo Ciro«, bekam er gerade noch mit. Was? Der Bischof in Person?
»Eccellenza, ich freue mich sehr, Sie zu hören«, erwiderte der junge Mann. Der leichte Schweißfilm, der sich auf seiner Stirn gebildet hatte, zeugte aber davon, dass er sich eben nicht freute, sondern richtig Angst hatte.
San Lorenzo vermutete, den Grund von Don Johns Furcht zu kennen. Wenn der Bischof anrief, dann hatte das meist unangenehme Gründe. Versetzungen zum Beispiel. Und zufällig wusste Lorenzo, dass John nicht weg wollte aus Villebianche. Oft genug hatte der Mann ihm das im Gebet gesagt.
»Lieber John. Auch ich freue mich sehr. Wie geht es dir in Villebianche, mein Junge?«
»Gut. Sehr, sehr gut. Danke.«
»Ja. Das dachte ich mir schon. Schade nur, dass du so wenig aktiv bist, mein Junge.«
»Inwiefern?«
Lorenzo hörte die Überraschung aus der Frage heraus, die ein bisschen auch seine eigene Überraschung widerspiegelte. Don John war etwas in sich zusammengesunken. Das weckte Lorenzos Beschützerinstinkt. Aber er konnte im Moment nichts anderes tun, als sich auf die Worte des Bischofs zu konzentrieren.
»Na ja, ihr habt keinen Chor, nicht wahr?«
»Doch. Haben wir.«
»Sommerspiele?«
»Gerade mit großem Erfolg hinter uns gebracht.«
»Kommunionsunterricht?«
»Aber natürlich!« Das hatte Don John jetzt fast ein bisschen ungehalten gesagt. Verständlich, fand Lorenzo. Don John war sehr wohl ein tatkräftiger Priester. Er war immer für die Gemeinde da. Mit unzähligen Aktivitäten.
»Gebetsgruppe?«
Jetzt hielten sowohl Lorenzo als auch John inne.
»Nein. Eine Gebetsgruppe haben wir hier nicht«, gab der Priester zu. Er sagte das wie jemand, der sich ärgerte, nicht selbst darauf gekommen zu sein.
»Nein? Dann sieh zu, dass du schnell eine auf die Beine bekommst, ja? Mit vielen Frauen, die ihre Gebete an … vielleicht – ja, warum nicht? – an euren guten San Lorenzo richten. Am besten widmet ihr ihm die Gruppe.«
»Selbstv… « John hielt mitten im Wort inne. Denn Vescovo Ciro hatte bereits aufgelegt.
Es war ja streng genommen nicht mehr möglich, dass Lorenzo errötete. Dennoch fühlte er, wie ihm Hitze ins Gesicht stieg. Eine Gebetsgruppe? Ihm gewidmet? Das war … maravilloso. Und vor allen Dingen etwas, worauf er stolz sein konnte. So stolz, dass er damit vielleicht sogar bei Santa Rosalia angeben konnte, die bestimmt keine Gebetsgruppe hatte. Er ärgerte seine Heiligen-Nachbarin für sein Leben gern. Ja, klar, er würde sich zurückhalten. Ganz so gemein wie vor ihrer Aussprache wollte er nie wieder zu ihr sein, aber ein bisschen piesacken … bei aller Liebe, darauf konnte er nicht verzichten.
***
»Hör auf damit, Michele!«, schimpfte Gloria und versuchte ihrem Sohn die Lieblingspuppe seiner Schwester aus der Hand zu nehmen. Die Kleine schrie wie am Spieß, weil sie ja kein anderes Spielzeug hatte in ihrem gerappelt vollen Zimmer. Schreien, das konnte Marta besonders gut. In einer Tonlage, die Gloria nur schwer ertrug. Michele warf die Puppe schwungvoll auf den Schrank und grinste dem kleinen Mädchen hämisch ins Gesicht. Und Marta schrie noch lauter. Gloria wollte inzwischen weinen. Davonrennen. Den Kindern Socken in den Mund stopfen. Oder so etwas in der Art. Stattdessen verließ sie einfach nur das Zimmer. Das Bringen-wir-mamma-zur-Weißglut-Spiel war bei ihren Kindern sehr beliebt. Sie spielten es jeden Tag, mindestens fünfmal. Normalerweise kam sie damit zurecht. Nur sonntags, da konnte sie das Geschrei besonders schlecht ertragen, was wohl damit zu tun hatte, dass ihr Mann Toni es nicht einmal schaffte, seinen Hintern vom Sofa zu heben, um einzuschreiten. Er sah nicht vom Fernseher weg. Vielleicht war er schwerhörig. Oder er hatte die besondere Gabe, nur die Stimmen seiner Kinder und seiner Frau auszublenden. So genau hatte sie das noch nicht heraus.
»Madonna Santa, Toni, so sag doch was!«, forderte sie ihren Mann auf, der nur laut gähnte.
»Wozu?«
Gloria stellte sich mit Absicht vor den Bildschirm. »Hörst du, was bei den Kindern abgeht?« Sie sah dabei zu, wie sich der Gesichtsausdruck ihres Mannes von entspannt auf minimal aufmerksam umstellte. Jetzt hatte sie tatsächlich seine ungeteilte Aufmerksamkeit.
»Hol mir Clara da runter, stronzo!«, kreischte Marta gerade. Dabei war das s-Wort absolut verboten.
Gloria sah wieder herausfordernd zu ihrem Mann.
»Dio, Gloria, es sind halt Kinder. Da geht es nicht immer leise.«
»Hallo? Hast du gehört, dass sie gerade stronzo gesagt hat?«
»Das hat sie nicht von mir. Ich bin eh nie zu Hause.«
»Darum geht es doch gar nicht.«
»Worum dann?«
Diese Frage raubte Gloria die Kraft. Weil er einfach nicht verstand, wie einsam sie sich fühlte. Sie hatte den Eindruck, dass er gar nicht richtig begriff, was es hieß, Vater zu sein. Er versteckte sich hinter seiner Arbeit und überließ alles Unangenehme ihr. Das war so furchtbar enttäuschend. Und sie war immer die Gemeine, weil ihr Mann seinen Teil der Erziehung nicht übernahm.
»So habe ich mir das nicht vorgestellt«, erkannte sie einmal mehr. Aber Toni hörte bereits gar nicht mehr zu.
»Kocht da gerade was über?«, fragte er stattdessen, den Blick wieder starr an ihr vorbei auf den Bildschirm gerichtet.
Ja. Seine Scheißbohnen kochten über. Seine beschissenen Aber-die-sind-doch-aus-mammas-Garten-Bohnen, die Gloria hasste wie die Pest, weil Toni davon tagelang eklig pupsen musste.
»Weißt du was, Toni? Vaffanculo!«
»Ja. Du mich auch. Immer gereizt. Immer Tragödie. Ich habe es so satt!«
Was?
Er hatte es satt?
Kurz entschlossen ging Gloria in die Küche und warf die Bohnen in den Mülleimer. Keine große Tat, aber so befreiend!
Viel zu spät – daran ließ sich nichts ändern, selbst dann nicht, wenn sie die Kinder Stunden früher weckte – machten Gloria, Michele und Marta sich auf den Weg zur Messe. Sie brauchte das. Oder vielleicht brauchte das ihre Seele. Keine Ahnung. Am wahrscheinlichsten war es wohl, dass sie zur Kirche ging, um nicht länger den Anblick ihres faulen Ehemanns ertragen zu müssen. Außerdem verhielten sich die Kinder in der Kirche still. Das war es ihr wert.
Obwohl die Kirche gut besucht war, war ihre Lieblingsbank im seitlichen Korridor, gleich an der Orgel, wo der Chor stand, noch frei. San Lorenzo schaute dort aus seiner Nische direkt auf sie herab. Sie schob die Kinder in die richtige Richtung und huschte selbst auf ihren Platz. Dennoch bemerkte Don John sie, lächelte ihr aber wohlwollend zu. Er war ein guter Priester. Der beste, den Gloria kannte.
Das fand auch Maria Luisa, die sich leise zu Gloria setzte.
»Hey.«
»Hey.«
Die beiden kannten sich, seit sie denken konnten. Und Maria Luisa fühlte sich durch ihre Freundschaft berechtigt, Gloria ständig in ihre Schwärmereien, was Don John anbelangte, einzubeziehen.
»Sieht er heute nicht zum Anbeißen aus?«, begann Maria Luisa bereits, ihr ins Ohr zu flüstern.
»Er sieht wie ein Priester aus.«
Damit hatte Gloria das Gespräch eigentlich beenden wollen. Es war ihr unangenehm, sich während des Gottesdienstes zu unterhalten. Das war auch kein gutes Beispiel für die Kinder, die gerade dem Chor horchten und dabei still saßen.
»Auch Priester sind nur Männer. Siehe Pater Ralph.«
»Wer?«
»Na, Pater Ralph. Dornenvögel.«
»Richard Chamberlain. Ein Schauspieler. Das ist nicht das richtige Leben, Maria Luisa!«
»Ach. Papperlapapp. Gefühle kennen keine Grenzen.«
Was konnte Gloria dem schon entgegensetzen?
Don John war bereits seit sieben Jahren Priester in ihrer kleinen Gemeinde. Zu Beginn hatte er es nicht einfach gehabt. Alles hatte die Bewohner von Villebianche an ihm gestört. Seine karamellfarbene Hautfarbe, sein amerikanischer Akzent, seine Gitarre, selbst sein Amen. Aber er hatte es mit seinem einzigartigen Einfühlungsvermögen geschafft, das Vertrauen aller zu gewinnen. Jetzt war er fester Bestandteil der Gemeinde. Und fester Bestandteil von Maria Luisas sexuellen Fantasien. Wobei Gloria liebend gerne auf die ganzen heißen Details verzichtet hätte. Aber Maria Luisa war da ganz rigoros. Und in einer Hinsicht musste Gloria ihr recht geben: Er sah echt gut aus.
»Ich muss dir das erzählen, sonst gehe ich daran zugrunde!«, pflegte diese immer zu sagen und schlug ihre Freundin damit breit.
»Mamma, ich muss aufs Klo«, war das Nächste, was Gloria zu hören bekam. Von Marta.
Und so kam es, dass sie den Rest des Gottesdienstes auf der Toilette des anliegenden Gemeindehauses verbringen musste, um Marta seelischen Beistand bei der äußerst komplizierten Prozedur des Stuhlgangs zu leisten.
Die Toilette konnte Gloria erst dann wieder verlassen, als die Messe vorüber war. Maria Luisa war vernünftig genug gewesen, mit Michele auf der Holzbank auf sie zu warten. Don John hatte sich zu ihnen gesellt.
»Tut mir leid, Don John. Wenn man mit Kindern unterwegs ist, läuft es meistens anders als geplant.«
»Don John, ich habe gestern zu wenig Obst gegessen …«, setzte Marta an. Gloria hielt ihr geschwind den Mund zu. Don John wollte ganz sicher nichts über die Konsistenz ihres Stuhlgangs erfahren.
»No problem!«, fand dieser und gestikulierte dabei wenig amerikanisch mit seinen großen Händen. »Ich wollte aber noch kurz mit dir sprechen.«
Gloria überlegte, ob sie sich etwas zuschulden hatte kommen lassen. Und ehrlich gesagt fand sie eine ganze Menge Dinge. Von denen konnte Don John aber nichts wissen, oder?
»Ich hatte dir doch von der Idee einer Gebetsgruppe erzählt.«
Sie erinnerte sich vage. Das hatte er wohl.
»Bisher hatten wir dazu nicht die geeigneten Räumlichkeiten gefunden. Aber der Bürgermeister hat endlich etwas für uns ausfindig gemacht.«
»Ach ja?«
Wieso erzählte Don John ihr das?
»Kennst du die Garage, unten bei Barbato?«
»Ja. Wobei das Wort Garage tatsächlich ein Euphemismus ist.«
»Ich weiß. Man müsste etwas tun, um den Raum auf Vordermann zu bringen. Da bin ich mir aber sicher, genug Freiwillige zusammenzukriegen.«
Die Kinder begannen zu quengeln, Maria Luisa praktizierte gerade nur noch Schnappatmung und Gloria verstand nicht, warum Don John ihr das alles erzählte.
»Würdest du mich in dieser Sache unterstützen?«, war das Nächste, was sie vom Priester hörte.
Glorias Kinnlade klappte herunter. »Ähm …« Es war ja nicht so, dass sie gegen eine Gebetsgruppe war. Sie konnte sich aber nicht vorstellen, auch noch eine Gebetsgruppe auf die Beine zu stellen, wenn sie es doch manchmal kaum schaffte, sich selbst auf den Beinen zu halten.
»Ich brauche einfach jemanden, der mir hilft, das Ganze zu koordinieren. Vom Restaurieren der Garage bis hin zum Ausfindigmachen der Teilnehmer. Allein schaffe ich das nicht. Ich muss mich ja auch noch um Pietragrigia kümmern.« Pietragrigia, das war die Nachbargemeinde, die Don John ebenfalls betreute.
Ach herrje. Wie konnte sie sich da wieder herausreden?
»Ja … also … das muss ich mit meinem Mann besprechen«, sagte sie einfach so dahin. Zu irgendetwas musste Toni ja gut sein.
»Selbstverständlich! Tu das. Mir reicht es, wenn du mir bis nächsten Sonntag Bescheid gibst.«
Wie kam sie aus der Nummer nur wieder raus?
»Bitte, bitte, du musst Don John helfen!«, bettelte Maria Luisa mit einer Beharrlichkeit, die Gloria in manchen Fällen sogar zu schätzen wusste. Nur eben in diesem Fall nicht. Gloria hatte sich dazu überreden lassen, bei Fabiana an der Bar zu halten. Ihre Freundin hatte einen Campari vor sich stehen. Sie hingegen einen Aperitif ohne Alkohol. Die Kinder aßen Chips, was eigentlich völlig gegen ihre Prinzipien war. Aber Ja-Sagen war so viel einfacher als Nein-Sagen.
»Ich werde mich hüten!«
»Komm schon. Ich werde dich auch sicher nicht mit dem ganzen Organisatorischen alleinlassen.«
»Sag Don John doch einfach, dass du die Sache übernehmen willst.«
»Wenn er dich und nicht mich darum gebeten hat, dann wird er schon seine Gründe haben«, erwiderte Maria Luisa etwas beleidigt.
»Ja. Weil ich einfach zu gutmütig bin. Das weiß auch Don John.«
Maria Luisa nahm einen Schluck aus ihrem Glas und strich dann liebevoll eine Strähne aus Martas Gesicht, die sich Chips futternd zu ihnen gesellt hatte.
»Aber nicht gutmütig genug, um deiner besten Freundin ein bisschen unter die Arme zu greifen.«
Gloria rollte genervt mit den Augen.
»Er ist Priester, Dio Santo!«, zischte sie leise, damit die anderen Gäste der Bar nichts von dem Gespräch mitbekamen.
»Ich liebe ihn aber trotzdem«, zischte Maria Luisa im gleichen Tonfall zurück.
Liebe.
Dieses Wort war in diesem Zusammenhang zum ersten Mal gefallen. So ernst war es Maria Luisa damit?
»Hör zu, mein Schatz. Du musst dir diese Sache mit Don John wirklich allmählich aus dem Kopf schlagen. Er kann dich nämlich gar nicht lieben.«
»Wieso nicht?«, fragte Maria Luisa trotzig.
»Weil er bereits vergeben ist. An Gott. Jesus. Die Kirche.«
»Das hat nichts zu bedeuten. Menschen können sich ändern. Sich sogar neu oder anders verlieben. Oder willst du mir weismachen, dass du Toni noch genauso liebst wie am ersten Tag?«
Darauf wollte Gloria lieber nicht antworten.
Mit oder ohne Liebe, so genau konnte sie das nicht mehr sagen, lag Gloria nach einem weiteren aufreibenden Tag neben ihrem Mann im Bett und starrte an die Decke. Eben gerade hatten sie Sex gehabt. Einmal die Woche, sonntags, sobald die Kinder schliefen. Von Romantik keine Spur. Aber verzichten wollte weder Gloria noch Toni darauf. Berauschend war es natürlich nicht gewesen. Sogar ziemlich schnell vorbei, so dass sie sich unausgeglichen fühlte und wieder zu grübeln begann. Don John hatte ihr mit der Gebetsgruppe eine ziemliche Last aufgebürdet. »Unser Priester möchte, dass ich ihm helfe, eine Gebetsgruppe aufzubauen«, bemerkte Gloria irgendwann und brachte damit Bewegung in die Stille.
Sie hörte die Bettwäsche rascheln und spürte, wie ihr Mann sich langsam zu ihr hindrehte. Er legte eine Hand auf ihren Arm und streichelte sie. »Hast du nicht schon genug zu tun?«
Sie setzte sich auf. »Ja. Eigentlich schon …«
»Dann sag dem Priester einfach, dass du keine Zeit hast«, schlug er vor und gähnte ausgiebig.