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Dieses Ebook enthält folgende Romane: Band 61 Grabgesang für McQuade Band 62 McQuade und der Mächtige von Benson Band 63 McQuade und der Desperado Band 63 McQuade und die Claimwölfe Band 65 McQuade und die Revolverlady Über den Autor Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen. Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
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Seitenzahl: 265
Veröffentlichungsjahr: 2019
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Kopfgeldjäger-Sammelband (Band 61-65)
5 weitere Western von Pete Hackett
Pete Hackett Western– Deutschlands größte E-Book-Western-Reihe mit Pete Hackett's Stand-Alone-Western sowie den Pete Hackett Serien "Der Kopfgeldjäger", "Weg des Unheils", "Chiricahua" und "U.S. Marshal Bill Logan".
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author
© der Digitalausgabe 2014 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956172571
Cover
Titel
Impressum
Über den Autor
Grabgesang für McQuade
McQuade und der Mächtige von Benson
McQuade und der Desperado
McQuade und die Claimwölfe
McQuade und die Revolverlady
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt– eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane.
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
Band 61
Als McQuade den abgetriebenen Fuchswallach in der Box stehen sah, wusste er, dass er Floyd Baxter eingeholt hatte. Er verspürte eine tiefe, innere Zufriedenheit, tätschelte den Hals des Falben und murmelte: „Wir haben unser Ziel erreicht, alter Junge. Die Jagd ist zu Ende.“
Gray Wolf, der seinen Körper gegen das Bein des Kopfgeldjägers drängte, ließ ein leises Fiepen hören.
„Haben Sie mit mir gesprochen, Sir?“, fragte der junge Stallmann, auf dessen Wangen und Kinn ein weicher Bart zu sprießen angefangen hatte.
McQuade wandte sich dem Jungen zu. „Nein, mein Junge. Ich habe mit dem Pferd gesprochen. Eine Frage: Wo finde ich den Mann, der auf diesem Pferd nach Casa Grande gekommen ist?“ McQuade wies mit einer knappen Handbewegung auf den Fuchswallach.
„Sind Sie hinter ihm her, Sir, oder handelt es sich um einen Freund von Ihnen?– Er kam vor einer guten Stunde in der Stadt an. Der arme Gaul war ziemlich am Ende.“
„Floyd Baxter ist kein Freund von mir“, antwortete der Kopfgeldjäger, dessen Wiege in Texas, in der Nähe von San Antonio gestanden hatte und den ein ungnädiges Schicksal ins Arizona-Territorium verschlug. Seine Stimme sank etwas herab, als er endete: „Er ist ein Mörder. Wo finde ich ihn?“
Der Stallbursche nahm den Falben am Kopfgeschirr. „Da er seine Satteltaschen und den Packen mitnahm, vermute ich, dass er ins Hotel gegangen ist, Sir.“
„Gib meinem Pferd alles, was es braucht“, knurrte der Kopfgeldjäger, zog mit einem Ruck die Henry Rifle aus dem Scabbard und wandte sich dem Ausgang zu. Gleich darauf überschritt er die Lichtgrenze unter dem hohen, breiten Tor und trat hinaus in den Wagen- und Abstellhof. Glühende Hitze empfing ihn, unter seinen Sohlen knirschte der Staub, leise klirrten die Sternradsporen an seinen Stiefeln. Die hohe, hagere Gestalt des Texaners warf einen langen Schatten, denn die Sonne stand schon weit im Westen und würde in etwa einer Stunde hinter den zerklüfteten Bergen versinken.
Um das Hotel zu erreichen musste der Kopfgeldjäger ein ganzes Stück die Main Street hinunter marschieren. Casa Grande lag an der Überlandstraße, die von Tucson herauf über Maricopa Well nach Yuma am Colorado River führte. Es gab hier ein Depot der Butterfield Overland Mail Company.
McQuade bewegte sich am Fahrbahnrand. Gray Wolf trottete mit hängendem Kopf und seitlich aus dem Maul hängender Zunge neben ihm her. An beiden klebte der Staub eines langen Trails von Tucson herauf. Der Kopfgeldjäger wurde kaum beachtet. Casa Grande war eine hektische Stadt, Straße und Gehsteige waren voller Passanten. Fuhrwerke rollten die Straße hinauf und hinunter, Reiter überholten den Texaner oder kamen ihm entgegen. Hier pulsierte das Leben, die Stadt war wie eine Oase an der Postkutschenstraße.
Der Kopfgeldjäger betrat das Hotel. Die Rezeption war verwaist. Aber auf der Theke stand eine Glocke, auf die man nur mit der flachen Hand zu schlagen brauchte, um einen scheppernden Klingelton auszulösen. McQuade machte davon Gebrauch, und tatsächlich wurde sogleich eine Tür hinter der Rezeption aufgezogen und ein Mann mittleren Alters, dessen riesiger Schnurrbart fast gänzlich seinen Mund bedeckte, zeigte sich. Er erwiderte den Gruß des Texaners, dann musterte er ihn fragend. Der Kopfgeldjäger zog den zusammengefalteten Steckbrief aus der Tasche des braunen, zerschlissenen Staubmantels, faltete ihn auseinander und hielt ihn dem Owner so hin, dass dieser das Bild sehen und den Text lesen konnte. „Ist dieser Mann innerhalb der vergangenen Stunde bei Ihnen gewesen?“
Der Hotelier betrachtete sich das Konterfei des Banditen eingehend, dann nickte er und sagte: „Ich habe ihm Zimmer vier gegeben. Oben, das hintere Zimmer auf der rechten Flurseite. Baxter ist oben. Er war ziemlich erschöpft, und jetzt– denke ich -, schläft er den Schlaf der Gerechten.“
„Sicher, den Schlaf der Gerechten“, kam es ausgesprochen ironisch von McQuade, mit dem letzten Wort schwang her halb herum und stakste zur Treppe. Mit gemischten Gefühlen schaute ihm der Owner hinterher.
In der oberen Etage angekommen musste der Kopfgeldjäger nur wenige Schritte gehen, um Zimmer vier zu erreichen. Ein Teppich, der auf dem Flur lag, dämpfte seine Schritte. Er lauschte an der Tür, konnte aber keine Geräusche in dem Raum dahinter vernehmen. Kurzerhand rammte er die Tür mit der Schulter auf, wirbelte in das Zimmer und sah den Oberkörper des Banditen vom Bett regelrecht in die Höhe schnellen.
Floyd Baxter reagierte ansatzlos. Ein Leben außerhalb von Recht und Ordnung, die vielen Jahre, in denen er vor dem Gesetz auf der Flucht als ständig Gehetzter immer damit rechnen musste, erkannt zu werden und sich der Gerechtigkeit mit der Waffe in der Faust entziehen zu müssen, hatten ihn geformt. Er reagierte wie ein in die Enge getriebenes Raubtier…
Fluchend griff Baxter nach dem Revolver, der im Holster steckte, das mit dem Patronengurt über die Lehne eines Stuhles hing, den der Bandit neben das Bett gestellt hatte.
Zwei lange Schritte brachten McQuade an das Bett heran, er schlug mit dem Gewehr zu, der Lauf knallte gegen Baxters Kopf und warf ihn um. Seine Hand löste sich von dem Revolver, den er schon halb aus dem Holster gezogen hatte. Die Waffe rutschte ins Futteral zurück, die Hand sank kraftlos nach unten.
Von Baxter ging keine Gefahr mehr aus.
McQuade holte ein Handschellenpaar aus der Manteltasche und fesselte die Hände des Outlaws auf den Rücken. Dann setzte er sich rittlings auf den Stuhl vor dem Bett und wartete, bis Baxter aus der Bewusstlosigkeit erwachte. Gray Wolf hatte es sich am Boden bequem gemacht und leckte seine Pfoten.
Schließlich zuckten die Lider des Banditen. Ein Stöhnen kämpfte sich in seiner Brust hoch und brach über seine Lippen, dann schlug er die Augen auf. Sekundenlang starrte er mit dem stupiden Ausdruck des Nichtbegreifens zur Decke hinauf, dann aber schien sich bei ihm die Erinnerung einzustellen, er drehte den Kopf etwas, schaute McQuade an und stieß hervor: „Wer bist du?“
„McQuade. Wir brechen morgen Früh auf, Baxter. Ich bringe dich zurück nach Tucson. Dort wird man dich vor Gericht stellen, und sicher wird man dich dort auch hängen. Das ist nun mal in unserem Land die Antwort auf niederträchtigen Mord aus Habgier oder anderen niedrigen Beweggründen.“
Floyd Baxter knirschte mit den Zähnen. In seinen Augen wütete der blanke Hass, und seine Stimme war nur ein gehässiges Geflüster, als er zischte: „Fahr zur Hölle, dreckiger Bastard! Fahr zur Hölle!“
*
Am späten Nachmittag des zweiten Tages nach ihrem Aufbruch in Casa Grande erreichten McQuade und sein Gefangener Tucson. Sie passierten die ersten Häuser der Stadt. Auf dem Rand eines Tränketroges an der rechten Fahrbahnseite saß ein Mann, auf seinen Oberschenkeln stand eine Gitarre. Der Bursche war bärtig, den Hut hatte er sich tief in die Stirn gezogen, von seinem Gesicht war nicht viel zu erkennen.
In dem Moment, als McQuade und Floyd Baxter auf einer Höhe mit ihm waren, fing er an zu spielen. Und er sang zum Geklimper der Gitarre: Mine eyes have seen the glory of the coming of the Lord…
Es war die Battle Hymn of the Republic.
Unwillkürlich fiel der Kopfgeldjäger dem Falben in die Zügel. Wie oft hatten er und seine Kameraden dieses Lied gesungen, wenn sie während des Bürgerkriegs gegen die Yankees ins Feld zogen? Es rief Erinnerungen in ihm wach– Erinnerungen, die alles andere als erfreulich waren und jäh schien ihn eine unsichtbare Hand zu würgen.
„Ist der Hombre das Empfangskomitee?“, fragte Baxter spöttisch, der ebenfalls angehalten hatte. Seine Hände waren vor dem Leib gefesselt, sodass er die Zügel führen konnte.
„Sieht ganz so aus“, murmelte McQuade und wies mit dem Kinn auf einen Mann, der mit einem grauen Staubmantel bekleidet war, der hinter einem der Häuser hervor schritt und in dessen Händen eine Henrygun lag. Sein Blick hatte sich an McQuade festgesaugt. Seine Augen lagen im Schatten der Hutkrempe. McQuade konnte nicht viel von seinem Gesicht erkennen, doch es kam ihm bekannt vor.
Der Kopfgeldjäger roch den Verdruss geradezu, der sich anbahnte.
Der Mann im grauen Staubmantel hielt mitten auf der Straße an und nahm Front zu McQuade ein.
Der Bursche auf dem Tränketrog spielte und sang. Seine Musik war nicht laut, sein Gitarrenspiel war gut, seine Stimme rau.
„Weißt du, wer ich bin, McQuade?“, rief der Mann auf der Straße.
„Nein. Aber du wirst es mir sicher gleich sagen.“
„Mein Name ist Mike Butler.“
Dem Kopfgeldjäger fiel es wie Schuppen von den Augen. Es war über ein halbes Jahr her. „Ich kannte einen Mann namens Butler. Joe Butler. Auf seinen Kopf waren achthundert Dollar ausgesetzt. Bist du seinetwegen hier?“
„Joe war mein Sohn. Du hast ihn umgebracht, McQuade. Dafür fordere ich heute Rechenschaft von dir. Hörst du Daves Gesang? Wenn er zu singen aufhört, musst du schnell sein, McQuade. Denn dann schieße ich auf dich. Ich werde nicht warten, bis du den Revolver gezogen hast. Ich bin mir nämlich sicher, dass mein Junge bei dir auch keine echte Chance hatte.“
„Er hat sich nicht ergeben“, rief McQuade. „Es kam zum Kampf. Er war ein Bandit.“
„Glory, glory, hallelujah! His truth is marching on“, sang der Bursche, der auf dem Rand des Tränketrogs hockte.
„Warum dieser Zirkus?“, fragte McQuade, ehe Mike Butler etwas erwidern konnte. „Weshalb der Aufwand mit dem Gitarre spielenden Hombre?“ Die rechte Hand des Kopfgeldjägers stahl sich zum Oberschenkel und blieb darauf liegen. Er versuchte Zeit zu gewinnen. Unwillkürlich ließ er seinen Blick in die Runde schweifen, ließ ihn über die Ränder der Hausfassaden gleiten und heftete ihn wieder auf Mike Butler.
„Es ist dein Grabgesang, McQuade.“
Da erklang eine laute Stimme, die den Klang von zerbrechendem Stahl besaß: „Ich beobachte euch Kerle schon seit gestern, seid ihr angekommen seid, und ich wusste, dass ihr irgendeine Schweinerei im Sinn habt.– Gib Acht, McQuade, es sind vier. Zwei haben sich irgendwo verkrochen, um aus sicherer Deckung mitzumischen.“
Der Kopfgeldjäger erkannte die Stimme. Sie gehörte Wes Rafferty, dem Town Marshal von Tucson.
Mike Butler war einen Augenblick abgelenkt, eine Zeitspanne, die dem Kopfgeldjäger genügte, um die Rechte um den Knauf des Sechsschüsser zu schließen.
„Na schön, Hombre“, so rief jetzt wieder der Town Marshal. „Ich weiß, dass du nicht vor hast, McQuade einen fairen Kampf zu liefern. Darum werde ich, sobald dein Kumpel seinen Singsang unterbricht, auf dich schießen. Du kannst natürlich auch…“
Ein Gewehr knallte.
McQuade zog den Coltrevolver und ließ sich vom Pferd fallen.
Der Mann mit der Gitarre warf das Instrument achtlos zur Seite, sprang auf und griff nach dem Sechsschüsser.
Und dann dröhnten die Waffen. Die Detonationen verschmolzen ineinander zu einem einzigen, lauten Knall, der durch die Stadt stieß wie eine Botschaft von Untergang und Tod.
Mike Butler rannte schießend von der Straße. McQuade rollte durch den Staub und immer wieder bäumte sich der Colt auf in seiner Faust. Das Pferd, auf dem Floyd Baxter saß, vollführte voll Panik eine Reihe von Bocksprüngen und der Bandit hatte Mühe, sich auf dem Pferderücken zu halten. Dann aber hämmerte er dem Tier brutal die Sporen in die Seiten und es stob in wilder Karriere davon. Staub wölkte und vermischte sich mit dem Pulverdampf.
Gray Wolf war in eine Lücke zwischen zwei Häusern gerannt und nicht mehr zu sehen.
Abrupt schwiegen die Waffen. Hinter den Häusern wieherte ein Pferd, Gray Wolfs wütendes Bellen war zu vernehmen, zwei Schüsse donnerten, dann kamen rasende Hufschläge auf, die sich schnell entfernten.
McQuade erhob sich. Staub rieselte von seinem Mantel. Bei dem Tränketrog lag der Gitarrespieler auf dem Gesicht und rührte sich nicht. Gray Wolf glitt zwischen den Häusern hervor. Jähe Sorge um Wes Rafferty, der sich nicht blicken ließ, befiel den Kopfgeldjäger. Er rammte den Colt ins Holster und eilte zu der Stelle, von der vorhin die Stimme des Gesetzeshüters erklungen war. Rafferty lag in einer Lücke zwischen den Häusern am Boden, Blut sickerte aus einer Wunde in seiner rechten Brustseite und färbte Hemd und Weste darüber dunkel.
„Wes!“, entrang es sich McQuade entsetzt und er ging neben seinem väterlichen Freund auf das linke Knie nieder.
„Der– der Hundesohn hockte auf einem der Dächer hinter der Fassade“, stammelte der Verwundete und McQuade hatte Mühe, ihn zu verstehen.
Auf der Straße war ein verworrenes Stimmendurcheinander zu vernehmen. Schritte trampelten, und dann kamen drei Männer in die Häuserlücke, in der der Town Marshal auf dem Boden lag.
„Was ist geschehen?“, fragte einer atemlos. „Es hörte sich plötzlich an, als wäre ein Krieg… Gütiger Gott, das ist ja Wes Rafferty! Wer…“
McQuade schnitt dem Mann schroff das Wort ab, indem er hervorstieß: „Wes ist schwer verwundet. Er braucht sofort den Arzt. Sorgen Sie dafür…“ McQuade beugte sich über seinen schwer verletzten Freund, hörte ihn stoßweise und rasselnd atmen und sagte: „Alles wird gut, Wes, hörst du, gleich kommt der Doc. Er bringt dich wieder auf die Beine.“
Wes Rafferty zeigte ein verzerrtes Lächeln. Vielleicht wollte er damit dem Kopfgeldjäger Mut machen. „Hol– dir– die– Halunken, Junge“, röchelte der Town Marshal. „Sie– sie dürfen nicht ungeschoren davon kommen.“
„Sie werden büßen“, versicherte McQuade, und die drei Worte beinhalteten ein düsteres Versprechen– das Versprechen, Mike Butler und seine Komplizen zu jagen und zur Rechenschaft zu ziehen. „Yeah, Wes, sie werden teuer bezahlen.“
McQuade richtete sich auf und stapfte zur Straße. Um den reglosen Burschen beim Tränketrog hatten sich einige Bürger zusammengerottet. Ganz nebenbei registrierte der Texaner, dass Floyd Baxter über alle Berge war. Aber das war für ihn in diesem Augenblick nachrangig. „Lasst mich durch!“, forderte er. Die Gesichter wurden ihm zugedreht, eine Gasse bildete sich, McQuade schritt hindurch und drehte den Mann auf den Rücken. In seinen Augen sah der Kopfgeldjäger nur noch die absolute Leere des Todes. Die Gitarre lag neben dem Trog im Staub.
„Go on, Partner“, murmelte McQuade. “Verlieren wir keine Zeit.”
Er ging zu seinem Pferd, das an den Fahrbahnrand getrottet war und mit dem Schweif nach den lästigen Bremsen an seinen Flanken schlug, stellte den linken Fuß in den Steigbügel, griff nach dem Sattelknauf und riss sich in den alten, brüchigen Sattel. Mit einem Schenkeldruck trieb er den Falben an und lenkte ihn zwischen die Häuser. Gray Wolf glitt lautlos wie ein Schatten neben dem Pferd her.
*
McQuade erinnerte sich an Joe Butler. Er stammte aus der Gegend von Eureka Spring, einer kleinen Stadt am Aravaipa Creek. Eureka Spring war gut und gerne sechzig Meilen von Tucson entfernt.
Die Banditen waren nach Norden aus Tucson geflohen, nachdem Mike Butler feststellen musste, dass sich McQuade nicht wie ein Hammel zur Schlachtbank führen ließ.
Butler wollte ihm– McQuade– den Tod seines Sohnes vergelten. Joe Butler war ein Mörder, Räuber und Vergewaltiger, der den Tod verdient hatte. Der Kopfgeldjäger stellte ihn in Nogales. Der Bandit griff zur Waffe…
McQuade glaubte nicht daran, dass Mike Butler so schnell aufgeben würde. Er war den weiten Weg von Eureka Spring herüber sicher nicht geritten, um nach einem kurzen Schusswechsel die Segel zu streichen und nach Hause zurückzukehren. Hinter den Corrals, in denen einige der Stadtbewohner ihre Nutztiere untergebracht hatten, trieb der Kopfgeldjäger den Falben hin und her, den hellwachen Blick auf den Boden geheftet, auf der Suche nach Spuren der Kerle, die sein Leben wollten.
Er fand Hufspuren, wie sie nur Pferde hinterließen, die schnell getrieben wurden. Sie führten nach Nordosten. McQuade ließ den Blick in die Ferne schweifen und konnte im Dunst die blauen Konturen der Santa Catalina Mountains sehen, deren Gipfel in ein Meer aus weißen Wolken ragten.
In zwei Stunden würde die Dunkelheit den Tag vertrieben haben. McQuade überlegte, ob es Sinn machte, der Spur zu folgen. Möglichweise führte sie ihn in einen Hinterhalt. Gegen schnelle Kugeln aus sicherer Deckung war er nicht gefeit. Und die Wildnis bot tausend Möglichkeiten, einem Mann aufzulauern und ihn zu töten, ehe er zum Denken kam.
Nein!, durchfuhr es den Kopfgeldjäger. Du wirst Mike Butler den nächsten Zug überlassen.
McQuade kehrte um, doch er fragte sich, ob sein Entschluss, abzuwarten, der richtige war. Dadurch ließ er zu, dass Mike Butler Zeitpunkt und Ort der Entscheidung bestimmen konnte. Er musste also höllisch auf der Hut sein, denn ihm war klar, dass Mike Butler nicht unterschätzt werden durfte. Möglicherweise wurde er schon von den Banditen– und das waren Butler und seine Komplizen– beobachtet.
Doch dazu, auf einer Fährte zu reiten, an deren Ende vielleicht der Tod stand oder die irgendwo in der Felswildnis endete, konnte sich der Texaner nicht entschließen. Er wollte Mike Butler aus der Reserve locken. Und dann…
McQuade kehrte nach Tucson zurück und suchte sofort das Büro des County Sheriffs auf. Auf der Straße vor dem Office hatten sich an die zehn Reiter versammelt. Jeder der Männer war mit Revolver und Gewehr bewaffnet. Ihre Gesichter verrieten grimmige Entschlossenheit. McQuade ahnte, dass es sich um ein Aufgebot handelte, das Mike Butler und seinen Handlangern folgen sollte.
Gefolgt von Gray Wolf betrat der Kopfgeldjäger das Office. Troy Howell, der County Sheriff, ein Mann Ende der vierzig, schwergewichtig und einen halben Kopf größer als der Kopfgeldjäger, dessen Haare sich schon grau zu färben begannen, dessen Gesicht eine gesunde Farbe aufwies und dessen blaue Augen wachsam blickten und Intelligenz verrieten, hob die Brauen und sagte: „Man sagte mir, Sie wären den Halunken gefolgt, McQuade. Man sagte mir auch, Sie hätten einen Schwur geleistet– den Schwur, es den Kerlen heimzuzahlen, weil sie Wes so brutal zusammengeknallt haben.“
Im Büro befanden sich außer dem Sheriff noch zwei seiner Gehilfen sowie ein Deputy aus dem Büro des Town Marshals. Sein Name war Doug Logan.
„Sie sind nach Nordosten geflohen“, antwortete der Texaner. „Es wird bald dunkel. In der Dunkelheit, spätestens aber in der Felswüste würde ich ihre Spur verlieren. Außerdem denke ich, dass die Schufte mit Verfolgung rechnen und in sicherer Deckung nur darauf warten, dass ich ihnen vor die Mündungen reite.“
Der Sheriff nagte an seiner Unterlippe. „So schnell geben Sie auf, McQuade? Was ist mit Ihrem Hund? Warum setzen Sie ihn nicht ein, die Spur zu finden und ihr zu folgen?“
„Butler ist sicher kein Dummkopf“, versetzte der Kopfgeldjäger. „Und gewiss weiß er, dass ein Hund in der Lage ist, eine Fährte zu wittern. Aber man kann in einem Flussbett reiten, und dann gibt es für einen Hund nichts mehr zu wittern. Es kann aber sein, dass Butler sogar hofft, dass ich ihm folge. Schließlich ist er ja nach Tucson gekommen, um mich zu töten.“
„Butler“, murmelte der Sheriff nachdenklich. „Irgendwie sagt mir der Name etwas. Warum will er Ihren Skalp, McQuade?“
„Joe Butler wurde vom Gesetz gesucht, für seine Ergreifung war eine Belohnung von achthundert Dollar ausgesetzt. Ich stellte ihn vor einigen Monaten unten in Nogales. Er zog es vor, zu kämpfen und ich erschoss ihn. Bei dem Hombre, der vorhin auf der Straße den höllischen Reigen vom Zaun brach, handelt es sich um seinen Vater. Er lebt drüben bei Eureka Spring.“
Jetzt mischte sich Doug Logan, der Hilfsmarshal ein, indem er sagte: „Der Stallmann, bei dem die Kerle ihre Pferde unterstellten, hörte aus dem, was sie sprachen, dass sie es auf jemand hier in Tucson abgesehen hatten und verständigte Wes. Der ließ das Quartett nicht mehr aus den Augen. Die Kerle stellten Nachforschungen an und bald war klar, dass sie es auf Sie abgesehen hatten, McQuade. Das ist auch der Grund, weshalb Wes zur Stelle war, als Sie das Quartett in die Zange nahm.“
„Wie geht es Wes?“, fragte der Kopfgeldjäger besorgt.
„Er befindet sich beim Arzt“, antwortete der County Sheriff. „Im Moment liegt er unter dem Messer. Der Doc war nicht gerade zuversichtlich. Beten wir, dass Wes stark genug ist und es übersteht.– Ich verfolge mit einem Aufgebot die Banditen, McQuade. Kommen Sie mit?“
Der Texaner schüttelte den Kopf. „Sie werden die Halunken nicht finden, Sheriff. Ich denke, es ist auch gar nicht nötig, sie zu suchen und irgendwelche Risiken einzugehen. Mike Butler ist gekommen, um mir für den Tod seines Sohnes eine blutige Rechnung zu präsentieren. Im ersten Anlauf scheiterte sein Vorsatz, mich umzulegen. Also wird er es erneut versuchen. Wir brauchen nur darauf zu warten, dass er antanzt.“
„Das ist ein Spiel mit dem Feuer“, murmelte der Sheriff, „ein Vabanquespiel, und der Einsatz ist Ihr Leben, McQuade. Das kann ich nicht verantworten.“
Troy Howell nickte dem Kopfgeldjäger zu, dann stiefelte er nach draußen. Raue Stimmen erklangen, Hufe stampften, ein Pferd wieherte hell, schließlich kam Hufgetrappel auf, das sich schnell entfernte.
„Ich werde sämtliche Deputys mobilisieren, McQuade“, erklärte Doug Logan. „Wenn Ihre Vermutung zutrifft, dann wird Mike Butler nicht lange auf sich warten lassen. In Tucson wimmelt es von Menschen. Am Abend erwacht die Stadt zu sündigem Leben. Es wird nicht auffallen, wenn sich Butler und seine Kumpane in den Ort schleichen. Darum werden wir Sie nicht aus den Augen lassen, McQuade.“
„Du degradierst ihn zum Köder, Doug“, verlieh einer der Deputy Sheriffs seinen Bedenken Ausdruck.
„Es ist schon in Ordnung“, gab der Kopfgeldjäger mit einem grimmigen Grinsen um die Lippen zu verstehen.
*
McQuade versteckte sich nicht. Es war finster. Viele der Gebäude zu beiden Seiten der Main Street von Tucson waren hell erleuchtet. Es handelte sich um die Vergnügungsetablissements, in denen man auf der Jagd nach dem schnellen Dollar war. Glücksritter, Geschäftemacher, Spieler, Huren, Banditen– Gute und Schlechte gaben sich in Tucson ein Stelldichein. In der Stadt summte es wie in einem Bienenkorb; Grölen, Johlen, Gelächter, ein wirres Durcheinander von rauen Stimmen…
Vor einer Stunde waren Sheriff Troy Howell und das Aufgebot unverrichteter Dinge zurückgekehrt. Es hatte die Hügel nördlich und nordöstlich von Tucson abgesucht, aber Mike Butler und seine Kumpane schienen sich in Luft aufgelöst zu haben. Doch McQuade hatte nicht mit einem Erfolg des Sheriffs gerechnet.
Der Kopfgeldjäger saß auf dem Vorbau des Boardinghouse, in dem er immer wohnte, wenn er sich in Tucson befand. Inhaberin war Maria Alvarez, deren schöne Tochter Juanita in McQuade verliebt war. Irgendwann einmal hatte der Kopfgeldjäger versprochen, falls er einmal eine Familie gründen wollte, keine andere Frau zu heiraten als Juanita. Seitdem wartete sie darauf, dass er sie endlich fragte.
Der Texaner hatte es sich in einem Schaukelstuhl im Schlagschatten unter dem Vorbaudach bequem gemacht. Gray Wolf lag zu seinen Füßen auf den staubigen Bohlen und hatte den mächtigen Kopf zwischen die Vorderläufe gebettet. Die Henry Rifle lag quer über McQuades Oberschenkeln, seine Rechte hatte sich um den Kolbenhals verkrampft, in der Kammer befand sich eine Patrone. McQuade konnte also innerhalb eines Sekundenbruchteils das Gewehr in Anschlag bringen und feuern.
In den Gassen herrschte Dunkelheit. Die Nacht schien Unheil zu verkünden. Etwas Beklemmendes lag in der Luft. McQuade verspürte Anspannung– sie bereitete ihm fast körperliches Unbehagen. Irgendetwas wurde vorbereitet. Floyd Baxter kam ihm in den Sinn. Der Bandit hatte die Gunst der Stunde, als am Nachmittag am Stadtrand die Kugeln flogen, zu nutzen gewusst und war auf Nimmerwiedersehen verschwunden. McQuade hatte sich erst gar nicht die Mühe gemacht, zu versuchen, seine Spur aufzunehmen. Es wäre ein absolut sinnloses Unterfangen gewesen. In diesem Hexenkessel verlor sich die Fährte eines Mannes wie ein Sandkorn in der Gila Wüste.
Der Kopfgeldjäger drehte sich eine Zigarette und rauchte. Den Glutpunkt der Zigarette schirmte er mit der hohlen Hand ab. Vor seinem Blick torkelten Betrunkene auf der Straße herum. Aus einem Saloon in der Nähe erschallte wildes Gebrüll, dann taumelte ein Mann rückwärts gehend durch die Tür auf den Vorbau, ein anderer folgte ihm mit schwingenden Fäusten und prügelte ihn die Treppe hinunter. Einige Männer drängten hinter den Streithähnen ins Freie und feuerten einen der Kerle mit viel Geschrei an.
McQuade war hellwach, seine Augen sicherten unablässig in die Runde, sein Blick bohrte sich in die Finsternis in den Gassen und Passagen zwischen den Gebäuden. Jäh schalteten seine Sinne auf Alarm, als er in einer der Gassenmündungen schräg gegenüber eine huschende Bewegung wahrnahm. Er ließ die Zigarette zu Boden fallen und trat sie aus, erhob sich und wich zurück bis zur Hauswand, glitt an ihr entlang bis zum Ende des Vorbaus, lief die Stufen hinunter und verschwand um die Ecke. Gray Wolf glitt neben ihm her. Mit leiser Stimme gebot der Texaner dem Wolfshund, sich zu setzen und sich nicht zu rühren.
Aus der Dunkelheit der Gasse löste sich eine schemenhafte Gestalt, sie trat auf die Straße und nahm im vagen Licht Formen an. Es handelte sich um einen Mann von etwa sechs Fuß Größe, der mit beiden Händen ein Gewehr vor der Brust hielt. Langsam schritt er auf das Boardinghouse zu. Als er nahe genug war, konnte McQuade Einzelheiten erkennen. Der Bursche war ihm völlig unbekannt. Der Kopfgeldjäger schätzte ihn auf dreißig Jahre. Um seine schmalen Hüften lag ein breiter Revolvergurt, aus dem Holster an seinem linken Oberschenkel ragte der Griff eines schweren, langläufigen Coltrevolvers.
Jetzt erreichte der Mann auf der anderen Seite des Vorbaus die Treppe und stieg sie hinauf. Holz knarrte trocken unter seinem Gewicht. Als er zur Eingangstür stiefelte, riefen die Absätze seiner Stiefel ein polterndes Echo auf den Bohlen wach.
In dem Moment trat ein Stück die Straße hinunter ein weiterer Mann hinter einem Gebäude hervor. Auf der dem Boardinghouse gegenüberliegenden Fahrbahnseite verschwand er im Schlagschatten eines Gebäudes und schien von der Finsternis regelrecht aufgesaugt zu werden.
Der Bursche auf dem Vorbau betrat das Boardinghouse. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss.
McQuade war sich fast hundertprozentig sicher, dass die Jagd auf ihn begonnen hatte. Eine kalte Ruhe ergriff von ihm Besitz, sein Verstand arbeitete präzise, er aktivierte jeden seiner Sinne. „Komm, Partner“, flüsterte der Kopfgeldjäger, „sehen wir hinten nach. Es würde mich nicht wundern, wenn sich dort auch einer postiert hätte.“ Der Texaner und sein treuer Begleiter huschten in die Dunkelheit hinein. Hinter dem Boardinghouse verlief eine schmale Straße parallel zur Main Street. Auf der anderen Seite erhoben sich wieder Wohnhäuser, Stallungen und Schuppen. Tucson war ziemlich groß, in der Stadt lebten an die dreitausend Einwohner, und so waren die Häuser in mehreren Baureihen angeordnet. Das Nachtleben spielte sich auf der Hauptstraße ab. In den Häusern dahinter brannten nicht viele Lichter. Nur hier und dort war ein erleuchtetes Fenster zu sehen. Auch der verworrene Lärm war bei Weitem nicht so intensiv wie auf der Main Street.
McQuade stand an der hinteren Ecke des Boardinghouse und tastete mit seinem Blick die Durchlässe zwischen den Häusern und die Dächer ab. Gray Wolf verhielt sich still. Er hatte sich dicht bei dem Kopfgeldjäger auf die Hinterläufe niedergelassen, und der Mann spürte die Wärme des Tierkörpers durch den Mantel und das Hosenbein.
Kurze Zeit verstrich, plötzlich ging die Hintertür auf, Licht flutete auf die Straße, dann erklang eine unterdrückte, dunkle Stimme: „Ken!“
„Was ist?“ Auf einem der Dächer jenseits der schmalen Straße wuchs eine hagere Gestalt in die Höhe. Schwarz und scharf hob sie sich gegen das Sternenlicht am tintenblauen Himmel ab.
„Er ist nicht hier.“
McQuade verspürte eine grimmige Genugtuung. Sie hatten ihn in der Stadt gesucht, und als sie ihn nicht gefunden hatten, begaben sie sich zu seiner Unterkunft. Wo er wohnte, hatten sie schon herausgefunden, als sie nach ihrer Ankunft in Tucson Erkundigungen über ihn einzogen.
Hier vermuteten sie ihn. Einer von ihnen sollte ihn vorne oder hinten aus dem Gebäude und vor die Mündung eines seiner Jäger treiben.
Er würde ihnen die Suppe versalzen.
Der Bursche auf dem Dach rief: „Ihn in diesem Hexenkessel zu suchen ist wie die Suche nach der Nähnadel im Heuhaufen. Wir sollten verschwinden, ehe wir auffallen.“
„Ich sage Mike Bescheid“, rief der Mann an der Hintertür, und im nächsten Moment verschwand die Lichtbahn, die aus der Tür fiel, von der Straße.
McQuade rannte geduckt über die schmale Straße, an der Längsseite des Hauses entlang, auf dem sich einer der Banditen befand, lugte um die Ecke und sah eine schemenhafte Gestalt auf dem Dach des Schuppens, der an das Gebäude angebaut war. Der Bursche war vom Hausdach auf das Schuppendach gesprungen, und von dort aus wollte er nun zu Boden springen, als ihn McQuade anrief: „He, Hombre, ich bin hier!“
Für den Bruchteil einer Sekunde schien der Mann zu erstarren. Dann blitzte es bei ihm auf. Er feuerte blindlings, einfach aufs Geratewohl, der Knall stieß in die Tiefe und wurde von den Häuserwänden zurückgeworfen. Und in die peitschende Detonation hinein knallte McQuades Henrygun. Der Bursche am Rand des Schuppendaches bäumte sich auf, drehte sich halb um seine Achse und stürzte dann kopfüber von dem Schuppen. Ein dumpfer Aufprall war zu hören, ein gequälter Aufschrei– und dann war es still.
McQuade lief zu dem Burschen hin. In dem Moment wollte sich der Mann aufrichten. „Partner!“ Gray Wolf sprang den Banditen an und riss ihn um. Dann stand er über dem Burschen, ein gefährliches Knurren stieg aus seiner Kehle, seine gefletschten Zähne schimmerten matt.
„Gib auf ihn Acht, Partner“, gebot der Kopfgeldjäger, hob das Gewehr des Mannes auf und schleuderte es in die Finsternis hinein, zog ihm den Revolver aus dem Holster und ließ die schwere Waffe dem Gewehr folgen. Der Bandit röchelte.
McQuade lief vor zur Straße und sah an der Seite des Boardinghouse die Silhouette eines Mannes. Der Kopfgeldjäger drängte sich hart an die Hauswand, in deren Schatten er stand. Er hielt das Gewehr in der linken Hand am langen Arm und zog nun den Sechsschüsser.
„Ken!“, erklang es.
„Ich glaube, ich habe ihn erwischt“, rief McQuade halblaut.
Der Trick schien zu funktionieren. Die schattenhafte Gestalt löste sich von der Wand des Boardinghouse, machte einen Schritt nach vorn, in diesem Moment schrie ein Mann schrill: „Die Waffe weg und keine Bewegung, Bandit! Ich…“
Der Bursche wirbelte herum, duckte sich und schoss. Auch an der Vorderseite des Boardinghouse brüllte eine Waffe auf. Der Mann, den McQuade sehen konnte, taumelte rückwärts gehend von der Ecke des Gebäudes weg. Noch einmal dröhnte sein Gewehr, und jetzt erklang auf der Main Street eine wahre Salve. Die Detonationen verschmolzen ineinander zu einem einzigen, lauten Donner. Geschrei erklang. McQuade sah den Burschen, der beinahe auf seinen Trick hereingefallen wäre, zusammenbrechen. Er lief zu ihm hin, beugte sich über ihn und stellte fest, dass er tot war.
Schließlich glitt der Texaner hart an die Hauswand geschmiegt in Richtung Main Street, und er vernahm ein leises Stöhnen, und sogleich nahm er auch die dunkle Gestalt wahr, die am Fuß der Wand lag. „Es– sind– noch zwei, McQuade“, stammelte der Mann, und das Sprechen bereitete ihm Mühe. Es war Doug Logan, der Hilfsmarshal. „Den an der Ecke habe ich erwischt. Plötzlich aber kamen sie von zwei Seiten.“
Zwischen den Häusern dröhnten wieder einige Waffen. Schlagartig brach der Lärm schließlich ab. Aus der Dunkelheit einer Passage zwischen zwei Gebäuden löste sich eine Gestalt, eine Stimme erklang: „Nicht schießen, ich bin es– Deputy Marshal Slim Dexter.“
Dexter näherte sich schnell.
„Logan hat es erwischt“, stieß McQuade hervor. „Kümmern Sie sich um ihn, Dexter. Ich hole mir den Burschen, den ich weiter hinten von einem Schuppendach geschossen habe.“
„Es waren zwei“, sagte Dexter. „Sie haben das Weite gesucht.“