Der goldene Tod - Richard Voss - E-Book

Der goldene Tod E-Book

Richard Voß

0,0
0,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Der goldene Tod ist ein Abenteuerroman. Auszug: 1 Langsam, langsam bewegte sich die Karawane durch die nubische Wüste auf der östlichen Seite des Nilstroms. Bereits seit vielen Tagemärschen befand sie sich unterwegs in der ungeheuren Einförmigkeit des nur von weißschimmernden Alabasterbrüchen und purpurfarbenen Granitfelsen unterbrochenen gelben Ozeans von Geröll und Sand, der nach dem Roten Meere zu steile Höhenzüge bräunlicher Klippen mit seinem erstarrten Wogenschlage umbrandete. Ein Ozean war's ohne einen Tropfen jenes feuchten Elements, welches so menschenfeindlich sein kann. Es hätte eines Glaubens bedurft, der Berge versetzt, um dem ewig trockenen Gestein dieses Landes einen Wasserstrahl zu entlocken; und kein dürres, von fahlem Staub dicht umhülltes Wüstenkraut wurde unter diesem regenlosen, in Sonnenflammen lodernden Himmel jemals von Tau genetzt.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 37

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Der goldene Tod

1234567891011AnmerkungenImpressum

1

Langsam, langsam bewegte sich die Karawane durch die nubische Wüste auf der östlichen Seite des Nilstroms.

Bereits seit vielen Tagemärschen befand sie sich unterwegs in der ungeheuren Einförmigkeit des nur von weißschimmernden Alabasterbrüchen und purpurfarbenen Granitfelsen unterbrochenen gelben Ozeans von Geröll und Sand, der nach dem Roten Meere zu steile Höhenzüge bräunlicher Klippen mit seinem erstarrten Wogenschlage umbrandete.

Ein Ozean war's ohne einen Tropfen jenes feuchten Elements, welches so menschenfeindlich sein kann. Es hätte eines Glaubens bedurft, der Berge versetzt, um dem ewig trockenen Gestein dieses Landes einen Wasserstrahl zu entlocken; und kein dürres, von fahlem Staub dicht umhülltes Wüstenkraut wurde unter diesem regenlosen, in Sonnenflammen lodernden Himmel jemals von Tau genetzt.

Himmel und Erde waren Glanz und Glut, waren beständig Glanz und Glut. Es schien unmöglich, daß in dieser strahlenden, blendenden Helle ein Gewölk aufstieg; unmöglich, daß auf das grelle Licht ein barmherziger Schatten herabsank.

Immer und immer war es das gleiche glanzvolle Bild. Es mußte denn sein, daß der Wüstenwind diese leuchtende Welt in eine Gespensterwelt umwandelte. Dann verbreitete sie Schrecken, erweckte Grauen, konnte Verderben und Tod bringen.

Seit Tagen hatte die kleine Schar der Wüstenwanderer kein atmendes Wesen erblickt. Nicht einmal Schakale ließen auf der schimmernden Fläche ihre Fährten zurück. Nur die schmalen Spuren der Wüstenschlangen zogen sich wie ein feines Ornament weit hin über die regungslose Sandflut, die des Samum harrte, um in allen ihren Tiefen aufgewühlt zu werden, in rasenden Wirbeln emporzusprühen und mit ihrem gelbroten Gischt die Sonne zu verdunkeln.

Die Karawane bestand aus vierundzwanzig Kamelen und zwölf Reisenden. Beduinen vom Stamme der Bega begleiteten sie, und alle bis auf einen Einzigen hatten die Erscheinung von Männern, die es wagen durften, auf den Schiffen der Wüste dem schrecklichen Sandmeer zu trotzen; im schlechten Nachen eine stürmische See zu befahren, wäre unter Umständen ein weniger gefährliches Unternehmen gewesen.

Nur jener eine war anders geartet, ein blutjunger bildhübscher Mensch, von schmächtiger, fast zarter Gestalt, mit feinen, nahezu weiblichen Gesichtszügen. Doch um den Mund und in dem Blick des Jünglings lag der Ausdruck einer Härte, die etwas Unerbittliches, etwas Erbarmungsloses hatte.

Der junge Mensch war Sizilianer und hieß Giordano Palatino, das einzige Kind sehr armer Leute, die ihren Sohn in seinem zehnten Jahre an die Schwefelminen verkauften. In diesen unterirdischen Gruben nahmen die jungen Züge jenen Ausdruck um Mund und im Blick an.

Giordano war der Zögling und Freund des Führers der Kolonne, der zugleich der Unternehmer der Expedition war. Dieser Unternehmer war ein nicht gewöhnlicher Mann: Gelehrter, Grübler, Idealist, zugleich auch Phantast. Von Geburt Franzose, dessen Namen, Gaston Latour, in der wissenschaftlichen Welt guten Klang hatte, sah er in dieser Expedition nach einer seit Jahrtausenden verschütteten und verschollenen Goldmine sein Lebenswerk.

Doch geschah sein Wüstenzug nicht um des Goldes willen, welches für ihn keinen andern Wert besaß, als den, die Goldquellen für die Menschheit wieder fließen zu machen; keinen andern, als den ideellen Wert des Forschers. Freilich bedurfte es sehr realer Mittel, diesen Zweck zu erreichen; denn alle, die ihn auf der gefahrvollen Reise begleiteten, schlossen sich ihm lediglich um des Goldes willen an.

Am leidenschaftlichsten brach diese Liebe zum Gold bei dem jungen Menschen aus, der sie allerdings nach Möglichkeit zu verbergen suchte. Er war dem Gelehrten teuer wie ein Sohn. Gelegentlich eines Besuches von Siziliens berüchtigten Schwefelminen hatte er den zarten Knaben in seinem ganzen Elend gesehen und von seinem Eigentümer losgekauft. Er erzog ihn, bildete ihn, liebte ihn. Aber von dem lauteren Geiste des ernsthaften Mannes fiel nicht ein Schimmer in die Seele des Knaben. Sie war vergiftet von dem Jammer des Lebens, dem Haß gegen alle Gesättigten, der Gier nach des Daseins höchstem Gut, welches für diesen aus seinen Bahnen gerissenen jungen Geist in Besitz und Reichtum bestand.

Die Regierung hatte über den phantastischen Goldsucher die Achseln gezuckt, ihm jede Hilfe versagt, ihm jedoch kein Hindernis in den Weg gelegt. Mit einem beträchtlichen Teil seines Vermögens rüstete der sonderbare Schwärmer die Expedition aus: mit Kamelen und Beduinen; Zelten, Lebensmitteln, Werkzeugen. Vor allem aber bedurfte es eines großen Vorrats an Wasser, diesem Lebenselixir in der Wüste. Auch die Beduinen fanden sich nur bereit, mit dem Gelehrten in jene selbst ihnen unbekannten Wüstengegenden vorzudringen, wenn sie von dem zu entdeckenden Golde einen gewissen Anteil erhielten. Dieser wurde ihnen zugesichert. Gaston Latour erschrak, als er die Gewalt erkennen mußte, die in dem bloßen Gedanken an den verschollenen Schatz lag; und so zogen denn die zwölf Europäer von Assuan aus, nicht von einem Sohn der Wüste, sondern von einem Kulturmenschen geleitet.

2