Der Klimawandel für Einsteiger - Tino Eberl - E-Book

Der Klimawandel für Einsteiger E-Book

Tino Eberl

0,0

Beschreibung

Seit den 1990er Jahren schreitet der Klimawandel schnell voran und immer mehr Stimmen warnen eindringlich vor den Folgen. Kinder und Jugendliche lernen heutzutage die Grundlagen in der Schule. Ihre Zukunft treibt sie zum Protest auf die Straße. Doch viele Eltern oder Großeltern haben ihren Schulabschluss aus Zeiten, in denen der Klimawandel noch kein Unterrichtsthema war. Auch beruflich hat längst nicht jeder Erwachsene damit Berührung. Was also tun, wenn man mitreden möchte, aber die Grundlagen nicht kennt? Dieses Buch wendet sich an interessierte Erwachsene, die sich kompakt informieren möchten und denen schlicht die Zeit für eigene Recherchen fehlt. Das Hintergrundwissen soll Ihnen helfen, sich an Gesprächen im persönlichen Umfeld mit Kindern, Freunden, Kollegen oder Bekannten zur Klimakrise, ihren Konsequenzen und erforderlichen Gegenmaßnahmen beteiligen zu können. Das Buch erklärt Ihnen die wichtigsten sogenannten Kippelemente des Erdklimasystems. An Beispielen wird der Einfluss des Klimawandels auf Deutschland beleuchtet. Wir gehen den Fragen nach: Wo finde ich aktuelle Informationen zum Klimawandel? Bin ich vom Klimawandel in meiner Region gefährdet? Wie könnte ich meine Risiken ermitteln und mich und die Familie vorbereiten? Zum leichten Verständnis ohne Formeln, ohne komplizierte Fachbegriffe und ohne Berge von Abkürzungen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 436

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffe zum Thema Klimawandel

2.1 Die Atmosphäre

2.2 Wetter, Klima und Klimawandel

2.3 Die Treibhausgase

2.4 Die globale Erwärmung

2.5 Kippelement und Kipppunkt

2.6 Die Klimamodelle

2.7 Der Klimanotstand

2.8 Die Weltorganisation für Meteorologie

2.9 Die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen

2.10 Das Kyotoprotokoll

2.11 Das Pariser Klimaabkommen

2.12 Klimaneutralität

2.13 Der Weltklimarat

3 Die Kippelemente

3.1 Der Eiskörper – die Kryosphäre

3.1.1 Der Eisschild auf Grönland

3.1.2 Das arktische Meereis

3.1.3 Der antarktische Eisschild

3.1.4 Die Gletscher der Hochgebirge

3.1.5 Der Permafrostboden

3.1.6 Die Methanhydrat-Lagerstätten

3.1.7 Konsequenzen aus dem Abtauen des Eiskörpers

3.2 Strömungssysteme

3.2.1 Die atlantische thermohaline Zirkulation

3.2.2 Das antarktische Bodenwasser

3.2.3 El Niño und die Südliche Oszillation

3.2.4 Der Jetstream

3.2.5 Der indische und ostasiatische Sommermonsun

3.2.6 Der westafrikanische Monsun

3.2.7 Der nordamerikanische Südwesten

3.2.8 Die Stratocumuluswolken über den subtropischen Meeren

3.3 Ökosysteme

3.3.1 Der boreale Nadelwald

3.3.2 Der Amazonasregenwald

3.3.3 Die Korallenriffe

3.3.4 Die Kohlenstoffpumpe der Ozeane

3.4 Weitere Kippelemente

3.4.1 Das Ozonloch über der Arktis

3.4.2 Sauerstoffmangel in den Ozeanen

3.4.3 Die Bestäuber

3.5 Wechselwirkungen zwischen Kippelementen

4 Auswirkungen des Klimawandels

4.1 Dürreschäden in Wäldern

4.2 Klimawandelschäden in der Landwirtschaft

4.3 Gesundheitsgefahren durch den Klimawandel

4.4 Gefährdung der Küstenregionen

4.5 Gefährdung der Ernährungssicherheit

4.6 Gefährdung des Wintertourismus

5 Die Bewertung von Risiken

5.1 Wie ist das Zahlenmaterial zu verstehen?

5.2 Wie bewerten Profis das Risiko?

5.3 Wie können Bürger das Risiko bewerten?

5.3.1 Schritt 1: Informationen sammeln

5.3.2 Schritt 2: Persönliche Betroffenheit ermitteln

5.3.3 Schritt 3: Nehmen Sie die Risiken ernst!

6 Schlusswort

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Zeitungen, Fernsehen, Radio oder Onlinemedien berichten fast jeden Tag über Neuigkeiten zum Klimawandel. Manchmal werden diese Nachrichten ohne weitere Erklärung veröffentlicht. Selbst mit Erklärung sind übergreifende Zusammenhänge und die Auswirkungen auf unser Leben nicht ohne Weiteres erkennbar. Zum Verständnis ist daher etwas Grundwissen zum Klimawandel recht nützlich. Wer sich schon seit Jahren mit dem Klimawandel beschäftigt, kann die Nachrichten meist leicht einordnen.

Kindern und Jugendlichen werden heutzutage die Grundlagen zum Klimawandel in der Schule vermittelt. Erwachsene können seit Ende der 1990er Jahre Berufe und Studienrichtungen zu Umwelttechnik, regenerativen Energien, Nachhaltigkeit und vielem mehr wählen. Wer sonst beruflich oder privat nie Berührung mit dem Thema Klimawandel hatte, wird die Tragweite bestimmter Meldungen vielleicht nicht verstehen können. Es fehlen schlicht die Grundlagen zum Thema. Genauso fehlt es sicher vielen Menschen an Zeit. Zeit für eine Recherche im Internet oder der Bibliothek, Zeit zum Lesen der unzähligen Artikel und Erklärungen und Zeit zum Lernen. Viele Mütter, Väter und Großeltern kamen mit dem Thema vielleicht erst durch ihre Kinder oder Enkel in Berührung. Ein zeitaufwendiges Selbststudium ist oft unmöglich.

Dieses Buch möchte daher Grundwissen zum Einfluss des Klimawandels auf das Erdklimasystem und unser Leben am Beispiel von Deutschland vermitteln. Zum leichten Verständnis ohne Formeln, ohne komplizierte Fachbegriffe, auf Deutsch und ohne die sonst übliche häufige Verwendung von Abkürzungen.

Lesehinweise für Einsteiger

Die Kapitel zu den Kippelementen gliedern sich in der Regel in vier Abschnitte: Eine Beschreibung des Kippelementes, Informationen zu einem möglichen Kipppunkt, Beispiele aus der Forschung und ein Blick auf Prognosen bzw. die weitere Entwicklung.

In den Kapiteln befinden sich Literaturverweise im Fließtext als Zahlen in solchen eckigen Klammern []. Am Ende des Buches finden Sie alle diese Quellen im Literaturverzeichnis. Die Dokumente sollten im Internet über die jeweilige Webadresse (auch bekannt als URL) mit einem Webbrowser abrufbar sein. Zusätzlich wird Software zum Anzeigen von PDF-Dateien, Fotos und Videos benötigt, die jedoch üblicherweise auf Computern bereits installiert ist. Sollte eine Internetadresse nicht mehr verfügbar sein, hilft meist eine Suche mit einer Internetsuchmaschine nach dem Titel des Dokumentes laut Quellenangabe. Für das Verständnis des Buches sind die Dokumente jedoch ohne Bedeutung. Es handelt sich meist um Verweise auf englischsprachige Studien oder weiterführende Literatur, Faltblätter oder auch Videoanimationen.

Wissenschaftliche Studien und Artikel besitzen üblicherweise eine eindeutige DOI-Nummer. Diese Abkürzung steht für „Digitaler Objektbezeichner“ (englisch: Digital Object Identifier). Die angegebene Internetadresse führt zu einer Website, die über die DOI-Nummer automatisch zu der Studie weiterleitet. Mithilfe dieses Systems kann der Autor den Ablageort eines Dokumentes bei einer Änderung selbst aktualisieren und Leserinnen und Leser können es immer anhand der DOI-Nummer finden.

Hinweise zu wissenschaftlichen Studien

Wissenschaftliche Studien sind zwar oft für die Allgemeinheit im Internet verfügbar, aber nicht für Laien bestimmt. Studien werden von Forschenden für die internationale Wissenschaftsgemeinde meist in Fachenglisch veröffentlicht. Sie dienen hochqualifizierten Spezialisten in dem jeweiligen Themengebiet zum Wissensaustausch, zur Diskussion und weiteren Forschung. Der Wissenstransfer in die Bevölkerung funktioniert überwiegend über Wissenschaftsredakteure bei Zeitungen, beim Radio oder Fernsehen. Diese erhalten über Pressemeldungen oder eigene Recherche Informationen zu neuen Studien und bereiten die Erkenntnisse allgemein verständlich auf. Oft werden kurz nach der Veröffentlichung einer Studie auch Interviews mit Vertretern des Forscherteams geführt, die dann möglichst leicht verständlich den Forschungsgegenstand erklären.

Wer einen Blick auf Studien werfen möchte, benötigt dafür gute Englischkenntnisse. Laien sollten immer daran denken, dass sie höchstwahrscheinlich nicht über das Fachwissen verfügen, eine wissenschaftliche Studie so zu lesen und zu verstehen, wie ein Wissenschaftler mit 10 Jahren Ausbildung und langjähriger Tätigkeit in diesem Fachgebiet. Ebenfalls muss klar sein, dass eine wissenschaftliche Studie nur ein kleines Puzzleteil in einem riesigen Wissenspuzzle ist. Studien tragen nach und nach Wissen zu einem Fachgebiet zusammen. Auf die Ergebnisse können nachfolgende Studien aufbauen und sie ergänzen. Es ist auch möglich, dass Ergebnisse widerlegt werden oder nicht wiederholbar sind. Eine Studie ist damit tatsächlich nur ein Bericht über eine Forschungsarbeit unter zehntausend anderen. Abgesehen davon ist es für einen Menschen völlig unmöglich, allein alle Studien zu lesen. Es erscheinen jedes Jahr tausende Studien zum Thema Klimawandel und das Durcharbeiten einer einzigen Studie kann bereits Stunden dauern. Ganz abgesehen davon, dass niemand die Expertise in allen Fachgebieten hat.

Wissenschaftliche Studien besitzen einen standardisierten Aufbau. Dieser Struktur wird fast immer gefolgt.

Am Anfang steht eine kurze Zusammenfassung der Studie und des Ergebnisses (englisch: Abstract). In manchen Fachzeitschriften gibt es noch eine zusätzliche Zusammenfassung in einfachen Worten oder der Landessprache. Der relativ kurze einleitende Text versucht, den komplexen und umfangreichen Studieninhalt auf wenige Sätze zu komprimieren. Eine solche Verkürzung kann manchmal missverstanden werden. Deshalb sollte nicht nur ein Blick auf diesen kurzen Abschnitt geworfen werden, auch wenn er einfach aussieht.

Nach der Zusammenfassung folgt die Einleitung (Introduction). Sie beschreibt den aktuellen Sachstand der Forschung zum betreffenden Studienthema. Die in diesem Kapitel erwähnten Vorkenntnisse sind mit Quellenangaben zu Studien von anderen Forscherteams versehen. In der Einleitung wird beschrieben, warum die Studie durchgeführt, was und wie es untersucht wurde.

Danach kommt meist der wissenschaftliche Hauptteil (Methods, Data) mit tiefgehender Beschreibung der Untersuchungsmethoden, der verwendeten Daten, der ausgeschlossenen Daten, der grafischen Darstellungen und der Berechnungsmethoden. Dieser Abschnitt ist oft so fachspezifisch, dass eine Ausbildung im jeweiligen Fachbereich zum Verständnis erforderlich ist.

Das vorletzte Kapitel beinhaltet eine ausführliche Beschreibung der Studienergebnisse (Results). Hier werden die Ergebnisse und ihre Bedeutung erläutert und eingeordnet. Auch ausgeschlossene Aspekte, Unsicherheiten und weitere relevante Anmerkungen sind meist hier zu finden.

Am Schluss steht das Kapitel Diskussion oder Fazit (Discussion, Conclusion). In diesem Kapitel wird das Studienergebnis in das Wissenschaftsgebiet eingeordnet. Der Nutzen bzw. Fortschritt für die Wissenschaftsgemeinde oder die Gesellschaft aus Sicht der Autoren kann hier hervorgehoben werden. Einschränkungen der Studie und Interpretationsspielräume werden verdeutlicht. Es werden Warnungen ausgesprochen, falls bestehende Unsicherheiten zu falschen Schlussfolgerungen führen könnten. Manchmal findet sich eine Anregung, an welcher Stelle weitere Forschung nötig ist.

Abhängig vom Layout des veröffentlichenden Fachmagazins finden sich nach diesen Hauptkapiteln einer Studie noch weitere Informationen. Dazu gehören eine Erklärung zu eventuell vorliegenden Interessenkonflikten, die Literaturliste aller in der Studie angegebenen Quellen, meist noch eine Liste der Institute der Studienautoren und weitere Referenzen zu den Autoren.

Die Abkürzung „et al.“ in Zusammenhang mit wissenschaftlichen Quellenangaben ist lateinisch und bedeutet „und andere“. (Williams et al. 2013) bedeutet dann: die Studie von Williams und anderen Autoren aus dem Jahr 2013.

2 Begriffe zum Thema Klimawandel

Zu Beginn werfen wir einen Blick auf einige Begriffe und Organisationen im Themengebiet Klimawandel:

2.1 Die Atmosphäre

Die Atmosphäre ist die Lufthülle der Erde. Sie schützt das Leben vor schädlicher Strahlung aus dem Weltall, sorgt für angenehme Temperaturen auf der Erde (Treibhauseffekt) und ist Teil des Wasserkreislaufes (Wolken, Regen). Die Luft setzt sich aus verschiedene Gasen zusammen. Ohne die Berücksichtigung von Wasserdampf sind die Hauptbestandteile Sauerstoff und Stickstoff. Sie machen zusammen ca. 99 Prozent aller Gase aus. Das Edelgas Argon ist zu 0,9 Prozent enthalten. Danach kommt bereits Kohlendioxid mit ca. 0,04 Prozent. Weitere natürliche Gase sind nur in Spuren enthalten.

Die Atmosphäre wird in verschiedene Schichten eingeteilt. Das Wetter spielt sich in der untersten Luftschicht ab. Sie wird Troposphäre genannt. Sie ist der Teil der Atmosphäre, in dem Menschen und Landlebewesen leben. Über dem Äquatorgebiet erreicht sie ungefähr eine Höhe von 17 bis 20 Kilometern. Dort steigen warme Luftmassen sehr weit auf. Über den kälteren Polen ist die Troposphäre nur sechs bis sieben Kilometer hoch. Das ist noch nicht einmal die Höhe vom Mount Everest, dem höchsten Berg der Erde.

Die nächst höhere Luftschicht ist die Stratosphäre. Sie reicht bis ca. 50 Kilometer Höhe. In dieser Lufthülle befindet sich die Ozonschicht. Sie absorbiert einen Teil der gefährlichen UV-Strahlung, die bei Menschen Hautkrebs verursachen kann. Die Ozonschicht kann in der Stratosphäre durch Reaktionen mit ozonschädlichen Gasen ausgedünnt werden. Dieser Vorgang kann zu einem „Ozonloch“ führen, einer Verringerung der Schutzwirkung, sodass das Gesundheitsrisiko für Augen und Haut steigt.

Oberhalb der Stratosphäre befindet sich die Mesosphäre in 50 bis 85 Kilometer Höhe. Vom Weltraum aus betrachtet ist das die erste „dichtere“ Luftschicht. Deshalb verglühen in dieser Höhe die meisten Meteore.

Die Höhe ab ca. 100 Kilometern wird oft als Grenze zum Weltraum aufgefasst. Hier folgen die Thermosphäre von 85 bis 600 Kilometer Höhe und die Exosphäre in bis zu 10.000 Kilometern. Die Internationale Raumstation fliegt beispielsweise auf einer Bahn in 400 Kilometer Höhe und befindet sich damit noch innerhalb der Erdatmosphäre. Das bedeutet auch, dass die dort noch vorhandenen sehr wenigen Gasmoleküle die Raumstation bremsen. Im Abstand von mehreren Monaten müssen daher ihre Triebwerke gezündet und muss ihr Orbit wieder angehoben werden. Ebenfalls in der Thermosphäre bilden sich Polarlichter. Während Beobachter auf der Erde zu Polarlichtern nach oben blicken, schauen Raumfahrer auf sie herunter. Mit Bezug auf die Kippelemente des Klimasystems sind die untersten beiden Atmosphärenschichten – Troposphäre und Stratosphäre – wichtig.

2.2 Wetter, Klima und Klimawandel

„Wetter“ ist der aktuelle Zustand der Atmosphäre an einem Ort zu einer bestimmten Zeit, wie er am Boden wahrnehmbar und messbar ist. Es kann regnen, hageln, nieseln, sich Nebel, Tau oder Glatteis bilden, die Sonne scheinen, schneien, windstill oder windig sein usw. Auch ein heftiger Starkregen, ein Gewitter, ein Wirbelsturm oder ein Tornado sind Wettererscheinungen. An einem anderen Ort, vielleicht nur einige hundert Meter entfernt, kann zur selben Zeit das Wetter komplett anders sein. Das Wetter verändert sich ständig von Minute zu Minute, Stunde zu Stunde und Tag zu Tag.

„Klima“ ist der in einer Region gewöhnlich vorherrschende Ablauf des Wetters von Januar bis Dezember gemittelt über viele Jahre. Aus den Durchschnittswerten von Lufttemperatur, Wassertemperatur, Sonnenscheindauer, Niederschlagsmenge usw. lassen sich Klimadiagramme erstellen. Solche Grafiken sind beispielsweise manchmal in Reiseprospekten oder Reiseführern zu finden und können bei der Reiseplanung helfen. Sie zeigen, wie am gewünschten Urlaubsort zur Ferienzeit üblicherweise das Wetter ist.

Abbildung: Fiktive Wettervorhersage für Hamburg für einen Januartag

Grafik: Eigene Darstellung mit Näherungswerten unter Verwendung von Datenmaterial des Deutschen Wetterdienstes, Stichtag 14.05.2022.

Abbildung: Beispiel Klimadiagramm für Hamburg mit maritimem Klima geprägt von eher milden Wintern und kühlen Sommern

Während der Sommer-Urlaubssaison gibt es in Europa viele Sonnentage und wenig Regen, doch in anderen Regionen der Erde gibt es vielleicht gerade Monsunregen mit Überschwemmungen.

„Klimawandel“ ist eine über einen langen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten messbare Veränderung des Klimas in einer Region. Da sich das Wetter chaotisch verhält, sind langfristige Veränderungen nicht im Vergleich von wenigen Jahresstatistiken erkennbar. In jedem Jahr ist das Wetter im Rahmen der Klimazone etwas anders. Mal gibt es mehr Sonnenschein, mal gibt es mehr Regen, einmal ist der Winter sehr kalt und einmal mild. Ein Klimawandel ist über lange Zeiträume von mehr als 30 Jahren am Trend zu erkennen. Die Weltorganisation für Meteorologie definiert hierfür sogenannte Referenzperioden zum Vergleich. Eine sehr bekannte Vergleichsperiode in der Klimaforschung ist der Zeitraum von 1961 bis 1990.

Grafik: Datenbasis: Deutscher Wetterdienst, eigene Darstellung mit Trendlinie Abbildung: Abweichung der durchschnittlichen Jahrestemperatur in Niedersachsen, Bremen und Hamburg vom Mittelwert 1881–1910.

Relativ häufig wird die Formulierung „seit Beginn der Industrialisierung“ verwendet. Die Industrialisierung dauerte allerdings weit über 150 Jahre und verlief in jedem betroffenen Land individuell. Das „Industriezeitalter“ als Menschheitsepoche begann ca. 1750 in Großbritannien. Während der „ersten industriellen Revolution“ ab ca. 1750 wurde Kohle als Energieträger erschlossen. Die entscheidende Erfindung war die Dampfmaschine. In der „zweiten industriellen Revolution“ ab ca. 1890 kamen Erdöl und Erdgas als Energieträger dazu. Der Weltklimarat verwendet das Jahr 1750 als Trennung zwischen „vorindustriell“ und „industriell“. [1]

Die Formulierung „seit Beginn der Industrialisierung“ meint eigentlich oft eher „seit die Menschheit massiv fossile Energieträger einsetzt und Treibhausgase in die Atmosphäre freisetzt“. Obwohl der Zeitraum der Industrialisierung aus menschlicher Sicht recht lang ist, gab es damals noch keine nennenswerten Veränderungen der globalen Temperatur oder des Kohlendioxidgehaltes der Atmosphäre. Es gab im Jahr 1800 auch nur ca. eine Milliarde Menschen auf der Erde. Bis zum Jahr 1900 – in nur 100 Jahren – verdoppelte sich die Zahl auf zwei Milliarden. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg explodierte der Energiehunger der Menschheit.

Eine weitere häufig verwendete Formulierung ist „seit Beginn der Wetteraufzeichnung“ oder „seit Beginn der Aufzeichnungen“. Die Bedeutung lässt sich nur aus dem Zusammenhang ableiten. Das erste internationale meteorologische Beobachtungsnetz wurde 1781 von der „Societas Meteorologica Palatina“, der Pfälzischen Meteorologischen Gesellschaft, errichtet. Es verfügte weltweit über 39 Stationen und reichte von Italien bis Skandinavien und von den USA über Grönland bis nach Russland. Aus diesem Messnetz existiert noch bis heute die inzwischen älteste Bergwetterstation der Welt, das Meteorologische Observatorium Hohenpeißenberg in Deutschland. Bezogen auf Deutschland war das Netz zur Messung von Temperatur und Niederschlagshöhe aber erst ab 1881 dicht genug für Trendbetrachtungen. Die erste mögliche 30-jährige Referenzperiode für Klimavergleiche in Deutschland wäre dann von 1881 bis 1910. „Seit Beginn der Aufzeichnung“ würde also für die Temperatur-Wetterdaten für das Land Deutschland das Jahr 1881 meinen. Für jedes Land und jeden Wetterdatentyp gelten individuelle Jahreszahlen. Bei Klimatrenddaten aus Satellitenmessung kann der „Beginn der Aufzeichnung“ auch erst in den 1980er oder 1990er Jahren liegen. [2] [3]

2.3 Die Treibhausgase

Zu den bekanntesten Treibhausgasen gehören Kohlendioxid, Methan und Lachgas. Es gibt jedoch wesentlich mehr Gase mit einer Treibhauswirkung. Sie werden so genannt, weil sie durch ihre Eigenschaften den Treibhauseffekt der Erde bewirken. Diese Gase absorbieren einen Teil der vom Erdboden in Richtung Weltall reflektierten Wärmestrahlung. Dann geben sie wiederum einen Teil davon zurück Richtung Erdboden ab und sorgen neben dem Sonnenlicht für eine zusätzliche Erwärmung der Erde. Ohne den Treibhauseffekt wäre die Erde ein ziemlich unfreundlicher Eisklotz, weil zu viel Wärme in den Weltraum entweichen würde. Grundsätzlich ist der Treibhauseffekt also etwas Gutes, denn er ermöglicht das Leben auf der Erde. Allerdings kann der Mensch durch die Freisetzung großer Mengen an Treibhausgasen das Leben auf der Erde gefährden. Die zusätzlichen Treibhausgas-Emissionen führen zu einer Verstärkung des Treibhauseffektes und heizen die Erde auf.

Der Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre seit Beginn der Industrialisierung 1750 hat bemerkenswerte Höhen erreicht. Die Messwerte und der Trend der wichtigsten Treibhausgase werden von verschiedenen Institutionen im Internet veröffentlicht und können jederzeit eingesehen werden. Im Folgenden als Beispiel die Darstellungen der Nationalen Ozean- und Atmosphärenbehörde der USA (National Oceanic & Atmospheric Administration, NOAA).

Die Kohlendioxidmessungen der Messstation Mauna Loa auf Hawaii sind berühmt. An der meteorologischen Forschungsstation wurde bereits 1958 eine Kohlendioxidmessung eingeführt. Sie liefert bis heute die längste direkte Messreihe der Welt. Der wellenförmige Verlauf der Messlinie zeigt den jahreszeitlichen Einfluss durch Vegetation, organische Zersetzung und andere Faktoren.

Grafik: Dr. Pieter Tans, NOAA/GML (gml.noaa.gov/ccgg/trends/) und Dr. Ralph Keeling, Scripps Institution of Oceanography (scrippsco2.ucsd.edu/)

Abbildung: Kohlendioxidkonzentration auf Mauna Loa/Hawaii ab 1958

Grafik: Lan, X., K.W. Thoning und E.J. Dlugokencky (2022), Bildnachweis siehe [4]

Abbildung: Weltweite Methankonzentration ab 1983

Die vorindustrielle Kohlendioxidkonzentration lag bei 278 ppm (bedeutet: 278 Moleküle CO2 in einer Million Moleküle Luft). Im Jahr 2020 betrug damit der Konzentrationsanstieg in der Atmosphäre bereits fast 50 Prozent! Er erklärt sich durch die Verbrennung riesiger Mengen fossiler Brennstoffe, wie Steinkohle, Braunkohle, Erdgas und Erdöl, hauptsächlich seit der Industrialisierung, aber insbesondere seit Mitte des 20. Jahrhunderts. [5]

Seit der Industrialisierung hat die Methankonzentration in der Atmosphäre um ca. 160 Prozent zugenommen. Das vorindustrielle Niveau lag bei 722 ppb (Teile pro Milliarde). Im Jahr 2022 wurden 1.908 ppb erreicht. Das ist auch kein Wunder, denn ca. die Hälfte des Methans entsteht in der Land- und Forstwirtschaft sowie auf Mülldeponien oder in Klärwerken durch Verrottungsprozesse. Besonders die Massentierhaltung hat großen Anteil. Methan entsteht bei der Verdauung pflanzlicher Nahrung durch Wiederkäuer wie Kühe. Zusätzlich gelangen erhebliche Mengen Methan durch Leckagen bzw. Aktivitäten im Umfeld der Erdgasförderung in die Atmosphäre. Dagegen wären im Vergleich die natürlichen Freisetzungen eher gering und auch unschädlich, denn sie zirkulieren in einem natürlichen Kreislauf. Doch durch die globale Erwärmung kommt es zu weiteren Freisetzungen von Methan aus bisher gefrorenen Lagerstätten. Mehr dazu in den späteren Kapiteln zum Permafrostboden und zu Methanhydrat-Lagerstätten. [5] [6] [7]

Distickstoffoxid N2O, eher bekannt als Lachgas oder Stickoxid, wird wie Kohlendioxid ebenfalls teilweise durch natürliche Prozesse freigesetzt und auch gebunden. Der Anstieg der Konzentration in der Atmosphäre wird in hohem Maß durch das Ausbringen großer Mengen stickstoffhaltiger Düngemittel in der Landwirtschaft und durch das Verbrennen von Biomasse verursacht. Außerdem sind Stickoxide schädlich für die Ozonschicht. Seit der Industrialisierung hat der Gehalt von Lachgas in der Atmosphäre um 23 Prozent zugenommen. Der Gehalt stieg von 270 ppb auf ca. 333 ppb im Jahr 2020. [5]

Grafik: Lan, X., K.W. Thoning und E.J. Dlugokencky (2022), Bildnachweis siehe [4]

Abbildung: Weltweite Lachgaskonzentration

Grafik: Lan, X., K.W. Thoning und E.J. Dlugokencky (2022), Bildnachweis siehe [4]

Abbildung: Weltweite Schwefelhexafluorid-Konzentration

Schwefelhexafluorid SF6 ist eher wenig bekannt. Es handelt sich um ein synthetisch hergestelltes Isoliergas der Hochspannungstechnik. Es kann elektrische Felder viel besser abschirmen als Luft. Dadurch werden Funkenschläge vermieden. Das Gas wird unter anderem in Kabeln und Schaltanlagen ab 50 Kilovolt verwendet. Die Spannung in den Anlagen reicht heutzutage bis zu 1.100 Kilovolt. Durch Leckagen während des Betriebes oder am Lebensende der elektrischen Anlagen kann Schwefelhexafluorid in die Atmosphäre entweichen. Dieses Gas ist ein Treibhausgas mit einer unfassbar hohen Treibhauswirkung. Im Weltklimabericht ist Schwefelhexafluorid als das stärkste bekannte Treibhausgas ausgewiesen. Das Treibhauspotenzial von Schwefelhexafluorid ist auf 100 Jahre gerechnet 23.500-fach höher als von Kohlendioxid. Gelangt 1 Kilogramm Schwefelhexafluorid in die Atmosphäre, hat es den gleichen Effekt wie 23.500 Kilogramm Kohlendioxid, also etwa 24 Tonnen! [5] [8]

Damit die Treibhauswirkung der Gase vergleichbar ist, wird ihr Treibhauspotenzial (englisch: Global warming potential, GWP) oder auch CO2-Äquivalent berechnet. Die Vergleichsgröße ist dadurch die Treibhauswirkung von Kohlendioxid (CO2). Einige Gase werden schon nach wenigen Jahren abgebaut, haben aber eine viel höhere Treibhauswirkung als Kohlendioxid. Deshalb wird das Treibhauspotenzial zusätzlich auf einen Zeitraum bezogen. Das GWP100 bezieht sich beispielsweise auf die summarische Treibhauswirkung innerhalb von 100 Jahren, oder das GWP20 auf den Zeitraum von 20 Jahren. Damit werden die unterschiedlichen Verweildauern von Treibhausgasen in der Atmosphäre berücksichtigt. Das Ergebnis der Umrechnung ist das relative Treibhauspotenzial eines Kilogramms des jeweiligen Treibhausgases im Vergleich zu einem Kilogramm Kohlendioxid bezogen auf den jeweiligen Zeitraum.

Ein Beispiel: In der Landwirtschaft und der Energiebranche wird viel Methan (CH4) ausgestoßen (Massentierhaltung, Ausgasungen, Gaslecks, usw.). Sein relatives Treibhauspotenzial (GWP100) beträgt 28. Demzufolge hat ein Kilogramm Methan die gleiche Treibhauswirkung wie 28 Kilogramm Kohlendioxid bezogen auf 100 Jahre. Allerdings hat Methan keine Verweildauer von 100 Jahren, sondern verbleibt weniger als 20 Jahre in der Atmosphäre. Das GWP20 vom Methan ist 84. Treibhausgase mit einem kurzfristig hohen Treibhauspotenzial können damit die globale Erwärmung stärker nach oben treiben als Kohlendioxid. Tatsächlich trägt Methan zu über 20 Prozent zur Erwärmung bei.

Welche Maßzahl für das Treibhauspotenzial genutzt wird, hängt vom Zusammenhang ab, in dem sie verwendet wird. Im politischen Umfeld könnte das GWP100 zum Beispiel absichtlich verwendet werden, um Methan-Emissionen eines Landes in Bezug zur Erreichung von Klimaschutzzielen „kleinzurechnen“.

2.4 Die globale Erwärmung

Die globale Erwärmung ist ein Aspekt des Klimawandels. Es handelt sich um den Anstieg der globalen Jahresmitteltemperatur bezogen auf den Beginn der Industrialisierung. Verglichen wird die Jahresmitteltemperatur mit der Mitteltemperatur einer Zeitperiode von mindestens 30 Jahren. Der Weltklimarat verwendet die Zeitperiode von 1850 bis 1900, weil dafür die frühesten Messdaten vorliegen. Die globale Erwärmung ist ein anthropogener, also menschengemachter Klimawandel, der durch Treibhausgas-Emissionen aus verschiedenen Wirtschaftssektoren verursacht wird. Dazu gehören zum Beispiel die Metallindustrie, Glas- und Keramikindustrie, Chemieindustrie, Kunststoffindustrie, der Bergbau, das Transportwesen und Bauwesen, der Gebäudesektor, die Abfallwirtschaft und die Landwirtschaft. [9] [10] [11]

Die „Wohlfühltemperatur“ für Menschen auf der Erde verdanken wir dem Treibhauseffekt. Er wurde erstmals 1824 von dem französischen Mathematiker und Physiker Joseph Fourier beschrieben. Vereinfacht gesagt, lassen Treibhausgase wie Kohlendioxid, Methan und Wasserdampf die kurzwellige Strahlung der Sonne weitgehend durch die Atmosphäre passieren, nehmen aber einen Teil der Wärmeabstrahlung der Erde Richtung Weltall wieder auf. Davon wird etwas Wärme zurück zum Erdboden gestrahlt und die Erde erwärmt sich stärker. Aus Einstrahlung und Abstrahlung ergibt sich ein natürliches Gleichgewicht. Ohne den Treibhauseffekt wäre die Erde ein Eisball. [12]

Grafik aus Kaufman et al. (2020), Bildnachweis siehe [13]

Abbildung: Rekonstruktion der globalen Jahresmitteltemperatur für die vergangenen 2000 Jahre. Die farbigen Linien stellen berechnete Mittelwerte aus verschiedenen Rekonstruktionsmethoden dar. Ganz rechts zeigt die schwarze dünne Linie Messdaten vom Jahr 1900 bis 2010. Der graue Korridor ist der Vertrauensbereich.

Das große Glück für die Menschheit war, dass die mittlere Temperatur auf der Erde nach der letzten Eiszeit seit 10.000 Jahren nur wenig schwankte und für Menschen sehr günstig war. In diesem Zeitraum lernte der Mensch in den verschiedenen Klimazonen der Erde sesshaft zu werden. Über Jahrtausende entwickelten sich die heutigen Zivilisationen weitgehend im Einklang mit der Natur. Mit der Industrialisierung begann der Mensch jedoch fossile Rohstoffe, wie Kohle, Erdöl und Erdgas, als Hauptenergieträger zu verbrennen. Dadurch werden nun seit über 250 Jahren Treibhausgase in die Atmosphäre freigesetzt, die vorher tief in der Erde gebunden waren. Es kamen sogar noch neue, synthetische Treibhausgase dazu, wie zum Beispiel Fluorchlorkohlenwasserstoffe (Kühlmittel, Treibgas) oder das schon erwähnte Schwefelhexafluorid (Isoliergas bei Hochspannungstechnik).

Wir Menschen befeuern damit den Treibhauseffekt zu unseren Ungunsten. Wir bewegen uns aus unserem Wohlfühltemperaturbereich heraus. Genau genommen hat sich die Menschheit inzwischen durch den Verbrauch fossiler Rohstoffe bis ins Pliozän zurückgebrannt. Das war eine Zeit in der Erdgeschichte vor ca. 2,5 bis 5,3 Millionen Jahren. Damals gab es in der Atmosphäre ungefähr die heutzutage erreichte hohe Kohlendioxidkonzentration. Es dauert nur noch wenige Jahre und wir sind auf dem Stand des Tertiär angekommen. Der eine oder andere mag sich an den Geografieunterricht in der Schule erinnern. Das Tertiär war das Erdzeitalter, in dem riesige Mengen Biomasse über Jahrmillionen in Sümpfen und Mooren versanken und später zu Braunkohle wurden. Steinkohle ist noch älter. Über den Daumen gepeilt hat die Erde ca. 300 Millionen Jahre zur Bildung der fossilen Rohstoffe gebraucht und die Menschheit wird große Teile davon innerhalb von 300 Jahren wieder als Gas freisetzen. Die Bezeichnung Tertiär ist heute übrigens veraltet und wurde im Jahr 2000 durch die Erdzeitalter Paläogen und Neogen ersetzt.

Wissenschaftler erkannten schon frühzeitig, dass die Menschheit durch das Verbrennen fossiler Rohstoffe die Erdtemperatur erhöhen würde. Die US-Amerikanerin Eunice Foote untersuchte als erste Forscherin die Wirkung der Sonnenstrahlung auf verschiedene Gase in Glasbehältern. Sie stellte fest, dass Kohlendioxid die meiste Wärmestrahlung aufnahm, und folgerte, dass ein höherer Anteil dieses Gases in der Erdatmosphäre zu einer globalen Erwärmung führen müsste. Ihre Erkenntnisse erschienen 1856 unter dem Titel „Umstände, die die Hitze der Sonnenstrahlen beeinflussen“ (dt. Übersetzung des engl. Titels) im „American journal of science and arts“. [14]

Vermutlich ohne Kenntnis der Arbeit von Eunice Foote veröffentlichte im Jahr 1861 der britische Forscher John Tyndall eine wesentlich umfangreichere Untersuchung zu Wärmeaufnahme von Gasen und Dämpfen. Er erforschte unter anderem Gletscher und suchte in den Gasen der Atmosphäre nach einer Erklärung für vergangene Eiszeiten. Auch Eunice Footes Gedanken waren eher zurück in die Erdgeschichte gerichtet. [15]

Im Jahr 1896 veröffentlichte der schwedische Physiker und Chemiker Svante Arrhenius eine Studie mit dem Titel „Über den Einfluss von Kohlensäure in der Luft auf die Bodentemperatur“ (dt. Übersetzung des engl. Titels). Mit dem damaligen Begriff Kohlensäure war Kohlendioxid gemeint. Arrhenius berechnete die theoretisch zu erwartende Erwärmung für Jahreszeiten und Breitengrade der Erde. Sein Blick war in die Zukunft gerichtet und ihm war der Anstieg der Kohlendioxidkonzentration durch das Verbrennen fossiler Rohstoffe klar. [16]

Im Jahr 1939 erschien die erste Studie zur globalen Erwärmung auf der Basis von tatsächlichen Messungen. Der Engländer Guy Stewart Callendar schrieb damals, die Menschheit habe durch Verbrennung in den zurückliegenden 50 Jahren ca. 150 Milliarden Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre freigesetzt. Er berechnete die theoretisch zu erwartende Erwärmung durch den Treibhauseffekt und ermittelte die tatsächliche Erwärmung unter Verwendung der Messdaten von 200 Wetterstationen. Callendars Ergebnisse zeigten eine bereits eingetretene globale Erwärmung um ca. 0,3 Grad Celsius seit den 1880er Jahren. [17]

Die Rekonstruktion der weltweiten Erdtemperatur über viele vergangene Jahrtausende ist wissenschaftlich sehr anspruchsvoll. Wissenschaftler verwenden dafür erdgeschichtliche „Konserven“, sogenannte Proxys. Dazu zählen Eisbohrkerne, die aus bis zu mehreren Kilometer tiefen Bohrungen in die Eisschilde gewonnen werden und eingefrorene Gasbläschen aus der Vergangenheit beinhalten. Sie werden in Teilstücke zersägt, nummeriert und in Kühlhallen gelagert. Aus der millimetergenauen chemischen Analyse der Eisschichten können Daten zur Rekonstruktion der Erdgeschichte gewonnen werden, wie früherer Kohlendioxidgehalt der Luft, Temperaturschwankungen, große Vulkanausbrüche, Waldbrände usw. Je tiefer die Bohrung, desto älter ist das Eis.

Auch versteinerte Baumstämme liefern Informationen über ihre Baumringe. Bohrkerne aus den Ozeanen enthalten versteinertes Plankton und andere Lebewesen, deren Alter und chemische Zusammensetzung sich genau ermitteln lassen. Stalagmiten und Stalaktiten aus Tropfsteinhöhlen reichen erdgeschichtlich auch weit zurück und liefern Messdaten.

Eine der umfangreichsten Rekonstruktionsanalysen hat bestimmt das Forscherteam um Matthew B. Osman aus den USA geleistet. Sieben Jahre lang haben sie die passenden mathematischen Modelle für unterschiedliche Proxys entwickelt. Das Team wertete für die Studie über 500 Proxydatensätze aus Ozeanen aus und berechneten die Meerestemperatur. Die Ergebnisse wurden mit Klimamodellsimulationen und weiteren Proxydaten von den Landmassen kombiniert. Auch geografische Regionen ohne vorliegende Proxydaten wurden mathematisch berücksichtigt.

Grafik aus Osman et al. (Preprint, 2021), Bildnachweis siehe [18]

Abbildung: Rekonstruktion der globalen Jahresmitteltemperatur für die vergangenen 24.000 Jahre

Die Forschenden rekonstruierten in 200-Jahre-Schritten die weltweite Temperaturkurve für die zurückliegenden 24.000 Jahre bis zum Maximum der letzten Eiszeit. In der Abbildung sind drei Temperaturverläufe aneinandergereiht. Auf der Zeitachse gibt es eine Unterbrechung bei der Markierung //. Links davon befindet sich der aus Proxydaten ermittelte Temperaturverlauf aus der Osman-Studie (LGMR). Rechts davon wurde ein in einer früheren Studie aus Proxydaten ermittelter Temperaturverlauf für die letzten 1.000 Jahre angefügt (LMR). Ganz rechts am Bildrand befindet sich als kurze und steile Kurve der seit 1850 mit Thermometern gemessene Temperaturverlauf. Er zeigt die starke globale Erwärmung aufgrund der Freisetzung von Treibhausgasen durch Menschen.

In der letzten Kaltzeit war die mittlere globale Temperatur demnach bis ca. 6–7 Grad Celsius kälter als vor Beginn der Industrialisierung. In den vereisten Festlandbereichen auf der Nord- und Südhalbkugel war es ca. 20 Grad Celsius kälter. Nach dem Tiefpunkt der Kaltzeit setzte vor rund 17.200 Jahren eine gut 7.000 Jahre dauernde langsame Erwärmung ein. In dieser Zeit schmolzen große Teile des Eisschildes auf der Nordhalbkugel mit Ausnahme von Grönland. Der Meeresspiegel stieg um ungefähr 130 Meter! Seit ca. 9.000 Jahren ist die Erdtemperatur nahezu stabil und hat sich über diesen Zeitraum nur um 0,5 Grad Celsius erwärmt. Bis dahin handelt es sich um natürliche Prozesse ohne menschlichen Einfluss. Sie verliefen ganz langsam über Jahrtausende. [19]

Im Vergleich mit dem ganz rechts eingezeichneten Temperaturverlauf seit 1850 lässt sich nun sehr gut die rasante globale Erwärmung erkennen. Nach den Studienergebnissen war die Durchschnittstemperatur der 2010er Jahre um 1,5 Grad Celsius wärmer als die Durchschnittstemperatur der letzten 11.700 Jahre. Der durch Menschen verursachte sehr schnelle Temperaturanstieg der letzten 100 Jahre übersteigt die natürlichen Abläufe der letzten 24.000 Jahre deutlich.

Die Ergebnisse der Osman-Studie werden durch eine zweite Studie aus demselben Jahr von Samantha Bova und Kollegen gestützt. Sie verwendeten eine andere Methodik. Das Besondere beider Arbeiten ist, dass vorherige Studien mit Proxydaten in den letzten 11.000 Jahren einen leichten Temperaturrückgang gesehen haben, während Klimamodelle stattdessen einen leichten Temperaturanstieg berechneten. Dieser Widerspruch wurde nun möglicherweise gelöst. [18] [20]

2.5 Kippelement und Kipppunkt

Bis zur Jahrtausendwende herrschte die verbreitete Auffassung, der Klimawandel sei ein langsamer, gleichmäßiger Prozess der globalen Erwärmung. Es wurde davon ausgegangen, dass die Menschheit mit den Veränderungen umgehen könne. Doch Forschende erkannten, dass großräumige Gebiete der Erde starke Veränderungen durchmachen könnten. Einige dieser Veränderungen könnten in wenigen Jahrzehnten ablaufen und nicht rückgängig zu machen sein. Viele Millionen Menschen würden darunter leiden. Wenn der Klimawandel möglicherweise große Teile der Erdbevölkerung innerhalb deutlich kürzerer Zeiträume als erwartet bedroht, müssen Bevölkerung und Entscheidungsträger entsprechend informiert werden.

Der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber stellte das allgemeine Konzept der Klimakipppunkte im Jahr 2001 während einer Vorlesung an der Universität von Oxford der Klimaforschungsgemeinde vor. Co-Autor war Hermann Held. [21] Im selben Jahr erschien beim Weltklimarat der sogenannte „Dritte Sachstandsbericht“. In den Sachstandsberichten fassen Wissenschaftlerteams den jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Forschung zum Klimawandel für politische Entscheidungsträger aus fast 200 Mitgliedsländern zusammen. Hans Joachim Schellnhuber war einer der Hauptautoren der Arbeitsgruppe II. In ihrem Bericht wiesen die Wissenschaftler darauf hin, dass der menschengemachte Klimawandel das Potenzial habe, sehr große Änderungen im Erdklimasystem hervorzurufen. Ernste Konsequenzen seien sowohl in einzelnen Erdregionen als auch auf dem ganzen Planeten möglich. Manche Schäden könnten unumkehrbar sein. Und obwohl die Eintrittswahrscheinlichkeiten noch kaum verstanden seien, sollte aufgrund des Bedrohungspotenzials die Gefahr keinesfalls ignoriert werden. [22]

Hunderte Wissenschaftler haben seit diesem Initialfunken für das Konzept der Kippelemente neue Erkenntnisse gesammelt. Einer der berühmtesten und ersten Fachartikel ist „Kippelemente im Erdklimasystem“ (Originaltitel: „Tipping elements in the Earth's climate system“) von Timothy M. Lenton und anderen. [23] Hier wurden 2008 erstmalig politikrelevante Kippelemente aufgezählt, die aufgrund von menschlichen Einflüssen aller Voraussicht nach bis zum Jahr 2100 ihren Kipppunkt überschreiten könnten.

Es handelt sich bei Kippelementen um jeweils einen großen Teil des Erdklimasystems, der empfindlich gegenüber einem sogenannten „Kipppunkt“ ist. Ein Kipppunkt ist eine kritische Schwelle, an der ein Kippelement durch eine kleine Störung aus dem aktuellen stabilen Zustand in einen anderen stabilen Zustand gebracht wird. Das ist wie beim Kippeln mit einem Stuhl. Man kann sich immer weiter nach hinten lehnen bis zu dem Punkt, an dem man umkippt. Ein Kippelement im Sinne des Klimasystems umfasst eine Größenordnung, die deutlich über ein lokales Phänomen hinausgeht. Typische Ausdehnungen sind beispielsweise die eines Subkontinents, eines Ozeans oder einer Klimazone.

Ein vereinfachtes Beispiel:

Der Eisschild von Grönland ist ein Kippelement.

Die Temperatur ist der äußere Einfluss.

Die Störung ist die globale Erwärmung, die in kleinen Zehntelgradschritten langsam bis zu einem für den Eisschild kritischen Wert steigt.

Der Kipppunkt wird erreicht, wenn durch eine kleine weitere Temperaturerhöhung der Eisschild selbst in den Höhenlagen jährlich mehr taut, als durch Schneefall wieder dazu kommt, und die Höhe des Eisschildes dauerhaft schrumpft.

Der neue Zustand wäre ein nahezu eisfreies Grönland.

Einige Jahre später haben Anders Levermann und weitere Wissenschaftler in einer Studie zum Klimasystem Europas darauf hingewiesen, dass dynamische Einflüsse bei Kippelementen berücksichtigt werden sollten. Gemeint ist damit, dass durch eine nur kleine äußere klimatische Änderung ein sich selbst verstärkender Effekt ausgelöst wird. Das Kippen würde dann nicht nur durch einen Faktor ausgelöst, sondern der Statuswechsel durch zusätzliche Effekte verstärkt werden. Solche Prozesse können über Jahrzehnte oder Jahrhunderte laufen. Durch diese sehr langen Zeiträume kann es schwierig sein, das Auslösen eines Kipppunktes sicher zu bestätigen. Die Selbstverstärkung wird auch als „Rückkopplung“ oder „positives Feedback“ bezeichnet. So etwas gibt es zum Beispiel beim grönländischen Eisschild. Siehe dazu das entsprechende Kapitel. [24]

Nach dem Auslösen eines Kipppunktes kann die Zustandsänderung eines Kippelementes auf absehbare Zeit unumkehrbar sein. Unumkehrbarkeit bedeutet, dass der Zeitraum für die Umkehrung des Prozesses wesentlich länger dauert als der menschliche Betrachtungszeitraum. Der Betrachtungszeitraum von Menschen umfasst aufgrund ihrer Lebenserwartung meist 50 bis 100 Jahre. Wenn die Zustandsänderung eines Kippelementes beispielsweise 50 Jahre dauert und die Erholung des Systems zum ursprünglichen Zustand mehrere hundert Jahre, so gilt die Veränderung als unumkehrbar. Die Menschheit hätte dann auf Jahrhunderte keine Chance mehr zur Umkehr. Das gilt erst recht, wenn eine ausgelöste Veränderung über Jahrtausende abläuft.

Mit „anderer stabiler Zustand“ eines Kippelementes ist aus menschlicher Sicht überwiegend etwas Unerwünschtes gemeint. Klimaveränderungen sind potenziell lebensbedrohlich bzw. beinhalten hohes Schadpotenzial. Für die Gefahrenabschätzung und zur Priorisierung von Klimaschutzmaßnahmen ist es wichtig, die Kipppunkte zu kennen und den Zeitraum, in dem uns das Unheil voraussichtlich ereilt.

2.6 Die Klimamodelle

Ein Klimamodell ist ein Computermodell zur Berechnung von Klimavorhersagen für bestimmte Zeiträume. Hierbei muss es sich nicht um die Zukunft handeln. Auch tausende Jahre zurückliegende klimatische Veränderungen können nachträglich berechnet und mit anderen vorliegenden Erkenntnissen verglichen werden. Da es keine zweite Erde zum Experimentieren gibt, werden solche Untersuchungen mit Großrechnern durchgeführt. Dazu muss das Atmosphären- und Ozeansystem über mathematische Formeln so gut wie möglich beschrieben werden. Dazu zählen wichtige physikalische Erhaltungssätze, wie die Massenerhaltung, die Impulserhaltung und die Energieerhaltung. Ein Klimamodell benötigt abhängig von seiner Aufgabe Kenntnisse über den Planeten. Dazu gehören Konstanten und Variablen wie die Solarstrahlung, Gravitation, Lufttemperatur, Ozeanströmungen, Ozeantemperatur, Oberflächenreibung, Luftdruck oder auch der Salzgehalt des Meerwassers, Wasserdruck und Wind. Hinzu kommen Beschreibungen zum Kohlenstoffkreislauf oder zum Wasserkreislauf mit der Wolkenentstehung, den Reflexionseigenschaften von Wolken, Schnee und Eisflächen und vieles mehr.

Genau genommen gibt es nicht ein Klimamodell, sondern Dutzende für viele verschiedene Klimakomponenten. Manche Modelle können das Wachstum der Vegetation simulieren, andere beherrschen die Vorgänge in den Ozeanen oder können Schnee- und Eismassen simulieren. Es gibt auch Wolkenmodelle oder chemische Modelle der oberen Atmosphärenschichten. Die Modelle oder deren Ergebnisse können miteinander verknüpft werden, sodass ein spezialisiertes Klimamodell mit den Daten eines anderen rechnen kann. So fließen in große wissenschaftliche Dokumente, wie den Weltklimabericht, die Ergebnisse von über 50 Klimamodellen ein. Doch selbst Supercomputer schaffen es noch nicht, alle Teilmodelle gleichzeitig bzw. ein allumfassendes komplettes Erdmodell auf einmal zu berechnen. Viele Berechnungen werden ohnehin unabhängig voneinander durchgeführt, weil Wissenschaftler oft Einzelaspekte genauer untersuchen wollen.

Die Auflösung eines Klimamodells entscheidet ebenfalls über die erforderliche Rechenzeit. Berechnet wird nämlich nicht jeder Zentimeter auf der Erde, sondern das Klima in virtuellen Boxen. Die dreidimensionale Atmosphäre und die Ozeane werden dazu im Computer in ebenso dreidimensionale Boxen von 25 bis 100 Kilometern horizontaler und mehreren hundert Metern vertikaler Ausdehnung geteilt. Je kleiner die Boxen, desto genauer ist das Ergebnis und desto länger dauert die Berechnung. In den Boxen wird das dort herrschende lokale Klima berechnet. Innerhalb der recht großen Boxen können kleinere Strukturen nicht berechnet werden. Wolken, lokale Niederschläge oder ein Gewitter mit einer Auflösung von wenigen Metern oder Kilometern lassen sich nicht örtlich genau berechnen.

Für die Betrachtung von einzelnen Erdgebieten können Berechnung mit kleinerer Auflösung begrenzt auf das gewünschte Areal durchgeführt werden. Solche Modelle benötigen dann die Informationen, die sie nicht selbst berechnen können, als vorgegebene Werte. Das Gleiche gilt auch andersherum: Die Weltklimamodelle benötigen für die kleinen nicht berechenbaren Strukturen ebenfalls vorgegebene Parameter.

Als äußere Einflussfaktoren für Klimamodelle geben Wissenschaftler beispielsweise die Entwicklung der Treibhausgas-Konzentration über einen bestimmten Zeitraum vor. Bei den Treibhausgasen handelt es sich um eine Annahme, da niemand das Verhalten der Menschheit in der Zukunft vorhersehen kann. Zur Vergleichbarkeit wird hier mit Szenarien gearbeitet. Also beispielsweise ein Szenario mit strengen Klimaschutzmaßnahmen und schneller Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen oder auch ein Szenario ohne Klimaschutzmaßnahmen und starken Emissionen. Auch wenn Klimamodelle nicht jedes kleine Detail des gesamten Erdklimasystems nachbilden können, so haben doch bereits Klimamodelle aus den 1970er Jahren die heutige Entwicklung 50 Jahre im Voraus gut vorhergesagt. [25]

Die Beschreibung kann jeweils maximal so gut sein, wie der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand. Klimamodelle werden deshalb anhand neuer Forschungsergebnisse kontinuierlich weiterentwickelt.

2.7 Der Klimanotstand

Der Begriff Klimanotstand wurde zunächst auf Klimaschutzdemonstrationen etwa seit den 2000er Jahren verwendet. Erst nach monatelangen Protestaktionen von Fridays for Future wurde die Bezeichnung im Jahr 2019 großflächig politisch aufgegriffen. Das Ausrufen des Klimanotstandes oder auch der Klimanotlage durch Kommunen, Parlamente oder Organisationen ist eine symbolische Maßnahme. Politiker bringen damit zum Ausdruck, dass der bisherige und zu erwartende Klimawandel als Krise und Bedrohung zu betrachten sei und aktiv dagegen Maßnahmen ergriffen werden müssten.

Allerdings ist der Status „Klimanotstand“ an keine Gesetze oder Verpflichtungen gebunden. Es ist eher eine Selbstverpflichtung und ein öffentlichkeitswirksames Statement. Die Ernsthaftigkeit ihrer Erklärungen müssen Politiker anschließend durch ihre Taten beweisen.

2.8 Die Weltorganisation für Meteorologie

Die Weltorganisation für Meteorologie, auf Englisch „World Meteorological Organization“, ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, die 1950 gegründet wurde. Im deutschen Sprachraum wird in der Regel die englische Abkürzung WMO verwendet. 193 Staaten und Territorien sind Mitglied in der Organisation. Finanziert wird sie über freiwillige Mitgliedsbeiträge und Spenden.

Die Weltorganisation für Meteorologie kümmert sich um die weltweite Zusammenarbeit auf den Gebieten Wetter, Klima, Wasserhaushalt in der Natur und ähnlicher geophysikalischer Forschungsgegenstände. Sie unterstützt den Aufbau von Wetternetzwerken, den freien Datenaustausch, Forschung, Weiterbildung und auch die Vermittlung von Ergebnissen. Die Grundgedanken sind dabei die Sicherheit und das Wohlergehen der weltweiten Bevölkerung, der wirtschaftliche Nutzen für die Mitglieder und der Schutz der Umwelt. [26]

2.9 Die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen

Die völkerrechtliche Basis für internationale Klimaverhandlungen bildet das „Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen“. Auf Englisch heißt es „United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC)“. Das Abkommen wurde 1992 auf dem Umweltgipfel in Rio de Janeiro, Brasilien, verabschiedet. Bis 1993 hatten 166 Vertragsparteien unterzeichnet. Die Klimarahmenkonvention trat damit 1994 in Kraft. Bis zum Jahr 2021 ist die Anzahl der Mitglieder auf 197 angewachsen.

Das Ziel der Klimarahmenkonvention ist im Artikel 2 festgehalten. Alle Bemühungen richten sich auf die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre, und zwar auf einem für das Klimasystem ungefährlichen Niveau. Was ein gefährliches Niveau ist, erfahren die Vertragspartner aus den jeweils aktuellen Klimaberichten des Weltklimarates. Die Begrenzung sollte innerhalb einer Zeitspanne erreicht werden, die es erlaubt, dass:

sich Ökosysteme noch an den Klimawandel anpassen können,

die Nahrungsmittelversorgung der Weltbevölkerung gewährleistet bleibt und

eine weitere wirtschaftliche Entwicklung auf nachhaltige Art und Weise möglich ist.

Die seit 1995 jährlich stattfindenden Konferenzen der Vertragsparteien heißen auf Englisch „Conference of the Parties“, abgekürzt COP. Im deutschen Sprachraum auch bekannt als Weltklimakonferenz, UN-Klimakonferenz, Weltklimagipfel, Klimagipfel oder Vertragsstaatenkonferenz. Die Vorbereitungen der Verhandlungen zu den Klimaschutzabkommen finden unterjährig auf zwischenstaatlicher Ebene durch Nebenorgane statt.

Das Abkommen beinhaltet eine Klimagerechtigkeitskomponente. Von Industrieländern als den Hauptverursachern der bisherigen und gegenwärtigen Treibhausgas-Emissionen wird der größte Beitrag zur Reduktion erwartet. Außerdem verpflichten sich Industrieländer zur technologischen und finanziellen Unterstützung von Entwicklungsländern und sehr gefährdeten Ländern. Letztere sind beispielsweise von Überflutung durch den Meeresspiegelanstieg bedrohte Inselstaaten.

Der Vertrag beinhaltet auch regelmäßige Informationspflichten. Dazu gehören unter anderem Informationen über Treibhausgas-Emissionen der Länder, geplante und ergriffene Maßnahmen zum Klimaschutz, Investitionskonzepte und Programme zur Anpassung an den Klimawandel. [27] [28]

2.10 Das Kyotoprotokoll

Auf der dritten Weltklimakonferenz 1997 in Kyoto, Japan, wurde „Das Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen“ beschlossen. Das Kyotoprotokoll unterlegte die Klimarahmenkonvention mit konkreten völkerrechtlich verbindlichen Verpflichtungen zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen. Gezählt wurden die Treibhausgase Kohlendioxid, perfluorierte Kohlenwasserstoffe, teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe, Methan, Lachgas und Schwefelhexafluorid. 38 Industrieländer und die Europäische Union verpflichteten sich, ihren gemeinsamen Ausstoß von 2008 bis 2012 um mindestens fünf Prozent unter das Niveau von 1990 zu reduzieren. Die Volksrepublik China, Brasilien und Indien hatten keine Ziele im Rahmen dieses Protokolls. Sie zählten damals als Schwellenländer und hatten noch niedrige Emissionen. Die USA haben den Vertrag nicht ratifiziert. Kanada trat 2011 aus dem Abkommen aus.

Das Dokument nennt als Reduktionsmöglichkeiten beispielsweise nachhaltige Landwirtschaftsmethoden, Wiederaufforstung, Finanzinstrumente, Hebung von Energieeffizienzen in der Industrie, Wärmedämmung von Gebäuden, Aufbau erneuerbarer Energiegewinnung und Technologien zur Kohlenstoffbindung. Der sogenannte Emissionshandel war Bestandteil des Protokolls. Die Länder erhielten Emissionszertifikate für ihre erlaubten Treibhausgas-Emissionen. Wer höhere Einsparungen erzielte, konnte überzählige Zertifikate an Länder verkaufen, die weniger einsparten. [29]

Das Kyotoprotokoll wurde 2011 auf der 17. Konferenz der Vertragsstaaten in Durban, Südafrika, zunächst nur verlängert. Erst auf der 18. Konferenz in Doha, Katar, wurden die Reduktionsziele und der Zeitraum auf 2013 bis 2020 festgelegt. Das Ziel von wiederum 38 Industrieländern und der Europäischen Union war diesmal die Reduktion der gemeinsamen Treibhausgas-Emissionen um mindestens 18 Prozent unter das Niveau von 1990. Die Länderliste änderte sich etwas. Russland, Neuseeland, Japan und Kanada nahmen an der Verlängerung nicht teil und traten aus. Die Volksrepublik China, Brasilien und Indien gehörten wieder nicht dazu.

Das Doha-Abkommen wäre fast nie in Kraft getreten. Formal sollte es 90 Tage nach der Ratifizierung durch mindestens 144 Unterzeichnerstaaten des Kyotoprotokolls seine Gültigkeit erlangen. Genau das geschah aber erst 90 Tage vor Ablauf der Verlängerungsperiode. Dadurch war das Kyotoprotokoll nur am Silvestertag 2020 in Kraft. [30]

Im Sinne des Klimaschutzes hat das Kyotoprotokoll nichts gebracht. Viele große Treibhausgasverursacher waren nicht Vertragspartei. Die verpflichteten Staaten standen in der ersten Periode nur für ca. 18 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen. Diese sollten um 5 Prozent reduziert werden. Alle anderen Länder hatten keine Auflagen und konnten ihre Emissionen erhöhen. Selbst in der Europäischen Union haben Länder während der Laufzeit des Kyotoprotokolls ihre Treibhausgas-Emissionen erhöht. Die EU hat nur in der Summe ihre Ziele erfüllt, weil einzelne Länder größere Beiträge geleistet haben. Über den gesamten Zeitraum der ersten und zweiten Verpflichtungsperiode sind weltweit die Treibhausgas-Konzentrationen gestiegen! Die globalen Messstationen – also die Realität – liefern dazu klare Messdaten.

2.11 Das Pariser Klimaabkommen

Das „Übereinkommen von Paris“, auf Englisch „The Paris Agreement“, ist das Nachfolgeabkommen des Kyotoprotokolls. Es wurde auf der 21. Weltklimakonferenz 2015 in Paris, Frankreich, verabschiedet. Es trat 2016 in Kraft. Fast alle Vertragsparteien der Klimarahmenkonvention, also fast alle Länder der Erde haben es ratifiziert. Im Gegensatz zum Kyotoprotokoll gibt es keine konkreten Zielvorgaben für die Länder. Stattdessen beschließt jedes Land eigene Klimaschutzmaßnahmen und trägt damit zur gemeinsamen Zielerreichung bei.

Im Kern geht es um eine gemeinschaftliche langfristige Anstrengung zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau. Das wichtige „deutlich unter“ wird in der öffentlichen Diskussion gelegentlich nicht erwähnt. Es gibt noch einen zweiten Richtwert mit dem Ziel der Minimierung von Risiken und Schäden durch den Klimawandel: Es sollen Anstrengungen zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius unternommen werden. Das 1,5-Grad-Ziel rührt aus der Gefahr, dass bestimmte Kipppunkte bereits zwischen 1,5 und 2,0 Grad Celsius globaler Erwärmung ausgelöst werden könnten. Die eingeleiteten Maßnahmen sollen so schnell wie möglich zu einer Begrenzung und schnellen Absenkung der weltweiten Treibhausgas-Emissionen führen.

In der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts soll weltweit „Klimaneutralität“ erreicht sein. Im Saldo darf dann die Menschheit keinen Beitrag mehr zum Anstieg der Treibhausgas-Konzentration leisten. Das bedeutet jedoch nur, dass die Treibhausgas-Konzentration nahezu konstant bliebe. Je später dieses Ziel erreicht wird, desto größer sind die Gefahren durch den Klimawandel. Im Umkehrschluss: Je schneller der Anstieg neutralisiert wird, desto besser stehen die Chancen zur Verhinderung einer Klima-Eskalation. In mancher Kommunikation entsteht der Eindruck, als solle die Treibhausgasneutralität im Jahr 2050 erreicht werden. Das betrifft aber eher die Verpflichtungen einzelner Länder. Selbst auf der Internetseite der Klimarahmenkonvention steht als Ziel die Mitte des Jahrhunderts. Der Vertrag formuliert im Artikel 4 die zweite Hälfte dieses Jahrhunderts. Das Jahr 2099 wäre auch noch innerhalb der zweiten Hälfte.

Die Vertragspartner bewerten den Fortschritt ihrer Klimaschutzpläne in einem 5-Jahres-Turnus. Dazu gehören auch länderspezifische Anpassungsmaßnahmen an die globale Erwärmung, um die Verwundbarkeit der Staaten zu minimieren. Die Industriestaaten sollen eine wichtige Rolle bei der finanziellen, technologischen und personellen Unterstützung von Entwicklungsländern spielen. Der Erfolg der Klimaschutzmaßnahmen wird durch Fortschrittsberichte und Überprüfungen ab dem Jahr 2024 gemessen. [31] [32]

2.12 Klimaneutralität

Zum Stoppen eines fortgesetzten Klimawandels muss die Menschheit es unterlassen, zusätzliche Treibhausgase in die Atmosphäre freizusetzen, unabhängig davon, um welches es sich handelt. Der Treibhauseffekt der Erde darf schlicht nicht weiter angeheizt werden. Die einzelnen Emissionen müssen nicht unbedingt Null sein, aber in der Summe müssen sie global Null ergeben. Wenn also noch an irgendeiner Stelle durch irgendeine menschliche Aktivität Treibhausgase emittiert werden, muss der Mensch diese Gase an anderer Stelle wieder binden. Für die Entfernung von Treibhausgasen aus der Atmosphäre wird auch der Begriff „negative Emissionen“ verwendet.

Wohlgemerkt: Klimaneutralität bedeutet nicht zwangsläufig ein Ende des Klimawandels. Es bedeutet zunächst ein Verharren auf den erreichten Treibhausgas-Konzentrationen in der Atmosphäre. Entscheidend ist es, Klimaneutralität vor dem Auslösen von Kipppunkten zu erreichen. Auf diese Weise kann sich die Menschheit noch am ehesten an die bereits eingetretenen Veränderungen durch den Klimawandel anpassen.

Leider hat die Weltgemeinschaft den Begriff Klimaneutralität bisher nicht eindeutig definiert – nicht einmal der Weltklimarat. Interpretationsmöglichkeiten eröffnen Politik und Unternehmen Schlupflöcher bei der Festlegung von Klimaschutzverpflichtungen. Auch Marketingexperten haben längst erkannt, dass die Prädikate „CO2-neutral“ oder „klimaneutral“ gut zum Schmücken beliebiger Konsumgüter- und Lebensmittelverpackungen geeignet sind.

Begriffe wie kohlendioxidneutral, klimaneutral, treibhausgasneutral, CO2-neutral, klimaschonend, klimafreundlich, Netto-Null oder Netto-Treibhausgasneutralität erschließen sich daher erst durch die Betrachtung der dahinter liegenden individuellen Bedeutung. Diese kann aber bei jeder Partei, jedem Unternehmen oder Land verschieden sein. Im Pariser Klimaabkommen wird Klimaneutralität mit dem Begriff „Balance“ umschrieben. Dort ist die Rede von einer Balance zwischen den Quellen menschengemachter Emissionen und Senken von Treibhausgasen. Das bundesdeutsche Klimaschutzgesetz hat diese Definition übernommen. [31] [33]

Klimaneutral ist das eigentlich nicht. Bei „menschengemachten Emissionen“ ist klar, dass die Treibhausgase durch menschliche Aktivitäten freigesetzt werden. Bei den Senken ist aber nicht von „menschengemachten Senken“ die Rede. Im Begriff Senke werden auch die natürlichen Prozesse eingeschlossen. Wenn die Ozeane zum Beispiel als natürliche Senken die menschlichen Restemissionen aufnähmen, würden sie dadurch geschädigt werden. Diese Unschärfe in der Bedeutung haben auch die Autoren des Weltklimaberichtes erkannt. Sie haben zwei zusätzliche Begriffserklärungen ins Glossar aufgenommen.

Der Begriff „Netto-Null-CO2-Emissionen“ wird nun definiert als der Zustand, in dem menschengemachte CO2-Emissionen durch menschengemachte CO2-Reduzierung über einen bestimmten Zeitraum – zum Beispiel ein Jahr – ausgeglichen werden.

Der Begriff „Netto-Null-Treibhausgas-Emissionen“ wird definiert als der Zustand, in dem normierte Mengen menschengemachter Treibhausgas-Emissionen durch normierte Mengen menschengemachter Treibhausgas-Reduzierungen über einen bestimmten Zeitraum – zum Beispiel ein Jahr – ausgeglichen werden. Da verschiedene Treibhausgase unterschiedliche Treibhauswirkung haben, müssen sie auf eine Bezugsgröße umgerechnet werden – also normiert. Üblicherweise sind das die sogenannten CO2-Äquivalente (siehe Kapitel Treibhausgase). [34]

2.13 Der Weltklimarat

Der Weltklimarat wurde im Jahr 1988 von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) gegründet. Die Bezeichnung „Weltklimarat“ ist ein im deutschen Sprachraum verbreiteter Begriff. Die Organisation heißt auf Englisch „Intergovernmental Panel on Climate Change“. Die Abkürzung dafür ist IPCC. Die offizielle deutsche Übersetzung lautet „Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen“. Diese sperrige Bezeichnung hat sich umgangssprachlich nicht durchgesetzt, weshalb oft von Weltklimarat oder einfach nur IPCC gesprochen wird.

Dem Weltklimarat gehörten im Jahr 2021 insgesamt 195 Mitgliedsstaaten an. Zusätzlich haben sich 173 Organisationen als Beobachter registrieren lassen. [35]

Die Kernaufgabe des Weltklimarates ist die regelmäßige Bereitstellung von Berichten zum Stand des Klimawandels. Es gibt sogenannte Sachstandsberichte zur aktuellen allumfassenden Situation und Sonderberichte zu jeweils einem Spezialthema. Hierfür analysieren hunderte Wissenschaftler den jeweils aktuellen Stand der Forschung und fassen ihn zusammen. Der IPCC forscht nicht selbst. Betrachtet werden die naturwissenschaftlichen Aspekte des Klimawandels, seine Auswirkungen auf Bevölkerung, Wirtschaft und Natur. Auf dieser Grundlage gibt der Weltklimarat Handlungsempfehlungen. Die Zielgruppe sind die Regierungen der Mitgliedsstaaten, die die Erkenntnisse des IPCC in ihrer Klimaschutzpolitik berücksichtigen können.

Die Berichte des Weltklimarates erscheinen auf Englisch. Sie werden anschließend in die weiteren offiziellen Sprachen der Vereinten Nationen, Arabisch, Chinesisch, Französisch, Russisch und Spanisch, übersetzt. Um 75 Prozent der Weltbevölkerung mit ihrer Muttersprache zu erreichen, müssten die Berichte jedoch in über 100 Sprachen übersetzt werden. Unter Berücksichtigung einer Zweitsprache wäre eine Übersetzung in 16 Sprachen erforderlich.

Es gibt eine deutsche IPCC-Koordinierungsstelle, die sich unter anderem um die Übersetzung der wichtigsten Teile und Kernaussagen ins Deutsche kümmert. Die Gesamtheit der Berichte wird jedoch nicht ins Deutsche übersetzt, da als Zielgruppe für den detaillierten Teil der Dokumente Fachleute mit Fremdsprachenkenntnissen aufgefasst werden. Wer IPCC-Klimaberichte im Original liest und unsicher ist, wie eine spezielle Formulierung im Deutschen verstanden werden muss, findet auf der Website der Koordinierungsstelle eine Liste mit den „Vereinbarungen für die Übersetzung englischer Fachbegriffe aus den Klimawissenschaften ins Deutsche“. Sehr nützlich ist in diesem Dokument auch die Aufschlüsselung, wie bestimmte Wörter zu interpretieren sind. Mit der Verwendung des Wortes „wahrscheinlich“ ist beispielsweise nicht wie umgangssprachlich „ziemlich sicher“ gemeint, sondern eine Wahrscheinlichkeit von 66 Prozent bis 100 Prozent. Die Bedeutung von „unwahrscheinlich“ im wissenschaftlichen Kontext bedeutet hingehen 0 Prozent bis 33 Prozent. [36]

Die Personalkosten, Rechenzentrumsressourcen und Büros des Weltklimarates werden durch die Mitgliedsstaaten finanziert. Ebenso zahlen diese in einen Treuhandfonds ein. Der Treuhandfonds unterstützt beispielsweise Entwicklungsländer bei der Finanzierung ihres Personals oder finanziert Übersetzungen. Weiterhin kommt Unterstützung von der Weltorganisation für Meteorologie und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen. Wenn Wissenschaftler als Autorinnen und Autoren tätig werden, arbeiten sie in der Regel ehrenamtlich oder werden durch ihren Arbeitgeber freigestellt und finanziert. [37]

3 Die Kippelemente

Zum Verständnis der vielen medialen Meldungen über den Klimawandel helfen Kenntnisse über die Kippelemente und die Konsequenzen aus deren möglicher Veränderung. Nicht jedem Journalisten steht ausreichend Artikellänge oder Sendezeit zur Erklärung der Zusammenhänge zur Verfügung. Ebenso besitzt nicht jeder Journalist die Qualifikation eines spezialisierten Wissenschaftsjournalisten. Das Grundwissen wird dann beim Leser oder Hörer vorausgesetzt.

Der Einfluss des Klimawandels auf die eigene Lebenssituation kann sehr individuell sein. Das ist zum Beispiel abhängig von Wohnort, Lebensumständen, Vermögen, Beruf, Arbeitsstelle oder der eigenen Gesundheit. Mit dem entsprechenden Wissen können Sie die weltweite Gesamtsituation besser verstehen und Ihr eigenes unmittelbares Risiko besser einschätzen.

Im Kapitel 2 wurde bereits die Studie „Kippelemente im Erdklimasystem“ von Timothy M. Lenton und weiteren Autoren aus dem Jahr 2008 erwähnt. [23] Dieses Dokument beinhaltet eine Liste mit den damals diskutierten Kippelementen. Die nachfolgend abgebildete Grafik „Kippelemente im Erdklimasystem“ ist an diese Arbeit angelehnt und beinhaltet zusätzlich einige weitere Kippelemente aus nachfolgenden Studien. Es können jedoch nicht alle Kippelemente auf einer Weltkarte grafisch gut abgebildet werden. Die auf der Erde weit verteilten Gletscher sind beispielsweise zu kleinteilig für eine Darstellung und die untermeerischen Methanhydrat-Lagerstätten sind weltweit an vielen Orten zu finden. Die Kohlenstoffpumpe oder die Versauerung der Ozeane spielen sich wiederum in allen Meeren ab. In den folgenden Kapiteln wird das deutlich werden. Ähnliche Übersichtsdarstellungen wie die nachfolgende werden in den Medien oder im Internet gern in Überblicksartikeln verwendet und kommen in Varianten mit unterschiedlicher Detaillierung und Umfang vor.

Kippelemente im Erdklimasystem

Bildnachweis siehe [38]

Abbildung: Die Weltkarte zeigt die Kippelemente aus den Studien [23], [39], [40], [41] und [42]. Die Kippelemente aus den Kapiteln 3.1.4, 3.1.6, 3.2.8, 3.3.4, 3.4.1 und 3.4.2 sind nicht abgebildet.

Die Farbgebung orientiert sich an der Darstellung in der Studie Lenton 2008. [23]

Blau: Teile des Eiskörpers (Kryosphäre)

Rot: einzelne Strömungssysteme

Grün: Teile des Ökosystems

3.1 Der Eiskörper – die Kryosphäre

Der Begriff Kryosphäre bezieht sich auf die Gesamtheit des gefrorenen Wassers auf einem Planeten, einschließlich der Eiskristalle in den Wolken. Die deutschsprachige Bezeichnung „Eiskörper“ beschreibt die Thematik hinsichtlich der Kippelemente fast noch besser, denn es geht hauptsächlich um große Eismassen und große gefrorene Landmassen.

3.1.1 Der Eisschild auf Grönland

Grönland hat eine Fläche von rund 2,2 Millionen km2. Der überwiegende Teil davon bildet die größte Insel der Erde. Die Hauptinsel ist umgeben von hunderten kleinen Inseln, vorwiegend im Westen und Osten. Grönland hat auch die nördlichste Festlandfläche der Erde. Der grönländische Eisschild ist mit ca. 1,7 Millionen km2 der weltweit zweitgrößte Eisschild nach der Antarktis. Die Ränder der Insel können eisfrei sein. Dort befinden sich überwiegend die Siedlungen. Im Landesinneren erreicht das Eis seine größte Dicke. Die Dimension des Eisschildes lässt es erahnen: Da steckt sehr viel Wasser drin. Würde das Grönlandeis komplett abtauen, stiege der Meeresspiegel um ca. 7,4 Meter! [43] [44]