Die 101 wichtigsten Fragen und Antworten - Afrika - Asfa-Wossen Asserate - E-Book

Die 101 wichtigsten Fragen und Antworten - Afrika E-Book

Asfa-Wossen Asserate

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Beschreibung

Prinz Asfa-Wossen Asserate gibt klar, kenntnisreich und auf der Grundlage von aktuellem Datenmaterial Antworten auf die 101 wichtigsten Fragen zu Afrika: von den Anfängen der Menschheit über kulturelle und technische Entwicklungen bis zur gegenwärtigen Lage der Flüchtlinge in Afrika

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Asfa-Wossen Asserate

Afrika

Die 101 wichtigsten Fragen und Antworten

C.H.Beck

Zum Buch

Asfa-Wossen Asserate – äthiopischer Prinz und promovierter Historiker, Unternehmensberater und erfolgreicher Buchautor – bietet in 101 Fragen und Antworten fundiertes Wissen, manch ungewöhnliche Perspektive und nicht selten provozierende Analysen der Geschichte, Gesellschaft, Wirtschaft, Kulturen und Religionen Afrikas: Weshalb sind wir alle Afrikaner? Was ist das «Herz der Finsternis»? Welche Bedeutung hat Voodoo in Afrika? Was bedeutet die Arbeit des Internationalen Währungsfonds für die afrikanischen Staaten? Ist die Beschneidung von Frauen ein typisch afrikanischer Brauch? Sind afrikanische Staaten korrupter als europäische? Welche Rolle spielen Kindersoldaten in Afrika? Welchen Einfluss hat China auf die afrikanische Wirtschaft? Welche Besonderheiten bietet die afrikanische Küche? Welche Auswirkung hat die Klimaveränderung auf Afrika? Was verdanken wir Afrika?

Mit seiner engagierten und mutigen Einführung macht Asfa-Wossen Asserate neugierig auf Afrika und weist interessante Wege zum besseren Verständnis dieses Kontinents.

Über den Autor

Asfa-Wossen Asserate – Großneffe des letzten Kaisers von Äthiopien und damit ein Prinz aus dem Hause David (2007), Fachmann für alle Fragen des guten Stils, wie er unter anderem in seinem Bestseller Manieren (2003) unter Beweis gestellt hat, Träger des Adelbert-von-Chamisso-Preises (2004) und ausgezeichnet mit dem Walter-Scheel-Preis für Entwicklung (verliehen 2011 vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit) – ist ein profilierter Kenner afrikanischer Geschichte, Kultur, Wirtschaft und Politik, zudem Unternehmensberater für Afrika und den Mittleren Osten. Im Verlag C.H.Beck ist von demselben Autor ferner lieferbar: Deutsche Tugenden. Von Anmut bis Weltschmerz (22013).

Inhalt

Geschichte

1. Woher kommt der Begriff Afrika?  

2. Welche Wissenschaften befassen sich mit der Erforschung Afrikas?

3. Weshalb sind wir alle Afrikaner?  

4. Warum sollten wir nicht von einem «Schwarzen Kontinent» sprechen?  

5. Welche Bedeutung hatte Ägypten in der Antike?  

6. Inwieweit war Afrika in die Geschichte der Kreuzzüge verstrickt?  

7. Weshalb wurde Afrika kolonialisiert?  

8. Gab es jemals Kannibalismus in Afrika?  

9. Welche Dimensionen hatte der Sklavenhandel mit Schwarzafrikanern?  

10. Wie entstand der Maghreb?  

11. Was geschah im Herero-Krieg?  

12. Was waren die Burenkriege?  

13. Was hatte Feldmarschall Rommel in Afrika verloren?  

14. Wie erlangten die afrikanischen Staaten ihre Unabhängigkeit?  

15. Wie versuchen die Afrikaner, die Erfahrung des Kolonialismus zu verarbeiten?  

16. Worin liegen die Besonderheiten der äthiopischen Monarchie?  

Personen

17. Wie heißen die ältesten bekannten Afrikanerinnen?  

18. Was hat Leni Riefenstahl mit Afrika zu tun?  

19. Worin lag die Bedeutung Albert Schweitzers für Afrika?  

20. Welche Bedeutung hatte Gamal Abdel Nasser für Afrika?  

21. Wie war Kaiser Haile Selassie mit der Königin von Saba verwandt?  

22. Weshalb saß Nelson Mandela 27 Jahre im Gefängnis?  

23. Wofür wurde Desmond Tutu mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet?  

24. War Kofi Annan ein guter Generalsekretär der Vereinten Nationen?  

Kultur

25. Was war das ägyptische Totenbuch?  

26. Was ist das «Herz der Finsternis»?  

27. Ist es normal, wenn man in Marrakesch «Stimmen hört»?  

28. Welche Besonderheiten hat die afrikanische Küche?  

29. Wie verbreitet sind TV und Handy in Afrika?  

30. Welchen Stellenwert hat das Theater in Afrika?  

31. Welches sind die wichtigsten Bekleidungsformen in Afrika?  

32. Warum spielt der Tanz in Afrika eine so große Rolle?  

33. Welche Bedeutung hat der Körperschmuck in Afrika?  

34. Welcher Voraussetzungen bedarf es, in Afrika eine Universität zu besuchen?  

35. Liest man Harry Potter auch in Afrika?  

36. Welche Musik spielt man in Afrika?   

37. Ist afrikanische Kunst primitiv?  

38. Welche Bedeutung hatte die «Negerplastik» für die europäische Kunst?  

39. Gibt es eine eigene afrikanische Literatur?  

40. Gibt es eine spezifisch afrikanische Malerei?   

41. Welche Bedeutung haben Mythen für die afrikanische Kultur?  

Religion

42. Seit wann gibt es das Christentum in Afrika?  

43. Welche Religionen sind in Afrika auf dem Vormarsch?  

44. Wie tolerant sind die verschiedenen Religionsgruppen im Umgang miteinander?  

45. Wie verbreitet sind Magie und Zauberei in Afrika?  

46. Welchen Stellenwert hat der Ahnenkult im Leben eines Afrikaners?  

47. Ist Rastafari ein Gott?  

48. Gibt es eine jüdische Geschichte in Afrika?  

49. Welche Bedeutung haben Voodoo und Candomblé in Afrika?  

Familie

50. Wie patriarchalisch ist die afrikanische Gesellschaft?  

51. Wie viele Kinder hat eine afrikanische Familie?  

52. Gibt es Altenheime in Afrika?  

53. Welche Familienfeste feiert man in Afrika?  

Gesellschaft

54. Leben die Buschmänner heute noch wie in der Steinzeit?  

55. Leben die Pygmäen im Einklang mit der Natur?  

56. Ist die Beschneidung von Frauen ein typisch afrikanischer Brauch?  

57. Welche Rolle spielen die innere und die äußere Identität der Afrikaner für das Zusammenleben der Gesellschaft?  

58. Womit verbringen afrikanische Jugendliche ihre Wochenenden?  

59. Gehen afrikanische Kinder gerne in die Schule?  

60. Gibt es heute noch Sklaverei in Afrika?  

61. Gibt es eine traditionelle afrikanische Medizin?  

62. Wie verläuft die Ausbreitung von AIDS in Afrika?  

63. Welche Bedeutung hat Malaria heute noch in Afrika?  

64. Hat Afrika ein Drogenproblem?  

65. Welche Sportarten sind in Afrika besonders beliebt?  

66. Welche Bedeutung hatte die Fußballweltmeisterschaft 2010 für Südafrika im Besonderen und für Afrika im Allgemeinen?  

Politik

67. Warum ist Afrika arm?  

68. Um welche Ziele wurde der Biafrakrieg geführt?  

69. Was ist Apartheid?  

70. Wie ist die Stellung der Frau in der Politik afrikanischer Staaten?  

71. Stellt Terrorismus eine Bedrohung für Afrika dar?  

72. Ist Afrika ein kriegerischer Kontinent?  

73. Gibt es eine Tradition des Völkermords in Afrika?  

74. War es eine gute Idee von Gaddafi, einen panafrikanischen Staat gründen zu wollen?  

75. Welche Entwicklungshilfe für afrikanische Staaten ist sinnvoll?  

76. Sind afrikanische Staaten korrupter als europäische Staaten?  

77. Welche Rolle spielte Afrika im Kalten Krieg?  

78. Welche Rolle spielen Kindersoldaten in den heutigen bewaffneten Konflikten in Afrika?  

79 Was hat es mit dem Begriff «Arabischer Frühling» auf sich?  

80 Worum geht es bei der Diskussion um ein Flüchtlingsabkommen mit Libyen?

81. Wie ist es um die Menschenrechte in Afrika bestellt?  

82. Welchen Einfluss haben die ehemaligen Kolonialmächte heute in Afrika?  

83. Aus welchen Krisengebieten kommen die meisten afrikanischen Flüchtlinge?  

Wirtschaft

84. Wie versucht Afrika, das Hungerproblem zu lösen?  

85. Welche Rolle spielt die Kernenergie in Afrika?  

86. Welche Bedeutung haben die Bodenschätze in Afrika?  

87. Wie hoch ist der technische Entwicklungsstand Afrikas?  

88. Welche Rolle spielt der Tourismus für Afrika?  

89. Wie sieht die wirtschaftliche Zusammenarbeit in Afrika aus?  

90. Was bedeutet die Arbeit des Internationalen Währungsfonds für Afrika?  

91. Welchen Einfluss hat China auf die afrikanische Wirtschaft?  

92. Profitiert Afrika von der Globalisierung?  

Geographie und Natur

93. Warum war es so schwer, die Quellen des Nils zu entdecken?  

94. Warum darf die Serengeti nicht sterben?  

95. Wie sind die Nationalparks in Afrika entstanden?  

96. Welche Klimazonen hat Afrika?  

97. Welche Bedeutung hat der Umweltschutz in Afrika?  

98. Welche Auswirkung hat die Klimaveränderung auf Afrika?  

99. Welche Probleme hat Afrika mit dem Artenschutzabkommen?  

Ausblick

100. Welche Probleme muss Afrika vordringlich lösen?  

101. Was verdanken wir Afrika?  

Nachwort

Geschichte

1. Woher kommt der Begriff Afrika?  Der Name Afrika stammt aus dem Lateinischen. Im Jahre 146 v. Chr. eroberten die Römer im Dritten Punischen Krieg (149–146 v. Chr.) die Stadt Karthago, nahe dem heutigen Tunis, und gründeten bald darauf die Provinz Africa. Warum die Römer ihre neue Provinz Africa nannten, bleibt allerdings unklar:

Phönizische Siedler, die Punier, die aus Tyros im heutigen Libanon nach Nordafrika eingewandert waren, hatten 814 v. Chr. Karthago gegründet. Die Römer aber bezeichneten den Bewohner ihrer neugegründeten Provinz als Afer und die Bewohnerin als Afra nach dem Namen des Volkes, das um Karthago lebte: den Afri. Die Afri – so die einhellige Forschungsmeinung – waren ein Berberstamm, der am Fluss Bagradas im heutigen Tunesien lebte. Im Verhältnis zu den Afri bildeten die Phönizier vermutlich die Oberschicht Karthagos. Sprachwissenschaftler wollen in dem Wort ‹Afer› den phönizischen Ausdruck für Staub erkennen und spekulieren, dass darin eine respektlose Bezeichnung der Phönizier für das von ihnen beherrschte Volk verborgen sei. In Äthiopien übrigens, im Grenzgebiet mit Eritrea und Dschibuti, leben bis heute die nomadischen Danakil, die sich selbst Afar nennen. Eine Verbindung zu dem Volk, auf das einst die Römer trafen, ist allerdings kaum auszumachen. Manche Historiker mutmaßen, dass ein Zusammenhang zwischen Afer und Ophir bestehe, dem sagenhaften Land der Bibel, aus dem König Salomo seine Goldschätze bezog. Wie dem auch sei: Im Laufe der Zeit wurde der Provinzname Africa von den Römern auf ganz Nordafrika und schließlich auf den gesamten Kontinent übertragen.

Hatten als Erste die Griechen den Kontinent als Einheit wahrgenommen und ihn Libyae genannt – lange bevor die Römer Afrika als Kontinent auffassten –, so identifizierten sich die Bewohner Afrikas mit ihren Clans und ihren Sprachgemeinschaften; als Einheit aber nahmen sie ihren Erdteil kaum wahr. Die Afrikaner waren in ihrer Selbstwahrnehmung zunächst einmal Menschen. Deshalb nannten sich die Völker in ihren jeweiligen Sprachen Bantu oder Khoi oder benutzten entsprechende Begriffe, die ihr Menschsein herausstellten.

2. Welche Wissenschaften befassen sich mit der Erforschung Afrikas?  Die erste wissenschaftliche Gesellschaft zur Erforschung Afrikas wurde am 9. Juni 1788 in London gegründet: die African Association. Das Innere des afrikanischen Kontinents war auf europäischen Landkarten zu dieser Zeit noch ein ausgedehnter weißer Fleck. «Diese Ignoranz muss als große Schande für das gegenwärtige Zeitalter betrachtet werden», heißt es in der Gründungsurkunde dieses Clubs, den zwölf englische Gentlemen ins Leben riefen.

Die African Association förderte Forschungsreisen zu den großen Flüssen Afrikas – dem Nil, dem Niger oder dem Kongo. Ihr Verlauf und ihre Quellen lagen bis dahin noch völlig im Dunkeln. Aus der African Association ging 1831 die Royal Geographical Society hervor, eine der weltweit größten Gelehrtengesellschaften für alle Fragen aus dem Bereich der Geographie.

Schon im 16. und 17. Jahrhundert begannen christliche Missionare, einzelne Sprachen des Kontinents zu studieren: Als bedeutendstes Werk dieser Missionssprachwissenschaften gilt die Kikongo-Grammatik – die Grammatik einer Bantusprache – von Giacinto Brusciotto aus dem Jahr 1659. Athanasius Kircher übersetzte 1636 ein koptisch-arabisches Wörterbuch ins Lateinische, und der Erfurter Hiob Ludolf veröffentlichte 1698 in Frankfurt am Main ein amharisch-lateinisches Wörterbuch sowie eine Grammatik zur alten äthiopischen Kirchensprache Ge’ez; damit wurde Letzterer zum Begründer der Äthiopistik in Europa, die sich ursprünglich vor allem mit der antiken christlichen Kultur Äthiopiens befasste. Doch schon Hiob Ludolf strebte auch eine umfassende Darstellung der verschiedenen Völker und Kulturen der äthiopischen Region an. Insgesamt werden in Äthiopien und Eritrea über 70 Sprachen gesprochen.

Deutschsprachige Missionare und Wissenschaftler dominierten im 19. Jahrhundert die sprachwissenschaftliche Afrikaforschung. Zwei Theologen waren auch die ersten Professoren für Afrikanistik in Deutschland: Carl Meinhof seit 1909 am Hamburger Kolonialinstitut und Diedrich Westermann seit 1909 am Seminar für orientalische Sprachen in Berlin. Ein fast 200-jähriges Forschungsinteresse und ein ganz breites Erkenntnisinteresse im Hinblick auf Afrika pflegt man an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main; der Naturwissenschaftler Eduard Rüppell (1794–1884) sowie der Ethnologe Leo Frobenius (1873–1938) legten dafür die Grundlagen. Auch an der Universität Wien blickt die Afrikanistik auf eine große Tradition zurück, die 1873 mit dem Ägyptologen Leo Reinisch einsetzte.

Die Erforschung Afrikas orientierte sich lange an den kolonialen oder missionarischen Interessen der Europäer. Heute gehören zu den Forschungsschwerpunkten die Beschreibung noch wenig bekannter, oft vom Aussterben bedrohter afrikanischer Sprachen sowie der Sprachvergleich, der zu einem besseren Einblick in die historischen Sprachzusammenhänge verhelfen soll und damit zu einer besseren Kategorisierung der Sprachen. Im deutschsprachigen Raum finden sich heute Institute und Studiengänge für Afrikanistik, Afrikakunde, Afrikastudien, Afrikanische Sprach- und Literaturwissenschaften sowie für viele andere Disziplinen mit einem Afrikabezug beispielsweise in Basel, Bayreuth, Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Leipzig, Mainz, München und Wien. An einigen Lehrstühlen hat man vor allem die mündlichen Überlieferungen der afrikanischen Völker, ihre Mythen, Sagen, Märchen und Erzählungen, als großen Kulturschatz entdeckt, zum Forschungsschwerpunkt erkoren und arbeitet nun an ihrer Sammlung und Dokumentation.

Seit den Anfängen der Afrikaforschung ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Wissenschaftszweige von besonderer Bedeutung. Afrika ist ein Kontinent, der in zahlreichen wissenschaftlichen Disziplinen einen hohen Stellenwert einnimmt. Unter den geisteswissenschaftlichen Fächern sind es neben anderen die Archäologie, Ethnologie, Geschichte, Islamwissenschaften, Linguistik, Literaturwissenschaften, Kunst-, Medien- und Musikwissenschaften; hinzu kommen Fächer wie Politik-, Rechts- und Religionswissenschaften, Soziologie und Wirtschaftswissenschaften. Eine bedeutende Rolle spielt Afrika aber auch in naturwissenschaftlichen Fächern wie Botanik, Geologie, Medizin, Paläontologie und Zoologie.

3. Weshalb sind wir alle Afrikaner?  Genetiker und Molekularbiologen in Berkeley sammelten und untersuchten die DNS von Menschen auf der ganzen Welt. Sie stellten fest, dass die Variabilität innerhalb Afrikas bei Weitem am größten ist, und kamen zu dem Schluss, dass die Vorfahren aller Menschen ursprünglich aus Afrika stammten. Die Forscher konzentrierten sich auf Vererbungsmerkmale, die von der Mutter an ihre Kinder weitergegeben werden, so dass Journalisten den Begriff «afrikanische Eva» für die Mutter der Menschheit prägten.

Die folgenden Diskussionen machten deutlich, dass es einer Modifizierung der anfänglichen Analyse bedurfte; generell blieben die Ergebnisse jedoch konstant und wurden durch andere Studien bekräftigt. Auch genetische Untersuchungen männlicher Vererbungslinien erbrachten die gleichen Resultate: Der Ursprung von Homo sapiens und mithin aller heutigen Menschen ist – nach einer bereits Millionen Jahre währenden und sich in Afrika vollziehenden Vorgeschichte – möglicherweise bereits vor 315.000 Jahren auf diesem Kontinent zu konstatieren. Jüngste archäologische Ausgrabungen haben die sterblichen Überreste von Menschen zutage gefördert, die physisch nicht von modernen Menschen zu unterscheiden sind und in Äthiopien schon vor 160.000 Jahren lebten.

Diese Geschichte der Ausbreitung des Menschen wird heute von vielen Wissenschaftszweigen bestätigt: Von Afrika aus verbreiteten sich die Menschen schließlich über die ganze Welt. Sie passten sich den unterschiedlichen klimatischen Bedingungen der verschiedenen Weltgegenden an und entwickelten ihre regionalen Eigenheiten. Hauptmotor der unglaublich raschen Evolution der Menschheit aber war und ist der fortwährende Austausch und Dialog zwischen den sich unterschiedlich entwickelnden Kulturen. Manche Sozialwissenschaftler gehen sogar so weit, unsere Spezies nicht als ‹Homo sapiens›, sondern als ‹Homo migrans› (umherziehender Mensch) zu bezeichnen, denn die Begegnung unterschiedlicher Kulturen durch verschieden motivierte Wanderungen Einzelner oder ganzer Gruppen ist das entscheidende Merkmal der kulturellen Entwicklung der Menschen.

4. Warum sollten wir nicht von einem «Schwarzen Kontinent» sprechen?  Afrika ist ein bunter, lebendiger Kontinent. Kulturell gesehen gibt es in Afrika die größte Vielfalt von Menschen auf unserer Erde. Es wäre zu einseitig, vom «Schwarzen Kontinent» zu sprechen. Der polnische Journalist Ryszard Kapuscinski (geb. 1932), einer der ganz großen westlichen Afrikakorrespondenten, der mehr als 40 Jahre lang aus den verschiedenen Ländern Afrikas berichtete, schreibt: «Dieser Kontinent ist zu groß, als dass man ihn beschreiben könnte. Er ist ein regelrechter Ozean, ein eigener Planet, ein vielfältiger, reicher Kosmos. Wir sprechen nur der Einfachheit, der Bequemlichkeit halber von Afrika. In Wirklichkeit gibt es dieses Afrika gar nicht, außer als geographischen Begriff. Afrika, das sind Tausende von Situationen. Verschiedenste, unterschiedlichste, völlig gegensätzliche Situationen. Jemand sagt: ‹Dort herrscht Krieg.› Und er hat recht. Ein anderer sagt: ‹Dort ist es friedlich.› Und er hat auch recht. Denn alles hängt davon ab – wo und wann.»

Manche beziehen den Begriff «Schwarzer Kontinent» auf die Hautfarbe der Bewohner. Doch sind bei Weitem nicht alle Afrikaner dunkelhäutig: Viele Nordafrikaner und auch Südafrikaner haben eine helle Haut. Für wen das eine Rolle spielt und wer vielleicht sogar eine höhere Kultur mit einer hellen Hautfarbe verbindet, sei an wissenschaftliche Erkenntnisse erinnert: Auch die Vorfahren der europäischen Kultur waren dunkelhäutig. «Die weiße Haut entstand lange nach der Ankunft des modernen Menschen in Europa», sagen amerikanische Genetiker nach neuesten Forschungen. Höhlenmaler, Steinzeitjäger und wahrscheinlich auch die Pfahlbauer am Bodensee müssen wir uns dunkelhäutig vorstellen. Erst in der Jungsteinzeit, vor etwa 6000 Jahren, «verblasste» die europäische Bevölkerung.

5. Welche Bedeutung hatte Ägypten in der Antike?  An den Ufern des Nils entwickelte sich in der Antike eine der ältesten und bedeutendsten Hochkulturen der Erde. Die Ägypter haben eine ganze Reihe zivilisatorischer Glanzleistungen hervorgebracht: Mit den Hieroglyphen, den Heiligen Zeichen, ersannen sie eine der frühesten Schriften, die über 3000 Jahre in Gebrauch blieb. Ihre hochentwickelte Bau- und Ingenieurskunst lässt uns noch heute über ihre architektonischen Wunderwerke wie die Pyramiden staunen. Diese Bauten basieren auf ausgefeilten mathematischen Kenntnissen. Zudem verfügten die Ägypter über erstaunliches astronomisches Wissen, und sie führten einen der ersten alltagstauglichen Kalender ein. Die ganz eigene Ausprägung der ägyptischen Kultur in Kunst, Architektur und Religion fasziniert bis heute unzählige Menschen.

Die Errungenschaften der Ägypter hatten einen großen Einfluss auf die Nachbarvölker und auf spätere Kulturen. Der altägyptische Kalender liegt dem julianischen zugrunde. Die ägyptische Medizin war bei den Griechen hoch angesehen; und auch die Grundlagen der Mathematik, wie die Trigonometrie, lernten die Griechen von den Ägyptern. Spekulationen ranken sich darum, wie weit die ägyptische Religion, insbesondere die Phase des strengen Monotheismus – d.h. der Verehrung nur eines Gottes – unter Pharao Echnaton im 13. Jahrhundert v. Chr. die Geschichte des Alten Testaments beeinflusste.

In der griechisch-römischen Antike galt Ägypten als die Urheimat der Weisheit, die von dort über Mose in der Bibel und über Orpheus, Pythagoras, Platon und andere griechische Ägyptenreisende Eingang in die abendländische Tradition fand. Manche spekulieren gar, dass die griechische Kultur letztlich aus Ägypten gekommen sei, was freilich kulturgeschichtlich bedenklich ist. Sicher sind jedoch Elemente ägyptischer Kultur – wie menschengestaltige Skulpturen – in die griechische übernommen worden.

Büste der Nofretete, Gemahlin des Pharaos Echnaton, bemalter Kalkstein und Gips, um 1340 v. Chr., Bode-Museum, Berlin

Der Anfang der ägyptischen Geschichte wird in den Legenden als die «Regierungszeit der Götter» bezeichnet. Dieses ‹Goldene Zeitalter› Tep-Zepi wurde, wie uns etwa der Turiner Königspapyrus berichtet, vom Gott Ptah errichtet. Er ist der Schöpfergott, der den Legenden zufolge 9000 Jahre über Ägypten herrschte.

Den Beginn der historischen Zeit in Ägypten markiert die Bildung eines gesamtägyptischen Königtums um 3100 v. Chr. Seit dieser Zeit sind schriftliche Überlieferungen erhalten. Ursprünglich bestand das Alte Ägypten aus zwei Ländern: Ober- und Unterägypten. Archäologische Funde in Unterägypten reichen bis in das 6. Jahrtausend v. Chr. zurück. Sie belegen eine enge Verbindung mit Vorderasien, vor allem mit der sumerischen Kultur Mesopotamiens im heutigen Irak. Die Funde in Oberägypten dagegen zeigen eine enge Verbindung mit afrikanischen Kulturen – vor allem mit den nubisch-sudanesischen Völkern sowie mit Äthiopien, dem Quellgebiet des Blauen Nils. Seit jeher war der Nil die Lebensader Ägyptens. Der Fluss prägte die Kultur und das Leben der Menschen.

Am Oberlauf des Nils bildete sich mit Nubien ein zweites, afrikanisch geprägtes Machtzentrum. Über viele Jahrhunderte stützte sich das Pharaonenreich der Ägypter wirtschaftlich auf die Ausbeutung der sagenhaft reichen nubischen Goldvorkommen. Im Verlauf des 8. Jahrhunderts v. Chr. dehnten die Nubier ihren Einfluss immer weiter nach Norden aus, und von ca. 715 bis 664 regierte eine nubische Dynastie über ganz Ägypten. Unter ihr erlebte die alte ägyptische Kultur eine Art Renaissance: Die glorreiche Vergangenheit wurde wiederentdeckt. In vielen Lebensbereichen orientierte man sich an Vorbildern aus früheren Epochen.

Zu Beginn seiner Geschichte ist Ägypten deutlich nach Süden, nach Afrika, orientiert. Der Handel mit innerafrikanischen Produkten ist schon im Alten Reich (ca. 2700 bis um 2200 v. Chr.) nachweisbar. Nach der Herrschaft der Nubier über ganz Ägypten kommt es jedoch zu einem Bruch. Die nachfolgende Dynastie ist libyschen Ursprungs und orientiert sich nahezu ausschließlich hin zur Mittelmeerwelt. Alle wichtigen Zentren liegen jetzt in der Nähe des Nildeltas. Oberägypten wird Provinz.

Nach den Libyern herrschen Perser über Ägypten. 332 v. Chr. erobert schließlich der Makedone Alexander der Große das Reich am Nil und gründet dort die Weltstadt Alexandria. Nach dessen Tod wird Ägypten von Alexanders General Ptolemaios verwaltet, der sich bald selbst Pharao nennt und die Dynastie der Ptolemäer gründet. Von nun an gehört Ägypten zu den hellenistischen Reichen des Mittelmeerraums, beherrscht von einer griechischen Oberschicht. Aus dieser Zeit stammen auch die meisten Berichte der griechischen Historiker über Ägypten. Sie prägen unser Bild von Ägypten als einer eher vorderasiatisch-griechischen denn afrikanischen Kultur. Nach der Niederlage Kleopatras VII. und ihres Gatten Marcus Antonius gegen die Flotte Octavians – des nachmaligen Augustus – in der Seeschlacht bei Actium (31 v. Chr.) nahm sich die letzte Ptolemäerin das Leben; Ägypten wurde zur Kornkammer des römischen Imperiums.

6. Inwieweit war Afrika in die Geschichte der Kreuzzüge verstrickt?  Die Geschichte der Kreuzzüge ist die Geschichte des Versuchs christlicher Heere, Jerusalem zurückzuerobern, das 638 von den Truppen des Kalifen Omar eingenommen worden war. Für die Christen war Jerusalem – der Zentralort des Leidens, Sterbens und der Auferstehung Jesu – eine Stätte von großer Heilswirkung für all jene, die dorthin eine Wallfahrt unternahmen. Dass gerade diese Stadt von Muslimen beherrscht wurde, empfanden Führer der Christenheit als schwer erträglich. Diese Wahrnehmung verstärkte sich unter dem Eindruck militärischer Erfolge der Seldschuken, eines türkischen Volksstamms, der zwischen 1071 und 1078 Jerusalem, Antiochia und Anatolien einnahm. Denn mit der Besetzung Jerusalems durch die Seldschuken war die christliche Pilgerfahrt in die Heilige Stadt nicht mehr uneingeschränkt möglich, wie dies noch zuvor unter den Arabern der Fall gewesen war.

Als Byzanz 1095 von den Seldschuken bedroht wurde, bat der byzantinische Kaiser Alexius Papst Urban II., beim Schutz Konstantinopels mitzuwirken. Damals gelang es dem Papst, zum Kreuzzug aufzurufen. Er stellte den Teilnehmern die Vergebung ihrer Sünden, die Erlangung des ewigen Lebens und reiche Beute im Heiligen Land in Aussicht – insbesondere letzterer Aspekt schien vielen Rittern reizvoll. Wie viele an diesem ersten Kreuzzug – einem wenig christlichen Unternehmen – teilnahmen, ist nicht mehr sicher zu sagen; die Legenden übertreiben maßlos, aber eine Truppenstärke von 50.000 bis 60.000 Mann scheint gesichert. Als die Kreuzfahrer 1099 vor Jerusalem standen, hatte sich ihre Stärke auf nur mehr 14.000 kampffähige Männer reduziert. Ihnen gelang es trotz dieser erheblichen Schwächung, Jerusalem zu erobern, und sie richteten ein Blutbad an. Der Tag der Eroberung Jerusalems kostete Tausende das Leben, der Chronist Fulcher von Chartres spricht von 10.000 Hingemetzelten. Auf ihrem Weg von Europa nach Jerusalem gründete Gottfried von Bouillon, der 1099 zum Verteidiger des heiligen Grabes (advocatus sancti sepulchri) ernannt wurde, mehrere Kreuzfahrerstaaten, unter anderem Edessa, Klein-Armenien, Antiochia, die Grafschaft Tripolis und das Königreich Jerusalem, mit dessen Krone sich Gottfrieds Bruder, Balduin I. von Boulogne, am Weihnachtstag des Jahres 1100 in der Geburtskirche zu Bethlehem krönen ließ.

Die Neuordnung des Nahen Ostens durch die Kreuzritter wurde von den umliegenden arabischen Staaten wie dem Emirat von Syrien, dem Kalifat von Kairo – und damit wären wir in Afrika – und nicht zuletzt vom Sultanat der Seldschuken kritisch beäugt. Die Kreuzfahrerstaaten schwächten sich in der Folgezeit wechselseitig, während die Muslime zu Allianzen zusammenfanden und militärisch erfolgreich agierten, was zu neuen Kreuzzügen führte; bis 1270 wurden insgesamt sieben Kreuzzüge durchgeführt. Der Fall Edessas führte zum zweiten Kreuzzug (1147–1148), der jedoch scheiterte und den muslimischen Staaten Auftrieb gab. Einer ihrer wichtigsten Führer war Salah al-Din al-Ayubi (hier rührt auch der Name Ayyubiden her) oder kurz: Saladin. Salah al-Din diente in der Armee des syrischen Herrschers Nur al-Din und half den ägyptischen Fatimiden 1164 und 1169, die Angriffe der Kreuzritter abzuwehren. 1171 wurde Salah al-Din zum Oberkommandeur der syrischen Streitkräfte und zum Wesir von Ägypten ernannt, obwohl Ägypten formell immer noch unter der Herrschaft des fatimidischen Kalifats stand. Im gleichen Jahr stürzte er die fatimidische Herrschaft und vereinigte Ägypten mit dem abbasidischen Kalifat in Bagdad. Seine Weigerung, Nur al-Dins Befehlen nachzukommen, drohte, in einen offenen Konflikt zwischen beiden Lagern auszuarten. Nach Nur al-Dins überraschendem Tod eroberte Salah al-Din Syrien und Teile des heutigen Irak. Sein Einfluss reichte von Mosul bis nach Aleppo und Kairo. Nach seinem erfolgreichen Eroberungszug verbündeten sich auch andere arabische Armeen mit Salah al-Din und fielen gemeinsam 1187 in Jerusalem ein.

Dies führte zum dritten Kreuzzug um die Rückeroberung Jerusalems. Trotz massiver Verluste auf Seiten Salah al-Dins gelang es den Christen nicht, Jerusalem einzunehmen. 1192 kam es zu einem Verständigungsfrieden zwischen Salah al-Din und König Richard I. Löwenherz aus England, dessen Verhandlungen den Christen Gebiete an der palästinensischen Küste verschafften, Jerusalem allerdings in der Obhut der Muslime ließen, aber immerhin Christen wieder den Zugang ermöglichten. Ein Jahr später starb Salah al-Din.

Der vierte Kreuzzug von 1202 bis 1204 erreichte niemals das Heilige Land. Der von Papst Innozenz III. ausgerufene Kreuzzug wurde von venezianischen Dogen aus machtpolitischen Gründen nach Konstantinopel umgeleitet. 1218 hatte ein christliches Heer auf Geheiß des Papstes die ägyptische Hafenstadt Damiette im Nildelta eingenommen, von wo aus dann Kairo erobert werden sollte. Dieses Vorhaben musste jedoch abgebrochen werden, nachdem die Verstärkung durch Kaiser Friedrich II. nicht eintraf. 1221 musste Damiette nach einer Niederlage der Kreuzfahrer bei al-Mansura wieder aufgegeben werden. Dies war das erste Mal, dass Kreuzritter ihren Fuß auf afrikanischen Boden setzten.

Der fünfte Kreuzzug verlief, ohne dass ein Tropfen Blut vergossen wurde: Kaiser Friedrich II. handelte mit dem ägyptischen Sultan al-Kamil die friedliche Übergabe Jerusalems, den freien Zugang für alle Muslime und einen zehnjährigen Waffenstillstand aus.

Nachdem 1244 Jerusalem von Muslimen neuerlich erobert worden war, rief Ludwig IX. – der Heilige –, König von Frankreich, zum sechsten Kreuzzug (1248–1254) auf, der nach Ägypten führte. Sein Angriff auf Damiette, das kurzzeitig eingenommen wurde, hatte insgesamt katastrophale Folgen: König und Kreuzfahrerheer gerieten in Gefangenschaft und erlangten nur nach Zahlung eines hohen Lösegeldes wieder die Freiheit. Doch noch ehe Ludwig die Freiheit wiedergewann, putschten mamelukische Offiziere den letzten selbständig regierenden Sultan aus der Familie Salah al-Dins, Turansah, vom Thron, und Ägypten versank jahrelang im Chaos und wurde außenpolitisch nachhaltig geschwächt.

1270 organisierte Ludwig IX. den siebten und letzten Kreuzzug; er sollte über Tunis führen und zielte auf die Bekehrung seines Sultans ab. Noch im gleichen Jahr aber starb Ludwig IX. vor Tunis, und das Unternehmen wurde abgebrochen. Danach gerieten die restlichen Kreuzfahrerbastionen in Syrien und Palästina unter Druck: Als letzte Kreuzfahrerfestung fiel Akko im Jahre 1291.

Wenn auch die bedeutenderen Spuren der Kreuzfahrer natürlich im Gebiet des Nahen Ostens zu sehen sind, so spielte Afrika gleichwohl politisch wie militärisch eine entscheidende Rolle in der langfristig erfolgreichen Abwehr christlicher Kreuzfahrer. In jedem Fall darf es heute als politisch wenig glücklich gelten, wenn im Umgang mit muslimischen Staaten – sei es in Afrika oder in Asien – mit dem Begriff des Kreuzzugs gearbeitet wird. Das Geschichtsbewusstsein in der muslimischen Welt ist stark, die Sensibilität groß.