Rebellion 2 - Neue Fronten - M.R. Forbes - E-Book

Rebellion 2 - Neue Fronten E-Book

M.R. Forbes

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Beschreibung

Fünfzig Jahre lang haben sie uns gejagt. Fünfzig Jahre lang haben sie uns versklavt. Fünfzig Jahre lang lebten wir in Angst. Doch die Rebellion geht weiter … Kapitän Gabriel St. Martin und die Besatzung der Magellan konnten entkommen, doch sie sind Hunderte Lichtjahre von zu Hause entfernt gestrandet. Auf der Erde droht die Rebellion niedergeschlagen zu werden. Es gibt nur einen Ausweg: Der Besatzung muss es gelingen, die Geheimnisse der feindliche Technologie zu ent-schlüsseln. Andernfalls haben sie keinen Planeten mehr, zu dem sie zurückkehren können. Der Kampf um die Erde geht weiter! "Rebellion – Neue Fronten" ist der zweite Band der actionreichen Science-Fiction-Reihe von Michael R. Forbes

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Seitenzahl: 432

Veröffentlichungsjahr: 2025

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M. R. Forbes

Rebellion

– Neue Fronten–

Roman

Deutsche Erstauflage

Titel der englischen Originalausgabe:

WEAPONS OF WAR

1. Auflage

Veröffentlicht durch den

MANTIKORE-VERLAG NICOLAI BONCZYK

Frankfurt am Main 2024

www.mantikore-verlag.de

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe

MANTIKORE-VERLAG NICOLAI BONCZYK

Text © M.R. Forbes 2016

Deutschsprachige Übersetzung: Deborah Barnett

Lektorat: Anja Koda

Satz: Karl-Heinz Zapf

Cover- und Umschlaggestaltung: Rossitza Atanassova und Matthias Lück

VP: 394-210-01-02-0624

ISBN: 978-3-96188-184-0

Rebellion

– Neue Fronten –

M. R. Forbes

Inhalt

Über »Neue Fronten«

Neue Fronten 1

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Danke!

Über den Autor

Über »Neue Fronten«

Im Jahr 2280 griff eine außerirdische Flotte die Erde an. Ihre Waffen waren nicht zu stoppen, ihre Verteidigungen nicht zu durchbrechen. Unsere Technologie war unterlegen, unsere Militärs überwältigt. Nur ein Raumschiff entkam, bevor die Zivilisation fiel.

Die Erde war verloren.

Sie war nie vergessen.

52 Jahre sind vergangen.

Eine Nachricht von zu Hause ist empfangen worden.

Die Zeit ist gekommen, für das zu kämpfen, was uns gehört.

Willkommen in der Rebellion.

Neue Fronten 1

Es gab nichts im Slipstream. Keine Sterne. Keine Planeten. Keinen Staub. Kein Licht. Es gab nur komplette Finsternis, pur und perfekt in ihrer einfachen Darstellung vom Nichts. Ein Ort, der irgendwo außerhalb der Realität gelegen war, wo Zeit und Raum ihre Bedeutung wechselten, und manchmal schien es, als ob alles möglich war.

Gabriel hatte gezuckt, als die Magellan die Erdoberfläche erreicht hatte. Er hatte gespürt, wie sich sein Magen zusammenzog, sein Körper auf die plötzliche Angst und Anspannung reagierte. Er hatte gedacht, dass er sterben würde. Dass jeder an Bord des Sternenschiffes sterben würde.

Er dachte, dass sein Vater ihn hatte hängen lassen, sie alle hatte hängen lassen.

Und General St. Martin hätte das, wenn Gabriel nicht zu dem Zeitpunkt, als er es tat, die Brücke erreicht hätte. Er musste nicht denken. Er wusste es, so sicher wie nur irgendwas.

Das Schiff hatte es in den Äther geschafft, ritt die Wellen der gephasten Störung durch den Planeten und auf der anderen Seite hinaus. Vielleicht hätte es sein erster Gedanke sein müssen, mit seinem Vater zu rangeln, um ihn daran zu erinnern, Maggie anzuweisen, sie fort von diesem Ort zurück in den Realraum zu bringen. Um sie daran zu hindern, den Wellenkamm zu weit und zu schnell zu reiten. Vielleicht hätte er die Anweisung selbst geben und hoffen sollen, dass die Intelligenz des Sternenschiffes gehorchen würde, obwohl er bereits wusste, dass sie das nicht würde. Maggie hörte nur auf eine Person, und das war der General.

Abgesehen davon, es war so friedlich hier. So still. So ruhig. Nach dem Chaos und der Rage, die ihn von dem Planeten mit einer der Dread-Waffen entkommen sah, nur, um beinahe wieder auf der Erde eine Bruchlandung zu machen, war er auf die Ruhepause erpicht und begierig ob der Suggestion von Möglichkeiten.

Er hieß den Ort außerhalb der Zeit willkommen, wo er glauben konnte, dass seine Mutter immer noch am Leben und sein Vater immer noch diensttauglich war.

Er wünschte sich, dass zumindest eine dieser Aussagen wahr wäre.

Er zählte vier Herzschläge. Fünf. Sechs. Er wand sich aus seinem inneren Dialog, sein Blick schweifte über die Brücke, zu den Männern und Frauen an ihren Stationen, mit demselben Anblick von Furcht und Überraschung in ihren Gesichtern, der sich ganz sicher in seinem eigenen abzeichnete.

Es war derart knapp gewesen.

»General«, sagte er endlich, und erinnerte sich daran, was Reza gesagt hatte.

Die Erdanziehung würde die Stärke des Streams noch verstärken und sie im Gegenzug schneller viel weiter schicken. Die Magellan hatte die Möglichkeiten, um sie am Leben zu erhalten. Aber nicht ewig. Und abgesehen davon hatten sie den schlafenden Riesen geweckt und eines der massiven, stadtgroßen Dread-Sternenschiffe dazu bewegt, seinen Ankerplatz auf der Oberfläche zu verlassen und die Verfolgung aufzunehmen. Vielleicht waren sie entkommen. Vielleicht waren sie es nicht. In jedem Fall hatten sie einen Vorteil gegenüber den Thronräubern der Erde errungen, etwas, dergleichen sie noch nie in Händen gehalten hatten. Sie hatten eine Waffe erbeutet, welche die Schilde des Feindes bezwingen konnte. Eine Waffe, die ihnen Schaden zufügen konnte. Eine Waffe, die sie töten konnte.

Vergeltung, gleich welcher Art, war unvermeidbar.

»General«, wiederholte Gabriel, diesmal laut.

Sein Vater zuckte, als ob er überrascht worden wäre. Er war genauso in seinen Gedanken verloren, wie Gabriel es beinahe gewesen war. Seine Augen blickten blitzartig zu Gabriel, wobei ein beschämter Ausdruck über sein faltiges Gesicht huschte. Doch dieser verschwand augenblicklich, als er sich sammelte. Die Tatsache, dass Gabriel überhaupt die Emotion gesehen hatte, sagte ihm, dass er in seiner Einschätzung, sein Vater würde den Verstand verlieren, nicht falsch lag. War es das Alter? Die Tabletten? Ein kurzzeitiger Lapsus? Er war besorgt gewesen, als er Theodore vornübergebeugt und sich übergebend in dessen Quartier vorgefunden hatte. Ihr Beinahetod hatte bewiesen, dass das Urteilsvermögen des Generals beeinträchtigt war. Oder nicht?

Konnte er es sich leisten, zu riskieren, dass er falsch lag?

Konnte die Mannschaft es?

Die Magellan erzitterte plötzlich, ein Warnton ertönte auf der Brücke. Es war ein Ton, den Gabriel nicht erkannte, aber er konnte erfühlen, was gerade geschah.

Das Schiff kam ganz von selbst aus dem Slipstream.

»Maggie?«, sagte Theodore leise.

»An Slipstream-Geschwindigkeit verloren«, sagte Maggie. »Quantum Phasengenerator schaltet sich ab.«

Die Sterne breiteten sich vor ihnen aus, bis alles erneut normal aussah.

Jedoch, nichts war normal. Nichts würde wie immer sein. Sie hatten ihren ersten Sieg gegen die Außerirdischen errungen, die ihre Heimatwelt gestohlen hatten. Er hatte einen Klon seiner Mutter unter den Rebellen am Boden gesehen. Er war Zeuge gewesen, als ein Dread-Gewehr durch die Dread-Rüstung schnitt wie durch ein Stück Stoff. Sie waren am Leben.

Gott sei Dank, sie waren am Leben.

Auf der Brücke war es totenstill, als das Sternenschiff vollständig stoppte. Keiner bewegte sich. Keiner wagte es zu atmen. Gabriel stand neben seinem Vater, wartete auf Befehle. Er würde sich ihm entgegenstellen müssen, das wusste er. Er würde ihn herausfordern müssen wegen seines Lapsus, und wegen der Möglichkeit zukünftiger Verfehlungen.

Nicht jetzt. Noch nicht. Er war ein guter Soldat und ein guter Sohn. Einige Dinge sollten am besten privat besprochen werden.

»Schadensbericht«, schrie General Theodore St. Martin und durchbrach die Stille, als er sich endlich in seinem Kommandosessel zurücklehnte. Gabriel fiel die Grimasse des Schmerzes auf, als er das tat.

»Die Daten filtern immer noch herein«, sagte Abdullah, seinen Bildschirm beobachtend. »Wir hatten einen Rumpfbruch auf Deck 17. Die Notfallschleusen haben ihn versiegelt, aber wir haben eine Stromleitung verloren. Wir wissen nicht, wie sehr uns das wehtun wird, bis wir einen besseren Überblick über unseren Gesamtzustand haben.

»Verstanden, Sergeant«, sagte Theodore. »Verluste?«

»Keine gemeldet, Sir«, sagte Spaceman Miranda Locke.

»Nur, weil das alte Mädchen vier Viertel leer ist«, sagte Theodore sanft zu sich selbst. Gabriel hörte es dennoch. »Das war knapp. Viel zu verdammt knapp.« Er sah Gabriel an. »Du hast unser aller Speck gerettet, Sohn.«

»General …«, fing Gabriel an. Theodore hob seine Hand.

»Ich bin müde, Sohn. Plötzlich so verdammt müde. Kam auf mich zu wie eine Schlange im Bayou.«

»General …«. Gabriel versuchte wieder zu sprechen.

»Colonel Choi, Sie haben die Brücke«, sagte Theodore.

»General?«, erwiderte Choi. »Was ist mit …?«

»Captain St. Martin, ich erwarte, dass sie dem Colonel eine vollständige Einsatznachbesprechung geben«, sagte Theodore, seinen Protest ignorierend. Er lehnte sich wieder auf seinen Händen nach vorne, wobei seine ArMe von der Anstrengung zitterten. »Dem Rest von euch danke ich für einen gut gemachten Job. Besonders Ihnen, Herr Mokri. Für einen Zivi haben Sie wahrlich ein paar große Eier.«

»Äh, danke, Sir«, sagte Reza.

Gabriel konnte die Anspannung auf der Brücke spüren, und sie wurde nur größer, als der General sich in seinen Rollstuhl schwang und ohne ein weiteres Wort davonrollte.

2

Gabriel sah Choi an. Ihr Gesicht war verhärtet, ihre Lippen eine gespannte, dünne Linie.

»Ich sollte mit ihm reden«, sagte Gabriel.

»Nein, Captain«, erwiderte sie. »Geben Sie ihm etwas Zeit. Er ist auch noch nie in dieser Situation gewesen.«

Gabriel sah zurück in die Richtung, in die sein Vater verschwunden war. Er wusste, dass Choi recht hatte. Trotzdem war es schwer für ihn, nur herumzustehen.

»Colonel Choi, ich habe ein Update vom Maschinenraum, Ma’am«, sagte Abdullah.

»Fahren Sie fort«, sagte Choi.

»Laut Corporal Rogers kann die zerstörte Leitung durch einen der internen Schaltkreise umgeleitet werden, was uns wieder volle Kraft geben wird. Es gibt auch einen Schaden an der sekundären Sanitärinstallation, der einen Verlust der Wasserreserven verursacht.«

»Wie viel Verlust?«

»Null Komma drei Prozent pro Stunde bei dem derzeitigen Tempo«, sagte Abdullah.

»Wie lange, um es zu flicken?«

»Drei Stunden, Ma’am.«

»Nicht schlecht. Machen Sie das zuerst. Im Moment ist Wasser wertvoller als Triebwerksschub.«

»Ja, Ma’am.«

»Herr Mokri«, sagte Choi und forderte Reza heraus. Der Wissenschaftler saß an seiner Station und überprüfte die Sternenkarten. »Haben Sie irgendeine Vorstellung, was gerade passiert ist oder wo wir sind?«

»Ich denke, dass wir auf eine tote Zone getroffen sind, Colonel«, sagte Reza.

»Tote Zone?«

»Ja, Ma’am. Es gibt Gegenden im Weltraum, die der Slipstream nicht durchquert. Ich kalibriere noch, aber ich denke, dass wir uns in einem von ihnen befinden. Sie wäre einfacher zu lokalisieren gewesen, wenn wir ein Ziel für den Slip gehabt hätten.«

»Verstanden. Stören Sie mich, wann immer Sie unsere Position haben.«

»Ja, Ma’am.«

Choi richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Gabriel. »Also. Haben Sie sie? Die Waffe?«

Gabriel nickte. »Ich ließ sie bei O’Dea. Wir müssen Reza dazu holen, um sie sich anzusehen.«

»Sie funktioniert wirklich?«

»Tut sie. Ich sah, wie die Bodentruppen einen gepanzerten Dread-Soldaten ausschalteten, dem meine Kanonen nichts anhaben konnten.« Gabriel sprach leiser und lehnte sich näher zu ihr. »Da ist noch etwas anderes. Die hatten ein Mädchen bei sich. Ich denke sie war einer der feindlichen Klone. Sie haben sie kopiert, Vivian. Sie kopierten meine Mutter.«

Colonel Choi erstarrte, ihre Überraschung war offensichtlich. »Falls die sie kopierten …«.

»Es bedeutet, sie nahmen sie gefangen. Ich weiß. Als ob die Dinge nicht hart genug werden mit Theodore. Wenn er davon erfährt …«.

»Sie können es ihm nicht sagen, Gabriel.«

»Ich muss. Er wird wissen wollen, ob es Neuigkeiten über sie gibt. Sie wissen, dass er das wird. Ihm war es beinahe wichtiger, dass Rodriguez ihm Neues über ihren Verbleib mitteilte, als die Beschaffung der Waffe.«

»Es wird sein Herz brechen.«

»Sein Herz ist bereits gebrochen. Es wird ihn wütend machen, ihn irrational machen. Er denkt jetzt schon nicht klar.«

»Das sind die Medikamente.«

»Es spielt keine Rolle, was es ist; er denkt nicht klar. Das ist gefährliches Territorium in Anbetracht dessen, was wir gerade gemacht haben.«

»Ich weiß«, sagte Choi. »Wie ich sagte, Sie müssen sich ihm deswegen stellen. Später.«

»Colonel Choi«, sagte Reza an seiner Station stehend. »Ich habe es.«

»Also, wo sind wir, Herr Mokri?«

»Hier ist etwas Mathematik involviert«, erwiderte Mokri. »Also, die Projektion kann leicht abweichen. Ich musste den Mittelpunkt neu bestimmen, basierend auf der Position der Erde in Relation zum Rest des bekannten Universums, und dann die Wellengeschwindigkeit schätzen, basierend auf den gesammelten Daten durch die QPC Antriebsgondeln.«

»Die kurze Version, Reza«, sagte Gabriel.

»Äh. Richtig.« Er lächelte. »Ungefähr sechshundert Lichtjahre jenseits der Erde.«

»Sechshundert Lichtjahre?«, sagte Sarah Larone. »Wie lange waren wir im Slipstream? Zwölf Sekunden?«

»Dreizehn Sekunden«, sagte Reza. »Wir reisten geschätzt dreiundvierzig Lichtjahre pro Sekunde.«

»Sind Sie sicher, dass das stimmt? Bei der Geschwindigkeit wären wir in der Lage, Calawan in weniger als zwei Sekunden zu erreichen.«

»Von der Erde aus. Nicht von hier.«

Gabriel war mehr damit beschäftigt, aus dem Sichtfenster vor ihnen zu sehen. Als er es jetzt tat, blickte er in die Weite der Leere auf der anderen Seite. Sie war schwer von irgendeinem anderen Teil des Weltalls zu unterscheiden. Da war ein roter Zwergstern in der Nähe, nahe genug, um ein wenig mehr zu sein als ein weiterer weißer Punkt vor dem dunklen Hintergrund.

Ansonsten war da nichts.

»Es würde trotzdem nur ungefähr einundzwanzig Tage dauern«, sagte Choi. »Wir haben mehr als genug Reserven dafür.«

»Ja, Ma’am, das ist wahr«, sagte Reza. »Es gibt aber eine Komplikation.«

»Was für eine?«

»Ich suche nach Streams, Ma’am. Soweit ich es beurteilen kann, gibt es keine.«

Gabriel vergaß den Ausblick. Sein Kopf schoss in Richtung Reza herum, so, wie jeder andere Kopf auf der Brücke.

»Wie bitte?«, sagte Colonel Choi, die sich nicht ganz sicher war, richtig gehört zu haben.

»Ich weiß«, sagte Reza. »Es scheint unmöglich zu sein, aber da ist nichts.«

»Wir kamen auf einem Stream hierher«, sagte Gabriel. »Das bedeutet, es muss einen in dieser Gegend geben. Oder nicht?«

»So funktioniert der Slipraum nicht, Captain«, sagte Sarah. »Die Wege sind nicht zufällig, aber sie sind auch nicht konstant. Sind Sie mit den Gezeiten auf der Erde vertraut?«

»Verursacht durch die Anziehungskraft des Mondes, sicher«, sagte Gabriel.

»Slipstreams sind wie die Gezeiten«, sagte Reza. »Während der Flut breiten sie sich weiter aus als während der Ebbe.«

»Es sind nur fünf Minuten.«

»Für uns, Captain«, sagte Sarah. »Bedenken Sie, der Slipraum befindet sich außerhalb unserer Konzeptualisierung von Zeit. Wir wissen viel darüber, wie er funktioniert, genug, um einen Kurs mit einem gewissen Maß an Genauigkeit bestimmen zu können, aber eben nur bis zu einem gewissen Punkt.«

»Und wir sind über diesen Punkt hinaus«, sagte Reza. »Es war nichts als verrücktes Glück, dass wir in der Lage waren, überhaupt einen Slipstream für uns zu finden, der durch die Erde verlief. Wir sollten eigentlich alle tot sein. Der Stream hat jedoch seinen Scheitelpunkt erreicht. Er wird wieder hier durchkommen, aber ohne einen Referenzpunkt kann es Wochen dauern herauszufinden, wann das sein wird.«

»Was ist das Fazit?«, fragte Choi.

»Wir nahmen ein kalkuliertes Risiko auf uns, den Dread auf die Art zu entkommen, wie wir es taten«, sagte Reza. »Der Teil funktionierte für uns und wir kamen lebend davon.«

»Aber?«

»Aber, Captain, wenn sich nichts ändert, sind wir hier draußen gestrandet.«

3

Es kann nicht mehr weit sein«, sagte Major Donovan Peters, während er sich an einem weiteren Stück tiefhängenden Dickichts vorbeischob. Sein Blick wanderte hoch zu den Rauchfähnchen, die durch den sternenklaren Nachthimmel erleuchtet wurden. Sie hatten fast zwei Stunden lang nach dem abgestürzten Starfighter gesucht, waren den Berg wieder hinabgelaufen und auf die Stelle zugegangen, wo sie ihn in einem kontrollierten Absturz haben aufkommen sehen.

»Warte«, sagte Ehri, während sie seine Schulter packte, um ihn zu bremsen. »Schau.«

Sie zeigte durch die Bäume auf eine Stelle, wo eine große Gestalt Wache stand. Zuerst dachte Donovan, es wäre einer der Mechs der Bek’hai, bevor er realisierte, dass sie zu klein war. Es war ein gepanzerter Dread-Soldat.

Wo einer war, da mussten mehr sein.

»Ich habe eine freie Schusslinie«, sagte Leutnant Renata Diaz, wobei sie eine der Dread-Gewehre an ihre Schulter hob. »Ein Schuss, ein Abschuss.«

»Ruhig, Leutnant«, sagte Donovan. »Wir wissen nicht, wie viele noch da draußen sind.«

Natürlich hatten die Bek’hai die Stelle vor ihnen erreicht. Sie selbst waren zu Fuß und müde, während ihr Feind angetriebene Panzer und genetisch verbesserte menschliche Klone aussenden konnte, um die Absturzstelle zu begutachten. Hatten sie den Piloten bereits gefunden? Ihn gefangen genommen? Ihn getötet? Sie waren so schnell gelaufen, wie sie konnten, um ihn vor den Dread zu erreichen.

Wie es aussah, waren sie trotzdem zu spät.

Donovan gestikulierte in Richtung Diaz. »Sieh mal, ob du eine gute Sichtlinie dort drüben finden kannst. Schieß nicht, bis ich es tue.«

»Ja, Sir«, sagte Diaz.

»Ehri, du kommst mit mir. Matteo, halte dich unten und außer Sicht. Falls du in Schwierigkeiten gerätst, hab keine Angst dieses Ding zu benutzen.«

Matteo sah nach unten zum Dread-Gewehr. Donovan konnte sehen, wie die Hände seines Freundes leicht zitterten, aber der Techniker beschwerte sich nicht.

»Okay«, sagte Matteo. Dann ging er ein paar Schritte, um sich hinter dem Dickicht zu verstecken, das sie gerade passiert hatten.

Diaz bewegte sich nach links und verschwand einen Moment später im Wald. Donovan behielt den Dread-Soldaten im Auge und stellte sicher, dass dieser die Bewegung nicht bemerkte. Er saß weiterhin bewegungslos und beobachtete, was sich nahe dem Wrack abspielte. Donovan war sich sicher, dass er jetzt leise Stimmen hören konnte, die aus dieser Gegend kamen.

Er ging zur rechten Seite des Soldaten, wobei er langsam durch das Dickicht kroch mit Ehri gleich hinter sich. Sie war so nahe, dass er ihren Atem in seinem Nacken spüren konnte, ruhig und gleichmäßig. Machte irgendwas die Bek’hai-Wissenschaftlerin nervös? Er bezweifelte es.

Es dauerte ein paar Minuten, um einen besseren Beobachtungspunkt zu erreichen. Er hielt an, als er einen flüchtigen Blick auf die Quelle der Rauchfähnchen erhaschte, der Seite des Starfighters, wo sich ein versengtes Loch im Rumpf durch einen der Düsenantriebe gebrannt hatte und es ihm unmöglich machte, aus der Atmosphäre aufzusteigen.

»Dort«, sagte Ehri, während sie ihm auf die Schulter tippte und ihm ins Ohr flüsterte.

Sie zeigte links neben den Starfighter, zu einem kleinen Areal davor. Zwei weibliche Klone knieten neben einem Mann, der auf dem Rücken lag. Der Pilot. Sie hatten seinen Pilotenanzug bis zu seiner Taille heruntergezogen und sprachen leise untereinander, während sie eine Bandage auf seinem Bauch anbrachten.

»Was machen sie?«, fragte Donovan.

Er beobachtete weiter die Gegend. Ein zweiter gepanzerter Dread-Soldat stand rechtwinklig zum ersten, am Rand des kleinen Feldes. Eine Handvoll Klon-Soldaten stand in Formation neben ihm. Keiner von ihnen schien besorgt zu sein, dass sie angegriffen werden könnten, oder dass sie sich in irgendeiner Gefahr befanden. Sie mussten doch wissen, was oben auf dem Berg geschehen war. Sie mussten wissen, dass ihre Jäger besiegt worden waren und ihre Waffen in die Hände der Rebellen gefallen waren.

Oder etwa nicht?

»Er muss verletzt worden sein«, erwiderte Ehri. »Die Salbe ist dem restaurativen Bad ähnlich, das die Drumhr benutzen, um ihre Haut gesund zu halten. Es wird den meisten Schaden innerhalb von Stunden heilen.«

»Warum heilen sie ihn? Warum ihn nicht töten?«

»Was denkst du warum, Major? Der Domo’dahm wird Informationen über die Schiffe haben wollen. Besonders, woher sie kamen. Die Bek’hai haben die Aktivität seit Jahren beobachtet, waren aber nie besorgt genug, um die Quelle ausfindig zu machen.«

»Bis heute Nacht.«

»Falls sie mit der Waffe entkamen, dann ja. Bis heute Nacht. Um einen menschlichen Ausdruck zu verwenden: Das Blatt hat sich gewendet, Major. Gestern waren die Bek’hai unverwundbar für die menschliche Rebellion. Jetzt sind sie es nicht mehr.«

»Dank dir, zum Teil«, sagte Donovan. »Diese Soldaten scheinen mir aber nicht sehr besorgt zu sein.«

»Sie sind über die Jahre gleichgültig geworden. Einige werden die Bedrohung ernster nehmen als andere, zumindest bis ihr anfangt, mehr Schlachten zu gewinnen.«

»Was ich absolut beabsichtige zu tun«, sagte Donovan, wobei seine Gedanken zu seiner Mutter abdrifteten. Hatten die Dread sie und die Kinder entdeckt? War irgendjemand von ihrer Basis noch am Leben? »Wir können es nicht zulassen, dass sie ihn mitnehmen.«

»Nein.«

»Was ist mit den weiblichen Klonen?«, fragte Donovan und richtete seinen Blick wieder auf sie. Sie waren beinahe identisch zu Ehri, von derselben Basis-DNA erschaffen. »Sind sie eine Bedrohung?«

»Es darf ihnen nicht gestattet werden zu entkommen.«

»Gibt es sonst noch etwas, was du mir sagen kannst, das hilfreich wäre?«

»Die gepanzerten Soldaten. Ziel auf ihre Helme. Die Verbindung zu ihrem Sauerstoffvorrat zu durchtrennen, wird sie umbringen. Sei vorsichtig und triff nicht die Tanks. Bei dieser Entfernung tötest du am Ende den Piloten.«

Donovan erinnerte sich an die Explosion, die gefolgt war, als sie den Bek’hai Jäger Orik getötet hatten. »Verstanden. Ich werde den auf der rechten Seite nehmen. Kannst du den linken treffen?«

Ehri hob ihr Gewehr. Sie hatte zugegeben, dass sie mehrere Jahre mit Orik trainiert hatte. Sie wusste, wie man kämpfte. Wahrscheinlich besser als er. »Natürlich.«

»Auf mein Signal. Ich erwarte, dass Diaz feuern wird, sobald sie das Plasma sieht.«

»Verstanden.«

Donovan hob die Dread-Plasmawaffe und visierte den gepanzerten Soldaten an, wobei er auf den Helm zielte. Er fokussierte sich auf seine Atmung und stellte sicher, dass er sich zentriert und ruhig hielt, während er zielte. Er konnte es sich nicht leisten vorbeizuschießen. Nicht dieses Mal.

Er wollte gerade schießen, als ein Blitz zu seiner Linken seine Konzentration störte.

Ein Schrei hallte durch die Nacht.

4

Matteo«, sagte Donovan, wobei er sein Gewehr senkte und dorthin lief, wo sie ihn zurückgelassen hatten.

Seine Bewegung zog die Aufmerksamkeit des Dread-Soldaten auf sich, und einen Moment später traf ein schwerer Plasmabolzen einen Baum vor ihm, was heiße Spreißel in den außerirdischen Stoff sandte, den er trug. Die zweite Haut absorbierte den Angriff, wehrte ihn ohne Schaden ab, und er rannte weiter.

Ein zweiter Bolzen kam etwas näher, zischte an seiner Brust vorbei und legte ihn beinahe um. Er fiel auf seinen Bauch und spürte das Licht und die Hitze des dritten Schusses, wie er über ihn hinwegflog.

Das Schießen stoppte.

Er stand wieder auf und rannte in Richtung der Bäume. Er konnte das Aufleuchten des Gewehrfeuers drüben bei der Lichtung sehen. Das mussten Diaz und Ehri sein, die ihm Deckung gaben.

Ein Gesicht erschien zu seiner Linken. Ein Klon-Soldat, der kurz davor war, sich auf ihn zu stürzen. Er zögerte nicht, schwang das Dread-Gewehr wie einen Knüppel und schlug es gegen den Kiefer des Soldaten. Der Klon kollabierte zu einem Häufchen und wurde eine Sekunde später durch einen zweiten ersetzt. Dieser Klon versuchte ihn umzuwerfen, aber Donovan fiel auf seine Knie, drehte das Gewehr herum und schoss, wobei er den Klon in die Brust traf. Er rollte sich weg, bevor der Körper auf ihn fiel.

»Matteo«, rief er. Der Feind wusste bereits, dass er hier war. Es machte also nichts, wenn sie ihn hörten.

»Donovan«, antwortete sein Freund.

»Wo bist du?«

»Hilfe!«

Donovan folgte dem Ruf, eilte dabei zwischen den Bäumen hindurch. Er hatte es geschafft, sich vom Angriff zu lösen und der Aufmerksamkeit des Dread zu entkommen.

Einen Moment später erhaschte er einen Blick auf Matteo. Der Techniker lehnte mit dem Rücken an einem Baum, das Gewehr lag in seinen Armen. Sein Gesichtsausdruck war verängstigt und angespannt. Ein toter Klon lag auf dem Boden vor ihm. Drei weitere näherten sich gerade.

Wo war diese Gruppe hergekommen?

Donovan warf sich hinter einen Baumstumpf, ließ sein Gewehr darauf ruhen und zielte. Er hatte keine Zeit, um sich über Genauigkeit Gedanken zu machen. Er fing an zu schießen, schickte Bolzen aus Plasma in die feindliche Linie.

Einer fiel. Dann ein weiterer.

Etwas kam von links auf ihn zu, brach durch die Bäume und landete genau neben ihm. Ein Bek’hai Krieger. Er trat das Gewehr von ihm weg, was ihm gerade genug Zeit verschaffte, um nach hinten zu stolpern und auf seinen Arsch zu fallen.

»Scheiße«, sagte Donovan, wobei seine Augen hektisch nach einem Ausweg suchten. Der Soldat sagte etwas in der außerirdischen Sprache zu ihm, als er mit dem Gewehr auf ihn gerichtet auf ihn zukam. Warum schoss er nicht?

»Gib auf«, sagte der Soldat, jetzt auf Englisch.

Informationen. Das war der Grund, warum er ihn nicht einfach tötete. Der Rest der Dread wusste nicht alles von dem, was oben auf dem Berg geschehen war, aber sie wollten es wissen.

»Fahr zur Hölle«, sagte Donovan. Es war wahrscheinlich nicht das Schlaueste, was er machen konnte, aber er würde ihnen nichts sagen.

Der Soldat kam auf ihn zu, schneller als Donovan es für möglich hielt. Er ergriff seine Kehle, hob ihn mit Leichtigkeit hoch und warf ihn gegen einen Baum. »Druk’shur. Wie hast du Orik geschlagen?«

»Er hatte Hilfe«, sagte Ehri, die aus dem Dickicht auftauchte.

Sie schoss, wobei der Bolzen durch den Helm und den Kopf des Dread-Soldaten fuhr und auf der anderen Seite herauskam. Donovan spürte, wie der Druck an seiner Kehle nachließ, und dann glitt er den Baumstamm hinunter, als der Soldat kollabierte.

»Danke«, sagte er und sah dorthin zurück, wo er Matteo zuletzt gesehen hatte. Er war nicht mehr hinter dem Baum. »Wo ist Matteo?«

»Ich habe ihn nicht gesehen«, sagte Ehri.

»Was ist mit dem Piloten?«

»Diaz ist bei ihm.«

»Die feindlichen Soldaten?«

»Tot.«

»Deine Klone auch?«

»Ich sagte dir, dass es ihnen nicht gestattet werden darf, zu gehen.«

Er suchte in ihrem Gesicht nach Anzeichen von Schuldgefühlen. Da gab es keine. Der Tod hatte für die Bek’hai nicht dieselbe Bedeutung, wie für die Menschen. Nicht, wenn sie sich wie Spielzeug in einer Fabrik reproduzierten, anstatt wie einzigartige lebende, atmende, fühlende Kreaturen mit Herzen und Seelen. Ehri begann die Wahrheit jener Sichtweise zu sehen, aber sie war noch nicht ganz an dem Punkt angekommen.

Er fand sein Gewehr auf dem Boden und hob es auf, bevor er hinüber zu der Stelle ging, wo Matteo sich eben noch befunden hatte. Er hatte halb Angst, dass er die Leiche seines Freundes unter den toten Klonen finden würde, und war halb erleichtert, als er sah, dass dies nicht der Fall war. Aber wo war er hin verschwunden?

»Matteo«, sagte er so laut, wie er es gerade noch wagen konnte. »Matteo.«

Keine Antwort.

»Sind irgendwelche von ihnen entkommen?«, fragte er.

»Ich sah keine fliehen, aber ihre Anzahl ist schwer zu beurteilen in der Dunkelheit.«

»Ob sie ihn mitgenommen haben?«

»Es ist möglich.«

Donovan fluchte und lehnte sich an einen Baum. Falls die Dread Matteo befohlen hatten, sich zu ergeben, war es wahrscheinlich, dass er es getan hatte. Matteo war schlau, kreativ, einfallsreich. Aber er war kein Soldat.

»Was werde ich Diaz sagen?«, sagte er. Er fühlte sich dafür verantwortlich, ihn verloren zu haben, und er wusste, dass sie ihm auch Vorwürfe machen würde. Selbst, wenn sie es nicht zugab. Selbst, wenn sie es niemals aussprechen würde. Er war so nah gewesen. Er hätte ihn beschützen müssen.

»Es ist nicht deine Schuld«, sagte Ehri. »Er kann immer noch da draußen sein.«

Ein sanftes Beben im Himmel veranlasste Donovan, nach oben zu sehen. Ein Dread-Fighter schoss über ihn hinweg und verdeckte kurz die Sterne.

»Wir haben keine Zeit, um nach ihm zu suchen«, sagte Donovan. »Sie werden mehr Soldaten aussenden.«

»Mechs«, sagte Ehri. »Ich kann sie in der Ferne hören. Wir wollen nicht mehr hier in der Nähe sein, wenn sie ankommen.«

Donovan würde nicht vor seiner Verantwortung davonlaufen. Er führte Ehri zurück zum abgestürzten Fighter, wo Diaz über dem Piloten verharrte und nach weiteren Feinden Ausschau hielt.

»Diaz, wir müssen los«, sagte er, als er auf sie zukam. Er blickte zu dem Piloten herab. Er war klein und dünn, mit einem zierlichen Körperbau und einem freundlichen Gesicht. »Kann er getragen werden?«, fragte er und sah dabei zu Ehri hinüber.

»Haben wir eine Wahl?«, antwortete sie.

»Wo ist Matteo?«, fragte Diaz.

Er kniete sich neben sie. »Es tut mir leid«, sagte er.

Sie hielt ihren Gesichtsausdruck neutral. »Tot?«. Da war keine Emotion in der Frage.

»Ich habe seine Leiche nicht gefunden. Sie haben ihn vielleicht mitgenommen. Ich war nah. Ich hätte …«.

»Halt den Mund, D. Damit werden wir nicht anfangen. Wir tun alle unser Bestes.« Sie zwinkerte eine Träne weg, die ihren Weg in ihren Augenwinkel fand.

»Es tut mir leid«, sagte er.

»Ich sagte dir, dass du den Mund halten sollst«, antwortete sie. »Wir müssen diesen Typen von hier wegbringen, oder wir haben ihn umsonst verloren.«

Donovan nickte und dann hob er den Piloten auf seine Schulter. Der Mann war ohnmächtig, aber er stöhnte leicht, als er bewegt wurde. Der Dread-Fighter flog ein zweites Mal über sie hinweg. Er würde ihre Wärme erfassen und ihre Position übermitteln. So weit hatten sie es gut gemacht, aber sie waren bei Weitem noch nicht in Sicherheit.

Wie zum Teufel sollten sie lebend hier herauskommen?

5

Tea’va Dur Orin’ek stand im Vorzimmer des Hofes des Domo’dahm. Sein fleckiges Gesicht hatte etwas an sich, das ein mürrischer Gesichtsausdruck sein sollte, war aber von der allgemeinen Struktur seiner Haut und Knochen zu etwas verzerrt, das einem Lächeln näherkam. Es war ein unglücklicher Nebeneffekt des Klonprozesses, der ihn erschaffen hatte, und des Schwebezustandes des genetischen Splicens von Bek’hai und Mensch. Er war hässlich, sowohl als Pur’dahm als auch als Mensch, gefangen in einer Phase der Veränderung, die ihn den anderen Dahm gegenüber entfremdete, während er gleichzeitig von den Wissenschaftlern verehrt wurde, die ihn erschaffen hatten.

Schönheit lag im Auge des Betrachters, und in ihren Augen war er die Zukunft.

Das Vorzimmer des Domo’dahm war ein dunkler Ort, der lediglich von einer dünnen Reihe lumineszierenden Moses erleuchtet war, das in schmalen Kanälen entlang dem Lek’shah zusammengetragen wurde. Es war das Material, das in fast allen Bek’hai-Bauten verwendet wurde. Superstark, unempfindlich gegenüber fast allem, es war der einzige Grund, warum sie so lange überlebt hatten. Nach allem, was Tea’va gelernt hatte, war es das Lek’shah, das sie gerettet hatte, als ihre Welt zerstört worden war.

Das war alles Geschichte. Alte Geschichte. Hunderte von Zyklen lang litten sie unter dem Gewicht ihrer Fehler, wobei jede Umdrehung der Zeit sie dem endgültigen Schicksal näherbrachte.

Und dann hatten sie diese Erde gefunden. Einen Planeten reich an Ressourcen, inklusive einer intelligenten Lebensform, die nicht nur ihre Fehler bewältigt hatte, sondern die den Schlüssel in Händen hielt, auch sie zu retten. Der vorherige Domo’dahm brauchte wenig Zeit, um zu entscheiden, dass der Planet ihrer sein würde und dass diese sogenannten Menschen sowohl ihre Retter als auch ihre Sklaven sein würden.

So war es fünfzig Zyklen dieses Planeten lang gewesen. Sie hatten zuerst die Menschen besiegt und dann begonnen, sie zu benutzen: die starken geerntet, um für ihre Splicing-Experimente zu dienen, die mittelmäßigen wurden als Arbeitskräfte benutzt, während sie ihre Stärke auffrischten, und die schwachen wurden als Nahrung aufgeteilt. Natürlich waren einige von ihnen ihrem Zugriff entkommen. Sie waren schlussendlich intelligente Lebensformen, fähig, zu denken und zu urteilen und zu lernen. Es machte nichts, wenn einige entkamen. Es machte nichts, wenn sie versuchten, den Planeten wieder zu besiedeln, um zu lernen, neben ihren Herren zu leben. Und die Bek’hai waren ihre Herren. Sie wussten es beide.

Die meisten jedenfalls.

Eine Halbtür glitt auf. Eine weibliche Lor’hai in der traditionellen weißen Robe der Sur’Domo’dahm, den Dienern des Domo’dahm, trat hindurch, um ihn zu begrüßen. Anders als viele der anderen Klone in der Hauptstadt war sie keine Kopie der Un’hai. Sie war eine der Mütter, ein Modell mit größerem Körperbau, das produziert wurde wegen ihrer höheren Fruchtbarkeit und genetischen Kompatibilität. Der Gedanke hinter dem Klon-Typ entzog sich Tea’va. Einige der Dahm, wie Turhik, hatten darauf bestanden, dass der Schlüssel für ihr Überleben darin lag, wieder zu lernen, sich in der Art der Menschen fortzupflanzen, eine Methode, die sie vor langer Zeit aufgegeben hatten. Er konnte sich noch an Turhiks leidenschaftlichen Appell an Tea’va erinnern, seinen Geist jener Idee gegenüber zu öffnen. Er war einer der wenigen Pur’dahm, der voll funktionsfähige Genitalien hatte und der in der Lage war, eine Mutter zu schwängern.

Der Gedanke daran widerte ihn an, und als ein Pur’dahm konnte er nicht gezwungen werden. Turhik war so weit, dass er versuchte, ihn damit zu ködern, erst mit seiner Si’dahm Ehri, ein Klon der Un’hai, zu experimentieren. Rorn’el war immer in den Menschen verliebt gewesen, die die Quelle von Ehris Genen waren, und einige der anderen Pur’dahm hatten die Si’dahm besonders faszinierend gefunden. Er war keiner von ihnen. Die Bek’hai hatten sexuelle Fortpflanzung aus einem bestimmten Grund aufgegeben.

»Domo’dahm Rorn’el ist bereit für Sie«, sagte die Mutter und lächelte ihn breit an. Ihr Gesicht war sanft und gutmütig. Er sah nichts Ansprechendes darin.

Tea’va folgte ihr in den Hof. Es war ein großer, offener Raum, doch das Lek’shah war hier dick ausgeformt, um ihren Führer zu schützen, wobei es in breiten Graten von der Decke hing und den Boden als fein geschnitzte Platten bedeckte. Es waren bereits einige andere Pur’dahm anwesend, diejenigen, die sich selbst in die obersten Ränge der Hackordnung positioniert hatten. Einer von ihnen würde innerhalb von dreißig Zyklen der nächste Domo’dahm werden

Tea’va wusste, dass er dort mit ihnen hätte stehen müssen, anstatt ihnen unter diesen Umständen entgegenzutreten. Er hatte das Spiel anders gespielt als die anderen, wobei sein erfolgreicheres Splicing ihm keine andere Wahl ließ, als ihnen zu beweisen, dass er ihnen tatsächlich überlegen war. Die Wissenschaftler wollten glauben, dass er es war, weil es alles validieren würde, was sie getan hatten, seit sie diesen Planeten entdeckt hatten. Eine andere intelligente Rasse zu unterwerfen, war nie ein Verlangen gewesen.

Es war eine Notwendigkeit gewesen.

Die versammelten Pur’dahm standen unter dem warmen Schein von hellen Lampen, die das Sonnenlicht draußen nachahmten und Schatten durch den Raum warfen, Schatten, die den Domo’dahm vor direkter Sicht versteckten. Es war eine Tradition, die nach dem Tod von Kan’ek weitergeführt wurde, dem Domo’dahm, der sie zur Erde gebracht hatte. Die originale Form der Bek’hai war gegen eine Betrachtung ihrer Gesetze. Es war erlassen worden, dass das menschliche Design ihre Zukunft war, und dass sie durch eine Betrachtung ihrer Vergangenheit dazu geneigt wären, diese abzulehnen.

Tea’va verstand, warum Kan’ek sich dafür entschieden hatte. Er hatte nie gesehen, wie ein wahrer Bek’hai aussah, und er lehnte es dennoch ab, menschlicher zu sein. Er wusste, dass er damit nicht allein war. Obwohl Rorn’el von einer menschlichen Sklavin fasziniert war, hatte er wenig Liebe übrig für den Rest der geringeren Spezies. Das war der Grund, dass er entschieden hatte, ihre Anwesenheit auf dem Planeten nicht länger zu tolerieren. Sie hatten, was sie von ihnen brauchten, und ihre ständigen Aufstände waren eine verschwenderische Ablenkung. Es gab keinen logischen Grund, zu riskieren, dass sie jemals einen Weg finden würden, das Lek’shah zu bezwingen.

Tea’va senkte seinen Kopf bei dem Gedanken und starrte auf die Bodenplatten, als er vor die versammelten Pur’dahm trat. Sie waren mit einer geschriebenen und bebilderten Geschichte der Bek’hai geätzt worden, von den frühen Tagen, bevor sie ein Alphabet erfunden hatten, über ihre ersten Vorstöße ins Weltall, bis zu ihrer Ankunft hier auf der Erde. Teile des Designs waren oberflächlich versengt worden – die Bilder, die einst den originalen Bek’hai Körper dargestellt hatten.

»Domo’dahm«, sagte Tea’va, als er den Anfang des Raumes erreichte. Er fiel auf seine Knie, warf sich vor seinem Herrn nieder.

6

Pur’dahm Tea’va«, sagte Domo’dahm Rorn’el. Seine Stimme war hell und kratzend. Er sprach Englisch, doch das fiel ihm schwer. »Erhebe dich.«

Tea’va kam wieder auf seine Beine. Er zwang sich, mit jedem der anderen Pur’dahm Augenkontakt zu suchen. Sie starrten ihn zornig mit ausdruckslosen Gesichtern an. Sie wussten, was er getan hatte. Sie alle wussten, was er getan hatte. Es war nicht alles seine Schuld. Tuhrik hatte eine Hand mit im Spiel. Eine größere Hand als seine? Das war schwer zu sagen. Schwer für ihn einzuschätzen. Es war an Rorn’el, das zu entscheiden.

Natürlich war Tuhrik tot und seine Si’dahm war eine Verräterin. Rorn’el hätte Ehri niemals erlauben dürfen, die Menschen so nah zu studieren. Er hatte versucht, es Kan’ek recht zu machen, die Arbeit fortzuführen, die der vorherige Domo’dahm begonnen hatte, und sie einer kompletten Integration näherzubringen. Es war genauso sehr sein Versagen wie Tea’vas.

Nicht, dass er dies jemals sagen würde. Das zu tun, würde bedeuten, Rorn’els Weisheit anzufechten, was wiederrum bedeuten würde, dem Domo’dahm in einem Spiel des Intellekts ebenbürtig zu sein. Ein Spiel, von dem Tea’va wusste, dass er es nicht gewinnen konnte. Ein Verlust, der seinen sofortigen Tod bedeuten würde.

»Domo’dahm Rorn’el«, begann Tea’va. Er würde aggressiv sein, zuerst sprechen und seinen Fall darlegen, bevor die versammelten Pur’dahm die Gelegenheit ergreifen konnten, seine Worte zu verdrehen und sie gegen ihn zu verwenden. Sie hatten alle Rorn’els Platz einnehmen wollen, und sich gegenseitig zu diskreditieren, war ein Teil des Spiels. »Ich glaube, dass die neueste menschliche Aktivität bewiesen hat, dass meine anfänglichen Bedenken richtig waren. Zu erlauben, die externen …«.

»Sei still«, sagte Rorn’el leise.

Tea’va hörte auf, zu sprechen.

»Was denkst du, warum das Menschenschiff zurückgekommen ist, nach fünfzig Jahren der Abwesenheit?«, fragte Rorn’el.

»Domo’dahm?«

»Irgendetwas machte sie mutig, meinen Sie nicht, Gr’el?«

»Ja, Domo’dahm«, erwiderte der Pur’dahm. »Vielleicht stand es damit in Verbindung, dass einer unserer Gi’shah-Piloten die Verfolgung durch das Netz aufnahm?«

»Ein verzweifelter Versuch, ein weiteres der kleinen Raumschiffe der Menschen zu zerstören«, sagte ein zweiter Pur’dahm, Orish’ek. »Zu welchem Zweck, wenn wir schon so viele zerstört haben, und sie kommen dennoch weiterhin?«

»Ihr stelltet zu der Zeit meine Motive nicht infrage«, sagte Tea’va. »Ihr glaubtet, dass es klug war, den zu zerstören, den ihr Heil’shur nennt. Der eine, der uns immer entkommen ist. Ihr glaubtet, dass er gefährlich sein könnte.«

»Ich sagte dir, dass der Erfolg des Piloten eine kleine Sorge war«, sagte Rorn’el. »Falls er den anderen beibringen konnte, unsere Verteidigungsanlagen regelmäßig zu besiegen. Eine kleine Sorge, Tea’va, weil sie uns dennoch nicht schaden können.«

»Sag uns, dass du deinen Wert nicht als Jäger beweisen wolltest, Tea’va«, sagte Orish’ek.

»Sag uns, dass du nicht beweisen wolltest, dass du besser bist als wir«, sagte Gr’el. »Weil du ihre Luft ohne Unterstützung atmen kannst. Weil du dich mit den Müttern paaren kannst.«

»Warum sollte ich mich jemals mit den Müttern paaren wollen?«, fauchte Tea’va. »Ihr beleidigt mich.«

»Die Wissenschaftler glauben, dass unsere Zukunft davon abhängt«, sagte Rorn’el. »Ob du dieser Praxis zustimmst oder nicht, das Potential deines Splicings kann nicht ignoriert werden. Du beleidigst uns mit deinem Stolz.«

»Ein Domo’dahm muss stolz sein«, sagte Tea’va. »Um die richtigen Entscheidungen zu treffen, muss ein Domo’dahm stark in seinen Überzeugungen sein. Das ist es, was den Pur’dahm beigebracht wird. Das ist es, was uns allen beigebracht wurde.«

»Standhaft zu sein und dickköpfig zu sein sind zwei unterschiedliche Dinge, Tea’va«, sagte Rorn’el. »Deshalb bist du als ein Ungnädiger hier, anstatt unter uns zu stehen.«

»Ich hatte ihn beinahe«, sagte Tea’va. Er bedauerte seinen Wutausbruch sofort. Er konnte das Spiel nicht gewinnen, wenn er seine Emotionen nicht unter Kontrolle halten konnte.

»Wieder Stolz«, sagte Rorn’el. »Was hat uns dein Stolz gebracht? Ein Schiff entkam Kan’ek. Ein Schiff mit der Fähigkeit, auf dem Slipstream zu reisen. Ein Schiff mit der Fähigkeit, zu diesem Planeten zurückzukehren.«

»Es ist nur ein Schiff«, sagte Tea’va. »Es kann das Lek’shah nicht bezwingen.«

»Das ist es, was sie glaubten, bevor du so fahrlässig in das Netz geschossen hast«, sagte Gr’el. »Du zeigtest ihnen, dass das Lek’shah nicht unbezwingbar ist, dass es einen Weg hindurch gibt. Dass wir verwundbar sind.«

»Das kleinste Licht der Hoffnung wächst bald zu einem Stern heran«, sagte Rorn’el. »Die Menschen bleiben zu lassen, war ein Risiko, das ich nicht länger eingehen wollte. Deshalb haben wir unsere Patrouillen ausgeweitet. Deshalb beabsichtigen wir, sie auszurotten.«

»Und deshalb habt ihr Ehri ihr Experiment erlaubt?«, sagte Tea’va. Er spannte sich an, als ihm bewusst wurde, dass er mehr Schaden als Gutes anrichtete.

»Wir hätten sie unter Kontrolle halten können. Selbst mit den Waffen, die sie gestohlen hatte, hätte sie sie ohne die Hilfe der externen Kräfte nicht halten können. Selbst jetzt erwarte ich, dass wir sie bald wieder hier haben werden.«

»Wieder hier? Hast du nicht vor, sie zu töten?«

»Nein. Ich will sie zurückhaben.«

»Warum?«

»Sie ist anders. Ich bin neugierig.«

»Domo’dahm, das ist ein Fehler.«

»Du solltest nicht derjenige sein, der Fehler beurteilt. Ehri zeigt viele derselben Eigenschaften der Un’hai auf. Ich möchte verstehen, wie das geschehen konnte.«

»Nichts davon wäre von Belang, wenn das Schiff nicht zurückgekommen wäre«, sagte Gr’el.

»Oder wenn der Pilot nicht entkommen wäre«, sagte Orish’ek. »Wieder.«

Tea’va senkte seinen Kopf. Es war seine Schuld, dass das Raumschiff es mit der Waffe zurück zum größeren Sternenschiff geschafft hatte. Er hatte eines von ihnen getroffen, aber es war das falsche gewesen. Der Mensch war ihm ein zweites Mal entkommen. Dann waren die Truppen, die er geschickt hatte, um den abgeschossenen Piloten zu bergen, von den frisch bewaffneten Menschen und der Lor’el, von der Rorn’el so eingenommen war, bezwungen worden. Alles war für ihn außer Kontrolle geraten, seit er die Verfolgung durch das Netz aufgenommen hatte.

Es war ein Fehler, von dem er nicht wusste, ob er sich davon erholen konnte. Er musste es versuchen. Zuerst musste er aber darauf achten, dass ihn sein defensives Verhalten nicht ständig übermannte.

»Domo’dahm«, sagte er, während er seinen Kopf in größerer Unterwürfigkeit tiefer neigte. »Ich akzeptiere, dass meine Handlungen die Sicherheit der Bek’hai bedroht haben und den Menschen dieses Licht der Hoffnung gegeben haben, von dem du gesprochen hast. Ich übernehme die Verantwortung für die Tode der anderen Pur’dahm und für mein Versagen, den Heil’shur bei zwei Gelegenheiten nicht getötet zu haben.« Er sah auf, war kaum in der Lage, die Umrisse des Domo’dahm in der Dunkelheit ausmachen. »Ich flehe dich an, Domo’dahm. Erlaube mir, das Kommando über die Ishur zu übernehmen, und ich werde die Menschen finden. Ich werde sie zerstören, bevor sie herausfinden können, wie man das Lek’shah bezwingt. Ich werde sie bis ans Ende des Universums jagen, und ich werde dich nicht wieder enttäuschen.«

»Das Kommando über die Ishur übernehmen?«, sagte Orish’ek. »Du möchtest für dein Scheitern belohnt werden?«

»Ich möchte meinen guten Namen wieder herstellen«, sagte Tea’va. »Domo’dahm, du hast geglaubt, dass der Erfolg meiner Erschaffung ein Bote unseres nächsten Zeitalters ist. Bitte, erlaube mir, zu beweisen, dass dein Vertrauen nicht fehl am Platz ist.«

Eine Stille legte sich auf den Hof. Die Blicke der anderen Pur’dahm zeigten, dass sie wütend waren, dass Tea’va gefragt hatte. Das war Tea’va egal. Seine fortschrittliche genetische Zusammensetzung war das Einzige, womit er verhandeln konnte, er würde das nicht vergeuden. Und falls er die menschliche Rebellion finden und sie vernichten konnte, dann wäre er in der Lage, zur Erde zurückzukehren als die rechte Hand des Domo’dahm.

»Du machst mich genauso neugierig wie sie«, sagte Rorn’el endlich. »Ich werde deinem Antrag unter zwei Bedingungen zustimmen.«

»Domo’dahm«, sagte Orish’ek. »Du kannst nicht …«

»Maße dir nicht an, mir zu sagen, was ich tun oder nicht tun kann, Orish’ek«, fauchte Rorn’el. »Du hast zehn Jahre gebraucht, um diese Zelle zu erreichen. Ich kann dich ihr binnen Sekunden verweisen.«

Orish’ek blickte zu Boden und senkte seinen Kopf.

»Was sind deine Bedingungen, Domo’dahm?«, fragte Tea’va. Er würde alles für die Gelegenheit tun, sich von den Misserfolgen zu erholen, von denen Rorn’el glaubte, dass er sie begangen hatte.

»Erstens wird Gr’el dich als dein Si’dahm begleiten. Er wird mir über eure Erfahrungen berichten. Falls ich einen Grund sehe, dich von deinem Kommando zu entbinden, dann werde ich das ohne Zögern tun.«

Tea’va blickte zu Gr’el. Er hasste den Gedanken, jemanden dabei zu haben, der ihn beobachtete. Er wusste aber ebenso, dass er keine Wahl hatte. Mit der Wahl des ehemaligen Jägers konnte er auch eher leben als mit Orish’ek, der mit höherer Wahrscheinlichkeit sein Denken durch persönlichen Groll beeinflussen lassen würde.

»Und die andere?«, fragte Tea’va.

»Wenn du zurückkommst, wirst du dich mit den Müttern paaren. Mit so vielen und so oft es nötig ist, um unsere Bildung voranzubringen.«

Tea’va spürte die Abscheu in seinem Hals aufsteigen. Er kämpfte dagegen an, obwohl sie beinahe genug war, seine Entschlossenheit zu brechen. War er willens, sich einer Sache zu unterwerfen, die ihn anwiderte, für diese Gelegenheit?

»Nun gut«, sagte er, wobei er sich nicht sicher war, ob die Verbitterung aus seiner Stimme blieb. »Ich stimme deinen Bedingungen zu, Domo’dahm.«

»Gut«, sagte Rorn’el. »Die Ishur gehört dir. Sie wartet im Orbit, während wir die Stream-Muster berechnen. Die menschliche Strategie war unorthodox und effektiv, aber sie wird uns nicht daran hintern, zu ihnen aufzuschließen.«

»Ja, Domo’dahm.«

»Enttäusche uns nicht wieder, Tea’va. Es wäre eine Schande für uns alle, all diese Jahre an die falschen genetischen Überlegungen verschwendet zu haben.«

»Ja, Domo’dahm.«

Tea’va sah jeden der Pur’dahm an, drehte sich dann um und ging ohne ein weiteres Wort hinaus. Als die Mutter ihn am Ende des Zimmers empfing, um ihn hinauszueskortieren, musste er sich zusammenreißen, um sie nicht gegen die Wand zu stoßen. Er würde die Ishur nehmen, die Menschen finden und sie vernichten. Dann würde er nicht als ein triumphaler Pur’dahm zurückkehren, sondern als ein Herausforderer des Bek’hai-Führers.

Nichts würde sich wieder in seinen Weg stellen.

7

Donovan ächzte, als er den bewusstlosen Körper des Piloten auf seiner Schulter etwas verschob, damit er auf die Dread-Klone hinter sich zielen konnte. Er feuerte ein paarmal, wobei er den Mangel eines Rückstoßes am feindlichen Plasmagewehr zu schätzen wusste. Wenn er eine standardmäßig zugewiesene Widerstandswaffe tragen würde, wäre sein gesamter Arm voll blauer Flecke und würde schmerzen.

Dennoch war er erschöpft und der Pilot, den er trug, schien mit jedem Herzschlag schwerer zu werden. Er war schon so schwer, dass Donovan überrascht war, immer noch stehen und immer noch kämpfen zu können.

Wenn die andere Option war, zu sterben, machte es die Sache ein wenig leichter.

»Wo sind wir?«, fragte er. Sie waren schon so lange gelaufen, hatten schon so lange gekämpft, dass er jeglichen Orientierungssinn verloren hatte. Sie waren irgendwo im Dschungel nahe dem, was einmal Mexiko-Stadt gewesen war. Das war das Beste, was er machen konnte.

Sie hatten die Richtung basierend auf der Geografie gewählt. Da war ein Fluss irgendwo südlich von ihrer Position, der ihre einzige winzige Chance bieten würde, den Dread-Streitkräften, die sie verfolgten, erfolgreich zu entkommen. Streitkräfte, die sie bei ehrlicher Betrachtung schon einhundertmal hätten töten müssen, aber jedesmal in dem Moment nachgelassen hatten, in dem er glaubte, dass sie kurz davor waren, vernichtet zu werden.

Ehri hatte ihm erzählt, dass sie glaubte, der Domo’dahm wollte sie lebend haben, und er hatte keinen Grund, an ihrer Aussage zu zweifeln. Ihr fortwährendes Überleben war nicht zufällig und es war nicht wegen irgendetwas Besonderem, das sie getan hatten. Die Fighter, die weiterhin über sie hinwegflogen, riskierten nicht, einen Bodenangriff zu fliegen und sie dabei zu treffen, und die Mechs waren weiter im Hintergrund geblieben, während die Klon-Soldaten sie mit ihrem präziserem Feuer belästigten. Es war ihr Feuer, das ihn und Diaz ein paarmal verdammt knapp beinahe getötet hätte. Plasmabolzen, die Haare gespalten hatten, um sich ihren Weg zwischen dem Blätterwerk und Ehri hindurchzubahnen.

»Der Fluss sollte nur noch ein paar hundert Meter vor uns sein«, sagte Ehri.

»Du hast globale Positionierung eingebaut?«, fragte Diaz. Trotz ihrer Anstrengungen, die Realität beiseitezuschieben, hatte der Verlust von Matteo sie verständlicherweise wütend gemacht, und sie ließ ihre Wut und ihre Frustration an allem um sie herum aus. Donovan war gezwungen gewesen, ihr zu befehlen, die Dread-Waffe abzugeben, aus Furcht, sie würde die Energiequelle aufbrauchen, die sie am Laufen hielt.

»Ich habe diese Gegend ausgiebig studiert«, erwiderte Ehri. »Wenn wir es zum Fluss schaffen, können wir viel schwerer von oben aufgespürt werden.«

»Und was dann?«, sagte Diaz.

»Wir hängen die Klone ab oder töten sie, und dann suchen wir irgendein Loch, in dem wir uns die Nacht über verschanzen können«, sagte Donovan. »Hoffentlich wacht dieser Kerl irgendwann auf und ist in der Lage, selbstständig zu gehen. An dem Punkt gehen wir zurück zur Basis und sehen, ob der Jäger gelogen hat, als er sagte, er würden jeden töten.«

»Und wenn er es nicht hat?«

»Dann kämpfen wir weiter, Diaz. Das ist alles, was wir tun können.«

Sie liefen weiter zwischen den Bäumen hindurch. Jeder Schritt, den Donovan machte, schmerzte und seine Beine und Schultern brannten. Ein Teil von ihm war mehr als einmal versucht gewesen, den gefallenen Piloten zurückzulassen, weil er wusste, dass er sie aufhielt. Er hätte es niemals getan, aber er konnte den Gedanken nicht verhindern. Er biss die Zähne zusammen und lief weiter, einen Schritt nach dem anderen, und weigerte sich aufzugeben. Sie waren fast am Fluss und dann würden sie eine Chance haben.

Bolzen erhellten weiterhin die Gegend um sie herum, Plasmapulse trafen das Blätterwerk auf beiden Seiten, jede Funkenexplosion und jedes aufglimmende Holz war eine Erinnerung daran, was geschehen würde, falls einer der Schüsse traf. Donovan und Ehri schossen weiter von Zeit zu Zeit zurück, ihre Angriffe waren maßvoll, ihr Ziel war es vielmehr, die Klon-Soldaten zu stören, als sie zu treffen und zu töten. Sie stießen weiter vor, bis Donovan das Plätschern von Wasser auf Felsen hören konnte, das Signal, dass sie auf der Zielgeraden waren.

Ein letzter Schritt und dann befand Donovan sich auf einem steilen Abhang und der Fluss erstreckte sich unter ihnen. Vor Erschöpfung brach er am Ufer beinahe zusammen und wäre vornüber gestürzt, wenn Diaz nicht seine Schulter gepackt hätte, um ihn aufrecht zu halten.

»Wir haben es geschafft«, sagte sie mit einem Lächeln, obwohl die Dread-Fighter einmal mehr über sie hinwegflogen. »Wir werden für ihre Sensoren unsichtbar sein, wenn sie wieder zurückkehren.«

»Aber nicht für ihre Augen«, sagte Donovan und zeigte auf die Bäume, aus deren Richtung die Klon-Soldaten immer noch auf sie zukamen. Er feuerte ein paarmal auf sie, bevor er ein paar Schritte die Steigung hinunterstolperte.

»Wir können sie in der Strömung abhängen«, sagte Diaz. »Kommt.«

Sie lief vor ihm weiter den Abhang hinunter, wobei sie ihre Arme zur Balance seitlich ausstreckte. Er folgte dicht hinter ihr und jeder Schritt drohte, ihn zu Boden zu strecken.

Er war beinahe am Wasser, als er bemerkte, dass Ehri nicht bei ihm war.

Er schaute zurück. Er hatte nicht gesehen, dass sie getroffen worden war. Er hatte sie auch nicht aufschreien hören. Wo war sie? Hatte sie sich trotz allem entschlossen, sich wieder den Bek’hai anzuschließen? Oder hatte sie sich selbst geopfert, um ihnen zu helfen, zu entkommen?

»Wo ist Ehri?«, fragte Diaz, wobei ihre plötzliche Sorge ihn überraschte.

»Ich weiß nicht«, antwortete er, während er immer noch die Baumgrenze absuchte.

Das Gefälle und die Entfernung hatten ihnen einen kurzen Aufschub vom Belästigungsfeuer der Dread-Soldaten gewährt. Er konnte hören, wie die Maschinen des Fighters lauter wurden, als sie für einen weiteren Vorbeiflug näherkam. Jetzt hörte er etwas anderes, ein krachendes Geräusch, etwa hundert Meter entfernt von der anderen Seite des Ufers. Es war das Geräusch von Baumästen, die von etwas Gewaltigem zerbrochen wurden.

Etwas wie ein Mech.

»Schnell«, rief Donovan und gab den Versuch auf, sein Gleichgewicht zu halten. Er krabbelte den Hang hinunter, rutschte auf seinen Rücken und konnte den Piloten gerade so noch halten. Diaz rannte vor ihnen, erreichte das Ufer und watete hinein.

War das Wasser überhaupt tief genug, um sich darin zu verstecken?

Die Bäume auf der anderen Seite bewegten sich an der Stelle auseinander, wo sich der Dread-Mech seinen Weg durch das Blätterwerk bahnte. Donovan sah über seine Schulter nach hinten. Ehri war immer noch nirgendwo zu sehen. Wo konnte sie hingegangen sein?

Sie hatte sie zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt im Stich gelassen. Ohne sie würde der Mech freies Feld zum Feuern haben.

Er stand wieder auf und hüpfte die letzten wenigen Meter zum Wasserrand. Diaz war bis zur Taille drin und hatte sich umgedreht, wobei sie ihre Arme ausstreckte, um ihm hineinzuhelfen. Der Mech trat zwischen den Bäumen hervor und seine Arme schwangen herum, um auf sie zu zielen.

»Runter«, sagte Donovan und warf sich in die Strömung.

Dann war er unter Wasser, seine Ohren hörten nichts außer dem Rauschen des Wassers, als es anfing, ihn wegzutragen. Er hob seinen Kopf, um Luft zu holen, verlagerte seinen Körper, um sicherzustellen, dass der Kopf des Piloten frei war. Das Echo der feuernden Waffen des Mechs machte ihn wieder taub, Geschosse klatschten ins Wasser hinter ihnen, als der Fahrer der Maschine daran arbeitete, komplett freizukommen. Donovan sah sich verzweifelt um, suchte nach Diaz und fand sie zwölf Meter vor sich, wie sie sich von der Strömung davontragen ließ.

Die Klon-Soldaten erreichten den Rand des Ufers und plötzlich befand sich Donovan unter Beschuss von beiden Seiten. Plasmabolzen gesellten sich zu Projektilen, die in das Umfeld um ihn herum einschlugen und in Gischten aus Dampf und Wasserausbrüchen verschwanden. Er wusste, dass ihn die Sensoren nur schwer aufspüren konnten, solange er unter Wasser war. Aber das half ihm nicht weiter. Die Gewalt des Angriffs war mehr als genug, um früher oder später getroffen zu werden.