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Hauptmanns Versdrama rund um die spanischen Eroberungskriege. Eindrucksvoll entführt der Dichter in das Mexiko um 1500. Der legendäre spanische Eroberer Cortez macht sich auf den Weg in die Hauptstadt des Aztekenreiches. Es kommt zum Krieg der beiden Kulturen und vor eindrucksvoller Kulisse entspinnt sich ein Ränkespiel aus Macht und Gewalt, an dessen Ende das wahre Wesen des "weißen Heilands" zutage kommt.-
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Seitenzahl: 135
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Gerhart Hauptmann
Dramatische Phantasie
Saga
Der weiße Heiland
Coverbild/Illustration: Shutterstock
Copyright © 1920, 2021 SAGA Egmont
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788726956955
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.
Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.
www.sagaegmont.com
Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.
Ein Gemach im kleinen Tempel des Quetzalcoatl zu Tenochtitlan. Ein mit astronomischen Zeichen bedeckter Vorhang verschließt die hintere Hälfte des Raumes. Davor steht ein Priester.
Montezuma erscheint, mit geringem Gefolge, das sich in der Entfernung
hält, darunter Cacamatzin und Guatemotzin.
Montezuma
Nachdem er langsam und wie geistesabwesend auf und ab geschritten ist, bleibt er vor dem Priester stehen.
Sprich mir von dem weißen Gotte,
Priester! Ich will jene Mär
wieder hören! Welche, weißt du.
Der Priester
Die Altvordern deines Hauses,
allgewalt'ger Herr und König,
unterwarfen dieses Land.
Der Gebieter ihrer Scharen
war, wie du, ein Sohn der Sonne.
Bist du seines Bluts und göttlich,
nennen Kunden unsrer Tempel
ihn sogar den Sonnengott.
Als er seiner Kinder Herrschaft
unbesiegbar hier gegründet,
schwang er sich zurück zum Himmel
auf den Flammenthron des Weltalls.
Montezuma
Die Verheißung melde mir.
Der Priester
Die Verheißung, die der Gott
seinen Priestern hier zurückließ,
lautet: Wenn dreitausend Sommer
auf der Winter Schnee gefolgt sind,
kehre er zu euch zurück,
um die lang verbannten Kinder
heimzuholen in den Glanz.
Montezuma
Und die Rechner Eurer Gilde,
die auf Jahr und Stunde achten,
meinen nun ...?
Der Priester
Die Zeit sei nah,
glauben wir, der Wiederkehr,
wo zum andernmal die Gottheit
mit dem Goldhelm niedersteiget,
Himmelsfarbe in den Augen,
weißen Glanz im heil'gen Antlitz,
golden flüssiger Strahl ihr Haar.
Montezuma
Ich bin häßlich!
Der Priester
Sohn der Sonne:
wenn der Nebel deines Trübsinns,
durch dies Wort, gleich einer Wolke,
deiner Schönheit Blitz auch schwächte,
blendet sie das Auge dennoch,
daß es schmerzend sich verschließt.
Montezuma
Priester, ist die mächtige Gottheit
weiß von Antlitz, weiß von Haaren,
weiß gegliedert, blauen Auges,
scheint's, daß sie mich haßt, nicht liebt.
Oder weshalb wär' ich sonst
schwarzen Haars und schwarzen Auges?
Ekler, dunkelfarbiger Haut?
Warum wißt ihr nicht zu sagen,
weshalb mein Geschlecht verbannt ward
in die traumbeladne Welt?
Was wir wohl an ihm gesündigt,
dem Urvater unsres Blutes,
daß er uns so hart gestraft hat?
Ihr verdient den Tod, ihr habt
Gottes Wort nicht treu bewahrt. –
Und wie steht's mit den Gerüchten,
daß ein Volk von fremden Räubern,
weiß und mördrisch wie Dämonen,
über unsre Grenzen einbricht?
Die bestürzten Boten stammeln
Dinge, die unfaßbar sind:
glaubt man ihnen, tragen jene
Blitz und Donner in der Faust,
reiten wilde Fabeltiere,
feuerspeiend und geflügelt,
töten fernhin, nur im Wink.
Der Priester
Herr, du kamst zur rechten Stunde.
Von den Grenzen deines Reiches
dringt verworrenes Gerücht:
jene fürchterlichen Fremden,
heißt es, warfen deinen Erbfeind,
bändigten die Tlascalaner,
herrschen jetzt in ihrer Hauptstadt.
Doch unsterblich sind sie nicht.
Montezuma
Was uns Dienern des Mexitli
nie gelang: gelang es ihnen,
müssen's Göttersöhne sein.
Und was mehr: sie sind uns freundlich.
Cacamatzin, fünfundzwanzig Jahre alt, ein Fürst im Gefolge des Montezuma, wirft sich in Devotion vor ihm nieder.
Du willst reden, Cacamatzin.
Sprich!
Cacamatzin
O Herr, trau nicht den Teufeln,
die das große Wasser ausspie!
Gib Befehl an die Provinzen,
aufzubieten deine Kriegsmacht,
jeden, bis zum letzten Mann!
Denn sie kommen nicht als Freunde,
jene scheußlichen Dämonen,
ärgre Feinde hatt'st du nie.
Montezuma
Priester, weiter! Deine Worte
sind mit Himmelsglut geschwängert,
Ahndungen durchschüttern mich.
Was will mir dein Blick verkünden,
schillernd, nenne dein Geheimnis!
Denn noch mehr verbirgst du mir.
Der Priester
Sohn der Sonne, was in Knoten,
was in Bilderschrift bewahrt ist,
was im Volk lebendig umgeht
von der Wiederkunft des Heilands –
o erdrückender Gedanke! –,
scheint es, wird zu Wirklichkeit.
Doch die Diener Quetzalcoatls,
der da kommt – sind nicht unsterblich!
Montezuma
Wie denn weißt du das?
Der Priester
Ich weiß es!
König! Wunder, die geschahen,
grausige, sind zu berichten.
Alles fügt sich, klar am Tage,
nach der Überlieferung.
Doch es hat Unwissenheit
sich auch allbereits versündigt
an den Dienern Quetzalcoatls:
schwerer Sorgen voll verkünd' ich's,
und die Wahrheit siehe hier.
Der Vorhang öffnet sich, und man erblickt das abgeschlagene langgelockte Haupt eines spanischen Ritters, in einer goldenen Schüssel, auf dem Altar. Dieser ist von Tempeldienern flankiert.
Montezuma
der zuerst nicht erkennt, nähert sich langsam dem abgeschlagenen Haupte, zittert und steht tief erschüttert still. Dann entringt sich seinen Lippen
's ist ein Sonnensohn!
Der Priester
Nicht anders!
Ganz so wie die Schrift ihn schildert,
doch ihm fehlt Unsterblichkeit.
Montezuma
Wer weiß das, voreiliger Priester?
Ist die Gottheit nicht allmächtig?
Und, beleidigt, will sie strafen,
jeden Zaubers Herrscherin?
Laßt mich schauen! Schweigt! Entfernt euch
Und wo ist die Frevlershand,
die ein Haupt, das zu berühren
Ehrfurchtsschauer mir verbieten,
von dem Gottesleib getrennt hat?
Wo der Mann, den Ewigkeiten
zu entsühnen noch zu kurz sind?
Wo? Ich will es wissen! Wo?
Der Priester
Wo der Täter dieses Mordes
sein verfluchtes Leben fristet:
niemand weiß es! Denn ein Jäger
des Kaziken Qualpopoca,
der Statthalter ist zu Nautla,
fand im Forst dies heilige Haupt.
So berichtet mir der Fürfürst.
Montezuma
Qualpopoca schläft zu Nautla,
liegt zu Bett, ja liegt im Grabe:
tote Diener sind mir unnütz.
Und wie kam dies Haupt hierher?
Der Priester
Dein Vasall hat es gesendet.
Montezuma
Wie?
Der Priester
Durch einen Bauern, Herr,
der's in einem Sack hierhertrug.
Montezuma
wendet steh an sein Gefolge
Hört ihr dies? O Guatemotzin!
solche Diener hat dein Vater:
dumpfe Tiere, ohne Sinn!
Welche Schande! Nicht in goldner
Herrschersänfte des Kaziken,
nicht von Königen geleitet,
nicht im langen Zug der Priester
unterm dumpfen Paukendonner
unsrer Tempel zog es ein,
dieses Haupt, in unsre Hauptstadt,
sondern schmählich und entwürdigt.
Blutige Sühne fordert das!
Guatemotzin
wirft sich vor Montezuma nieder
Kaiser, Gnade! Nicht ein jeder
sieht dies Haupt wie du mit Lust:
Graun, ja Haß erzeugt's in anderen,
kalte Schrecken haucht es aus.
Der Priester
Nicht dem Wissenden. Sieh dies.
Tempeldiener bringen den vergoldeten Kriegshelm des Spaniers.
Montezuma
staunend
Eines Gottes Kriegshelm! Köstlich! –
Guatemotzin! Cacamatzin!
Eure Schrecken sind erklärlich.
Nur der Gottentstammte kennt
nicht die Furcht beim Nahn der Götter.
Und sie nahn: wer zweifelt noch?
Ich ertrag' es nicht, mein Herz
hämmert allzu wild vor Freuden.
Heilige Schauer töten mich.
Er faßt nach seinem Herzen, das Gefolge eilt herzu und stützt ihn.
Ein Saal im Palaste des Montezuma in Tenochtitlan. Die Wand entlang harren Diener. Die fürstlichen Jünglinge Cacamatzin und Guatemotzin schreiten auf und ab in Erwartung des Kaisers. Es ist früher Morgen.
Cacamatzin
Furchtbar ist's: nichts überzeugt ihn.
Guatemotzin
Welch ein Irrwahn. Mögen jene
Blitz und Donner mit sich führen,
brausend Sonnendrachen reiten,
unverwundbar sind sie nicht.
Cacamatzin
Nein! Das ist es! Was verröchelt
unter Feindesfaust, ist sterblich.
Sterblich aber und verweslich
sind die wahren Götter nicht.
Guatemotzin
Nichts von Göttern! Aas, nichts weiter
war das weiße Haupt im Tempel.
Eklen, blutverfilzten Haares,
schielenden, gebrochnen Blickes.
Der dies Haupt auf seinen Schultern
trug, von riesigem Geschlechte
mag er, mag ein Gottmensch sein:
doch er kämpfte, ward erschlagen,
litt und starb in seinem Blute,
er verzuckte so wie wir.
Cacamatzin
Überzeug ihn! Felsenstarre
hält des Kaisers Sinn gefesselt.
Grade das ist ihm Bestät'gung,
was du von dem abgeschlagnen
blutigen Haupt im Tempel sagst.
Götter, spricht er, sind's trotzdem.
Ihr seid Menschen, wißt von Menschen,
so erklärt er immer wieder:
Ich nur bin der Sonne Sohn,
bin ein Tonatiuh und kenne
Sonnenkinder und ihr Schicksal!
Der Kazike Qualpopoca tritt ein.
Qualpopoca
Junge Fürsten, gebt mir Auskunft:
Ist der Kaiser schon erwacht?
Guatemotzin
Nein!
Qualpopoca
So sagt mir, die ihr stündlich
in des Kaisers Dunstkreis atmet,
Zeugen jeder Laune seid,
die des Herrschers Antlitz streifet,
was bewog die Majestät
grade jetzt, mich herzurufen?
An der fernen Landesgrenze
bin ich nötiger als hier.
Cacamatzin
Herr, wir wissen's.
Qualpopoca
Ins entblößte
Nautla brechen fremde Räuber.
Riesen, die dem Blitz gebieten.
Doch es sei durchs Schwert, durch Blitze:
stirbt man doch nur einen Tod.
So vermocht' ich's, meinen Kriegern
Mut zu machen, bis sie standen,
mutig kämpften wie die Leuen.
Doch was soll ich hier, wo jeder
Augenblick, den ich verweile,
Städte, Land und Leute kostet ...
Guatemotzin
Herr, Ihr saht sie? Saht sie selber?
Saht sie lebend? Saht sie wirklich?
Reitend auf den Sonnendrachen?
Fernhin mordend durch den Blitz?
Ist es wahr, was man berichtet?
Oder hat die niedre Menge
Furchtgespenster ausgeheckt?
Qualpopoca
Sie sind sterblich! Sie sind sterblich!
Eh ich's wußte – sollt' ich lügen? –,
ward selbst ich von Furcht gelähmt.
Seit ich's weiß, bin ich entschlossen.
Jener Tag, wo ich's erfuhr,
jene Stunde sei gesegnet.
Unsre schwarzen Panther hatten
einen von den weißen Göttern,
von den Donnrern, heimgebracht.
Schaudernd nur band ihn der Priester
an den runden Block aus Jaspis;
wie der Mondgott, rund gebogen,
hing der Riese regungslos.
Und wir zagten! Zagten lange:
sollten wir die Trommeln rühren
und den Opferbrauch vollziehn?
Denn wie aus dem Kern der Sonne
schien in Wahrheit uns geschnitten
dieser rückgebäumte Leib.
Lichte Götterarme spreizend,
schien's, er warte eines Winkes,
um mit seinem Opferblocke
machtvoll sich emporzuheben
in den Strahlengrund des Lichts.
Doch ich winkte, und die Diener
stießen in die großen Muscheln!
Und des Teocalli dumpfe
Pauken kündigten dem Kriegsgott
unser kühnes Opfer an.
Sei es drum, mag sein, ich bebte,
als der Priester jetzt den Steindolch
zaudernd, wie mir schien, erhob:
doch nur einen Augenblick!
Dann entriß sich mir ein Brüllen,
als der weiße Gott sich färbte
und ein Blutstrahl schwarz hervorschoß. –
Und ich trat hinzu, ihr jungen
Fürsten, daß der heiße Regen
die Gewänder mir verdarb,
unverwandten Auges forschend
jede Regung des Gewaltigen,
als man ihm das Herz herausbrach.
Furchtbar schweigend war sein Blick,
als er seines eignen Herzens
rauchend Pulsen sah. Dann starb er.
Starb, wie jeder stirbt! Ward kraftlos,
wurde schwer und schlaff und starb.
Cacamatzin
Und das abgeschlagne Haupt
ist das seine?
Qualpopoca
Ja, du sagst es.
Schrieb ich gleich, es sei im Walde
samt dem Helme aufgefunden.
Cacamatzin
Was, den Hergang nach der Wahrheit
zu berichten, hielt dich ab?
Qualpopoca
Vorsicht war's, um des Mexitli
Tempelpfaffen nicht zu kränken
in des Reiches erster Stadt,
denen dieses Opfer zustand.
Cacamatzin
Wißt ihr, daß der junge Priester
Quetzalcoatls, den des Kriegsgotts
blutige Priester tödlich hassen,
sei's durch Schlauheit oder Fügung,
in Besitz des Haupts geriet?
Und es, selbst wie eine Gottheit,
auf des Sonnengottes Altar
zwischen Gold und Blumen ausstellt?
Und so wies er's unserm Kaiser,
der, verfolgt von diesem Toten,
Fabelträumen unterliegt.
Montezuma, gefolgt von Dienern, tritt schnell ein.
Montezuma
Wovon sprecht ihr?
Schweigen.
Euer keiner
will das Wort dem andern rauben.
So viel Edelmut beschämt mich,
und um es euch gleichzutun,
schenk' ich allen euch die Antwort.
Er schreitet langsam und in sich versunken die Reihe der Diener ab. Diese sowie die Standespersonen haben um ihre kostbare Tracht beim Eintritt des Kaisers unscheinbare Überwürfe zusammengezogen.
Ich bin einsam. Frost umgibt mich.
Niemand liebt mich. Knechte schenkt mir
nur und Feinde diese Welt!
Meine Töchter!
Es werden drei schöne Mädchen zwischen elf und vierzehn Jahren gebracht. Schweigend stehen sie vor ihm. Er streicht nachdenklich über ihre Scheitel.
Kennt ihr mich?
Seht, sie zittern! – Nennt mich Vater! –
Nennt mich Vater! oder geht!
Die Töchter werden hinausgeführt.
Ich bin einsam. – Knechte seh' ich,
keine Freunde, keine Brüder,
keine Götter um mich her!
Qualpopoca
nähert sich in tiefer Devotion
Zwar nicht Götter, auch nicht Brüder
deiner Hoheit sich zu nennen
darf dem Rate der Vasallen
deines Reichs verstattet sein.
Auch der Freundschaft Ruf erreichet
nicht des Sonnensohnes Gipfel.
Doch was Ehrfurcht nicht verbietet:
Lieb' und Treue hegen wir.
Montezuma
Warum kehr' ich immer wieder
aus der Höhle meines Innern
in das falsche Licht zurück,
wo die Ohnmacht meines Daseins
mich aus ödem Raum umängstet?
Nichts vermag ich. Und das heilige
Gottesblut, das in mir rollt,
wenn ich schlummre, wenn ich träume,
stockt wie Blei am wachen Tag.
Helft mir, helft mir: ich bin elend!
Bin ein Bettler nur, kein Kaiser,
und der Leichnam meines Selbst. –
In den Schoß und Kern der Sonne
eingegangen, heimgenommen,
ruh' ich selig und bewußtlos
nachts in traumlos tiefem Schlaf
oder wirke in die Träume
schaffend mit der Lust der Gottheit.
Dann verbreit' ich schöpferischen
Winkes Welten, wölbe Himmel,
schleudre, wie der Sämann Körner,
Sternensaaten in den Raum.
So ins Große, so ins Kleine,
wünschend ohne Wunsch, mich wandelnd,
schalt' ich über Weltalls Grenzen
oder bilde diese Erde
frei zum Paradiese aus.
Täler, Ströme treten lautlos
aus dem Äther in ihr Dasein,
Inseln steigen, und ich bilde
glückbeschenkte Menschenvölker,
Vögel, Fisch und Wurm hinein.
Doch was red' ich! Mich umgeben
wachend widerliche Dinge,
die mir fremd und sinnlos sind. –
Qualpopoca, sei willkommen:
welche Sorge führt dich her?
Qualpopoca
Dein Befehl!
Montezuma
Befehl? Behüte
uns vor Hochmut! Mir befehlt ihr,
mächtige Fürsten! Nicht ich euch.
Denn bei euch ist Macht und Klugheit.
Qualpopoca
Mein Gebieter, was verbrach ich?
So verhöhnt man Missetäter,
deren Urteil schon gefällt ist.
Montezuma
Urteil fällen steht bei dir.
Ich bin nur ein Tor und kindisch.
Qualpopoca
Herr, du strafst mich grausam.
Montezuma
Oh,
hätt' ich Macht, ein Haar zu krümmen!
Oder wo in meinen Reichen
lebt ein Mann so frei von Tücke,
daß er zehnmal nicht des Tages
heimlich mich bei sich verrät?
Qualpopoca
Herr, wär's auch mein eignes Blut,
wär's mein Sohn, der nur von ferne
dächte, was du jetzt gesagt hast,
schleppt' ich ihn vor deine Henker
oder schlüg' ihm selbst das Haupt ab.
Montezuma
Du bist heftig!
Qualpopoca
Mehr als heftig.
Denn ich fürchte nicht den Tod
halb so sehr als eine Meinung,
die, wie deine, mich ins Herz stößt.
Montezuma
Trotz! Ich kenn' ihn! Meine Henker
sollen seine Söhne würgen:
er erwürgt den Willen mir.
Du bist falsch, denn du betrogst mich.
Oder ward der Sonnensohn
nicht im Tempel hingeschlachtet?
Qualpopoca
Ja! Es ist geschehn! Ich log!
Montezuma
Auf den Richtblock!
Cacamatzin
Sonnenkaiser!
Auch mein Leben nimm, auch mich!
Montezuma
Giftiges Gewürm umkriecht mich,
feig und falsch und blind den Grund,
den ich trete, unterwühlend:
Ihr seid Schlangen! Säulen nicht.
Säulen brauch' ich, Fundamente
meiner Herrschaft, Pfeiler! Balken!
die den Tempel meines Hauses
gründen, türmen, tragen, halten
wider Zeit und Ewigkeit!
Guatemotzin
Herr, das ist es: wir sind Pfeiler!
Doch du gräbst uns aus dem Grunde,
und so sinken wir dahin.
Aber lieber will ich selber
in die Nacht des Todes eingehn
als in jene, die herannaht,
wenn der fremde Teufel siegt.
Montezuma
Er wird siegen! Stürzt denn köpflings
in die Gräber eures Glücks,
Toren, die ein Irrwahn blind macht!
Wer bin ich, und wer seid ihr,
die ihr meinem höh'ren Wissen,
meinem göttlichen, zu trotzen
blöden Sinns euch unterfangt.
Überschritten unsre Grenzen
hat der Gott, hat Quetzalcoatl,
meines Hauses heiliger Urahn:
jede Fiber meines Leibes,
froh erschauernd, sagt es mir.
Und ihr wollt wie Gottverlaßne,
wie Verdammte ihn bekriegen?
Ihn, der donnernd kommt, im Lichthelm,
überschleichen, morden, opfern,
schlachten wie ein jagdbar Tier?
Qualpopoca
Herr, in meiner letzten Stunde
sag' ich noch, du bist im Irrtum.
Jenes Rudel weißer Wölfe
hat der Abgrund ausgespien,
und ihr Leitwolf ist kein Gott.
Montezuma
Ruft den Priester Quetzalcoatls!
Qualpopoca
Quetzalcoatls? Seine Priester
hassen Krieg und meiden Blut.
Ihnen scheint ein Bettler göttlich.
Montezuma