Der Tag, an dem ich mich betrank und einen Werwolf bezauberte - Kimberly Lemming - E-Book

Der Tag, an dem ich mich betrank und einen Werwolf bezauberte E-Book

Kimberly Lemming

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Beschreibung

Die Romantic-Fantasy-Sensation – #TikTokmedemebuyit!

Käsemacherin Brie ist Cinnamons beste Freundin – und sie hat einfach kein Glück. Weder in der Liebe noch in anderen Dingen. Ständig muss sie sich gegen die plumpen Anmachversuche von Farmer Jack wehren. Da verliert selbst die geduldigste Frau der Welt die Geduld. Dumm nur, dass sie Jack mit dem Getränk, das sie in der Bar nach ihm wirft, meilenweit verfehlt und stattdessen den blonden Fremden hinter ihm trifft. Und noch dümmer, dass es sich bei dem Getränk um einen Liebestrank handelt und dieser Fremde jetzt glaubt, Brie sei seine Gefährtin. Plötzlich hat Brie einen liebestollen Werwolf im Haus, der kocht, putzt und ihr jeden Wunsch von den Lippen abliest. Daran könnte sich Brie echt gewöhnen …

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Das Buch

Käsemacherin Brie ist Cinnamons beste Freundin – und sie hat einfach kein Glück in der Liebe. Ständig muss sie sich gegen die plumpen Anmachversuche von Farmer Jack wehren, dem sie in der einzigen Kneipe in ihrem kleinen Dorf nicht aus dem Weg gehen kann. Da verliert selbst die sanfteste und ruhigste Frau der Welt die Geduld. Als es wieder einmal so weit ist, greift Brie kurz entschlossen zum nächstbesten Getränk, um es Jack an den Kopf zu werfen. Dumm nur, dass sie Jack meilenweit verfehlt und stattdessen den blonden Fremden hinter ihm trifft. Und noch dümmer, dass es sich bei dem Getränk um einen Liebestrank handelt und dieser Fremde – der auch noch Cinnamons Freund Felix ist – jetzt glaubt, Brie sei seine Gefährtin. So hat Brie plötzlich einen liebestollen Werwolf im Haus, der kocht, putzt und ihr jeden Wunsch von den Lippen abliest. Daran könnte sie sich echt gewöhnen – doch Felix’ Gefühle für sie sind nicht echt. Oder?

Die Autorin

Kimberly Lemming versucht seit Jahren, vor ihrer Berufung als Hauptfigur zu fliehen. Wenn sie nicht gerade an ihren Fantasyromanen schreibt, entkommt sie dem sexy Werwolf, der neu in ihre Stadt gezogen ist, und vermeidet jeden Augenkontakt mit verführerischen Prinzen aus fernen Ländern. Und wenn sie doch mal eine freie Minute hat, sitzt sie am liebsten mit einer Tafel Schokolade auf ihrer Couch.

KIMBERLY LEMMING

DER TAG, AN DEM

ICH MICH BETRANK

UND EINEN WERWOLF

BEZAUBERTE

Roman

Aus dem Amerikanischen von

Bettina Hengesbach

WILHELMHEYNEVERLAG

MÜNCHEN

Titel der Originalausgabe:

THAT TIME I GOT DRUNK AND YEETED A LOVE POTION AT A WEREWOLF

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Dataminings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Deutsche Erstausgabe 04/2024

Redaktion: Sabine Kranzow

Copyright © 2022 by Kimberly Lemming

Karte © by @Saumyasvision/Inkarnate

Copyright © 2024 dieser Ausgabe und der Übersetzung

by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: Das Illustrat, München, unter Verwendung des Originalmotivs by Kimberly Lemming

Satz: KCFG – Medienagentur, Neuss

ISBN 978-3-641-31605-1V001

www.heyne.de

TRIGGER-WARNUNG

Dieser Roman enthält drastische Gewaltdarstellungen, Entführung, Dub-Con (Liebestrank), leichte Formen von BDSM und sexuell explizite Szenen, die manche Menschen triggern könnten.

1

Brie

Kartoffeln sind bei Weitem das vielseitigste Gemüse. Man kann sie braten, backen oder Männer damit bewerfen, die einen nicht in Ruhe lassen. Zumindest ich verwende sie gern dazu. Obwohl sie sich sträubte, entriss ich meiner Freundin Cinnamon eine weitere Ofenkartoffel. Bevor die Gewürzhändlerin ihre Leibspeise zurückergattern konnte, trat ich einen Schritt zur Seite, damit sie mich nicht zu fassen bekam, und machte mich bereit, den Typen zu bewerfen, der mir aktuell auf die Nerven fiel.

Jack taumelte nach hinten und hob seine Hände. Die Käse- und Kartoffelreste glitten ihm an der Wange hinunter, und zurück blieb eine rote Schwellung, als Konsequenz, dass er nicht auf mich gehört hatte. »Lass mich in Ruhe, Jack. Ich hab dir doch gesagt, dass ich kein Interesse an dir habe.«

Der Farmer hob seine Hände und stellte sich breitbeiniger hin, bereit, weitere fliegende Kartoffeln abzuwehren. »Brie, komm schon, wie lange willst du dich noch zieren?« Sein schiefer Mund verzog sich zu einem Grinsen, und ein gezwungenes Lachen drang aus seinem dürren Hals, ehe er einen vorsichtigen Schritt nach vorn machte.

Götter, ich hatte diesen Mist so satt. Ich schaute mich um und tat, als wäre ich für einen Moment verwirrt. »Jack, hast du den Verstand verloren? Bist du hergekommen, damit ich dir dabei helfe, ihn wiederzufinden? Mir fällt nämlich kein anderer Grund dafür ein, weshalb du meine Kartoffelbombardierung mit Flirten verwechseln solltest.«

Cin stampfte mit dem Fuß auf. »Nicht meine Kartoffel! Bewirf ihn mit etwas anderem!«

Ich ließ die Schultern hängen und löste meinen Blick von dem Farmer, um meine Freundin samt ihrem unbändigen Hunger zu besänftigen. »Ich kaufe dir eine neue und schenke dir einen Laib Käse. Lass mich nur kurz mit diesem Arschloch fertigwerden.«

Mit einem Mal wich jegliche Verärgerung aus ihren Zügen und wurde von einem breiten Grinsen und einem verklärten Blick ersetzt. »Kein Problem, meine Kartoffel gehört dir!«, zwitscherte sie, wirbelte herum und stemmte die Hände in die Hüften, um den Mann anzufunkeln, als wäre er ein Kind, das zurechtgewiesen werden musste. »Du hast gehört, was die Lady gesagt hat, Jack. Sie will dich nicht, also verschwinde.« Cinnamons böser Blick allein war nicht gerade angsteinflößend. Sie war recht klein, auch wenn die Krone aus Locken auf ihrem Kopf sie ein paar Zentimeter größer machte. Was allerdings angsteinflößend war, war der Drachenwandler hinter ihr.

Cins Ehemann Fallon saß mit einem Krug Met auf einem Barhocker. Die obsidianschwarzen Hörner auf seinem Kopf berührten beinahe eines der vielen bunten Herbstbanner, die den Stand zierten. Er trank einen weiteren Schluck, ehe er sich umdrehte, um nachzuschauen, welcher arme Trottel seine Frau erzürnt hatte.

Jacks Rücken wurde mit einem Mal steif, als der Dämon ihm in die Augen schaute. Die erhobenen Hände des Farmers zuckten. Er öffnete den Mund, schien es sich dann jedoch anders zu überlegen und schluckte, statt zu sprechen. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Fallon war furchterregend.

Es war noch nicht lange her, dass Cinnamon und unser von der Göttin auserkorene Champion Priscilla von ihren Reisen zurückgekehrt waren.

Normalerweise wurde eine zurückkehrende Heldin mit Jubel und einem Herbstfest von der gesamten Dorfgemeinschaft gefeiert, um einer weiteren erfolgreichen Dämonenbeseitigung zu gedenken. Doch die Tatsache, dass Cin mit einer fröhlichen (definitiv nicht beseitigten) Truppe aus Piratendämonen und der Nachricht, dass sie die Göttin getötet hatten, zurückgekehrt war, hatte der Sache einen Dämpfer aufgesetzt. Es hatte sich jedoch herausgestellt, dass Myva keine echte Göttin gewesen war und sie die vermeintlich gefährlichen Dämonen jahrelang mit einem Fluch in den Wahnsinn getrieben hatte.

Das Fest fand natürlich trotz allem statt. Selbst inmitten eines Tsunamis hätten die Bewohnerinnen und Bewohner von Boohail einen Grund zum Feiern gefunden.

In der Ferne konnte ich Carter und Katie hören, die ihr neuestes Lied lautstark zum Besten gaben. Das Einzige, was das Paar noch mehr liebte als ihre Bäckerei, war, zu musizieren. Ein gemeinsames Talent, das die beiden bei jeder Gelegenheit nutzten.

Um nicht zurückzustehen, hatten die meisten Ladenbesitzerinnen und -besitzer im Ort Stände im Zentrum von Boohail aufgebaut. Knallige Banner und leuchtende Laternen erhellten unsere kleine Ecke der Welt wie ein Meer aus Sternen. Der köstliche Duft von Essen und Weihrauch begrüßte einen, wo immer man sich hinwandte. Trotz allem, was sich in der kurzen Zeit geändert hatte, bewirkte das Fest, dass ich mich wie zu Hause fühlte.

Priscilla half Cin dabei, dem Rest von Boohail zu erklären, dass ihre neuen Freundinnen und Freunde nicht bösartig waren und dass es tatsächlich unsere eigene Göttin gewesen war, die alle Dämonen so verzaubert hatte, dass sie zu wilden Tieren geworden waren. Doch nicht alle Leute aus dem Ort nahmen diese Neuigkeit gelassen auf. Die Menschen hatten die Göttin Myva Hunderte Jahre lang angebetet. Herauszufinden, dass alles nur die Lüge einer untoten Hexe gewesen war, war schwer zu verdauen.

Besonders eine kleine Gruppe von Männern hatte die Idee gehabt, sich zusammenzuschließen, um so viele der Neuankömmlinge zu töten wie möglich. Dieses Vorhaben war im Keim erstickt worden, als Fallon sich in einen riesigen Drachen verwandelt hatte. Der feurige Rauch, der aus seinem Maul gedrungen war, hatte genügt, um selbst die eifrigsten Männer dazu zu bewegen, ihre Waffen fallen zu lassen. Wenn ich mich recht erinnerte, war Jack einer von ihnen gewesen. Götter, ich hätte einiges dafür gegeben, diesem arroganten Mistkerl dabei zuzusehen, wie er sich vor Angst in die Hose machte.

Jack lächelte und fuhr sich mit der Hand durch seine dunklen Locken. »Okay, kein Grund, mir den Kopf abzureißen. Ich hol dir was zu trinken, Brie. Vielleicht macht dich das ein bisschen lockerer. Du wirkst angespannt.«

Dieser verdammte Typ.

»Ich bin nicht angespannt«, presste ich durch zusammengebissene Zähne hervor. »Sondern wütend, weil du mich weiterhin belästigst. Das«, ich zeigte mit dem Finger zwischen uns hin und her, »wird nicht passieren.«

»Schon klar«, erwiderte er, bevor er sich umdrehte und davonging.

Ich ließ meine Schultern sinken. Es war, als würde ich mit einem schlafenden Mastschwein sprechen. Ich ging zu einem der Essensstände und bestellte zwei weitere Ofenkartoffeln. Als der Verkäufer die dampfenden Köstlichkeiten eingepackt hatte, ging ich wieder zu der Reihe aus Barhockern neben dem Metstand, wo Cin und Fallon saßen. Ich ließ meinen Oberkörper schlaff auf die Theke sinken und stieß ein Seufzen aus.

Cin griff nach ihrer Kartoffel und nahm einen großen Bissen.

Wortlos platzierte Sunbeam einen Krug vor mir und entfernte sich, um weiterzuspülen. Die Bardame war einer der wenigen Menschen, denen die Anwesenheit der Neuankömmlinge nichts auszumachen schien. Doch auf der anderen Seite schien ihr grundsätzlich nichts etwas auszumachen. Niemals. Ihr strahlender Name war ein lustiger Kontrast zu ihrem ernsten Gebaren, aber ich nahm an, dass man als Tavernenbesitzerin recht streng sein musste. Die füllige Frau war bekannt für ihre nüchterne Art im Umgang mit betrunkenen Störenfrieden. Jeder, der eine Bedrohung für ihre geliebte Taverne darstellte, wurde erbarmungslos rausgeschmissen.

Ich legte meine Hand um den Henkel meines Kruges und stürzte die Hälfte davon herunter. Der süße Geruch von Honig und Pfirsich stieg mir in die Nase und vertrieb einen Großteil meiner Wut.

»Meine Freundin hat eine Hyäne, an die wir ihn verfüttern könnten«, merkte Cin an und tätschelte mir den Rücken. Als sie meine besorgte Miene sah, lachte sie und nahm einen weiteren Bissen. »Ich meine ja nur, dass wir über Optionen verfügen!«

»Du bist viel rachsüchtiger, als ich in Erinnerung habe.«

Sie hielt einen Finger hoch, damit ich wartete, bis sie zu Ende gekaut hatte. »Eine Göttin zu töten, hat für gewöhnlich diesen Effekt.«

»Das … kann ich nicht abstreiten.« Der Rest meines Getränks fand seinen Weg in meinen Magen, woraufhin Sunbeam nach dem Krug griff, um ihn aufzufüllen.

Ihre Lippen waren zu einer schmalen Linie zusammengepresst, als sie neben mich blickte.

Im nächsten Moment schlug eine große rote Hand auf die Theke, was mich zusammenzucken ließ.

»Sunbeam, meine Teuerste! Hast du mich vermisst?« Ein Ork von der Größe eines Bären nahm auf dem Hocker neben mir Platz. Der Neuankömmling beugte seinen riesigen Körper über den Tresen und stützte sein Kinn in die Hände.

Er ließ seinen Blick unverhohlen an Sunbeam hinabwandern, bevor er verklärt grinste.

Die Bardame dagegen bedachte ihn lediglich mit einem ausdruckslosen Blick. Ihr Tonfall war eisig. »Was hättest du gern, Balabash?«

Das Grinsen des roten Orks wurde breiter. Dicke Stoßzähne ragten aus seinem Unterkiefer hervor, was dem riesigen Kerl eine noch bedrohlichere Wirkung verlieh. »Wie wäre es mit einem Kuss von meinem herzallerliebsten Schätzchen?«

Fallon spuckte vor Lachen sein Getränk aus.

Seine Frau kicherte und klopfte ihm auf den Rücken.

Von allen Anmachsprüchen, die ich je gehört hatte, war dies vermutlich der schlechteste.

Zu meiner Überraschung verzog Sunbeam beschämt das sonst so stoische Gesicht und prustete los. Eilig wandte sie ihm den Rücken zu und nahm eine Flasche aus dem unteren Regal. »Für den Spruch bekommst du das schwache Bier.« Sie knallte die Flasche vor Balabash auf die Theke, doch dessen Gesicht blieb so fröhlich wie eh und je. Er griff zwinkernd nach der Flasche, woraufhin Sunbeam davonmarschierte und sich damit beschäftigte, voller Eifer das Glas zu schrubben, das sie eben erst gespült hatte.

Balabash nahm einen Schluck aus der Flasche und beugte sich runter, um mir ins Ohr zu flüstern. »Sie steht auf mich.«

Ich bedeckte meinen Mund, um ein Lachen zu unterdrücken. Vermutlich war es das erste Mal, dass ich erlebt hatte, wie sich Gefühle auf der Miene der Frau abzeichneten.

»Bash, wenn es so weitergeht, wird sie dich ermorden«, warnte Cinnamon.

Er winkte ab und nahm einen weiteren Schluck. »Unsinn! Meine Sunbeam ist nur ein wenig schüchtern, das ist alles.« Er sah, dass sein »herzallerliebstes Schätzchen« ihm hinter der Bar böse Blicke zuwarf.

Eilig machte sie sich daran, das Glas noch vehementer zu schrubben.

»Keine Sorge, Schätzchen, ich bin ein geduldiger Mann«, versicherte er ihr.

»Ach, nun nimm endlich deine Flasche und verschwinde!«, fuhr sie ihn an.

Meine Augen wurden angesichts ihrer schrillen Stimme groß. Wie überaus unterhaltsam. Die stoische Bardame und der flirtende Ork. So einen Liebesroman würde ich definitiv lesen. Mit ein wenig Glück würde ich in den nächsten Jahren noch viele Liebesromane über Monster finden. Jetzt, wo Menschen mit ihnen interagieren konnten, war es nur eine Frage der Zeit, bis meine Lieblingsautorinnen mich mit heißen Geschichten über die neuen Charaktere versorgen würden.

»Wie du meinst«, erwiderte Cin. »Übrigens ist das meine beste Freundin Brie. Brie, das ist Balabash. Er hat auf dem Schiff mit mir in der Küche gearbeitet.«

Balabash drehte sich zu mir um. Mein höfliches Nicken bedachte er mit einem weiteren breiten Grinsen und einem Schulterklopfen mit seiner Bärenpranke, womit er mich fast vom Hocker stieß. »Schön, dich kennenzulernen, Brie! Freundinnen von Cin sind auch meine Freundinnen.«

Ehe ich etwas erwidern konnte, drehte mich mein selbst ernannter Freund auf meinem eigenen Platz zu Cin herum. Die freie Hand des Orks fiel auf meine andere Schulter, und ich sah mein Leben an mir vorbeiziehen. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass ich bei der überenthusiastischen Begrüßung eines Orks sterben würde, aber schließlich ließ sich nichts vorhersagen.

»Was meinst du mit bester Freundin?«, fragte Balabash und schüttelte mich leicht an den Schultern. »Ich dachte, du und Felix seid beste Freunde. Du hintergehst doch nicht meinen kleinen Bruder, oder?«

Cinnamon verdrehte die Augen. »Sei nicht so dramatisch. Man kann eine menschliche beste Freundin haben und einen dämonischen besten Freund. Keine Sorge, du bist auch auf der Liste.« Sie winkte ab. »Freundschaften verändern sich außerdem ständig.«

Als Balabash mich nach hinten zog und sich vorbeugte, um mir etwas ins Ohr zu flüstern, spürte ich das Essen und den Alkohol bei jeder Bewegung in meinem Magen. »Kannst du das glauben? Sie betrügt uns mit uns beiden.«

»Ich übergebe mich gleich, wenn du nicht aufhörst, mich hin- und herzuziehen, mein Freund.«

»Ja, ich finde, es ist an der Zeit, dass du die Hände von ihr lässt.« Jacks Stimme und mein umherschwappender Mageninhalt waren zu viel auf einmal für mich.

Ohne auf Jacks Bemerkung einzugehen, ließ Balabash meine Schultern los. »Sorry, Brie, ich hab vergessen, dass Menschen weniger robust sind als wir.« Mit seinen riesigen Pranken klopfte er meine zerknitterte Bluse glatt, bevor er sich wieder zum Tresen umwandte. »Sunbeam, könntest du meiner neuen Freundin noch ein Glas von dem servieren, was immer sie trinkt?«

Ich spürte Jacks Stirnrunzeln, ohne mich umzudrehen. »Das wird nicht nötig sein«, versetzte er. »Ich habe Brie ein Getränk mitgebracht.«

Der Plan mit der Hyäne klingt mit jedem Mal, wenn er den Mund aufmacht, besser. Ich hätte Jack nicht direkt als hässlich bezeichnet. Er hätte vielleicht sogar als gut aussehend durchgehen können, wenn er nicht so fürchterlich nervig und leicht zu durchschauen gewesen wäre. Alle im Dorf wussten von Jacks Übereifer und seiner Unfähigkeit, durchdacht zu handeln. Es hätte mich nicht gewundert, wenn bald wieder ein Gläubiger wegen eines Kredits an seine Tür klopfen würde.

Erst kürzlich hatte ich gehört, dass er sich in seinem neuesten Versuch, reich zu werden, teure Hühner zugelegt hatte, die schwarze Eier legten, damit er diese auf dem Markt für den doppelten Preis normaler Eier verkaufen konnte. Das einzige Problem war, dass sich niemand in Boohail um die Farbe der Eier scherte. Vielleicht hätte es funktioniert, wenn wir in einer großen Stadt mit vielen reichen Leuten gelebt hätten. Aber die Einzigen, die ein wenig mehr Geld hatten als die meisten anderen, waren die Hotpeppers – Cins Familie. Ich bin sozusagen in Cins Haus aufgewachsen, und sie und ihre Eltern haben kein einziges Mal gesagt: »Wisst ihr, was dieses Omelett noch besser machen würde? Wenn es schwarz wäre.«

Vermutlich sah er in mir eher seinen Weg zum Reichtum als eine Ehefrau. Hätten meine Ländereien nicht neben seinen gelegen, hätte er mir vermutlich keinerlei Beachtung geschenkt. Mein Nachbar mit seinem ständigen Wunsch, es zu etwas Besserem zu bringen, war eine fürchterliche Nervensäge. Schon unser ganzes Leben hatten wir in Boohail verbracht, und dennoch hatte er es nie für nötig gehalten, mit mir zu sprechen, bis ich Cinnamons Familie ein kleines Stück Land abgekauft hatte. Seitdem war ich plötzlich sein Ein und Alles. Und das hatte ich mittlerweile satt.

Meine Miene verhärtete sich, als ich ihm fest in die Augen schaute. »Jack, ich habe es dir schon tausendmal gesagt. Ich habe kein Interesse. Ich will dein Getränk nicht. Lass mich in Ruhe.«

Sein Lächeln geriet nicht ins Wanken, als er mir ein sprudelndes pinkes Getränk in die Hand drückte. »Nun sei doch nicht so! Probier doch wenigstens mal. Es ist ein Spezial-Cocktail, den ich extra für dich gemacht habe.«

Ich unterdrückte meine Wut, biss die Zähne zusammen und gab ihm das Getränk zurück. »Ich will ihn nicht.«

Sein Lächeln wurde schwächer. »Probier einfach«, forderte er.

»Nein.«

»Für mich?«

»Erst recht nicht für dich.«

»Sei nicht so starrsinnig.« Er schob mir das Getränk wieder entgegen.

Mit einem Mal blind vor Zorn, griff ich nach dem Krug und verlor die Beherrschung. »Zum letzten Mal: Ich will das Getränk nicht haben!« Mit der Kraft einer Frau, die genervt von der Frechheit aller Männer war, warf ich Jack den Krug entgegen. Eigentlich hatte ich die Absicht, seinen Kopf zu treffen, leider gelang es ihm jedoch, sich rechtzeitig zu ducken.

Erschrocken sah ich zu, wie die sprudelnde pinke Flüssigkeit über seinen Kopf hinwegflog und einen Schopf blonder Haare traf. Mein nichts ahnendes Opfer zuckte zusammen, rieb sich den Hinterkopf und drehte sich mit zornigem Blick schlagartig zu mir um.

Alles geschah wie in Zeitlupe. Ich hielt den Atem an und ließ mich auf meinen Hocker sinken, als mich sein Blick aus den eisigen blauen Augen traf.

Der Mann straffte die Schultern, womit er seine große, muskulöse Gestalt zur Geltung brachte. Sein gewelltes blondes Haar betonte seine hohen Wangenknochen und ein Gesicht, das jede Frau zu etwas Sündhaftem verleiten konnte.

Wie gebannt starrte ich ihn an, während sich seine Augen weiteten. Das blaue Meer seiner Iriden verschwand, als seine Pupillen noch weiter wurden. Ihm fiel die Kinnlade herunter, als hätte er etwas Unvorstellbares entdeckt; dann erhob er sich von seinem Hocker.

»Tut mir leid«, murmelte ich. »Ich wollte dich nicht treffen. Tut dein Kopf weh?« Ich tastete die Bar nach einem Lappen ab, um ihm die Flüssigkeit abzuwischen. Aber als ich mich wieder umdrehte, stand der Fremde vor mir. Ein fester Arm legte sich um meinen Rücken, und mit der freien Hand umfasste er mein Kinn, um mein Gesicht anzuheben. Schließlich senkte er den Kopf und küsste mich. Sein gieriger Mund dämpfte mein leises Quietschen.

Meine Knie wurden weich, als der Fremde an meiner Unterlippe knabberte und die Chance nutzte, den Kuss zu vertiefen, als sich meine Lippen vor Schreck teilten. Ich wollte ihn wegstoßen, aber meine Hände gehorchten mir nicht, sondern legten sich wie von selbst an seine breite Brust. Ein Kältestoß traf mich, und als ich die Augen öffnete, sah ich, dass der kühne Fremde von Jack zurückgerissen worden war. Er hatte den blonden Mann am Kragen gepackt und beschimpfte ihn. Doch der schien ihn kaum zu bemerken. Er schüttelte den Kopf, als wollte er seine Gedanken ordnen, und stieß Jack schließlich zur Seite. Im nächsten Moment spürte ich seine Hände wieder überall. Als er mein Gesicht umfasste, um mich eingehend zu betrachten, zeichnete sich Unglaube und Erstaunen auf seinen Zügen ab.

»Felix?« Cins Stimme klang vorsichtig und gemessen. »Alles okay, Kumpel? Das ist vielleicht ein bisschen viel für meine Freundin.«

Ihre Worte schienen ihn aus seiner Trance zu reißen. Er lachte, ehe er ein strahlendes Lächeln aufsetzte. »Mehr als okay«, antwortete er und fuhr mit den Fingerknöcheln meine Kieferkontur nach. »Ich habe nur meine Partnerin geprägt.«

Ich wich zurück und stieß mit dem Rücken gegen die Theke.

»Was?«, schrien Cin und ich gleichzeitig.

Balabash, der neben mir stand, jubelte, und Fallon schlug mit der Faust auf den Tresen. »Sunbeam, wir brauchen hier drüben ein paar Shots. Und schenk uns bitte immer wieder nach.« Der Drachenwandler und der Ork erhoben sich von ihren Hockern, um Felix auf den Rücken zu klopfen und uns ein glückliches Leben zu wünschen.

Felix streckte erneut den Arm nach mir aus, aber ich stieß ihn weg. Oder zumindest versuchte ich das. Ein kleiner Kampf brach aus, als ich versuchte, sein Gesicht wegzuschieben, und er im Gegenzug versuchte, mich wieder in seine Arme zu ziehen.

Ich schaute Cin an, doch sie saß einfach nur mit offenem Mund und großen Augen da, ohne mir zu helfen. »Willst du mir vielleicht verraten, was zur Hölle hier vor sich geht?«

Er lehnte sich zurück und legte die Hände auf seine Knie, sodass ich mich einen Moment lang entspannen konnte. »Es tut mir leid, meine Liebste, ich hatte vergessen, dass du ein Mensch bist.« Sein Tonfall klang weiterhin fröhlich, als wäre unsere Begegnung ein freudiges Ereignis. »Wenn wir unsere Partnerin zum ersten Mal erblicken, wissen wir sofort, dass sie die Richtige ist. Wir nennen es Prägung. Und du bist die richtige Partnerin für mich.« Er nahm meine Hand und küsste sie. Die Geste jagte mir einen kleinen Schauer über den Rücken.

Ich blinzelte. »Und wen genau meinst du mit ›wir‹?«

»Einen Moment«, meldete sich Cin zu Wort. »Jack, was ist das für eine Flasche, die du gerade fallen gelassen hast?«

Der Mann auf dem Boden wurde bleich. Er wollte gerade nach der Flasche greifen, als Fallon ihm zuvorkam. Verzweifelt packte Jack den Dämon am Arm, doch Fallon schüttelte ihn mühelos ab. In der Flasche, die er vor seine Augen hob, war ein kleiner Tropfen glitzernde pinke Flüssigkeit verblieben. Fallon drehte sie um, sodass er das hellblaue Schild auf der Rückseite lesen konnte. Dabei presste er die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen und stieß schließlich ein verärgertes Knurren aus. »Es ist ein Liebestrank.«

Ohne nachzudenken, griff ich nach einem der Shotgläser auf der Theke und stürzte den Inhalt hinunter. Der süße Geschmack war genau das, was ich gerade zur Beruhigung brauchte, und ich wusste ohne jegliche Zweifel, dass ich am heutigen Abend noch ein paar weitere Gläser davon trinken würde. »Woher weißt du, dass es ein Liebestrank ist?«

»Es steht auf der Flasche.« Fallon reichte mir den Trank und machte eine Handbewegung in Richtung Balabash.

Der Ork nickte und trat auf Jack zu, der nun versuchte, sich krabbelnd davonzustehlen. Im nächsten Moment landete der Farmer mit einem dumpfen Geräusch bäuchlings auf dem Kopfsteinpflaster.

Ich schaute Felix an, doch er lächelte immer noch genauso verklärt wie zuvor und nutzte die Chance, dass ich abgelenkt war, um seine Nase an meinem Hals zu vergraben. Sein Atem war ein warmes Seufzen an meinem Schlüsselbein. Die kühle Luft des Herbstabends wurde verdrängt, indem sich sein Körper näher an meinen anschmiegte. Als wäre er mit einem Mal noch mutiger geworden, legte Felix sein Kinn auf meine Schulter und schlang die Arme um meine Taille.

Merkwürdigerweise verspürte ich nicht das Bedürfnis, ihm einen Kinnhaken zu verpassen. Berührungen waren nichts, das ich normalerweise sonderlich genoss. Rückblickend fielen mir mindestens ein oder zwei Situationen ein, in denen meine Aversion gegen körperliche Nähe zwischen mir und einem Partner oder einem Freund zu Streit geführt hatte. Ich bezweifelte, dass mich irgendein Mitglied der Familie Hotpepper mehr als ein Mal umarmt hatte. Sehr zum Verdruss meiner Ziehmutter. Doch diesmal sträubte sich, anders als erwartet, angesichts Felix’ Nähe nicht alles in mir. Wenn überhaupt, wollte ich mehr davon.

Als hätte sie meine Gedanken gelesen, reichte mir Cin ein weiteres der perfekt polierten Gläser und deutete mit dem Kopf auf den Liebestrank.

Ich ignorierte den Dämon, der sich um meinen Körper schlang, und lenkte meine Aufmerksamkeit stattdessen auf das halb leere Glas. Das Wort Liebestrank stand in glänzenden Goldbuchstaben darauf. Auf der Rückseite befand sich in kleinerer Schrift eine Gebrauchsanleitung. Ich stürzte meinen zweiten Shot herunter und las sie laut vor.

»Gib sechs Unzen Liebestrank in das Getränk des Objektes deiner Begierde. Sorge dafür, dass du dich direkt vor der Person platzierst, da diese sich unsterblich in die erste Person verlieben wird, die sie sieht, sobald der Zauber des Liebestranks einsetzt. Für eine anhaltende Wirkung alle zwei Wochen erneut verabreichen. Achtung: Nicht bei Schwangerschaft oder Kinderwunsch verwenden. Nebenwirkungen: Juckreiz, obsessives, impulsives, aggressives Verhalten, Panikattacken und in extremen Fällen Ohnmacht und Herzstillstand.«

Mein Körper fühlte sich kalt an, als ich den Ernst der Lage begriff. Dieses Arschloch hat versucht, mir Drogen zu verabreichen.

Jack stieß in diesem Moment unter Balabashs Fuß einen erstickten Laut aus. Diesen Mistkerl am Boden zu sehen, erfüllte mich mit mehr Hass, als ich je für möglich gehalten hätte. Als sich unsere Blicke trafen, konnte ich erkennen, dass er sich längst einen neuen Plan überlegte, wie er trotz allem das bekommen konnte, was er wollte.

Ich hielt seinen Blick fest und ließ die Flasche fallen. »Mach ihn fertig.«

Jack quietschte und wand sich unter dem Fuß des Orks.

Aber Balabash brauchte keine weitere Aufforderung, sondern übte noch größeren Druck auf den Rücken des Mannes aus.

»Brie, warte! Es ist nicht so, wie es aussieht.«

Der rote Ork grunzte und hob die zappelnde Ratte vom Boden auf. »Ich habe genug gehört, kleiner Mann.« Balabash drehte sich um und schenkte mir ein strahlendes Lächeln. »Keine Sorge, Brie, wir kümmern uns um das Problem. Er wird dich nie wieder belästigen.«

Fallon ließ neben mir seine Fingergelenke knacken und schaute seine Frau an.

Cin inspizierte ihre Nägel und wirbelte den Met in ihrem Krug herum. »Bring ihn nur nicht um, Liebster. Wir können nicht zulassen, dass die Dorfgemeinschaft noch größere Angst vor dir bekommt.«

Das Grinsen, das er mir daraufhin schenkte, hatte eine sadistische Note, die mir unter anderen Umständen eine Gänsehaut beschert hätte. Aber in dem Moment wurde mir angesichts dieser Geste warm ums Herz. Jack würde ihm nicht entkommen können.

Balabash hielt Jack mit seiner Hand den Mund zu, und Fallon legte einen Arm um den armen Mann, als wären sie alte Freunde. Die beiden Dämonen winkten uns zu und führten den sich windenden Mann weg von dem Stand und in die Menschenmasse, die sich auf dem Fest versammelt hatte. Ein junges Paar drehte sich um, um dem merkwürdigen Trio hinterherzuschauen, aber Katie lenkte sie ab, indem sie für ein Flötensolo auf die Knie fiel.

Cin stieß ein schweres Seufzen aus und nahm einen großen Schluck von ihrem Getränk. »Nun, das wäre geregelt. Was machen wir mit ihm?« Sie deutete auf den Mann, der immer noch meine Taille umschlang.

»Gute Frage.« Dank meines verfehlten Wurfes hatte Felix die volle Wirkung des Liebestranks abbekommen, wie sich an seiner Anhänglichkeit zeigte. »Äh, Felix?«

Der blonde Mann hob den Kopf und strich mir eine Locke aus dem Gesicht. »Ja, Liebste?«

»Oh nein.« Sein Blick, in dem sich hoffnungsvolle Verehrung abzeichnete, ließ mich ahnen, dass ich ihn gleich schwer enttäuschen würde. Der Abend lief nicht gut für mich. »Ich weiß nicht, wie ich es dir beibringen soll«, setzte ich vorsichtig an, »aber wie es aussieht, hast du was von dem Liebestrank abbekommen. Es tut mir leid, aber ich bin nicht deine Partnerin.«

»Da muss ich widersprechen«, gab er sachlich zurück.

»Sorry, hattest du den Teil mit dem Liebestrank nicht mitbekommen?«

»Doch, meine Liebste, ich kann ganz gut hören. Dennoch muss ich dir widersprechen.«

Hinter mir schnalzte Sunbeam missbilligend mit der Zunge und stellte ein weiteres Shotglas auf die Theke.

Wie von selbst schoss meine Hand nach vorn, um danach zu greifen. »Warum widersprichst du mir? Der Beweis steht schwarz auf weiß auf der Flasche.«

Felix hielt meine Hand mit dem Shotglas fest. Mein Körper verspannte sich, als er sich vorbeugte. Der warme Geruch von Sandelholz stieg mir in die Nase, als er mir leise ins Ohr flüsterte. »Liebestrank hin oder her, eine solche Begierde kann man nicht künstlich herbeiführen. Wenn die vielen Leute nicht wären, würde ich dir zeigen, wie sehr ich für dich brenne. Du gehörst mir, Brie.«

Während sich ein Knoten in meinem Hals bildete, versuchte ich, das Schaudern zu unterdrücken, das verraten hätte, welche Wirkung er auf mich hatte.

Er zwinkerte mir zu, ehe er meine Hand an seine Lippen hob und meinen Shot trank.

Die abendliche Kälte, die mich traf, als er sich wieder von mir löste, überraschte mich.

»Ich muss mich um den Kerl kümmern, der dachte, er könnte dich mir wegnehmen. Also verlasse ich dich für heute, meine Süße.« Mit diesen Worten wandte sich Felix ab und ging davon.

Ich starrte auf meine Hand, denn ich wusste nicht, wie ich mit dem Gefühl seiner weichen Lippen, das auf meinen Fingern verblieben war, umgehen sollte.

Neben mir saß Cin mit großen Augen und nippte an ihrem Getränk. Nach einer kurzen Pause stellte sie ihren Krug ab und schüttelte mitleidig den Kopf. »Du bist so was von geliefert.«

»Jep, das ist sehr hilfreich.« Meine Hand fand ein weiteres Glas, dessen Inhalt ich hinunterstürzte.

Sie lachte und winkte ab. »Okay, so schlimm wird es nun auch wieder nicht werden. Felix ist ein netter Kerl.«

»Ein netter Kerl, der unter Drogen steht«, murmelte Sunbeam, als sie eine weitere Runde Getränke servierte.

»Exakt, Sunbeam hat es erfasst.« Ich deutete auf die Bardame.

Cinnamon verdrehte die Augen. »Willst du einfach hier warten, bis die Männer zurückkommen? Ich könnte zwischen euch vermitteln, damit ihr euch darüber unterhalten könnt, was ihr in Bezug auf die Liebestrank-Situation unternehmen wollt.«

Es war definitiv kein schlechter Plan. Dennoch wollte ich mich bei dem Gedanken an noch mehr soziale Interaktion für mindestens eine Woche in einem Loch verkriechen. »Ich glaube, ich habe genug für heute. Lass mich eine Nacht darüber schlafen, dann bin ich morgen bereit für ein Treffen und ein Gespräch.«

Ich bezahlte, zündete meine Laterne an und wünschte den beiden eine gute Nacht. Ich hatte keinerlei Absicht, meinen neuen Freunden zu begegnen, daher mied ich Boohails Hauptstraße und begab mich auf einen kleineren Pfad hinter den Marktständen, den ich oft für Warenlieferungen nutzte.

Der Lärm der feiernden Menge verlor sich, und zurück blieb friedvolle Stille. Die kühle Nachtluft strich angenehm über meine vom Alkohol erhitzten Wangen. »Was für ein Abend«, murmelte ich bei mir. Jetzt, wo die Welt still genug war, um meine eigenen Gedanken zu hören, hallten Felix’ Worte von vorhin in meinem Kopf nach.

»Wenn wir unsere Partnerin zum ersten Mal erblicken, wissen wir sofort, dass sie die Richtige ist.«

Ich fragte mich immer noch, wen er mit »wir« gemeint hatte. Er hatte keine Hörner wie Fallon, also war er vermutlich kein Drache. Dem Himmel sei Dank. Ich musste zugeben, dass er nichts als höflich gewesen war, seitdem Cin ihn mit nach Hause gebracht hatte, aber ich hatte immer noch nicht vergessen, dass er vor meinen Augen einem Mann fast den Arm ausgerissen hatte.

In der Ferne war von der Straße ein spitzer Schrei zu hören. Ich stolperte vor Schreck und schaute mich panisch um. »Was zur Hölle war das?«, presste ich hervor. Der stille Wald um mich herum gab mir keine Antwort. Ich atmete tief durch und setzte meinen Weg fort.

»Vielleicht war es nur ein Puma, der aus den Bergen gekommen ist.« Pumas machten die fürchterlichsten Geräusche. Jedes Mal, wenn sich eine dieser riesigen Wildkatzen dem Dorf näherte, hörten wir Kreischen und Jaulen, bis das verdammte Tier weiterzog. »Ja, es muss ein verdammter Puma gewesen sein.«

Eine leise Stimme klang aus dem Wald. »Hallo.«

Ich blieb stehen und schaute in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. »Ja?«

»Hallo.«

»Ja, hallo, wer ist da?« Ich konnte nicht sehen, wer mich rief. Aber es klang, als käme die Stimme ganz aus der Nähe. Kurz fragte ich mich, ob ein Betrunkener hingefallen und in einem Dornbusch stecken geblieben war. Nicht, dass ich ihn dafür verurteilt hätte. Wir hatten schließlich alle schon mal einen zu viel intus gehabt.

»Hallo.«

Zunehmend genervt sprach ich ein wenig lauter. »Ja, hallo, die Begrüßung haben wir doch schon hinter uns. Was willst du? Steckst du irgendwo fest?«

»Hallo.«

»Vergiss es.« Ich winkte ab. »Ich bin zu müde, um so viel Geduld aufzubringen.« Ich stampfte davon, und die Stimme verlor sich. Ich seufzte, erleichtert darüber, dass ich mich am heutigen Abend nicht mit einer weiteren Person auseinandersetzen musste. Für heute hatte ich genug.

Ich hörte, wie sich irgendetwas unglaublich schnell durch die Bäume bewegte und ein Stück hinter mir haltmachte. »Hallo.«

Ich schnalzte mit der Zunge und nickte, während mich die Angst packte. »Jep. Das ist ein verdammter Dämon.« Ohne mir die Mühe zu machen, mich umzusehen, rannte ich in Richtung meiner Farm.

Das leise Klicken von Krallen auf Stein war zu hören, gefolgt von einem kaum hörbaren Zischen. Ich spähte über die Schulter nach hinten. Die Kreatur hinter mir war eine riesige Masse aus grasähnlichem Haar. Sie hatte Arme und Beine wie ein Mensch, aber krabbelte auf allen vieren wie ein Alligator. Die lange Schnauze öffnete sich weit, um gezackte, scharfe Zähne zu entblößen.

Schreiend zwang ich mich dazu, noch schneller zu rennen, wobei ich meine Mutter und meinen Vater und all meine Vorfahren für meine kurzen Beine verfluchte.

Als sich die Kreatur näherte, schnappte sie nach dem Saum meines Rockes. Kreischend schlug ich mit meiner Laterne nach ihr. Der Dämon zischte wütend und wurde langsamer, doch sammelte sich schnell und nahm meine Verfolgung wieder auf. Seine Krallenpranke schoss vor, umfasste meinen Knöchel und riss mich zu Boden.

»Lass mich los«, schrie ich und trat um mich. In der Absicht, die Kreatur zu bewerfen, nahm ich eine Handvoll Erde vom Boden, doch als ich mich umdrehte, riss jemand den Dämon von mir, der nun einen gequälten Schrei ausstieß.

Mondlicht fiel durch das Geäst und ließ meinen Retter sichtbar werden. Leider war besagter Retter ein noch größeres Monster. Der Neuankömmling grinste hämisch und grub seine Krallen in die Haut seines Gegners, als wäre sie aus Pergamentpapier. Es war zu dunkel, um die Gestalt deutlich zu erkennen, aber mein Retter stand auf zwei Beinen. Sein Körper war mit hellem Fell bedeckt, und er war eindeutig doppelt so wütend wie das etwas kleinere Monster.

Die alligatorenhafte Kreatur heulte auf, und im nächsten Moment war das Geräusch von knackenden Knochen zu hören. Ich schrie auf, als etwas vor meinen Füßen landete. Als ich die Laterne hob, um es besser erkennen zu können, musste ich einen Würgereiz unterdrücken, denn es handelte sich um einen abgetrennten Arm.

Eilig raffte ich mich hoch und begann erneut zu rennen. Dabei hoffte ich, dass die kleinere Kreatur genügen würde, um meinen Retter zu sättigen.

»Brie, warte.« Ein dumpfer Aufprall war zu hören.

Als ich mich umdrehte, sah ich, dass das Monster mit dem hellen Fell seinen Gegner zur Seite geworfen hatte, um stattdessen mir hinterherzurennen. Tränen der Angst stiegen mir in die Augen. »Hau ab! Ich schmecke nicht gut«, schrie ich.

Das Ungetüm stieß ein tiefes Knurren aus und rannte noch schneller. »Ich habe nicht vor, dich zu fressen. Bleib einfach stehen.« Blitzartig sprang der Dämon vor mich und packte mich an den Schultern.

Panisch hechelnd schlug ich gegen seine Brust. Ein Anflug von Schwindel überkam mich, sodass meine Beine nachgaben.

Die Monsterhände hielten mich fest und stützten mich, während ich langsam zu Boden sank. »Du hyperventilierst. Konzentrier dich auf deine Atmung.« Krallen umfassten mein Kinn und zwangen mich dazu, in glühende blutrote Augen aufzuschauen.

Doch meine Sicht verschwamm, und alles um mich herum wurde schwarz.

2

Brie

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