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Social Media in der Kommune Im Dialog zwischen Bürger und Verwaltung gibt es zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten für die sozialen Netzwerke: So können z.B. Ideen, Anregungen und Fragen sowie Informationen zu Projekten und Beteiligungsverfahren auf direktem Weg ausgetauscht werden. Der Leitfaden zeigt Wege zum erfolgreichen Einsatz der sozialen Medien in den Kommunalverwaltungen auf. Facebook, Twitter, Google+ und YouTube erfolgreich einsetzen • Auswahl und Aufbau der relevanten Netzwerke (Facebook – Twitter – Google+ – YouTube) • Social Media richtig integrieren (Projektmanagement – Aufbau von Redaktionen – Erstellung interner Leitlinien – Social-Media-Monitoring) • Wie gestalte ich den Social-Media-Auftritt rechtssicher (Impressum – Urheberrecht – Haftung)? Handlungshilfen und Screenshots Besonders hilfreich sind die konkreten Anleitungen mit Screenshots und Tipps zum Aufbau eines eigenen Social-Media-Auftritts in den verschiedenen Netzwerken. Im Glossar sind die wichtigsten Fachbegriffe erläutert. Für die Praxis der Kommunen Der Ratgeber ist ein unverzichtbares Arbeitsmittel für • Bürgermeister, • Landräte, • Hauptamtsleiter sowie • die Mitarbeiter in der Presse- und Öffentlichkeitsabteilung.
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Seitenzahl: 154
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Der Social-Media-Leitfaden für Kommunen
Grundlagen – Strategien – Praxishilfen
Dominik Fehringer M. A.
Dipl.-Verwaltungswissenschaftler
Christian Solmecke
Rechtsanwalt
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
Print ISBN 978-3-415-05207-9 E-ISBN 978-3-415-06149-1
© 2018 Richard Boorberg Verlag
E-Book-Umsetzung: Datagroup int. SRL, Timisoara
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Sprecher Videoclips: Frederick Zischke
Titelfoto: © adam121 – Stock.adobe.com
Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG | Scharrstraße 2 | 70563 Stuttgart Stuttgart | München | Hannover | Berlin | Weimar | Dresdenwww.boorberg.de
Max Weber würde sich im Grabe drehen. Verwaltungen, deren Arbeitsabläufe plötzlich transparent werden. Die Öffnung hoch formalisierter Systeme nach außen. Der tägliche Austausch mit der realen Welt, mit den Anliegen, Wünschen und Vorstellungen der Menschen, die von der Bürokratie „herrschaftlich verwaltet“ werden sollen.
Nun ist es soweit. Die technischen Möglichkeiten zur Kommunikation zwischen Menschen überschlagen sich in digitalen Innovationszyklen. Dies hat Auswirkungen auch auf das Verhältnis zwischen Bürger und Staat. Ganz besonders betroffen ist die kommunale Ebene, die dem Bürger im direkten Austausch staatlicherseits am nächsten steht. Im Dialog mit Kommunen zum Thema Online-Marketing zeigen sich viele Unsicherheiten, Unklarheiten und technische Wissenslücken.
Damit soll endlich Schluss sein. Deshalb musste es diesen Leitfaden geben, der Mut macht für neue Kommunikation. Social Media bietet großartige Möglichkeiten, auch für Kommunen. Um es gleich vorauszuschicken: Die Bürokratie wird daran nicht zerbrechen. Das Hierarchieprinzip bleibt genauso erhalten wie Arbeitsteilung und Professionalität. Nur die Unpersönlichkeit des Verwaltungshandelns, die wird sich ändern. Die Neutralität allerdings nicht. Vielleicht würde es Max Weber doch gefallen. Wahrscheinlich würde er sich im Grabe vor lauter Freude drehen.
November 2017
Dominik Fehringer
Christian Solmecke
Abkürzungsverzeichnis
A. EinführungDominik Fehringer
I. Veränderung der Kommunikationskultur – Herausforderungen für Kommunen
II. Die gesellschaftliche Relevanz von Social Media
1. Verschiebungen auf dem Werbemarkt – der Weg zum Online-Marketing
2. Das Fernsehen als „Nebenbei-Medium“
3. Die Verlagerung von Konsumgewohnheiten
4. Die digitale Welt wird mobil
III. Social Media und strategisches Verwaltungshandeln
IV. Bürgerbeteiligung online ermöglichen
V. Best Practices aus der Wirtschaft
B. Entwicklung eines Social-Media-KonzeptsDominik Fehringer
I. Strategische Planung
1. Social Media als klassische Ergänzung der Pressearbeit
2. Mit Social Media die Zielgruppen neu definieren und ansprechen
3. Intern Bewusstsein für Social Media schaffen
II. Projektmanagement und redaktionelle Planung
1. Aufbau von Redaktionen
a) Der kommunale Auftritt – klare Strukturen schaffen
b) Kommunikationsexperten bestimmen
2. Aufbau einer internen Organisation
a) Mut zum organisationalen Wandel
b) Das Social-Media-Team als zentrale Kommunikationseinheit
c) Das Social-Media-Team als Schnittstelle
3. Die Ablauforganisation – interne Leitlinien
a) Privates von Geschäftlichem trennen
b) Rückmeldung an den Kunden
c) 24/7: Tag und Nacht erreichbar?
d) Festlegung einer Deadline
e) Das Social-Media-Team: Transparenz nach außen
f) Die persönliche Ansprache – „Du“ oder „Sie“?
g) Positives Feedback geben
4. Social-Media-Monitoring
5. Krisenkommunikation
III. In medias res – die Auswahl der relevanten Netzwerke
1. Facebook
a) Auf einen Blick
b) Facebook für die Verwaltung
c) DOs und DONTs
d) Warum Sie Facebook nutzen sollten
e) Vorsicht Stolperfalle!
f) Umsetzung
g) Anleitungsvideo
2. Twitter
a) Auf einen Blick
b) Twitter für die Verwaltung
c) Warum Sie Twitter nutzen sollten
d) Vorsicht Stolperfalle!
e) Umsetzung
f) Anleitungsvideo
3. Google+
a) Auf einen Blick
b) DOs und DONTs
c) Warum Sie Google+ nutzen sollten
d) Vorsicht Stolperfalle!
e) Anleitungsvideo
4. YouTube
a) Auf einen Blick
b) YouTube für die Verwaltung
c) DOs
d) Warum Sie YouTube nutzen sollten
e) Vorsicht Stolperfalle!
f) Tipps zur Umsetzung
g) Anleitungsvideo
C. Wie gestalte ich den Social-Media-Auftritt rechtssicher?Dominik Fehringer
I. Die Vorbereitung des Social-Media-Auftrittes
1. Die Kontrolle der Nutzungsbedingungen der Social Media Plattformen
a) Facebook
b) Twitter
c) Google+
d) YouTube
2. Der Account-Name
3. Das Impressum
a) Impressumspflicht nach § 5 TMG
b) Impressumspflicht nach § 55 RStV
II. Der Social-Media-Auftritt im laufenden Betrieb – welche Rechte gilt es zu beachten?
1. Das Recht am eigenen Bild
2. Das Recht zu öffentlichen Äußerungen
3. Das Urheberrecht
4. Das Datenschutzrecht
a) Das Einstellen personenbezogener Daten
b) Die Verwendung von Plug-Ins
c) Cookies
III. Die Haftung im Rahmen von sozialen Netzwerken
1. Die Haftung für eigene Inhalte
2. Die Haftung für Inhalte Dritter
3. Die Störerhaftung
4. Die Haftung für Links, Embedding und Framing
D. Ein Blick in die nahe ZukunftDominik Fehringer
Literaturverzeichnis
Glossar
Die Autoren
Anhang
1. Registrierung Facebook
2. Registrierung Twitter
3. Registrierung Google+
4. Registrierung YouTube
Abs.
Absatz
AG
Amtsgericht
Alt.
Alternative
Anm.
Anmerkung
App
Application/Anwendungssoftware
ASEAN
Association of Southeast Asion Nations
Az.
Aktenzeichen
Änd.
Änderung
Beschl.
Beschluss
BGH
Bundesgerichtshof
BGHZ
Bundesgerichtshof in Zivilsachen
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
BVerfGE
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
CC
Creative Commons
CD
Corporate Design
CPC
Cost-per-Click
EGMR
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
gem.
gemäß
HS.
Halbsatz
i. V. m.
in Verbindung mit
KPI
Key Performance Indicator
LG
Landgericht
m.
mit
Nr.
Nummer
OLG
Oberlandesgericht
Rn.
Randnummer
S.
Satz/Seite
s.
siehe
SEA
Search Engine Advertising
SEO
Search Engine Optimization
sog.
sogenannte
Urt.
Urteil
v.
vom
Var.
Variante
VG
Verwaltungsgericht
vgl.
vergleiche
Ziff.
Ziffer
Wer derzeit bei Google nach den Begriffen „Städtetag“ und „Social Media“ sucht, erhält unter den ersten generischen Suchergebnissen seitenlange Anleitungen zum korrekten Verhalten in der Krisenkommunikation. Vielleicht wird damit das Spannungsverhältnis schon ausreichend deutlich, das zwischen Kommunen und der kommunikativen Sphäre „web 2.0 – Social Media – Online-Marketing“ aktuell existiert.
Im Schnitt hat jeder Bürger ein bis zwei Verwaltungskontakte pro Jahr.1 Diese sind in aller Regel mit Wartezeiten, Gebühren und eng fachbezogenen Themen verbunden. Es ist längst an der Zeit, den Bürgern das breite, interessante und nutzbringende Aufgabenspektrum der Verwaltungen näher zu bringen. Verhaltene E-Government-Lösungen vermochten dies bislang nicht zu leisten.
Die Zeit für neue Kontaktmöglichkeiten zwischen Bürgern und Verwaltungen ist reif. Mit der fortschreitenden Digitalisierung, mobiler Kommunikation und dem Siegeszug der sozialen Netzwerke bieten völlig neue Kommunikationswege willkommene Unterstützung. Der Deutsche Städtetag empfiehlt Kommunalverwaltungen den Einsatz von Social Media, weil dies „die Identifikation der Menschen mit ihrer Stadt stärken, städtisches Handeln vermitteln (und) den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern“ kann.2
Der Leitfaden folgt dem Anspruch, den Mitarbeitern und der Verwaltungsspitze Wege aufzuzeigen, sich den sozialen Netzwerken zu nähern. Mit dieser Darstellung soll eine Lücke geschlossen werden: Die drängende Erwartungshaltung aus Gesellschaft und Wirtschaft darf mit der vornehmen Zurückhaltung der Verwaltungen verschmelzen. Die Funktionsmechanismen von Social Media sind in zahlreichen Publikationen hinreichend erklärt. Was bislang fehlte ist ein konkreter Ratgeber für die Praxis. Die wichtigsten Social-Media-Plattformen werden im Detail dargestellt von der Anmeldepozedur bis zur rechtssicheren Gestaltung und Pflege der einzelnen Netzwerke. Literaturempfehlungen zu allen behandelten Netzwerken bieten die Möglichkeit zur intensiven Vertiefung.
Rapide aufeinander folgende Innovationszyklen in den Kommunikationssystemen fordern die Anpassung von Strategien im Umgang mit Informationen. Aber wie erreichen wir in Unternehmen, in Kommunen und Verbänden eine nachhaltige und zukunftsorientierte Kommunikation?
Unternehmen und Organisationen, die ihren Mediasplit über einen längeren Zeitraum nicht anpassen, tun sich keinen Gefallen. Insbesondere Markenartikler sind gezwungen, ihre Produkte an die relevanten Zielgruppen zu bringen. Die Bereitschaft für kontinuierliche Umschichtungen und Anpassungen in der Kommunikationsstrategie ist daher groß.
In der öffentlichen Verwaltung ist das nicht ganz so einfach. Allzu lange setzte man darauf, dass Öffentlichkeit „im Wesentlichen von den kommunikativen Aktivitäten der Medien, der Parteien und Verbände sowie von den Regierungen“3 geprägt und erzeugt wird. Doch die mediale Welt hat sich geändert. Längst entscheiden nicht mehr Redaktionen und Pressestellen alleine darüber, welche Themen relevant sind. Neben den langjährig genutzten Kommunikationskanälen Telefon, Fax und E-Mail hat sich durch Web2.0-Technologien eine soziale Sphäre entwickelt.
Dieses soziale Gefüge darf nicht mit einem weiteren Kommunikationskanal verwechselt werden. Vielmehr prägen diese Technologien ganz bestimmte Werte der Nutzer und der Gesellschaft. Dazu gehören „Offenheit, Transparenz, Agilität, Flexibilität, Dialogbereitschaft und der vorbehaltlose Austausch untereinander“.4
Die große Herausforderung für die Kommunen liegt darin, sich dem veränderten Kommunikationsverhalten anzupassen. Dies kann sich in einer Veränderung der Kommunikationskultur (nach innen und außen) sowie in strukturellen Anpassungen der Organisationsstruktur widerspiegeln.
Die Wirkung, die Medien in früheren Jahren entfalteten (seien es Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Radio oder Fernsehen) war weitgehend eindimensional. Ausgehend von einem Sender, z. B. einer Nachrichtenredaktion oder einer Pressestelle, wurden Informationen über unterschiedliche Kommunikationskanäle an Konsumenten weitergeleitet. Auf diese Inhalte zu reagieren, sie zu bewerten, mit Bekannten zu diskutieren, abzuwägen und Ideen fortzuentwickeln war überaus schwierig. Leserbriefe und Anrufe bei Redaktionen von Fernsehsendern sind bis heute mit einer hohen aufwandbedingten Reaktionsschwelle und mit geringer Resonanz versehen.
Dagegen weist Social Media einen extrem hohen Grad an mehrdimensionaler Kommunikation auf. Die Nutzer bestimmen in erster Linie selbst, von wem sie Informationen erhalten möchten. Die Inhalte können gleichzeitig in verschiedenen Kanälen geteilt und diskutiert werden. Der Nutzer profitiert durch die Erweiterung seiner Steuerungsmöglichkeiten. Überragenden Einfluss hat der Faktor „Echtzeit“: Social-Media-Kommunikation ermöglicht einen völligen Verzicht auf redaktionelle Verzögerungen.
Noch vor fünf Jahren gab es nicht gerade wenige Stimmen, die dem aktuell größten sozialen Netzwerk Facebook eine breite gesellschaftliche Relevanz abgesprochen haben. Aktuell, im Jahr 2017, sind bei Facebook knapp 2 Milliarden Mitglieder angemeldet. Ein Phänomen, das als Randgruppentechnologie bespöttelt wurde, schaffte mit spielerischer Eleganz den Weg in die Mitte der Gesellschaft. Zum Vergleich: Die Katholische Kirche weist derzeit weltweit 1,2 Mrd. Mitglieder aus. In Deutschland sind heute mit 31 Mio. Mitgliedern 8 Millionen mehr Menschen bei Facebook angemeldet als die Katholische Kirche Mitglieder hat. Das Netzwerk bildet einen nahezu kompletten Querschnitt der Bevölkerung ab. Interessant ist ein Blick auf die einzelnen Kanäle. 88 % der Social-Media-Nutzer nutzen Youtube, 87 % nutzen Facebook, 45 % nutzen Google+ und 30 % nutzen Twitter.5 Schnelle Innovationszyklen sorgen dafür, dass Netzwerke explosionsartig wachsen können. Genauso schnell kann es mit dem „Hype“ vorbei sein; einen schmerzhaften und rasanten Niedergang haben beispielsweise die VZ-Netzwerke (SchülerVZ/StudiVZ) erleben müssen, die durch Facebook abgelöst wurden. Ob in absehbarer Zeit ein anderes globales Netzwerk dieser Größenordnung entsteht, ist fraglich. Es wäre aus heutiger Sicht völlig verfehlt, Facebook zu ignorieren.
Betrachtet man die Werbeausgaben von Unternehmen, wird deutlich, dass in den vergangenen Jahren immense Umschichtungen stattgefunden haben. Die sog. „Above-the-line“-Kommunikation, also jene Instrumente, die vom Konsumenten sofort als Werbung erkannt werden, wendet sich zusehends von klassischen Werbeträgern ab. Werbebudgets werden nicht ‚aus dem hohlen Bauch‘ heraus vergeben. Vielmehr sind sie das Ergebnis einer intensiven Mediaplanung, deren Budgetierung „den genauen Zusammenhang zwischen Höhe der Werbeausgaben und ihren jeweiligen Wirkungen auf den Umsatz (bestimmt und) genaue Werbewirkungsverläufe“6 feststellt. Ein besonders scharfes Bild ergibt sich bei der Betrachtung der Werbeausgaben in den USA. Im Jahr 2006 wurden dort noch 46 Mrd. US-Dollar in Zeitungswerbung investiert. Dieser Betrag ging innerhalb von vier Jahren um 50 % auf 23 Mrd. US-Dollar zurück. In diesem Betrag ist das Werbebudget für die Online-Ausgaben der Zeitungen bereits enthalten. Die Gegenrechnung im Online-Bereich ist leicht auszumachen. Der Rückgang an Werbung im Printbereich wurde durch Online-Medien kompensiert. Bereits im Jahr 2010 wurden 26 Mrd. US-Dollar in Online-Werbeetats investiert. Dieser Betrag stieg im Jahr 2011 auf 29 Mrd. US-Dollar, im Jahr 2016 lagen die Online-Werbeetats bei 71 Mrd. US-Dollar.7 Dabei darf nicht vergessen werden, dass diese Online-Etats vor 15 Jahren noch überhaupt nicht existierten.
Der Börsengang von Facebook im Jahr 2012 wurde von zahlreichen Feuilletonisten zurückhaltend beurteilt. Die kritischen Stimmen sind längst verstummt. Das Unternehmen wies im 1. Quartal 2016 1,5 Mrd. US-Dollar Gewinn aus. Das Ertragsmodell von Facebook beruht auf der Schaltung von Anzeigen, den sog. Social Ads.
Die Entwicklung auf dem Werbemarkt macht deutlich, dass Online-Marketing heute als Königsweg der Werbung verstanden werden darf. Das Online-Marketing wird dabei in die kommunikative Gesamtstrategie eingebettet (vgl. Kap. B. I.). Wahrscheinlich sind wir die letzte Generation, die zwischen dem klassischen Marketing und Online-Marketing noch kategorisch trennt. Google ist mit der Schaltung von AdWords schnell profitabel geworden und in kürzester Zeit in der Rangliste der wertvollsten Unternehmen der Welt auf Platz 1 aufgestiegen.8 Das System ist denkbar einfach und umwerfend präzise:
Google speichert weltweit jede Suchanfrage. Dadurch kann nicht nur erfasst werden, wonach Menschen suchen, sondern auch wie sie nach Informationen suchen. Sucht ein Internetnutzer über die Suchmaschine Google eine bestimmte Information, so erhält er von Google generisch erzeugte Suchergebnisse. Die Listung der Ergebnisse erfolgt nach Relevanzkriterien, die über einen komplexen Algorithmus von Google bereitgestellt werden. Werbetreibende haben die Möglichkeit, sich über Randbereiche der Seite und über farblich als Werbeanzeigen ausgewiesene Flächen mit ihren Produkten an die Suchenden zu wenden. Dabei profitieren sie von Google-Diensten wie Google Trends. Die Suchmaschine stellt alle weltweit gespeicherten Suchergebnisse zur kostenfreien Verfügung. Google Trends bietet die Möglichkeit, die Suchanfragenhäufigkeit einzelner Begriffe gegeneinander abzugleichen.
Hinweis
Über diesen QR-Code gelangen Sie direkt zum Tool von Google Trends:
Die Google AdWords-Technologie erlaubt Werbetreibenden, ihre Inhalte sehr zielgenau und praktisch ohne Streuverluste zu schalten. Mit der richtigen Online-Marketing-Strategie können die gewünschten Zielgruppen im Vergleich zur Werbung über Zeitungsanzeigen oder Radio-/TV-Werbung viel schneller und kostengünstiger erreicht werden. Die Abrechnung erfolgt nicht wie bei den klassischen Werbeträgern über die Schaltung einer Anzeige für einen bestimmten Zeitraum. Stattdessen wird per Klick abgerechnet. Die Kosten pro Klick werden über ein Bieterverfahren errechnet, das sich am Werbeinteresse und an der Suchanfragenhäufigkeit orientiert.
Hinweis
Sie bewerben häufiger Veranstaltungen, Messen oder generell Produkte? Eröffnen Sie gleich ein AdWords-Konto:
Das Werbe-Erfolgsmodell von Google hat Facebook veranlasst, ebenfalls Werbemöglichkeiten anzubieten. Geworben werden kann je nach Belieben in regionaler Abgrenzung, nach Interessen, Hobbies, beruflichen Orientierungen oder anderen Kriterien. Von Datenschützern mitunter kritisch beäugt trägt dieses Modell dazu bei, dass Werbung nun viel häufiger für die Endkunden auch tatsächlich von Interesse ist.
Der schnell wachsende Online-Werbekuchen hat viele Begehrlichkeiten geweckt. Jedes soziale Netzwerk möchte nun ein Stück davon abhaben. Die großen Player, allen voran Google und Facebook, haben aber längst die Hackordnung im Griff. Für viele andere bleiben nur noch Krümel übrig.
Bei Google und Facebook zielt man jeweils auf die Kernkompetenz des anderen: Die Suchmaschine Google beabsichtigt mit Google+ ein bedeutendes soziales Netzwerk zu etablieren, das soziale Netzwerk Facebook will mit der Einrichtung des Social Graph (nur im US-amerikanischen Profil möglich) eine erfolgreiche Suchmaschine dagegensetzen. Googles Strategie und die Zusammenhänge von Suchergebnissen und einer Präsenz auf Google+ wird uns im späteren Teil (vgl. Kap. B. III. 3.) noch intensiver beschäftigen.
Im Grunde kommt die Verschiebung der Werbeetats einem rasanten Ablösekampf unter Medien gleich. Besonders deutlich wird diese Entwicklung bei einem abendlichen Ausflug in die bunte Werbelandschaft des Privatfernsehens. Das Fernsehen hat kräftig Federn lassen müssen im Kampf um die Verteidigung seines über Jahrzehnte gepflegten und stetig ausgebauten Rangplatzes als Leitmedium Nummer eins. In den Wohnzimmern der deutschen Haushalte ist der Fernsehapparat längst aus dem zentralen Blickfeld gerückt. Das Gerät läuft zwar noch, und das nicht weniger als zuvor, aber das Medium ist doch zum ‚Nebenbei-Medium‘ geworden. Mobile Endgeräte wie Tablets, Notebooks und Smartphones sind ständig verfügbar und bieten mit ihren nutzerbestimmten Echtzeit-Inhalten einen höheren permanenten Beschäftigungsreiz. Die mobilen Endgeräte nehmen zunehmend eine zentrale Stellung ein – und das macht Fernsehwerbung für Webseiten so erfolgreich. Die Kognitionsforschung geht davon aus, dass wir aktuell einer Informationsüberlastung von rund 98 % ausgesetzt sind. Das bedeutet, dass 98 % aller Informationen, die uns über alle Medien hinweg erreichen, ungenutzt bleiben. Eine Werbeanzeige wird „im Durchschnitt nur zwei Sekunden lang betrachtet“9. Das durchschnittliche Gedächtnis kann die Namen von Webseiten aus der Fernsehwerbung nicht länger als wenige Minuten speichern. Der Einsatz von TV-Werbung steigert messbar die sofortigen Suchanfragen nach den beworbenen Marken in den großen Suchmaschinen. Die Visits der Webseiten können durch die Kopplung von SEA, SEO und TV-Werbung „mehr als verdreifacht“ werden. Crossmediale Kampagnen in Parallelität zu TV-Werbung können „die ungestützte Markenbekanntheit um 42 Prozentpunkte erhöhen (…), das Image um 28 Prozentpunkte erhöhen (…) und die Werbewirkung hinsichtlich Relevanz und Weiterempfehlung um 44 Prozentpunkte verbessern“.10
Die Strategien der Fernsehsender fokussieren auf den Online-Bereich. Smart-TV, die Anbindung des Fernsehens an das Internet, ermöglicht neue Konsum- und Werbeformen. Schon heute verfügt jeder vierte Haushalt in Deutschland über ein internetfähiges Fernsehgerät.11 Speziell auf das Surfverhalten und auf die online getrackten Konsumgewohnheiten Einzelner abgestimmte TV-Spots sind in der Entwicklung. Denkbar sind beispielsweise völlig unterschiedliche Einblendungen von Bandenwerbungen bei Fußballspielen und viele andere Möglichkeiten zur Personalisierung von Werbung. Und auch Smart-TV wird bald ausgedient haben. Übrig bleibt ein Screen, der von beliebigen Mobilgeräten bespielt werden kann.
Eine Anpassung an den Trend der mobilen Endgeräte ist auch für Kommunen hoch relevant. Die Auseinandersetzung mit Social Media setzt immer auch die Kopplung der Systeme mit der geeigneten Hardware voraus. Dabei können die flächendeckend sendenden TV-Regionalsender in kommunale Werbemodelle eingebunden werden. Denkbar ist dies beispielsweise für kommunale Messegesellschaften, bei Aktionen des innerstädtischen Einzelhandels oder zu kommunalen Events.
Mit der zunehmenden Bedeutung des Internet verlagern sich auch die Konsumgewohnheiten der Menschen. Im Konsumgüterbereich verändern rasant wachsende Online-Shops wie Amazon und Zalando traditionelle Märkte. Das Unternehmen Zalando, gegründet im Jahr 2008, wurde drei Jahre später „mit 370 Mio. Euro bewertet“12, im Geschäftsjahr 2011 hat das Unternehmen über eine halbe Milliarde Euro Umsatz generiert. Dieser Umsatz wurde im Jahr 2012 auf über eine Milliarde Euro verdoppelt und ist bis ins Jahr 2016 auf rund 3,6 Mrd. Euro gewachsen. Schuhe, Taschen und Kleidungsstücke, die bei Zalando über die virtuelle Ladentheke gingen, wurden nicht mehr im stationären Einzelhandel gekauft. Bei allen, die in Städten und Gemeinden für die Entwicklung des Einzelhandels Verantwortung tragen, sollten angesichts dieser Zahlen die Alarmglocken läuten. Der Bundesverband des Deutschen Versandhandels (bvh) freut sich jedes Jahr über konsequent zweistellige Wachstumsraten. Mitunter müssen im rasanten Wachstum die eigenen Prognosen nach oben korrigiert werden. Insgesamt gingen im deutschen Versandhandel im Jahr 2016 Waren im Wert von rund 72 Mrd. Euro über die virtuelle Ladentheke.
Neben klassischen Online-Shops machen Couponing-Dienste dem stationären Einzelhandel das Leben zusätzlich schwer. Der größte und bekannteste Couponing-Dienst ist Groupon. Im Grunde handelt es sich um eine Einkaufsgemeinschaft, mit der durch Groupon ausgehandelte Rabatte bis zu 80 % Preisnachlass bei Einkäufen erzielt werden. Der Dienst ist für den Käufer kostenfrei und frei zugänglich. Das System Groupon finanziert sich über die Vermittlung. Der stationäre Handel kann von Couponing durchaus profitieren. Voraussetzung dafür ist allerdings: mitmachen! Händler können „neue Kunden durch gezielte Werbung der Rabattgutscheine in die Läden locken, ohne finanzielle Vorleistung bereitzustellen“.13
Die Kommunen sind daher aufgefordert, gemeinsam mit den innerstädtischen Händlern Wege zu finden, die ein attraktives Innenstadtleben für die Zukunft möglich machen. Ein konzertierter Einstieg ins Online-Marketing ist dafür unerlässlich.