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In den frühen Morgenstunden des Stoppelmarktdienstags finden zwei junge Männer den Marktmeister erstochen in einem Maisfeld nahe des Festgeländes. Maria Fortmann von der Kripo Cloppenburg und ihr Kollege Goselüschen übernehmen die Ermittlungen und schnell scheinen sie mit einem langjährigen Rivalen des Opfers den Mörder überführt zu haben. Alles spricht gegen ihn und der Fall steht kurz vor dem Abschluss. Doch es kommt anders ... "Der Tote vom Stoppelmarkt" ist der erste Teil einer Reihe um Kommissarin Maria Fortmann und sehr regional gehalten, was in den Folgebänden immer weiter in den Hintergrund rückt und somit der Story wesentlich mehr Raum gewährt. Bei diesem Buch handelt es sich um einen klassischen, eher unblutigen Ermittlungskrimi. Spannend - authentisch - humorvoll. Bisher wurden folgende Titel des Autors veröffentlicht: Steve-Parker-Reihe (Krimithriller): Band 1: Fremde Angst – Burns Cree Band 2: Fremde Angst – Nemesis Maria-Fortmann-Krimireihe: Band 1: Der Tote vom Stoppelmarkt Band 2: Im Namen des ... Band 3: Die Klaviatur der Gerechtigkeit Band 4: Mordseerauschen Band 5: Mordseeflüstern Band 6: Mordseegrollen Band 7: Mordseegrauen Band 8: Mordseelügen (Band 4-8 erscheinen im November als Epub) Als Einzeltitel (Thriller): Von Hass getrieben Dein Glück stirbt in 4 Tagen
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Marcus Ehrhardt
Der Tote vom Stoppelmarkt
Maria Fortmann ermittelt
Der Tote vom Stoppelmarkt
Copyright © 2017 Marcus Ehrhardt
Alle Rechte vorbehalten. Jede Weitergabe oder Vervielfältigung in jeglicher Form ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors erlaubt.
Impressum: Marcus Ehrhardt Klemensstraße 26 49377 Vechta Deutschland
E-Mail: [email protected]
Korrektorat / Lektorat: Tanja Loibl
Titelgestaltung: MTEL-Design
Bildnachweis: Adam Kontor / pexels.com,
jhagood23.deviantart.comDiese Geschichte ist frei erfunden. Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind rein zufällig oder erfolgen mit ausdrücklicher Genehmigung.
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Danksagung
Über den Autor
Bisher erschienen:
Eine Bitte am Schluss
Kapitel 1
Entsetzt weiteten sich die Augen des Mannes. Fassungslos starrte er auf seine Hände, die er sich auf den Bauch presste. Das warme Blut sickerte zwischen seinen Fingern hindurch und breitete sich unaufhaltsam auf dem weißen Stoff seines T-Shirts aus. Er atmete geräuschvoll und schwer ein, als würde er Luft durch einen Trinkhalm saugen. Es schien sich eine Eisenfaust um seinen Brustkorb gelegt zu haben – und diese drückte erbarmungslos zu.
»Was? ... Warum ... hast du das getan?«, krächzte Johann Müller mit dünner Stimme. Was geschah hier gerade? Er wollte doch nur nach Hause gehen. Passierte es wirklich? Dann sackte er auf die Knie. Halb flehend, halb verwundert schaute er hoch – seinem Gegenüber direkt ins Gesicht. Sein Blick fiel auf das Messer in der Hand der Gestalt: Blut klebte am Metall der Klinge und schimmerte im Licht des Vollmonds. Der Lufthauch, der eben noch die laue Sommernacht unterstrichen hatte, schien Johann Müller jetzt eiskalt unter seine Kleidung zu kriechen. Langsam breitete sich der ziehende Schmerz in seinem Bauch aus und ergriff Besitz von seinem ganzen Körper. Er hielt sich die blutgetränkten Hände vors Gesicht. »Ich will nicht sterben«, sagte er, doch der Wind verschlang seine Worte. Die Gedanken rasten und überschlugen sich in seinem Kopf. Dann verschwammen sie und schließlich verschwanden sie.
Die Gestalt starrte teilnahmslos auf ihr Opfer herab. Lange hatte sie diesen Augenblick herbeigesehnt – endlich müsste Johann Müller für all das bezahlen, was er ihr und anderen angetan hatte. Oft hatte sie sich gefragt, wie es sich anfühlen würde. Würde sie Triumph, Erleichterung, Genugtuung oder Freude verspüren? Jetzt, da der Mann vor ihr kniete, gurgelnd seine letzten Laute von sich gab und das restliche Leben aus seinem Körper entwich, fühlte sie nichts von alledem – sie fühlte gar nichts. Eine endlose Leere dehnte sich in ihr aus, als ob nicht nur dem mittlerweile auf die Seite gefallenen Müller, sondern auch ihr der Stecker gezogen worden wäre, der sie mit Lebensenergie versorgte. Da stimmte etwas nicht. Sie müsste sich gut fühlen, beschwingt von ihrer Tat, jetzt, da das Opfer regungslos vor ihr lag. Lange Zeit hatte sie nur Hass und Verachtung für Müller empfunden, und das Einzige, das sie im Moment für ihn empfand, war Mitleid. Die Gestalt war verwirrt – so sollte es nicht sein, so dürfte es nicht sein.
Nach einem scheinbar ewig dauernden Moment schüttelte sie sich und sah sich hektisch nach allen Seiten um, doch niemand war zu sehen. Sie packte, das Messer noch in der Hand haltend, dem Opfer unter die Achseln und zog es keuchend in das angrenzende Maisfeld. Die Gestalt wunderte sich, wie schwer es ihr fiel, den zwar großen aber schlanken Müller zu bewegen. Kurz blieb sie neben dem leblosen Opfer stehen und schaute ihm in die toten Augen:
»Das hast du dir alles selbst zuzuschreiben.« Die Worte kamen flüsternd aus ihrem Mund. Vorsichtig spähte sie abermals die Umgebung ab, dann rannte sie los. Weg vom Johlen der stark angetrunkenen Besucher und der Musik, die aus den letzten geöffneten Festzelten des diesjährigen Stoppelmarktes immer leiser in ihre Ohren drang, bis sie irgendwann verstummte.
Kapitel 2
Kriminalhauptkommissarin Maria Fortmann aus Cloppenburg und ihr fülliger Kollege, Kriminaloberkommissar Peter Goselüschen, trafen um acht Uhr morgens in Vechta ein.
»Bevor wir uns im Schritttempo über das mit Buden, Zelten und Karussells zugestellte Marktgelände quälen, lass uns besser außenrum fahren, auch wenn es ein kleiner Umweg ist«, schlug Maria vor.
»Jo, lass uns ruhig etwas Staub aufwirbeln bei unserer Ankunft. Das sorgt gleich für den richtigen Eindruck«, erwiderte ihr Partner. Wenig später bogen sie langsam in die schmale Schotterstraße, die zum Kreuzweg führte, und ließen der Ankündigung Goselüschens Taten folgen. Die Staubwolke, die sie verursachten, war ein Resultat der tagelangen Trockenheit. »Eigentlich war das im übertragenen Sinne gemeint«, sagte er grinsend.
»Meinst du, das war Absicht?«, erwiderte Maria und nahm den Fuß vom Gas. Der kurz hinter der Einmündung postierte, uniformierte Polizist erkannte die beiden und winkte sie freundlich grüßend zum Tatort durch. Sie waren vor etwa einer Stunde als Verstärkung angefordert worden. Einsatzwagen sperrten den Tatort weiträumig in alle Richtungen ab.
Am gestrigen Stoppelmarktmontag, dem Tag des Viehmarkts, waren sämtliche ortsansässige Firmen mit ihren Angestellten dort unterwegs gewesen und der Gerstensaft floss an diesem Tag noch etwas mehr als an den anderen Festtagen, obwohl das fast unmöglich schien. Wie üblich hatten auch an diesem Tage etliche Feierwütige bis in die frühen Morgenstunden durchgehalten. Einige Schaulustige versammelten sich hinter der Absperrung. In den Gesichtern der Leute zeigte sich das gesamte Spektrum menschlicher Empfindungen von Entsetzen bis Erheiterung.
»Moin, Harry, was haben wir?« Maria hielt sich die Hand vors Gesicht, die morgendliche Sonne blendete sie und ließ ihre gelben Pumps erstrahlen. Kriminaloberkommissar Harald Scharnweber, ihr Kollege aus Vechta, war bereits von der vor einigen Minuten abgerückten Tatortgruppe unterwiesen worden. Sie hatte die Erstbegutachtung des Tatortes abgeschlossen und alle gewonnenen Erkenntnisse an Scharnweber weitergegeben. Nun lag es am zuständigen Ermittlerteam, die weiteren Recherchen zu übernehmen. Diese Aufgabe fiel Maria Fortmann und Peter Goselüschen zu, die von Harald Scharnweber und einigen anderen Vechtaer Polizisten unterstützt werden würden. Der hochaufgeschossene Scharnweber nickte ihnen zu.
»Moin, ihr beiden.« Er begrüßte sie mit einem kräftigen Händedruck. »Leider ist das kein Anlass, um wie sonst auf dem Stoppelmarkt anzustoßen. Macht euch auf was gefasst, wir haben hier `ne riesengroße Schweinerei.« Er führte die beiden zur Leiche, wobei sie darauf bedacht waren, keine Spuren zu verwischen. Schließlich ließen die Kollegen von der Spurensicherung aus Cloppenburg noch auf sich warten.
»Oh, ja, ziemlich blutige Angelegenheit«, sagte Maria, als sie die auf dem Rücken liegende, blutüberströmte Leiche zwischen den meterhohen Maispflanzen sah. Trotz der angenehm warmen Temperatur überkam sie beim Anblick des Toten ein Frösteln. Sie würde sich wohl nie richtig daran gewöhnen, dachte sie, aber wenigstens wäre das ein Hinweis, dass sie nicht total abgestumpft war.
»Ja, so viel Blut fließt hier sonst nur, wenn unser Wolf sich mal wieder über ein paar Schafe hermacht.«
»Seit wann ist das euer Wolf? Der kümmert sich auch bei uns darum, dass wir keine überschießende Schafpopulation befürchten müssen. Aber vielleicht ist unserer ja auch ein Verwandter von eurem.« Goselüschen lachte kurz auf.
»Ich werde beim nächsten Mal seine Personalien aufnehmen. Dann können wir das ja abgleichen.«
»Vergiss nicht die Pfotenabdrücke – sonst zählt das nicht.« Maria wusste um die seit Jahren steigende Anzahl des Raubtieres, das als ausgerottet galt. Ebenso, dass es den Züchtern von Nutzvieh im norddeutschen Raum, gerade denen von Schafen, zunehmend Probleme bereitete. Besonders in der hiesigen Region häuften sich von Woche zu Woche die Meldungen über Blutbäder, die dem Isegrim zugeschrieben wurden. Doch das war jetzt überhaupt nicht von Belang.
»Könnten sich die Herren bitte um das Wesentliche kümmern?«, sagte Maria. »Oder vermutet einer von euch Experten, dass der Tote von einem Wolf gerissen wurde?« Goselüschen und Scharnweber sahen sich schulterzuckend an. Maria kramte in ihrer Handtasche, die locker an ihrem grellgelben Shirt baumelte, und zog Einweghandschuhe hervor, die sie sich überstreifte. Dann kniete sie sich neben die Leiche und inspizierte diese sowie den Boden drumherum. »Er wurde hier abgelegt und von da wurde er hergeschleift.« Sie deutete auf einen Punkt am Weg ungefähr vier Meter entfernt. Von dort führten deutliche Spuren im Sandboden zum Maisfeld, an deren Rand einige Blutflecken erkennbar waren.
»Ja, das ist offensichtlich«, bestätigte Goselüschen.
»Der Tote wiegt locker 80 kg, da muss man sich schon ganz schön anstrengen, den hierherzuziehen«, bemerkte Scharnweber.
»Ja, ist sicher nicht so leicht – aber wer die Eier hatte, ihn abzustechen, wird wohl auch die Kraft haben, ihn da rüberzuschleifen. Demnach suchen wir eher nach einem männlichen Täter.«
»Damit liegst du wohl richtig, Gose. Aber ich denke, wir sollten eine Täterin nicht von vornherein ausschließen. Gibt es sonst noch was, Harry?«
»Der Notarzt hat vor `ner halben Stunde den Tod des Mannes festgestellt. Mutmaßlich eingetreten in Folge mehrerer Messerstiche in die Bauchgegend. Todeszeitpunkt zwischen vier und sechs Uhr. Näheres muss die Rechtsmedizin aus Oldenburg klären.«
»Ist der Doc noch da?«, fragte Goselüschen. Er zog ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Diese Hitze bringt mich ins Grab.«
»Nein, er wurde zu einem Notfall gerufen. Ihr wisst ja, Stoppelmarkt ist auch für die Ärzte Hochsaison«, antwortete Scharnweber mit seiner tiefen, rauchigen Stimme.
»Wissen wir schon, wer das Opfer ist?«
»Ja, Maria. Sein Name ist Johann Müller, 49 Jahre, alteingesessener Vechtaer. Er hat bei der Stadtverwaltung gearbeitet. Verheiratet, zwei volljährige Kinder. Seine Geldbörse mit den Papieren und etwas über 100 Euro Bargeld sowie sein Handy hatte er noch.«
»Demnach können wir wohl einen Raubmord ausschließen.«
»Das denke ich auch. Seine teure Armbanduhr ist ebenfalls noch da, demnach ging es nicht darum.« Maria war die exklusive Uhr am Handgelenk der Leiche bereits aufgefallen.
»Vechtaer heißt Vechteraner, oder? Ich vergesse das immer wieder.« Goselüschen kratzte sich am Kopf.
»Ja, Gose. So heißen wir Eingeborenen hier auf Amtsdeutsch«, bestätigte Scharnweber nachsichtig.
»Leute, wir haben hier einen Mordfall«, warf Maria ein. »Gibt es auf Müllers Handy Nachrichten oder Telefonate von den letzten Stunden?«
»Nein, im Moment nicht. Auf dem ganzen Gelände ist der Handyempfang seit jeher sehr schlecht. Möglicherweise trudeln noch Nachrichten darauf ein, die hätte Müller dann jedoch nicht mehr lesen können.«
»Wer hat ihn gefunden?«, fragte Goselüschen und zückte einen Notizblock aus seiner Hosentasche. Er blätterte ein paar Seiten um und hielt einen Stift bereit.
»Zwei junge Männer. Sie sind noch etwas fertig, aber wahrscheinlich eher wegen des Alkohols. Wir halten sie momentan auf der Dienststelle fest. In ihren getrennten Befragungen haben sie sich nicht widersprochen, allerdings auch keine Hinweise erbracht. Sie haben niemanden gesehen, sind nur zufällig auf die Leiche gestoßen, weil einer der beiden zum Pinkeln hier rüberging.« Er zeigte auf eine Stelle etwa drei Meter rechts des Toten. »Hat ihnen einen gehörigen Schrecken eingejagt. Sie sind dann bis zum BMX-Parcours da vorn gelaufen – dort hatten sie Handyempfang und haben uns angerufen.«
»Gibt es weitere Zeugen?« Maria Fortmann stand wieder bei den beiden Männern auf dem Weg und schaute sich nach allen Seiten um, als würde sie etwas Bestimmtes suchen. Aufmerksam betrachtete sie die Schaulustigen, doch niemand stach ihr ins Auge. Im Zuge ihrer Ausbildung war ihnen immer wieder eingeschärft worden, dass es einen Mörder häufig zum Tatort zurück verschlug. Der Anreiz für sie bestand besonders dann, wenn – wie hier – etliche Neugierige herumstanden, unter die man sich unauffällig mischen und die Arbeit der Polizei beobachten konnte.
»Nein, bisher haben wir keinen gefunden. Aber zwei Kollegen sind noch auf dem Markt unterwegs, um die Beschicker der umgebenden Fahrgeschäfte und Fressbuden zu befragen.«
»Das wird wohl einige Zeit dauern bei den rund 500 aufgebauten Ständen hier«, stellte Maria fest.
»Ja, so Pi mal Daumen müsste das hinkommen«, bestätigte Scharnweber.
»Haben wir das Tatwerkzeug?«, fragte Goselüschen. »Ich tippe auf ein Fleischermesser.«»Nein, bisher nicht. Der Helikopter aus Rastede ist vor ein paar Minuten wieder abgeflogen. Sie konnten auch mit der Wärmebildkamera nichts entdecken. Die Bilder bekommen wir nachher zur Dienststelle geschickt.«
»Ist euer Blutspürhund einsatzbereit?« Seit der Serie Game of Thrones hatte diese Dienstgradbezeichnung für Hunde eine völlig neue Qualität gewonnen, dachte sie belustigt.
»Jo, Maria, der ist unterwegs. Sollte in ein paar Minuten hier sein.«
»Das ist gut, dann hoffen wir mal, dass der Wauwau seinen Job ordentlich macht«, sagte Goselüschen, klappte den Notizblock zu und ließ ihn wieder in seiner Gesäßtasche verschwinden.
»Sie – unser Bluthund ist eine Sie! Sie heißt Betty«, klärte Scharnweber die beiden auf. Offensichtlich mochte Scharnweber dieselben Serien wie sie selbst, stellte Maria fest, nachdem er diese Bezeichnung für den Hund gewählt hatte.
»Die leidige Frauenquote, die erfüllt werden muss?«
»Ja, Gose, die niedersächsische Polizei scheint da deutlich fortschrittlicher als die Wirtschaft oder die katholische Kirche zu sein.« Um die Aussage zu unterstreichen, deutete er in Richtung Stadt, wo die Spitze vom Kirchturm der katholischen Kirche Maria Frieden gerade noch auszumachen war.
»Dann statten wir doch als Erstes der Familie einen Besuch ab.« Goselüschen stimmte seiner Kollegin nickend zu.
»Er wohnte in der Welper Straße 39, hinten Richtung Golfplatz. Fahrt gleich gegenüber vom evangelischen Friedhof rechts rein, dann seid ihr fast da.«
»Danke, Harry, wir sehen uns später auf der Dienststelle.« Die beiden Cloppenburger Kommissare machten sich in ihrem Dienstwagen auf den Weg.
»Hätte der Täter nicht einen Tag warten können? Dann wäre wenigstens der Stress mit dem Markt vorbei. Sehr unsensibel von ihm.« Goselüschen fuhr sich mit der Hand durch sein lichtes Haar.
»Mensch Gose, etwas Taktgefühl würde nicht schaden«, tadelte sie ihn, konnte sich ein Lächeln jedoch nicht verkneifen. Goselüschen und sie teilten das Schicksal vieler ihrer Kolleginnen und Kollegen, die beruflich mit Gewalt in allen Facetten und tiefsten menschlichen Abgründen zu tun hatten. Sie legten sich einen Schutzpanzer zu, der verhinderte, dass persönliche Schicksale der Opfer zu nah an sie herankamen. Sie warf einen Seitenblick auf ihn. In ihrer mittlerweile fast 15-jährigen Tätigkeit als Polizistin hatte sie mit einigen festen Teampartnern zusammen gearbeitet. Goselüschen gehörte absolut nicht zu den Hinguckern unter den männlichen Kollegen, aber sein derber Humor und sein scharfer Verstand machten ihn zu ihrem bisherigen Favoriten. Auch wenn er oft vor Sarkasmus nur so triefte und schlecht gelaunt war, verging die Arbeitszeit mit ihm doch wie im Fluge.
Kapitel 3
Der Weg zur Ehefrau des Opfers dauerte lediglich zehn Minuten.