Der Kristall des Sehers: Unheimlicher Roman - Alfred Bekker - E-Book

Der Kristall des Sehers: Unheimlicher Roman E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Ein Kristall öffnet das Tor in eine andere Wirklichkeit - und eine übersinnlich begabte junge Frau muss um ihre Liebe kämpfen. Sie ist Reporterin bei einem Boulevardblatt und die Welt des Übersinnlichen ist ihr von klein auf vertraut, denn sie hat eine besondere Gabe, die sie Szenen aus der Zukunft sehen lässt. Eine Fähigkeit, die oft genug mehr ein Fluch als eine Gabe zu sein scheint. Besonders, als sie sich verliebt... Und dann ist da noch die Macht eines geheimnisvollen Kristalls, der auch die junge Reporterin in ihren Bann zieht und nicht nur sie sie in tödliche Gefahr bringt.. Unheimlicher Roman von Alfred Bekker.

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Alfred Bekker

Der Kristall des Sehers: Unheimlicher Roman

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Erster Teil

Zweiter Teil

Dritter Teil

Vierter Teil

Impressum neobooks

Erster Teil

Es brannte kein Licht im Raum. Durch die hohen Fenster war der düstere Abendhimmel zu sehen, an dem sich schwarze Wolken

zu finsteren Gebirgen aufgetürmt hatten. Blitze zuckten und mit einiger Verzögerung folgte das dunkle Grollen des Donners.

Jedesmal, wenn es blitzte, wurden die angespannten Gesichter der Anwesenden in ein eigentümliches fahles Licht getaucht, das sie totenbleich erscheinen ließ.

Sie saßen um einen Tisch herum - fünf Männer und drei Frauen. Ihre Blicke waren starr auf die Mitte des Tisches gerichtet, wo sich eine Kristallkugel befand, von der jetzt ein schwaches Leuchten ausging.

Ein hochgewachsener Mann mit schwarzem Oberlippenbart und stechenden dunkelbraunen Augen erhob sich. Mit der Hand berührte er leicht die Kugel, woraufhin das Leuchten etwas stärker wurde.

Ein Lächeln glitt über sein Gesicht.

"Ladies und Gentlemen - sind Sie alle bereit, sich dem Unbekannten zu stellen und einen Blick in eine Welt zu werfen, von deren Existenz bislang kaum jemand etwas geahnt haben dürfte?"

In seinen Augen blitzte es triumphierend.

"Wollen Sie es wirklich wagen, Mr. Weston?" fragte ein hohlwangiger, bereits etwas in die Jahre gekommener Mann, dessen Gesicht sehr blaß wirkte. Es war Sir Edward Barnham, der Gastgeber dieser illustren Runde von okkultistisch Interessierten.

Wie ein Peitschenschlag ließ jetzt der Donner alle Anwe senden unwillkürlich zusammenzucken. Nur Weston schien völlig ruhig zu bleiben. Befriedigt registrierte er, wie das Leuchten, das von der Kristallkugel ausging, immer stärker und stärker wurde.

Er ließ die Kugel wieder los und wandte sich an den angstvoll dreinblickenden Gastgeber. "Aber Sir Edward? Soll uns so kurz vor dem Ziel der Mut verlassen?" Sir Edward atmete tief durch und hob dann hilflos die Schultern. "Nein, natürlich nicht..", murmelte er dann.

"Fassen Sie sich bei den Händen!" wies Weston dann die Anwesenden an.

Wortlos gehorchten sie, die Blicke starr auf die Kugel gerichtet. Nur Weston bildete eine Ausnahme. Er beugte sich über den Tisch und berührte die Kristallkugel mit beiden Händen.

Die anderen begannen nun, eine Art Singsang. Worte in eine längst vergessenen Sprache wurden ständig wiederholt. Magische Worte...

Der Chor schwoll immer mehr an und das Leuchten im Kristall nahm zu. Westons Hände erschienen jetzt beinahe durchscheinend zu sein. Draußen grollte der Donner, aber das konnte in diesem Augenblick keinen der Anwesenden ablenken. Das Leuchten wurde derart grell, daß Weston die Augen zusammenkneifen mußte.

Westons gesamter Körper schien zu fluoreszieren. Er leuchtete auf geradezu gespenstische Weise von innen heraus. Der gesamte Raum war dadurch hell erleuchtet, während ein zischendes Geräusch ertönte, das sich mit dem Singsang vermischte. Weston schien nur noch aus Licht zu bestehen, das dann zu pulsieren begann.

Sein Mund murmelte düstere Beschwörungen. Seine Stimme klang entschlossen und fest.

"K'mreeh Pyrtoras!" rief er dann lauthals und wiederholte es daraufhin gleich noch einmal. Er schrie es geradezu heraus und übertönte deutlich den dumpfen Singsang der anderen.

Unterdessen erschienen verschwommene Bilder auf der Kugel, die aus einer Art nebelhaftem Gas hervorzutauchen schienen. Weston starrte auf seine Hände.

Sie waren jetzt transparent wie auf einem Röntgenschirm und schienen eins geworden zu sein mit dem Kristall, aus dem die Kugel bestand. Die Bilder waren durch die Hände hindurch sichtbar.

Fasziniert sah Weston hin.

Er sah in flüchtiger Folge Gesichter auftauchen und wieder verblassen. Gestalten, die durch eigenartige Räume mit seltsam gebogenen Wänden huschten. Alles wirkte sehr verzerrt, wie in einem Hohlspiegel.

Und dann tauchte etwas Dunkles, Schattenhaftes auf. Ein Arm aus purer Finsternis.

Er wurde größer und größer. Die Hand war geöffnet, so als wollte sie nach etwas greifen...

"K'mreeh Pyrtoras!" flüsterte Weston jetzt wie automatisch. Die Finsternis schien bereits die gesamte Oberfläche der Kugel auszufüllen.

Westons Hände zitterten leicht.

Und dann geschah es.

Der Arm aus reiner Schwärze fuhr blitzartig aus dem Kristall heraus und schwoll zu gewaltiger Größe an. Die riesenhaft gewordene Pranke griff nach ihm.

Ein weiterer Arm schnellte aus dem Kristall heraus, dessen riesige Hand ebenfalls nach ihm griff. Das pulsierende Licht, daß bis dahin von Weston ausgegangen war, erlosch. Es schien, als würde Weston mit dem dunklen Etwas, das ihn berührte, verschmelzen.

Innerhalb eines einzigen furchtbaren Augenblicks verwandelte er sich zu etwas Dunklem, Schattenhaften. Ein formloses Etwas aus reiner Finsternis, das von den geisterhaften Armen mit einem zischenden Geräusch ins Innere der Kugel hineingezogen wurde.

Der Kristall war jetzt dunkel.

Erfüllt von einer Art schwarzem Gas.

Der Singsang war längst verebbt und die Anwesenden starrten mit Entsetzen dorthin, wo so eben noch Weston gestanden hatte.

Erschrockenes Schweigen füllte den Raum. Nur das dumpfe Grollen des Donners war zu hören, während sich die Anwesenden mit weit aufgerissenen Augen umsahen.

Sie hatten damit gerechnet, daß etwas geschah... Etwas Ungewöhnliches, etwas, das ihrer Gier nach prickelndem Nervenkitzel und ihrer düsteren Sehnsucht nach dem Geheimnisvollen Nahrung gab...

Aber keiner von ihnen hatte erwartet, Zeuge eines so unerklärlichen Vorfalls zu werden.

Weston war verschwunden und hatte sich auf unheimliche Weise in etwas verwandelt, das sich nun im Innern der Kugel zu befinden schien.

"Es ist furchtbar!" stieß Sir Edward hervor und wischte sich mit einem Taschentuch den kalten Angstschweiß von der Stirn. Das Herz des Gastgeber raste noch immer wie verrückt und es gelang ihm nur langsam, sich einigermaßen zu beruhigen.

Kopfschüttelnd starrte er auf das Kristall und schluckte.

"Ich habe von Anfang an gesagt, daß das Risiko zu groß

ist!" meldete sich ein jüngerer Mann mit belegter Stimme.

"Was ist mit Mr. Weston geschehen?" fragte dann jemand anderes, während es im Hintergrund wieder heftig blitzte und donnerte. Regen prasselte gegen die Scheiben.

"Die Antwort", murmelte Sir Edward mit einem Gesichtsausdruck, aus dem das blanke Entsetzen sprach, "liegt dort drin..." Und damit deutete er auf die Kugel. Jemand machte Licht.

Und nun war die Wolke aus wabernder Finsternis im Innern des Kristalls gut zu sehen.

"Mein Gott, was haben wir getan?" flüsterte Sir Edward.

"Ich glaube, daß er es gewollt hat", meldete sich nun eine Dame zu Wort. Sie war in den Dreißigern, hatte blondes, hochgestecktes Haar und einen entschlossenen, selbstbewußten Blick.

Sir Edward wandte sich zu ihr herum und sah sie verständnislos an.

"Aber Gwyneth!" rief er. "Wie kommen Sie nur auf diesen absurden Gedanken?"

Sie zuckte die Schultern. "Ich weiß nicht", sagte sie. "Es ist nur so ein Gefühl... Ich habe Mr. Weston als einen Mann kennengelernt, der sehr genau wußte, was er tat!" Und damit ließ sie ihre Hand zu dem jetzt völlig schwarzen Kristall gleiten und berührte diesen. Die Art und Weise, in der sie das tat, war beinahe zärtlich zu nennen...

"Ich glaube, wir werden Mr. Weston wiedersehen!" war sie überzeugt.

Die halb verwirrten und halb noch immer vom Entsetzen gezeichneten Blicke der anderen beachtete sie dabei nicht.

*

"Guten Tag, bin ich hier richtig bei Mrs. Kimberley Pearson?" fragte der Mann mit den sympathischen blauen Augen und dem nach hinten gekämmten dunklen Haar, dem ich an diesem Abend die Tür von Tante Kims Villa geöffnet hatte.

Ich strich mir eine Strähne meines schulterlangen brünetten Haars aus dem Gesicht und nickte.

"Ja, da sind Sie hier richtig, Mister...."

"Clifton. George Clifton." Er gab mir die Hand. Unsere Blicke trafen sich und verschmolzen für einen Augenblick miteinander. Clifton hielt meine Hand eine Nuance länger, als eigentlich notwendig. Ein angenehmes Prickeln ging von dieser Berührung aus. Dann sagte er: "Ich hatte mir Mrs. Pearson eigentlich etwas älter vorgestellt..."

"Oh, Mrs. Pearson ist meine Großtante. Mein Name ist Teresa Allister. Ich wohne hier..."

"Ah, ich verstehe... Trotzdem, es freut mich sehr, daß wir uns auf diese Weise kennengelernt haben..." Seit dem frühen Tod meiner Eltern lebte ich in der Villa von Kimberley Pearson - Tante Kim, wie ich sie nannte - die mich wie eine eigene Tochter aufgezogen hatte. Inzwischen war ich 26 , hatte einen Job als Reporterin beim London City Guardian und das, was man gemeinhin als 'erwachsen'

bezeichnet. Dennoch lebte ich noch immer bei Tante Kim in der Villa, deren Rolle in meinem Leben sich langsam von einem Mutter-Ersatz zu einer vertrauten Freundin gewandelt hatte, die mir mit Rat und Tat zur Seite stand.

Ich bemerkte den kleinen Koffer, den George Clifton in der Linken hielt.

"Kommen Sie herein", sagte ich freundlich zu ihm. "Tante Kim hat mir schon davon erzählt, daß Sie heute kommen..."

"Ja, ich brauche dringend den Rat Ihrer Großtante", murmelte er, während er mir folgte.

Tante Kims Villa ist ein einziges Sammelsurium aus Dingen, die den meisten Leute ziemlich eigenartig erscheinen mußten.

Überall befanden sich überquellende Bücherregale mit teils uralten, staubigen Folianten und sonderbaren Schriften, die sich größtenteils mit Themen wie Okkultismus, Geisterbeschwörung und übersinnlicher Wahrnehmung befaßten. Unterbrochen wurden diese endlosen Bücherreihen immer wieder durch Pendel, Geistermasken, afrikanische Fetische und andere Gegenstände, die mit diesem Themenbereich zusammenhingen. Dazu kamen noch

zahllose Fundstücke, die Tante Kims verschollener Mann Franklin Pearson, der ein anerkannter Archäologe gewesen war, von seinen ausgedehnten Forschungsreisen mit nach England gebracht hatte und die nun ihren Platz in den überfüllten Räumen dieser Villa gefunden hatten. Ein Kabinett der Kuriositäten, das seinesgleichen suchte. Für einen Außenstehenden war die Ordnung in alledem kaum zu erkennen, aber Tante Kim wußte in diesem scheinbaren Chaos sehr genau bescheid.

Ihr besonderes Interesse war der Okkultismus und alles, was mit dem Übersinnlichen in irgend einer Form zusammenhang. Und

auf diesem Gebiet besaß sie eines der größten Privatarchive in England.

Über die Jahre hinweg hatte sie nicht nur fleißig okkulte Schriften auf Trödelmärkten und bei Haushaltsauflösungen oder anderen Gelegenheiten erworben, sondern auch alle verfügbaren Presseberichte zum Thema gesammelt und sorgfältig archiviert. So war sie zu einer Expertin auf diesem Gebiet geworden. Ich führte George Clifton in die Bibliothek, so wie Tante Kim es mir zuvor gesagt hatte.

Sie lächelte, als sie uns sah und begrüßte Clifton.

"Ich bin sehr froh, daß ich zu Ihnen kommen konnte", sagte der Gast. "Schließlich gibt es nicht allzuviele, die man auf dem Gebiet des Okkulten um Rat fragen könnte..." Tante Kim, eine ältere Dame mit sympathischen Zügen und freundlich leuchtenden Augen nickte.

"Ja, und die meisten, die sich auf diesem Gebiet tummeln, sind nur Scharlatane, die sich entweder wichtig machen wollen oder nur darauf aus sind, mit der Sehnsucht der Menschen nach dem Unerklärlichen ihr Geschäft zu machen."

"Sie sagen es", nickte Clifton. "Aber Ihr Ruf scheint in dieser Beziehung ja über jeden Zweifel erhaben zu sein!" Ich sah Clifton von der Seite her an. Er hatte ein klassisches Profil und der modisch geschnittene Anzug, den er trug, saß ihm wie angegossen.

Er sah sehr attraktiv aus und das Timbre seiner Stimme brachte unwillkürlich eine Saite in mir zum klingen. Tante Kim wollte offensichtlich gleich zur Sache kommen.

"Am Telefon sagten Sie, daß es um eine Kristallkugel ginge, Mr. Clifton...", sagte Tante Kim und in ihren Augen leuchtete etwas von der Faszination auf, die sie immer dann empfand, wenn es darum ging, ein okkultes Rätsel zu lösen.

"Was Sie mir während unseres Telefongesprächs sagten, klang ja schon äußerst interessant!"

Clifton hob das Köfferchen. "Ich habe alles mitgebracht", erklärte er.

"Auf den Tisch!" forderte Tante Kim und deutete auf ein kleines rundes Tischchen in der Mitte der Bibliothek, um das ein paar zierlich wirkende Stühle herumgruppiert waren. Clifton legte den Koffer auf die Tischplatte und öffnete ihn. In eine Vertiefung aus Schaumstoff war eine Kristallkugel eingelassen, die in etwa die Größe eines menschlichen Kopfes hatte.

Sie schimmerte matt.

Clifton entnahm dem Koffer einen hölzernen, mit Filz besetzten Ständer für die Kugel, setzte ihn in die Tischmitte und griff dann vorsichtig mit beiden Händen nach der Kugel. In dem Moment, als er sie berührte, schien sich deren Inneres leicht zu verändern. In dem, matten Grau bildeten sich dunkle Flecken, während gleichzeitig ein eigenartiges Leuchten von der Kugel ausging. Ein Leuchten, daß so kräftig war, daß es selbst durch die Hände des dunkelhaarigen Mannes hindurchging und diese transparent erscheinen ließ. Nur die Knochen der Finger bildeten dunkle Schatten.

Clifton stellte die Kugel auf den Ständer und atmete tief durch.

Tante starrte mit einer Mischung aus Begeisterung und Besorgnis auf die Kugel.

"Ich habe schon Dutzende von Kristallkugeln gesehen, aber..." Sie stockte und schüttelte dann langsam den Kopf.

"Aber keine, die auch nur entfernt mit dieser hier vergleichbar gewesen wäre..."

"Ich kenne mich da zugegebenermaßen nicht so aus", meinte Clifton.

"Unglaublich!" flüsterte Tante Kim derweil ergriffen. Sie war derart gefangen genommen von dem Anblick, der sich ihr bot, daß sie mehr zu sich selbst sprach als zu Clifton. Die Oberfläche der Kugel veränderte sich jetzt. Verschwommene Bilder tauchten auf - offenbar aus dem Inneren eines Gebäudes. Die Wände schienen eigenartig verzogen zu sein. Alles wirkte verzerrt, wie in einem Hohlspiegel.

Und dann wurde eine schattenhafte Gestalt für einen kurzen Augenblick sichtbar. Eine Gestalt aus formloser Dunkelheit. Das einzige, das erkennbar war, waren die überlangen Arme mit den großen Händen, die ständig nach irgend etwas zu greifen schienen.

Dann erschienen Gesichter.

Verzerrte Gesichter, aber unzweifelhaft menschlich. Sie erschienen in rascher Folge und manche von ihnen hatten die Augen weit aufgerissen, wie angesichts eines furchtbaren Schreckens.

Dann war es plötzlich zu Ende.

Ein grauer Nebel schien alles einzuhüllen. Seine wabernden Schwaden überdeckten die Bilder und schon nach wenigen Augenblicken war nichts mehr zu sehen, als eine mattgraue Oberfläche.

"Wie kommen Sie in den Besitz dieser Kugel, Mr. Clifton?" fragte Tante Kim fast tonlos. Dann wandte sie den Kopf und sah Clifton erwartungsvoll an.

Die innere Ergriffenheit war ihr deutlich anzumerken und ich begann zu ahnen, daß hier möglicherweise etwas auf dem Tisch lag, dessen wahre Bedeutung noch keiner von uns wirklich abschätzen konnte.

"Nun, das ist eine längere Geschichte", erklärte Clifton, knöpfte dabei den mittleren Knopf seines Jacketts auf und steckte die Hände in die Hosentaschen. Sein Blick war starr auf die Kugel gerichtet. "Vor kurzem verstarb Sir Edward Barnham bei einem tragischen Verkehrsunfall. Er ist der Bruder meiner Mutter, die einen Amerikaner aus Baltimore geheiratet hat. Über Onkel Edward wußte ich bislang nur, daß

er existierte. Wir hatten kaum Kontakt zu ihm. Um es kurz zu machen: Ich bin der einzige Verwandte und daher sein Erbe. Zur Zeit bin ich gerade dabei, den Nachlaß zu ordnen, und dabei ist das hier aufgetaucht..."

"Verstehe", murmelte Tante Kim.

"Sie sind Amerikaner?" fragte ich dazwischen. Clifton nickte.

"Ja. Ich habe in New York meine Anwaltspraxis..."

"Man hört es Ihnen nicht an, daß Sie von der anderen Seite des großen Teichs kommen!"

Er lächelte matt.

"Wenn Sie das sagen, klingt es charmant, Miss Allister!" Er wandte sich an Tante Kim und meinte dann: "Ich weiß

nicht, was ich von dieser Kristallkugel halten soll. Sie erscheint mir irgendwie... eigenartig."

"Eine außergewöhnliche Kristallkugel!" flüsterte Tante Kim.

Clifton machte eine Bewegung nach vorn und griff erneut in den Koffer, in dem sich die Kugel befunden hatte. Er holte aus einem verschließbaren Seitenfach einige in brüchiges Leder gebundene Bände hervor. Uralte Schriften, so hatte es den Anschein.

"Sehen Sie, mein Onkel war genau wie Sie, Miss Pearson, stark an okkulten Dingen interessiert. Er sammelte buchtstäblich alles, was auch nur entfernt mit diesem Bereich zu tun hatte. Er vernachlässigte darüber alles andere, geriet in finanzielle Bedrängnis und mußte zum Schluß sogar zahlreiche Einrichtungsgegenstände seines Landhauses Barnham Manor verkaufen... Jedenfalls befindet sich das Anwesen in einem äußerst vernachlässigtem Zustand! Teils, weil wohl das Geld fehlte, teils, weil sich das Interesse meines Onkels für okkulte Dinge zu einer Art Sucht ausweitete, über der er alles andere zu vergessen drohte..."

"Wissen Sie, wer vor Ihrem Onkel im Besitz dieses Kristalls war?" fragte Tante Kim.