THE DIVINE CHRONICLES 7 - AUSLÖSCHUNG - M.R. Forbes - E-Book

THE DIVINE CHRONICLES 7 - AUSLÖSCHUNG E-Book

M.R. Forbes

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Beschreibung

DAS ENDE IST NAH! Landon Hamilton sind Widrigkeiten nicht fremd. Als Diuscrucis, der Champion des Fegefeuers im Krieg zwischen Himmel und Hölle, muss er sich mit seinem unfairen Anteil auseinandersetzen: dem Vampir, der ihn verraten hat, der Bestie, die ihn eingesperrt hat, dem Engel, der versucht hat, ihn zu töten, und dem mächtigen Dämon, der es beinahe getan hätte . Während der Krieg zwischen Gut und Böse weiter eskaliert, liegt es an Landon und seinen verbleibenden Verbündeten, der Bedrohung ein Ende zu bereiten. Aber wenn Ihr größter Widersacher auch einer der Menschen ist, die Sie am meisten lieben, kann es dann ein Happy End geben? "AUSLÖSCHUNG" ist der siebte und letzte Band der Urban-Fantasy-Reihe von Michael R. Forbes.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 349

Veröffentlichungsjahr: 2025

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M. R. Forbes

Auslöschung

– TheDivineChronicles –

Deutsche Erstauflage

Titel der englischen Originalausgabe:

THE DIVINE CHRONICLES – EXTINCTION

1. Auflage

Veröffentlicht durch den

MANTIKORE-VERLAG NICOLAI BONCZYK

Frankfurt am Main 2024

www.mantikore-verlag.de

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe

MANTIKORE-VERLAG NICOLAI BONCZYK

Text © M.R. Forbes 2016

Deutschsprachige Übersetzung: Deborah Barnett

Lektorat: Anja Koda

Satz: Karl-Heinz Zapf

Cover- und Umschlaggestaltung: Jelena Begović und Matthias Lück

VP: 386-206-01-02-0124

ISBN: 978-3-96188-195-6

M. R. Forbes

Auslöschung– TheDivineChronicles –

Roman

Inhalt

Eins

Zwei

Drei

Vier

Fünf

Sechs

Sieben

Acht

Neun

Zehn

Elf

Zwölf

Dreizehn

Vierzehn

Fünfzehn

Sechzehn

Siebzehn

Achtzehn

Neunzehn

Zwanzig

Einundzwanzig

Zweiundzwanzig

Dreiundzwanzig

Vierundzwanzig

Fünfundzwanzig

Sechsundzwanzig

Siebenundzwanzig

Achtundzwanzig

Neunundzwanzig

Dreissig

Einunddreissig

Zweiunddreissig

Dreiunddreissig

Vierunddreissig

Fünfunddreissig

Sechsunddreissig

Siebenunddreissig

Achtunddreissig

Neununddreissig

Vierzig

Einundvierzig

Zweiundvierzig

Dreiundvierzig

Vierundvierzig

Fünfundvierzig

Sechsundvierzig

Siebenundvierzig

Achtundvierzig

Neunundvierzig

Fünfzig

Einundfünfzig

Zweiundfünfzig

Dreiundfünfzig

Bemerkung des Autors

Über den Autor

Eins

Ich zitterte leicht, als ich aus dem Zeitspalt trat, einige schwankende Schritte ging und mich dabei an der nächsten Wand festhielt. Alyx fiel auf ihre Hände und Knie, ihre Stimme war nur ein leises Wimmern, als sie sich nach vorne beugte und sich übergab.

»Ernsthaft?«, sagte Obi. »Ich habe dich gebeten herzukommen, Kumpel. Ich habe nicht à la Star Trek erwartet.«

Ich sah zu ihm hinüber. Ich hatte Obi eine Weile nicht gesehen. Er sah gut aus. Wahrscheinlich besser als ich.

»Sarah«, sagte ich. »Was ist passiert?«

»Landon«, warf Alyx ein, die sich schneller erholte als ich. »Ich rieche Blut.«

»Du hast ja keine Ahnung«, antwortete Obi. Er trat auf sie und streckte ihr seine Hand entgegen. »Obi-Wan Sampson. Und du bist?«

»Alyx«, erwiderte sie, während sie seine Hand nahm und aufstand.

»Engel oder Dämon?«

»Dämon.«

»Ja. Hätte ich mir denken können.«

Sie trug einen XXL-Sweater über ein paar Strumpfhosen. Das war um einiges konservativer als ihre anderen Outfits.

»Wieso?«, wollte ich wissen.

»Das erste, was sie roch, war Blut. Du siehst aus, als ob du gerade aus der Hölle gekrochen bist.«

»Das ist schon einige Tage her.«

»Das glaube ich dir aufs Wort. Schau dich um, wenn du magst, Landon. Dank Sarah und ihrem neuen Freund wirst du hier nichts finden außer den Tod.«

»Du hast gesagt, dass Adam hier gewesen ist. Erzähl mir die ganze Geschichte.«

»Willst du die lange Version oder eine Zusammenfassung?«

»Das überlasse ich dir.«

»Okay, wie du weißt, bin ich seit ein paar Monaten hier, habe Sarah und Brian mit den Wechselbälgern geholfen. Es fühlt sich wirklich gut an, um dir die Wahrheit zu sagen. Oder zumindest hatte es das. Vor einigen Tagen kam Sarah auf mich zu und fragte mich, ob ich jemals Albträume habe. Ich habe ihr gesagt, dass ich die natürlich habe. Jeder hat die. Obwohl meine schlimmer geworden sind, seit ich dich kenne, Landon.«

Ich sah ihn wütend an.

»Nun, sie erzählte mir von den Albträumen, die sie hatte, bevor du in der Box gefangen wurdest. Sie erzählte mir, wie du sie in ihren Träumen besuchen konntest und dort für sie gekämpft hast. Sie sagte mir, dass die Albträume zurückgekommen sind. Sie weiß nicht, wieso, und dass du jetzt nicht mehr da bist, um ihr zu helfen die Träume zu bekämpfen.«

»Davon hat sie mir nie etwas erzählt«, erwiderte ich.

»Sie hat mir auch gesagt, dass sie denkt, für dich eine Last zu sein. Eine bedürftige Psychopathin, die ihr Leben nicht auf die Reihe bekommt. Sie wollte dir das aber nicht sagen. Sie sagte ›wir sind Freunde, oder?‹ und ich erwiderte ›Klar, natürlich sind wir das‹. Also hat sie mir ihre Träume geschildert. Landon, Kumpel, die haben bei mir dann neue Albträume ausgelöst.«

»Was hat sie gesehen?«

»Das«, erwiderte er und zeigte dabei auf das Zimmer vor uns. Da mir schwindlig gewesen war, hatte ich mich noch nicht umgesehen. Das tat ich jetzt. Der Boden war mit Wechselbälgern übersät. Sie waren alle tot. Sie waren alle blutüberströmt. Ihre Innereien schienen mit einem gezackten Messer herausgeschnitten worden zu sein.

Oder mithilfe von gezackten Flügeln.

»Nur noch schlimmer als das«, fuhr er fort. »Viel, viel schlimmer. Sie meinte, dass es unvermeidbar sei. Dass es vorbestimmt war, seit Gervais sich an Josette vergriffen hatte. So eine Verbindung hätte es niemals geben dürfen. Sie wäre eine Abscheulichkeit und sie habe eine Rolle zu spielen.«

»Das ist Blödsinn«, erwiderte ich.

»Das habe ich auch gedacht. Schuldzuweisungen und nicht die Verantwortung übernehmen? Das war nicht die Sarah, die ich kenne.«

»Und da kommt Adam ins Spiel«, fuhr ich fort. »Sie hatte schon immer einen Narren an ihm gefressen.«

»Vielleicht vor langer Zeit, als er noch ein hübscher blonder Junge gewesen ist. Ich konnte einen Blick auf ihn erhaschen, Landon. Ich weiß nicht, was du getan hast, aber er hat komplett den Verstand verloren. Seine Brust ist mit Narben übersät, und die scheint er sich selbst zugefügt zu haben. Seine Augen sind dunkelrot. Er trieft nur so vor Boshaftigkeit.«

»Hass ist die Wurzel des wirklich Bösen«, erwiderte ich. »Er hasst mich dafür, dass ich seine Erzengel-Freundin getötet habe.«

»Du hast einen Erzengel getötet?«

Ich konnte die Anklage in seiner Stimme hören. »Sie haben eine Waffe geschaffen, die das Gleichgewicht hätte zum Kippen bringen können. Ich hatte keine Wahl. Gott war auch nicht mit dem, was Adam veranstaltet hatte, einverstanden gewesen. Deswegen ist er gefallen. Aber natürlich gibt Adam mir auch dafür die Schuld.«

Obi starrte mich an, versuchte meine Ausführungen zu akzeptieren. Er schüttelte seinen Kopf. »Wie auch immer, Kumpel. Darum geht es gerade nicht. Der Punkt ist, er ist nicht nur ein gefallener Engel. Er ist ein verrücktes Monster und irgendwie hat er Sarah unter seine Kontrolle bekommen.«

»Ist es Zufall, dass du überlebt hast und alle anderen nicht?«, fragte ich.

Diese Bemerkung erregte die Aufmerksamkeit von Alyx und sie ging auf Obi zu.

»Ich weiß es nicht, Kumpel. Sarah hätte mich töten können. Ich kam die Treppe vom Fitnessstudio herauf und sah, was sie und Adam den Wechselbälgern antaten. Er zeigte auf mich, sie kam auf mich zu und packte mich. Sie schien weder verängstigt zu sein, noch schien sie Reue zu empfinden für ihre Taten, aber als sie mit ihren Flügeln auf mich einstach, tat sie es nicht sehr tief. Gerade so tief, dass sie mein T-Shirt ruinierte. Dann warf sie mich wie einen Müllsack zur Seite.«

»Sie ließ dich also absichtlich am Leben?«

»Anscheinend.«

»Das letzte Mal, als sie gegen sich selbst gekämpft hatte, kämpfte ihre gute Seite gegen ihre böse. Ich habe ihrer guten Seite geholfen zu gewinnen. So gesehen hat sie recht. Sie wird immer etwas von beiden in sich tragen, so wie ich. Die böse Seite würde immer wieder versuchen durchzukommen, aber ich dachte, sie sei stark genug, dagegen anzukämpfen. Anscheinend habe ich mich geirrt.«

»Anscheinend nicht, wenn Adam involviert ist.«

»Hast du eine Ahnung, wohin sie gegangen sind oder was ihre Absichten sein könnten?«

»Armageddon«, erwiderte Obi. »Aber nicht für die Menschen. Für die Göttlichen. Sie will sie alle töten.«

Zwei

Alles Göttliche töten.

Ich ließ mir den Gedanken eine Weile durch den Kopf gehen.

Alles Göttliche töten.

Mein erster Gedanke war, dass das gar keine so schlechte Idee war. Die Göttlichen waren der Grund dafür, dass die Menschen in ständiger Gefahr lebten. Ihr Krieg hielt die Menschen in der Mitte gefangen, führte zu Massenvernichtungen, das Töten von Unschuldigen und zu unzähligen Konflikten auf der Welt.

Dann holte mich die Logik ein. Das war ein einseitiges Argument. Die Göttlichen waren nicht böse. Die Dämonen waren es. Die Diener Gottes fütterten die Hungrigen, gaben den Nackten Kleidung, heilten die Kranken. Wenn es keine Dämonen mehr gäbe, würden sie sich bis ans Ende aller Tage um die gottergebenen Menschen kümmern.

Und das war das Problem. Das Ende aller Tage. Die Auslese. Wenn Gott alle zu sich holen wird, die an ihn glaubten, und den Rest als Futter für die Dämonen zurücklassen wird. Wenn der Himmel nicht zwischen Gläubigen und Nicht-Gläubigen unterscheiden würde, wäre ich glücklich arbeitslos.

Aber das tat er nicht.

Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie Jahrtausende des Krieges die Beziehung zwischen Himmel und Erde verändert haben. Ich wusste, dass die Engel, um zu gewinnen, die Regeln umgingen, wo sie konnten; und wer nicht willkommen war, wurde verdammt.

Adam war dafür ein Aushängeschild gewesen.

Und was hat es ihm gebracht?

Und jetzt war auch Sarah in dem Sturm gefangen. Aber sie hatte Obi verschont, was bedeutete, dass die böse Seite noch nicht komplett gewonnen hatte, zumindest noch nicht. Somit bestand noch Hoffnung, dass ich ihn aufhalten konnte, sie aufhalten konnte, das aufhalten konnte, bevor es komplett außer Kontrolle geriet.

Es war eine neue Furche im Krieg zwischen Gut und Böse. Ein Krieg, für den ich mich neu erschaffen hatte und dessen ich erneut überdrüssig war. Nach der Zerstörung des Biests hatte ich mich zwei Jahre freiwillig ins Exil begeben. Hatte mich aus den Angelegenheiten der Göttlichen und der Menschen rausgehalten. Hatte die Zeit genutzt, um meine Wunden zu lecken und zu reflektieren. Damals war meine Reflektion so klar gewesen, jetzt kam sie mir verschwommen und verblasst vor.

Was hatte ich seit meiner Rückkehr erreicht? Das Gleichgewicht war auch während meiner Abwesenheit nicht gekippt. Scheiße, ohne mich schien das Gleichgewicht auf Autopilot gewesen zu sein.

Und jetzt?

Abaddon war befreit worden und hatte Hunderte Menschen auf seinem Weg zum Central Park getötet, ein Ereignis, das in den Medien als ein terroristischer Akt dargestellt wurde, verübt mit einem bis dato noch nicht identifizierten Giftgas. Ich hatte einen Erzengel getötet und hatte einen Engel, den ich einst zu meinen Verbündeten zählte, zum Fallen gebracht. Ich hatte eine Schülerin ausgebildet und war jetzt schuld an ihrem Tod. Und sie war nicht die Einzige meiner vormaligen Verbündeten, die jetzt nicht mehr unter den Lebenden weilten. Gervais hat mich nicht nur einmal, sondern zweimal zum Narren gehalten.

Und während alldem hatte ich nichts anderes im Kopf gehabt als den Großen Wer, der jetzt neben mir stand. Hatte mir ausgemalt, wie ich sie auf ein Bett warf, ihr die Kleider vom Leib riss und mich dabei meiner dunkelsten Seite hingab. Ich war so nah dran gewesen. Ich hätte es getan, wenn Obi mich nicht angerufen hätte. Vielleicht liebte ich sie. Spielte es eine Rolle? Gervais war irgendwo da draußen und kontrollierte eine Faust Gottes mit der Hilfe von Rebeccas Geist, der in der Faust gefangen war. Und Sarah war zu verängstigt gewesen, um mit mir über das zu reden, was in ihr vorging.

Ich war der Diuscrucis, das perfekte Gleichgewicht zwischen Gut und Böse. Aber musste ich das sein? Wollte ich das überhaupt?

Seit meiner Rückkehr eskalierte der Krieg zwischen Himmel und Hölle. Seit meiner Rückkehr liefen die Dinge mehr und mehr aus dem Ruder.

War das ein Zufall? Vielleicht. Randolph Hearst versuchte Abaddon in seine Hände zu bekommen seit dem Tag meiner Rückkehr. Satan hatte Gervais zurückgeschickt, teils, um ihn zu bestrafen, und teils, um mich zu bestrafen. Wo wäre der Erzdämon ohne mich?

Bei unserem ersten Treffen hat Dante mir gesagt, dass das Universum immer für einen Ausgleich sorgen wird. War ich der Grund für die Eskalation oder sorgte ich für den Ausgleich? Wer kam zuerst, die Göttlichen oder der Diuscrucis?

Ich wusste es nicht. Ich war mir nicht sicher, ob ich es jemals wissen würde. Ich wusste nur mit Sicherheit, dass ich Sarah im Stich gelassen hatte, und jetzt lag es an mir, die Sache wieder in Ordnung zu bringen.

»Landon, alles okay, Kumpel?«, unterbrach Obi meinen inneren Monolog.

»Nicht wirklich«, erwiderte ich.

Ich machte mir nicht nur Sorgen um Adam und Sarah, obwohl das allein schon reichte. Sarah war in vielem stärker als ich, selbst mit dem Biestmodus, den ich angenommen habe. Wenn ihre böse Seite mich ungehindert angreifen sollte, würde sie wahrscheinlich gewinnen. Und dieser Teil von ihr würde mehr und mehr die Kontrolle übernehmen, je länger ich brauchen würde, um sie zu finden.

Darüber hinaus würde Gervais versuchen, aus der Situation seinen Vorteil zu schlagen, das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Adam war stark, aber Gervais zusammen mit der Faust und der Hilfe des verräterischen Arschlochs Zifah war noch mal eine ganz andere Hausnummer. Wenn dieser Süßholzraspler es schaffen sollte, Sarah zu überzeugen erneut die Seiten zu wechseln, dann waren nicht nur die Göttlichen in Gefahr.

Sondern alles und jeder.

Ich sah Obi in die Augen. Ich konnte ihm ansehen, dass er wusste, wenn ich mir Sorgen machte, dass auch er sich Sorgen machen musste. Er hielt jedoch meinem Blick stand, ohne mit der Wimper zu zucken.

»Wir müssen herausfinden, wo sie sind«, sagte ich. »Sofort.«

Drei

Natürlich waren etwas brauchen und etwas bekommen nie dasselbe. Es spielte keine Rolle, wie dringend ich wissen wollte, wohin Adam Sarah gebracht hat; ich besaß nicht die Macht, den Aufenthaltsort von jedem göttlichen Wesen augenblicklich ausfindig zu machen. Und das konnte, soweit ich wusste, niemand.

Ich tat das Einzige, was ich konnte. Ich beauftragte Alyx damit fernzusehen, in der Hoffnung, dass über merkwürdige Ereignisse berichtet wird, wie beispielsweise terroristische Angriffe mit Giftgas, und gab Obi den Auftrag, das Internet nach ähnlichen Nachrichten zu durchforsten.

Dieses Vorgehen würde gut funktionieren bei den meisten Dämonen, aber ich hatte ein Gefühl, dass es mit Adam anders sein würde. Er hatte mit mir zusammengearbeitet. Er wusste, wie ich vorging. Wenn er nicht wollte, dass ich ihn ausfindig machte, und ich hatte so ein Gefühl, dass dem so war, würde er sich zunächst ruhig verhalten, bis er bereit war für die Konfrontation.

Ich wollte ihn allerdings bereits vorher konfrontieren.

»Alichino«, sagte ich, als der Dämon abhob.

»Wer ist da?«, wollte er wissen.

»Landon«, erwiderte ich. Er würde sich jetzt, wo er mit uns zusammen auf Espantos vormaligem Gelände wohnte, besser an mich erinnern als die meisten anderen.

»Oh. Landon. Klar, hätte ich mir denken können. Warte mal, wieso rufst du mich an? Wenn ich mich richtig erinnere, warst du doch hier gewesen. Wie lange ist das her?«

»Als du mich zuletzt gesehen hast? Vor circa dreißig Minuten. Ich bin nicht mehr dort. Ich bin in Frankreich.«

Er kicherte. »Die Stadt der Liebe. Gute Entscheidung, Casanova. Obwohl ich nicht denke, dass Alyx zuerst Wein und Abendessen möchte.«

Ich biss die Zähne zusammen, meine Gedanken von vorhin noch im Kopf. Ich hatte mich von meiner Lust übermannen lassen. Ich verdiente mehr, und Alyx auch, selbst wenn ihr das nicht bewusst war.

»Ich bin im Haus von Sarah«, erwiderte ich. »Wir haben ein Problem.«

»Gervais?«

»Nein, Adam.«

»Der Engel?«

»Der gefallene Engel.«

»Richtig. Was ist das Problem?«

Ich erklärte ihm die Situation. Als ich fertig war, pfiff er.

»Verdammt, Landon. Ich habe keine Ahnung, wie ich dir da jetzt helfen soll. Ich habe schon genug damit zu tun, Gervais und die Faust ausfindig zu machen.«

»Lass das für den Moment bleiben. Gervais wird dort auftauchen, wo Sarah ist, jetzt wo ihre böse Seite die Kontrolle übernommen hat. Darauf wette ich mein Leben. Ich muss herausfinden, wo Adam sich versteckt.«

»Ja, klar, ich versuche mein Bestes.«

»Schreibst du das mit?«

»Natürlich. Für was hältst du mich denn?«

»Du kannst Dante nicht kontaktieren, oder?«

»Ich bin nicht im Besitz eines roten Telefons oder eines großen roten Knopfes, falls es das ist, wonach du fragst. Aber ich kann eine Nachricht senden, es kann bloß ein oder zwei Tage dauern, bis sie bei Dante ankommt.«

Ich überlegte, ob ich ihn involvieren wollte oder nicht. Er hatte sich vor Jahren dafür ausgesprochen Sarah zu töten. Er würde mir die Schuld geben für alles, was passieren wird.

Niemand wusste aber auch mehr über den Diuscrucis als er. Ich brauchte ihn.

»Tu es«, sagte ich.

»Werde ich.« Er hielt kurz inne. »Hey, Landon?«

»Was?«

»Wie schlimm ist es?«

»Menschen und Göttliche werden sterben. Dessen bin ich mir sicher. Es hängt von uns ab, wie viele es sein werden.«

»Das ist keine Antwort.«

Ich legte auf. Ich gab ihm keine Antwort, weil ich keine hatte. Im Vergleich zum Biest, war dies hier wahrscheinlich nicht so schlimm.

Aber vielleicht war es auch schlimmer.

Ich verließ den Ort des Gemetzels und ging hinauf in Sarahs Schlafzimmer. Es war ihr privater Bereich und war deshalb vom Chaos und Blutvergießen verschont geblieben. Alyx saß im Schneidersitz auf dem Bett, als ich eintrat. Ich hielt einen Moment inne und sah mich um. Die Wände waren pinkfarben, der Teppich dick und weiß. Das Bett war aus Holz, elegant und jugendlich. Ich fühlte mich erneut schuldig.

Der Fernseher befand sich gegenüber von Alyx. Als ich eintrat, sah sie nicht in meine Richtung. Ihre Augen fixierten die Übertragung. »Sprichst du französisch?«, wollte ich wissen.

»Qui«, erwiderte sie. »Alle wichtigen menschlichen Sprachen. Espanto wollte sie nicht lernen, also musste ich es.« Sie verzog angewidert das Gesicht.

»Was hast du herausgefunden?«

»Nichts, was im Zusammenhang steht, ich denke es zumindest. Zwei Menschen wurden in der Nähe des Arc erschossen.«

»Wer hat sie erschossen?«

»Das wissen sie nicht.«

»Wahrscheinlich ein Dämon, aber nicht der, nachdem wir suchen.«

»Ja.«

Ich starrte sie einen Moment lang, versuchte mit ihr über das, was ich fühlte, zu reden. Sie so zu sehen, machte es noch schwerer. Sie war wie eine Sucht. »Hast du die anderen Kanäle probiert?«, wollte ich wissen.

»Sie berichten alle darüber.«

Ich erwartete von Adam, dass er sich zurückhielt. Das bedeutete nicht, dass es mir gefiel. Ich fühlte, wie die anderen Worte sich ihren Weg über meine Brust zu meinen Lippen bahnten. Musste ich sie jetzt aussprechen, gab es jetzt nicht wichtigere Dinge? Wenn ich sie nicht jetzt aussprach, würde ich sie später über die Lippen bringen?

»Alyx, ich möchte mit dir über etwas reden.«

Sie sah mich an. »Du fühlst dich, wegen dem, was wir beinahe getan haben, schuldig.«

Ich hielt mitten in meinen Gedanken inne. »Ja. Woher weißt du das?«

»Ich kann deine Stimmungen riechen.«

»Das kannst du?«

»Ja. Du trägst dein Herz auf der Zunge, Landon. Du zeigst es nicht nur anhand deiner Körpersprache, sondern auch mit deinem Körpergeruch.« Sie lächelte.

»Ich möchte es einfach nicht vermasseln, und damit meine ich nicht nur uns beide. Ich bin ziemlich sicher, dass ich dich liebe. Ich möchte dich nicht wie ein Spielzeug behandeln, selbst, wenn du auch spielen möchtest. Auch möchte ich nicht, dass die Welt auseinanderbricht, nur weil ich zu abgelenkt bin. Wäre ich erreichbarer gewesen, hätte Sarah vielleicht mit mir geredet.«

»Oder vielleicht auch nicht.«

»Allie …«

»Ich verstehe dich, wirklich. Ich möchte mit dir zusammen sein, Landon. Ein Teil möchte dies ganz bewusst, der andere Teil, ist jener, den Satan uns gibt, wenn er uns auf die Erde schickt. Das kann ich nicht ändern.«

»Es tut mir leid.«

»Das muss es nicht. Ich kann es nicht ändern, aber ich kann es unter Kontrolle bringen, wenn es dir dein Leben erschweren sollte.«

»Meistens tut es das nicht.«

»Manchmal aber schon, oder?«

»Ich kann dir nur schwer widerstehen, selbst wenn ich es wollte.« Ich zögerte. »Was?«

»Damals am Flughafen, hast du mich gebeten, meine Instinkte zu ignorieren und dir damit zu helfen. Das habe ich versucht. Ich habe versucht, gut zu sein, ungeachtet der Tatsache, dass alles, was ich bisher kannte und woher ich komme, böse ist, und das habe ich für dich getan.«

Sie stand auf, ging zu mir herüber und kam mit ihrem Gesicht meinem nahe. »Ich kann auch das für dich tun. Ich werde dich nicht drängen oder umgarnen oder necken. Wenn du bereit bist, kannst du zu mir kommen. Ich werde mich immer freuen.«

Dann küsste sie mich. Nicht auf die Lippen. Sie schien zu wissen, was das mit mir anstellen würde. Ihre Lippen streiften meine Wangen.

»Und jetzt lass uns deine Schwester finden.«

Vier

Wir gingen nicht direkt zu Obi. Ich nahm an, dass er mich suchen würde, falls und wenn er etwas entdecken sollte, und es gab nicht viel, was ich in der Zwischenzeit tun konnte. Adam und Sarah waren auf der Flucht, und sie würden sich erst zeigen, wenn sie bereit dazu waren. Vielleicht konnte Dante nützliche Informationen auftreiben. Dies setzte allerdings voraus, dass er wissen musste, dass ich nach ihm suchte. Alichino wollte ihn kontaktieren, und ich hoffte, dass er schnell antworten würde.

In der Zwischenzeit begannen Alyx und ich damit, die Sauerei zu beseitigen. Ich werde nicht lügen und behaupten, dass es mir leichtfiel. Denn das tat es nicht. Jedes der Opfer hatte mal eine Familie, bevor die Macht des Biests sie infizierte und sie in falsche Göttliche verwandelte. Jeder von ihnen war zu Sarah gekommen, auf der Suche nach einem neuen Leben und nach Menschen, die dasselbe durchmachten, wie sie selbst. Von der Gesellschaft ausgestoßen. Verloren und allein.

Als ich Sarah das erste Mal traf, hatte sie etwas Ähnliches getan. Sie hatte sich um die Erwachten gekümmert, um jene, die die Göttlichen sehen konnten. Diese Gemeinschaft fand damals in etwa auf dieselbe Art und Weise ihr Ende, nur das Gervais der Übeltäter gewesen war. Ich konnte mir vorstellen, wie Sarah sich fühlen musste, dasselbe noch mal zu durchleben. Es würde nur ihre Überzeugung bestärken, dass Tod und Zerstörung ihr Schicksal waren und nicht das Werk des Bösen.

Und Adam war böse. Daran gab es keinen Zweifel. Er ist nicht wegen mir gefallen. Er fiel, weil seine Seele sich verfinsterte. Alles andere war Zufall gewesen. Wussten Gott und der Erzengel Michael von dem, was er und der andere Erzengel getan hatten? Ich bezweifelte, dass das Himmelreich so was gestattet hätte. So oder so, seine wahre Natur kam zum Vorschein.

Schwarz.

Alyx war eine enorme Hilfe. Sie half dabei, die Leichen zu entfernen, und sie störte sich nicht an all dem Blut und den Innereien. Sie verwandelte sich in einen Großen Wer und nahm drei oder vier Leichen auf einmal auf. Deren Blut tropfte auf ihr Fell und sie sah aus, als käme sie gerade von einem Schlachtfeld. Sie sagte nichts dazu, sondern verschwand nur für einige Minuten unter Sarahs Dusche, nachdem sie mit ihrer Arbeit fertig war.

In der Vergangenheit wäre sie wohl nach der Dusche nackt an mir vorbeigelaufen, um sich neue Kleidung zu holen. Diesmal tat sie es nicht, sondern zog stattdessen im Privaten eine Jeans und einen dicken Pulli von Sarah an. Es war ein konservativer Look, der noch immer sexy war.

Zumindest gab sie sich Mühe.

Mit meiner Macht wischte ich das Blut auf, wischte es vom Boden und den Wänden und formte es zu einer kleinen Kugel. Dann warf ich sie aus dem Fenster und in die Wälder, in die Nähe des Ortes, wohin Alyx die Leichen gebracht hat. Wir standen schweigend einige Minuten über ihnen, bevor wir in das Haus zurückkehrten.

Obi wartete auf uns an der Eingangstür. Er hatte seinen Laptop in der Hand, einen Spalt geöffnet, sodass der Bildschirm noch an war.

»Das war eine nette Geste«, sagte er.

»Was?«, fragte ich.

»Ein Gebet für sie zu sprechen.«

»Ich habe nicht gebetet«, erwiderte ich.

»Du hast ihnen Respekt gezollt. Du musst nichts sagen. Es ist noch immer ein Gebet.«

»Ich habe gebetet«, sagte Alyx zu meiner Überraschung. »Aber nicht laut.«

Obi lächelte. »Siehst du. Ich bin froh, dass du jemanden gefunden hast, der klüger ist als du. Nicht, dass dies besonders schwierig wäre.«

Alyx kicherte. Selbst ich musste lächeln. Ich hatte Obi vermisst.

»Hast du etwas gefunden?«, wollte ich wissen.

Er nickte. »Es könnte auch nichts sein, aber da wir bereits mit nichts dastehen, kann es nicht schaden, einen genaueren Blick darauf zu werfen. Es ist schon einige Tage alt. Ich wusste nicht, dass ich danach Ausschau halten sollte, sonst wäre es mir schon früher aufgefallen.« Er hob den Laptop in die Höhe und öffnete den Bildschirm. Ich erkannte SamChan sofort. Der Post bestand aus einem Wirrwarr aus Buchstaben.

»Es ist ein polyalphabetischer Code«, erklärte Obi. »Die Art, die Engel bevorzugt nutzen.«

»Engel nutzen SamChan?«

»Nicht direkt. Die Berührten tun es. So kommunizieren sie miteinander.«

»Und warum denkst du, besteht eine Verbindung zu Adam? Er gehört jetzt zu den bösen Jungs.«

»Der Text ist unauffällig, aber es handelt sich um Propaganda gegen das Establishment. Es wird nach Rekruten gesucht, die sich gegen ungerechte Praktiken wehren wollen.«

»Ungerechte Praktiken? Im Himmel?«

»Ja, oder? Deswegen ist er mir ins Auge gestochen. Aber das Ganze hat einen Haken.«

»Der wäre?«

»Er kommt aus Italien.«

»Lass mich raten. Aus der Nähe des Vatikans.«

»Genau.«

Ich drehte mich zu Alyx. »Kannst du das auch?«

»Si«, erwiderte sie.

»Du kannst sie nicht mitbringen, Kumpel. Die wittern sie aus einer Meile Entfernung.«

»Dann wartet sie eben auf uns in einer Entfernung von anderthalb Meilen. Sie kann die Strecke in circa drei Minuten zurücklegen.«

»Verdammt. Was für ein Dämon bist du überhaupt?«

»Großer Wer«, erwiderte Alyx.

»Echt jetzt?«

»Ja, echt jetzt«, erwiderte ich.

»Ich dachte, nach Ulnyx wärst du mit denen durch gewesen.«

»Sie ist ein Sonderfall«, erwiderte ich und legte meinen Arm um ihre Schultern.

Obi betrachtete uns einige Sekunden, dann schoss seine linke Augenbraue nach oben.

»Oh. Jetzt verstehe ich.« Er sah wieder zu Alyx. »Du hast gebetet?«

»Landon hat mir gesagt, nur weil ich böse geboren bin, muss ich nicht böse leben«, antwortete sie. »Dass ich die Wahl habe.«

»Mephistophles hatte sich geändert«, erinnerte ich ihn.

»Okay, schon verstanden. Du wartest also als Reserve in der Nähe. Das ist cool. Das bedeutet, du und ich, wir werden uns in Gefahr begeben, Landon.«

»Das habe ich erwartet. Bist du sicher, dass du nicht erkannt wirst?«

»Der Aufruf galt den Berührten. Dazu gehöre ich nicht wirklich, aber wie du weißt, gehöre ich mehr den Konservativen an. Ich werde in der Menge nicht wirklich auffallen. Du dagegen …«

»Ich werde überhaupt nicht auffallen.«

»Kannst du uns nach Italien teleportieren?«

Ich schüttelte meinen Kopf. »Nein. Es kostet mich zu viel Kraft auf diese Weise zu reisen, und wenn ich es wieder tue, dann habe ich keine Kraft mehr, um Adam zu bekämpfen, falls er bei der Party auftauchen sollte.«

»Wir haben nur ein paar Stunden.«

»Das ist der Vorteil, wenn man Dämonen kennt«

Obi verzog das Gesicht. »Verdammt. Ich hasse es, durch einen Spalt zu reisen.«

»Ich habe hier in der Gegend einige Kontakte«, sagte ich. »Alyx, hast du Lylyx gekannt?«

»Nein.«

»Wirklich? Sie war die Gefährtin von Ulnyx. Sie hatte das Rudel nach Ulnyx Verschwinden übernommen. Sie hat mir beim Kampf gegen das Biest geholfen. Nun, das ganze Rudel hat mir geholfen, das Biest zu bekämpfen. Es sind nicht viele übrig, aber die Überlebenden leben zurückgezogen auf dem Land in der Nähe von Rouen.«

»Sie werden nicht genug Macht besitzen, um einen Spalt zu erschaffen«, entgegnete Alyx.

»Nein, aber sie werden einen Dämon kennen, der es kann.«

»In Ordnung«, warf Obi ein. »Genug gequasselt. Du hast einen Plan, also los.«

»Es ist nicht wirklich ein Plan«, erwiderte ich.

»Wann hatten wir schon jemals einen wirklichen Plan?«, entgegnete er. »Bisher hast du dich auch ohne Plan immer gut durchgeschlagen.«

»Sarah ist verschwunden«, erwiderte ich und spürte den Schmerz in meiner Seele. Es wird meine Schuld sein, sollte sie komplett böse werden. »Das würde ich nicht gut durchgeschlagen nennen.«

Er versuchte nicht, mich zu trösten oder mir einzureden, dass ich falsch lag. Das hatte ich immer an ihm bewundert.

»Noch ein Grund mehr, dass wir uns beeilen sollten.«

Fünf

Das Schloss, in dem Sarah lebte, war einst im Besitz von Gervais gewesen, bevor sie dort einzog. Ich hatte ihre Entscheidung, es zu ihrem Zuhause zu machen, nach alldem was dort passiert war, nie gutgeheißen, aber sie hatte es sich in den Kopf gesetzt, all die böse Energie des Ortes in etwas Gutes umwandeln zu können. Nachdem sie ihr Zuhause für die Wechselbälger geöffnet hatte und etwas Festes mit dem Einzigen, der sich nicht in einen Dämon, sondern in einen Engel verwandelt hatte, einging, fing ich an, daran zu glauben, dass sie ihr Ziel wirklich erreichen konnte.

Jetzt lag Brian zusammen mit den anderen begraben und meine ursprünglichen Ängste hatten sich bewahrheitet. Normalerweise zog ich es vor, recht zu haben und in meinem verzerrten Weltbild bestätigt zu werden.

Diesmal nicht.

Da das Anwesen vormals Gervais gehörte, befand sich eine Sammlung teurer Autos in der Garage neben dem Hauptgebäude. Ich hatte mir von dort einst einen Ferrari genommen, den ich zum damaligen Zeitpunkt willkürlich ausgewählt hatte. Ich bin in der Stadt groß geworden und interessierte mich nicht sonderlich für Autos. Obi dagegen schon. Er zeigte auf jedes Auto, als wir die Gänge entlangliefen, zählte alle möglichen Informationen auf, die in meinen Ohren komplett nutzlos klangen. Drehmoment, PS, Nockenwelle, Turbo.

Wie auch immer.

Ich wusste, dass er nur so viel redete, weil er nervös war. Er fühlte sich für Sarah verantwortlich, genauso wie ich es tat, wenn nicht sogar mehr. Er war mit ihr hier zusammen gewesen. Vielleicht hätte er die Anzeichen erkennen müssen? Wie hätte er das, ohne zu wissen, worauf er hätte achten sollen? Ich gab ihm keine Schuld, aber ich wusste, dass er sich selbst schuldig fühlte, und niemand konnte ihm das ausreden.

»Wir nehmen den hier«, sagte ich und zeigte dabei auf einen SUV, der in der Ecke stand. »Der sieht bequemer aus als die ganzen Sportwagen.«

»Der Bentayga«, sagte Obi lächelnd. »Gute Wahl. Das ist der neuste Wagen in der Flotte.« Er hielt inne.

»Was ist los?«, wollte ich wissen.

»Brian hat das Auto für Sarah gekauft. Wusstest du, dass es der einzige Wagen ist, der nicht Gervais gehörte?«

»Autos haben keine Aura. Ist sie damit gefahren?«

»Einmal. Sie benahm sich wie du.« Er äffte sie nach. »Auto? Wozu? Obi, ich habe Flügel.« Dann redete er wieder normal. »… die zur Hälfte rasiermesserscharf sind. Wie auch immer, Brian dachte, dass sie vielleicht gerne ein Auto hätte, das nicht ihrem alten Herrn gehört hatte.«

Wir erreichten das Auto. Ich ging auf die Beifahrerseite, während Alyx sich sofort für die Rückbank entschied.

»Ich nehme an, dass bedeutet, ich fahre?«, fragte Obi.

»Alyx und ich brauchen einen freien Kopf, falls wir unterwegs auf Probleme stoßen sollten.«

»Dagegen kann ich nichts einwenden.« Er öffnete die Fahrertür und setzte sich hinter das Steuer, während er den Motor anließ. Es hörte sich gut an. »Und Ärger scheint dir ja überallhin zu folgen.«

»Jeder will ein Stück vom Diuscrucis«, erwiderte ich. »In erster Linie müssen wir uns Sorgen um Engel machen. Sie werden Alyx aufspüren können. Die gute Nachricht ist, dass sie sich normalerweise nicht mit ihr anlegen wollen. Das Risiko ist zu groß.«

Obi sah in den Rückspiegel, betrachtete sie noch mal genauer. »Das kann man sich schwer vorstellen«, sagte er.

Sie antwortete ihm, indem sie ihre kleine Hand teilweise in eine massive Klaue verwandelte.

»Das macht es etwas leichter.«

Er setzte uns in Bewegung, das Garagentor öffnete sich, als wir darauf zufuhren, und schloss sich hinter uns, als wir durch waren. Ich empfand Traurigkeit dabei, den Ort schon wieder zu verlassen. Ich hatte ihn bisher immer nur aus den falschen Gründen besucht. Ich hätte öfters vorbeikommen sollen.

Dreißig Minuten lang fuhren wir schweigend dahin. Mein Geist kreiste um jede Entscheidung, die ich seit dem Tag im Museum getroffen habe, als ich auf ein hübsches Mädchen zuging, um sie zu bitten, nicht die antiken Ausstellungsstücke zu berühren, und als Antwort hatte sie mich ins Jenseits gesprengt. Jede Entscheidung beinhaltete so viele Möglichkeiten, so viele Auswirkungen. Was wäre passiert, wenn ich irgendwas anders gemacht hätte?

Was wäre passiert, wenn ich Dantes Auftrag niemals angenommen hätte?

Dort blieb ich hängen. Was, wenn ich niemals zum Diuscrucis geworden wäre? Charis wäre gezwungen gewesen, das Biest allein zu bekämpfen. Richtig, aber wäre das Biest überhaupt freigekommen? Ich hatte Sarah gefunden, was dazu führte, dass Gervais sie finden konnte, was dazu führte, dass das Biest sie fand. Ich hatte Rebecca die Möglichkeit gegeben, den Heiligen Gral zu stehlen, sodass sie im Gegenzug hineingezogen wurde in die ganze Sache.

Wäre die Welt ohne mich besser dran?

Nach der Vernichtung des Biests hatte ich meine Chance gehabt. Ich hätte Charis ins Universum begleiten können, aber ich tat es nicht. Ich blieb zurück, weil ich glaubte, keine Wahl zu haben. Dass ich in der Mitte stand, sowohl das Böse wie das Gute in Schach haltend, damit die Menschheit einfach leben konnte. Entsprach das wirklich der Wahrheit oder handelte es sich einfach um Arroganz?

»So, Landon«, sagte Obi und holte mich aus meinen Gedanken. »Nach deinen eigenen Worten zu urteilen, warst du vor einigen Tagen in der Hölle gewesen? Wie war das so?«

Ich blinzelte einige Male, um mich in die Realität zurückzuholen. Ich sah aus dem Fenster. Wir befanden uns auf einer engen Straße inmitten einer grünen Landschaft. Es fühlte sich gut an draußen zu sein. Ich atmete tief ein und genoss den Moment. Ein Moment war das alles, was das Universum mir zugestand.

»Ich dachte, ich könnte es«, sagte ich und ignorierte seine Frage. »Ich dachte, ich könnte Menschen rekrutieren, die mir helfen, das Gleichgewicht zu halten. Ich habe mich geirrt.«

»Du hast mich rekrutiert«, erwiderte er.

»Und du bist nur noch am Leben, weil du dich früh genug von mir distanziert hast. Meine einzige Rekrutin? Sie ist tot. Getötet von Gervais. Ich mache mir Sorgen, dass dir dasselbe passieren könnte.«

»Du machst dir Sorgen?« Er lachte. »Es ist mein Arsch, meine Entscheidung.«

»Das hat Rose auch gesagt.«

»Du kannst nicht alles kontrollieren, Kumpel. Du willst, dass die Menschen ihren freien Willen haben; dann lerne, damit zu leben.«

»Ich weiß. Aber ich habe das Gefühl, dass alles außer Kontrolle gerät. Gervais ist hier, Obi. Er ist auf der Erde und gewinnt an Macht. Selbst, wenn ich Sarah aufhalten sollte, muss ich mich auch ihm stellen.«

»Du bist schon mit Schlimmeren fertig geworden.«

»Ich hatte Glück. Das Glück wird mich früher oder später verlassen.«

»Du denkst, es war Glück? Ich nicht, Kumpel. Ich denke, du hattest Hilfe.«

»Dante? Auch er hat seine Grenzen.«

»Nein, nicht Dante.«

Ich dachte einen Moment nach. »Du meinst Gott?«

Er zuckte mit den Achseln. Es war kein gleichgültiges Schulterzucken.

»Das macht keinen Sinn.«

Er zuckte erneut mit den Achseln und schielte zu mir herüber. »Er kann sich nicht direkt einmischen, richtig?«

»Das ist eine sehr gewagte Vermutung.«

»Es ist eine Frage des Glaubens«, erwiderte er.

Ich schwieg für eine Minute. Ich hatte gerade nicht die Kraft, mich mit diesem Gedanken anzufreunden.

Obi sah wieder in den Rückspiegel. »Also«, sagte er und wechselte erneut das Thema. »Wie habt ihr euch denn kennengelernt?«

Sechs

Alyx und ich hatten Obi alles über die aktuellen Ereignisse berichtet, bis wir in der Landschaft vor Rouen ankamen. Er hatte aufmerksam zugehört, warf in den richtigen Momenten eine seiner witzigen Bemerkungen ein und gab so der Geschichte etwas mehr Leichtigkeit. Seine Rolle in meinem Krieg hatte ihm stark zugesetzt, aber die Zeit hatte einige der Wunden geheilt und er hatte es geschafft, zu seinem alten Selbst zurückzufinden, zu seiner positiven Grundeinstellung, die ihm zu so seinem guten Freund machte. Das war etwas, was ich dringend brauchte, und er schien es zu wissen.

Wir blieben am Straßenrand stehen. Alyx stieg augenblicklich aus, entfernte sich einige Schritte vom Auto und dem starken Ledergeruch der Sitze und hob ihr Gesicht in die Luft. Sie drehte sich mit dem Wind, ihre kleine Nase zuckte, während sie die Witterung der anderen Wers aufnahm.

»Da lang«, sagte sie und zeigte dabei auf einen Berg in der Ferne. »Ungefähr zehn Meilen.«

»Warte«, rief Obi vom Auto aus. »Lass mich das GPS checken.«

Alyx sah zu mir herüber. Ich lächelte und sah zu Obi. »Wir treffen dich dort«, sagte ich.

»Was?«

Alyx verwandelte sich, ihr Körper wuchs und veränderte sich von einer zierlichen einen Meter fünfzig großen Frau zu einem riesigen, über zwei Meter großen Monster. Ohne zu zögern, stieg ich auf ihren Rücken und griff nach etwas Nackenhaar, um nicht runterzufallen.

»Willst du mich verarschen?«, fragte Obi und schüttelte bei unserem Anblick seinen Kopf.

»Schau, ob du eine Straße findest, die dich hinbringt. Wenn nicht, werden wir dich finden. Alyx kennt deinen Geruch.«

»Habe ich eine Wahl?«

»Sieht es so aus?«

Er zog einen Block aus seiner Tasche und kritzelte sich eine Notiz, damit er mich nicht vergaß. »Ich sehe euch dann wohl dort«, sagte er und winkte uns zu. Ich winkte zurück, als Alyx bereits losrannte. Sie brauchte einige Schritte, bis sie ihren Rhythmus gefunden hatte, aber dann war sie das beste Transportmittel. Sie flog über die Landschaft, das Gras unter ihren Füßen verschwamm. Sie liebte es zu rennen, und ich konnte ihre Aufregung spüren, zusammen mit ihrer Freude über die Freiheit, die sie in solchen Momenten empfand. Freute sie sich genauso darüber, frei von Espanto zu sein, und darüber, dass sie ihre eigenen Entscheidungen treffen konnte? Ich hoffte es.

Wir legten die Strecke binnen zehn Minuten zurück, die Landschaft öffnete sich und gab ihr die Chance, ihre Höchstgeschwindigkeit zu erreichen. Sie wurde langsamer, als wir einen kleinen Zaun mit Maschendraht erreichten. Dahinter befand sich eine riesige Ziegenherde, deren Köpfe alle gleichzeitig hochschossen, als wir näherkamen, und sie meckerten sich alle gegenseitig vor Angst an.

Der Lärm erregte die Aufmerksamkeit ihres Hüters, einem schmächtigen Asiaten in einfachem Baumwollshirt und Jeans. Er hatte sich auf der Ladefläche seines Pickups ausgeruht. Nun setzte er sich auf und starrte uns an, Sekunden, nachdem Alyx sich wieder in einen Menschen verwandelt hatte.

»Von wo seid ihr denn hergekommen?«, fragte er mit zusammengekniffenen Augen, während er versuchte, herauszufinden, wie wir so nah haben kommen können, ohne dabei seine Aufmerksamkeit zu erregen.

Ich sah zu Alyx. Wers mochten die Sonne genauso wenig wie Vampire, obwohl sie die Sonne überlebten.

Sie schüttelte ihren Kopf. Er war kein Wer. Ein Dämon, vielleicht ein Verwandelter? Aber sicher keine Gefahr.

»Wir suchen jemanden«, erwiderte ich. »Eigentlich mehrere. Weißt du, ob die Farm ihnen gehört?«

Er sah uns misstrauisch an. Seine Augen fixierten Alyx. »Könnte schon sein.«

»Kennst du mich?«, wollte Alyx wissen.

»Du kommst mir bekannt vor«, erwiderte er. »Du erinnerst mich an Onyx.«

»Ist Onyx die Anführerin?«, wollte ich wissen.

»Ja. Es wird ihr aber nicht gefallen, wenn ich euch auf ihren Besitz lasse. Nicht ohne ihre Erlaubnis.«

»Kannst du sie anrufen? Ich bin sicher, dass sie mit mir reden wird.«

Er zögerte. »Worum geht es denn?«

»Ich muss dringend nach Italien«, erwiderte ich.

»Hast du es schon mit dem Flughafen probiert?«

»… schneller, als dies mit einem Flugzeug möglich wäre.«

Er wurde noch misstrauischer.

»Und warum sollte Onyx dir da helfen wollen?«, wollte er wissen. »Wir wollen keinen Ärger und auch keine Aufmerksamkeit erregen. Wir wollen uns nicht einmischen.«

»Ob es dir gefällt oder nicht, ihr seid schon involviert«, erwiderte ich.

Er seufzte ergeben und sprang vom Truck. Am Boden war er noch kleiner. Er ging auf mich zu und streckte mir seine Hand entgegen. Sie entflammte in Höllenfeuer. Da Höllenfeuer normalerweise schwer zu kontrollieren war, fand man es gewöhnlich nur in den Händen von mächtigen Dämonen. Wer war dieser Typ?

»Mir gefällt das nicht«, wiederholte er. »Ganz und gar nicht. Und wir wollen uns nicht einmischen. Ich weiß nicht, wer du bist oder wem du dienst, aber ich denke, du solltest jetzt gehen.«

»Das kann ich nicht«, erwiderte ich. »Ich muss wirklich dringend nach Italien, und es gibt nur einen Weg, der schnell genug ist. Wir müssen nicht kämpfen. Ruf Onyx einfach für mich an und ich regle das. Ich bin sicher, dass sie mir helfen wird.«

»Letzte Warnung«, sagte er und hob seine Hand.

Ich verlor langsam die Geduld. Alyx auch.

»Landon«, sagte sie.

»Los, zeig mir, was du zu bieten hast«, sagte ich zu dem Dämon.

Er lächelte, nahm an, dass ich ihn unterschätzte. Und vielleicht hatte ich das auch ein wenig. Das Höllenfeuer schoss aus seiner gesamten Hand, nicht nur aus seinen Fingern, ein Hitzestrahl, den ich aus der Entfernung spüren konnte.

Ich kämpfte nicht dagegen an. Ich ließ mich einhüllen, akzeptierte das Feuer. Es brannte nicht. Es zerstörte nicht. Es zerfiel, als es auf mich traf, meine Macht negierte es, verwandelte es in reine Energie, die zum Universum zurückkehren würde.

»Was?«, sagte er, als er sah, dass es keine Wirkung hatte. »Das ist nicht möglich.«

»Überraschung«, sagte ich. Alyx klopfte mir auf die Schulter und zeigte in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Ich drehte mich und sah den Bentley in der Ferne, auf dem Weg zu uns auf einem engen Waldweg. »Mein Name ist Landon.«

Er neigte den Kopf zur Seite. »Der Diuscrucis?«

Ich nickte.

Er lächelte. »Warum hast du das nicht gleich gesagt? Gehört das Auto zu dir?«

Ich nickte erneut.

»Komm. Lass uns das Haus besser vor ihm erreichen. Ich bin Francois, und du bist?«

»Alyx.«

Er hob einen Finger und beugte sich näher heran. »Ich sehe nicht mehr so gut. Du gehörst aber zu ihnen, oder? Kennst du Onyx?«

»Ich bin nicht sicher«, erwiderte Alyx.

»Was meinst du damit?«, wollte ich wissen.

»Ich wurde als Welpe entführt«, erwiderte sie. »Aber ich hatte eine Schwester, sie hieß Onyx.«

Sieben

Wir trafen Obi auf der Auffahrt, die zu der Hütte führte, in der die Werwölfe lebten. Es war ein relativ kleines Gebäude, mindestens hundert Jahre alt, aber in sehr gutem Zustand. Eine Ziegelfront, ein Strohdach und dicke Jalousien war alles, was man von außen sehen konnte. Ein Minivan stand in der Auffahrt. Bei dem Gedanken an einen Van voller Werwölfe auf ihren Weg zum Einkaufen nach Rouen musste ich beinahe lächeln.

Es stellte sich heraus, dass Francois ein recht mächtiger Dämon war, einer der seltenen Dämonen seiner Art, der die Gesellschaft von Onyx den Machtspielchen vorzog, denen so viele andere mächtigere Dämonen erliegen. Auf eine seltsame Art und Weise kam es dazu, dass er sie als seine Herrin akzeptierte, obwohl seine Kontrolle über das Höllenfeuer ihn leicht selbst zu einem Herrn hätte machen können. Er war nicht wie andere Dämonen, und er sagte, dass Onyx auch nicht wie andere Wers wäre. Sie ernährte sich nicht von Menschenfleisch oder Blut. Außer, um am Leben zu bleiben, dann stahl sie normalerweise Blut aus Krankenhäusern oder kaufte es auf dem Schwarzmarkt von anderen, die es wiederrum aus Krankenhäusern gestohlen hatten.

Warum?

Weil Ulnyx das Delta-Pack dem Diuscrucis gewidmet hatte und der Diuscrucis es anders nicht gutheißen würde. Onyx und ihre Anhänger waren alles, was von dem einst mächtigen Rudel an Großen Wers übriggeblieben ist. Das war ebenfalls meine Schuld.

»Das sieht aus wie aus Rotkäppchen entsprungen«, sagte Obi, als er aus dem Bentley stieg. »Wie viele große, böse Wölfe haben wir denn hier?«