Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Zwei Western Abenteuer mit McQuade, dem Kopfgeldjäger. Niemand ist härter als McQuade, der einsame Streiter für das Recht.
Das E-Book Der Kopfgeldjäger Folge 19/20 (Zwei McQuade Western) wird angeboten von CassiopeiaPress und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Western
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 105
Veröffentlichungsjahr: 2014
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Der Kopfgeldjäger
Folge 19/20
(Zwei McQuade Western)
Mit dem Satan im Bunde/ Die Angst regiert in Palo Verde
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author
© der Digitalausgabe 2014 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956172359
Cover
Titel
Impressum
Mit dem Satan im Bunde
Die Angst regiert in Palo Verde
Über den Autor
In der Nacht hatte es wie aus Eimern geschüttet. Vince McQuade hatte in einer alten Weidehütte Unterschlupf gefunden. Am Morgen hatte es zu regnen aufgehört und er war weitergeritten. Der Himmel war nach wie vor wolkenverhangen. Es war schwül und das Land begann zu dampfen. Die Sonne jedoch blieb hinter einer dicken, dunklen Wolkendecke verborgen.
Nach ungefähr sechs Meilen erreichte McQuade Claypool. Die kleine Stadt lag in den nördlichen Ausläufern der Mescal Mountains, deren bewaldete Hügel mit den roten und gelben Felswänden weit im Süden durch die hochsteigenden Nebelschlieren zu sehen waren.
Der Regen hatte den Staub der Main Street in knöcheltiefen Morast verwandelt. Riesige Pfützen hatten sich gebildet. Von den Vorbaudächern tropfte das Wasser. Unter den Hufen der Grulla-Stute, die der Kopfgeldjäger ritt, schmatzte und gurgelte es. Die Hufabdrücke füllten sich sofort mit Wasser. Der Schlamm spritzte.
Neben dem Pferd trottete Gray Wolf, der große, graue Wolfshund, der McQuade vor kurzer Zeit zugelaufen war. Zwischen dem Mann und dem Hund hatte sich eine tiefe, gegenseitige Zuneigung entwickelt. McQuade behandelte die Kreatur fast wie einen menschlichen Partner und empfand für sie wie für einen echten Freund. Das Tier dankte es ihm mit Treue. Es war eine unerschütterliche Allianz, die zwischen McQuade und dem grauen Vierbeiner entstanden war.
Es war noch nicht einmal neun Uhr. Auf der Straße war kein Mensch zu sehen. Lediglich auf dem Vorbau des Stores stand ein Mann, der sich eine grüne Schürze umgebunden hatte und rauchte. Er starrte zu McQuade her und schien ihn aufmerksam zu beobachten.
McQuade nahm alle Eindrücke auf, die sich ihm boten und verarbeitete sie. Zu beiden Seiten der Straße reihten sich wie die Perlen an einer Schnur die Wohnhäuser und Geschäfte, dahinter hatten die Bewohner Schuppen, Scheunen und Stallungen errichtet. Er ritt am Depot der Overland Mail Company vorüber, passierte die Bank, sah das hohe Galgentor, durch das man in den Hof des Mietstalles gelangte, und hielt darauf zu.
Vor dem Tor saß er ab und führte das Pferd am Kopfgeschirr in den Hof. Er versank bis zu den Knöcheln im Schlamm. Gray Wolf lief nun an seiner linken Seite. McQuades Fingerkuppen berührten seinen Kopf und kraulten ihn zwischen den Ohren. Eine Geste, die fast schon unbewusst geschah.
Das Stalltor stand weit offen. Im Stall war es düster. Der Geruch von Pferdeausdünstung, Heu und Stroh stieg dem Kopfgeldjäger in die Nase. In den Ecken zogen sich verstaube Spinnennetze. Der Stall war voll vom Stampfen sowie dem Prusten und Schnauben der Pferde.
Der Stallmann war gerade dabei, mit einer Forke Pferdemist und Stroh aus einer Box in eine Schubkarre zu spießen. Jetzt lehnte er die Mistgabel an einen Stützbalken, wischte sich die Hände an der zerschlissenen, vor Schmutz starrenden Hose ab und ging McQuade entgegen. Den Blick auf Gray Wolf gerichtet rief er: »Ihr vierbeiniger Begleiter sieht nicht gerade ungefährlich aus, Stranger. Muss ich befürchten, dass er mir das halbe Gesicht wegbeißt, wenn ich Ihnen zu nahe komme?«
McQuade lächelte lahm. »Keine Sorge, mein Freund. Von Gray geht keine Gefahr aus, solange man ihn nicht reizt.«
Der Stallbursche, ein bärtiger Bursche um die sechzig, schaute skeptisch, ging aber weiter.
McQuade hatte angehalten. Der Wolfshund setzte sich und gab ein Bellen von sich, das nicht die Spur von Aggression beinhaltete.
Der Stallmann hob die rechte Hand und zeigte dem Hund die Handfläche. »Ich tu' dir nichts, Grauer. Also…«
Gray Wolf ließ sich auf den festgestampften Boden nieder und legte den mächtigen Kopf zwischen die Vorderläufe. Das Weiße seiner Augen war zu sehen, als er zu dem Stallmann in die Höhe schielte.
Jetzt wandte sich der Oldtimer an McQuade. »Vor zwei Tagen wurde unsere Bank überfallen, Fremder. Kommen Sie aus Phönix? Schickt Sie der U.S. Marshal? Sind Sie ein Staatenreiter?«
In McQuades Augen blitzte es auf. »Waren es vier Männer, die den Überfall verübten?« Die Stimme des Kopfgeldjägers klang ein wenig mitgenommen. Der Texaner hatte seit über einer Woche tagtäglich bis zu fünfzehn Stunden im Sattel gesessen. Die Nächte verbrachte er im Freien. Er lebte von Pemmican und einigen Präriehunden, die er geschossen, über einem Feuer gebraten und mit Gray Wolf geteilt hatte.
Der Stallmann maß ihn von oben bis unten. Misstrauen glomm in seinen Augen. In seinem von tausend Runzeln zerklüfteten Antlitz arbeitete es. Er sah einen Mann, über sechs Fuß groß, hager wie ein Wüstenwolf, hohlwangig und mit tagealten Bartstoppeln im braungebrannten Gesicht. Die pulvergrauen Augen des Mannes blickten müde. Der lange, braune Staubmantel, den er trug, war zerschlissen und schmutzig, der schwarze, flachkronige Stetson durchgeschwitzt, das Leder der Stiefel brüchig. An dem breiten Patronengurt aus schwarzem Büffelleder, von dem ein Stück zu sehen war, weil McQuade den Mantel offen trug, blieb der Blick des Stallmannes etwas länger haften. Schließlich schaute der alte Knabe wieder in McQuades Gesicht und knurrte: »Kennen Sie die Kerle? Sind es etwa gar Freunde von Ihnen?«
Dem Kopfgeldjäger entging nicht das erwartungsvolle Lauern in den Falkenaugen des Stallburschen. Er schüttelte den Kopf. »Ich reite seit über einer Woche auf der Spur der Benson-Bande. Die Gang besteht aus vier Männern. Auf Lionel Benson sind achthundert Dollar ausgesetzt, von seinen Kumpels ist jeder fünfhundert wert.«
Der Stallmann kniff die Augen zusammen. »Ich verstehe. Sie jagen das Quartett des Geldes wegen.«
Darauf gab McQuade keine Antwort.
Der Stallbursche kratzte sich am dünnen, faltigen Hals. »Von mir aus, Stranger. Ich akzeptiere Ihren Job. Irgendjemand muss den Halsabschneidern schließlich das blutige Handwerk legen. Die Halsabschneider haben auf ihrer Flucht aus Claypool zwei Männer erschossen. Yeah, jagen Sie diese Brut und gebieten Sie ihr Einhalt. Das Gesetz scheint dazu ja nicht in der Lage zu sein.«
»Gibt es in Claypool einen Sheriff oder Deputy?«, fragte McQuade und schnallte seine Satteltaschen los.
Der Oldtimer nickte und griff nach dem Zügel. »Matt Monahan. Ein alter Knochen, den das Rheuma plagt. Er trägt den Stern seit mehr als zwanzig Jahren in der Stadt. Früher war er mal ein guter Sheriff. Jetzt aber geht er auf die sechzig zu, und wenn er in den Sattel steigen möchte, braucht er einen, der ihm hilft.« Der Stallmann seufzte. »Tja, wir werden eben alle nicht jünger. Irgendwann einmal verglüht der Stern eines jeden von uns.«
McQuade hängte sich die Satteltaschen am Trageriemen über die Schulter, zog die Henry Rifle aus dem Scabbard und sagte: »Wahrscheinlich reite ich heute noch weiter. Geben Sie der Stute Hafer. Und reiben Sie sie gut trocken. Es ist ein gutes Pferd.«
»Sicher«, murmelte der Stallmann gallig und zog den Mund schief. »Das ist ja schließlich mein Job.«
»Gehen wir, Gray Wolf!«, gebot McQuade.
Der Hund erhob sich, streckte seinen Körper und gähnte, dann trottete er hinter dem Mann her, der schon dem Stalltor zustrebte.
*
Es war am späten Nachmittag, als McQuade das Hotel verließ. Bevor er sich für ein paar Stunden aufs Ohr gelegt hatte, war er beim Barbier, und anschließend hatte er sich im Saloon ein riesiges Steak mit Bratkartoffeln und Bohnen geleistet. Er war gebadet, sein Bart war rasiert, und er war nicht mehr hungrig. Der Texaner fühlte sich wie neu geboren.
Auch Gray Wolf hatte sich ein rohes Steak einverleibt, seinen Durst mit frischem Wasser gelöscht und auf dem zerschlissenen Teppich vor dem Hotelbett den Schlaf seines Herrn bewacht.
Die Satteltaschen hingen über McQuades linker Schulter. Die Henrygun trug er links in der Armbeuge. Den Kolben hatte er sich unter die Achsel geklemmt. Der Morast auf der Main Street war längst nicht mehr so schlammig wie Vormittags. Die Wolkendecke war aufgerissen und die Sonne konnte ihre wärmenden Strahlen ins Land schicken. Spätestens am folgenden Morgen würde alles wieder trocken sein und der heiße Südwind würde den Staub vor sich hertreiben.
Ziel des Kopfgeldjägers war der Mietstall. Er wollte Claypool verlassen. Die Jagd auf Lionel Benson und seinen höllischen Verein duldete keinen Aufschub. Jede Stunde, die er, McQuade, verlor, bedeutete eine weitere Stunde Vorsprung für die Outlaws. Und McQuade hatte sich geschworen nicht zu ruhen, bis er die Banditen zur Strecke gebracht oder dem Gesetz überantwortet hatte.
Neben dem Kopfgeldjäger lief Gray Wolf. In einer Gassenmündung erschien ein klapperdürrer, schwarzer Hund. Als er Gray Wolf sah, hielt er an, sein Kamm bauschte sich, und er begann wie verrückt zu bellen. Ein gefährliches Grollen stieg aus der Kehle des grauen Wolfshundes. Er war stehen geblieben und hatte die Ohren zurückgelegt.
»Ruhe, Gray Wolf!«, gebot McQuade mit scharfem Tonfall.
In dem Moment sah McQuade auch den hageren Burschen auf dem Vorbau des Sheriff's Office. Er hatte weiße Haare, sein Schnurrbart war ebenfalls weiß, bekleidet war er mit einer braunen Hose, einem gelben Hemd und einer schwarzen Weste. An seiner linken Brustseite glitzerte ein Sechszack.
Der schwarze Hund in der Gassenmündung gebärdete sich wie verrückt, und das drohende Knurren Gray Wolfs wurde lauter.
»Aus!« Die Stimme des Kopfgeldjägers war jetzt geradezu schneidend.
Der weißhaarige, hagere Sheriff tauchte unter dem Vorbaugeländer hindurch, sprang auf die Straße und kam langbeinig, mit raumgreifenden Schritten über die Fahrbahn.
Gray Wolf bellte einige Male.
Als hätte ihn das Bellen zutiefst erschreckt, schwieg der schwarze Hund. Plötzlich machte er kehrt und trollte sich in die Gasse. Alleine mit seinem drohenden Bellen hatte sich der Wolfshund Respekt bei dem schwarzen Kläffer verschafft. Gray Wolfs Nackenhaare legten sich. McQuade strich über den Kopf des Tieres, das jetzt leise fiepte, und blickte dem Sheriff entgegen, der auf ihn zusteuerte.
Einen Schritt vor dem Texaner hielt Matt Monahan an. Trotz seines Alters war er ein beachtenswerter Bursche. Von ihm ging etwas aus, das McQuade auf besondere Art faszinierte. Monahan war ein Mann, der ein großes Maß an Ruhe ausstrahlte, der Sicherheit verlieh und zu dem man sofort Vertrauen fassen konnte.
Der Ordnungshüter nickte. »Toby hat mir von Ihnen erzählt, Sir. Sie haben sich also vorgenommen, Benson und seinen mörderischen Haufen unschädlich zu machen.«
»Ich nehme an, Toby ist der Stallmann«, murmelte McQuade.
Gray Wolf ließ sich auf die Hinterläufe nieder. Sein Blick schien sich an dem Gesetzeshüter verkrallt zu haben.
Wieder nickte Monahan. »Sie vermuten richtig.« Der forschende, einschätzende Blick des Sheriffs glitt an McQuade hinauf und hinunter. Er schien sich ein Bild von dem Kopfgeldjäger zu machen. Schließlich hub er erneut zu sprechen an. »Benson und seine Höllenhunde werden es Ihnen sicher nicht leicht machen. Denen ist nichts heilig. Ein Menschenleben bedeutet ihnen nicht so viel« Der Sheriff zeigte einen winzigen Abstand zwischen Daumen und Zeigefinger.
»Ich kenne mich aus mit Leuten, die aus dem Holz eines Lionel Benson geschnitzt sind«, versetzte McQuade. »Sicher, diese Sorte ist gefährlich, um nicht zu sagen tödlich gefährlich.« Der Kopfgeldjäger zuckte mit den Schultern. »Im Endeffekt kochen aber auch diese Kerle nur mit Wasser.«
»Vor einer Stunde etwa ist ein Mann in Claypool eingetroffen. Sein Name ist Gordon Wilcox. Ein– hm, Kollege von Ihnen. Ja, ja, Sie hören schon richtig. Auch Wilcox ist hinter Benson und seinem verbrecherischen Anhang her. Vielleicht sollten Sie sich mit ihm verbünden. Er ist ein paar Jahre älter als Sie, und sicher besitzt er mehr Erfahrung mit Kerlen vom Schrot und Korn eines Lionel Benson.«
McQuade zog den Mund schief. »Ich arbeite grundsätzlich alleine.«
»Wilcox hat mir erzählt, dass er Town Marshal in Wickenburg war.« Der Sheriff räusperte sich. Grollend fuhr er fort: »Ich bin kein Freund von Männern wie Ihnen und Wilcox. Ihr gebt vor, auf eure Art das Gesetz zu vertreten, tatsächlich aber seid ihr zu neunundneunzig Prozent nur eiskalte Killer, die des Geldes wegen reiten und töten. Wilcox jedoch scheint eine Ausnahme darzustellen. Banditen haben seine Frau getötet. Das war der Grund, weshalb er den Stern zurückgab und in den Sattel stieg…«
»Sonst noch etwas, Sheriff?«
»Nein. Sie sind jung, und ich wollte Sie nur warnen. Männer wie Benson und seine Komplizen dürfen nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Ich weiß, wovon ich spreche, glauben Sie mir das. Es sind zweibeinige Wölfe, Junge. Sie werden vier Colts oder vier Gewehre gegen sich haben. Daher erzählte ich Ihnen von Wilcox. Ich habe es nur gut gemeint.«
»Vielen Dank, Sheriff.« McQuade setzte sich in Bewegung. Gray Wolf folgte ihm ohne Aufforderung. Der Sheriff blickte dem Mann und dem Wolfshund hinterher, bis sie im Hof des Mietstalles aus seinem Blickfeld verschwanden. »Vielleicht bist du hart, mein Junge«, murmelte er für sich. »Für Benson, Banks, Smith und Bancroft aber bist du niemals hart genug. Ich sehe verdammt schwarz für dich.«
*