Der Town-Tamer kommt: Drei Western - Alfred Bekker - E-Book

Der Town-Tamer kommt: Drei Western E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Western: Der Geächtete/ Zum Sterben nach Sonora/ Entscheidung in Nogales - Drei Western um den Geächteten Jeff Kane Jeff Kane blinzelte gegen die aufgehende Sonne. Der großgewachsene Mann hatte sein Nachtlager aufgeräumt und trank den letzten Rest Kaffee aus seiner Blechtasse. Irgendwo hinter dem Horizont musste San Antonio liegen. Ein halber Tagesritt, so schätzte er. Fünf lange Jahre war es her seit er das letzte Mal im Südwesten von Texas gewesen war. Fünf Jahre – und in vier davon war er Soldat in der Armee des Nordens gewesen. Jetzt kam er zurück in ein Land, das ihn dafür hassen würde, dass er auf der falschen Seite gekämpft hatte. Aber Kane hatte seine Gründe gehabt. Dass er keine Sympathien für die Sklavenhalter und Plantagenbesitzer des Südens gehabt hatte, war nur einer davon. Jeff Kane horchte auf und seine aufmerksamen stahlblauen Augen suchten den Horizont ab. Er sah vier kleine schwarze Punkte, die sich gegen das Sonnenlicht abhoben und rasch größer wurden. Der Wind trug Hufschlag herüber. Kane verstaute die Blechtasse in seiner Satteltasche. Sein Lagerplatz befand sich in der Nähe einer kleinen Baumgruppe. Mindestens einer dieser Bäume war vollkommen verdorrt. Kane hatte seinen Braunen dort festgemacht. Seine Winchester steckte im Sattelschuh, dem Scubbard, den er zusammen mit dem restlichen Sattelzeug, den Taschen, seiner Decke und dem alten Militärmantel zwischen den knorrigen Wurzeln abgelegt hatte. Kanes instinktiver Griff ging zu dem tiefgeschnallten Revolverholster. Links trug er ein Bowiemesser am Gürtel. Die schwarze Lederweste war staubbedeckt. Er schob den Hut ein Stück in den Nacken. Die vier Reiter hielten direkt auf ihn zu.

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Der Town-Tamer kommt: Drei Western

Alfred Bekker

Published by Alfred Bekker, 2023.

Inhaltsverzeichnis

Title Page

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Alfred Bekker | Der Town-Tamer kommt: Drei Western

Der Geächtete | Alfred Bekker

Zum Sterben nach Sonora | von Alfred Bekker alias Neal Chadwick

ENTSCHEIDUNG IN NOGALES | von Alfred Bekker alias Neal Chadwick

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

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© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen 

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Alfred Bekker

Der Town-Tamer kommt: Drei Western

––––––––

Dieser Band enthält folgende Western:

Der Geächtete/ Zum Sterben nach Sonora/ Entscheidung in Nogales - Drei Western um den Geächteten Jeff Kane

Der Geächtete

Alfred Bekker 

––––––––

Jeff Kane blinzelte gegen die aufgehende Sonne. Der großgewachsene Mann hatte sein Nachtlager aufgeräumt und trank den letzten Rest Kaffee aus seiner Blechtasse. Irgendwo hinter dem Horizont musste San Antonio liegen. Ein halber Tagesritt, so schätzte er. Fünf lange Jahre war es her seit er das letzte Mal im Südwesten von Texas gewesen war. Fünf Jahre – und in vier davon war er Soldat in der Armee des Nordens gewesen. Jetzt kam er zurück in ein Land, das ihn dafür hassen würde, dass er auf der falschen Seite gekämpft hatte.

Aber Kane hatte seine Gründe gehabt.

Dass er keine Sympathien für die Sklavenhalter und Plantagenbesitzer des Südens gehabt hatte, war nur einer davon.

Jeff Kane horchte auf und seine aufmerksamen stahlblauen Augen suchten den Horizont ab. Er sah vier kleine schwarze Punkte, die sich gegen das Sonnenlicht abhoben und rasch größer wurden. Der Wind trug Hufschlag herüber.

Kane verstaute die Blechtasse in seiner Satteltasche. Sein Lagerplatz befand sich in der Nähe einer kleinen Baumgruppe. Mindestens einer dieser Bäume war vollkommen verdorrt. Kane hatte seinen Braunen dort festgemacht.

Seine Winchester steckte im Sattelschuh, dem Scubbard, den er zusammen mit dem restlichen Sattelzeug, den Taschen, seiner Decke und dem alten Militärmantel zwischen den knorrigen Wurzeln abgelegt hatte.

Kanes instinktiver Griff ging zu dem tiefgeschnallten Revolverholster. Links trug er ein Bowiemesser am Gürtel. Die schwarze Lederweste war staubbedeckt. Er schob den Hut ein Stück in den Nacken. Die vier Reiter hielten direkt auf ihn zu.

Wer hätte das gedacht!, ging es ihm durch den Kopf. Ein Begrüßungskomitee, das mich bereits zwanzig Meilen vor San Antonio abfängt!

*

Die Reiter ließen ihre Gäule im vollen Galopp heranpreschen. Sie zügelten die Pferde. Eines von ihnen stieg auf die Hinterhand.

Der Mann, der die Gruppe offensichtlich anführte, trug einen dunklen Schnauzbart und hatte eine Narbe am Kinn, die wahrscheinlich aus einem Messerkampf stammte.

Einer seiner Begleiter trug einen grauen Hut, wie er in der Kavallerie der Konföderierten üblich gewesen war –

nur dass er die Rangabzeichen entfernt hatte. An seinem Sattel hing außer dem Winchester-Karabiner und den Satteltaschen auch noch ein Säbel, den er sich wohl, als ganz persönliches Andenken aus dem gerade zu Ende gegangenen Bürgerkrieg aufbewahrt hatte.

Die beiden anderen waren gekleidet wie Cowboys. Sie trugen Leder-Chaps an den Beinen und Stetson-Hüte. Der eine war rothaarig und trug zwei Revolver im Gürtel, deren Griffe nach vorn gerichtet waren. Dem anderen fehlte ein Auge. Rechts trug er einen langläufigen Navy Colt vom Kaliber 45, links eine Shotgun, für die er sich ein Spezialholster angefertigt hatte.

Das sind Killer!, dachte Kane. Und ich bin mal gespannt darauf, wer sie angeheuert hat.

Dass es bei seiner Rückkehr Ärger geben würde, damit hatte er gerechnet. Aber nicht damit, dass man ihn bereits aus dem Weg zu räumen versuchte, noch bevor er San Antonio überhaupt erreicht hatte.

Der Narbige grinste schief und spuckte dann aus.

„Bist du Laredo Kid?“, fragte er.

„So hat man mich früher genannt“, bestätigte Kane. Seid seinem fünfzehnten Lebensjahr war Jeff Kane als Post-Expressreiter die Strecke zwischen Laredo am Rio Grande und San Antonio geritten. Und da er der schnellste Postreiter weit und breit gewesen war, hatte ihn jeder in der Gegend gekannt.

Laredo Kid – das war der Name gewesen, den man ihm gegeben hatte. Aber das war lange her. Jeff Kane erschien es fast wie eine Ewigkeit. Dazwischen lag so viel. Der Streit mit seinem Onkel Ray Tomkins, bei dem er aufgewachsen war, sein Aufbruch nach Norden, wo er zuerst auf einer Ranch in Kansas angeheuert hatte. Aber diese Ranch gab es nicht mehr. Kansas war in jenen Jahren durch den Gegensatz zwischen Gegnern und Befürwortern der Sklaverei zerrissen gewesen und mit Ausbruch des Bürgerkrieges trieben GuerillaBanden im Auftrag des Südens dort ihr Unwesen. Eine von ihnen hatte die Ranch überfallen. Jeff Kane hatte als einziger schwer verletzt überlebt. Als er wieder auf den Beinen gewesen war, schloss er sich der Armee der Nordstaaten an – denn ihm war klar, dass er die Schuldigen auf sich gestellt kaum zur Rechenschaft ziehen konnte und die Behörden in Kansas selbst damit hoffnungslos überfordert waren.

Eigentlich hatte er nicht damit gerechnet, jemals in das Gebiet am Rio Grande in Texas zurückzukehren. Kane war zunächst in der US. Army geblieben, aber schließlich doch demobilisiert worden, wie der Großteil der unter Waffen stehenden Soldaten.

Kane hatte seine Abfindung genommen und sich gefragt, was er jetzt mit seinem Leben anfangen sollte. Und da war er schließlich zu dem Schluss gelangt, dass er erst mit seiner Vergangenheit ins Reine kommen musste. Es waren Jahre vergangen seit er sich mit Ray Tomkins zerstritten hatte und davon geritten war. Also war es höchste Zeit, die Sache wieder in Ordnung zu bringen.

Kane hatte ein Telegramm zu seinem Onkel nach San Antonio geschickt. Ein Rechtsanwalt namens James Naismith hatte ihm daraufhin geantwortet. Ray Tomkins sei verstorben und habe seinen Besitz seinem Neffen Jeff Kane vermacht.

Und jetzt war Kane hier – nahe dem Land, in dem er aufgewachsen war.

„Ich glaube, es wäre für alle Beteiligten besser, du würdest einfach wieder verschwinden, Laredo Kid“, sagte der Narbige nach einer Pause. „Niemand will hier einen Mann, der noch seinen alten Militärmantel in blau mit sich herumträgt. Es wäre schon schlimm genug, wenn du ein Yankee wärst, aber vor einem Texaner, der im blauen Rock gekämpft hat, spuckt doch hier jeder nur aus!“

„Ich denke, dass könnt ihr getrost meine Sorge sein lassen“, sagte Kane ruhig. Seine Hand befand sich bereits in der Nähe des tiefgeschnallten Revolvers. In den Augen dieser Männer las er seinen Tod. Sie warteten nur noch auf den richtigen Augenblick um loszuschlagen und ihn in den Staub zu strecken.

„Wir haben den Auftrag, dich mindestens einen Tagesritt nordwestwärts zu begleiten, wenn wir auf dich treffen...“

„Wer schickt euch?“

„Tut das irgendetwas zur Sache?“

„Dan Garth, nicht wahr?“, vermutete Jeff Kane.

„Onkel Ray hatte schon damals Ärger mit ihm, weil Garth glaubte, das Gesetz in die eigenen Hände nehmen zu können, nur weil er der größte Rancher in der Gegend war...“

Der Narbige verengte seine Augen zu schmalen Schlitzen.

„Hör mir gut zu, Laredo Kid! Meine Freunde und ich sind noch nicht so lange in der Gegend, aber eines kann ich dir sagen: Es würde dir nicht gut bekommen, dich mit Mister Garth anzulegen. Wir führen nur aus, was er sagt und wenn er sagt, dass für dich kein Platz in San Antonio ist, dann solltest du dich danach richten, wenn dir dein Leben lieb ist!“

„Ich bin zufällig Ray Tomkins’ Erbe und habe auch vor, dieses Erbe anzutreten“, erwiderte Jeff Kane. Er sprach sehr ruhig, sehr bestimmt und mit einer unterschwelligen Härte, die den vier Gunslingern hätte klar machen sollen, dass er kein Mann war, der sich so einfach verjagen ließ. „Allerdings geht Euch das alles auch sehr wenig an.“

„Dem Kerl muss irgendjemand einen üblen Floh ins Ohr gesetzt haben, Reilly!“, mischte sich jetzt der Kerl mit dem Konföderierten-Hut ein.

„Halts Maul, McPhee!“, zischte der Narbige zurück.

„Kein Grund für schlechte Laune, Reilly. Leg den Kerl einfach um – oder gib mir die Erlaubnis es zu tun!“

„Etwas Sand drauf und es findet ihn hier in hundert Jahren niemand!“, ergänzte der Einäugige. Seine Linke stahl sich zu der Shotgun. Kane wusste, dass der Einäugige aus dieser Entfernung einfach nur draufhalten musste, um mit einer Shotgun zu treffen. Das Schrot würde ihn wahrscheinlich töten – und wenn nicht, dann zumindest so außer Gefecht setzen, dass er wehrlos am Boden lag und die anderen ihn in aller Seelenruhe abknallen konnten.

„Gents, ich suche keinen Streit und ich hoffe, das gilt auch für euch. Falls nicht, solltet ihr wissen, dass ihr teuer bezahlen werdet...“

Reilly spuckte aus. „Was du nicht sagst!“, knurrte er. Die Hände waren jetzt durchweg an den

Revolvergriffen. Jeff Kane versuchte abzuschätzen, wer aus dieser Wolfsmeute wohl als erster zum Eisen greifen würde.

Kane schätzte die Lage richtig ein.

Es war der Rothaarige, der zuerst zog. Offenbar war er Linkshänder, weswegen er den Cross Draw-Griff den rechten Colt aus dem Holster riss. Die Linke brauchte er, um das Pferd ruhig zu halten.

Er war schnell – aber nicht schnell genug. Jeff Kane feuerte um den Bruchteil einer Sekunde bevor der Rothaarige zum Schuss kommen konnte. Dieser schrie auf. Der Revolver entfiel seiner Hand, die sich rot verfärbte.

Kane schwenkte den Lauf seines 45er Peacemaker herum und richtete ihn auf Reilly, ehe dieser seine eigene Waffe vollständig aus dem Holster gerissen hatte. Kane spannte den Hahn.

Reilly erstarrte.

„Keine Bewegung – oder euer Boss hat ein Loch in der Stirn.“

„Worauf wartet ihr? Knallt ihn ab!“, fluchte der Rothaarige, dessen verwundete Hand immer stärker zu bluten begann.

„Mund halten, Firehead!“, zischte Reilly zwischen den Zähnen hindurch. An Kane gewandte sagte er: „Du kannst uns nicht alle abknallen, Laredo Kid!“

„Nein, das nicht. Aber bevor sich einer von euch rührt und sein Eisen in der Hand hat, bist du tot. Das steht so fest wie das Amen in der Kirche. Also befiehl deinen Männern, die Eisen abzuschnallen.“

„Was?“, stammelte er ungläubig.

Kane spannte den Hahn. Es machte ‚klick’.

„Du hast gesehen, wie ich treffe!“

„Du musst wahnsinnig sein, Laredo Kid!“

„Nein, du bist wahnsinnig, wenn du nicht

augenblicklich tust, was ich sage...“

Die Blicke beider Männer begegneten sich. Reilly, der Mann mit der Narbe sah die Entschlossenheit in den Zügen seines Gegenübers, alles auf eine Karte zu setzen. Was für ein Schütze dieser unerwünschte Rückkehrer war, hatte er ja schon eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

„Schnallt die Eisen ab!“, befahl Reilly schließlich.

„Das ist doch nicht dein Ernst, Reilly!“, beschwerte sich der rothaarige Firehead.

Aber dass es ihm damit durchaus Ernst war, zeigte Reilly dadurch, dass er die Schnalle seines Revolvergurts öffnete und ihn zu Boden gleiten ließ.

„Na los, macht schon!“, rief Reilly, dem der Schweiß

von der Stirn perlte, als Kane noch einen Schritt näher auf ihn zu trat. Kaum drei oder vier Yards lagen jetzt zwischen dem Mann, den man früher Laredo Kid genannt hatte und dem Anführer dieser Männer. „Der Mann ist verrückt genug, Ernst zu machen und ich habe keine Lust, mir von ihm eine Kugel in den Kopf jagen zu lasen!“

„Sehr vernünftig“, sagte Kane.

Reilly verzog das Gesicht.

„Wie man’s nimmt.“

„Ach, ja?“

„Du wirst noch mal bitter bereuen, was du hier getan hast, Laredo Kid.“

„Sorry, aber ihr habt mir keine andere Wahl gelassen!“

„Du wirst sehen, was du davon hast...“ Reilly drehte sich um. „Na los, die Revolver runter!“

Zögernd schnallten die Männer aus Reillys Gefolge ihre Gurte ab. Der Reihe nach glitten sie in den Staub.

„Und jetzt die Winchester-Gewehre!“, befahl Kane.

„Nehmt sie mitsamt dem Scubbard vom Sattel, damit ihr nicht auf dumme Gedanken kommt!“

Mitsamt dem Sattelschuh aus Rindsleder, in dem die Karabiner steckten, zogen die Männer sie hervor, sodass keiner von ihnen auf den Gedanken kam die Waffe herauszuziehen und zu feuern.

„Irgendwann werden wir uns wieder sehen, Laredo Kid“, kündigte der rothaarige Firehead an. „Und dann wirst du vielleicht nicht vorbereitet sein. Jedes Mal, wenn du dich umdrehst, wirst du dich fragen, ob nicht der Lauf eines Peacemakers auf dich gerichtet ist!“

„Verschwindet!“, brummte Kane. „Ehe ich es mir anders überlege und eure Knochen in der Sonne bleichen lasse!“ Er schoss seinen 45er zweimal kurz hintereinander ab. Beide Kugeln brannte er dicht vor die Hufe von Reillys Pferd, das daraufhin wiehernd auf die Hinterbeine stieg.

Die vier Männer ließen sich das nicht zweimal sagen. Sie gaben ihren Pferden die Sporen und ließen sie davon preschen.

Jeff Kane sah ihnen eine Weile nach. Die Reiter zogen eine Staubwolke hinter sich her.

Kane steckte den Revolver ein und fuhr damit fort, sein Lager aufzuräumen.

Schließlich hatte er seinen Braunen gesattelt. Die Winchester steckte im Scubbard und die Decke war hinten zusammen mit den Satteltaschen und dem Militärmantel aus blauem Drillich aufgeschnallt. Die Waffen von Garth’ Männern ließ er dort zurück, wo diese sie in den Staub hatten sinken lassen. Zwar waren diese Waffen so viel wert, dass ein Cowboy davon fast ein ganzes Jahr hätte leben können, aber Kane dachte gar nicht daran, sich an fremdem Eigentum zu vergreifen. Sollten die Kerle doch später zurückkehren, um sich die Sachen zu holen, wenn sie wollten. So lange stellten sie zumindest keine Gefahr mehr da. Kane schwang sich in den Sattel und ließ den Gaul vorantraben.

Ein schöner Willkommensgruß war das!, dachte er. Aber er ahnte, dass es nicht der letzte dieser Art sein würde.

Dieses Land mochte mal seine Heimat gewesen sein-aber das war lange her und inzwischen war er hier nichts weiter als ein unerwünschter Fremder.

*

Es war früher Nachmittag, als er San Antonio erreichte. Die Luft flimmerte. Es war unerträglich heiß

und der Staub brannte in der Lunge. Er drang in die Kleider und scheuerte auf der Haut und selbst wenn man sein Halstuch vor Nase und Mund band, schützte einen das nicht.

Kane ritt geradewegs auf den Dead Comanche Saloon zu, der auch ein paar Hotelzimmer besaß. Die ganze Stadt hatte kaum 1000 Einwohner und war damit bereits eine der größeren Siedlungen in Texas. Tausend Einwohner und 50 Saloons. Weiter nördlich war es der Rinderboom während des Bürgerkriegs gewesen, der solche Städte hatte entstehen lassen. In San Antonio waren es vor allem Siedler, die hier auf dem Weg nach Westen Station machten – oder gleich hier blieben, um sich ihr ganz persönliches Stück Land zwischen San Antonio und Rio Grande zu nehmen. Das neue Heimstättengesetz machte es möglich. Hunderttausende von Besitzlosen und armen Schluckern, die die demobilisierten Bürgerkriegsarmeen ausgespuckt hatten, machten sich jetzt auf den Weg nach Westen, um von ihrem Recht Gebrauch zu machen und sich ihren Besitz abzustecken.

Dass dieses Land längst anderen gehört hatte, hatten die Politiker in Washington dabei schlicht nicht zur Kenntnis genommen.

Konflikte mit Rinderzüchtern und Indianern, die dieses angeblich herrenlose Land schon seit Generationen nutzten, blieben da nicht aus. Kane stieg vor dem Dead Comanche Saloon ab und führte sein Pferd zu der Querstange vor den Schwingtüren – Hitchrack genannt – und machte es dort fest.

Dann trat er ein.

Es waren nur wenige Männer im Raum. Ein paar saßen am Schanktisch vor ihren Whiskey-Gläsern, die anderen spielten an einem Tisch in der Ecke Karten. Ihre Stimmen verstummten augenblicklich, als Kane eintrat und sich umsah.

Der Mann hinter dem Schanktisch war zwei Meter groß, und früher mal Preisboxer auf dem Jahrmarkt gewesen, bevor er sich genug zusammengespart hatte, um den Dead Comanche Saloon übernehmen zu können. Er hieß Ward Sorenson und es hieß, dass sein Vater aus Schweden eingewandert war und eine Indianerin geheiratet hatte, was die Kombination aus dunklem Teint und weißblondem Haar erklärte.

Allein seine körperliche Erscheinung wirkte auf die meisten Gäste so einschüchternd, dass sie es sich zweimal überlegten, ob sie Streit anfingen. Ward Sorenson fiel der Kinnladen herunter, als er Kane sah.

Er erkannte den jungen Mann natürlich sofort wieder. Kane stellte sich an den Schanktisch.

„Ich hoffe, du kennst mich noch, Ward“, sagte Kane.

„Wie könnte ich den besten Postreiter vergessen, der je zwischen Laredo und San Antonio geritten ist“, meinte er.

„Na, wenigstens einer erinnert sich hier an etwas Gutes, das mit mir zusammenhängt.“

Misstrauische Blicke wurden Kane zugesandt. Die Männer warteten ab, was geschehen würde. Manche von ihnen kannte Kane noch, aber die meisten hatte er nie gesehen. Einer der Kerle, die am Kartentisch saßen, hatte es plötzlich sehr eilig, stand auf und verließ den Saloon durch die Schwingtüren.

„Es heißt, du hättest für den Norden gekämpft“, sagte Ward.

„Das stimmt.“

„Ich hätte nie gedacht, dass ein so feiner Junge wie du sich mal so falsch entscheiden könnte.“

„Diese Entscheidung war nicht falsch“, beharrte Kane.

„Falsch war, dass ich mich mit Onkel Ray zerstritten habe und nicht rechtzeitig genug zurückgekehrt bin, um mich noch mit ihm aussöhnen zu können. Er hat mich schließlich nach dem Tod meiner Eltern aufgezogen wie einen eigenen Sohn und hätte etwas anderes verdient gehabt.“ Kanes Blick wirkte jetzt nach innen gekehrt. Die stahlblauen Augen verengten sich etwas. „Aber das ist nicht mehr zu ändern“, fügte er düster hinzu. Ward stellte ihm ein Whiskey-Glas hin.

Kane leerte es in einem Zug.

Ein mattes Lächeln flog über sein Gesicht. „Du achtest immer noch auf Qualität, was?“

„Natürlich, Jeff.“

„Ich brauche ein Zimmer, ein heißes Bad und eine Mahlzeit, die unter die Rippen geht. Seit Wichita habe ich mir nur noch ein paar Stunden Schlaf gegönnt. Mehr wegen meinem Gaul als meinetwegen...“

Kane legte einen Silberdollar auf den Tisch. Ward Sorenson zögerte.

Einige der anderen Zecher im Raum beobachteten genau, was Ward als nächstes tat.

„Hör zu, Jeff. Es hat sich einiges getan in San Antonio seid du weg bist. Da war der Bürgerkrieg und...“

„...und du denkst, dass jemand, der für den Norden gekämpft hat, hier nicht her gehört?“

„Nein, das denke ich nicht. Aber es gibt viele hier in San Antonio, die dieser Meinung sind. Es gibt schließlich kaum jemanden, der nicht Angehörige durch die verfluchten Yankees verloren hat.“

„Der Krieg ist vorbei.“

„Nein. Wir sind besiegt worden, das stimmt. Und die Waffen schweigen jetzt – abgesehen von ein paar Guerillas wie Quantrill oder Jesse James und seinem Bruder Frank, die in Texas noch ihr Unwesen treiben. Aber es wird wahrscheinlich hundert Jahre dauern, bis der erste Südstaatler Präsident der Union wird!“

„Aber vielleicht wird vorher schon ein Südstaatler einem Yankee ein Zimmer vermieten“, erwiderte Jeff Kane.

Jetzt stand einer der Kerle am Spieltisch auf. Man sah auf den ersten Blick, dass er ein Spieler war. Und ein Killer.

Er trug zwei Revolver und war offenbar Linkshänder. Einer hing am tiefgeschnallten Revolvergürtel, der andere steckte in einem Futteral unter der Jacke, mit dem Elfenbeingriff nach vorn. Immerhin schaute dieser Griff weit genug hervor, dass Kane die Kerben darauf sehen konnte.

„Ich störe mich nicht daran, dass ein Yankee hier ein Zimmer bekommt. Ich habe selbst Verwandte im Norden“, sagte er. „Aber ich kann es nicht leiden, wenn ein Verräter hier bewirtet wird!“

„Sieh an, ein konföderierter Patriot“, sagte Kane zwischen Zähnen hindurch.

„Du sollst schnell sein, Laredo Kid. Ich frage mich, ob du schnell genug bist!“

Die Linke des Spielers wanderte zur Hüfte. Kane bemerkte außerdem den Derringer im rechten Ärmel, den sich der Spieler in die Hand fingerte. Aus den Augenwinkeln nahm Kane außerdem eine Bewegung an der Balustrade wahr, zu der eine breite Freitreppe führte, über die man zu den Fremdenzimmern gelangen konnte. Zumindest nahm Kane an, dass sich in den Jahren seiner Abwesenheit aus San Antonio zumindest in dieser Hinsicht nichts am Dead Comanche Saloon geändert hatte.

Der Spieler fixierte ihn mit den Augen. Die Männer, die mit ihm am Tisch gesessen hatten, wichen zur Seite. Von dem zu erwartenden Kugelhagel wollte natürlich keiner von ihnen etwas abbekommen. Andererseits waren sie aber neugierig darauf, wie die Sache ausging.

„Ich bin auf keinen Streit mit Ihnen aus, Mister“, sagte Kane. „Und ich werde mich auch nicht mit Ihnen schießen...“

„Das werden wir ja sehen, Laredo Kid!“

„Ich nehme an, jemand wie Sie würde auch einem Unbewaffneten eine Kugel in den Kopf jagen...“

„Du bist nicht unbewaffnet, Laredo Kid. Es liegt also ganz bei dir. Zieh ruhig. Ich werde in aller Ruhe deinen Schuss abwarten und dir dann genau zwischen die Augen schießen.“

„Ich denke, Sie überschätzen sich.“

„Werden wir sehen...“

Kane wusste nur zu gut, dass es auf die Schnelligkeit nicht in erster Linie ankam. Bei einem Revolverschützen war die Treffsicherheit viel entscheidender. Ein geübter Gunslinger konnte tatsächlich in aller Ruhe abwarten, bis sein Gegenüber zog und darauf vertrauen, dass sein Schuss ihn verfehlte, um dann in aller Ruhe zu zielen und abzudrücken.

Ein Revolverduell zwischen einem Gunslinger und einem x-beliebigen Schützen hatte mit einem Duell wenig zu tun.

Es war Mord.

Der Ungeübte hatte nicht den Hauch einer Chance, selbst wenn er als Erster zog und sich damit in den Augen des Gesetzes ins Unrecht setzte.

Aber Kane gehörte nicht zu diesem Kaliber. Er hatte früh gelernt, mit dem Revolver umzugehen, wie kein Zweiter. Ein Postreiter musste sich schließlich verteidigen können. Alles, was man brauchte, war ein ruhiges Auge und Training. Und Kane hatte beides im Überfluss gehabt.

Aber er war nicht auf Streit aus.

„Vielleicht nehme ich lieber anderswo ein Zimmer, Ward“, sagte er an den Salooner gerichtet. Dieser schluckte nur.