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Die junge Redakteurin Sabrina Summer fliegt mit ihrer Freundin Lesley nach Schottland, um eine Dokumentation über das geheimnisvolle Blaanstone Castle zu machen. Ein geheimnisvoller Anrufer versucht, sie von ihrem Vorhaben abzubringen. Erst als die beiden Freundinnen das Schloss erreichen, zeigt sich die Gefahr, vor der sie gewarnt wurden. Sabrina und Lesley müssen sich der Gefahr stellen, aber sie wissen den Mönch von Blaanstone Castle an ihrer Seite.
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Seitenzahl: 152
Veröffentlichungsjahr: 2024
Michaël Moritz
Der Mönch von Blaanstone Castle
Das Buch
Die Journalistin Sabrina Summer erhält den Auftrag, für ein renommiertes Kunstmagazin einen Beitrag über das geheimnisvolle Schloss Blaanstone Castle zu schreiben. Mit Freundin Lesley bricht sie nach Schottland auf, ohne zu ahnen, dass dunkle Kräfte der Vergangenheit schon ihre Fäden um die beiden Freundinnen gesponnen haben.
Der Autor
Michaël Moritz hat Philosophie und Physik studiert. Er lebt und arbeitet in Berlin als Schriftsteller, Werbetexter und Bühnenautor. Sein Hauptinteresse gilt dem Mysteriösen und Unerklärbaren.
Es gibt Tore zu einer Welt hinter der Welt. Eines befindet sich in den Kellergewölben dieser Festung. Durch dieses suchen uns Wesenheiten auf, die vor Urzeiten Blaanstone Castle errichtet haben.
⸺ Lord Avery of Blaanstone
Impressum
Der Mönch von Blaanstone Castle
Copyright 2024 Michaël Moritz
ISBNSoftcover978-3-384-20246-8
ISBNeBook978-3-384-20247-5
Druck, Publikation und Distribution:
tredition GmbH,
Heinz-Beusen-Stieg 522926 Ahrensburg, Deutschland
Covergrafik: Raggedstone, Shutterstock Inc.
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors.
Michaël Moritz
c/o Block Services
Stuttgarter Straße 106
70736 Fellbach
eMail: [email protected]
Homepage des Autors: michaelmoritz.de
Sie sahen die schwachen Boden- und Positionslichter auf der Landebahn. Dann hielt die Maschine. Langsam liefen die Triebwerke aus. Lesley wollte nach vorne stürmen. AberSabrina zog sie zurück. Eine Ahnung befiel sie. »Lesley, ich glaube, wir müssen jetzt sehr stark sein!« Kaum hatte Sabrina diesen Satz gesagt, schrie Lesley auf. »Was ist los mit ihm, Sabrina? Was ist los? Ist er ...?« Sabrina ging langsam, ganz langsam nach vorne und drehte sich im Zeitlupentempo kalkweiß zu Lesley.
Abrupt riss der blaue Honda vor ihr die junge Frau aus ihrer Gedankenwelt. Kompromisslos wütend schoss Sabrina Summer aus ihrem funkelnagelneuen Mini Cooper. Der Fahrer hatte völlig unvorhersehbar gebremst. Dass ihre Neuanschaffung jetzt kein Unfallfahrzeug war, hatte sie alleine ihrer außergewöhnlich guten Reaktionsfähigkeit zu verdanken.
»Das ist ja noch einmal gutgegangen!«, hörte sie den Fahrer beschwichtigend sagen, bevor dieser vollständig seinem Honda entstiegen war.
»Hatten wir es denn schon einmal miteinander zu tun?«, nagelte sie ihn auf sein Wort hin fest. Der erschien ihrer Erwartung gemäß verwundert.
»Sie meinen?«
»Ich weiß, Männer sind nun mal von Natur aus etwas langsam. Sie sagten ›noch einmal‹. Wann hatten wir denn schon einmal das Vergnügen?«
Sabrina schaute belustigt in seine leicht verunsicherten Gesichtszüge und half ihm aus seiner Verlegenheit.»Es braucht wirklich nur ein Haar, um den Abstand zwischen den Stoßstangen zu füllen!«, bewunderte sie erst ihre Reaktionsleistung und dann das Blau in den Augen des lächelnden, etwas verschüchtert wirkenden jungen Mannes. Er schien gut einstecken zu können. Ihr Zorn war verflogen. »Ihnen ist nichts passiert?«, hörte sie sich fragen.
»Ich möchte Sie dasselbe fragen«, entgegnete freundlich der Hondafahrer.
Das Blau seiner Augen leuchtet wirklich so hell wie der Glanz des Autolackes, dachte Sabrina. Ihre Blicke wanderten zwischen dem strahlenden Gesicht und den hochglänzenden Stoßstangen hin und her.
»Ich war mir nicht sicher, ob die Kleine dort ihrem Ball nachspringen würde. Und da musste ich sofort vollbremsen.«
Sabrina versuchte, über seine Schultern hinweg in die Richtung zu schauen, in die der Daumen des Mannes wies.
»Welche Kleine denn?«, unterbrach sie ihn.
»Na, das kleine Mädchen auf dem Bürgersteig. Sein Ball muss unter meinem Wagen liegen. Nur gut, dass ich mich geirrt hatte. Das Kind war nicht auf die Straße gesprungen.«
Sabrina schaute dem Burschen in die Augen. »Sie haben sich mehr als geirrt!« Sie betonte jedes Wort langsam.
»Wieso ›mehr als‹? Warten Sie.«
Der junge Mann geriet in Panik und drehte sich um. Was er sah, verärgerte nunmehr ihn. Es gab kein kleines Mädchen auf dem Bürgersteig.
»Moment, der Ball muss unter dem Wagen liegen!«
Er bückte sich und schaute unter seinen Honda.
»Ich denke, Sie werden keinen Ball finden. Wir sollten sehen, dass wir weiterkommen. Es ist nichts geschehen und hinter uns staut sich der Verkehr!«, hörte er Sabrina sagen. Er erhob sich, rieb seine beschmutzten Hände gegeneinander und stotterte.
»Aber, da war ein Kind, ein kleines Mädchen. Und der Ball, er rollte genau vor meinen Wagen. Ich verstehe das nicht. Ja, und, hm, falls doch noch etwas sein sollte, hier ist meine Karte.«
Sabrina las:
›Gary Crawford, Barrister and Solicitor, Law Office: Davies & Roberts‹.
Sie schob die Karte in ihre Handtasche und überreichte ihm ihre.
Belustigt verfolgte sie, wie der junge Crawford ihren Namen und ihre weiteren Daten ausgiebig zu studieren schien, während eine Handbreit neben ihnen der Verkehr ins Stocken geriet, weil die Schlange hinter ihnen sich in die Nebenspur einfädeln musste.
»Okay, ich werde Sie dann anrufen!«, sagte Gary Crawford, während er in seinen Honda stieg. Und Sabrina rief ihm hinterher: »Wenn etwas sein sollte!« Und wieder hinter dem Steuer gestand sie sich ein, dass sie schon den Wunsch hegte, dass da noch etwas sein sollte. Sie wartete, bis der Honda anfuhr, dann startete sie den Motor.
Erst vor wenigen Tagen hatte sie ihren Traumwagen, einen Mini Cooper Cabriolet mit Sonderaustattung, gekauft. Sie hätte es dem Hondafahrer nie verziehen, wenn ihr Wagen auch nur eine Schramme abbekommen hätte.
Vor zwei Jahren, bevor sie die Stelle als Redakteurin bei dem erfolgreichen Magazin A & A (Amy & Arts) angetreten hatte, wohnte sie noch in Paddington.
Sabrina war Mitte zwanzig, hatte Kunst an der Royal Academy of Arts in Mayfair studiert und danach Besucher durch die kleinen und großen Galerien des Vereinigten Königreiches geführt. Damit hatte sie zwar Arbeit und wenig Geld, aber auch ihren Traumjob.
Später wechselte sie als kunstwissenschaftliche Mitarbeiterin zur bekannten Third Eye Gallery. Seitdem konnte sie sich eine Wohnung im Londoner Stadtteil Kensington leisten. Privatleben kannte sie nicht. Und doch sah sie sich nicht als Karrierefrau.
Ihr Herz hing an der Kunst, die sie zu verschlingen drohte. Sie schrieb beachtete Artikel. Das Magazin A & A wurde auf sie aufmerksam. Zwei Monate später war sie redaktionelle Mitarbeiterin und stolze Besitzerin ihres Cabrios.
Freudig betrat sie ihre Wohnung. Endlich Urlaub! Sie atmete durch, schleuderte ihre Handtasche in die Sitzecke, schob die CD Fear of the Dark von Iron Maiden in ihre Anlage und warf sich auf die Couch. Sie wollte entspannen und hinter sich lassen, als ihr Handy klingelte. Es landete in einer Ecke. Doch der Anrufer gab nicht auf. Widerwillig verurteilte sie Iron Maiden zur Stille und schaute auf das Display. Es war Sabrinas Chefin, Amy Avila.
»Sabrina, es tut mir leid. Es ist wichtig. Sehr wichtig. Verschieb deinen Urlaub. Komm ins Büro. Ich brauche dich!«
»Nein, Amy! Sag, dass das nicht wahr ist!«
Sabrina lauschte, um eine Bestätigung ihrer Hoffnung zu hören, aber ihre Chefin schwieg. Mit »Ich überlegs mir, Amy« unterbrach sie die belastende Pause und erschien sich fremd. Sie hatte ihrer Chefin vieles zu verdanken und jetzt zeigte sie sich von ihrer unduldsamen Seite. Dies war nicht ihre Art. Und Amy hatte sicher triftige Gründe. Aber Sabrina fühlte sich ausgebrannt und urlaubsreif. So fügte sie ein leises »Ich rufe zurück« hinzu.
Grübelnd schlich sie durch ihre Wohnung. In der Diele hing ein naturalistisches Ölgemälde. Der Turm am Meer war ein Erbstück ihres vor wenigen Jahren verstorbenen Onkels Greg, der in den USA ein bekannter Maler gewesen war. Der Liebhaberwert eines echten Greg Green war in den Jahren gestiegen. Turm am Meer sei im Privatbesitz, hieß es offiziell. Der Besitzer war der Kunstwelt nicht bekannt. Das Bild, eine surreale Mischung aus Naturalismus und naiver Malerei, zeigte eine mittelalterliche Mönchsgestalt im Mondlicht vor dem Turm einer Burg in unmittelbarer Küstennähe.
Sabrina mochte das Bild nicht sonderlich. Jetzt blieb sie vor ihm stehen und fragte, mehr an den Kapuzenmönch als an sich gerichtet, wie sie sich entscheiden solle. In diesem Moment klingelte ihr Handy erneut. Amy, du nervst, dachte sie. Im Display aber erschien der Hinweis auf eine unbekannte Rufnummer. Zögerlich meldete sie sich.
Fremd und dunkel drang eine uralte männliche Stimme aus dem Handy in ihr Ohr.
»Sabrina Summer!« Die Stimme klang wie die eines dem Erdreich soeben Entstiegenen. Sabrina spürte, wie sich auf ihrem Rücken und ihren Armen Gänsehaut bildete.
Geistesgegenwärtig drückte sie gleichzeitig die Taste des Lautsprechers und die ihres Diktaphons. Unerträglich wirkte die Pause. Die Stimme fuhr fort.
»Befolge deinen Auftrag. Eine Auszeit nimm später! Es ist ratsam! Ich helfe.«
Es folgte ein Schweigen in der Leitung, das in Sabrinas Phantasie der Stille im Totenreich gleichkam. Sabrina wartete einen Moment. Die Leitung blieb tot. Sie konnte das soeben Gehörte nicht fassen. Die Geistesgegenwart, die sie noch vor einer knappen halben Stunde hatte, verließ sie und hinterließ Ratlosigkeit. Die Stimme des Unheimlichen hätte gut zu dem Kapuzenmönch passen können, dessen Bild mit seiner mystischen Eindringlichkeit sie zu ergreifen versuchte. Sie hätte beinahe vergessen, die Aufnahme zu beenden, nachdem die Verbindung getrennt war.
Ungläubig starrte sie ihr Handy an, so als ob sie durch das Display hindurch die Nummer des Unbekannten doch noch erkennen könnte. Sie legte das Mobiltelefon und das Diktaphon auf die Eichenkommode unterhalb des Ölgemäldes. In der Küche brühte sie sich einen extrastarken Mokka auf und kramte die Visitenkarte des blauäugigen Hondafahrers hervor. Warte Bürschchen!, dachte sie, so nicht!
Langsam fand sie zu ihrer Ursprünglichkeit zurück, marschierte zum Smartphone und wählte die Nummer ihres Honda fahrenden Brokers. Die weibliche Stimme einer Mailbox dämpfte ihre Entrüstung. Gemäßigt sprach sie auf:
»Hi, hier ist Sabrina Summer. Die Nummer mit der verstellten Stimme war total daneben. Ich er-warte Ihre Entschuldigung nach meiner Rückkehr.
Sie sind ja bestens informiert.«
Und mit tiefer Stimme ahmte sie den unheimlichen Anrufer nach:
»Gary Crawford! Befolge diesen Auftrag. Deine Zeit ist sonst um! Es ist ratsam! Ich helfe.«
Zufrieden beendete sie ihre Ansage. So, dem habe ich die richtige Antwort verpasst. Jetzt können mich alle. Ich habe Urlaub. Und wenn jetzt das Handy klingelt, werde ich ganz ruhig den Mokka trinken und niemand kann mich dazu bewegen, dieses verdammte kleine Ding zu nehmen und zu ..., sagte sie zu sich.
Weiter kam sie nicht mit ihrem Vorsatz. Denn das kleine verdammte Ding meldete sich erneut. Sabrina konnte nicht aus ihrer Haut. Der leichte Schauder war verflogen. Sie blinzelte dem Kuttenmönch in Öl entgegen, setzte die Mokkatasse ab und drückte auf Empfang.
»Du wolltest zurückrufen, Sabrina, es ist so wichtig, dass du ...«
Sabrina atmete tief durch. »Ich komme nicht, Amy! Versteh doch. Was kann es Wichtiges geben,
dass ich ein solches Opfer bringe?«
»Ich versteh dich ja, aber ...«.
»Kein ›aber‹, Amy, ich will nicht und ich brauche die freien Tage. Ich bin ausgebrannt.«
»Ist das dein letztes Wort, Sabrina? Überleg dir die Antwort gut!«
»Soll das ein Ultimatum sein, Amy?«
»Meinetwegen denk, es sei eins. Jedenfalls ist es wichtig. Würde ich sonst einen solchen Aufstand machen?«
»Heute scheint sich alles gegen mich zu erheben, Amy.«
»Wieso? Hast du Probleme?«
»Ob ich Probleme habe? Vorhin hätte ich fast einen Unfall gebaut, dann terrorisiert mich der Unfallgegner mit einer Stimme aus dem Totenreich und fordert mich auf, unbedingt meinen Urlaub zu verschieben. Möchte wissen, woher der wusste, dass ich heute in Urlaub fahre. Du drängst mich, dieser Totenstimme zu folgen. Und dann fragst du noch, ob ich Probleme habe!«
»Gerade, weil ich dich besser verstehe als du jetzt ahnen kannst, bitte ich dich dringend, zu kommen! Wenn du nicht kommst, haben wir Probleme und du auch, Sabrina!«
»Und mit denen soll ich dann Urlaub machen? Das hast du dir ja gut zurechtgelegt, Amy!«
»Sabrina, bitte, ich brauche dich wirklich. Es geht um eine außergewöhnliche Story. Und du kannst dir einen Namen machen!«
Sabrina spürte, dass Amy sie langsam weichkochte. Sie hatte sie an ihrem empfänglichsten Punkt getroffen, an dem der Neugier.
»Geht es vielleicht etwas deutlicher, Amy?«
»Bis gleich, Sabrina! Und lass nicht allzu lange auf dich warten!«
Sabrina atmete tief durch. »Dann muss ich wohl!«, rief sie schicksalsergeben dem Kuttenmönch zu. Und plötzlich erschien er ihr nicht mehr ganz so düster wie vorher. Sabrina genoss trotzig ihren Mokka, glitt aus ihren Kleidern, duschte und saß wenige Minuten später wieder in ihrem Mini. Diesmal beeinträchtigte sie kein Hondafahrer auf dem Weg zur Redaktion. Sabrina hatte der Ent-
schlusskraft Amy Avilas bestimmender Stimme nichts Überzeugendes entgegenzusetzen! Und ob der Grund für ihr Nachgeben vielleicht doch die angedeutete Aussicht auf Imagegewinn war, wollte sie nicht hinterfragen.
»Was gibt es denn so Wichtiges, dass du mir den Urlaub vermasselst?«, rief Sabrina, als Amy die Tür öffnete.
»Es geht um ein Anwesen in Schottland. Ein sehr altes Castle. Es handelt sich ...«
»Und deswegen versaust du mir den Urlaub?«
»... um Blaanstone Castle«, fuhr Amy fort, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. Sabrina überlegte, ob ihr der Name des Hauses etwas sagen müsste. Sie war sich sicher, sie hatte den Namen schon gehört. Irgendetwas hatte dieses Haus in die Londoner Presse gebracht. Aber sie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern.
»Du willst doch nicht etwa, dass ich nach
Schottland …«.
Amy ließ sie nicht aussprechen.
»Noch heute, Sabrina. Du fliegst noch heute. Blaanstone Castle steht uns erstmals offen. Wir werden in dieses bisher verschlossene Kunstjuwel eingelassen. Jahrzehnte entzog sich dieses historische Gebäude dem Publikum. Niemand wollte sich um dieses Haus kümmern. Es gab viele Gründe. Aber jetzt haben wir die Möglichkeit, mit einer Dokumentation an die Öffentlichkeit zu gehen.
Es befinden sich jahrhundertealte Gemälde, die man in diesem Gemäuer vermutet hatte. Flieg noch heute los. Mach eine Reportage und du erhältst einen Scheck, der dich deinen Urlaubsaufschub vergessen lässt!«
»Haben wir denn schon Foto- und Filmgenehmigung für das Anwesen?«
»Ja, das ist es ja. Der Eigentümer hat nichts dagegen. Ich denke, deine Anwesenheit vor Ort wird ihn sicher dazu bewegen, dass er auch etwas dafür hat!«
Jetzt holte Sabrina die volle Entrüstung ein.
»Du sagst, dass wir keine Genehmigung haben? Dass es sein kann, dass ich völlig umsonst diesen
Weg in die Einöde mache?«
»Umsonst?«, pfiff Amy Avila zurück.
Sabrina konterte: »Ach ja, ich vergaß, der Scheck!«
Sie gefiel sich in ihrer gespielten Unabhängigkeit. Sie bewunderte Amy wegen ihres Erfolges.
Die Erfolgreiche aber ließ sich nicht beirren: »Ich will, dass unser Magazin das erste ist, das über dieses Haus berichtet. Schau dir an, wieviele Seiten der Tagespresse dieser Steinkasten schon gefüllt hat. Selbst Mordgeschichten sind mit dem Gemäuer verbunden. Alle Welt reißt sich darum, dem Geheimnis dieses Hauses mit seinen Bewohnern, seinen Kunstschätzen und seiner Mystik auf die Spur zu kommen.«
»Ich glaube, es wird ein hartes Stück Arbeit werden, Amy!«
»Ein interessantes Stück Arbeit, Sabrina, ein sehr interessantes Stück Arbeit. In gesunder und unterhaltsamer Gegend!«
»Klangen da nicht auch Mordgeschichten durch, Amy?«, versuchte Sabrina ihre Chefin aus-zubremsen.
»Finde sie heraus, Sabrina! Einen Anfang hast
du ja schon!« Sabrina schaute Amy fragend an:
»Einen Anfang?«
Amy wurde konkret.
»Sprachst du nicht von einem unheimlichen Anrufer?«
Jetzt verstand Sabrina.
»Es war eine Lachnummer mit Gruseleinlage. Ich hatte sie aufgezeichnet und diesen Rechtsverdreher zurückgerufen. Mit seiner Stimme. Es war schon komisch.«
Sabrina musste lachen und imitierte die Stimme.
»Du hast den Anruf aufgezeichnet?«
»Ja! Willst du ihn hören?«
Sabrina kramte ihr Diktaphon hervor und bemerkte Amys interessierte und erstaunte Blicke. Im nächsten Moment aber musste Sabrina staunen. So oft sie auch die Wiedergabetaste drückte, das
Aufnahmegerät schwieg.
»Ich verstehe es nicht, ich bin absolut sicher, ich habe die Aufnahmetaste gedrückt. Und ich habe
die Aufnahme ohne Fehlermeldung beendet.«
Sabrina versuchte es mit dem Lautsprecher. Bevor sie jedoch abschließend etwas sagen konnte, meldete sich das Handy.
Wahrscheinlich wieder der Hondafahrer!
Sabrina zuckte entwaffnend mit den Schultern, aber ihre Miene gefror, als sie die Stimme des Anrufers hörte. Sofort schaltete sie den Lautsprecher und das Diktaphon ein. Da war sie wieder, diese tiefe, ruhige und zeitlos wirkende Stimme:
»Sabrina Summer! Befolge deinen Auftrag. Eine Auszeit nimm später! Es ist ratsam! Ich helfe.«
»Hören Sie!«, rief Sabrina, nein, schrie sie in das kleine Mikrofon, »Sie bestimmen nicht, was ich zu tun und zu lassen habe. Mit Ihrem Honda ist nichts geschehen, also lassen Sie mich in Ruhe!«Aber die fremde, monotone, düstere Stimme wiederholte ihre Warnung. Sabrina holte tief Luft. Nur schwer beruhigte sie sich und schaute for-
dernd ihre hochkonzentrierte Chefin an.
»Und, was sagst du dazu?«
»Wozu?«, fragte Amy.
Sabrina hatte den Eindruck, Amy wolle mit ihrer Frage auf etwas Bestimmtes hinaus.
»Na, zu den Worten des Anrufers. Du hast sie doch gehört!«
Sabrina versuchte, die Gedanken ihrer Chefin zu ergründen.
»Sabrina, ist alles in Ordnung mit dir? Ich habe nichts gehört! Da war kein Anrufer!« Sabrina glaubte, der Boden unter ihren Füßen würde schwanken.
»Das kann nicht dein Ernst sein, Amy! Ich hatte den Lautsprecher eingeschaltet. Du musst etwas gehört haben! Du musst mir glauben!«
Hilflos und beschwörend zugleich versuchte Sabrina in den Augen ihrer Chefin zu lesen. Amy Avila erhob sich, zauberte einen erstklassigen Tee herbei und überreichte Sabrina ein Buch. Sabrina las laut den Titel: Blaanstone Castle - Zeiten in Stein.»Alles, was wir über Blaanstone Castle wissen,
findest du in diesem Buch. Nimm es mit.«
Sabrina wusste nicht, was sie denken sollte. Wieder konnte sie nicht glauben, was sie gehört hatte. Ihre Gedanken hafteten zu sehr an dem soeben Erlebten.
»Ich weiß, Sabrina, du bist noch ganz bei dem Anruf.«
Amy Avila setzte sich Sabrina gegenüber und schaute interessiert zu, wie sie aus Höflichkeit ihre gedankliche Abwesenheit mit vordergründigem Interesse für das Buch überspielte. Amy ließ die Ruhe zwischen ihnen wirken und Sabrina spürte allmählich, dass ihre Chefin ihr wohl noch mehr zu sagen hatte. Sie ließ wie erlöst von dem Buch ab und schaute hoch.
»Sabrina, es ist nicht so, dass ich dich nicht verstünde. Irgendetwas geschieht um uns, das sich einer Erklärung entzieht. Aber vielleicht ist es auch nur Zufall.«
Sabrina schaute wie elektrisiert auf, sagte aber kein Wort. Amy Avila erhob sich und deutete an, das Büro verlassen zu wollen. Noch in der Tür stehend fand sie dann doch einige Worte mehr für Sabrina:
»Ich habe gestern etwas Ähnliches erlebt. Ich