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Zwei Western Abenteuer mit McQuade, dem Kopfgeldjäger. Niemand ist härter als McQuade, der einsame Streiter für das Recht.
Das E-Book Der Kopfgeldjäger Folge 31/32 (Zwei McQuade Western) wird angeboten von CassiopeiaPress und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Western
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Seitenzahl: 107
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Der Kopfgeldjäger
Folge 31/32
(Zwei McQuade Western)
Jäger und Gejagter/ Töten oder getötet werden
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author
© der Digitalausgabe 2014 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956172410
Cover
Titel
Impressum
Jäger und Gejagter
Töten oder getötet werden
Über den Autor
McQuade führte das Pferd über die Schattengrenze unter dem Tor des Mietstalles. Gray Wolf glitt lautlos daneben her. Typischer Stallgeruch schlug dem Kopfgeldjäger entgegen. Die Luft war abgestanden. Durch die Ritzen in den Stallwänden fiel in schrägen Bahnen das Sonnenlicht. Winzige Staubpartikel tanzten in den grellen Lichtbahnen.
Der Stallmann fegte den festgestampften Mittelgang. Jetzt stellte er den Reisigbesen an eine Boxenwand, wischte sich die Hände an der schmutzigen, blauen Hose ab und kam näher. Es handelte sich um einen bärtigen Burschen um die fünfzig, der leicht hinkte und dessen Haltung etwas nach vorne gekrümmt war.
»Hi, Fremder«, grüßte er. »Sie und Ihr Pferd sehen nicht aus, als hätten Sie einen Spazierritt hinter sich. Sie sehen eher aus wie einer, der es höllisch eilig hat.«
Er taxierte McQuade von oben bis unten, schien ihn einzuschätzen und sich ein Bild von ihm zu machen.
In der Tat: McQuade war verstaubt und verschwitzt, auf seinem Kinn und seinen Wangen wucherten tagealte Bartstoppeln. Unter seinen Augen lagen dunkle Ringe, seine Lippen waren trocken und staubverkrustet.
»Ja«, versetzte der Texaner, den nach seiner Heimkehr aus der Kriegsgefangenschaft ein ungnädiges Schicksal nach Arizona verschlagen und der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, dort einzuspringen, wo das Gesetz auf schwachen Beinen stand oder völlig versagte. Sein Partner war der Tod, sein Gesetzbuch der Revolver, seine Legitimation waren die Steckbriefe, die an den Wänden der Sheriff's Office im Territorium hingen. »Ich habe es eilig. Aber nicht weil ich auf der Flucht bin, wie Sie möglicherweise annehmen, sondern weil ich auf der Fährte dieses Burschen reite…«
McQuade holte einen zusammengefalteten Steckbrief aus der Tasche seines braunen, verschlissenen Staubmantels, legte ihn auseinander und reichte ihn dem Stallmann.
Der bärtige Bursche las. »Tom Cassidy«, murmelte er dann wie im Selbstgespräch. »Bankraub, Postkutschenüberfall, Mord!« Der Stallmann kratzte sich mit der linken Hand hinter dem Ohr. »Tot oder lebendig.« Er schaute McQuade ins Gesicht. »Er ist der Justiz tausend Dollar wert. Eine hübsche Stange Geld. Allerdings scheint mir dieser Cassidy ein höllisch ungemütlicher Zeitgenosse zu sein.«
»Er ist hinterhältig, heimtückisch, skrupellos und ausgesprochen brutal«, knurrte McQuade. »Seine Spur führt nach Benson. Er dürfte gestern oder vorgestern hier angekommen sein. Haben Sie ihn gesehen?«
Der Stallbursche gab McQuade den verknitterten, abgegriffenen Steckbrief zurück. »Einer, auf den die Beschreibung passen könnte, war in der Tat hier. Allerdings trägt er Bursche einen Bart. Aber im Großen und Ganzen passt seine Erscheinung zu der Beschreibung auf dem Steckbrief. Er kam von Tucson herüber. Heute Früh ist er zusammen mit vier Kerlen, die auch ihre Pferde bei mir untergestellt hatten, weggeritten. Sie sind einen Tag vor ihm in der Stadt angekommen.«
»Können Sie mir Namen nennen?«
»Nein. Aber fragen Sie mal den Sheriff. Der stellt jedem Fremden, der nach Benson kommt, eine Reihe von Fragen. So will er auch ihre Namen wissen. Sprechen Sie mal mit McGrady. Es wird ihn sicherlich auch höllisch interessieren, dass ein steckbrieflich gesuchter Mörder vor seiner Nase herumtanzte und er ihn nicht erkannte.«
McQuade zog die Henry Rifle aus dem Scabbard. »Nannten die fünf Kerle ein Ziel, als sie wegritten?«
»Sie sind nach Osten abgezogen. Dort liegen die Dragoons. Fünfunddreißig Meilen Felswüste, Staub und Hitze. Aber das ist das geringste Übel. In den Dragoons haben sich abtrünnige Apachen verkrochen. Sie hausen in ihren Schlupfwinkeln wie die wilden Tiere und überleben selbst noch dort, wo Klapperschlangen und Skorpione keine Chance mehr haben.«
»Nannten sie einen Grund für den Ritt in die Wüste?«
»Ich schätze, sie gehen auf Apachenjagd. Die Regierung von Mexiko zahlt Prämien für Apachenskalps. Schnellverdientes Geld. Der Schuss kann aber auch nach hinten losgehen. Die Apachen fackeln nicht lange, wenn es darum geht, einem Weißen das Licht auszublasen. Wenn Sie mich fragen, dann halte ich es für eine Herausforderung an das Schicksal, wenn man in die Dragoon Mountains reitet.«
McQuade legte sich das Gewehr auf die Schulter und hielt es am Schaft fest. »Ich will mit dem Sheriff sprechen«, murmelte er. »Und dann werde ich etwas essen. In schätzungsweise einer Stunde hole ich das Pferd wieder ab.– Go on, Partner.«
Gray Wolf, der sich auf die Hinterläufe niedergelassen hatte, erhob sich und folgte dem Texaner, der auf sattelsteifen Beinen dem Ausgang zustrebte. McQuade trat hinaus ins gleißende Sonnenlicht. Einen Moment schloss er geblendet die Augen. Es war heiß wie in der Hölle. Die Sonne stand senkrecht über der Stadt, die unter einem flirrenden Hitzeschleier lag. Es waren kaum Bürger zu sehen. Die Temperaturen setzten Mensch und Tier zu und lähmten sie regelrecht.
McQuade fand das Sheriff's Office. Ehe er es betrat, studierte er die Anschläge an der Wand zwischen Tür und Fenster. Es waren hauptsächlich amtliche Bekanntmachungen des Bürgerrats oder des Sheriffs, aber auch einige Steckbriefe befanden sich darunter. Der des Banditen, den er jagte, war nicht dabei. Schließlich klopfte McQuade gegen die Tür.
»Herein!«, erklang es.
Der Kopfgeldjäger betrat das Office. Der Sheriff saß hinter dem Schreibtisch, seine Füße lagen auf der Tischplatte, seine Hände waren über dem Bauch verschränkt. Jetzt schob der Gesetzeshüter den Hut zurück, den er sich über die Augen gezogen hatte.
Im Office roch es nach Bohnerwachs. Ein Regulator tickte monoton. Am verstaubten Fenster tanzten Fliegen auf und ab.
»Mein Name ist McQuade«, stellte sich der Texaner vor.
Jetzt schwang der Sheriff die Beine vom Schreibtisch und setzte sich gerade hin. »Der Kopfgeldjäger?«, entfuhr es ihm. Er musterte McQuade von Kopf bis Fuß und schien jeden Quadratzoll an ihm zu erforschen.
Der Texaner nickte. »Ich will Ihre Mittagsruhe nicht allzu lange stören Sheriff«, erklärte er dann. »Beantworten Sie mir lediglich eine Frage: Was sind das für Kerle, die heute Morgen in die Dragoons aufgebrochen sind?«
»Es waren vier«, antwortete der Gesetzeshüter. »Sie warteten auf einen fünften. Der kam gestern an. Einer der Burschen heißt Abel Stanford. Ein anderer Bruce Hannigan. Die Namen der anderen weiß ich nicht.«
McQuade zog den Steckbrief aus der Tasche und warf ihn auf den Schreibtisch. »Das ist der Mann, auf den die anderen vier warteten.«
Der Sheriff nahm das Papier, faltete es auseinander und las. Dann pfiff er zwischen den Zähnen und sagte schließlich: »Wahrscheinlich liegt sein Steckbrief in dem Stapel, den ich in der Schreibtischschublade aufbewahre. Nun, Cassidy trägt jetzt einen Bart.«
Es klang, als wollte sich der Gesetzeshüter rechtfertigen.
McQuade nahm den Steckbrief zurück und verstaute ihn in der Manteltasche. »Der Stallmann meint, dass das Quintett in die Dragoons geritten ist, um Apachenskalps zu erbeuten.«
»Das ist leicht möglich. Die mexikanische Regierung zahlt hundert Pesos für den Skalp eines Kriegers, fünfzig Pesos für den einer Squaw und fünfundzwanzig für den eines Kindes, nachdem Cochises Leute immer wieder Haziendas im Grenzgebiet überfallen, die Bewohner massakrieren und das Vieh wegtreiben.«
»Das wird für noch mehr Unruhe unter den Apachen sorgen«, verlieh McQuade seiner Ansicht Ausdruck. »Und die Vergeltungsmaßnahmen werden wahrscheinlicher noch grausamer und blutiger.«
»Das ist nicht mein Problem«, murmelte der Sheriff. »Werden Sie der Bande in die Dragoons folgen?«
»Ja. Ich reite seit vielen Tagen auf Cassidys Fährte. Und ich bin dem Banditen ziemlich nahe gekommen. Wenn ich jetzt aufgebe, waren alle Mühen und Strapazen umsonst.«
»Die Chance, lebend die Dragoons zu durchqueren, ist gering«, warnte der Sheriff. »Es ist die Chance eines Schneeballs in der Hölle.«
»Das Risiko muss ich auf mich nehmen.«
»Man spricht von Ihnen als dem gefährlichsten Bluthund des Territoriums, McQuade.« Es klang ein wenig geringschätzig. Ohne die Spur von Freundlichkeit fixierte der Ordnungshüter den Kopfgeldjäger.
»Ich jage Banditen«, murmelte der Texaner kurz und bündig, machte kehrt und verließ das Office. Gray Wolf folgte ihm auf dem Fuße und trottete schließlich neben ihm her.
*
Felsketten, Geröllfelder, Abhänge, über die gleißender Sand floss, Schluchten und staubige Senken– das sind die Dragoon Mountains. Die Vegetation bestand in Kreosot, Comas, Mesquites und Ocotillos, hier und dort reckte auch mal ein riesiger Saguarokaktus seine stacheligen Arme zum Himmel.
Windstöße wirbelten puderigen Staub auf und trieben ihn vor sich her. Im Westen stand die Sonne dicht über dem Horizont. Die Schatten waren lang. McQuade ließ das Pferd im Schritt gehen. Dumpf pochten die Hufe, manchmal klirrte die Gebisskette. Gray Wolf lief hinter dem Pferd her. Der Wolfshund bewegte sich mit lautloser Geschmeidigkeit. Eidechsen und Klapperschlangen huschten blitzschnell zwischen Geröll und verschwanden unter Steinen, wenn sich ihnen der Reiter näherte.
Schweigen herrschte in dieser bizarren Welt. Die Felsen erinnerten an riesige Grabsteine. Die Schluchten an steinerne Gräber. Hoch oben vor der Kulisse des seidenblauen Himmels zogen einige Aasgeier ihre lautlosen Kreise. Die Einsamkeit hier konnte Beklemmung auslösen.
Der Kopfgeldjäger war seit fünf Stunden unterwegs. Er befand sich mitten in den Dragoons. Die Umgebung wirkte ursprünglich und unberührt, als hätte nie ein Mensch seinen Fuß auf diesen Boden gesetzt. Aber McQuade ließ sich nicht täuschen. Der Friede, der über allem lag, war trügerisch. Die Gefahr konnte in diesem Landstrich hinter jedem Felsen und hinter jedem Busch lauern. Der Tod war allgegenwärtig.
McQuade schaute immer wieder in die Höhe, wo die Aasgeier schwebten. Mit jedem Kreis, den sie zogen, kamen sie tiefer. Der Kopfgeldjäger wusste die Zeichen der Natur zu deuten. Irgendetwas musste ihre Aufmerksamkeit erregt haben. Der Texaner beobachtete sie kurze Zeit. Dann trieb er das Pferd wieder an. Er ritt durch eine Senke. Sie wurde im Osten von Hügeln und Felsen begrenzt. Hinter einem dieser Felsen verschwanden die Aasfresser.
Der Kopfgeldjäger lenkte das Pferd auf die Lücke zwischen zwei Felsen zu. Er durchritt sie und sah die Geier auf einer Ebene, deren Durchmesser keine dreißig Schritte maß, am Boden und auf niedrigen Felsen hocken. Ihr Krächzen drang an das Gehör des Texaners. Zwei der hässlichen Todesvögel gingen flügelschlagend aufeinander los und attackierten sich mit ihren messerscharfen, spitzen Schnäbeln.
Am Boden lagen vier reglose Gestalten.
Sie hatten das Interesse der Aasgeier erregt.
McQuade ritt hin. Die Geier, die schon mit ihrem schauerlichen Mahl begonnen hatten, hielte inne, reckten die nackten Hälse und drehten die Köpfe. Aus grauen, kalten Augen blickten sie dem Reiter entgegen.
»Gray Wolf!«, stieß McQuade scharf hervor. »Jag sie zum Teufel!«
Der Wolfshund, der die Geier bereits ins 'Visier' genommen hatte und leise knurrte, schien auf dieses Kommando nur gewartet zu haben. Er rannte zornig bellend auf die riesigen Vögel zu. Die Geier beeilten sich, abzuheben. Wütendes Krächzen und das laute Schlagen ihrer Fittiche begleiteten ihren überstürzten Start. Auf den Felsen ringsum ließen sie sich nieder.
Bei den vier Toten zerrte McQuade das Pferd in den Stand. Es waren vier junge Apachen, und sie waren skalpiert. Das Bild sprang dem Kopfgeldjäger mit geradezu schmerzlicher Schärfe in die Augen. Er hatte sekundenlang das Gefühl, dass ihn eine unsichtbare Hand würgte und dass ihm das Blut in den Adern gefror. Fliegen krochen auf den blutigen Köpfen herum. Die Krieger waren nur mit Tomahawks, Lanzen sowie Pfeil und Bogen bewaffnet. McQuade konnte die Einschüsse in den farbigen Leinenhemden der Leichname sehen.
Gray Wolf beschnupperte die Toten. McQuade hob das linke Bein über das Sattelhorn und ließ sich vom Pferd gleiten. Sein sichernder, hellwacher Blick schweifte in die Runde. Er zog das Gewehr aus dem Scabbard und riegelte eine Patrone in den Lauf. Dann schritt er langsam um den Platz herum, auf dem die jungen Krieger lagen. Und er fand Fußspuren. Sie führten auf eine enge Schlucht zu, vor deren Eingang Dornengestrüpp wuchs. Der Kopfgeldjäger folgte ihr. Zwischen den Felsen fand er die Stelle, an der die Pferde der Mörder gestanden hatten. Der Boden dort war von Hufen zerstampft, außerdem lagen da einige Haufen frischer Pferdedung.
Er kehrte zurück zu seinem Pferd. In der Zwischenzeit war die Sonne untergegangen und färbte mit ihrem Widerschein den Himmel purpurn. Die Berggipfel schienen in diesem Licht zu bluten. Die Schatten hatten sich aufgelöst. Von Norden schoben sich graue Wolkenbänke vor den glühenden Hintergrund. Am Westhimmel trat ein einsamer Stern hervor.
McQuade schwang sich wieder aufs Pferd. Für die vier jungen Chiricahuas konnte er nichts mehr tun. Beerdigen wollte er sie nicht. Ihre Stammesgenossen würden sie finden. Beim Gedanken daran erschrak McQuade regelrecht. Die vier Ermordeten würden das Feuer des tödlichen Hasses schüren, den die Apachen gegen die weißen Eindringlinge hegten. Cochise und die anderen Häuptlinge würden blutige Rache schwören…
Der Kopfgeldjäger trieb das Pferd mit einem Schenkeldruck an. Die Henry Rifle behielt er in der Hand. Sie stand mit der Kolbenplatte auf seinem Oberschenkel, seine Rechte umklammerte den Kolbenhals.
Die Mörder der vier Apachen konnten nicht weit sein. Äußerste Vorsicht war geboten. McQuade verspürte Anspannung. Er musste auch die Apachen fürchten.