Didaktisierung eines literarischen Textes unter sprachfördernden Aspekten. Die Fabel „Der Rabe und der Fuchs“ von La Fontaine - Julia O. - E-Book

Didaktisierung eines literarischen Textes unter sprachfördernden Aspekten. Die Fabel „Der Rabe und der Fuchs“ von La Fontaine E-Book

Julia O.

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Didaktik für das Fach Deutsch - Deutsch als Fremdsprache, DaF, Note: 1,7, Freie Universität Berlin (ZENTRUM FÜR LEHRERBILDUNG / DAZ), Sprache: Deutsch, Abstract: Der Anteil Berliner Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund liegt laut Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft in der Hauptstadt bei weit über 30%. Nicht selten äußern sich die sprachlichen Defizite in Mängeln schulischer Leistungsergebnisse. Die Internationale Schulleistungsstudie PISA der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) beschreibt unter anderem den Erfolg oder Misserfolg von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund in verschiedenen Schulsystemen unterschiedlicher Aufnahmeländer. Die Ergebnisse der Studie aus dem Jahr 2003 zeigten, dass Schülerinnen und Schüler mit nicht deutscher Herkunftssprache in den „Grundbildungsbereichen Mathematik, Lesen und den Naturwissenschaften sowie im Bereich des allgemeinen Problemlösens meist deutlich schlechter […] als ihre Mitschüler aus einheimischen Familien“ abschneiden. Insbesondere literarische Texte erweisen sich häufig für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund in sprachlicher Hinsicht als zu komplex und schwierig zu verstehen, was vor allem der inhaltlichen Erschließung zu Lasten geht. Im Weiteren soll es um die literarische Textgattung Fabel gehen, die sowohl in der Primarstufe, als auch im Sekundarbereich eine bedeutsame Rolle unter den epischen Texten einnimmt. Daraus resultiert als Lehrkraft die Frage, inwiefern diese Thematik ebenso für DaZ-Lerner relevant sein könnte? Besonders für den Kompetenzerwerb bei DaZ-Lernern sind Fabeln hervorragend geeignet. Es handelt sich hierbei um kurze zumeist fiktionale Prosa-Erzählungen mit einem einfachen Handlungsstrang, an dessen Ende implizit oder explizit eine Moral bzw. eine Lehre steht. Die Protagonisten der Geschichte sind oftmals Tiere mit menschlichen Eigenschaften und festgeschriebenen Rollen.

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Inhaltsverzeichnis

 

1. Kontextualisierung

2. Bezug zum Rahmenlehrplan und Kompetenzzuwachs

3. Textanalyse

4. Vorschläge zur Verwendung der Fabel Der Rabe und der Fuchs im Fachunterricht

4.1 Pre-Reading-Activities - Aktivierung des inhaltlichen und sprachlichen Vorwissens

4.2 While-Reading-Activities - Förderung der Lesefertigkeit

4.3 Eingreifübung zur expliziten Spracharbeit

4.4 Post-Reading-Activities - Förderung der Schreibfertigkeit / Sprachproduktion

5. Fächerübergreifende Perspektive – die Möglichkeit der Förderung von Sprachbewusstheit

6. Abschließender Kommentar

7. Literaturliste

Printmedien

Digitale Medien

8. Anhang

 

1. Kontextualisierung

 

Der Anteil Berliner Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund liegt laut Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft in der Hauptstadt bei weit über 30%.[1] Nicht selten äußern sich die sprachlichen Defizite in Mängeln schulischer Leistungsergebnisse.

 

Die Internationale Schulleistungsstudie PISA der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) beschreibt unter anderem den Erfolg oder Misserfolg von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund in verschiedenen Schulsystemen unterschiedlicher Aufnahmeländer.[2] Die Ergebnisse der Studie aus dem Jahr 2003 zeigten, dass Schülerinnen und Schüler mit nicht deutscher Herkunftssprache in den „Grundbildungsbereichen Mathematik, Lesen und den Naturwissenschaften sowie im Bereich des allgemeinen Problemlösens meist deutlich schlechter […] als ihre Mitschüler aus einheimischen Familien“[3] abschneiden.

 

Insbesondere literarische Texte erweisen sich häufig für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund in sprachlicher Hinsicht als zu komplex und schwierig zu verstehen, was vor allem der inhaltlichen Erschließung zu Lasten geht. Im Weiteren soll es um die literarische Textgattung Fabel gehen, die sowohl in der Primarstufe, als auch im Sekundarbereich eine bedeutsame Rolle unter den epischen Texten einnimmt. Daraus resultiert als Lehrkraft die Frage, inwiefern diese Thematik ebenso für DaZ-Lerner relevant sein könnte? Besonders für den Kompetenzerwerb bei DaZ-Lernern sind Fabeln hervorragend geeignet. Es handelt sich hierbei um kurze zumeist fiktionale Prosa-Erzählungen mit einem einfachen Handlungsstrang, an dessen Ende implizit oder explizit eine Moral bzw. eine Lehre steht. Die Protagonisten der Geschichte sind oftmals Tiere mit menschlichen Eigenschaften und festgeschriebenen Rollen.

 

Zunächst begünstigen der geringe Umfang von Fabeln und der einfache Handlungsstrang das Textverständnis grundlegend. Carolin Kautza umschreibt dies, indem sie anmerkt, der/die DaZ-LernerIn könne aufgrund komplexer inhaltlicher und formaler Strukturen regelrecht „vom Text ‚erschlagen‘ werden“[4]. Weiterhin können reduzierte Form und Inhalt motivierend auf die Schülerinnen und Schüler wirken, sich intensiver mit dem Text auseinanderzusetzen.[5] Die märchenhafte Erzählweise und die tierischen Protagonisten erleichtern zusätzlich den Einstieg in den Text, da ähnliche Texte eventuell bereits aus Märchen oder ähnlichen Geschichten bekannt sind.

 

Fabeln sind nicht nur inhaltlich und formal „aufgrund ihrer Kürze und ihres Aufbaus vorzüglich geeignet, die Schüler an die systematische Textanalyse heranzuführen“[6] sie verdeutlichen zudem, „was gute Literatur allgemein zu leisten vermag, nämlich Probleme und Konflikte aus den verschiedensten Bereichen menschlichen Seins bewusst zu machen und Lösungsstrategien dafür anzubieten“[7]. Die Textgattung ist daher hervorragend geeignet, jene morphologisch-syntaktischen Kategorien zu erarbeiten, die DaZ-SchülerInnen besondere Schwierigkeiten bereiten.[8]

 

Um ein optimales Textverständnis leisten zu können, müssen zunächst die grundlegenden sprachlichen Mittel der Textorganisation, wie z.B. Pro-Formen, unregelmäßige Verben, Komposita, Verbklammern usw. erfasst und gedeutet werden können. Aus diesem Grund ist es von großer Notwendigkeit, auch literarische Texte für DaZ-LernerInnen zu didaktisieren. Um das grundlegende Textverständnis einerseits, und die erforderliche Sachkompetenz auf der anderen Seite zu erlangen, benötigen Schülerinnen und Schüler im DaZ-Unterricht „sprachbewusste Hilfestellungen bei der Bewältigung“[9] von mehr oder weniger komplexen Texten.

2.Bezug zum Rahmenlehrplan und Kompetenzzuwachs

 

Der Literaturunterricht der Sekundarstufe I, genauer gesagt der Doppeljahrgangsstufe 7 und 8, richtet sich unter anderem auf das Erschließen und Verstehen literarischer und fiktionaler Texte aus. Die Schülerinnen und Schüler „erweitern ihre Fähigkeiten, auch längere und schwierigere literarische Texte zu erschließen, entwickeln Lesemotivation, unterscheiden zwischen wörtlich Gemeintem und Bedeutung in Texten und setzen sich mit anderen über ihre Untersuchungsergebnisse auseinander“[10]

 

Besonders die Fähigkeit zwischen bildlich und wörtlich Gemeintem zu unterscheiden, Figuren in einfachen Texten zu beschreiben und deren Rolle in der Handlung zu erfassen[11] sind essentielle Kompetenzen, deren Förderung der Umgang mit Fabeln ermöglicht. Einzelne Übungen können ebenso auf das Unterscheiden in Texten zwischen Perspektiven auf ein Problem/Geschehen[12] abzielen.

 

 Laut Marion Gutzmann ist für die Erschließung einer Fabel Vorwissen aus allen vier Kompetenzbereichen des Rahmenlehrplans nötig, welches die relevanten Kompetenzen für die Texterschließung bereit stellt und ermittelt, welche Kompetenzen gefestigt, erweitert oder erworben werden müssen.[13] Innerhalb der Doppeljahrgangsstufe 7/8 ist der Kompetenzbereich Lesen: Verstehen von literarischen Texten/fiktionalen Texten und Medien[14] ein Pflichtkomplex im Deutschunterricht. Dabei soll vor allem Leseinteresse und Textverständnis bei den Schülerinnen und Schülern entwickelt werden. MuttersprachlerInnen und DaZ-LernerInnen sollen dabei jedoch nicht nur den Fokus auf sprachliche Besonderheiten und mögliche Stolpersteine im Text legen, sondern die Gattung der Fabel als Ganzes betrachten und Unterschiede zwischen literarischen Textsorten kennen und nutzen.[15]

 

Die einfache, überschaubare und rhetorisch scharfsinnige Struktur der Fabel muss in engem Verhältnis zur didaktischen Absicht des Textes verstanden werden. Der grundlegenden Ausgangssituation des Inhaltes, die die notwendigen Informationen für das Verständnis der Fabel gibt, folgt eine Konfliktsituation aus der sich folgerichtig eine Antithetik ergibt. Diese entsteht durch die Gegenüberstellung zweier konträrer Verhaltensweisen, die letztendlich im Konflikt enden. Dabei wird eine Handlungsalternative deutlich als die überlegenere dargestellt, dessen daraus hervorgehende Lehre sich bis zum Höhepunkt zuspitzt und in einem überraschenden Moment gipfelt.[16] Die Schülerinnen und Schüler sind folglich gefordert, „konventionelle Erzählstrategien (Problem/Konflikt; Entfaltung in Handlungsschritten, Ergebnis/Lösung) in ihrer Bedeutung für die Präsentation eines Themas/Problems“[17] zu erfassen und darzustellen.

3. Textanalyse

 

Die Fabel Der Rabe und der Fuchs (La Fontaine) offeriert typische Stolpersteine der deutschen Sprache, die vor allem DaZ-LernerInnen massive Schwierigkeiten hinsichtlich des Textverständnisses bereiten. Im Rahmen der folgenden Textanalyse sollen jene Stolpersteine herausgestellt werden, die besonders häufig in literarischen Texten, vordergründig Fabeln, zu finden sind. Dazu gehören unregelmäßige Verben, verschiedene Pro-Formen, Verben mit Verbklammer, Komposita und Vokabular in nicht mehr gebräuchlicher Sprache. Die jeweiligen Erklärungen sind am rechten Rand in der gleichen Farbe markiert, wie die entsprechenden Textbeispiele. In wenigen Fällen kommt es zur Überschneidung sprachlicher Stolpersteine, dann ist das entsprechende Wort durch beide zutreffenden Farben kenntlich gemacht worden.

 

Abschließend ist zu erwähnen, dass der gesamte Text im Präteritum verfasst ist, was eine zusätzliche Schwierigkeitshürde für das Textverständnis von DaZ-SchülerInnen darstellt.

 

Die ausführliche Textanalyse befindet sich im Anhang.[18]

4. Vorschläge zur Verwendung der Fabel Der Rabe und der Fuchs im Fachunterricht

 

4.1 Pre-Reading-Activities - Aktivierung des inhaltlichen und sprachlichen Vorwissens

 

Der Cartoon zur Fabel Der Rabe und der Fuchs[19], als visueller Reiz, dient als Einstieg in den Themenbereich Fabeln. Die kindliche Darstellung der Tiere knüpft an Vorwissen und Interessen der SuS an und soll die Gelegenheit bieten, Assoziationen zur Handlung der dargestellten Situation zu äußern.

 

Um den Schülerinnen und Schülern die Lektüre des Textes zu erleichtern, ist es von Vorteil, im Voraus die grundsätzlichen Ideen und Aspekte der Fabel Der Rabe und der Fuchs zu diskutieren. Auf diese Weise wird nicht nur essentielles Vorwissen, das das spätere Textverständnis erleichtert, erarbeitet, diese Pre-reading-activity dient vordergründig der Motivation der DaZ-LernerInnen. Durch diesen ansprechend gestalteten Einstieg ins Thema, soll an erster Stelle die Neugier und das Interesse geweckt werden.

 

Die Schülerinnen und Schüler sind auf diese Weise dazu angehalten, mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Vokabular einfach gegliederte Satzkonstruktionen zu bilden, ohne dass die Richtigkeit der Sprache im Vordergrund steht. Selbst Schülerinnen und Schüler mit weniger ausgeprägten Kenntnissen können sich an der Diskussion des Bildes beteiligen, ohne Angst haben zu müssen, etwas Falsches zu sagen.

 

Unterdessen besteht für die Lehrkraft die Möglichkeit, die genannten Vorschläge und Stichwörter der Redebeiträge an der Tafel festzuhalten und in Kategorien einzuordnen. Dabei werden die Nomen mit dem dazugehörigen Artikel, starke Verben mit der Stammform angegeben und bei Adjektiven wird die Präposition mit Kasusangabe angeschrieben.[20] Die Schülerinnen und Schüler können anschließend die erarbeiteten Hinweise in ihr Heft übernehmen oder es in eine vorgefertigte Tabelle auf einem Arbeitsblatt übertragen.

 

Der Kompetenzzuwachs durch die jeweiligen Pre-reading-activities begründet sich vor allem auf der Aktivierung subjektiven Hintergrundwissens, wodurch vor allem die „Eigenschaften der Fabelfiguren von realen Tierfiguren“[21] abgegrenzt bzw. verglichen werden sollen. Außerdem wird der Kompetenzbereich Schreiben gefördert, indem Informationen in geeigneter Form dargestellt und dokumentiert werden.[22]

 

Zur Aktivierung und Bereitstellung von Vorwissen dient darüber hinaus die Textentlastungsmethode „Vorwissen aktivieren“[23]. Um im Rahmen des Lesevorgangs ein gutes Verständnis dafür zu schaffen, warum die Fabelfiguren wie handeln, kann es hilfreich sein, zunächst die grundlegenden Eigenschaften von Rabe und Fuchs herauszustellen. Auf diese Weise kann zu einem späteren Zeitpunkt ein kontrastiver Vergleich der Tiere gezogen werden. Die Bilder der beiden Säugetiere dienen zum Einen der ansprechenden Gestaltung und zum anderen der gezielten Aktivierung von Vorwissen, sowie dem Vergleich der beiden Darstellungsformen Cartoon – reales Abbild. Später kann dazu der Vergleich gezogen werden, inwiefern die Darstellung der Tiere im Text mit den visuellen Abbildungen korreliert.

 

4.2 While-Reading-Activities - Förderung der Lesefertigkeit

 

While-reading-activities eigenen sich vordergründig für die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Fabel. Hauptanliegen ist es dabei, die Lesekompetenz der DaZ-LernerInnen zu fördern. Dies gelingt am besten, indem verschiedene Lesestile angesprochen werden, um das Textverständnis der Schülerinnen und Schüler auf größtmöglicher Ebene zu gewährleisten. Günstig ist es, die DaZ-LernerInnen zunächst Übungen zur Erstrezeption bearbeiten zu lassen, bei denen das Globalverständnis und vorerst nur grobe Inhalte des Textes im Vordergrund stehen.[24]

 

Diese Textentlastungsübungen bieten den Schülerinnen und Schülern einen strukturierenden Überblick über den zu erarbeitenden Text und dienen gleichzeitig als vorbereitende Grundlage für die Erschließung tieferer Textstrukturen.

 

Im Anhang befindet sich das Material der drei While-reading-activities zur Förderung der Lesefertigkeit für Schülerinnen und Schüler der Doppeljahrgangsstufe 7/8 unter den Stichworten „Wörter suchen“, „Informationen ermitteln und vergleichen“ und „stimmt oder stimmt nicht?“[25].

 

Mithilfe der Textentlastungsaufgabe „Wörter suchen“ wird der erste Kontakt zwischen den Schülerinnen und Schülern und der Fabel Der Rabe und der Fuchs hergestellt, dabei handelt es sich jedoch lediglich um eine Suchübung. Auf diese Weise setzen sich die DaZ-LernerInnen bereits mit dem grundlegenden Wortschatz des Textes auseinander und werden auf Vokabeln aufmerksam gemacht, die essentiell für das Textverständnis sind.