Der Pädagogische Eros - Marieluise Lindner - E-Book

Der Pädagogische Eros E-Book

Marieluise Lindner

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Beschreibung

"Jedes Kind ist ein ungeschliffener Diamant." zitiert Friedrich Schiller in seinem Buch "Die ästhetische Erziehung". Angelehnt an dieses Zitat habe ich stets versucht, das Gute in meinen Schüler*innen zu sehen - und ich habe es auch immer gefunden. Es war eine große Freude für mich, ihre Gesichter zum Strahlen zu bringen. Die Evaluierungen meiner Schüler*innen haben mir Jahr für Jahr gezeigt, dass ich mit meiner Philosophie meist auf dem richtigen Weg war.

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Inhaltsverzeichnis

1.

Die Leidenschaft für das Große

1.1

„So einfach ist das“

1.2

Den Stein ins Rollen bringen

1.3

Das Geheimnis des Erfolgs

1.4

Das Geheimnis des Diamanten

1.5

Karl der Große

1.6

Wenn du wissen willst, wer du bist

1.7

Das Ziel ist der Rosengarten

1.8

Helfen schließt den Stromkreis

1.9

Die Kunst des Liebens

1.10

Ein Herz und eine Seele

1.11

Die weiße Pädagogik

1.12

Bildung von Herz und Charakter

1.13

Das weiße Blatt und das weiße Tuch

1.14

Der gute Klassengeist

1.15

Die erste Unterrichtsstunde

1.16

"Hast du das alles erlebt?"

1.17

Eine Lobeshymne auf das Lob

1.18

Die reziproken Affekte - Äußerungen der Wertschätzung

1.19

Zivilcourage

1.20

Ich habe einen ganz einfachen Geschmack (Oscar Wilde)

1.21

Pädagogische Liebe

2.

Geschichten aus meiner Schulzeit

2.1

Ich liebe Sie – Wisch das weg

2.2

Referendarin

2.3

Biologie 6:

2.4

Du Erztrottel du

2.5

Langweiliges Wolle wickeln

2.6

Die schüchterne Gundi

3.

Aus meiner Studentenzeit

3.1

Meine schönen Jahre bei der Kripo:

3.2

Ein Pädagoge der alten Schule

3.2

Eine Seminarlehrerin aus Augsburg:

4.

Episoden aus meinem Schulalltag als Lehrerin

4.1

Jahnspieler

4.2

Jannik

4.3

Katharina

4.4

Samuel

4.5

David (zu Fuß durch 8 Länder)

4.6

Hardware:

4.7

Karoline:

4.8

Mein pädagogischer Assistent hatte nur ein Handy

4.9

Mehr als Schüler meist erwarten

4.10

Autismus:

4.11

Stay Lind, it makes you beautiful –

4.12

Anastasia:

4.13

Frau Lindner ist ein bisschen verrückt, aber das ist gut so…

4.14

Was treibt eine Löwin dazu …

4.15

Am Ende des Distanzunterrichts

4.16

Florian

4.17

Mein erster und einziger Verweis und die Psychocouch

4.18

Beate Uhse – „Sintern“

4.19

Mein größter Schock

4.20

Manuela, das Plappermäulchen

4.21

Die warmherzige Schwester

4.22

Patrick und Markus

4.23

Robert- und der Duft der großen weiten Welt

4.24

Zuckerhut

4.25

Endstation S-Bahn

4.26

Rebekka die Soldatin: Remember your Dreams

4.27

Oskar, der Billardspieler

4.28

Rührei mit Musik und Tempo

4.29

Die Adlermama

4.30

Legasthenie

4.31

Manuel – tragt ihn durch…

4.32

Sie sind nicht nur eine Lehrerin, sondern eine Lebensberaterin

4.33

Die Smartphone-Generation duldet keine Ausrutscher

4.34

Gisela und ihr Paul

4.35

Zewa Wisch und Weg

4.36

Die Rosenkavaliere

4.37

Der dicke Oliver

4.38

Der gute und böse Wolf

4.39

Die goldene Regel

4.40

Der liebevolle Vater

4.41

Die deutsche Eiche

4.42

ECDL/ICDL

4.43

Ein inspirierter Schüler

4.44

Pädagogik im Café

4.45

Auslaufmodell

4.46

Die Inderin, das Curry und Pfüa di God

4.47

Ein Abteilungsleiter der ‚alten Schule‘

4.48

Die Unbequeme

4.49

Der grüne Teppichboden

4.50

IHK

4.51

Resümée

5.

Evaluierungen – Balsam für die Seele

5.1

Büromanager

5.2

Verwaltungsangestellte

INDEX

Früh übt sich …

1. Die Leidenschaft für das Große

Keep away from People who belittle your ambitions. Small People always do that. But the really great make you feel, that you too can become great (Mark Twain).

Bobby Schuller, der junge Pastor in einer amerikanischen Kirche in Kalifornien, Orange County, definiert Eros als die Leidenschaft für das Große.

Erich Fromm bezeichnet in seinem berühmten Werk „Die Kunst des Liebens“ Gott als den ‚höchsten humanistischen Wert‘. Wenn Gott aber die Liebe ist, wie in der Bibel steht, dann ist die Definition für Eros als Liebe zum Großen oder Liebe zu Gott durchaus richtig.

Eros ist die Liebe zum Leben – zu allem, was da fleucht und kreucht… Wenn die Mönche in dem Film "Sieben Jahre in Tibet" die Würmer ausgraben, bevor sie mit dem Spaten in die Erde stechen, dann grenzt das natürlich schon an Heiligkeit. Aber die Sensibilität für alles, was lebt, und nichts und niemanden zu verletzen, das ist es, was Eros ausmacht.

Die sinnliche Liebe ist nur ein Teil davon. Mit der Liebe zum Leben, Erich Fromm bezeichnet diesen Menschen als "biophil", wächst und gedeiht einfach alles. Ein Philanthrop hat Mitgefühl mit allem, was ihm auf seinem Weg begegnet und im Buddhismus ist das der höchste Wert.

Wenn die Mutter von Ludwig sagt: "Kinder Thoma muss man lieb haben, wenn etwas aus ihnen werden soll“, dann ist das die gleiche Kraft, die den großen Maler, Musiker oder Schriftsteller antreibt. Die Liebe zum Kind oder Kunstwerk ist Voraussetzung, dass etwas Großes entstehen kann. Gibt es überhaupt einen Unterschied zwischen beidem?

1.1 „So einfach ist das“

Beim 60. Hochzeitstag meiner Eltern war mein Dienstherr, der damalige Oberbürgermeister, zu Gast. Wir unterhielten uns über Gott und die Welt und darüber, warum meine Schüler*innen immer so brav sind.

Ich glaube, Ihre Schüler*innen mögen Sie, sagte der OB schmunzelnd. Ich freute mich über das Kompliment und meinte: „Ich mag meine Schüler*innen und das kommt halt zurück.“ „So einfach ist das,“ entgegnete der OB. Ja, das ist tatsächlich so einfach. Ich erlebe das seit inzwischen 45 Jahren. Ich kann mich an keinen einzigen aggressiven Schüler erinnern.

Mit meinem Tierarzt unterhielt ich mich gerne über dieses Thema, weil unser Fuchur von der Angerlohe (norwegische Waldkatze) immer so brav war. "Das ist Ihre entwaffnende Art“ meinte er schmunzelnd. Ich dulde keinen Außenseiter in meiner Klasse. Ich bin immer sofort auf der Seite von Minderheiten und versuche, sie zu integrieren.

Bei mir bekommt niemand eine Sonderbehandlung – weder im Guten noch im Bösen. Es ist nicht immer einfach, einen „Stinkstiefel“ freundlich zu behandeln.

Aber wie soll er sonst gutes Benehmen lernen? Ich nehme meine Vorbildfunktion sehr ernst – was auch nicht immer leicht ist. Vor allem, wenn man den jungen Leuten ihr Lieblingswort abgewöhnen will, das mit "sch" beginnt.

Ich liebe die kultivierte Sprache und sie sollte nur zum Segen der Menschen eingesetzt werden. Deshalb beginne ich jede Unterrichtsstunde mit Zitaten berühmter Menschen, die die Schüler*innen zu großen Zielen anregen sollen. Dabei kommt meine Motivation natürlich auch nicht zu kurz. Die Mühe lohnt sich, denn hat man den Stein erst einmal ins Rollen gebracht, ist er nicht mehr aufzuhalten. Dabei ist immer viel Lob nötig, um das Selbstbewusstsein zu stärken. Wenn Kritik einmal unerlässlich ist, versuche ich, es unserem talentierten Skilehrer Vincent aus Val d'Isere nachzumachen: Erst Kritik - „but the rest was good."

1.2 Den Stein ins Rollen bringen

Du könntest dir viel Geld als Motivationstrainerin verdienen, sagte unsere Chefsekretärin einmal zu mir. Tatsächlich verwende ich immens viel Zeit, um meine Schüler zu überzeugen und wenn man so sagen darf "für die Sache zu begeistern.“ Ich schiebe beileibe keine ruhige Kugel - ich möchte den "Stein der Weisen" ins Rollen bringen. Ich habe mir den "pädagogischen Optimismus" bewahrt. Ich vertraue auf die kindliche Intelligenz und den EQ, der dem IQ oft haushoch überlegen ist.

Lernen nicht Kinder am schnellsten x-beliebig viele Sprachen, Musikinstrumente oder Sportarten? Jedes Kind freut sich auf die Schule und will lernen, lernen und nochmals lernen. Diesen natürlichen Entfaltungsdrang müssen wir nutzen wie der Segler den Wind. Wenn es gelingt, die „Sehnsucht nach dem weiten Meer“ zu wecken, haben wir gewonnen. Gute Lehrer sind nur Wegweiser - aber der Einfluss kann ein ganzes Leben lang andauern. Der gute Geist meiner beiden besten Lehrerinnen, Frau Braun und Frau Lind, steht mir jederzeit mit Rat und Tat zur Seite.

1.3 Das Geheimnis des Erfolgs

Alle erfolgreichen Menschen haben eines gemeinsam: Sie arbeiten gerne. Sie lieben das, was sie tun. Sie würden nichts an ihrem Leben ändern, wenn morgen die Welt unterginge. Aber das ist ja genau der Luxus, den sich erfolgreiche Menschen leisten können. Sie haben die Freiheit, zu tun und zu lassen, was sie wollen.

Am Ende der Ausbildung verspreche ich meinen Schülern immer, ihnen das Geheimnis des Erfolgs zu verraten. Mein letzter Arbeitsauftrag lautet daher: "Schreibt alles auf, was ihr tun würdet, wenn ihr plötzlich 1 Million auf dem Bankkonto hättet."

Ich teile weiße Blätter aus und freue mich schon auf die abenteuerlichsten Geschichten, die sie mir jedes Mal darauf schreiben. Es sind Phantasieaufsätze, die meine Lehrerin früher begeistert von mir gesammelt hat.

Aber ich glaube, erfolgreiche Menschen arbeiten nicht in erster Linie des Geldes wegen. Das ist nur ein angenehmer Nebeneffekt. Erfolgreiche Menschen haben ihre Berufung gefunden und schöpfen daraus ihre Kraft. Lebensqualität ist das Zauberwort und die richtet sich nicht unbedingt nach der Höhe des Einkommens. Es gibt also noch eine Steigerung für "reich sein", das ist "erfolgreich" sein. Wenn meine Schüler mir in der letzten Unterrichtsstunde das Geheimnis des Erfolgs herauskitzeln wollen, sind sie sehr überrascht, wenn ich sage: „Dieses leere Blatt ist das Geheimnis des Erfolgs und ich hoffe, ihr habt viel Spannendes darauf geschrieben! Es ist die wichtigste Seite im Buch eures Lebens.“

J

1.4 Das Geheimnis des Diamanten

Jedes Kind ist ein ungeschliffener Diamant, sagt Friedrich Schiller in der „ästhetischen Erziehung des Menschen“. Erst der „Schliff" oder besser gesagt, die Selbstdisziplin macht aus dem Menschen eine Persönlichkeit. „Wer bezwingt den Löwen, wer bezwingt den Riesen? Wer bezwingt jenen oder diesen? Nur der, der sich selbst bezwingt,“ sagt Goethe. Aber Selbstdisziplin hat beileibe nichts Asketisches an sich. Sie kommt aus inneren Tiefen heraus und macht Freude.

Ob Anais Nin voller Empathie von ihrem Tagebuch schwärmt oder ob Marcel Proust „auf der Suche nach der verlorenen Zeit" ist - die Begeisterung kann man auf jeder Seite spüren. Bei Café au lait und Croissant ist das berühmte Werk entstanden. Tag und Nacht schrieb Marcel Proust unermüdlich, schon ans Bett gefesselt. Seine Haushälterin ordnete jeden Morgen feinsäuberlich die im Schlafzimmer verstreuten Seiten.

Von Beethoven weiß man, dass er schon alt und taub immer noch komponierte, obwohl er „Freude schöner Götter Funke" gar nicht mehr hören konnte - oder doch? Was trieb diese großen Menschen dazu an, immer weiterzuarbeiten, wenn nicht einfach die Freude an ihrer Arbeit?

Ja, die richtige Arbeit macht das Leben süß. Ohne Arbeit gibt es keine Höchstleistungen - weder in der Kunst, im Sport noch in der Wissenschaft. Edison machte es Spaß, nach seiner Glühbirne zu forschen, Salvador Dali rettete seine Malerei vor der „Klappsmühle“, wie er sagte und Mozart liebte es schon als Dreijähriger, Noten zu suchen, „die sich mögen“. Nur durch den richtigen Schliff wird aus dem Diamanten ein Brillant.

1.5 Karl der Große

Man kann von Karl Lagerfeld halten, was man will - dieser Mann war ein Genie. Mit Aussprüchen wie: „Du musst immer groß denken“ hat er sich schon früh den Weg für Höchstleistungen gebahnt. Alles, was Karl machte, war spitze und wenn er Interviews gab, merkte man schnell seine außerordentliche Belesenheit. Ich bewunderte seinen Humor, wenn er erzählte, er rede so schnell, weil seine Mutter immer sagte, er solle sich beeilen, damit der „Stuss“ schnell vorbei wäre… Auch Mütter können sich irren. Vor allem, als sie ihm an seinem 25. Geburtstag sagte: „Von nun an geht es bergab!“

Unermüdlich war er am Werk und lebte seine Philosophie: „Es gibt keine Langeweile - nur langweilige Leute - die sich für nichts interessieren!“ Er ist für mich das große Vorbild in der Modebranche und wenn er sagte: „Ich geh nicht in Rente und mache auch keinen Urlaub, denn was ich mache, macht mir ja Spaß“ - dann spürte man immer noch die große Leidenschaft für seine Berufung. Coco Chanel wäre stolz auf ihn gewesen.

1.6 Wenn du wissen willst, wer du bist

darfst du nicht ständig Introspektion betreiben, sondern du musst über dich blicken, was du bewunderst, was du liebst - denn das bist du - und diesen Weg musst du dann auf deine Weise gehen. (Nietzsche)

Dieses Zitat habe ich als Vorwort zu dem Buch „Die unendliche Geschichte" gelesen. Wie passend! Michael Ende wusste genau, dass die Wünsche und Träume uns den Weg zu unserer Bestimmung weisen. Aber es gibt auch Menschen, die uns eine Zeitlang begleiten können. Irgendwann, wenn man die „Angst vor der Freiheit" überwunden hat, werden aber auch diese Vorbilder überflüssig. Dann beginnt der Weg der Erfahrung oder besser des „Trial and error", der am Anfang jeder Persönlichkeitsentwicklung steht.

Lausche nach innen - und du hörst das Flüstern der Götter, sagte