Der Nekromant  - Totennacht - M.R. Forbes - E-Book

Der Nekromant - Totennacht E-Book

M.R. Forbes

4,9

Beschreibung

SIE HERRSCHEN ÜBER DIE LEBENDEN, DOCH ER BEFEHLIGT DIE TOTEN. In einer Zeit, in der die Magie in die Welt zurückgekehrt ist, schlägt sich Conor Night mit dubiosen Gelegenheitsjobs durchs Leben. Er hat die Fähigkeit Tote zum Leben zu erwecken, doch er selbst ist todkrank. Nur eine verbotene Substanz erhält ihn am Leben. Als er ein lukratives Jobangebot bekommt, kann er nicht widerstehen. Schon bald steht er Mächten gegenüber, die ihm weit überlegen sind. Doch auch Conor hat ein paar Tricks auf Lager, mit denen seine Gegner nicht rechnen … "Totennacht" ist der Auftakt der dreiteiligen Urban Fantasy-Reihe "Der Nekromant".

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 540

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,9 (18 Bewertungen)
17
1
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



M. R. Forbes

DERNEKROMANT

– TOTENNACHT –

Titel der englischen Originalausgabe:

DEAD OF NIGHT

1. Auflage

Veröffentlicht durch den

MANTIKORE-VERLAG NICOLAI BONCZYK

Frankfurt am Main 2016

www.mantikore-verlag.de

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe

MANTIKORE-VERLAG NICOLAI BONCZYK

Text © M.R. Forbes 2014

Deutschsprachige Übersetzung: Andrea Blendl

Lektorat: Felix Heitmann

Satz: Karl-Heinz Zapf

Covergestaltung: Jelena Begoviç & Matthias Lück

VP: 135-107-01-03-0117

ISBN: 978-3-945493-81-6

M. R. Forbes

DERNEKROMANT

– TOTENNACHT –

Aus dem Englischen vonAndrea Blendl

Roman

Inhalt

EINS: Über diesen Job…

ZWEI: Sweet Caroline.

DREI: Ist das medizinisch notwendig?

VIER: Hatte nie einen Freund wie mich.

FÜNF: Sieht leicht genug aus.

SECHS: Es ist nicht leicht, ein Grünschnabel zu sein.

SIEBEN: Keine Ruhe für die Verdammten.

ACHT: Danke, Oma!

NEUN: Eine Legende in der Entstehung.

ZEHN: Boxenstopp.

ELF: Mickey hineinschmuggeln.

ZWÖLF: Wie Süßigkeiten nehmen.

DREIZEHN: Lady in Red.

VIERZEHN: Ein Fall von Heißhunger.

FÜNFZEHN: Ich liebe New York.

SECHZEHN: Berühmt.

SIEBZEHN: Der Nekro und die Jin.

ACHTZEHN: Zu nahe, um angenehm zu sein.

NEUNZEHN: Das Mädchen mit dem Drachentattoo.

ZWANZIG: Hier, Junge!

EINUNDZWANZIG: Sie hat mich vollgeschleimt.

ZWEIUNDZWANZIG: Drei Sterne.

DREIUNDZWANZIG: Pacman oder Donkey Kong?

VIERUNDZWANZIG: Ich dachte schon zuvor, die Dinge stünden schlecht.

FÜNFUNDZWANZIG: Sind wir schon da?

SECHSUNDZWANZIG: Umarmungen und Küsse.

SIEBENUNDZWANZIG: Hexe mit einem „H“.

ACHTUNDZWANZIG: Verloren.

NEUNUNDZWANZIG: Das ist Amore.

DREISSIG: Guter Fisch.

EINUNDDREISSIG: Geister in der Maschine.

ZWEIUNDDREISSIG: Maschinenkopf.

DREIUNDDREISSIG: Dumb ways to die.

VIERUNDDREISSIG: Wer lebt schon ewig?

FÜNFUNDDREISSIG: Drei kleine Schweinchen.

SECHSUNDDREISSIG: Schiedsrichter.

SIEBENUNDDREISSIG: Auf gestern.

ACHTUNDDREISSIG: Berührt.

NEUNUNDDREISSIG: Mission impossible.

VIERZIG: Tadaa.

EINUNDVIERZIG: Sechs zu eins, ein halbes Dutzend…

ZWEIUNDVIERZIG: Wenn es um Rache geht…

DREIUNDVIERZIG: Es wird schwarz.

VIERUNDVIERZIG: Souvenir.

FÜNFUNDVIERZIG: Offene Wunden.

SIEBENUNDVIERZIG: Die großartigste Flucht.

ACHTUNDVIERZIG: Das Spiel.

NEUNUNDVIERZIG: Kenne deinen Feind.

FÜNFZIG: Das hat mir früher besser gefallen…

EINUNDFÜNFZIG: Nein, wirklich. Kenne deinen Feind.

ZWEIUNDFÜNFZIG: Netter Abend für einen Spaziergang.

DREIUNDFÜNFZIG: Smells like Teen Spirit.

VIERUNDFÜNFZIG: Was ist das mit…

FÜNFUNDFÜNFZIG: Schau nicht zurück.

SECHSUNDFÜNFZIG: Das gelobte Land.

EINS

Über diesen Job…

Ich näherte mich der Tür auf meinen Ellenbogen und zog mich wie eine Art mutierter Salamander über den fleckigen braunen Teppich, der den Gang im achten Stockwerk des Hotels Paramour überzog. Es hatte beinahe zehn Minuten an „linker Arm, rechter Arm, zerren und wiederholen“ gedauert, um von der ersten Tür, jetzt zehn Meter oder so hinter mir, zu dieser zu gelangen und zu diesem Zeitpunkt war ich beinahe dazu bereit, aufzustehen und die letzten paar Schritte zu gehen, und sei es nur, um meinen Lungen die Möglichkeit zu geben, sich wieder auszudehnen.

Ich brauchte nur einige Wiederholungen meines Lieblingsmantras, „Ich will nicht sterben“, um mich selbst zu überzeugen, am Boden zu bleiben und weiterzukriechen.

Linker Arm, rechter Arm, linker Arm, rechter Arm.

Schließlich drückte ich mein Auge an die Unterseite der Tür. Ich hatte Glück, dass sie mit so wenig Sorgfalt wie alles andere auf dieser Müllhalde eingehängt worden war.

„Jetzt, wo die Kleinigkeiten ausgeräumt sind… Haben Sie es mitgebracht?“

Als ich unter dem Türrahmen durchlugte, konnte ich nicht sehen, wer gerade sprach, oder überhaupt feststellen, woher die Stimme kam. Was ich sehen konnte, waren drei Fußpaare, zwei auf einer Seite eines Schreibtisches und eines auf der anderen. Sie waren alle in einem etwas schiefen Winkel, was mir sagte, dass die Ziele dort drin gerade saßen. Die näheren Füße waren in ganz normale braune Stiefel verpackt. Der andere Kerl trug schicke, glänzende Slipper, wahrscheinlich Gucci oder Prada.

„Ja, wir haben es.“

Es gab ein Rascheln. Jemand zog etwas aus einer Plastiktüte. Der Bums, als es auf dem Schreibtisch landete, bezeugte, wie schwer es war. Zumindest war ich am richtigen Ort.

„Mr. Black wird über Ihren Erfolg erfreut sein“, sagte Gucci. „Wir hatten in letzter Zeit viele Schwierigkeiten dabei, die Dinger abholen zu lassen.“

„Haben wir gehört. Wenn Sie das Geld früher investiert hätten, hätten Sie nicht so viele Päckchen verlieren müssen.“

Ich glitt wenige Zentimeter weiter vor und hob meine Blicke auf den rostigen Türknauf über meinem Kopf. Ich wollte die Tür wirklich aufmachen und ich wollte dabei nicht gesehen oder gehört werden. Wie stünde wohl die Chance darauf?

„Wo wir schon beim Thema sind, Mr. Black hat noch einen Job für Sie, falls Sie interessiert sind.“

Gelächter. „Wenn das Geld stimmt, sind wir interessiert.“

Ein leises Kichern. „Natürlich. Das Geld, meine Freunde, wird sicherlich Ihren Gefallen finden.“

Ich fasste nach oben, meine Hand bewegte sich ganz langsam auf den Knauf zu und schließlich schlossen sich knochige Finger weich wie eine Feder darum. Trotzdem, schon die Berührung der Oberfläche ließ die Tür ein leichtes Knarzen von sich geben.

„Hören Sie das?“, fragte einer der Männer in Stiefeln.

„Es ist ein altes Gebäude, Rodge. Die Scheiße knarzt und ächzt wahrscheinlich die ganze Nacht.“

„Wie deine Mutter?“

„Halt die Klappe.“

Ich begann, den Knauf zu drehen, um Bruchteile von Millimetern. Es war eine so präzise Bewegung, dass ich bezweifelte, ob viele Menschen sie hätten wiederholen können. Es war diese Kontrolle, diese Aufmerksamkeit auf die Kunstfertigkeiten, die mich zu allem gemacht hatte, was ich heute war. Es kam einem nicht vor wie besonders viel, auf dem Boden eines beschissenen Hotels wie ein Wurm entlang zu kriechen, aber von Zeit zu Zeit bezahlte es zumindest eine oder zwei meiner Rechnungen.

„Also, was ist der Job?“, fragte Rodge.

Ich ging im Kopf das Profil durch, das ich über die Ziele bekommen hatte. Roger Excelon und sein Bruder Tim. Sie waren ein Paar versierter Söldner, erfahrene Schwergewichte, die ihren Zug nach ganz oben machten. Ihre normalen Arbeitsaufgaben bestanden eher aus Wachdiensten als aktivem Transport, aber Verteidigung resultierte nie in derselben Bezahlung wie Angriff und, um ehrlich zu sein, machte sie ihr Hintergrund geeigneter für Abholungen und Wiedererwerb.

Der dritte Kerl war ein Assistent, ein Angestellter von Mr. Black, dessen Rolle es war, die Ressourcen für einen bestimmten Job bereitzustellen. Es hatte keine Möglichkeit gegeben, zu wissen, wer er sein würde, was ihn zu einem Joker machte, über den ich nur leicht nervös war. Ich hatte diese Sache richtig geplant und eine unbekannte Variable mit eingerechnet.

„Eine weitere Abholung. Etwas komplizierter diesmal. Mr. Black hat einen Rivalen und dieser Rivale hat etwas, das Mr. Black will. Muss ich noch mehr sagen?“

„Nö, ich verstehe schon.“

Rodges Gelächter war die perfekte Deckung, als ich den Knauf zu Ende drehte und die Tür vorsichtig etwa zwanzig Zentimeter aufschob. Es war nicht genug für mich, um in das Zimmer zu gelangen, aber ich wollte auch gar nicht in das Zimmer. Noch nicht.

„Es klingt, als könnte eine gewisse Gewalt von Nöten sein“, sagte Tim. „Gewalt kostet extra.“

„Ja, natürlich tut sie das. Ich kann mir vorstellen, dass es etwas Gewalt geben könnte. Drachen wollen sich sehr selten auch nur vom kleinsten Plunder unter ihren Schätzen trennen, wenn Sie verstehen, was ich meine.“

„Ich bin kein Fan von Metaphern, aber ja, ich glaube, ich weiß, was Sie meinen. Wie viel?“

Ich hörte das Geräusch, wie Holz auf Holz kratzte; eine Schublade wurde geöffnet. Dann hörte ich das Geräusch, wie etwas aus Plastik auf den Schreibtisch fiel.

„Zwei Millionen“, sagte Gucci. „Zahlbar im Voraus. Die einzige Weise, wie Sie es verlieren können, ist, dass Sie sterben.“

„Im Voraus? Sie vertrauen darauf, dass wir den Job erledigen, wenn wir schon bezahlt worden sind?“

Nun war Gucci mit dem Gelächter dran. „Ich vertraue darauf, dass Sie nicht dumm genug wären, um Mr. Black zu hintergehen. Davon abgesehen kamen Sie beide mit den höchsten Empfehlungen. Man baut sich keinen Ruf mit Lügen auf und Wächter nicht mit Diebstahl.“

Rechter Arm, linker Arm. Ich schob mich vom Türspalt weg, sodass ich nachdenken konnte. Zwei Millionen waren eine gute Beute, viel mehr als irgendwelche anderen Jobs, die mir je angeboten worden waren. Ich konnte mit dieser Art von Einnahmen die Medikamente für ein Jahr bezahlen. Natürlich wäre Mrs. Grey nicht sehr glücklich darüber. Die Frage war, wie unglücklich? Ich hatte in den letzten drei Jahren für und gegen sie gearbeitet und sie schien von der vernünftigen Sorte zu sein. Andererseits hatte ich sie tatsächlich nie betrogen.

Ich spürte ein Jucken in meiner Kehle und mein Magen zog sich zusammen. Es war eine Erinnerung an die Entscheidung, die ich gerade zu treffen versuchte. Im Endeffekt bekam ich für diesen kleinen Tanz nur Hunderttausend und für diesen Preis schien es mir nicht so wichtig, ob einer von Mr. Blacks Assistenten lebend herauskam. Ich würde trotzdem die Wonder-Zwillinge ausschalten, was von Anfang an Greys Ziel gewesen war. Wie sauer konnte sie darüber schon werden?

Entscheidung getroffen. Ich kroch zurück in Position.

Ein Piepsen ließ mich wissen, dass sie die Karte durchgezogen und den Geldeingang bestätigt hatten. Zwei Millionen in Bitcoins, einer digitalen Währung, verfügbar für jeden, der die Karte zum Transfer mitbrachte, natürlich abzüglich einer Gebühr. Es kam mir in den Sinn, einfach den Job zu beenden und sie zu stehlen, aber ich wusste, dass Black einen Trupp seiner Lakaien schicken würde, um den Tatort zu reinigen, sobald ich weg war, und wenn die Karte fehlte und der Job nicht ausgeführt würde, würden sie sich umso mehr darauf konzentrieren, herauszufinden, wer das Ding durchgezogen hatte. Kein Teil von mir wollte in die Schusslinie eines Killerteams dieses Hauses geraten.

Ich spürte wieder den Drang, zu husten, spannte meine Kehle an und bekämpfte ihn, wobei mir von der Anstrengung Tränen in die Augen traten. Noch nicht. Es war zu früh. Ich warf einen Blick auf meine Uhr. Noch eine Minute.

„Sieht so aus, als würde das Geld stimmen“, sagte Rodge. „Wir haben einen Deal.“

„Hervorragend.“

Ich hörte Guccis Stuhl knarzen und das Geräusch, wie eine weitere Schublade aufgezogen wurde. Seine Stimme war tiefer und kräftiger, als er sprach. „Nehmen Sie das. Es enthält die Adresse, ein Bild des Ziels und einen Haufen ausspionierter Daten. Rufen Sie die Nummer an, wenn der Job erledigt ist, dann warten Sie auf Bestätigung. Sie haben achtundvierzig Stunden, um sich zu melden, ehe wir ein Team auf die Suche nach Ihnen senden. Verstanden?“

„Kein Problem. Das ist nicht unser erster Tango.“

„Genau deshalb wollte Mr. Black Sie.“

Ich schaute wieder auf meine Uhr. Zwanzig Sekunden. Ich fasste in die Innentasche des Nylon-Trenchcoats, den ich trug, und holte ein Paar kleine Würfel hervor, die aus geschnitzten menschlichen Knochen gemacht waren. Ich hielt sie in meiner geballten Faust, flüsterte leise und machte mich dazu bereit, sie in den Raum zu werfen.

„Das ist alles, was ich gerade für Sie beide habe“, sagte Gucci. Ich hörte, wie sich der Stuhl wieder bewegte, und das Geräusch von Federn. Wer auch immer Gucci war, er war ein Fettklops.

Die anderen beiden Stühle bewegten sich. Rodge und sein Bruder standen auch auf.

Genau dann zersprangen die Fenster.

Zehn Sekunden zu früh.

„Scheiße.“

Ich verwarf meinen Überraschungsangriff, zog meine Füße unter mich und stand auf. Ich konnte den Aufruhr im Zimmer hören, Schreie und Schüsse und den unverwechselbaren dumpfen Knall, wenn Kugeln Fleisch trafen.

Ich warf die Würfel zur selben Zeit hinein, als ich die Tür aufriss, packte die abgesägte Schrotflinte aus dem improvisierten Holster unter meinem Mantel und zielte auf das dynamische Duo. Es war das erste Mal, dass ich diese beiden sah, ein Paar massiv gebauter Oger, die von Tätowierungen bedeckt waren und ziemlich fies aussahen. Definitiv Schwergewichte. Sie hatten mit maßgefertigten Waffen Kugeln auf meine Kameradin am Fenster gefeuert, aber jetzt wandten sie sich um, um meinen dramatischen Auftritt zu beobachten und ihre Blicke folgten den Knochenwürfeln.

Meine erste Salve verteilte überall schweres Schrot, das sich in ihre Haut grub und sie zerfetzte und Blut auf die pastellfarbenen Tapeten hinter ihnen spritzen ließ. Ich ließ meine Blicke zu Gucci schweifen und fand ihn in der Ecke stehend, wo er außergewöhnlich ruhig aussah.

„Du bist zu früh, verdammt“, schrie ich zu Caroline. Sie war nie hübsch gewesen, aber die Schüsse hatten ihren halben Unterkiefer und ein Ohr abgerissen und ein ordentliches Loch in ihren Oberschenkel gegraben.

Die rollenden Würfel kamen zum Halten.

Meine Augen wandten sich wieder auf die Ungeheuer, die sich von den ersten Treffern erholten. Sie waren blutüberströmt, aber wie es aussah, war alles, was ich erreicht hatte, sie sauer zu machen.

„Das hat verdammt wehgetan“, sagte Rodge. Ich konnte sehen, wie seine Muskeln krampften und zuckten und sich anspannten, um mich anzuspringen. Sein Partner schwang seine riesige Halbautomatische in meine Richtung. Ein Schuss aus diesem Ding und mein Kopf würde sich im Korridor verteilen.

Ich schaute auf meine Würfel hinunter. Blitze. Pasch.

„Das wird mehr wehtun.“

Ein Heulen erklang von überall um uns, ein hochtönendes Kreischen gefolgt von einem Hauch von Etwas aus den Würfeln. Ich spürte, wie mein Herzschlag langsamer wurde und aussetzte. Ich fühlte den Schmerz eines sterbenden Mannes. Vor mir ließen die Beiden ihre Waffen schreiend und sich windend fallen. Sie mussten sich fühlen, als würden ihre gesamten Körper in gewaltigen Wellen aus Schmerz brennen, ihre Nerven überwältigt und ihr Verstand unfähig, die Explosion an Eindrücken zu verarbeiten. Ihre Größe war kein Vorteil gegen Blitze.

„Caroline!“

Sie war endlich zum Fenster herein gelangt und hob das Gewehr, das ich ihr gegeben hatte, an. Mit gebrochenen Fingern war ihr Zielen miserabel, aber sie schaffte es, zwei von den sechzehn panzerbrechenden Salven in die Stirn der jeweiligen Ungeheuer zu bringen. Sie waren nicht fähig, viel zu tun, um das aufzuhalten, und stürzten beide tot zu Boden. Ich beobachtete, wie die schwarzen Schatten ihrer Seelen in die Würfel, die auf dem Boden lagen, gezogen wurden und wandte meine Aufmerksamkeit dann Gucci zu.

Er stand immer noch in der Ecke, vom Tod seiner angeheuerten Helfer unbeeindruckt. Seine Blicke wanderten von mir zu Caroline und zurück. „Ein Nekro?“

Ich steckte die Schrotflinte wieder in ihr Holster.

„Ich dachte, es gibt keine Nekros mehr.“

„Wir sind eine aussterbende Rasse.“ Der trockene Humor brachte ihn zum Lachen.

Mich brachte er zum Husten.

„Sind Sie gekommen, um mich auszuschalten oder nur diese beiden?“

Die Instruktionen hatten besagt, keine Überlebenden. Ich hatte mich da noch nicht entschieden. „Ich habe gehört, wie Sie mit ihnen über einen Job gesprochen haben. Zwei Millionen.“

Er lächelte. „Für wen arbeiten Sie? Wenn ich gewusst hätte, dass ein Nekromant in der Gegend ist, hätte ich wohl Sie zuerst angerufen.“

Bloß dass ich keine Werbung mit meiner Spezialität machte. Sogar Mrs. Grey wusste nicht, was ich genau war. Sie hatte einen Mörder und Dieb angeheuert, nicht einen Nekro. Deshalb war ich mir nicht sicher, ob ich ihn am Leben lassen konnte. Es konnte zwar kurzfristig besser fürs Geschäft sein, das Geheimnis aufzudecken, aber auf lange Sicht war das kein guter Plan.

„Lassen Sie sich nicht von den Geschichten zum Narren halten. Ich bin nicht halb so cool, wie es darin klingt.“

In den Geschichten konnten Nekromanten Legionen der Toten kontrollieren, mit einer Berührung töten und derartige Sachen. Ich hatte kein solches Glück. Meine Belebungs-Anstrengungen beschränkten sich auf eine Leiche pro Versuch und meine Kontrolle über diese war etwas wacklig. Ich konnte auch nicht mit einer Berührung töten und die Todesmagie…es war alles in dem Würfelpaar verpackt, ein Glücksspiel, und es bedurfte nach jeder Benutzung einer Bezahlung mit Seelen, so oder so. Ich war immer noch hier, weil ich das Meiste aus dem machte, was ich hatte, nicht weil ich irgendwelchen Hokuspokus veranstalten konnte.

„Sagen Sie das den beiden Grobianen“, sagte Gucci. Er streckte seine Hand vor. „Mein Name ist Wilson.“

Ich nahm seine Hand nicht und bot auch nicht meine eigene an. Er zog sie zurück.

„Also gut. Sie wollen den Job? Er gehört Ihnen. Nehmen Sie die Karte und die Spezifikationen, sie sind beide irgendwo unter diesen toten Muskelbergen begraben. Rufen Sie an, wenn es erledigt ist.“ Er trat vor, um zwischen mir und Caroline durch die Tür hinaus zu gehen. Caroline packte seinen Arm.

„Moment noch.“ Im Kopf ging ich die Möglichkeiten durch, wog die Risiken ab. Er wusste, was ich war, und ich hätte ihn von Anfang an töten sollen. Ich konnte diesen Job beenden und den neuen annehmen. Mrs. Grey wäre zufrieden und Mr. Black würde sich wahrscheinlich einen Scheißdreck um irgendeinen beliebigen Untergebenen scheren.

Seine Augen blitzten in hellem Blau auf. „Ich weiß, was Sie denken, Nekro. Ich dränge Sie, es sich noch einmal zu überlegen.“

Wahre Macht oder eine Einschüchterungstaktik? Wenn ich ihn ansah, kam er mir wie der Typ vor, der plaudern würde, und ich war nicht dafür bereit, dass bei den Häusern meine Bredouille bekannt würde.

Ich ließ Caroline ihn für einige weitere Momente festhalten. Am Ende waren es die Schuhe, die den Ausschlag gaben. Glänzende schwarze Schuhe gehörten zu Händlern und Verkäufern. In einem vergangenen Leben hatte ich Turnschuhe vorgezogen, einfach und funktionell. Jetzt trug ich mattschwarze Stiefel, weil alles andere im Schatten zu sehr hervorstach. Glänzend war auffällig. Glänzend zog Aufmerksamkeit auf sich. Glänzend ließ einen aussehen, als wollte man protzen. Ich hasste solche Leute, weil sie glaubten, sie hätten etwas, was ich nicht hatte.

Eine Zukunft.

„Ich nehme den Job“, sagte ich und streckte meine Hand aus.

„Achtundvierzig Stunden. Rufen Sie die Nummer an. Wenn Sie das nicht tun, wird ein Killerteam Sie jagen und denen ist es scheißegal, dass Sie die Toten wecken können.“

Ich warf einen Seitenblick zu Caroline, die Guccis Arm losließ. Er wischte über seinen Ärmel und streckte den Arm aus, dann schlang er seine Finger um meine fleischbedeckten Knochen.

„Wenn Sie anrufen, geben Sie ihnen Ihre Nummer und Kontaktdaten. Mr. Black bräuchte…“

Seine Augen weiteten sich und er schaute auf seine Hand hinunter, die immer noch in meinem verwesenden Griff gefangen war. Er konnte es jetzt fühlen. Den Tod in meinem Fleisch, das Gift, das ich trug. Ich war vor langer Zeit verurteilt worden und es hatte mich zu dem gemacht, was ich heute war. Ich hatte gelernt zu kämpfen, zu betrügen und zu überleben.

Ich konnte nicht mit einer Berührung töten.

Ich musste den Kontakt halten.

Er versuchte, seine Hand wegzuziehen, aber mein Griff war eisern. Ich hatte immer starke, geschickte Hände gehabt. Hände eines Doktors. Er versuchte, seine eigene Macht zu rufen, falls er wirklich irgendeine hatte, und wurde zum Schweigen gebracht, als Caroline ihre Faust in seinen Mund schob und sie dort festhielt. Er konnte ihre Finger abkauen, sie würde es nicht bemerken, und die Energie wurde erst durch die Stimme freigesetzt. Er versuchte, zu treten und zu schlagen, also benutzte sie ihren anderen Arm, um ihn in den Schwitzkasten zu nehmen, und ihre Leblosigkeit verstand die Grenzen von lebenden Muskeln nicht.

„Ich ziehe es vor, anonym zu bleiben“, sagte ich und versuchte, ihm zu erklären, warum er sterben musste. „Diese Schuhe sagen mir, dass Sie zu viel reden.“

Er konnte nichts anderes tun, also fing er an zu schreien, aber das Geräusch wurde von der Hand in seinem Mund gedämpft. Wir beobachteten, wie die Nekrose seinen Arm hinauf wanderte und ihn in eine kränkliche Grünschattierung verwandelte. Blut begann aus seiner Nase zu laufen und er fing an, zu krampfen und zu japsen.

Es war keine schöne Sache, der Tod. Er schonte keine Würde oder Gefühle. Er nahm einen einfach, manchmal überraschend und manchmal mit reichlicher Vorwarnung. Wenn man Glück hatte, hatte man Zeit, sich selbst, seine Familie und seine Freunde vorbereiten, oder in meinem Fall, sie mit der Hässlichkeit zu verschonen. Wenn man Pech hatte, wie Gucci, fiel man einfach um. Andererseits war es vielleicht genau andersherum. Vielleicht hatte er Glück.

Jedenfalls würde die Welt vielleicht von seinem Dahinscheiden hören und vielleicht würde es jemanden kümmern.

Oder…vielleicht auch nicht.

ZWEI

Sweet Caroline.

Ich ließ die Leiche zu Boden fallen und wandte mich dann zu Caroline und deutete auf die Uhr, die an ihrem bleichen Handgelenk baumelte. „Zehn Sekunden. Wegen dir wäre ich beinahe draufgegangen.“

Doppelblitz war ein Glücksfall. Nicht alle Würfe waren so wirksam oder sofort einsetzbar.

„Mmmfffrrpfff.“ Ohne Unterkiefer würde sie nichts Verständliches sagen können.

„Es ist einfach so typisch, Caroline. Ich hätte damit rechnen müssen, dass du zu früh reinkommen würdest. Du willst immer im Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit stehen.“

„Mmmmrrrrpppffff.“

„Hör einfach auf, es zu versuchen.“ Ich ging zu den beiden Grobianen hinüber, bückte mich hinunter und hob die Würfel auf. Sie waren noch warm. Ich blies einmal auf sie und steckte sie dann zurück in meine Tasche. „Hilf mir, sie herumzurollen.“

Sie stolperte zu Rodge, bückte sich, packte seinen Arm und hob ihn an. Als er sich vom Boden abhob, konnte ich sehen, dass die Plastikkarte in einer Pfütze aus seinem Dreck lag.

„Leg ihn dort rüber.“ Ich winkte in Richtung Fenster und sie gehorchte, aber nicht ohne grunzend ihre Meinung dazuzugeben. „Leg ihn einfach dort rüber.“

Ich versuchte, tief Luft zu holen, und musste wieder husten. Ich konnte fühlen, wie mir die Krankheit den Magen umdrehte, das Leiden, das eines Tages mein Leben nehmen würde. Das war der ultimative Nachteil daran, ein Nekromant zu sein, und der Grund, warum es so wenige von uns gab.

Um die Macht des Todes zu beherrschen, musste man selbst am Sterben sein.

Rodges Leiche plumpste wieder auf den Boden.

„Nimm die Karte und wisch sie ab.“

„Mmmrrrrffff.“

„Nimm einfach die Karte.“

Sie kam wieder herüber und hob sie auf, dann hielt sie sie behutsam zwischen ihrem Daumen und Zeigefinger, als könnten irgendwelche Körperflüssigkeiten, die daran klebten, sie verletzen. Sie brachte sie zu dem anderen Oger hinüber, wischte sie an der Rückseite seiner Jeans sauber und übergab sie dann an mich.

„Danke.“ Ich schüttelte meinen Kopf und rollte mit meinen Augen. Sie schlug mir auf die Schulter und brummte eine Beschwerde. „Notiert und ignoriert.“ Ich steckte die Karte in meine Tasche zu den Würfeln.

Es war etwas Glück, dass die Brille im Kampf nicht kaputtgegangen war. Ich fand sie wenige Zentimeter neben Tims rechter Seite liegend, wo sie geduldig auf dem Teppich wartete.

Ich hielt sie vor mir hoch und dachte an das erste Mal, als ich ein ähnliches Ding besessen hatte. Zu der Zeit waren sie ziemlich neu gewesen, ein Wunder an Technologie, für das niemand wirklich viel Bedarf sah, und nur die wahrlich Mutigen hatten genug Eier, um sie in der Öffentlichkeit zu tragen. Meine war mir vom Oberarzt aufgedrängt worden, der dachte, es wäre eine großartige Idee, dass alle Chirurgen sie im Operationssaal tragen sollten. Wir konnten nicht nur die Operation sowohl für die Nachwelt als auch für den Fall einer Klage aufnehmen, sondern wir hätten sofort Zugriff auf unsere Tabellen, Notizen und Operationspläne. Ganz egal, ob man wie ein altkluger Zweijähriger mit dem Ding reden musste, um es dazu zu bekommen, zu tun, was man wollte.

Sieben Jahre waren vergangen und diese Dinger hatten sich auf die Weise entwickelt, wie es jegliche Technologie tat, auch wenn der Markt für sie immer noch schwankend war. Es bestand nicht so viel Interesse daran, das eigene Leben aufzuzeichnen, wie es die Hersteller angenommen hatten, wahrscheinlich, weil die meisten Menschen keine Milliardäre waren, die aufregende Dinge unternehmen konnten, wann auch immer sie es wollten. Für manche von uns war unser Leben die Hölle auf Erden und wir würden niemals wollen, dass es noch jemand anders durchleiden müsste. Trotzdem waren die Brillen verbreitet genug, sodass die Häuser darauf ihre Jobs hochluden. Sie konnten jegliche Informationen, die der Söldner brauchen könnte, im Voraus laden und ihm schnell und einfach Zugang zu Plänen, Dossiers, Abläufen und was auch immer an weiteren Informationen gewähren, die sie über das Ziel gesammelt hatten. Noch besser, es war keinerlei Sprechen mehr nötig. Sie konnten im Prinzip Gedanken lesen.

„MMmmmmrrrfffrrrmmm.“

Ich sah auf meine Uhr. Es war eine klassische Rolex, ein schwerer Metallklumpen mit einem mechanischen Uhrwerk und leise tickenden Zeigern. Mein Mentor hatte sie mir an dem Tag gegeben, als ich mein Praktikum beendet hatte. „Du hast Recht. Lass mich mich nur schnell um die Leiche kümmern und wir gehen.“

Es würde nicht reichen, Gucci dort liegen zu lassen, während sein Fleisch verrottete und er mit Nekrosen überzogen war. Es wäre zu offensichtlich, wie er gestorben war, und das Letzte, was ich wollte, war, offensichtlich zu sein. Es war eine gute Sache, dass ich für diese Situation die richtige Ausrüstung dabeihatte.

Ich fasste in eine Tasche und zog ein Fläschchen aus rostfreiem Stahl heraus. Ich nahm den Stöpsel heraus und schnüffelte am Kerosin, dann goss ich es über Guccis Leiche. Sobald er überall nass und das Fläschchen leer war, zog ich ein Streichholz heraus. Es würde nicht mehr als die Kleidung verbrennen und das Fleisch grillen, aber mehr brauchte es auch nicht. Die Chancen standen gut, dass sie glauben würden, ein Pyro hätte die Drecksarbeit gemacht. Wie der Mann gesagt hatte, Nekros waren selten.

„Mmmmrrrfffmmm.“

„Ich komme schon.“

Ich entzündete das Streichholz und warf es auf die Leiche, dann wartete ich ein paar Sekunden, um sicherzustellen, dass sie Feuer fing. Nachdem ich zufriedengestellt war, folgte ich ihr zum Fenster. Gucci hatte wohl in der Nähe seines Herzens einen implantierten Monitor, der irgendjemandem in Mr. Blacks Kommandokette den Moment mitteilen würde, als er aufhörte, am Leben zu sein. Auch wenn ich nicht allzu besorgt war, dass sie wissen würden, dass ich derjenige war, der ihm ein Ende bereitet hatte, war ich darüber besorgt, dass diese Information zu früh entdeckt werden könnte. Es war besser, den Job zu erledigen und dann anzurufen und sie auf diese Weise mehr über mich erfahren zu lassen. Falls der Job wichtig genug wäre – und für zwei Millionen im Voraus wirkte er definitiv so – würde mir diese eine Sünde vergeben.

Wir stiegen die Feuertreppe hinunter, auf der Caroline die letzten sechzehn Stunden gewartet hatte, außer Sicht vom Fenster aus. Die Toten waren perfekt für Observierungen oder für alles, wofür man extrem lange Zeit warten musste, ohne zu zucken. Deshalb nervte es mich so, dass sie keine weiteren zehn Sekunden warten konnte. Deshalb wusste ich, dass es Absicht gewesen war. Trotzdem war es schade, dass ich sie wegbringen musste, ehe ich heimging. Ich hatte für sie eine ganze Nacht lang graben müssen, sie war ein glückliches Juwel in einem Müllhaufen. Zu viele Leute starben auf unschöne Weise und waren zu beschädigt, als dass ich mit ihnen arbeiten konnte, weil ihre Leichen auf verschiedenste Weise entweiht worden waren. Ich hatte jemanden gebraucht, der in einer Menschenmenge spazieren konnte, und am Ende hatte mir ihre Gesellschaft gefallen.

Das war das Problem damit, die Toten zu erwecken. Sie waren nicht wie Zombies in Filmen oder die Leute, die mit Fäulnis verflucht waren. Sie waren keine Körper ohne Verstand, die irgendeinem vorprogrammierten Befehl folgten, um Gehirne zu fressen. Wenn man eine Leiche wieder zurück ins Leben brachte, zog man ihre Seele von wo auch immer Seelen hingingen und zwang sie dazu, das Fleisch wieder in Besitz zu nehmen, egal, in welchem Zustand dieses Fleisch war. Man steckte die Persönlichkeit wieder dort hinein, wenn auch mit einer reduzierten Fähigkeit, ihren eigenen, freien Willen auszudrücken. Reduziert, nicht verschwunden, und es war die Willenskraft des Beschwörers und die Willenskraft der Seele, die festlegten, wie viel Kontrolle man tatsächlich hatte. Caroline war stur und auch wenn meine Willenskraft stark genug war, um sie dazu zu bekommen, zu tun, was ich wollte, war sie nicht stark genug, um sie davon abzuhalten, deshalb zu meckern.

Jedenfalls sah sie jetzt aus wie jede andere Leiche. Solche Leichen gab es zu Dutzenden und trotz meiner Zuneigung war sie zu unverlässlich, um es wert zu sein, dass ich sie behielt. Sie musste irgendwann ersetzt werden.

Nicht heute Nacht. Ich war heute Nacht zu müde.

Wir erreichten die Gasse und ich befahl ihr zu warten, während ich über die Straße zu dem öffentlichen Parkplatz marschierte, wo ich meinen Van gelassen hatte. Es war ein großer, weißer Lieferwagen, ein altes Ding mit rostzerfressenen Ecken und „Blumen von Jack“ in großer, verblasster blauer Schrift entlang der Seiten. Er brachte mich hin, wo ich hinmusste, und hatte hinten reichlich Platz für einige große Kühltruhen.

Das war das andere Problem mit den Toten. Sie zurückzubringen änderte nichts an der Chemie einer verwesenden Leiche. Wenn der Tag warm und sonnig gewesen wäre, hätte Gucci Caroline lange bevor sie durch das Fenster gekommen war gerochen.

Ich sprang in den Van und schloss die Tür, dann hielt ich inne, um meine Lungen leer zu husten, ehe ich ihn startete und hinüber zu der Gasse fuhr. Ich schaute ein paar Mal im Spiegel nach Passanten, ehe ich hineinrangierte, nach hinten kletterte und die Ladetür öffnete.

„Komm schon.“ Ich streckte meine Hand aus und Caroline nahm sie, sodass sich ihr Fleisch in meinem Griff kalt anfühlte. Ich zog sie heraus und beugte mich dann hinaus, um die Türen hinter ihr zuzuschwingen.

„Mmmmmfffff.“

Sie hatte den Deckel von einer der Kühltruhen angehoben und stand am Rand.

„Nicht heute Nacht, Caroline“, sagte ich. „Wenn du zur richtigen Zeit hineingekommen wärst, hätte man dir vielleicht nicht das Kinn weggeschossen.“

Oder vielleicht war genau das der Punkt. Ich wusste nicht, ob die Seelen, die ich zurückrief, gerne zurück waren. Sie schienen nicht fähig, diese Frage zu beantworten. Manchmal fragte ich mich, ob es einfach davon abhing, wo ihre Seele sonst war. Bei anderen Gelegenheiten fragte ich mich nur, wo dieses sonst war. Die einzige Sache, die ich über das Jenseits sicher wusste, war, dass, wenn was auch immer in den Würfeln lebte, seinen Lohn verlangte, es nichts gab, was ich tun konnte, um eine Erstattung zu bekommen.

Das war eines der Dinge, die mich dazu trieben, am Leben zu bleiben. Furcht, der große Ansporn. Ich kannte einige der Geheimnisse des Todes. Das machte es nicht leichter ihn zu akzeptieren. Es machte es schwerer. Ich wollte nicht zwischen dem Jenseits und meiner verwesenden Leiche hin und her geschoben werden, oder von diesem bösartigen Ding, das in die Knochenwürfel gebannt worden war, gefressen werden. Ich wollte nicht daran denken, dass es keine letzte Ruhestätte, kein angenehmes Ende meiner Existenz gab. Ja, meine Scheinheiligkeit war mir bewusst, aber das Wissen und die Furcht hatten mich von Jekyll zu Hyde getrieben.

Caroline versuchte, sich auf den Beifahrersitz zu setzen, und ich musste sie außer Sicht drängen. Ich konnte mir nur zu gut vorstellen, wie die Polizei darauf reagieren würde, eine Frau mit einem halben Gesicht zu sehen. Ich spielte mit Leichen. Ich hatte keinerlei Bedürfnis, diese Begabung vorzuzeigen. Sie setzte sich auf den Boden direkt hinter meinem Sitz und ihr Strom an zufriedenem Murmeln tat sein Bestes, mein abgestorbenes Herz zu erreichen und mich dafür schuldig fühlen zu lassen, sowohl, dass ich sie hierbehalten hatte, als auch, dass ich plante, sie wieder zu begraben.

Ich hustete laut und schwer genug, dass ich nach Luft ringen musste. Gucci zu berühren war die ganze Zeit eine riskante Idee gewesen und jetzt würde ich eine weitere Dosis an Medikamenten viel früher, als ich mir in meinen Kalender geschrieben hatte, brauchen. Es würde mich die Hälfte der Einnahmen aus Greys Bezahlung kosten.

Ich fuhr den Van aus der Gasse und gleichzeitig lehnte ich mich vor und öffnete das Handschuhfach, wo ich eine dünne Scheibe aus klarer Substanz mit einem kleinen Bisschen Aluminium an der Unterseite herauszog. Ich glitt mit dem Finger über die Oberfläche und es verwandelte sich in einen undurchsichtigen Bildschirm.

„Danelle anrufen.“

Das Telefon begann zu klingeln und ich legte es auf das Armaturenbrett und drückte den Lautsprecherknopf. Einen Augenblick später ging sie ran.

„Wie hat es geklappt?“

„Kein Smalltalk? Kein ‚Wie fühlst du dich‘ oder ‚Hey, es ist schön, von dir zu hören‘?“

„Spar dir den Scheiß. Hast du den Job beendet?“

Danelle war meine Agentin, meine Geschäftspartnerin. Sie übernahm die Verhandlungen. Sie war auch mein Alter Ego, die Person, von der die Häuser glaubten, sie anzuheuern, wenn sie anriefen, um einen Mörder oder einen Dieb zu beauftragen.

Sie war einer gewesen, vor langer Zeit. Sie hatte mir alles beigebracht, was ich über dieses Leben wusste und mich in diese Laufbahn eingeführt, als ich nichts als eine verlorene Seele war, die versuchte, dem Schmerz über das, was ich zu tun gezwungen gewesen war, zu entkommen, und sich jede Mühe gab, zu vergessen, dass ich am Sterben war.

Dann hatte ein Pyro ihre Beine gegrillt und sie in den Rollstuhl gebracht.

„Alles erledigt“, sagte ich. „Zwei tote Oger, ein toter Assistent.“

„Die Würfel?“

Ich seufzte. Sie hegte eine seltsame Faszination für die Würfel und weigerte sich, davon abzusehen. „Zufrieden. Ich kann für mich selbst nicht dasselbe sagen. Ich musste den Assistenten berühren.“

Eine Pause am anderen Ende. „Brauchst du mehr Medikamente?“

„Ja.“

„Jesus! Wenn ich erst einmal alles andere bezahlt habe, haben wir Glück, wenn wir diese Woche noch etwas essen können.“

Ich stieß ein schwaches, falsches Lachen aus. „Wenn es dich irgendwie tröstet, ich esse nicht so viel. Besonders nicht nach den Medikamenten.“

Sie lachte nicht mit mir. „Gib mir eine Stunde und dann triff dich im Laden mit Dalton.“

Eine Stunde war gut. In der Zwischenzeit musste ich noch einen anderen Zwischenstopp erledigen. „Ich habe allerdings auch gute Nachrichten für dich. Ich werde sie dir erzählen, wenn ich heimkomme.“

„Kann ich die essen?“

Ich legte auf.

Ich brauchte ungefähr zehn Minuten für die Fahrt hinüber nach Graceland und weitere fünf, um zu der Stelle zu gelangen, wo ich Caroline ausgegraben hatte. Ich war wirklich vorsichtig dabei gewesen, wie ich die Erde bewegte, als Vorbereitung für genau dieses Ereignis. Diesmal hatte ich eine Helferin mit einer zweiten Schaufel und wir erreichten den Sarg in einer Viertelstunde.

„Danke für alles.“

Sie war in der Grube und stand im offenen Sarg.

„Mmmmmfffff.“

Es klang wie ein auf Wiedersehen.

„Mach einfach den Deckel hinter dir zu und ich lasse dich gehen. Ich werde dich nicht wieder zu mir rufen.“

Sie hielt einen Augenblick inne und ihre Hand hob sich zu einem kurzen Winken.

Ich erwiderte die Geste. „Ich hoffe, wo auch immer du hingehst, ist es ein guter Ort für dich.“

Caroline legte sich in die Kiste, dann fasste sie nach oben und zog den Deckel herunter. Sobald er geschlossen war, ließ ich das Band los, das sie kontrollierte und spürte, wie die Sphäre ihrer Seele frei aus meinen Griff schwebte. Innerlich war es als hätte ich meinen Atem zu lange in meiner Speiseröhre gehalten und sie gerade herausgerülpst.

Ich gab dann einem Hustenanfall nach, legte meinen Handrücken über meinen Mund und nahm mir einen Augenblick, um das Blut darauf anzustarren, als ich ihn wegnahm. Ich musste sie eingraben und meinen Arsch zu Dalton bewegen. Die Berührung hatte mich in einen schlechteren Zustand versetzt, als ich gedacht hatte. Vielleicht war er doch ein Nutzer gewesen.

Magie. Sie war das bestgehütete Geheimnis von Mutter Natur gewesen, versteckt in Form von magnet-ähnlichen Feldern, die sich um und durch die Erde wanden. Ging es nach Leuten, die es besser wussten als ich, war sie immer da gewesen. Es war nur so, dass wir Menschen sie nicht fühlen oder sehen konnten.

Dann hatte sich die Polarität der Erde umgekehrt. Es wurde geomagnetische Umkehrung genannt und war seit einundvierzigtausend Jahren nicht passiert. Aus irgendeinem Grund verursachte dieser Wandel etwas an den magnetähnlichen Feldern und machte sie mächtiger, bis zu dem Punkt, dass sie anfingen, seltsame Auswirkungen auf uns Bewohner der Oberfläche zu haben.

Einige von uns wurden dazu, was wir Sensitive nennen. Wir konnten fühlen, wie diese Felder sich um uns ausbreiteten und in manchen Fällen konnten wir sie als andauerndes Trommeln und Pulsieren in den Ohren hören, das wir einfach nicht abschütteln konnten.

Das war ich vor fünf Jahren. Das war ich, ehe ich krank wurde und in die schnelle Abwärtsspirale auf den Tod zu geriet. Ich war immer fähig gewesen, das Trommeln und Surren zu hören. Ich hatte immer gewusst, dass ich sensitiv war. In dieser Welt bedeutete sensitiv sein, zu lernen, mit dem Lärm zu leben, und zu wissen, dass es dort draußen eine Macht gab, zu der Andere Zugang hatten, aber man selbst nicht. Es war, als wäre man der Erste in der Warteschlange des exklusivsten Nachtclubs auf dem Planeten und der Türsteher sagte einem, man solle sich zum Teufel scheren.

Es war die Medizin, die mich über die Grenze getrieben hatte, vom Sensitiven zum Nutzer. Sie war vom Schwarzmarkt, experimentell und illegal. Ich wusste nicht, wer sie herstellte, woraus sie hergestellt wurde oder wo sie herkam. Ich hatte nicht einmal gewusst, dass es dort draußen einen ganzen Untergrund voller Mittel gegen alle Arten an fiesen Sachen gab, ehe ich eine dieser fiesen Sachen bekommen und genug Glück gehabt hatte, mich Danelle anzuschließen.

Anfangs verstand ich nicht, dass ich endlich in den Club gekommen war. Ich fing an, die Felder zu spüren. Ich wurde fähig, die Energie in mich zu ziehen. Ich wurde außerdem immer kränker. Meine Haare fielen aus, meine Haut wurde zu einem fahlen grau und keine Menge an sexueller Zuwendung jeglicher Art konnte mich erregen. Ich war mir sicher, dem Tod nahe zu sein.

Nur dass ich nicht starb.

Die Dinge, die ich berührte, starben.

Ich war rechtschaffen panisch, aber Danelle hatte einen kühlen Kopf dabei bewahrt und wurde erneut zu meiner Führerin. Sie war vielleicht etwas zu aufgeregt darüber, einen Nekro auf ihrem Sofa schlafen zu lassen, aber sie sah das Potenzial und fing an, mich alles zu lehren, was sie wusste. Sie hatte mehr Erfahrung mit Magie als jeder Sensitive rechtmäßig haben konnte, weil sie dazu vorgesehen war, ein Nutzer zu werden. Sie war dafür aufgezogen worden und als es nicht passierte, hatte sie ihr Vater für ihr ‚Scheitern‘ verstoßen.

Ich machte mich an die Aufgabe, das Grab zu schließen, wobei mir ein Partner fehlte, um mir beim Schaufeln zu helfen. Es war anstrengend, so schwach wie ich war, und ich musste mehr als einmal wegen eines schweren Hustenanfalls pausieren. Zu dem Zeitpunkt, als ich damit fertig war, die Erde aufzuhäufen, war ich todmüde. Sogar zu müde, um mich auf den Weg zurück zum Van zu machen.

Ich setzte mich an Carolines Grabstein gelehnt hin, einer einfachen Platte aus behauenem Marmor mit ihren Namen, den Lebensdaten und einer einfachen Inschrift:

„Geliebte Tochter. Gott ist gesegnet, Dich in Seinem Königreich zu haben.“

Ich spürte das vertraute Zehren von Schuld und wischte eine einzelne Träne aus meinem Auge. Ich hatte nie um Macht über den Tod und die Toten gebeten, aber wenn man in meiner Situation war, brauchte man jeden Vorteil, den man kriegen konnte.

Ich wollte nicht wie Caroline enden, mit einem kleinen Stein und einem sentimentalen Spruch, um mich ins große Jenseits zu verabschieden.

Ich war nicht bereit, zu sterben.

DREI

Ist das medizinisch notwendig?

Du siehst scheiße aus, Partner“, sagte Dalton, als ich durch die Tür in seine Pfandleihe stolperte.

Es war elf Uhr nachts, etwas früh für den Ansturm in dem staubigen alten Laden, wo eine neuwertige Gitarre im Fenster aus kugelsicherem Glas hing, von der behauptet wurde, dass sie Elvis Presley gehört hatte. Niemand außer Dalton glaubte das tatsächlich. Ich krümmte mich vor Schmerz und hielt einen weiteren Hustenanfall zurück. „Wann bin ich je zu dir gekommen und habe nicht scheiße ausgesehen?“

Sein spöttisches Lächeln nervte mich. Genauso wie das Leben in seinen dunklen, mandelförmigen Augen. „Gina!“

Einige Augenblicke später kam sie zu uns in die Ladenmitte. Die größten Hits des King hallten aus versteckten Lautsprechern über mir und an jeder Seite standen Regale, die mit Müllbergen bedeckt waren, von denen ich nicht glauben konnte, dass er dafür Geld ausgegeben hatte oder dass sie irgendjemand jemals kaufen würde. Das würde man wohl wirklich nicht, aber was sollte es schon? Gab es überhaupt eine Pfandleihe, die nicht ein Vorwand für etwas anderes war?

Sie war das absolute Gegenstück zu ihrem Cowboy-besessenen Ehemann. Wo er Flanell und hohe Lederstiefel mit Fake-Sporen trug, trug sie enganliegendes schwarzes Leder und Netzstrümpfe. Sein Kopf wurde von einem Filzhut bedeckt, ihr Haar war grün und pink gefärbt. Jedenfalls sahen beide Stile an diesem Paar von Flüchtlingen aus Chinatown verzerrt aus.

„Hey, Conor. Du siehst scheiße aus, Mann.“

Ich schenkte ihr denselben unangenehmen Blick, den ich ihrem Mann geschenkt hatte.

Dalton lächelte sie an, beugte sich zu ihr und küsste ihre Wange. „Er ist heute schlecht gelaunt.“

„Wann ist er nicht schlecht gelaunt?“

„Hat Danelle die Bezahlung herübergeschickt?“ Ich konnte spüren, wie sich mein Magen zusammenzog und meine Lungen sich beschwerten, während ihre Krämpfe sich beschleunigten. Es gab diesen Eindruck unter den Unwissenden, dass Magie wahnsinnige Macht ohne Konsequenzen bedeutete. Es wäre toll gewesen, wenn ich sie wie Gandalf nutzen und danach eine Pfeife rauchen könnte, aber so funktionierte es nicht, zumindest nicht für mich. Jemanden zu berühren bedeutete, meine eigene Krankheit zu beschleunigen. Ich hatte mich mit meiner Entscheidung, das Geheimnis zu wahren, beinahe umgebracht.

„Natürlich. Sie klang aber, als wäre sie darüber sauer, Kumpel.“

Das hatte ich erwartet. Es waren nicht die Kosten für die Medikamente, die sie wütend machten – die Mittel hielten mich lang nach meinem Verfallsdatum am Leben. Es waren die anderen Ausgaben, die sie hasste, über die wir für Wochen mit Zähnen und Klauen gekämpft hatten und über die wir immer noch streiten würden, hätte sie nicht ihre Beine verloren und wäre von mir abhängig geworden, um ein Dach über ihrem Kopf zu haben.

„Sie wird darüber hinwegkommen. Das tut sie immer. Habt ihr alles vorbereitet?“

„Jupp, komm mit hinunter. Du bist der nächste Kandidat.“

Es waren Karen und Molly, die bei ihr Wutanfälle verursachten. Meine Ex und unsere Tochter, die zwei Jahre und eine Woche alt war, als ich die Diagnose erhielt, und auch zwei Jahre und eine Woche, als ich sie in einem Anfall von Selbstmitleid und der tollen Idee, dass es ihnen ohne die Bürde meines langsamen Verfalls besser gehen würde, verließ. Sobald diese dumme Entscheidung getroffen war, war ich ein zu großer Feigling gewesen, um zurückzugehen, also schickte ich ihnen stattdessen Geld. Vielleicht wussten sie, dass es von mir war, aber wahrscheinlich nicht. Ich hatte vor drei Jahren bezahlt, um mich für tot erklären zu lassen, damit sie meine Lebensversicherung erhalten konnten.

Ich sah mich um. „Ich bin der einzige Kandidat. Wie viele Leute nehmen eigentlich diese Medikamente?“

„Komm schon, Partner. Du weißt, dass ich dir das nicht erzählen kann. Arztgeheimnis und so.“

Diese Aussage brachte mich trotz meiner Schmerzen zum Lachen.

Wir bahnten uns unseren Weg hinter den Tresen und in einen rückwärtigen Lagerraum, der noch mehr mit wertlosem Müll vollgestellt war. Tabletts voll mit Eheringen, baumartige Holzständer, die von Halsketten begraben wurden, und ein ganzes Weinfass, das bis oben hin mit Schusswaffen gefüllt war.

„Es beeindruckt mich jedes Mal, wenn ich wieder herkomme“, sagte ich.

„Weißt du, was ich an dieser Tarnung mag? Es sind die Geschichten, Conor. Jeder armselige Kerl, der hier reinkommt, hat irgendeine armselige Geschichte, und wenn man sich durch den alkoholbedingten Blödsinn wühlt, wird man für eine Weile unterhalten. Wenn ich dann mit meinen Kumpels abhänge oder vielleicht nach Chinatown fahre, um meine Mom zu besuchen, habe ich einen Haufen Zeug zu erzählen, sodass sie sich in ihrer eigenen Lage besser fühlen.“

Auf dem Boden lag ein alter Teppich und Dalton kniete sich hin und klappte ihn zurück, sodass eine Falltür freigelegt wurde. Er grub seine Finger in eine Ecke und hob die Tür aus dem Weg.

„Hast du eine Geschichte, damit ich mich besser fühle?“

Er sah mich an und sein linker Mundwinkel kräuselte sich zu einem Elvis-Lächeln. „Du? Scheiße, nein.“

Wir kletterten eine einfache Holzleiter etwa drei Meter in einen schmalen Korridor hinunter, an den sich der Operationsraum anschloss. Man hätte bei all dem Chaos und Müll oben nie gedacht, dass irgendjemand fähig wäre, darunter eine perfekt sterile Umgebung aufrechtzuerhalten, gar nicht erst von einer zu reden, die für alle Arten von Nähen, Spritzen und Operieren an lebendigen Menschen genutzt wurden.

„Du kennst das Prozedere.“ Dalton krempelte seine Ärmel hoch und ging zum Waschbecken, wo er mit dem Schrubben anfing.

Ich legte meinen Trenchcoat ab, dann den schwarzen Kapuzenpulli darunter und dann das weiße T-Shirt darunter. Einige Minuten später hatte ich meine schwarze Hose, Militärstiefel und Boxershorts ausgezogen und alle Bakterien mit einem heißen Wasserstrahl aus einem Schlauch neben dem Operationssaal weggewaschen. Ich schnappte mir ein frischgewaschenes Handtuch und wischte mich trocken, während ich versuchte, den Spiegel zu ignorieren. Ich war kein gutaussehender Kerl. Ich sah so krank aus, wie ich mich fühlte. Mein Körper war knochendürr, mit grauer Haut, die so eng über Muskeln und Knochen klebte, dass es aussah, als wäre sie einfach über mein Skelett gezogen worden. Mein Kopf war viel zu groß für meinen Körper, mein Gesicht war schmal und scharfkantig und meine Augen waren eingesunken und trüb, ohne jegliches Anzeichen von Helligkeit in den beinahe völlig schwarzen Höhlen. Ich hatte kein erwähnenswertes Haar und jeder Atemzug, den ich nahm, trug einen Hauch Schmerz und Verfall in sich. Ich konnte mich immer noch daran erinnern, als ich gesund und beinahe gutaussehend gewesen war. Zumindest hatte mir Karen immer gesagt, dass ich der schönste Mann war, den sie je getroffen hatte. Das hatte mir gereicht.

Das Waschbecken wurde abgedreht und ich hörte das Knacken von Latexhandschuhen. Ich drehte am Türknauf, um die Tür zum Operationsraum zu öffnen und ging hinein, wobei mein Körper in der sauberen Kälte zitterte. Ich nahm mir ein frisches Laken und legte es über den Tisch, dann setzte ich mich hin.

„Sorge nur dafür, dass du mich nicht berührst.“ Dalton betrat den Raum und ging zu einem Tresor, der im Boden verankert war. Er tippte die Kombination ein und öffnete ihn.

„Es funktioniert nicht so und das weißt du.“

Ich beobachtete, wie er eine sterile Verpackung herausholte, die die Medizin enthielt. Es war einfach nur eine kleine, runde Kapsel, die Wer-weiß-was enthielt. Für sich war es nichts besonders Schlimmes. Das Problem war, dass sie nicht oral eingenommen werden konnte. Sie musste injiziert werden.

„Es hatte auch gerade aufgehört, wehzutun.“ Ich lehnte mich zurück und drehte mich etwas, wobei ein hässlicher Fleck an vernarbtem Fleisch frei wurde, der als perverse Zielscheibe für den Behandlungsapparat diente.

„Sorry, Conor.“ Dalton hob den Injektor vom Tisch neben dem Bett hoch. Er hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Pistole, nur dass der Lauf in einer Nadel endete, die dick genug war, um die Kapsel herauszuschießen. Er machte den Seitendeckel auf und ließ die Kapsel hineinfallen. Eine kleine Flasche mit Druckluft wurde in die Hinterseite gesteckt, die die kleine Pille durch meine Innereien feuern würde.

Er schaltete ihn ein und setzte ihn auf meinen Bauch. Ich schloss meine Augen, während er mit der Nadel zielte und sie durch das Narbengewebe stach. Es gab ziemlich leicht nach, weil es schon so viele Male zuvor durchstochen worden war. Trotzdem war seine Präzision fast peinlich. Dalton war ein Schwarzmarkt-Händler, der Medizin im Internet gelernt hatte, und er war beinahe ein so guter Chirurg, wie ich es gewesen war.

Ich zog vor Schmerzen eine Grimasse. Am Anfang hatte ich sein Angebot einer Betäubung wahrgenommen, aber mit der Zeit war mir bewusst geworden, dass es mir von dem Zeug, das er mir gegeben hatte, schlechter ging als durch den Schmerz, und außerdem kostete es viel mehr. Jetzt grinste ich einfach und ertrug es und beobachtete die Prozedur sogar mit einer ruhigen Erwartung. Jedes Mal, wenn ich sah, wie das Blut begann, über meinen Bauch zu laufen, erwartete ich, dass es ein dicker, schwarzer Schleim wäre.

Er legte seinen Finger an den Auslöser. „Der schlimme Teil.“

Ich nickte und holte ein paarmal tief Luft. Er musste die Kapsel ziemlich tief hineinbringen. Was auch immer darin war, würde sich in meinem Kreislauf verteilen und die schlechten Zellen, die mein Körper produzierte, angreifen, sodass es für bis zu einen Monat die Produktion im Zaum hielt, außer ich berührte jemanden und ließ es in einen Schnellgang übergehen. Warum es nicht einfach die Masse zerstören konnte, die die Probleme verursachte, wusste ich nicht und Dalton wusste es auch nicht. Als ich fragte, sagte er nur „Die arbeiten daran“. Wer auch immer „die“ waren. „Auf drei“, sagte Dalton, drehte das Gerät in seiner Hand und änderte sein Ziel.

Er musste die Position genau richtig erwischen oder es würde nicht an die richtige Stelle wandern und sich zu schnell öffnen, wodurch es ziemlich unwirksam wurde. Das war schon einmal passiert und ich hatte nach der Behandlung nur eine Woche gehabt. Noch schlimmer, die ganze Sache ging auf Risiko des Käufers. Zu schade, dass es nicht wirkte, ich musste aber trotzdem den vollen Preis zahlen.

„Eins...“

Ich schloss meine Augen und machte mich mental für den Schmerz, der folgen würde, bereit.

„Zwei…“

Ich sog einen weiteren tiefen Atemzug ein und hielt die Luft an.

„Drei…“

Es gab einen Knall in der Luft und dann konnte ich spüren, wie die Kapsel tief inmitten meiner Eingeweide wanderte. Ich spürte das Brennen davon, die heiße Qual, wie sie sich durch meine Gedärme schob. Es waren tausend Messerstiche gleichzeitig, dicht und eng und unglaublich. Nach einem Augenblick zog sich die Nadel zurück und ich spürte wieder die Kälte der Luft an meinem Fleisch.

Ich öffnete meine Augen und streckte meine Hand aus, um mir Tränen wegzuwischen. Dalton legte den Injektor weg und schnappte sich einen Faden, dann nähte er mich in weniger als einer Minute. Danach nahm er ein feuchtes Handtuch und wischte das überschüssige Blut weg.

„Nicht schlecht, oder?“

„Fahr zur Hölle.“

Er lachte. „Würdest du mich dort bleiben lassen?“

„Würdest du das wollen?“

„Geh und zieh dir deine Kleidung wieder an.“

Ich hüpfte vom Bett und verließ den Operationsraum, dann packte ich meinen Kram und zog mich wieder an. Jede Bewegung tat wieder weh und die Stiche an meiner Seite brachten den alten, vertrauten Schmerz zurück. Die Karte mit der Bezahlung fiel aus einer Tasche, als ich mich wieder in den Trenchcoat schwang.

„Was ist das?“, fragte Dalton. Sie war vor seinen Füßen gelandet. Er hob sie hoch und drehte sie in seinen Fingern herum. „Habe seit einer Weile keine von diesen Schönheiten mehr gesehen.“

„Bezahlung für meinen nächsten Job.“ Ich hielt meine Hand vor, um sie zurückzunehmen.

Er blickte zu mir auf und runzelte besorgt die Stirn. „Du weißt, dass die von Black ist, ja?“

„Jupp.“

„Weiß Dannie davon?“

„Noch nicht. Ich werde ihr davon erzählen, sobald ich heimkomme.“

„Sie wird nicht glücklich darüber sein.“

„Ich weiß, aber ich glaube, ich kann sie beruhigen. Es sind zwei Millionen auf dieser Karte.“

Na gut, ich hoffte, ich konnte es. Danelle und ihr Vater waren sich nicht besonders grün und das bedeutete gewöhnlich ein Embargo auf alle Jobs, die das Haus Black vergab. Andererseits wurden unsere Jobs normalerweise nicht mit zwei Millionen bezahlt.

Er pfiff und gab sie zurück. „Ich glaube nicht, dass irgendeine Summe hoch genug für Dannie ist, wenn es um Black geht.“

Ich zuckte mit den Achseln. „Ich schätze, ich werde das noch herausfinden.“

Jetzt, wo ich angezogen war, hatte Dalton keine Angst davor, seine Hand auszustrecken und meinen Arm zu packen. Egal, wie oft ich es ihm erklärte, dass es nicht so funktionierte, er behandelte mich immer noch wie einen Aussätzigen.

„Ich würde lang und sorgfältig darüber nachdenken, ob ich diesen Job annehme, Partner. Es gibt einen Grund, warum er so viel wert ist, und, nichts für ungut, aber du bist ein kleiner Scheißer verglichen mit den Typen, die normalerweise diese Art von Arbeit annehmen.“

Ich fasste nach seiner Hand und er zog sie weg, ehe ich einen Kontakt herstellen konnte.

„Erklär das den Leichen, die Mr. Black anheuern wollte.“

Ich verließ die Pfandleihe ohne weitere Worte.

VIER

Hatte nie einen Freund wie mich.

Danelle und ich wohnten in einem winzigen Haus mit zwei Schlafzimmern am Stadtrand, nahe genug, um es leicht zu machen, für Jobs hinzukommen, weit genug weg, um es schwierig zu machen, beobachtet zu werden. Das Haus selbst war nichts Besonderes – beige Farbe, die dringend einen neuen Anstrich brauchte, ein repariertes graues Dach und Bretter über der Hälfte der Fenster. Es war die Art von Haus, wo man annehmen konnte, dass irgendwer darin jemanden umgebracht hatte, und wenn man sich in den Keller wagte, würde man bemerken, dass das von der Wahrheit nicht allzu weit weg war.

Ich hatte zwar nie jemanden im Haus getötet, aber ich hatte unter der Treppe ein paar ermordete Leichen gestapelt.

Daltons Worte hallten immer noch in mir nach, als ich den Van zwischen die Pfosten eines verrosteten Zauns und eine Einfahrt hinauf fuhr, die in einem vergangenen Leben solide betoniert gewesen war. Er hatte mir bei dem Job den meisten Wind aus den Segeln genommen und das Pochen an meiner Seite zermalmte den Rest. Ich freute mich nicht darauf, über die Türschwelle zu treten und von Danelle angemotzt zu werden, weil ich die Arbeit für Mrs. Grey verdorben und jemanden berühren müssen hatte. Ich freute mich sogar noch weniger darauf, ihr von meinem Plan zu erzählen, für ihren Vater zu arbeiten.

Dalton hatte Recht. Ich hätte es mir anders überlegen sollen. Danelle war der einzige Grund, warum ich so viel länger als die zwei Monate, die die Ärzte mir gegeben hatten, überlebt hatte. Sie war diejenige gewesen, die mich gefunden hatte, ein depressives Wrack, das zur falschen Zeit in der Nacht durch einen gefährlichen Stadtteil wanderte und beinahe darum bettelte, dass irgendwer oder irgendetwas kommen und mich töten sollte. Sie war ein klein wenig spät dran – ich war bereits ausgeraubt und ein bisschen verprügelt worden –, aber im Nachhinein war es so zu meinem Besten gewesen. Sie behauptete, dass sie das Talent in mir gerochen hatte, selbst bevor mich die Behandlung mit der tatsächlichen Macht, über die ich verfügen konnte, vertraut gemacht hatte. Sie hatte auch zugegeben, dass sie, als sie mich auf der Straße liegen sah, dachte, dass ich gutaussehend war, trotz der Schwellungen an meinen Augen und meinem Kinn.

Sie hatte mich verbunden, gesund gepflegt und dazu gebracht, über alles zu reden. Ich hatte mein Leben vor ihr ausgebreitet und mich in ihren Armen schluchzend wiedergefunden, als sie mich in den Schlaf wiegte. Das war die erste Woche. Wir hatten uns einmal geküsst, aber ich hatte gerade Karen und Molly verlassen und sie war nett genug, daraus keinen Vorteil zu ziehen. Aus Gründen, die mir immer noch unklar waren, verstanden wir uns gut. Sie behauptete, es hatte mit Sternzeichen zu tun. Ich glaubte, es lag daran, dass sie eine Idiotin war.

Trotzdem hatte der romantische Teil der Beziehung ins Leere geführt. In der Nacht unseres ersten gemeinsamen Jobs waren wir etwas zu aufgeregt, hatten etwas zu viel zu trinken und erwachten am nächsten Morgen in einer innigen Umarmung. Am Ende dieses Tages war ich zu dem Schluss gekommen, dass unsere Nacht von schweißtreibendem, schmutzigem Sex viel zu peinlich gewesen war, auf eine Bruder-Schwester-Inzest-ähnliche Art. Sie hatte zugestimmt. Es passierte nie wieder.

Ich stellte den Van ab und öffnete die Tür, wobei ich zusammenzuckte, als sie quietschte. Ich hatte darauf gehofft, einen etwas subtileren Auftritt hinzulegen, war aber erneut verraten worden. Das Licht in der Küche ging an.

Ein tiefer Atemzug. Ein Überblick über meine Ausreden.

Ich hüpfte aus dem Van, schlug die Tür zu und machte mich auf den Weg zum Hintereingang, um durch die Küchentür hineinzugehen. Sie wartete schon dort, als ich sie öffnete.

„Hey, Dan.“

Sie saß in ihrem Rollstuhl, eine rote Decke eng um die verbleibenden Stümpfe ihrer Beine geschlungen. Ihre dünnen, muskulösen Arme schlängelten sich dort hinunter, wo ihre Hände an den Rädern ruhten, bereit, beim ersten Funken von Unmut vorwärts über meine Füße zu rollen. Das lange, schwarze Haar ihrer indianischen Vorfahren floss um ihr kantiges Gesicht und ihre dunklen Augen brannten. Es lag nichts in ihrer Stimme, das auch nur auf Zufriedenheit hindeutete.

„Weißt du, was wir übrig haben, Conor?“ Sie deutete auf Laptop auf dem Küchentisch. „Viertausend.“

„Das ist mehr als genug für die Miete.“

„Was ist mit nächstem Monat? Du hast gerade den verdammten Job beendet und wir sind pleite.“

Ich hatte nicht erwartet, dass ich den Augenblick der Wahrheit so schnell erreichen würde. Mein Herz pochte, während ich in meine Tasche fasste und die Karte fand. Ich ließ sie auf ihren Schoß fallen.

„Ich habe noch einen Job.“

Sie sah darauf hinunter und dann zurück hoch zu mir. Das Feuer in ihren Augen war zu einer nuklearen Explosion gewachsen. Ihr Zorn war von einem kontrollierten Brüllen zu einem bedrohlichen Flüstern geworden. „Das ist Blacks Karte.“

„Gib sie ein.“

„Conor…“

„Gib sie ein.“

Sie brummte und rollte sich vor dem Computer in Position. Sie nahm die Karte und ließ sie vor dem Bildschirm entlang gleiten. „Was zur Hölle?“ Sie sah mich an. „Wo hast du das her?“

„Vom Job für Mrs. Grey. Die zwei Oger, die ich an die Würfel verfüttert habe, sollten das erledigen.“

Ich konnte sehen, dass sie mit sich rang. So sehr sie ihren Vater auch hasste, sie hatte gern ein Zuhause und Essen im Bauch. Es war genug, um ihr Temperament etwas abzukühlen.

Ich wartete geduldig, während sie sich etwas beruhigte.

„Ich weiß nicht, Conor. Kein Job, der so gut bezahlt wird, wird ohne Schnickschnack ablaufen.“

„Glaubst du, ich komme damit nicht klar?“

„Ich versprühe keine Zuversicht. Besonders, weil du diesen Letzten auch nicht ohne Schwierigkeiten erledigt hast.“

Autsch. Sie wusste, wie sie mich dort traf, wo es wehtat. „Das war Carolines Schuld. Sie ist zu früh reingekommen.“

„Ich habe dir empfohlen, sie nicht mitzunehmen. Sie muss immer die Dramaqueen sein. Wo ist sie eigentlich?“

„Sie wurde am Kinn getroffen. Ich habe sie zurück ins Bett gebracht. Jedenfalls weißt du, dass ich keinen anderen hatte, der sich in der Öffentlichkeit sehen lassen kann.“

Ihr Gesicht wurde weicher. „Es tut mir Leid, Conor. Du hättest Mr. Timms benutzen können, wenn alles, was du wolltest, eine Ablenkung war.“

Ich zuckte mit den Achseln. „Katzen sind schwieriger bei der Stange zu halten als Menschen. Das wäre ein Rezept für ein Desaster.“ Nicht, dass die leicht verweste Katze nicht zu gewissen Zeitpunkten nützlich sein konnte. Dieser war nur keiner davon. Sie saß für einige Minuten da und starrte den Bildschirm an, dabei sagte sie gar nichts. Als die Spannung greifbar genug geworden war, brach ich sie mit einer Kapitulation.

„Ich muss es ja nicht tun.“

Sie drehte den Stuhl und deutete mir, mich auf Augenhöhe hinzuknien. „Du musstest es ab dem Augenblick tun, als du die Karte genommen hast. Willkommen im großen Spiel, Conor. Sie haben ihre Bewegungen verfolgt, seit sie das Hotel verlassen hat.“

Verdammt sei ich dafür, dass ich wieder gedacht hatte, ich wäre clever.

„Oh, Scheiße.“

„Jupp. Als wäre das nicht schlimm genug, denken sie wahrscheinlich, ich sei diejenige, die den Job an sich genommen hat. Mr. Blacks Versager-Tochter versucht, einen guten Stand bei ihm zu erreichen.“

„Das tut mir leid, Dannie. Ich wusste das nicht.“

Sie lachte. „Wie könntest du auch? Du bist ein Kleinganove und passabler Mörder. Du solltest nur froh sein, dass keines der Häuser weiß, dass du ein Nekro bist.“ Sie leckte sich über die Lippen und hielt die Karte wieder hoch. „Ich war sauer auf dich, bevor du heimgekommen bist, aber jetzt bin ich richtig angepisst.“ Sie ließ ein gewaltiges, stöhnendes Seufzen los. „Was geschehen ist, ist geschehen. Ich werde meine Revanche bekommen, sobald du den Job erledigt hast - falls du überlebst. Hast du irgendeine Art von Datenträger bekommen?“

Ich nickte und zog die Brille aus einer anderen Tasche. Sie nahm sie und legte sie neben den Laptop. „Ich werde die Daten übertragen, damit wir sie beide durchgehen können. Du musst gehen und, so viel du im Van aufheben kannst, aus dem Keller räumen. Wir müssen dieses Haus abfackeln.“

„Es abfackeln?“

„Ich schwöre es, Conor. Wie zur Hölle konntest du die Uni abschließen?“

„Komm schon, Dannie. Du weißt, dass mich die Behandlung fertig macht.“

Sie rollte zum Küchentresen hinüber und öffnete eine der Schubladen, wo sie ein kleines, dünnes Kabel herauszog. „Wie lang hast du, um es zu erledigen?“

„Achtundvierzig Stunden.“

Sie sah noch unglücklicher aus.

„Ok. Also, was glaubst du, werden die in achtundvierzig Stunden tun, wenn der Job nicht erledigt ist? Sie werden kommen und nach dir suchen, deine Schritte zurückverfolgen. Einer dieser Schritte führt zu diesem Haus und einer Invaliden in einem Rollstuhl, die sich selbst nicht verteidigen kann. Das Killerteam wird sich nicht darum scheren, wessen Tochter ich bin, während sie eine Kugel in mein Gehirn jagen.“

Sie steckte ein Ende des Kabels in den Laptop, das andere in die Brille.

„Erstens, du bist wohl kaum unfähig, dich selbst zu verteidigen. Zweitens, nimmst du an, ich werde scheitern?“ Ich war bisher nie daran gescheitert, einen Job zu beenden, auch wenn von Zeit zu Zeit einer etwas chaotisch endete. Sie hatte keinen Grund, zu glauben, dass ich es nicht hinbekommen konnte, und ihr fehlendes Vertrauen begann, mich gleichfalls wütend zu machen.