Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Wer erinnert sich nicht gern an den längsten Hefezopf der deutschen Radiogeschichte? Wenn zwischen 1986 und 1998 die gewitzte Frau Kächele auf die naive Frau Peters traf, waren Lachtränen garantiert. Die Kultweiber aus dem Wilden Süden sind wieder da und besichtigen den neuen Stuttgarter Bahnhof. Sie erleben dort unfassbare Abenteuer und erzählen von den wirklich skurrilen Geschichten zu Stuttgart 21. Humor pur.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 73
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Teflon Fonfara ist freier Künstler, Gitarrist, Performer und Videomacher aus Stuttgart. Er ist Autor und Produzent verschiedener Comedy-Serien für den Südwestrundfunk und seine Vorgängeranstalten.
Mit seiner Band ASIAN STARS spielt er Elektro-Weltmusik.
Sollte dieses Werk Links auf Webseiten Dritter enthalten, so machen wir uns die Inhalte nicht zu eigen und übernehmen für die Inhalte keine Haftung.
1. Auflage 2020
© 2020 by Silberburg-Verlag GmbH, Schweickhardtstraße 5a, D-72072 Tübingen.
Alle Rechte vorbehalten.
Umschlaggestaltung, Layout und Satz: Björn Locke, Nürtingen, unter Verwendung einer Illustration von Teflon Fonfara.
Alle Illustrationen von Teflon Fonfara.
Lektorat: Torsten Schöll, Stuttgart.
Druck: CPI Books, Leck.
Printed in Germany.
eISBN 978-3-8425-2282-4
ISBN 978-3-8425-2273-2
Besuchen Sie uns im Internet und entdecken Sie die Vielfalt unseres Verlagsprogramms: www.silberburg.de
Ihre Meinung ist wichtig für unsere weitere Verlagsarbeit. Senden Sie uns Ihre Kritik und Anregungen an: [email protected]
Frau Kächele & Frau Peters« heißt eine Mundart-Comic-Show, die von Oktober 1986 bis zum Ende des SDR im August 1998 in Radio und TV gesendet wurde. Die wilden »Hefezopf-Weiber« sind die Kult-Figuren und Imageträger vom »Radio für den Wilden Süden« und erschienen pro Woche mit einer oder zwei neuen Ausgaben.
Der Ursprung ist ein Radio-Comic im surrealistischen Umfeld zwischen »Kehrwoche«, süddeutschem Erfinderreichtum und dem unendlichen Verzehr von Hefezopf »mit einem Haufen Butter drin!« (Original-Slogan). Und wenn der Moderator die Kächeles ansagte, wurden in Baden-Württemberg die Radios lauter gedreht.
Teflon Fonfara ist der Erfinder der Kultserie, er schrieb und produzierte über 800 Folgen, spricht alle Figuren selbst (Radio), spielt vor der Kamera beide Damen und zeichnet auch die Comics.
2019 machte er aus »Frau Kächele & Frau Peters« ein Bühnenprogramm, zusammen mit Babs Steinbock, sie spielt die Frau Kächele, Teflon Fonfara ist Frau Peters.
Aufgeführt werden die Originaltexte aus der SDR-Show. Das ist schrille, wilde schwäbische Comedy pur!
www.frau-kaechele.de
Endlich ist es so weit. Hier kommt – als schriftstellerische Leistung getarnt – die Verherrlichung des umstrittenen Bahnhofsprojekts Stuttgart 21. Mit einer schwäbischen Fröhlichkeit sollten wir den Luxus genießen, denn in diesem neuen Gebäude bietet die Bahn bestimmt ein ausgereiftes Unterhaltungskonzept an.
Mit diesen Gedanken sitze ich auf dem Balkon bei einem Kännchen Schwarztee und notiere mir die spannenden Ideen.
Es läutet an der Tür. Ich öffne, und es kommt unerwarteter Besuch. Ich begrüße Frau Kächele. Sie ist eine der beiden wilden Hefezopfweiber. Sie meint, dass Frau Peters, ihre Hefezopf-Partnerin, auch gleich kommen werde. Wir setzen uns auf den Balkon, und natürlich hat sie einen Hefezopf mitgebracht. Während sie ihn aufschneidet, kommt auch schon Frau Peters: »Der Parkplatz war z’ kloi, no han i mi halt a bissle neidruckt, jetzt isch a Blechle heganga!«
In gemütlicher Runde wollen mir die Damen nun verklickern, dass sie bereits über 800 Kurzgeschichten veröffentlicht haben, aber jetzt keine mehr spielen wollen. Die Damen hätten gerne eine lange Story, abendfüllend, etwas Seriöses mit ernsthafter Dramaturgie. Mir fallen vor Schreck die Zibeben aus der Gosch: »Etwas Ernsthaftes?« »Ja«, meint Frau Peters, »möglichst im Samstagabend-Programm!« Also doch nicht ernsthaft, denke ich. Frau Kächele ergänzt, dass sie mit einer Hammer-Story klassische Sendungen wie »Verstehen Sie Spaß?« locker aus dem Abendprogramm kicken könnten. Es müsste halt eine wirklich geile Performance sein.
Ich sage dazu nichts, es klingt ja irgendwie utopisch. Dann machen wir das komplette Hefezöpfle nieder, fett bestrichen mit dem Waldbeeren-Xsälz von Frau Peters. Ich will etwas ablenken, doch die Damen kommen immer wieder auf das Thema zurück: »Mir solltet ebbes macha, was no koiner g’macht hot!«
Da fällt mir der neue Bahnhof ein und ich schlage den Damen vor: »Wenn der Stuttgarter Bahnhof irgendwann fertig ist, könnten Sie von dort nach Ulm fahren und dabei ein Hefezöpfle essen! Das wäre doch eine unglaubliche Story, oder nicht?«
Die Damen schauen mich verstört an, als würden sie denken: Ja, wirklich unglaublich! Und wann wird das sein?
Vollkommen unerwartet packt jetzt auch Frau Peters ein frisches Hefezöpfle aus, das wir in Kombination mit Waldbeeren-Xsälz ebenso komplett niedermachen.
Währenddessen unterhalten wir uns über die futuristischen Möglichkeiten eines neuen Bahnhofs. Frau Kächele meint, das wichtigste Gleis sei das Abstellgleis, weil man hier praktischerweise alles abstellen könne. »Manche bringen ihren Müll, andere bringen altes Fallobst«. Frau Peters entgegnet, bei Sicherheitslücken sollte die Bahn den Gästen ein Ersatz-Schienbein anbieten. Mit Kalauern wie diesen kichern wir uns durch den späten Vormittag.
Kein Einlass ohne Training
Südseeklima mit Schieflage
Eckige Hefezöpfe
Kunst & Kultur im Bahnhof
Die Bahnhofspuffer
Performances mit Delikatessen
Der Volksfest-Raum
Feuchtgebiet im unterirdischen Park
Im Tretboot nach Ulm
Seltsame Begegnung beim Wasserfall
10.000 Zigeunerschnitzel an der Neckarschleuse
Der Akku-Schwarzmarkt vom Neckar
Der Flug zur Wendlinger Kurve
Die Tunnel-Dealer
Harmonie in der Raststätte
Das Warten der Ingenieure
Abenteuer auf Wasserkufen
Technische Tricks im ICE
Im verbotenen Zug
Mystisches Geschehen
Zwei legendäre schwäbische Figuren, bekannt durch ihren Hefezopf-Enthusiasmus und unzählige Erfindungen wie das »Kehrwochenfrühwarnsystem« oder die »Orgasmusschaukel«, sind unterwegs durch Stuttgart. Sie schlendern bei schönstem Wetter die Königstraße entlang.
Frau Peters:
Gell, Frau Kächele, onser wunderbare Königstroß isch ons erhalta blieba. Eine Einkaufsstroß voller Läben und Kultur.
Frau Kächele:
Jo, Frau Peters, bloß kauft do niemand me ei. Sähn Sie do Leut rumlaufa?
Frau Peters:
Eigentlich net. Vielleicht send die älle beim Vesper?
Frau Kächele:
Do! Frau Peters! Glotze Se! Do isch grad ebber rausglaufa – beim Amazon-Hochhaus.
Frau Peters:
Ond dort drüba standet au drei Leut rom – am Sushi-Eck von Ebay. Ond gegenüber in d’r Parship-Launch den älle zwälf Sekunda die Leut romknutscha.
Frau Kächele:
Des isch bloß virtuell, Frau Peters. Von so äbbes kriagt m’r koine Kender.
Frau Peters:
Ja, das Läben ischt wirklich bunt auf d’r Königstroß.
Frau Kächele:
Es gibt halt leider koine Kinos meh!
Frau Peters:
Aber dafür hot’s an jedem Eck diese herzige Youtube-Ständla, do kosch au einen geselligen Obend verbrenga.
Frau Kächele & Frau Peters schlendern weiter und bewundern diese vielen neuen Läden im Stuttgarter Zentrum.
Frau Peters:
Saget Se mol, Frau Kächele, sähn Sie auch diese ronde G’wächshäuser?
Frau Kächele:
Des isch glaub onser neuer Bohnhof.
Frau Peters:
Waas? So sieht der jetzt aus? Ond was wächst do jetzt?
Frau Kächele:
Koi Ohnung. Vielleicht send des die Vorgärtla vom Bohhofsvorstand?
Frau Peters:
Aber den Turm gibt’s no.
Frau Kächele:
Den wället se demnächst sprenga!
Frau Peters:
Onsern scheena Turm wellat die sprenga? Wegen was wellat die den sprenga?
Frau Kächele:
Des isch wega der Sternwarte. Der Bahnhofsturm wird gsprengt, weil er von dr Uhlandshöhe die Sicht zum Lichterfest am Killesberg versperrt.
Frau Peters:
I dät gern onsern neua Bohhof besichtiga. Isch des möglich, Frau Kächele?
Frau Kächele:
I han gar net g’wisst, dass der scho eröffnet isch.
Frau Peters:
Wo isch der Eigang? Jetzt freu i mi auf unsern neua Bohhof!
Frau Kächele & Frau Peters finden über Umwege und ständig weitere Wegweiser den Eingang zum neuen Stuttgarter Bahnhof. Nun stehen sie vor dem prachtvollen Eingangsportal aus Marmor und poliertem Edelstahl. Mehrere Herren in bester Bekleidung stehen links und rechts neben dem mächtigen Einlass, als würden sie das Hilton bewachen. Die Damen sind verunsichert, es sieht alles so vornehm aus, und sie wissen nicht, ob man sie hier überhaupt hineinlässt.
Frau Peters:
Gell, Frau Kächele, mir frogat z’erscht, ob m’r neidürfat.
Frau Kächele:
Grüß Gott, die Herren! Derf do jeder nei in den neua Bohhof?
Ein Herr:
Selbstverständlich dürfet Sie nei in d’r neue Bohhof, aber bloß, wenn Se auch mit dem Bähnle fahra wellat! Wellet Sie nach Ulm fahra?
Frau Peters:
Mir dätet gern mol nach Ulm fahra.
Ein Herr:
No kommat Se rei zum Umgangstraining.
Frau Kächele:
Was für a Umgangstraining?
Ein Herr:
Sie werdat trainiert im Hopfa. Koi Angscht, des kriagat Sie no.
Frau Peters:
Hopfa? Wega was müsset mir hopfa?
Herr:
Kommat Se rei, des isch oifach. Do goht’s glei zom Training.
Frau Kächele & Frau Peters rücken sich ihre Frisur zurecht und betreten schüchtern und voller Ehrfurcht das riesige Eingangsportal. Dann werden sie vom Service-Personal weitergeführt zum Raum für Umgangstraining. Bald dürfen sie auch den unterirdischen Bahnhof betreten, aber zuerst beginnt das Training.
Service-Personal:
Kommet Se rei, die Damen. Jetzt beginnt das Hopfentraining.
Frau Peters:
Hopfentraining?
Frau Kächele:
I han mei Trainingshos net dabei.
Service-Personal:
Jetzt standat Sie oifach do no!
Frau Peters:
Mir standat. Ond jetzt?
Service-Personal:
Ond wenn jetzt plötzlich an Gegenstand auf Sie zukommt, no müsset Se schnell weghopfa!
Frau Peters:
Oh! Do kommt eine Kischte herangerollt!
Service-Personal:
Jetzt hopfat Se zur Seite! Schnell! Hopfat Se!
Frau Kächele:
Des war knapp!
Frau Peters:
Vorsicht! Frau Kächele, do rutscht ein großes Brett auf ons zu!
Frau Kächele:
Schnell, mir müsset zur Seite hopfa!
Frau Peters:
Ond jetzt kommt ein riesiger Palmentopf auf ons zu!
Frau Kächele:
Vorsicht! Schnell zur Seite hopfa!
Service-Personal: