Der Grand Prix - Roman Reischl - E-Book

Der Grand Prix E-Book

Roman Reischl

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Beschreibung

Der Himmel über dem Los Senderos International Airport war wolkenlos. Von den vielen Menschen vor dem Flughafengebäude war Chrissy die Einzige, die die warmen Sonnenstrahlen nicht genießen konnte. Etwas verloren stand sie unter dem Vordach und schaute hilflos in den Reiseführer, den sie sich kurz zuvor beim Souvenirshop für einen überteuerten Preis gekauft hatte. Bereits seit einer Stunde wartete sie nun schon auf ein Taxi, doch es ließ sich einfach keines blicken, dabei sollte man meinen, hier wimmle es doch nur zu von bestellbaren Chauffeuren für normale Leute.

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Illustriert von Monika Reischl

I LOVE U!

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1: Prolog - Ankommen

Kapitel 2 : (K)ein Appartement wie jedes andere

Kapitel 3: Die Crew

Kapitel 4: Er ist ein Guter

Kapitel 5: Die Rettung

Kapitel 6: Boom!

Kapitel 7: Vanilla Unicorn

Kapitel 8: Bozilla sagt!

Kapitel 9: Williams Bruder

Kapitel 10: FIB

Kapitel 11: Gescheitert?

Kapitel 12: Zwei Lager

Kapitel 13: Die perfekte Kopie

Kapitel 14: Einer von uns

Kapitel 15: Der widerliche Anthony

Kapitel 16: Unterstützung

Kapitel 17: Blackbrook Strafanstalt

Kapitel 18: Das Ende?

Kapitel 19: Epilog - Schatten der Vergangenheit

Kapitel 1

Prolog

Ankommen

Der Himmel über dem Los Senderos International Airport war wolkenlos.

Von den vielen Menschen vor dem Flughafengebäude war Chrissy die Einzige, die die warmen Sonnenstrahlen nicht genießen konnte. Etwas verloren stand sie unter dem Vordach und schaute hilflos in den Reiseführer, den sie sich kurz zuvor beim Souvenirshop für einen überteuerten Preis gekauft hatte. Bereits seit einer Stunde wartete sie nun schon auf ein Taxi, doch es ließ sich einfach keines blicken, dabei sollte man meinen, hier wimmle es doch nur zu von bestellbaren Chauffeuren für „normale“ Leute.

Irgendwie musste sie doch ohne Taxi vom Airport zu ihrer neuen Behausung kommen. Gab es nicht irgendwo eine gottverdammte U-Bahn?

Suchend wandte die Schwarzhaarige ihren Blick von dem Reiseführer ab und ließ ihn durch ihre Umgebung schweifen. Der LSIA war ein moderner und sauberer Flughafen. Der Steinboden war in einer hellen Farbe gehalten und in der Mitte wurden etwas dunklere Steinplatten künstlerisch zu einem Kreis gelegt. An den Steinsäulen standen Menschen mit Koffern und unterhielten sich, oder schauten auf ihre Handys. Einige saßen auch auf den zwei Steinbänken, zu ihrer rechten und linken Seite.

An den zwei Flügeln der obersten Ebene des Gates 4, führten Treppen in den unteren Bereich. Ob sich dort wohl der Eingang zur den unterirdischen Schnellbahnen befand?

Taxis konnte sie hier oben nicht erblicken, obwohl die enge Straße voll mit fahrenden Autos war.

Bepackt mit Koffer und Reiseführer ging Chrissy auf eine der Treppen zu, doch kurz bevor sie diese betreten hatte, wurde sie grob zur Seite geschubst. Vor Schreck ließ sie ihr Gepäck fallen.

„Pass doch auf, du blöde Trulla!“, giftete sie ein Mann mittleren Alters an und ging einfach weiter.

Unten angekommen kickte er ihren Koffer direkt bösartig zur Seite.

Etwas erschrocken über diese Tat hielt die Brillenträgerin inne, so hatte sie sich ihre Ankunft in Los Senderos nun wirklich nicht vorgestellt.

Langsam trat sie die Treppe hinab, hob ihren Koffer auf und sah sich erneut um.

Ein „Oh“ entfuhr ihren Lippen, als sie die Taxiparkplätze erblickte und nun verstand sie, warum sich oben kein einziges Taxi hatte blicken lassen.

Peinlich berührt, als hätte ihren Fehler jemand mitbekommen, senkte sie den Kopf und lief an einem Ticketautomaten vorbei, aber nur kurz, dann gab sie dem Drang sich umzusehen nach.

Der untere Bereich war ebenso gepflegt und bot zahlreiche Sitzmöglichkeiten, wie zum Beispiel Sitzreihen mit blauen Sitzen. Die vielen, gut platzierten Pflanzen brachten das Ganze in einen harmonischen Einklang, der von der Hektik, die herrschte, versuchte die Crowd abzulenken, und auf zwei breiten Steinsäulen prangten jeweils eine überdimensionale, in LED-Schrift leuchtende 4.

Chrissy sah nach oben. Ein großes, rotes Schild mit der Aufschrift „LSIA“ hing über dem Eingang der U-Bahn, auf welches sie nun sichtlich erfreut zu hastete. Sie lief direkt in die Arme eines dunkelhäutigen, jungen Mannes, ungefähr ihren Alters und definitiv sehr gut aussehend.

Chrissy rempelte ihn leicht an und hatte schon damit gerechnet, erneut doof angemacht zu werden, doch der Kerl vor ihr lächelte nur verschmitzt. Er trug ein weißes Hemd, dessen Ärmel er leicht hochgekrempelt hatte und eine graue Weste, dazu eine einfache schwarze Hose. Seine dunklen Haare waren dezent nach oben gegelt.

Er wirkte wie ein junger Geschäftsmann, etwa aus einem Start-Up-Business oder Ähnlichem.

„Entschuldigung!“, brachte die Schwarzhaarige nun auch endlich hervor, nachdem sie den jungen Mann ausgiebig gemustert hatte.

„Kein Problem“, entgegnete er mit einer glockenhellen und ruhigen Stimme.

Eine kurze Pause entstand, in der er die junge Frau ebenfalls mit seinen Blicken begutachtete. „Ich bin Jeffrey!“

„Oh, ähm... Verzeihung, wie unhöflich. Ich heiße Chrissy. Von Christiane.“

„Chrissy?“, wiederholte ihr Gegenüber, mit dem seltsamen Namen Jeffrey, nachdenklich.

„Ach! Du bist die Neue, oder? Chrissy Peanutbutter. Die, die mit ins Geschäft einsteigen möchte“, konterte er kecker als von ihm erwartet.

Die Schwarzhaarige blinzelte irritiert.

„Mit ins Geschäft einsteigen?“

„Nicht? Die Beschreibung von meinem Boss trifft völlig auf dich zu.“

„Ich weiß nicht was du meinst, sorry.“

„Oh... Dann haben wir ein Problem.“

Jeff lachte kurz auf.

„Mein Oberchef vom Dienst meinte nämlich du wüsstest schon über alles bescheid.“

„Dein Boss?“

Der junge Kerl sah die junge Frau vor sich geduldig an.

„Bojan?“

„Die Dinger im Wasser?“

Wieder musste er lachen.

„Er ist der Boss von Techscalibur.“

Chrissy glaubte fast, der zuerst freundliche Typ vor ihr wäre geisteskrank.

„Dieses Ding, was im Wasser schwimmt, ist dein Boss?“

Nun war es Jeffrey, der das Mädchen nun immer verwirrter betrachtete, doch dann brach er wieder in Lachen aus.

„Ich glaube das wird noch lustig mit dir. Komm mit, ich bring dich erst mal zu ihm. Zu Bojan.“

Mit diesen Worten nahm er auch schon charmant ihren Koffer und trug ihn fort. Chrissy kratzte sich noch am Kopf, dann folgte sie ihm eilig und etwas überfordert mit der Situation zu einem an der Seite geparkten Sportwagen. Es handelte sich um eine absolut geile Megagerätschaft.

Jeffrey hielt der Neuen die Beifahrertür auf, nachdem er den Koffer auf die hintere Reihe verfrachtet hatte. Unsicher überlegte Chrissy was sie nun tun sollte, letzten Endes stieg sie aber dann doch ein.

Das Lächeln des Schwarzen hatte etwas vertrauensvolles, so dass sie nicht glaubte, er könnte ihr Böses wolen. Der Schein kann natürlich ja auch trügen.

Nun war es aber zu spät zum Nachdenken und Umkehren. Jeffrey stieg auf der Fahrerseite ein und startete den Motor. Schelmisch zu ihr hinübergrinsend ließ er noch flink sein Metallfeuerzeug in der Hosentasche verschwinden.

„So, jetzt geht es los, Schätzchen.“

Bei solch einer liebevollen Tonart horchte Chrissy auf.

„Wie hast du mich eben genannt?“

Diebisch lächelnd sah der turbulente Fahrer sie an, strich dabei über das Lenkrad.

„Nicht du, ich rede mit meinem Auto.“

„Du nennst dein Auto Schätzchen?“

„Nein, eigentlich heißt sie Clarice.“

„Das machte die Sache auch nicht besser“, dachte Chrissy in sich hinein und biss sich auf die Lippe, um jetzt keinen falschen Kommentar abzulassen.

Die Fahrt durch die Innenstadt von Los Senderos schien lange, doch so hatte Chrissy zumindest die Möglichkeit bereits etwas von der Stadt zu sehen. Sie war groß und lebendig, zur Tag- und Nachtzeit, aber das wusste die Zwanzigjährige auch vorher. Viele Hochhäuser, so genannte Skyscrapers ragten am Horizont empor und bildeten in der Sonne eine traumhaft schöne Skyline. Sie hoffte, sich diese irgendwann bei Nacht ansehen zu können.

Leicht in ihren Gedanken versunken, hätte die kesse, lockige Dame fast nicht bemerkt, dass sie vom Boulevard Del Pierro in den Strangeways Drive einbogen, um dort vor einem Wohnhaus, gegenüber einer Kirche, zu halten.

Jeffrey sah sie ein wenig erwartungsvoll an.

„Du brauchst nicht nervös zu sein, sie sind alle ganz nett. Naja, fast alle.“

Sie verstand nicht ganz, was er gemeint hatte, doch ehe Chrissy hätte fragen können, öffnete sich das Garagentor und sie bogen ein in eine geräumige Garage, in der mindestens noch neun anderen Fahrzeuge standen, zudem eine weitere Person.

Da hantierte eine schöne, braun gebrannte Frau mit dunkelblonden Haaren, die zu einem Zopf gebunden waren. Gekleidet war sie in einer engen, hellblauen Jeans, einem einfachen roten Shirt und darüber eine schwarze Lederjacke. Als sie die Stimme erhob, ahnte Chrissy, dass mit ihr eventuell nicht gut Kirschen essen war.

„Hey, ist sie das?“, fragte sie in einem ernsten, fast barschen Ton, ja, es klang etwas flegelhaft.

„Hey, William!“ Jeffrey stieg aus dem Auto und nickte.

„Ja, ich denke schon.“

„William?“, schoss es Chrissy durch den Kopf, als sie, ein wenig unsicher, ebenfalls aus dem Auto stieg.

„Diese Frau hieß wirklich William?“

Vermutlich hatte die andere Frau Chrissys starrende Blicke bemerkt, denn mit einem kühlen Naserümpfen und Schneuzen ohne Taschentuch gaffte jene zurück.

„Was kuckst du so blöd?“

Chrissy wurde im wahrsten Sinne des Wortes überrannt.

„Ich, äh... Sie heißen echt William?“

Sie hatte kaum über ihre Frage nachgedacht, da hatte sie diese schon gestellt. Die gute William wirkte darüber gar nicht erfreut und schien unumgänglich angepisst.

„Meine Eltern hatten gehofft ihr würde ein Junge werden. Hast du damit ein Problem?“, hechelte die forsche Lady.

Schnell und eingeschüchtert von der imposanten Frau schüttelte die Liebe den Kopf.

„Gut!“, knurrte William, schnappte Chrissy am Arm und zog sie ohne weitere Worte mit sich, während Jeffrey brav deren Koffer holte und den Beiden anständig und zuvorkommend wie ein Gentleman zu einem Aufzug folgte.

Ein kaum hörbares Seufzen verließ seine Lippen und jetzt wusste Chrissy, was er gemeint hatte, als er sagte, dass nur fast alle nett seien.

Es machte den Anschein, als wäre man in der Werkstatt der freakigsten Autonarren der gesamten Vereinigten Staaten von Amerika gelandet. Noch dazu stammte Chrissy aus einer ganz anderen Richtung, nämlich von der „gebildeten“ Ostküste und noch dazu aus einer biederen Kleinstadt. Das konnte wirklich noch lustig werden hier an der Westküste mit den feiernden Partyleuten und Machos samt Stars, Sternchen und Möchtegern-Reichen an den angesagtesten Stränden und Bars dieses Planeten.

Kapitel 2

(K)ein Appartement wie jedes andere

Bojan, besagter Oberboss stand gechillt an einer Küchenzeile, in der Hand ein Glas Rotwein. Als sich die Tür öffnete und die drei Personen eintraten, drehte er sich neugierig um.

Der tollkühne Jeffrey betrat als erstes den Raum und Bojan wollte ihn gerade fragen, ob er seinen Auftrag erfüllt hatte, da erblickte er die junge Frau neben William bereits. Christiane war recht groß für ein Mädchen ihres Alters.

Ihre schwarzen Haare hatte sie zu einem einfachen Zopf gebunden und ihr Kleidungsstil war, wie in ihrer ländlichen Gegend üblich ebenso schlicht. Ihr Auftreten glich förmlich einer grauen Maus, mit der simplen Bluejeans, der beigefarbenen Strickjacke über einem schwarzen Top und den trist dunklen, ausgelatschten Turnschuhen. Ein Umstyling würde ihr sicherlich gut tun, zumindest in coolen Branchen wie dieser hier.

„Da ist sie ja“, bemerkte er ebenfalls, jedoch zufrieden und stellte das Gläschen wahrscheinlich nicht billigen Wein auf die Theke.

„Die ist ja richtig nice!“

Während dieser Feststellungen stiegen die drei gerade die Treppen herunter und der Chef vom Dienst ging sofort forsch auf die junge Frau zu.

„Morning!“, bekundete er sich in der hier üblichen Freundlichkeit.

„Hallo“, grüßte Chrissy ebenso gut erzogen zurück, kam aber nicht drum herum nicht doch ihren Blick ein wenig durch das Apartment schweifen zu lassen.

Es war durchaus geschmackvoll eingerichtet. Die Wand am Eingang war in einem knalligen Orange gehalten, während die Restlichen in einem reinen Weiß überzogen waren. Auf der rechten Seite hinter einer Trennwand befand sich eine kleine Sitzecke mit drei eleganten Sesseln in Dunkelrot, weiß und schwarz, weiterhin einem Tisch, neben dem ein großes Bücherregal in die Wand integriert schien, mit vielerlei Dingen darin. Erst beim zweiten Mal Hinsehen, erkannte Chrissy eine schicke Bong für geschmeidigen, jedoch verbotenen Rauch auf dem kleinen Tisch stehen und fragte sich nun, wo sie hier nur gelandet war. Ihre Eltern am anderen Ende der Staaten würden buchstäblich durchdrehen, wenn sie das wüssten.

Im hinteren Bereich des Apartments stand ein großes Sofa, auf dem sicher viele Leute Platz nehmen konnten und ein beachtlicher Flachbildfernseher, getrennt wurde dieser Teil mit einer Theke, auf der sich etliche alkoholischen Getränke befanden. Hinter der modernen und luxuriösen Wohnzimmereinrichtung erstreckte sich eine lange Fensterwand mit einem grandiosen Ausblick in die Palmen vor dem Haus.

Auf der linken Seite lag die offene Küche, die ebenfalls mit einer Theke vom restlichen Wohnraum abgetrennt wurde. Sie war wie alles in diesem Apartment durchdacht platziert und modern eingerichtet. Der Esstisch am Ende des Raumes war groß und auch dort fanden sicherlich mehr als genug Personen ihre gemeinsame Gemütlichkeit zum Gruppenabhängen.

Alles in allem war das die schönste Wohnung, die Chrissy in ihren jungen Jahren je zu Gesicht bekommen hatte.

„Hallo?“

Sie schreckte auf. Der taffe Bojan stand ihr noch immer gegenüber, und blickte sie eindringlich an.

„Chrissy?“

„Peanutbutter?“

Mit einem ärgerlichen Blick sah sie zu Jeffrey hinüber, der es tatsächlich wagte, ihr einen Spitznamen zu geben. Daraufhin lächelte er Chrissy allerdings nur spitzbübisch an.

„Da ist sie ja wieder“, sagte er.

„Ich...“

Chrissy steuerte ihren Blick, nun plötzlich unwohl, von einem zum anderen der Kerle. Dass ihr so etwas auch gerade jetzt passieren musste.

„Ich müsste mal dringend auf die Toilette“, versuchte sie sich irgendwie, Zeit zu verschaffen.

Jeffrey und Bojan konnten nunmehr nicht anders und prusteten vor Lachen los, lediglich die ernste William wirkte kaum belustigt. Genervt verdrehte sie ihre Augen und verschränkte die Arme vor ihrer Brust.

„Ist das dein Ernst?“, murmelte sie kaum hörbar, dann etwas lauter.

„Komm mit!“, befahl sie mit derselben unverschämter Art wie zuvor in der Garage.

„Danach reden wir aber endlich über’s Geschäftliche“, hörte Chrissy Bojan noch sagen, dann folgte sie William die Treppe hinunter. Anscheinend befand sich dort nicht nur die Toilette, sondern auch direkt das Schlafzimmer.

Auch das Schlafgemach wirkte offen, groß und modern, wie sollte es bei diesem stilvollen Apartment auch anders sein?

Ein großzügiges Doppelbett stand im Raum, daneben ein weiterer langer Schrank aus Mahagoni. Auch dieses Zimmer war wie das gesamte Apartment mit einer ausgiebigen Glasfassade bestückt, durch die man perfekt auf die Straßen und kleineren Häuser in der Umgebung schauen konnte.

„Hier ist das Bad“, bestätigte William wie ein Offizier und blieb vor einer Tür stehen, direkt gegenüber von einem...

„Moment!“

Chrissy hielt den Atem an.

„War das etwa ein begehbarer Kleiderschrank?“, begann sie innerlich zu Schwärmen.

Total fasziniert von ihrer Entdeckung vergaß sie völlig ihr Bedürfnis. Sie musste zugeben, dass sie sich so etwas schon immer gewünscht hatte.

„Wird’s bald?“, grummelte William sichtlich ungeduldig.

„Oh!“

Schnell drehte sich die Schwarzhaarige um und griff hastig nach der Türklinke, als diese sich plötzlich öffnete und dann ein halbnackter Mann pfeifend und so, als ob es das normalste der Welt wäre, aus dem Badezimmer marschierte.

Chrissy erstarrte. Der Kerl, der da vor ihr vorbeischritt, trug nur eine Sonnenbrille, eine Cap und eine Short mit peinlichem Leopardenmuster, dazu einfache Turnschuhe.

Sie lief versehentlich und plump gegen ihn und vor Schreck machte Chrissy einen großen Schritt zurück, so dass sie dabei über ihre eigenen Füße stolperte.

Sofort griff sie nach dem erst besten, was sie zwischen die Finger bekam und riss den halbnackten Kerl gleich mit sich hinunter, der auf so etwas natürlich nicht gefasst war.

Ein dumpfer Knall ertönte, als die zwei Personen den Boden erreichten und beide gaben ein perplexes „Uff!“ von sich, mehr kam zuweilen noch nicht heraus.

Chrissy, die nun ihre Augen vor Schreck erstarrt zugekniffen hatte, öffnete diese nun langsam wieder. Sie schaute in ein braunes Augenpaar, das niemand anderem gehören konnte als dem Kerl aus dem Bad, jenem verdammt unverschämten Typ aus der Wanne am helllichten Tag in einer augenscheinlichen Chaos-WG der kompletten Freaks mitsamt der dazugehörigen Show.

Er lag groß und breit auf Chrissy, hatte sich jedoch schon mit den Armen auf den Boden abgestützt und starrte ihr nun, nachdem sie kurz Blickkontakt hatten, in den Ausschnitt.

Ein süffisantes Grinsen zierte seine Lippen.

„Da hatte es aber jemand eilig flachgelegt zu werden!“

Chrissy war baff. Noch nie war ihr ein Mensch über den Weg gelaufen, der diese Dreistigkeit besaß. Jedenfalls bis zum jetzigen Zeitpunkt.

„Halt dich zurück Aki, das ist die Neue und keine Prostituierte.“

Der Dunkelhaarige blinzelte und fand den Weg zurück zu den Augen der am Bodenliegenden. Gleich darauf sprang er wie von der Tarantel gestochen auf und hielt ihr die Hand hin.

„Scheiße!“

Er lachte nervös.

„Es tut mir echt leid.“

Sein netter Akzent, den Chrissy noch nicht zuordnen konnte, minderte ihre Empörung keineswegs.

Dachte er etwa wirklich, sie wäre eine...? Chrissy schaute ihn fassungslos an, ehe sie sich erhob. Dessen ausgestreckte Hand ignorierte sie geflissentlich.

Gekonnt überspielte er seine kleine Niederlage mit einem Grinsen und hob das Cap vom Boden auf, ehe er ihr die Tür zum Bad aufhielt.

William stand, mit verschränkten Armen, da und trieb sie an, sich jetzt langsam mal zu beeilen.

Chrissy folgte dieser Aufforderung nun endlich und verschwand hinter der Tür.

Kapitel 3

Die Crew

Alle hatten sie sich am großen Esstisch versammelt, auch Gesichter, die Chrissy noch nicht kannte. Ihr gegenüber hatte ein ruhiger rothaariger Brillenträger platz genommen, der ihr als Tixer vorgestellt wurde. Bojan hatte ihr erzählt, dass er stumm sei und daher, neben Mr. Engl, einem streng drein blickenden Mann, der eigentlich erträglichste des Trupps wäre.

Neben Tixer saß ein braunhaariges Mädchen, die kleine Papierkügelchen formte und diese in die Richtung eines anderen Jungen schnippte, der das mit ärgerlicher Miene zuließ. Die beiden waren, so wie Chrissy das verstand, Tix und Tristler. Neben Jeffrey saß eine Blondine mit einem sehr skurrilen Make-up, es erinnerte irgendwie an die Gesichtsbemalung einer Geisha, sie hatte wie William die Arme vor der Brust verschränkt und lachte über einen Witz den Jeffrey soeben gemacht hatte. Ihren Namen jedoch kannte Chrissy noch nicht, ebenso wenig wie jenen des Kerl mit der lila Weste, von dem ein starker Geruch nach Gras ausging. Er machte auch einen sehr ruhigen Eindruck, um nicht zu sagen er wirkte völlig stoned. Unwillkürlich kam Chrissy das Bild der Bong in den Sinn, die auf dem kleinen Tisch stand. Die war wohl nicht nur Deko.

„Das ist Chris, unser Hauseigener Arzt und Dealer, er besorgt dir, was auch immer du haben willst.“

Aki hatte sich neben ihr nieder gelassen und sich nah zu ihr herüber gelehnt. Genervt stellte Chrissy fest, dass er noch immer nur seine Boxershorts trug und rückte ein Stück von ihm ab, nun aber saß sie direkt neben William, die sie nur bedrohlich beobachtete.

Als Bojan jedoch begann zu sprechen, versuchte Chrissy, ihre Beobachter zu ignorieren.

„Ihr habt ja vermutlich jetzt alle mitbekommen, dass wir einen Neuzugang haben.“

Er zeigte auf die Schwarzhaarige, die nun, wo alle Blicke auf ihr lagen, am liebsten im Boden versunken wäre.

„Das ist Chrissy Peanutbutter. Ihr Onkel leitet die Firma, die uns in unserem Tun unterstützt. Chrissy ist nun hier um ihrem Onkel Bericht zu erstatten und zu bestätigen, dass wir unsere Jobs auch gewissenhaft ausführen.“

„Soll das ein Witz sein?“, unterbrach William, das Girl mit dem Männernamen ihren Boss.

„Wenn ihr Onkel wissen möchte ob wir unsere Arbeit gut machen, dann soll er seine Leute schicken! Wir sind doch kein Kindergarten, der auf ein unerfahrenes Gör aufpasst!“