Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Drei spannende und verwickelte Fälle: In einem Berliner Appartement wird ein Toter gefunden, erstickt, mit einer Socke im Rachen. Die Ermittlungen fördern das Doppelleben eines DDR-Diplomaten zutage - und enden vor einem Kasernentor der NVA, denn dort dürfen die Kriminalisten nicht ermitteln. Erst in den 90er Jahren kann der Fall aufgeklärt werden. Bei einem Kunstdiebstahl führen die Spuren nach Westberlin, und es passiert etwas Ungewöhnliches: Die Behörden kooperieren. Auch der dritte Fall ist eine Ost-West-Story: Das Mordopfer ist Ostberliner, der Täter Westberliner, wird aber von den Kriminalisten ermittelt. Als er wieder in die DDR einreist, wird er verhaftet.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 161
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Impressum
ISBN eBook 978-3-360-50053-3
ISBN Print 978-3-360-02171-7
© 2013 Verlag Das Neue Berlin, Berlin
Umschlaggestaltung: Buchgut, Berlin,
unter Verwendung eines Motivs von istockphoto
Abbildungen: Archiv Marmulla Nr. 1 - 7, 10, 11; Times Nr. 8; Axel Mauruszat Nr. 9
Das Neue Berlin Verlagsgesellschaft mbH
Neue Grünstraße 18, 10179 Berlin
Die Bücher des Verlags Das Neue Berlin
erscheinen in der Eulenspiegel Verlagsgruppe.
www.eulenspiegel-verlagsgruppe.de
Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes wurden alle Namen von Tätern und Opfern sowie Tatorte verfremdet.
Namensgleichheiten sind dem Zufall zuzuschreiben.
Berndt Marmulla
Der Socken-Mörder
Authentische Kriminalfälle aus der DDR
Das Neue Berlin
Grenzenlose Verbrechen
In der DDR, so sagt es die Statistik, gab es insgesamt bedeutend weniger Straftaten pro Bürger als in der BRD. Dafür gab es viele Gründe, die durchaus etwas mit dem Charakter der Gesellschaft zu tun hatten, und sei es nur die Tatsache, dass die soziale Zerklüftung nicht so groß war, um Begehrlichkeiten zu wecken, oder weil der Markt für die Drogenmafia uninteressant war. Auch war die Aufklärungsquote höher als beim westlichen Nachbarn. Verantwortlich dafür waren u. a. die zentralen Strukturen und die Zusammenarbeit der verschiedenen Ermittlungsbehörden, ein effizientes Meldesystem, und nicht zuletzt die – gewiss auch politische – Motivation der Ermittler. Beamtenmentalität war ihnen fremd.
Ich stelle auch nicht in Abrede, dass das Grenzregime der DDR die Fluchtmöglichkeiten erheblich einschränkte, was sicherlich ebenfalls eine Rolle spielte.
Und natürlich trug die Medienpolitik der DDR ihren Teil dazu bei, absichtlich oder nicht. Wenn, wie heute, über nahezu jedes Verbrechen in den einschlägigen Blättern marktschreierisch berichtet wird, macht sich zwangsläufig Verunsicherung breit. Die auffällige Zurückhaltung bei Informationen über Verbrechen und deren Verfolgung führte dazu, dass sich ein ausgeprägtes Sicherheitsgefühl selbst in Großstädten wie der Hauptstadt Berlin ausbreitete. Ermittler und Kriminalisten, die unmittelbar mit der Wirklichkeit konfrontiert waren, wussten, dass die mediale Abbildung nicht die Realität widerspiegelte. Zwar gab es weder Drogendelikte noch Bandenüberfälle, es gab keine Beschaffungskriminalität oder organisierten Ausländerhass. Dafür bestimmte die allgemeine Kriminalität wie Diebstahl persönlichen und sozialistischen Eigentums, Körperverletzungen, Sexualdelikte und Ähnliches den Arbeitsalltag der Kriminalisten in der DDR.
Der »Eiserne Vorhang« war in vielerlei Hinsicht tatsächlich einer, auch für die Ermittler. Für Kriminelle jedoch besaß er durchaus Schlupflöcher, wie zwei der drei hier geschilderten Fälle zeigen, die sich tatsächlich zugetragen haben. Wertvolles Diebesgut wurde – trotz Mauer – vom Osten in den Westen verschoben, ein Westberliner mordete im Prenzlauer Berg und wäre nie gefasst worden, wenn er nicht zwei Monate nach der Tat wieder »besuchsweise« in die DDR eingereist wäre. Und schließlich ein anderer Mordfall, bei dem der Mörder sieben Jahre nach der Tat in der DDR mittels der Fingerabdruckidentifizierung des Bundeskriminalamtes überführt werden konnte. In Fällen wie diesen waren die Behörden in Ost und West zur Zusammenarbeit genötigt, denn Unrecht muss und musste nach dem Tatortprinzip dort geahndet werden, wo es sich zugetragen hatte. Und in jenem dritten Fall zeigte sich, dass die Mühlen der Gerechtigkeit unabhängig von der staatlichen Ordnung mahlen. Ein Verbrechen bleibt ein Verbrechen, egal, welche Fahnen auf den Zinnen wehen.
Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit war nicht unkompliziert und bedurfte im geteilten Berlin nicht nur kriminalistischen, sondern auch politischen Feingefühls. Die geschilderten Fälle haben sich alle während meines Berufslebens ereignet, ich habe sie entweder direkt bearbeitet oder die Ermittlungen indirekt begleitet. Seit Ende der 60er Jahre war ich für die Deutsche Volkspolizei tätig, zuletzt – bis einschließlich 1990 – als Leiter des Dezernats X (Schwere Verbrechen und Serientäter) im Berliner Polizeipräsidium. Nach der »Wende« übernahm ich in der »Direktion E« (Spezialaufgaben der Verbrechensbekämpfung) die Bearbeitung von Raubstraftaten. Ich schied als Kriminaloberrat aus dem aktiven Polizeidienst aus. Die Leidenschaft für meinen Beruf hat mich bis heute nicht verlassen. Als Sachverständiger für Kriminalistik und als Privatdetektiv habe ich noch immer Kontakt mit Menschen, die »zur falschen Zeit am falschen Ort« waren.
Der Blick zurück auf meine Fälle, auf den Alltag von Ermittlern in der DDR, ist zugleich auch ein Blick auf die bewegte jüngere Geschichte unseres Landes. In einem wesentlichen Punkt unterschied sich unsere Arbeit ganz und gar nicht von jener der Kollegen im Westen: Es ging immer darum, möglichst schnell die Wahrheit ans Licht zu bringen.
Zum Schutz der persönlichen Daten und der Intimsphäre wurden in diesem Buch die Namen von Tätern, Opfern und Zeugen und mitunter auch die Handlungsorte verfremdet. Gespräche und Dialoge wurden sachlich nachempfunden.
Mein persönlicher Dank für die Unterstützung bei den Recherchen zu diesem Buch gilt Remo Kroll (LKA Berlin), Kriminalhauptkommissar Bernd Bories (LKA Berlin) und Kriminalhauptkommissar Norbert Taubitz (LKA Berlin). Nicht minder herzlich danke ich den Journalisten Ines Hein und Julian Vetten, die mir bei der Arbeit an diesem Band behilflich waren.
Kriminaloberrat a. D. Berndt Marmulla
Berlin, im September 2013
Coming out
Cem Ünal hatte es nicht leicht. Als drittes von fünf Kindern nahm er die undankbare Position zwischen zwei älteren Brüdern und zwei jüngeren Schwestern ein. Das waren unzertrennliche Geschwisterpaare, gegen die er selten ankam. Die Eltern, Vater Adem und Mutter Funda, stammten aus Anatolien und besaßen feste Vorstellungen von Tradition und Familienehre, die sie nicht nur weitergaben, sondern auch konsequent durchsetzten. Darin waren die Aufgaben, die ein Mann in der Familie zu erfüllen hatte, klar umrissen. Nicht nur in Anatolien, sondern auch in Berlin-Kreuzberg, wo sie seit 24 Jahren lebten. Cem war hier zur Welt gekommen. Seine beiden Brüder waren noch in Zelxider geboren worden, jenem kleinen Dorf, das eine knappe Tagesreise mit dem Auto von Ankara entfernt lag. Seit ungezählten Generationen war dieses Dorf die Heimat der Ünals. Wer dort geboren war, trug den Stolz seiner Ahnen im Herzen. Auch sonst glichen sich die großen Brüder bis aufs Haar. Haci und Kuntay waren unzertrennlich. Beide von stattlicher Statur, beide sehr sportlich, beide der ganze Stolz des Vaters. Für sie war es vollkommen normal, dass der Vater ihre künftigen Ehefrauen auswählte und sie ihre Verlobten erst am Tag der Hochzeit kennenlernten.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!