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Die Realität vieler Menschen findet zusehends sitzend, am Schreibtisch, im Auto, vor Bildschirmen statt. Bewegungsverarmung und Verlust des natürlichen Körpergefühls beeinträchtigen die Selbstwahrnehmung und Lebenslust. Dieses Buch bietet faszinierende Gegenrezepte: eine ganze Bewegungswelt. Abgeschaut bei unseren nächsten Nachbarn: den Tieren. Zwölf Übungen für Körper und Seele.
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Seitenzahl: 78
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Die Realität vieler Menschen findet zusehends im Sitzen statt: am Schreibtisch, im Auto, vor Bildschirmen. Die Bewegungsverarmung und der Verlust des natürlichen Körpergefühls beeinträchtigen die Selbstwahrnehmung und Lebenslust. Dieses Buch bietet faszinierende Gegenrezepte: eine ganze Bewegungswelt. Abgeschaut bei unseren nächsten Nachbarn: den Tieren. Zwölf Übungen für Körper und Seele.
Zwölf Tiere aus dem alpinen Lebensraum: Vom Wasser ans Land in die Lüfte – die Übungen zeichnen die Entwicklung des artenreichen Lebens auf unserem Planeten nach. Mit seinem Partner, den Olympioniken und Sportwissenschaftler Patrick Koller, hat Innauer die Übungen über Jahre perfektioniert. Vom Flusskrebs über den Dachs und den Gamsbock bis zum Steinadler.
Jede Übung wird genau beschrieben. Ihre Wirksamkeit wird erklärt, Zusammenhänge werden aufgezeigt. Die Illustrationen von Andreas Posselt veranschaulichen die Bewegungen und ihre Abläufe. Ein Plädoyer für Bewegung, die ganz einfach in den Alltag von Jung und Alt zu integrieren ist.
Toni Innauer ist Skisprungolympiasieger, auch als Trainer führte er seine Athleten zu olympischem Gold. Als Sportdirektor im ÖSV war er – mit Trainer Alex Pointner – für die unvergleichliche Erfolgsserie der „österreichischen Superadler“ verantwortlich. Seine Bücher Der kritische Punkt und Am Puls des Erfolgs (beide bei CSV erschienen) sind Bestseller.
Andreas Posselt arbeitet als Grafiker, Art Director und Illustrator. Er ist für diverse Auftraggeber tätig, u.a. für Slow Food und die Magazine Servus und Bergwelten.
TONI INNAUER
DIE 12 TIROLER
BEWEGUNG VON DEN TIEREN LERNEN
CSV
Vorwort
Der Verlust von Bewegung
Wie die 12 Tiroler entstanden
Die Zwölf aus Tirol
Was die 12 Tiroler können
Zwölf Handreichungen
1. Die Bachforelle
Ausgangsposition
Einsteigerübung 1
Einsteigerübung 2
Einsteigerübung 3
Kernübung
Variante für Fortgeschrittene
2. Der Alpen-Salamander
Ausgangsposition
Einsteigerübung
Kernübung
Variante für Fortgeschrittene
3. Der Flusskrebs
Ausgangsposition
Einsteigerübung
Kernübung
Variante für Fortgeschrittene
4. Die Grille
Ausgangsposition
Einsteigerübung
Kernübung
Variante für Fortgeschrittene
5. Der Dachs
Ausgangsposition
Einsteigerübung
Kernübung
Variante für Fortgeschrittene
6. Die Ringelnatter
Ausgangsposition
Einsteigerübung
Kernübung
Variante für Fortgeschrittene
7. Der Bär
Ausgangsposition
Einsteigerübung
Kernübung
Variante für Fortgeschrittene
8. Der Schwan
Ausgangsposition
Einsteigerübung
Kernübung
Variante für Fortgeschrittene
Variante
9. Der Gamsbock
Ausgangsposition
Kernübung
Variante der Kernübung
Variante für Fortgeschrittene
10. Die Kreuzspinne
Ausgangsposition
Einsteigerübung
Kernübung
11. Der Rothirsch
Ausgangsposition
Kernübung
Variante für Fortgeschrittene
12. Der Steinadler
Ausgangsposition
Einsteigerübung
Kernübung
Impressum
von Christian Seiler
Dieses kleine Buch erzählt eine große Geschichte. Es erzählt eine Geschichte der Verwandlung. Von winzigen Lebewesen im Urmeer, die Fische werden, von Fischen, die sich in Amphibien verwandeln, von Amphibien, die an Land gehen, von Landbewohnern, die sich in die Luft erheben, von Säugetieren, die den aufrechten Gang lernen.
Es erzählt aber auch eine andere Geschichte von uns Menschen, der angeblichen Krone der Schöpfung. Es erzählt die Geschichte, wie wir dabei sind, die grundlegenden Fähigkeiten, wir selbst zu sein, innerhalb kürzester Zeit zu verspielen. Es erzählt die Geschichte einer grausamen Verwandlung: wie wir vor unseren Computern und Bildschirmen zu Sitzriesen mit krummem Rücken und verkümmerten Muskeln verkommen, auf Kriegsfuß mit unserem Körper, entledigt der Fähigkeiten, die uns so lange ausgezeichnet haben.
Dieses Buch stemmt sich gegen diese Entwicklung, indem es den drohenden und bereits vollzogenen Verlust einer biologischfundamentalen Selbstverständlichkeit benennt. Der Verlust von Körpergefühl und Bewegung bedeutet, dass wir als Menschen einen wesentlichen Teil unserer Identität von uns abspalten – mit unabsehbaren Folgen für uns selbst und die Gesellschaft, in der wir leben.
Der Olympiasieger und Sportphilosoph Toni Innauer liefert in diesem Buch ein leidenschaftliches Plädoyer für den Wert von Bewegung und Körperlichkeit. Er präsentiert zwölf selbst entwickelte Übungen, die in ihrem Kern die Bewegungen von Tieren und den Fortschritt der Evolution nachahmen. Vom eleganten Flossenschlag der Bachforelle bis zum majestätischen Kreisen des Steinadlers.
Innauer nennt diese Übungen die 12 Tiroler: Er versammelt darin zwölf Bewegungen von Lebewesen, die er aus seinem unmittelbaren Lebensbereich kennt. Und er bietet damit eine Geschichte an, die sich jede einzelne Leserin, jeder einzelne Leser aneignen können: eine Annäherung an die Fähigkeiten und Geheimnisse des eigenen Körpers. Eine Rückeroberung der eigenen Identität, die untrennbar aus den Fähigkeiten des Geistes und des Körpers besteht. Ein neues Ritual, das dabei hilft, besser in den eigenen Alltag zu finden – und sich selbst auf eine neue, tiefere Weise kennenzulernen und ganz zu bleiben.
Lest dieses Buch sehr genau. Es kann Euer Leben verändern.
PS: Unterstützt wurde Innauer bei der Arbeit vom früheren Tiroler Skicross-Profi und Sportwissenschafter Patrick Koller. Er hat die Übungen auf den modernen sportwissenschaftlichen Prüfstand gestellt und auch registriert, dass sie voll im Trend neuester internationaler Fitnesstrends liegen. Zu seiner eigenen Statur passend, machte Patrick mit der Idee zur Bärenübung das tierische Dutzend voll und hat die Serie mit seinen unterschiedlichsten Klienten einem hundertfachen Praxistest unterzogen. Die schöne und anschauliche Bebilderung der Übungen besorgte der Illustrator Andreas Posselt.
und seine dramatischen Folgen
Unlängst traf ich auf dem Bergisel ein deutsches Paar. Er war Anästhesist, sie Steuerberaterin. Sie waren auf die Schanze gekommen, um das Skispringen besser verstehen zu lernen. Beide knapp sechzig Jahre alt, echte Bewegungsfreaks. Der Anästhesist Marathonläufer und Teilnehmer am Ötztaler Radmarathon.
Der Mann erzählte mir eine schockierende Geschichte aus den Zahnarztpraxen, in denen er arbeitet: Ungefähr die Hälfte aller Acht- und Neunjährigen, die zum Zahnarzt kommen, schaffen es nicht mehr, auf den Zahnarztsessel hinaufzuklettern. Die meisten sind zu schwer für die verfügbare Muskelkraft, aber sie sind auch koordinativ so weit hintennach, dass er sie buchstäblich auf den Stuhl hinaufheben muss.
Das, sagte der Mann, der seinen Job schon mehrere Jahrzehnte macht, habe es früher nicht gegeben. Der Stuhl sei ja nicht höher geworden, und es sei noch vor zwanzig oder auch noch vor zehn Jahren kein Problem für die Kids gewesen, auf den Sitz hinaufzukraxeln. Sie konnten also etwas, was Kinder, die zwanzig, zehn Jahre später zur Welt gekommen sind, nicht mehr können.
Ähnlich alarmierende Nachrichten bekomme ich von Kollegen, die mit mir studiert haben und Lehrer geworden sind. Wenn sie auf ihre Berufslaufbahn als Turnlehrer zurückblicken, sehen sie ein eindeutig verlaufendes Muster: Das Bewegungsvermögen, die körperliche Leistungsfähigkeit der Kinder haben sich über die Jahre dramatisch verschlechtert.
Das ist übrigens keine subjektive Wahrnehmung à la „Früher war alles besser“ von mir oder meinen Kollegen. Im Skigymnasium Stams existieren Testdaten aller jungen Sportlerinnen und Sportler, die dort jemals eine Aufnahmeprüfung gemacht haben. Sowohl der Direktor als auch die Trainer haben mir bestätigt, dass die Daten signifikant schlechter geworden sind – sogar an dieser Eliteschule der vorselektierten Bewegungstalente. In Garmisch-Partenkirchen werden seit Jahrzehnten Schülerwettkämpfe für Skispringer ausgetragen, bei denen neben den wenig aussagekräftigen Sprungkonkurrenzen auch sportmotorische Tests mitlaufen. Auch da ist eine schleichende Verschlechterung der Testresultate bei Zehn- bis Vierzehnjährigen dokumentiert und speziell vom Deutschen Skiverband ausgewertet worden.
Konkret wird beobachtet und interpretiert, dass die Kinder von Generation zu Generation deutlicher von Kollateralschäden unserer bewegungsverarmten Zivilisation betroffen sind. Sie sind schwerer, infolge eines höheren Anteils an Körperfett. Sie machen in der Kindheit weniger Erfahrung mit freien, spielerischen Bewegungsformen und motorischen Primärerfahrungen. Was das Skisprungspezifische betrifft, schnitten sie bei Tests der Sprungkraft, Balancefähigkeit oder im Koordinationsvermögen schlechter ab als frühere Generationen.
Der Grund dafür ist eine sich verändernde Kultur. Vieles, was für mich oder meinen Koautor Patrick Koller noch selbstverständlich war, kommt im Leben junger Menschen nicht mehr oder viel seltener vor. Das Leben ist reglementierter, die Ernährung üppiger, Freiheit und Erfahrungsraum der Kinder werden von denen beschränkt, die sie beschützen wollen. Weil sich die Eltern dieser Tage viel mehr und aufmerksamer um die gerin-gere Anzahl ihrer Kinder kümmern können, werden sie übervorsichtig. Vor allem, wenn es ihnen selber schon an sportlicher Erfahrung mangelt. Wenn Patrick als Kind Ski fahren gegangen ist, musste er nicht nach jeder Abfahrt bei den Eltern anrufen, dass er noch lebt. Er ist nach Hause gekommen, wenn es dunkel wurde, und selten wurde er gefragt, ob er eh nicht zu schnell unterwegs war. Deshalb konnte er – so wie mein Bruder und ich – auch viele Erfahrungen machen, die nötig sind, um die Basis unseres Bewegungspotenzials nicht verkümmern zu lassen: hinfallen, irgendwo runterkugeln, wieder raufkraxeln und beim nächsten Mal nicht mehr ausrutschen oder hinfallen. Unsere Eltern und später auch die Trainer wussten, wie wichtig es ist, dass wir Kinder eigene Erfahrungen sammeln, selber draufkommen, was machbar ist, und damit auch Grenzen und eigene Ängste erkennen, respektieren und Kompetenzen erweitern können.
Aus der Sportwissenschaft ist bekannt, dass Sportler die wesentlichen technischen Fähigkeiten für ihre Sportart schon relativ früh ausprägen müssen, nämlich in einem Zeitfenster vor dem 14. Lebensjahr. Da müssen die Jugendlichen also bereits den Kernablauf eines guten Skisprungabsprungs oder die Rückhandtechnik beim Tennis internalisiert haben. Schon mit zehn, zwölf Jahren sind Kinder kognitiv so weit, komplexe Anweisungen zu verstehen, technische Feinheiten zu begreifen, Bewegungsanweisungen auszuprobieren und umzusetzen. Das findet am leichtesten – wie auch der Spracherwerb – in einem bestimmten Zeitfenster der persönlichen Entwicklung statt. Die optimale Zeitspanne, um erste Feinheiten und die intuitiv richtige Einschätzung der dazugehörigen Rahmenbedingungen so gut zu erlernen, dass sie im „Unterbewusstsein“ bzw. im Kleinhirn eingespeichert werden, kann verpasst werden. Die Konsequenz davon ist, dass später nur noch sehr schwer ein stabiles Wettkampfverhalten erreicht werden kann. Wer spät berufen ein Musikinstrument, eine Sprache, Golf oder Tennis erlernt, kennt ein ähnliches Phänomen: Überspitzt gesagt muss man zu viele Details gleichzeitig mit dem Großhirn steuern. Vieles, was beim Kind, ohne nachzudenken, einfach läuft, ist bei uns umständlich an Worte statt an motorische Erinnerungen gebunden, also „bewusstseinspflichtig“. Man läuft Gefahr, sich dabei selbst im Weg zu stehen. Man wird zwar kein Virtuose mehr werden, aber es kann auf eine andere Art trotzdem viel Freude bereiten.