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... und jetzt auch noch kein Salz! Diesen verzweifelten Ausruf hat der Verfasser wohl hunderte Male gehört, wenn er in oft ausschweifenden Satzmonstern über die gesundheitlichen Gefahren des Salzens sprach. Kein Wunder, dass anfangs willige Zuhörer*innen schnell die Flucht ergreifen. Deshalb hat der Autor seine Botschaft diesmal in fünfzehn Anekdoten verpackt, die unterhaltsam und informativ zugleich sind. Es sind amüsante Kurzgeschichten aus der Feder eines Salzforschers, der den etwas neurotischen Umgang mit dem Salz aufs Korn nimmt, jedoch gleichzeitig vermitteln will, was nun gut oder schlecht daran ist. Woran? ... am Salzen natürlich! Noch etwas: Der Text dieser rundum erneuerten Ausgabe ist zusätzlich mit Zeichnungen aus der Feder des Verfassers ausgestattet, plus Anhang, der beschreibt, wie man die Salzempfindlichkeit des Menschen mit einer relativ einfachen Methode ermitteln kann.
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Seitenzahl: 75
Hans Oberleithner
Der Ritt auf dem Salzstreuer
Launige Anekdoten rund ums Salz
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Der Salzologe
Dicke Luft am Himalaya
Salz ist Salz
Salznester
Gesinnungswandel
Wieviel Salz braucht der Mensch?
Aller schlimmen Dinge sind drei
Experiment auf der Alm
Reddy, der Postler
Sweety, die Grenzerin
Reddy in freiem Fall
Salz macht dick
Bella Italia
Weniger Salz
Der Salztest – Ächz ...
Impressum neobooks
Launige Anekdoten
rund ums Salz
Kein Fett, kein Zucker ... und jetzt auch noch KEIN SALZ!
Diese fatalistische Vorstellung möchte ich zerstreuen und habe deshalb den Versuch gewagt, ein paar Anekdoten über das Salzen zu erzählen, die informativ und unterhaltsam zugleich sein sollen. Es sind Geschichten, in denen irgendwann das Thema „Salz“ auftaucht, sich kurz ins Rampenlicht drängt und dann wieder in der Versenkung verschwindet.
Ergänzt habe ich den Text in dieser rundum erneuerten Ausgabe (in Farbe!) mit einem Anhang, der konkret beschreibt, wie man die Salzempfindlichkeit des Menschen mit einer relativ einfachen Methode ermitteln kann.
Viel Vergnügen!
HO
Der Wecker klingelt.
Unterberger schält sich aus seinen Betttüchern, schlüpft in seine Filzpantoffel und schlurft ins Bad. Nach einer Weile taucht er in der Küche auf und macht sich sein Frühstück. Er lässt Haferflocken in eine Glasschale rieseln, kippt eine Handvoll Walnüsse dazu und mischt das Ganze mit Biojoghurt zu einem zementartigen Brei. Während er am Küchentisch sitzt und zum x-ten Mal den Werbeprospekt Frisch & Froh studiert – die Preise für Erdbeermarmelade und Rosenkohl kann er mittlerweile auswendig – berechnet er mit einem wohligen Gefühl im Bauch die Menge an Salz, die er gerade verschlingt. Sie ist im Bereich weniger Milligramm, stellt er immer wieder mit tiefer Befriedigung fest, und noch weit entfernt von fünf Gramm, die Empfehlung der WHO. Er hat ohnehin vor, diese Marke niemals zu erreichen, denn er weiß, dass diese Empfehlung immer noch viel zu hoch ist.
Einen guten Teil seines Lebens hat er dem Salz gewidmet, seinem Intimfeind. Entdeckt hat er ihn quasi beruflich. Als Sachbearbeiter der Abteilung Beihilfe der Universität sind in den letzten zwanzig Jahren wohl Tausende Arztrechnungen auf seinem Schreibtisch gelandet, die er zu prüfen hat. Nicht medizinisch, versteht sich, dazu ist Unterberger nicht ausgebildet.
Sein Augenmerk gilt dem Datum der Rechnungen, der korrekten Einordnung in die Kategorien Rezept, stationäre Behandlung, Sehhilfe und Zahnarztleistung. Im Laufe der Jahre hat er weniger aus Interesse als aus Angst, eines Tages seine eigene Arztrechnung mit der Diagnose Burn-Out in die Kategorie Stationäre Behandlung einordnen zu müssen, begonnen, aus den oft kryptischen Angaben der Ärzte die jeweiligen Diagnosen herauszulesen.
Unterberger hat mittlerweile eine Fertigkeit entwickelt, die einen frisch promovierten Mediziner dagegen blass aussehen ließe.
Mit seiner ständig wachsenden Erfahrung gelingt es ihm zunehmend auch Fehldiagnosen, überflüssige Behandlungen und völlig überteuerte Medikamente zu entlarven, kleine Erfolgserlebnisse seiner peniblen Recherchearbeit, die er aber nur mit einem unmerklichen Grinsen quittiert und ansonsten für sich behält. Das Thema Salz hat sich ihm quasi aufgedrängt, weil wohl die halbe Menschheit unter hohem Blutdruck und den gravierenden Folgen dieser Erkrankung leidet, was er aus den diversen Rechnungen ableiten kann.
So hat er begonnen, alles zu googeln, was ihm unter die Finger kommt und dabei herausgefunden, dass Salz als Verursacher unterschiedlichster Krankheiten häufig den kleinsten gemeinsamen Nenner darstellt. Ob zuckerkrank, nierenkrank, leberkrank, lungenkrank oder geisteskrank, Salzmissbrauch spielt bei der Entstehung der jeweiligen Krankheit eine maßgebliche Rolle und Salzverzicht ist die absolute Königin unter den möglichen Präventivmaßnahmen.
Dieses Gedankengut hat er sich schließlich zu eigen gemacht und Salz zu seinem Erzfeind erkoren.
Seither macht ihm seine Tätigkeit, die Rechnungen anderer Menschen zu überprüfen, beinahe Spaß. Immer mehr reift in Unterbergers Gehirn die Einsicht, dass es vielleicht gar keine Krankheiten mehr gäbe, wenn die Menschen konsequent auf Salz verzichteten. Menschen stürben dann wie die Eichenblätter im Spätherbst, die zwar noch lange Zeit an den Zweigen knorriger Äste hingen, aus denen aber das Leben in aller Stille entwichen war.
Sein letzter Arztbesuch liegt bereits viele Jahre zurück. Er hatte damals gerade begonnen, in Salz einen lautlosen Killer zu vermuten und in seiner damaligen Naivität diese Vermutung seinem Hausarzt mitgeteilt. Dieser hat ihm sichtlich gelangweilt erwidert, dass Salz überall zu finden und jede Form eines Feldzuges gegen den Salzkonsum im vornherein zum Scheitern verurteilt sei. Außerdem, fügte er damals unter Gähnen hinzu, gäbe es genügend Medikamente, um das überflüssige Salz loszuwerden. Es sei aussichtslos, dem Salz zu entkommen, er solle solche Gedanken aufgeben und lieber regelmäßig seine Tabletten einnehmen. Eingeschüchtert hat damals Unterberger leise hinzugefügt, dass doch jedes wirksame Medikament – und er meine damit nicht etwa homöopathischen Firlefanz – irgendwelche unerwünschten Nebenwirkungen habe, die bei präventivem Salzverzicht einfach umgangen werden könnten. Da hat sein Hausarzt so heftig gegähnt, dass beim anschließenden Ausatmen sogar der Rezeptblock vor ihm zu flattern begonnen hat, worauf Unterberger eilig die Arztpraxis verließ, mit dem Vorsatz das Heft von nun an selbst in die Hand zu nehmen.
Seitdem hat Unterberger sein Wissen um Salz ständig erweitert. Oft hält er sich stundenlang an den Regalen der Supermärkte auf und studiert das Kleingedruckte auf den in Zellophan verpackten, kartonierten oder in Plastik eingeschweißten Lebensmitteln. Mit konzentrierter Miene multipliziert er im Kopf das angegebene Natrium mit zweikommafünf um bei dem korrekten Wert von Kochsalz zu landen und denkt dabei mit einer Mischung aus Ärger und Genugtuung daran, dass kaum jemand auf dieser Welt – außer so Verrückte wie er - diese Berechnung machen werde und die restliche Menschheit dieses irreführende Kleingedruckte bestenfalls ignorieren möge.
Überhaupt findet Unterberger – besonders an Tagen mit grauem Himmel, wenn die Regale der Supermärkte in bleiernem Licht glimmen und die Frau an der Kassa mit gereizter Miene die versteckten Barcodes von Broccoli und Biomozzarella einzuscannen versucht –, dass das Kleingedruckte auf den Fertigprodukten eine perfide Verspottung des um Aufklärung bemühten Normalbürgers darstellt. Immer wieder beobachtet er ältere Menschen, wie sie vergeblich versuchen, das kryptische Buchstaben- und Zahlenwirrwarr auf den Pizzakartons, Saucengläsern und Konservendosen zu entziffern, ja sogar mehrmals ihre Brillen wechseln, um endlich die erhoffte Information zu erhalten. Die dann häufig entnervt – der Pizzakarton ist bereits wellig und die offene Kühltruhe gibt einen Signalton von sich – das gute Stück zurück auf seinen Platz legen und entmutigt diesen Un-Ort verlassen. Mehrmals schon hat er Gleitsichtbrillen, ja sogar einmal eine handtellergroße Leselupe in einer dieser Kühltruhen gefunden. Kein Wunder, denkt Unterberger, dass sich alte Menschen hier als hoffnungslose Verlierer fühlen, wenn er diese kleinen Niederlagen von Otto Normalverbraucher miterlebt. Denn was auf den diversen Schachteln, Deckeln und Gläsern steht, ist offensichtlich den realitätsfernen Amtsstuben in Brüssel entsprungen und verfolgt vermutlich das Ziel, den EU-Bürger zu entmündigen und mundtot zu machen.
Unterberger ist zwar kein Freund der Universitätsmensa – alles viel zu salzig – aber er sucht sie trotzdem täglich zwischen zwölf und ein Uhr mittags auf. Er lässt dann für eine Stunde seinen Akten ruhen und freut sich auf die Menschen um ihn herum. Er nützt die Zeit im Wesentlichen zur Entspannung und um seinen Tischnachbarn vorzurechnen, wieviel Salz sie gerade mit jedem Bissen verschlingen und welche Risiken sie damit eingehen. Doch seit er allmählich vom einfachen Sachbearbeiter von Beihilfeanträgen zum geheimen Salzologen – den Titel hat er sich selbst gegeben – mutiert ist, wird ihm die einstündige Mittagspause oft zu lang. Vielleicht auch deshalb, weil seine Tischnachbarn wenig Interesse an seinen „differenzierten“ Kommentaren zeigen und häufig überstürzt die Mensa verlassen, wenn er in eindrücklichen Worten die Krankheiten beschreibt, welche sie über kurz oder lang durch ihren exzessiven Salzkonsum erleiden würden. Es drängt ihn dann schnell wieder zurück in seine fensterlose Kammer, wo er sich gierig über die munter eintrudelnden Arztrechnungen hermacht.
Mittlerweile hat Unterberger begonnen, den Beihilfeempfängern nebst der Abrechnung kurze Ratschläge zukommen zu lassen. Er weiß, dass das völlig unstatthaft ist, aber er kann nicht anders. Anfangs war sein Rat kurz und bescheiden.
Zum Beispiel, iss weniger Salz, dann brauchst du weniger Medikamente oder Iss Obst und Gemüse statt Wurst, dann hast du weniger Durst.
Diese Sätze bringt er dann mit Bleistift irgendwo an einer freien Stelle seines Abrechnungsbogens an, natürlich ohne Unterschrift.
Vielleicht wegen des fehlenden Feedbacks aus den Reihen der Beihilfeempfänger werden seine Memos im Laufe der Zeit zunehmend direkter, zwingender. Unterberger will sich nicht mehr mit kleinen Hinweisen begnügen sondern mit Nachdruck ein Umdenken einleiten. Natürlich überschreitet er da seine Kompetenzen, aber die Gesundheit der Menschen stuft er höher ein als die schnöden von Juristen gemachten Gesetze.
So heftet er an manche Rechnung einen roten Zettel, der darauf hinweist, dass die vorliegende Erkrankung hätte vermieden werden können, wenn im Vorfeld weniger Salz konsumiert worden wäre. Der Betroffene hätte sich dadurch auch eine Menge an Nebenwirkungen ersparen können. Deshalb empfehle er, zumindest in Zukunft salzhaltige Lebensmittel zu meiden. Um dem Ganzen einen seriösen Anstrich zu verleihen, hat sich Unterberger einen Stempel machen lassen, den er unter das Memo setzt. Es ist ein namenloser Stempel mit dem Schriftzug – Ihr Salzologe.
Im Laufe der Zeit hat sich Unterberger eine internationale Gemeinde aufgebaut, eine Art Sekte, deren Mitglieder bestens untereinander vernetzt sind. Flashmobs sind ihre Spezialität, die längst die Ländergrenzen gesprengt haben.