Licht- und Schattenwelt - Roman Reischl - E-Book

Licht- und Schattenwelt E-Book

Roman Reischl

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Beschreibung

In der Regel muss man wo man geht und steht Stärke beweisen. Wie in der freien Natur gehen die Schwachen irgendwann unter. Standhaft zu sein ist ein Lernprozess. Nicht immer bedarf es großer Hilfsmittel, das ist das Gute daran. Das Wort Stehen bedeutet, aufrecht zu sein. Weder gebückt oder gar kriechend vor weiß Gott für einer Situation. Klar ist jedoch, dass jeder im Laufe seines Lebens nicht permanent in einer guten Lage ist. Doch aufzugeben, zu resignieren gilt nicht. Der Antrieb, wieder nach oben zu kommen, einen kompletten Neuanfang zu wagen ist der Schlüssel, ja das Tor zur Welt. Es gibt nichts Schöneres, als auch nur nebenbei seinen Traum zu leben und wieder Glück in den Alltag fließen zu lassen. Die Psyche kann auch dein Freund werden, wenn du sie gut behandelst. Träume und Visionen sind das Viagra zum Erfolg. Zur Standhaftigkeit im Leben. Der Protagonist Romario ist der König der Schattenläufer und zusammen mit seinen Freunden und einer Schamanin begibt er sich auf die Suche nach einem sagenumwobenen Lichtschwert. Von den Straßen Buenos Aires´ führt unsere Helden der Weg bis nach Chicago und in den Norden der USA bis hin zur kanadischen Grenze. Der oberbayerische Schriftsteller, Familienvater und Radiomoderator Roman Reischl nimmt sie abermals mit auf eine gewaltige Fantasiereise zu fiesen Kreaturen mitten in den Ghettos Südamerikas. Möge der Wille und die Kraft mit den Schattenläufern sein und das magische Schwert gefunden werden. Doch was vermag jenes eigentlich alles?

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einleitende Worte

Kapitel 1: Eine lange Fahrt

Kapitel 2: Die Nadel im Heuhaufen

Kapitel 3: Das Ende einer Suche

Kapitel 4: Ein wenig Licht

Kapitel 5: Reisezeit

Kapitel 6: Antiquitäten

Kapitel 7: Scherbenhaufen

Kapitel 8: Magische Verwicklungen

Kapitel 9: Der Hauch einer Spur

Kapitel 10: Joseph Senderos

Kapitel 11: Viola, die Schamanin

Kapitel 12: Gefunden und verloren

Kapitel 13: Ein neuer Drall

Kapitel 14: Chicago

Kapitel 15: Die Übergabe

Kapitel 16: Neue Pläne

Kapitel 17: Immer aufpassen!

Kapitel 18: Der Schwerthändler

Kapitel 19: Die Flucht

Kapitel 20: Der Kampf

Kapitel 21: Ende eines Gastspiels

Kapitel 22: Der Notfallplan

Kapitel 23: Unerwartete Hilfe

Kapitel 24: Finale in der Lichtwelt

Vorwort

In der Regel muss man wo man geht und steht Stärke beweisen.

Wie in der freien Natur gehen die Schwachen irgendwann unter. Standhaft zu sein ist ein Lernprozess. Nicht immer bedarf es großer Hilfsmittel, das ist das Gute daran.

Das Wort „Stehen“ bedeutet, aufrecht zu sein. Weder gebückt oder gar kriechend vor weiß Gott für einer Situation. Klar ist jedoch, dass jeder im Laufe seines Lebens nicht permanent in einer guten Lage ist. Doch aufzugeben, zu resignieren gilt nicht. Der Antrieb, wieder nach oben zu kommen, einen kompletten Neuanfang zu wagen ist der Schlüssel, ja das Tor zur Welt.

Es gibt nichts Schöneres, als auch nur nebenbei seinen Traum zu leben und wieder Glück in den Alltag fließen zu lassen. Die Psyche kann auch dein Freund werden, wenn du sie gut behandelst. Träume und Visionen sind das Viagra zum Erfolg. Zur Standhaftigkeit im Leben.

Der Protagonist Romario ist der König der Schattenläufer und zusammen mit seinen Freunden und einer Schamanin begibt er sich auf die Suche nach einem sagenumwobenen Lichtschwert. Von den Straßen Buenos Aires´ führt unsere Helden der Weg bis nach Chicago und in den Norden der USA bis hin zur kanadischen Grenze.

Der oberbayerische Schriftsteller, Familienvater und Radiomoderator Roman Reischl nimmt sie abermals mit auf eine gewaltige Fantasiereise zu fiesen Kreaturen mitten in den Ghettos Südamerikas. Möge der Wille und die Kraft mit den Schattenläufern sein und das magische Schwert gefunden werden. Doch was vermag jenes eigentlich alles?

Einleitende Worte:

Astrein durchschaut haben

Aus allen Löchern kommen sie gekrochen

Bevor ich mit dem Rotstift komme

Da die anderen das Spielchen

Da du in Behandlung bist

Damit du kapierst

Dann scheisst du wieder ein

Das rat ich dir und mir und denen und uns.

Dass er und sie dich ausnutzen

Dem Gleichen, der die Smarties verteilt

Denn der Egoismus

Doch die, die nur an andere denken

Du ABC Schütze im Erwachsenenkörper

Du nuckelnder Säugling

Einfach nur ein guter Mensch zu sein

Elendes Weichei

Hast deine Existenz vergeudet

Hol dir dein Flaschi von ihm

Irgendwann ist es zu spät

Jetzt stehst du da

Konjugier die Verben deiner Taten

Muss man sich nicht wundern

Musst lernen wie ein Kleinkind

Nur der Esel nennt sich selbst zuerst

Richtig auf den Arsch

Schrei ruhig mal

Setzt sich durch gegen dein Gebersyndrom

Sich selbst vernachlässigen

Sonst klopfen dir sie irgendwann

Während du versucht hast

Weil sie sich das Maul zerreißen

Wenn aus Ich immer Wir wird

Werden irgendwann krank

Wie man endlich Nein sagt

Wie soziale Kommunikation funktioniert

Kapitel 1

Eine lange Fahrt

„Kannst Du mir mal sagen, warum diese Tussi so weit ab von jeglicher Zivilisation leben muss?“

„Ich hab’ mir sagen lassen, dass das irgendetwas mit ihrem Totem zu tun hat“, entgegnete Romario, während er bemüht war, sich von der eintönigen Fahrt nicht allzu sehr seine Konzentration rauben zu lassen.

Ihr Ford Buffalo würde sich noch mindestens eine weitere Stunde über diese Straße quälen, bevor sie ihren nächsten Wegpunkt erreichten. Von dort aus gingen sie dann zu Fuß das restliche Stück. Über mögliche Verfolger am Boden brauchten sie sich keine Sorgen zu machen. Ihr Striker hatte soweit alles unter Kontrolle und das Fahrzeug war vor ihrem Aufbruch auf das Gründlichste nach Wanzen untersucht worden, die Langeweile war daher momentan ihr größter Feind.

Ihr Problem war, dass sie bei ihrer Suche in einer Sackgasse steckten. Sie hatten alle ihre Quellen ausgeschöpft. Es gab keine weiteren Anhaltspunkte mehr, zudem standen sie unter Druck, da sie auf jener Suche nicht allein zu sein schienen. Ihre letzte Möglichkeit war nun diese Schamanin, die sich in den Bergen westlich von Iguatzu Falls aufhalten sollte. Alles was der Held hatte, war eine ungenaue Wegbeschreibung und die Hoffnung, dass sie ihn weiterbringen könnte.

Im Gegensatz zu José-Daniel, der ungeduldig auf dem nicht für Zwerge angepassten Sitz hin- und her rutschte, blickte Romario völlig ruhig, scheinbar gedankenverloren, aus dem Fenster ins Leere. Die Landschaft hatte sich in den letzten zwei Stunden kaum verändert und daher erlaubte sich Romario, die bisherigen Geschehnisse Revue passieren zu lassen. Angefangen hatte alles in Buenos Aires.

Der liebe Kerl war gerade beim Kraft-Training gewesen, als sein Telefon klingelte. Die Nummer von Andres, seinem Kontaktmann für alle Arten von Runs, leuchtete im Display auf. Der Held nahm das Gespräch an. Sein Kumpel war ein ehemaliger Schattenläufer, der sich mit zunehmendem Alter auf das Vermitteln von Runs verlegt hatte.

Romario schätzte vor allem die Professionalität des zwergischen Schiebers. Bei ihm gab es keine halben Sachen. Aufgrund dessen jahrelangen Erfahrung und die zahlreichen Connections waren seine Jobs und Informationen goldwert und nur selten kam es vor, dass er zugeben musste, dass er nichts über den Job oder den Auftraggeber wusste. Aber er war stets so fair, dies nicht für sich zu behalten. Er ahnte einfach, wie das Leben auf der anderen Seite des Tisches aussah und das vereinfachte vieles. Was den Helden betraf, so arbeiteten die beiden schon über zwei Jahre zusammen und das äußerst erfolgreich. Nun sah Romario Andres´ grinsendes Gesicht auf seinem Bildschirm, immer ein gutes Zeichen.

„Hola muchacho, was liegt an?“

„Hey Emanuel, ich hab’ gerade die letzten Kleinigkeiten deines letzten Runs erledigt. Musst ja tolle Arbeit geleistet haben und dein Kunde hat wahre Lobreden über dich verfasst.“

In der Tat hatte Romario den letzten Auftrag so geschickt über die Bühne gebracht, dass er die kühnsten Vorstellungen seines Mr. Martinez bei weitem übertroffen hatte. Ein paar einfältige Ganger hatten die Tochter eines reichen Geschäftsmannes entführt und Lösegeld gefordert.

Der Held trat als Vermittler auf und konnte durch geschicktes Verhandeln zum einen den zu zahlenden Betrag erheblich reduzieren und zum anderen, die gesunde Rückkehr des Mädchens erreichen. Mit der Hilfe von José-Daniel gelang es ihm sogar, den Aufenthaltsort der Gang nach der Übergabe herauszufinden und deren Mitglieder wurden dann von der BAP, der Buenos Aires Police Force, welche im Nachhinein von Mr. Martinez informiert wurde, ausgehoben. So kehrte erfreulicherweise auch das Restgeld wieder zurück. Der Job war in jeder Hinsicht ein voller Erfolg gewesen.

„Wenn du interessiert bist, dann habe ich schon wieder ein Job für Dich.“

„Worum geht es denn?“

„Eine kleine Schatzsuche. Irgendwer hat irgendwas verloren und du sollst es nun finden.“

„Gibt’s da noch mehr zu oder war’s das?“

„Wofür hältst du mich? Also Mr. Martinez ist eine Kon-Größe von EPR, aber der Job ist rein privat. Er ist keiner der großen Oberbosse, aber sein Konto soll für weit mehr als nur ein reichhaltiges Abendessen gut sein.“

„Warum lässt er dann nicht ein paar Typen von CBA Broadcasting auf die Sache los?“

Dieses Unterhaltungs-Konglomerat gehörte zu den Top-500-Konzernen und besaß Nachrichtenteams auf der ganzen Welt. Sie kontrollierten die Kabelnetze im gesamten Südwesten. Neben dem normalen Nachrichtengeschäft hatte EPR den Kampf gegen Umweltsünder aufgenommen und nahm gnadenlos jeden Konzern aufs Korn, der bewusst solche Sauereien in Kauf nahm, insbesondere dann, wenn der betreffende Betrieb nicht bei EPR warb.

„Soviel ich inzwischen weiß, gibt EPR in seiner Preisklasse nicht einfach so Konzern-Ressourcen frei.“

„Wenn da nicht mehr hinter steckt, soll’s mir recht sein. Was soll ich suchen und was springt dabei raus?“

„Ich habe mal deinen üblichen Satz plus 30 Prozent als Verhandlungsbasis zugrunde gelegt. Plus 15 könnte für dich rauskommen, wenn du zusagst. Über die Sache an sich wollte er sich nicht äußern, aber sie soll weder gefährlich noch heiß begehrt sein und soweit ich meinen Quellen vertrauen kann, ist er nicht der Typ, der bei solchen Geschäften eine linke Nummer abzieht.“

Für Romario bedeutet dies so etwas wie eine Garantie, denn auf Andres` Quellen war stets Verlass. Natürlich gab es den üblichen Unsicherheitsfaktor, aber das war nun mal das normale Geschäftsrisiko.

„Also wenn du Interesse hast, dann habe ich eine Nummer für dich und die Einzelheiten kannst du dann ja direkt mit Mr. Martinez besprechen. Ach ja, bevor ich es vergesse, da ist noch eine Sache, angesichts der Art des Auftrages dachte ich mir, dass du ein bisschen technische Unterstützung gebrauchen kannst. Wenn Du einen Decker oder so hinzuziehen musst, wird Mr. Martinez auch diese Kosten tragen.“

Eins musste man Andres lassen, er war wirklich gründlich. Natürlich wusste er, dass Romario möglicherweise José-Daniels Hilfe in Anspruch nehme, wenn die Suche sich als aufwendiger erweisen sollte.

„Ich höre es mir auf jeden Fall mal an, Andres, gib´ mir die Nummer und ansonsten gelten die üblichen Bedingungen, einverstanden?“

„Auf jeden Fall, die Nummer kommt sofort und viel Glück, Kumpel.“

Ein leiser Piepton verkündet die erfolgte Übersendung und Andres beendete das Gespräch. Ihre Arbeitsbeziehung war inzwischen schon so intensiv, dass sie keine großen Absprachen mehr treffen mussten. Jeder wusste, was er vom anderen zu erwarten hatte. Romario fing an, unverzüglich die übermittelte Nummer zu wählen. Es dauerte auch nicht lange, bis Mr. Martinez das Gespräch annahm und es wurde noch für den gleichen Abend ein Treffen vereinbart, dann wandte sich der Held wieder seinem Training zu.

Das Treffen sollte in einem kleinen aber teuren Restaurant in Montserrat, dem Stadtzentrum stattfinden. Er wusste, dass dort die Konzerntypen gerne nach einem vorzeitigen Feierabend einkehrten, um zu Abend zu essen oder den Tag mit einem guten Arbeitsessen abzuschließen. Es war ein echter Geheimtipp in Buenos Aires, wenn auch nicht für den Normalbürger. Dementsprechend trug er ausnahmsweise einen dunklen Anzug. Romario wirkte als Mensch mit den 1.80m und 80 Kg schon nicht gerade einschüchternd. Die Kleidung kaschierte den Rest dessen athletischen Körpers. Er sah nun aus wie ein typischer Jungmanager, der den Großteil des Tages an seinem Schreibtisch verbrachte und Sport nur aus dem Trideo kannte. Wer ihn ansah, konnte leicht dazu kommen, ihn zu unterschätzen. Nur wenige erkannten, dass an diesem jungen Mann mehr hing, als das bloße Hinsehen vermuten ließ. Ungewöhnlich an ihm waren nur die braunen Augen. Sie strahlten eine Traurigkeit aus, die in einem krassen Kontrast zur selbstsicheren Haltung und dem selbstbewussten Auftreten stand. Nicht viele Leute kannten den Grund für diese Traurigkeit und respektierten Romarios Wille, nicht darüber zu sprechen. Nun wurde es Zeit zu gehen.

Der Schattenläuferkönig verließ seine Wohnung in Villagarcia und bestieg den Ford Mustang. Er war ohne Waffen unterwegs und es wäre aussichtslos, sie in das Restaurant mitnehmen zu wollen, zudem wurden zur Zeit in Montserrat gerade vermehrt Kontrollen durchgeführt und er wollte keine lästigen Fragen beantworten. Warum also überhaupt ein Risiko eingehen? Trotz der späten Stunde waren die Straßen noch sehr stark befahren. Romario, der dies berücksichtigt hatte, stand dennoch um 20:55 Uhr vor dem Restaurant. Fünf Minuten Reserve, so war es geplant. Perfekt. Der Held ließ noch kurz den Blick über die Straße streifen, bevor er das gemütliche Ecklokal mit Kerzenlicht betrat. Draußen hatte er nichts besonders Ungewöhnliches entdecken können.

Das »Hideout« war im wahrsten Sinne ein Schlupfwinkel. Von außen passte sich das Restaurant der kalten Glasfassade des Gebäudekomplexes an. Die verspiegelten Fensterscheiben ließen keinen Schluss darauf zu, was sich im Inneren befand.

Nur die silbernen Buchstaben „Hideout“ über der Eingangstür wiesen daraufhin, was sich hinter dem Spiegel verbarg. Wenn man durch die ebenfalls verspiegelte Pforte trat, schien es, als hätte man eine Zeitreise unternommen und die Einrichtung des Restaurants war durchweg in dunklem Holz gehalten. Selbst die Wände waren mit einer Holzvertäfelung versehen. Die Dunkelheit des Raumes wurde nur im Bereich der Tische sowie der Bar durch alte Lampen mit einem sanften Licht unterbrochen.

Es war, als wäre man hundert Jahre oder so in die Vergangenheit gereist. Im Gegensatz zur Kälte der Außenfront schuf der Raum im Inneren eine Atmosphäre der Wärme und Gemütlichkeit und die Gaststätte an sich wurde durch die Garderobe vom Eingangsbereich getrennt. Auch die Anmeldung war hier untergebracht. Den Zugang nach hinten trennte ein schwerer, roter Samtvorhang.

Mr. Martinez hatte hier auf den Namen Angelo einen Tisch reserviert. Romario ging direkt auf die Anmeldung zu. Er hatte nichts, was in die Garderobe musste. Am Willkommenstresen stand eine junge Elfin und lächelte ihm freundlich zu.

„Guten Abend, ich bin mit Mr. Angelo verabredet. Er hatte für neun Uhr einen Tisch bestellt.“

Die Elfin warf einen kurzen Blick auf die Reservierungen, die hier noch handschriftlich in einem alten, in Leder gebundenen Buch standen.

„Da haben wir es. Wenn sie mir bitte folgen würden, Sir.“

Die Hübsche kam hinter ihrem kleinen Tresen hervor und öffnete den Samtvorhang. Das Restaurant wirkte nicht sehr geräumig und umfasste ungefähr zwei Dutzend unterschiedlich große Tische. An der linken Seite befand sich ein Tresen mit zehn Hockern. Sämtliche Plätze waren besetzt und lediglich zwei Stühle an der Bar schienen noch frei. Im Hintergrund spielte leise Musik aus Juba, die dem höheren Durchschnittsalter der Gäste entsprach. Zumindest wenn man die jüngere, meist weibliche Begleitung außer Acht ließ. Die Elfin führte ihn in den hinteren Bereich des Restaurants. An dem Tisch in der Felsnische, zu dem sie ihn brachte, saß ein Mensch. Romario schätzte sein Alter auf 55 bis 60 Jahre. Sein gesamtes Erscheinungsbild passte zusammen, ein typischer Konzernmensch. Gute Manieren und ein Lächeln, für das er vor dem Spiegel geübt haben musste. Er stand auf, als Romario an seinen Tisch geführt wurde, und streckte ihm die Hand entgegen. Er ergriff sie. Für sein Alter war Mr. Martinez recht kräftig.

„Guten Abend. Ich freue mich sie kennenzulernen, Mr. Thiago“, begrüßte der betagte Herr ihn mit einem Lächeln.

„Vielen Dank, Mr. Angelo, ganz meinerseits.“

„Bitte nehmen Sie doch Platz.“

Beide setzten sich und bereits kurz darauf erschien eine Kellnerin, um die Bestellungen aufzunehmen.

„Für mich bitte noch einmal dasselbe“, orderte Mr. Angelo.

Romario musterte kurz das Glas seines Gegenübers, Farbe und Geruch ließen auf einen Whiskey schließen. Einen Guten.

„Für mich bitte auch“, fügte Romario gegenüber der Servicedame an, die sich dann sofort entfernte.

„Ich muss gestehen, dass ich mich ein wenig umgehört habe“, eröffnete Mr. Angelo das Gespräch.

„Ich bin sehr beeindruckt, von dem, was ich über sie erfahren habe.“

Wuschelkopf Romario quittierte dies lediglich mit einem kurzen Nicken.

„Besonders die Sache mit der Entführung fand ich beeindruckend. Daher glaube ich auch, dass sie der Richtige für mein Problem sind. Mit den Konditionen, die Mr. Andres mir genannt hat, bin ich einverstanden. Auch denke ich, dass die Mitarbeit von Mr. José-Daniel erforderlich sein wird. Wie ich gehört habe, arbeiten sie beide recht gut zusammen.“

„Das stimmt.“

Mr. Angelo hatte sich wirklich Mühe gegeben, musste Romario zugestehen, aber seine eigne enge Zusammenarbeit mit José-Daniel war in den Schatten kein Geheimnis.

„Im Groben geht es darum, dass sie einen Gegenstand finden sollen und sollte es notwendig sein, müssten sie ihn mir auch ohne Zustimmung des derzeitigen Besitzers verschaffen. Stellt dies ein Problem für sie dar?“

„Nein. Nicht im Geringsten.“

Beide hielten kurz inne, als die Kellnerin ihre Getränke servierte.

„Das ist gut, es gibt aber eine wichtige Kleinigkeit. Bevor sie eine solche Maßnahme in Angriff nehmen, werden sie mich darüber informieren, wer der derzeitige Besitzer ist. In dieser Richtung wird nichts unternommen, bevor ich nicht meine Zustimmung erteilt habe. Ist das soweit klar?“

„Auch das stellt kein Problem dar.“

„Gut, dann gehe ich davon aus, dass wir im Geschäft sind.“

Die Bestätigung erfolgte wieder durch ein Nicken.

„Vor zwei Jahren starb hier in Buenos Aires ein Mann namens Lucio Rodriguez. Da er keine Familie hatte, wurde sein Vermächtnis aufgelöst und versteigert und wie ich erst kürzlich erfahren habe, befand sich unter seinen Sachen auch ein Schwert aus dem Mittelalter. Diese wunderbare Waffe wird aufgrund des Glanzes von Metall und eingearbeiteten Edelsteinen auch das »Lichtschwert« genannt. Ich habe eine grobe Beschreibung, sie befindet sich auf einem Chip, den ich ihnen am Ende unseres Gesprächs geben werde. Dort finden sie auch eine Telefonnummer, über die ab jetzt die Kommunikation laufen wird, sowie sämtliche Informationen, die ich bisher zusammengetragen habe. Ich wünsche, dass diese Suche so diskret wie möglich erfolgt. Sie verstehen, was ich meine.“

„Selbstverständlich.“

„Wie sie feststellen werden, gibt es nur wenige Anhaltspunkte, die ihre Suche erleichtern.“

„Wir werden unser Möglichstes tun.“

„Davon bin ich überzeugt. Bestehen ihrerseits noch irgendwelche Fragen?“

„Nein, zur Zeit nicht.“

„Dann wünsche ich ihnen viel Erfolg bei Ihrer Suche.“

„Vielen Dank.“

Mit diesen Worten stand Romario auf. Er nickte Mr. Angelo noch einmal zu und verließ dann das Restaurant.

Kapitel 2

Die Nadel im Heuhaufen

Kaum hatte Romario wieder seinen Ford Mustang bestiegen, legte er bereits Krawatte und Anzugjacke ab. Noch während er auf dem Heimweg war, tätigte er den ersten Anrufund über die Freisprechanlage in dessen Wagen rief er José-Daniel an. Wie er erwartet hatte, sagte der seine Mitarbeit schon zu, bevor Romario irgendwelche Informationen preisgegeben hatte. Jener war ein Zwerg und ein beglaubigtes Genie, wenn es um Elektronik und Computer ging. Gleich ob es sich um Maschinen oder PCs handelte, solange Strom durchfloss, war es für José-Daniel interessant. Kaum ein Gerät, das er nicht bereits mehrfach auseinander- und wieder zusammengebaut hatte. Nichts, was er an technischer Ausrüstung besaß, befand sich noch in Originalzustand. Jeder Gegenstand wurde von ihm für seinen persönlichen Gebrauch modifiziert und den speziellen Bedürfnissen angepasst. Romario würde dessen Hilfe dringend brauchen, denn er konnte ihm die Beinarbeit in der Matrix abnehmen, die er zwar nicht gerade hasste, aber trotzdem gerne mied, wo es auch ging, außerdem arbeiteten die beiden gut zusammen, sie kannten sich jetzt seit fast fünf Jahren, wobei sie in den letzten drei fast immer als Team tätig waren. José-Daniel hab sich Freund, auf den sich Romario in jeder Situation hundertprozentig verlassen konnte.

Er fuhr nicht ganz nach Hause, gut zwei Kilometer von seiner Wohnung entfernt gab es ein paar Garagen, die den Vorteil hatten, dass sie von dem Betreiber nicht überwacht wurden. Die einzelnen Mieter sorgten selbst für die Sicherheit ihrer Sachen und die Flächen derer waren groß genug, um dort neben einem Auto auch noch ein, zwei Schränke unterzubringen und ein wenig Platz übrig zu behalten.

Romario verfügte dort über zwei nebeneinander liegende Garagenplätze. In dem Ersten stellte er nun seinen Ford ab, um dann in einen Ford Americar umzusteigen, der nebenan stand. Der Mustang war Romarios Liebling und sollte auf keinen Fall bei einem Run auch nur in Gefahr geraten, beschädigt werden zu können. Das schwarze Auto durfte ruhig etwas abkriegen. Nun konnte er weiter zu José-Daniel fahren. Dessen Wohnwerkstatt lag ebenfalls im Viertel, so dass der Weg zu ihm nicht sehr viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Es war auch nicht so, dass dort irgendeine Gefahr drohte, aber Romario wollte einfach sichergehen.

José-Daniels Unterkunft war mehr eine Werkstatt als eine Wohnung. Überall lagen Werkzeuge und elektronische Geräte herum, von denen Romario zum größten Teil den Verwendungszweck noch nicht einmal erahnen konnte. Sämtliche Gegenstände und Möbel waren an die Bedürfnisse des Zwerges angepasst. Die einzige Ausnahme stellte ein schlichter Holzstuhl dar.

Er stand in einer Ecke und war ein Zugeständnis an den ungefähr 60 Zentimeter größeren Romario gewesen, da jener bereits zwei angepasste Sessel des Zwerges auf dem Gewissen hatte. Eben diesen Stuhl hatte sich jener Boss nun herangezogen, als sie in seinem Wohnzimmer saßen. Eigentlich war es mehr eine Werkbank, aber für José-Daniel war es das Zentrum des häuslichen Wirkens. Hier erzählte der Schattenläuferkönig Romario Thiago in seinem grellen blauen Leuchtpanzer dem Freund, was er von Mr. Martinez / Angelo erfahren hatte und übergab ihm den beiliegenden Chip. Der Zwerg nahm den Chip und überprüfte zunächst den Inhalt auf irgendetwas Ungewöhnliches. Das war mehr Routine als begründeter Argwohn, aber die Vergangenheit hatte beide gelehrt, vorsichtig zu sein. Danach begannen die zwei, die auf dem Chip enthaltenen Daten zu studieren.

Im Gegensatz zu dem ruhigen und nachdenklichen Romario war es José-Daniels Art, den Gedanken freien Lauf zu lassen und mit seiner Meinung nicht hinterm Berg zu halten.

„Na, viel ist das ja nicht, aber zumindest gibt’s wenigstens einen Ansatzpunkt.“

„Ja, den Namen des Versteigerers und das war’s.“

Die Informationen, die sie von Mr. Angelo bekommen hatten, waren in der Tat sehr spärlich gewesen. Der Name des Versteigerers, Santiago Daponte, der eines Freundes von dem verstorbenen Mr. Rodriguez, welcher eine Beschreibung des Schwertes gegeben hatte, Gerard Bury, und jene Schilderung an sich sowie den Hinweis, dass eine oberflächliche und diskrete Matrixsuche keine weiteren Ergebnisse zu Tage gebracht hatte.

Das Schwert stammte aus dem Mittelalter, angeblich aus der Zeit zwischen 1375 und 1450. Die Altersbestimmung war durch Mr. Rodriguez vor zirka 5 Jahren erfolgt. Es hieß, dass die sorgfältige Metallbearbeitung sowie die feinen Verzierungen an der Waffe und die eingearbeiteten vier Edelsteine im Griff der Waffe bei einem bestimmten Lichteinfall den Eindruck vermitteln konnten, dass das Schwert aus purem Licht bestände. Zuletzt befand es sich in einem länglichen schwarzen Kasten, der aufwendig mit goldenen Symbolen verziert war. Diese Aufbewahrung war eine Maßanfertigung im Auftrag von Mr. Rodriguez gewesen. Das war es.

„Womit wollen wir denn anfangen, Romario?“

„Versuch´ zunächst mal etwas über Mr. Daponte herauszubekommen. Den werde ich dann morgen mal besuchen, vielleicht kann er uns sagen, was mit dem Schwert geschehen ist. Danach hätte ich gerne noch ein paar Hintergrundinformationen über das Schwert. Sieh mal zu, was du so findest.“

Romario musste nicht erst anfügen, dass José-Daniel diskret sein sollte, das verstand sich von selbst.

„Hat Mr. Martinez noch nicht mit dem Daponte gesprochen?“

„Sieht nicht so aus, also viel Glück.“

„Und was macht der Herr jetzt?“

„Nach Hause gehen und schlafen oder soll ich dir zusehen, wie du durch die Matrix jagst?“

José-Daniel grummelte als Antwort vor sich hin. Er wusste, dass dies seine Aufgabe war. Das Reden mit Daponte würde dann in Romarios Bereich fallen. Es ging also los.

Am nächsten Tag um elf Uhr trafen sich die beiden wieder. José-Daniel war den Großteil der Nacht aufgeblieben und hatte die Matrix durchstöbert. Seine Augen schienen gerötet und auch die unordentlich liegenden braunen Haare unterstrichen den müden Ausdruck im Gesicht des Zwerges. Romario wusste, dass dies öfters bei José-Daniel vorkam, sein Mitleid hielt sich daher auch in Grenzen.

„Also, was hast Du in der letzten Nacht noch so alles erfahren?“

„Santiago Daponte ist hauptberuflich Versteigerer oder wie sich das nennt und er hat zwei bis drei Auktionen pro Woche von Wohnungs- oder Firmenauflösungen und so. Aber auch Private gehen zu ihm, wenn sie ihre Sachen verscherbeln wollen. Sein Geschäft liegt in Marietta. Die genaue Adresse hab’ ich dir aufgeschrieben. Der Zettel liegt, wo ist der blöde Zettel nun?“

José-Daniel fing an, seinen Wohnzimmertisch / Werkbank zu durchsuchen. Romario ließ den Zwerg suchen. Er wusste, dass er sich hier besser zurückhielt. Auch das kannte er schon von José-Daniel. Er fragte sich immer wieder, wie jemand, der mit Schaltplänen und exakten Vorgaben zu arbeiten hatte, nur so unordentlich sein konnte. Er musste unwillkürlich lächeln, während er José-Daniels verzweifelte Suche verfolgte.

„Ah! Da ist er ja.“

Der kauzige Kerl fischte einen kleinen Zettel aus einem Meer von Zeichnungen und Schaltplänen, die auf der Werkbank verteilt waren. Irgendwann hatte José-Daniel Romario mal erklärt, warum er die Schaltpläne noch auf Papier hatte, aber jener hatte es inzwischen schon wieder vergessen. Damit konnte er sowieso kaum etwas anfangen.

„Danke. Hm?“

„Was ist?“

„Ich überlege gerade. Wenn Daponte das hauptberuflich macht, dann wird er hoffentlich Unterlagen über die Verkäufe haben. Wenn er uns die gewünschten Informationen nicht geben will, müsstest Du sie ohne seine Zustimmung besorgen.“

„Plan B?“, erkundigte sich José-Daniel.

„Plan B.“

Romario wartete kurz ab, um José-Daniel die Gelegenheit zu geben, seine anderen Erkenntnisse vorzutragen.

„Und was dieses komisches Schwert angeht: Fehlanzeige!“

„Wie, Fehlanzeige? Über ein knapp sechshundert Jahre altes Schwert muss es doch irgendetwas geben. So viele sollte es davon ja nicht existieren.“

„Es gibt Infos über verzierte Schwerter, aber keines mit dem Namen »Lichtschwert«. Die anderen sehen unserem ähnlich, aber überall gibt’s kleine aber entscheidende Abweichungen.“

„Na toll, dann werde ich mal Mr. Daponte fragen müssen, ob die Beschreibung richtig ist. Und wenn er es nicht weiß, ist vielleicht noch mal ein Besuch bei dem Freund von Rodriguez erforderlich. Wäre doch nett zu wissen, wie unser Zielobjekt eigentlich aussieht.“

„Yo. Soll ich zu Daponte mitkommen?“

„Nein, ich denke mal, du suchst die Adresse von diesem Freund, Bury, heraus und dann...“

„Was dann?“

„Dann solltest du dich ein wenig schlafen legen. Nichts für ungut, aber du siehst aus, als ob du es gebrauchen könntest.“

José-Daniel wollte noch etwas sagen, aber Romario war schon auf halbem Weg hinaus. Zudem hatte er Recht.

Eine gute Stunde später stand Romario vor dem Geschäft von Santiago Daponte. Er trug wieder seinen Anzug vom Vortag. Dieser war gestern zum Glück nicht stark beansprucht worden, so dass er ihn heute ohne Bedenken tragen konnte. Die Geschäftsräume lagen in einer Seitenstraße nicht weit von der Hauptstraße des Ortsteils entfernt. Es war ein kleines Möbelgeschäft, welches mit Gegenständen aus der Mitte des letzten Jahrhunderts handelte. Jenem Stil war auch die Innenausstattung angepasst. Als Romario den Laden betrat, sah er auf der linken Seite eine Tür, die mit dem Schild „Auktionsraum“ versehen war und im hinteren Bereich wies ein weiteres Plakat ais Blech auf das Büro hin. Im Raum befand sich ein über hundert Jahre alter Holzschreibtisch, dort stand kontrastreich zur restlichen Ausstattung ein kleiner Computer neueren Datums. Hinter dem Schreibtisch saß eine menschliche Frau, zirka fünfundvierzig bis fünfzig Jahre alt, schwarz. Ihre Haare waren ordentlich nach oben gesteckt. Sie stand auf, als Romario herein trat, und schritt auf ihn zu.

„Guten Tag, mein Herr, kann ich ihnen helfen?“

„Ich hoffe, dass Sie das können, denn ich hätte gerne mit Mr. Daponte gesprochen.“

„Könnten Sie mir bitte sagen, in welcher Angelegenheit Sie ihn sprechen möchten?“

„Ich interessiere mich für eine seiner früheren Auktionen.“

„Dürfte ich auch ihren Namen erfahren?“

„Mein Name ist Thiago.“

Er übergab ihr eine Visitenkarte. Die Frau betrachtete kurz die Karte.

„Wenn Sie sich einen Augenblick gedulden würden, Mr. Thiago.“

„Selbstverständlich.“

Die Frau ließ Romario kurz alleine, um nach hinten in das Büro zu gehen. Thiago war nicht sein richtiger Name. Dieser Name auf seinem Stick gehörte zu einer von mehreren Legenden, die er sich im Laufe der Zeit zugelegt hatte. Zurzeit war er Ricardo J. Thiago, ein Privatdetektiv. So brauchte er gar nicht erst seine Neugier und die Fragen zu erklären. Eine knappe Minute später erschien die Frau in Begleitung eines Typen wieder im Verkaufsraum. Der Mann war um die fünfzig, weiß, klein und untersetzt. Die Frau stellte ihn als Mr. Daponte vor und begab sich dann wieder an ihren Schreibtisch. Die beiden Männer gaben sich die Hand.

„Guten Tag, Mr. Thiago. Ich höre, Sie interessieren sich für eine meiner früheren Auktionen. Wie kann ich Ihnen helfen? Aber bitte kommen Sie doch mit in mein Büro.“

Er führte Romario nach hinten. Das Büro war gerade groß genug für einen Schreibtisch, drei Stühle und zwei Schränke. Daponte bot ihm einen Sitzplatz an und setzte sich dann nicht an seinen Schreibtisch, sondern neben dessen Gast.

„Es geht um eine Auktion vor ungefähr zwei Jahren, in der sie den Besitz von Mr. Lucio Rodriguez versteigert haben. Offenbar waren unter den Gegenständen auch Sachen, die einer ehemaligen Lebensgefährtin von Mr. Rodriguez gehörten. Soweit ich informiert bin, trennten die beiden sich damals im Streit und die Trennung der jeweiligen Besitztümer erfolgte wohl nicht gerade in freundlichem Einvernehmen.

Meiner Klientin wurde seinerzeit mitgeteilt, dass einige ihrer Sachen verloren gegangen seien. Damit hatte sie sich dann auch zufrieden gegeben. Aber vor zwei Monaten hat sie dann zufällig einige Sachen entdeckt, welche angeblich abhanden gekommen waren, und da sie an einigen der Gegenstände sehr hängt, möchte sie deren Verbleib geklärt wissen, um sie gegebenenfalls zurückkaufen zu können. Nun habe ich erfahren, dass sie damals den Besitz von Mr. Rodriguez versteigert haben, und hoffte, dass sie mir hinsichtlich der Käufer helfen könnten. Sie sind die letzte Möglichkeit, den Weg der Gegenstände nachzuvollziehen. Ich brauche daher dringend ihre Hilfe.“

Romario pokerte. Diese Geschichte hatte er sich auf der Fahrt zurechtgelegt. Sie war auch insoweit plausibel, sofern Mr. Daponte den verstorbenen Mr. Rodriguez nicht kannte. Er hatte sich nicht die Mühe gegeben, dies rauszufinden. Es wäre ein sehr großer Zufall gewesen, wenn Daponte und Rodriguez sich gekannt hätten.

„Ich verstehe ihr Problem, Mr. Thiago, aber die Namen unserer Käufer geben wir aus Prinzip nicht an andere Personen weiter.“

Der Tonfall der Antwort war weniger ablehnend, als es ihr Inhalt vermuten ließ. Daponte schwankte zwischen seinen Prinzipien, und dem Wunsch zu helfen. Auch wenn der Kerl es nicht ahnte, Romario hatte schon einen halben Sieg erzielt. Er wusste jetzt, dass Daten über die Verkäufe existierten. Im ungünstigsten Fall konnten er und José-Daniel sich diese auch auf einem anderen Weg besorgen. Aber noch bestand Hoffnung auf eine einfache und unauffällige Lösung.

„Mr. Daponte“, setzte Romario im ruhigen und vernünftigen Ton an.

„Ich kann verstehen, dass sie um den Ruf ihres Geschäftes willens eine gewisse Diskretion wahren müssen. Aber bitte verstehen Sie auch meine Lage. Ohne ihre Hilfe wird meine Klientin keine Möglichkeit mehr haben, ihre Sachen jemals wiederzubekommen. Ich verspreche Ihnen auch, die erhalten Informationen sorgsam zu behandeln und äußerste Diskretion walten zu lassen.“

Noch während er sprach, sah Romario, dass er bekommen würde, was er verlangte. Seine ruhige und vernünftige Art hatte mal wieder Wirkung gezeigt. Viele Menschen wollten helfen, wenn sie es vermochten, und genossen das Gefühl, gebraucht zu werden. So war es auch bei Mr. Daponte, er sah sich in einer vermeintlichen Position der Stärke und konnte diese nun nutzen, um einem anderen zu helfen. Es würde dessen Stimmung heute gewaltig heben. Für Romario war es wieder einmal ein Beweis für seine Überzeugungsfähigkeiten. Daponte druckte ihm die Liste der bekannten Käufer der betreffenden Auktion aus. Bei einigen Kunden gab es keine Namen. Diese hatten nur Kundenkonten bei Mr. Daponte errichtet, um anonym zu bleiben, aber das war nicht weiter wichtig.

Das Schwert stand auf der Liste, wie Romario bei einem kurzen Überflug feststellte, und der Käufer war namentlich benannt. Der günstigste aller möglichen Fälle war eingetreten, denn Daponte war die große Unbekannte gewesen. Nur er konnte der Held eine Richtung für die weitere Recherche liefern. Ansonsten hätten er und José-Daniel die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen suchen müssen.

Kapitel 3

Das Ende einer Suche

Der Käufer war ein Mann namens Rodrigo Fernandez. Seine Anschrift war nicht mit angeführt. Allerdings gab es drei Personen, die so hießen in Buenos Aires. Die Adressen herauszufinden war dagegen kein Problem gewesen. Mit zwei der drei hatte Romario inzwischen schon telefoniert. Beide hatten vorgegeben, noch nie etwas von Mr. Daponte oder dem Schwert gehört zu haben und dies musste der Held zunächst so akzeptieren. Es war nun auch nicht so gewesen, dass er den Eindruck gewonnen hatte, dass jene Leute ihm was vorgemacht hätten. Das wusste man nie, aber er glaubte nicht dran und sollte bei der dritten Person das gleiche Ergebnis herauskommen, musste er sich einen neuen Plan einfallen lassen. Im schlimmsten Fall lebte die gesuchte Person gar nicht in Seattle oder hatte nie hier gelebt, aber eine Chance hatte er noch, denn telefonisch hatte er niemanden erreicht, daher blieb ihm vorerst nichts anderes übrig als zu warten. Für einen persönlichen Besuch war es noch zu früh – und zu hell. Immerhin gelang es ihm, noch eine Bestätigung der Beschreibung des Schwertes durch Gerard Bury zu erhalten. Sie stimmte mit der Vorliegenden überein. Auf der einen Seite wusste er nun, wonach er suchte, aber auf der anderen war es doch sehr merkwürdig, dass es über ein solch verziertes Schwert rein gar nichts an Informationen in der Matrix gab. Solange er noch konkrete Anhaltspunkte, für dessen Suche hatte, war dieser Umstand nur ein geringeres Ärgernis. Bedeutend würde es erst werden, wenn er am Ende seiner Kette war und das Schwert weiterhin verschollen blieb.