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Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Toni parkte den Geländewagen vor der Praxis von Doktor Martin Engler. Anna und Toni stiegen aus. Katja, Martins Frau, winkte aus dem offenen Küchenfenster und rief: »Grüß Gott! Mei, welch seltener Besuch! Des ist schön, dass ihr uns besucht. Kommt herein!« Augenblicke später betraten Toni und Anna die große Wohnküche. Martin war Tonis Freund seit Kindertagen. Er begrüßte die beiden herzlich. Martin, ganz der fürsorgliche Hausarzt, erkundigte sich sofort, ob es ein Freundschaftsbesuch sei oder ob die Freunde ihn als Arzt aufsuchten. Toni lachte herzlich. »Du kannst kein Geschäft mit uns machen, Martin. Wir sind gesund. Wir kommen gerade aus Kirchwalden. Anna und ich waren heute Nachmittag einkaufen und sind anschließend noch ins Kino gegangen.« »Gute Idee, dass ihr euch auch mal Freizeit gönnt«, bemerkte Martin. »Den Sommer über habt ihr kaum eine freie Minute.« »Das stimmt, aber im Winter sind wir unten in Waldkogel, weil die Berghütte geschlossen ist. Manche meinen, wir sollten auch im Winter öffnen.
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Seitenzahl: 131
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Auf dem kleinen Flugplatz herrschte emsiges Treiben. Viele Hobbypiloten waren gekommen, um das Wochenende und das schöne Wetter für ein paar Flugstunden zu nutzen oder um die Maschinen zu pflegen und durchzuchecken. Soeben wurde ein motorloser Segelflieger von einem Schleppflugzeug in die Höhe gezogen. Wenke Hellström beobachtete fasziniert, wie sich die Fahrwerke der beiden Flugzeuge von der Startpiste lösten und ihren Flug nach oben aufnahmen; der leichte Segler durch ein Schleppseil mit seinem größeren, motorisierten Bruder verbunden. Irgendwann würde er sich von ihm trennen und in ein hinreißendes Wechselspiel aus elegantem Gleitflug und dem Steigen im Aufwind eintauchen. Als begeisterte Seglerin wusste Wenke einen guten Wind zu schätzen und liebte das Spiel mit ihm – allerdings auf dem Wasser und nicht in der Luft. Schon als kleines Kind war das Segelboot ihr zweites Zuhause gewesen. Diese Leidenschaft hatte sie nie verloren, auch wenn man das nach den jüngsten Ereignissen vermuten dürfte. Es waren fast zwei Wochen vergangen, seit sie zusammen mit Lars bei einem schweren Unwetter in Seenot geraten war. Während es ihm gelang, am gekenterten Boot zu bleiben, wurde sie abgetrieben und galt vier endlos lange Tage als vermisst. Seit etwas mehr als einer Woche war Wenke nun zurück. Lars, ihr Lars hatte sie gerettet! Aus den Händen des merkwürdigen Karl Aresson, der Strandgut sammelte und sie nicht von seinem Hof hatte fortlassen wollen. Nein, verständlicherweise hatte Wenke bislang noch keinen großen Drang verspürt, wieder eine Segeltour zu unternehmen. Seit sie wieder in Lündbjorg war, fühlte sie sich wie in einem Kokon eingesponnen, aus dem sie nicht richtig herauskam. Obwohl sie sich bemühte, es niemanden merken zu lassen. Die Ereignisse auf der abgelegenen Landzunge auf dem Hof von Karl Aresson hatte sie tief in sich verschlossen. Etwas in ihr weigerte sich, darüber zu sprechen. Selbst mit Lars konnte sie darüber nicht reden. Ihr Wiedersehen mit ihm war unaussprechlich und innig gewesen.
Toni parkte den Geländewagen vor der Praxis von Doktor Martin Engler. Anna und Toni stiegen aus.
Katja, Martins Frau, winkte aus dem offenen Küchenfenster und rief: »Grüß Gott! Mei, welch seltener Besuch! Des ist schön, dass ihr uns besucht. Kommt herein!«
Augenblicke später betraten Toni und Anna die große Wohnküche. Martin war Tonis Freund seit Kindertagen. Er begrüßte die beiden herzlich. Martin, ganz der fürsorgliche Hausarzt, erkundigte sich sofort, ob es ein Freundschaftsbesuch sei oder ob die Freunde ihn als Arzt aufsuchten. Toni lachte herzlich.
»Du kannst kein Geschäft mit uns machen, Martin. Wir sind gesund. Wir kommen gerade aus Kirchwalden. Anna und ich waren heute Nachmittag einkaufen und sind anschließend noch ins Kino gegangen.«
»Gute Idee, dass ihr euch auch mal Freizeit gönnt«, bemerkte Martin. »Den Sommer über habt ihr kaum eine freie Minute.«
»Das stimmt, aber im Winter sind wir unten in Waldkogel, weil die Berghütte geschlossen ist. Manche meinen, wir sollten auch im Winter öffnen. Doch das wollen wir nicht.«
Toni musste das nicht weiter ausführen. Martin und Katja wussten, dass das unmöglich war. Auf die Berghütte führte keine Straße. Selbst wenn, wäre es schwierig gewesen, die Vorräte hinaufzubringen. Leonhard, ein Freund von Toni und Leiter der Bergwacht in Kirchwalden, brachte regelmäßig das Bier auf die Berghütte. Die Bierfässer waren ein guter Ballast für die Übungsflüge, die regelmäßig gemacht werden mussten. Aber im Winter wäre das schwierig, weil der Hubschrauber dann oft nicht fliegen könnte. Außerdem bezogen Toni und Anna Butter, Sahne, Käse und Milch täglich frisch von der Oberländer Alm, die im Winter verwaist war.
»Wir haben noch Licht bei euch gesehen und dachten, wir sagen mal schnell grüß Gott«, sagte Toni.
»Die Überraschung ist euch gelungen. Im Sommer sehen wir uns viel zu wenig, Toni«, stimmte Martin ihm zu. »Dann habe ich in der Praxis auch mehr zu tun, mit Urlaubern, die sich verletzt haben. Meistens sind sie mit dem Fuß umgeknickt oder haben sich eine Zerrung zugezogen oder eine Überanstrengung vom Tragen der Rucksäcke. Die Leute sind oft so unvernünftig. Sie beschließen, einen Urlaub in den Bergen zu machen und kaufen sich eine Wanderausrüstung vom Feinsten. Sie geben sich der Illusion hin, sie wären damit gut vorbereitet. Doch sie denken nicht daran, ihren Körper auf die Anforderungen der Berge zu trainieren. Vom Schreibtisch starten sie direkt zu ausgedehnten Wanderungen. Das muss schiefgehen.«
»Das sehe ich auch so, Martin«, stimmte Toni zu. »Aber reden wir nicht von unserer Arbeit. Wie geht es euch?«
Toni und Anna wollten kein Bier trinken. Katja schenkte Tee ein.
»Gut geht es uns, Toni. Das hast du schön gesagt, dass wir nicht über die Arbeit reden sollen. Aber richtig abschalten kann ich nicht«, bemerkte Martin.
»Du bist eben mit Leib und Seele unser guter Doktor«, sagte Toni.
»Ich bemühe mich. Schlimm ist es, wenn ich an meine Grenzen stoße. Im Augenblick machen mir einige Patienten große Sorgen. Ich grüble und wälze Fachbücher. Was ich dort lese, das gefällt mir irgendwie nicht. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass es nicht sein kann. In mir sträubt sich alles, die Diagnose zu akzeptieren, obwohl die Symptome zutreffen. Ich weigere mich, sie einfach anzunehmen. Toni, Anna, ich gestehe euch, ich habe deswegen schlaflose Nächte.«
Toni und Anna warfen sich Blicke zu.
»Rede, Martin! Du musst ja keinen Namen nennen. Ich bin kein Mediziner, aber vielleicht ist es nützlich für dich, mit einem Laien darüber zu sprechen.«
»Da magst du recht haben, Toni«, seufzte Martin. »Ich weiß mir keinen Rat mehr. Die Fälle treten immer häufiger auf. Es begann ungefähr vor drei Wochen. Erst hielt ich es für Einzelfälle, aber inzwischen habe ich mindestens einen Patienten täglich, der über Vergesslichkeit klagt. Es sind nicht nur die Älteren, auch die Jüngeren kommen in die Praxis. Sie fürchten schon, sie würden langsam den Verstand verlieren. Sie erzählen, sie hätten Geld verlegt und könnten sich nicht mehr erinnern, wo sie es hingelegt hatten. Es ist nicht mehr dort, wo sie meinten, es aufbewahrt zu haben.«
Doktor Martin Engler seufzte und sprach weiter.
»Unter uns, das Ganze ist äußerst merkwürdig. Es grenzt schon an Hysterie. In der Fachliteratur werden solche Fälle beschrieben. Menschen, die einer Gruppe angehören, werden zur selben Zeit von den gleichen Symptomen befallen. Die Ursache war in allen untersuchten Fällen rein psychologisch. Ich hätte nie gedacht, dass mir einmal solche Beschwerden vorgetragen werden.«
»Das kannst du nicht behandeln?«, fragte Anna.
»Zuerst habe ich es mit beruhigendem Zureden versucht. Mei, die Leute sind heute alle überlastet. Machen wir uns nichts vor. Der Stress hat zugenommen. Jeder steckt in seinem ganz persönlichen Hamsterrad. Die Menschen haben Angst, die Welt würde untergehen, wenn sie sich etwas Ruhe gönnen. Sie bürden sich zweifache und dreifache Belastungen auf. In Waldkogel haben die meisten die Landwirtschaft als Haupterwerb aufgegeben. Sie arbeiten außerhalb in Kirchwalden oder in München und pendeln jeden Tag. Etwas Landwirtschaft wird als Nebenerwerb betrieben, und sei es nur zur Selbstversorgung. Zu alldem nehmen sie Feriengäste auf. Wenn ich mir das so ansehe, dann frage ich mich, wann Zeit für Schlaf ist und für Erholung.«
»Das ist nun mal so in der heutigen Zeit, Martin. Jeder will alles haben und rennt und tut und macht. Die Menschen sind weniger zufrieden, als früher. Aber ich war davon überzeugt, dass es hier in Waldkogel noch etwas anders ist«, sagte Toni.
»Toni, sicher ist es hier noch anders. Wenn da nur nicht diese Symptome wären.«
»Darf ich fragen, was das für Beschwerden sind?«, fragte Anna.
»Es ist eine extreme Vergesslichkeit, die sich aber nur auf einen Lebensbereich erstreckt. Alle behaupten, sie würden Geld verlegen. Jedenfalls mache ich mir große Sorgen. Ich gebe ihnen Medikamente, aber ohne Erfolg. Es ist schlimm, wenn mir jemand gegenübersitzt, der Tränen in den Augen hat. Wenn das gestandene Mannsbilder sind, dann geht es mir besonders nah.«
Toni und Anna schauten Martin erschrocken an.
»Was willst du jetzt machen?«, fragte Toni.
Doktor Martin Engler zuckte mit den Schultern.
»Nichts kann ich machen. Ich muss einen Neurologen oder Psychiater hinzuziehen. Das ist bei den Patienten nicht beliebt. Außerdem bin ich in Sorge, dass es an die Öffentlichkeit dringt. Das würde für Waldkogel nicht gut sein.«
Doktor Martin Engler erzählte, dass er sich mit Fachkollegen besprochen hatte. Erstens hatte er herausgefunden, dass die Beschwerden auf Waldkogel beschränkt waren. Zweitens waren die Kollegen ebenfalls der Ansicht, dass es eine Art lokale Hysterie war, die von selbst wieder verschwindet, wenn man nicht lange darauf herumreitet.
»Und welche Schlussfolgerungen ziehst du daraus?«, fragte Toni.
»Ich warte noch eine Weile ab. Ich vergleiche Patienten und hoffe eine Gemeinsamkeit zu finden. Vielleicht entdecke ich so die Ursache. Daraus könnte sich eine Richtung für eine wirksame Therapie ergeben. Diese Gemeinsamkeit muss im täglichen Umfeld liegen. Organisch sind sie alle gesund. Ich habe Blut abgenommen und jeden Patienten weiteren Tests unterzogen. Auch Gedächtnistests, so weit es mir als Hausarzt möglich ist. Es war alles in normalem Bereich. Trotzdem behaupten alle, sie würden ständig Geld verlegen und könnten sich nicht mehr daran erinnern, wo sie es hingelegt haben.«
Toni hatte großes Mitleid mit seinem Freund. Er wusste, Martin hatte den Arztberuf gewählt, weil er helfen wollte. Er hatte auf eine glänzende wissenschaftliche Karriere verzichtet und war seinem Traum gefolgt, Hausarzt in Waldkogel zu sein.
Martin seufzte.
»Toni, Anna, danke, dass ihr mir zugehört habt. Ich weiß, ich gebe im Augenblick eine lächerliche Figur ab. Als Arzt müsste ich sachlicher sein. Es dürfte mich nicht so mitnehmen. Aber das kann ich nicht. Ich sorge mich um meine Patienten.«
Toni meinte, es bringe nichts, wenn er Tag und Nacht darüber nachgrüble.
»Du musst einmal abschalten, Martin. Wie wäre es, wenn wir beide klettern gehen? Ich nehme mir einen Tag frei«, sagte Toni mit Blick zu Anna, die nickte. »Wir klettern auf den Gipfel des ›Engelsteigs‹.«
Doktor Martin Engler lächelte.
»Wahrscheinlich sollte ich wirklich mal ausspannen«, sagte er leise.
Katja stimmte zu, sie werde sich am nächsten Tag um eine Vertretung bemühen. Martin und Toni sollten sich einen schönen Tag machen oder mehrere. Martin war schließlich überzeugt. Er sah ein, dass er Abstand zur täglichen Arbeit in der Praxis brauchte.
Toni lenkte das Gespräch geschickt auf gemeinsame Jugenderinnerungen. Das tat Martin gut. Sie redeten noch eine Weile, bis Toni und Anna den Tee ausgetrunken hatten und aufbrachen.
Inzwischen war die Sonne ganz untergegangen. Martin und seine Frau Katja gingen mit hinaus. Sie winkten Toni und Anna nach, als sie davonfuhren.
»Toni, Martin hat elend ausgesehen«, sagte Anna.
»Das stimmt. Er hat Ringe unter den Augen. Dass er die Ursache nicht findet und immer mehr Patienten mit denselben Symptomen in die Praxis kommen, beunruhigt ihn sehr. Wenn es nicht lächerlich wäre, könnte einem der Gedanke kommen, alle wären hypnotisiert worden. Es ist doch merkwürdig, dass alle vergessen, wohin sie Geld gelegt haben. Warum suchen sie nicht nach ihrem Schlüssel, ihrer Brille oder den Autopapieren? Wieso geht es dabei nur um Geld?«
Anna fand darauf auch keine Antwort. Als ehemalige Bankmanagerin wusste sie, dass es Unsinn war, daheim Geld zu verstecken. Das sagte sie auch allen Leuten. Größere Beträge lagen am sichersten auf einem Konto bei der Bank.
»Ob es um größere oder kleinere Summen geht, darüber hat Martin nichts gesagt. Ich stimme dir natürlich zu, Anna. Aber jeder hat ein Sparschwein, einen Krug mit Kleingeld und ein paar Scheine im Küchenschrank oder sonst wo untergebracht.«
»Richtig, aber du bringst die Einnahmen jeden zweiten Tag zur Bank, wenn du die Kinder in die Schule fährst. Du hast auch verschiedene Verstecke, Toni. Stell dir mal vor, du würdest nachsehen und das Geld nicht finden.«
»Dann würde ich denken, ich hätte es woanders hingelegt und alles durchwühlen.«
»Genau das würdest du tun, Toni. Du würdest dort suchen, wo du schon einmal einen Umschlag mit Geld hingelegt hattest. Was ist, wenn du es nicht mehr findest, du dir aber sicher wärst, du hättest es dort hingelegt?«
»Ich würde an meinem Gedächtnis zweifeln. Trotzdem verlegt jeder mal etwas. Das ist doch normal. Doch wenn der Leidensdruck so groß ist, dass die Betroffenen zu Martin in die Praxis gehen und es viele sind, dann ist das wirklich sonderbar. Ich bin gespannt, wie sich die Sache entwickelt. Jedenfalls werde ich morgen früh, nachdem ich die Kinder in die Schule gebracht habe, bei meinen Eltern reinschauen. In der Wirtschaft wird viel erzählt. Sie haben sicher schon davon gehört.«
Als sie Berghütte erreichten, sagte der alte Alois gleich gute Nacht. Er war den ganzen Nachmittag allein gewesen und war froh, dass er zu Bett gehen konnte.
Toni schaute sofort im Küchenschrank nach, ob das Glas mit dem Wechselgeld noch dort stand. Es war da, gefüllt mit Euromünzen und kleinen Scheinen. Anna schlug vor, dem Sparglas, wie sie es nannte, einen anderen Platz zu geben.
»Warum willst du das machen, Anna?«, fragte Toni.
»Es ist ein Bauchgefühl, Toni. Lass mich einfach machen!«
»Und wo willst du es hinstellen?«
Anna überlegte kurz. Sie leerte das Gefäß und stellte es wieder an den alten Platz. Die vielen kleinen Scheine und die Münzen füllte sie in eine Suppenterrine und stellte sie woanders hin.
Toni und Anna räumten ihre Rucksäcke noch aus. Dann schauten sie nach Franzi und Basti. Danach gingen sie schlafen. Bello lag im Flur und hielt Wache.
*
Im Wohnzimmer war der Tisch schön gedeckt. Henrike, die Rike gerufen wurde, freute sich auf ein Abendessen mit ihrer besten Freundin. Es kam nicht oft vor, dass Nina sie in Köln besuchte, seit sie in die Berge geheiratet hatte.
Nina war im fünften Monat schwanger. Sie war nach Köln gekommen, um ihre Eltern und Brüder zu besuchen.
Endlich hörte sie Ninas Auto. Rike stürzte hinaus.
»Nina, ich freue mich so!«, rief sie aus und riss die Autotür auf.
»Langsam, langsam, Rike, lass mich erst einmal aussteigen! Schwangere brauchen für alles etwas mehr Zeit.«
Dann lagen sich die beiden Freundinnen in den Armen.
»Komm rein! Ich habe uns unsere Lieblingspizza gemacht. Auch wenn du keinen Wein dazu trinken kannst, wird es ein wunderschöner Abend.«
»Das wird es bestimmt«, sagte Nina.
Die beiden Freundinnen hakten sich unter und gingen ins Haus.
Bald saß sie am Tisch und ließen es sich schmecken.
»Nun erzähle mal, wie es dir so geht! Wir telefonieren zwar jede Woche, aber dich hier zu haben, ist etwas ganz anderes. Ich glaube, ich habe dir noch nicht verziehen, dass du in die Berge gezogen bist. München wäre okay gewesen. Da hätte ich schnell mal in den Flieger steigen können. Aber du wohnst in Waldkogel. Das heißt, Auto mieten und hinfahren. Das schaffe ich nicht an einem Tag.«
»Es ist, wie es ist, Rike. Die Immobilienpreise in München sind unbezahlbar für ein junges Ehepaar, das keine Millionäre als Eltern hat. Du weißt, ich war zuerst auch skeptisch, als uns Emils Großtante Gerda anbot, den alten Hof der Familie zu übernehmen. Sie wollte, dass er in Familienbesitz bleibt. Sie ist unverheiratet und sorgte sich, was einmal daraus wird. Mein Mann war schon immer ihr Liebling. Als sie dann hörte, dass ich Zwillinge erwarte, ließ sie nicht mehr locker. Ich hatte ziemlichen Bammel, aufs Land zu ziehen. Aber es ist ganz super gelaufen. Emil und ich haben uns schnell eingelebt. Du musst uns unbedingt besuchen, am besten noch bevor die beiden Schreihälse auf die Welt kommen.«
Sie streichelte dabei ihren Bauch. Ein glückliches Lächeln lag auf ihrem Gesicht.
»Nina, ich habe dir versprochen, dass ich mir rund um den berechneten Geburtstermin Urlaub nehme. Ich lasse dich doch nicht im Stich.«
»Du bist ein Schatz, Rike. Ich freue mich, dass du mir beistehen willst.«
»Wie weit bist du mit der Einrichtung des Kinderzimmers?«, fragte Rike.
»Der Kinderzimmer, Mehrzahl, Rike!«, lachte Nina. »Klar werde ich die beiden am Anfang zusammen in eine Wiege legen. Sie sind enges Kuscheln gewöhnt. Aber irgendwann ist es besser, wenn sie getrennt schlafen. Dann stört einer den anderen nicht. Ich habe mich informiert. Es gibt Treffen von Zwillingseltern.«