Die Abrichtung 3 | Erotischer SM-Roman - Alexandra Gehring - E-Book

Die Abrichtung 3 | Erotischer SM-Roman E-Book

Alexandra Gehring

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Beschreibung

Dieses E-Book entspricht 208 Taschenbuchseiten ... "Abrichtung" ist die perfekte Ausbildung in allen SexBereichen, vom normalen Sex bis zum BDSM mit seinen vielen SpielVarianten. Teil 3: Sari wird von einem mysteriösen Unbekannten beobachtet. Er schickt ihr kurze Textnachrichten und Fotos, womit er sie nervlich zermürbt. Um sich abzulenken, fährt Sari mit ihren Freundinnen aus dem AbrichtungsCamp auf ein Schloss nach Südfrankreich. Dort erlebt sie einen hart-erotischen GalaAbend der burlesken Art. Kaum ist Sari zu Hause, nimmt sie innerhalb ihrer "Loge" an einer extrem harten DarkSession teil, die sie an ihre Grenzen bringt. Aber auch dieses Abenteuer kann sie nicht von dem erpresserischen Unbekannten ablenken. Was will er von ihr? Obwohl Sari extrem vorsichtig ist, tappt sie in seine Falle … Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.

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Impressum:

Die Abrichtung 3 | Erotischer SM-Roman

von Alexandra Gehring

 

Alexandra Gehring lebt im Südwesten Deutschlands und arbeitet in einem sozialen Beruf. Sie selbst lebt SM und hat darin eine neue Welt für sich entdeckt. Eines Tages begann sie, ihre Erfahrungen aufzuschreiben. Daraus ist ihr erstes Buch „Die Abrichtung“ entstanden. Auch in ihrem zweiten Roman „Schläge der Lust“ ist so manches Erlebte in eine fiktive Handlung eingeflossen.

 

Lektorat: Nicola Heubach

 

 

Originalausgabe

© 2019 by blue panther books, Hamburg

 

All rights reserved

 

Cover: © sakkmesterke @ istock.com

Umschlaggestaltung: Matthias Heubach

 

ISBN 9783964777690

www.blue-panther-books.de

Die Fotos

Mit gemischten Gefühlen öffnete Sari den Briefkasten. Drei Briefe. Eine Geburtstagseinladung, eine Rechnung und …

Sie spürte, wie ihr Puls anstieg, wie es sie doch mehr bedrückte, als sie sich eingestand. Und wieder einer dieser Briefe. Der vierte in den letzten paar Wochen. Sie riss den Umschlag auf. Erneut diese Fotos. Beim Einkaufen, beim Tanken, beim Joggen mit ihrer Freundin Ina … Und wieder nur dieser zynische Satz: »Mit freundlichen Grüßen« und der gleiche Poststempel vom Postverteilerzentrum ihrer Region.

»Toll! Einfach super!«, schimpfte Sari vor sich hin. Sie war jetzt richtig sauer und angefressen. Erst hatte sie es nur für einen Witz, einen Streich gehalten. Ab sofort glaubte sie das nicht mehr. Da schien doch etwas mehr dahinter zu stecken.

Bis hier und heute hatte sie ihrem Mann Sven nichts davon erzählt. Der war in seiner Firma sehr eingespannt, da ein weiterer Anbau mitten in der Planung stand. Tagsüber war er in seiner Firma, abends arbeitete er Unterlagen auf. Er hatte ihr versprochen, nach dem ganzen Trubel sich einige Tage freizunehmen. Gemeinsam wollten sie Dresden besuchen. Beide hatten sich in das kulturelle Angebot dieser Stadt verliebt.

Sari würde ihn beim Wort nehmen. Das hatte sie sich fest vorgenommen. Noch sah sie keinen Grund, ihn mit ihrem Problem zu belasten, da alles noch immer undurchschaubar und dubios erschien.

Sie stand im großen Wohnbereich, betrachtete nochmals die Bilder. Das Foto von ihr und Ina beim Joggen beunruhigte sie doch. Sie liefen sehr häufig die gleiche Strecke oberhalb der Stadt um den urigen Bergsee. Das Streckenprofil nötigte ihnen einiges ab. Das Auf und Ab der Strecke brachte beide an ihre konditionelle Grenze. Jetzt, im Spätherbst, war es hier oben sehr ruhig geworden. Außer einigen Spaziergängern war ihnen niemand begegnet.

Vor ihrem geistigen Auge lief Sari die Strecke nochmals ab. Alles wie immer. Aufgefallen war ihr nichts. Sie wollte und musste jetzt doch mit Ina reden. Beide waren dicke Freundinnen und kannten sich seit vielen Jahren. In den letzten Monaten hatten sie einiges gemeinsam erlebt.

War Ina auf dem Foto nur, weil sie mit ihr joggte oder war sie auch ein Motiv für ihn, den Unbekannten? So oder so. Sie musste Ina jetzt mit einweihen.

Sari nahm ihr Handy und rief Ina an. »Kannst du bitte heute noch vorbeikommen? Ich möchte dir etwas zeigen … Prima, dann bis nachher.«

***

Als Saris Freundin Ina sich die Bilder ansah, konnte sie nicht anders. Sari ahnte schon, was kam.

»Wir beide beim Joggen. Sind wir nicht tolle fotogene Mädels?! Und hier … du beim Tanken. Ich finde, das ist ein richtig gelungenes Foto. Warum regst du dich auf? Der Kerl hat doch Geschmack, und fotografieren kann er auch ganz ordentlich.«

Begeisterung bei Sari über diesen Joke sah anders aus. »Ha, ha! Um mir das anzuhören, habe ich dich bestimmt nicht angerufen. Aber jetzt mal ernsthaft! Ist dir bei unserem letzten Joggen irgendetwas aufgefallen? Wir waren ja fast allein auf der Strecke. Auch nach intensivem Nachdenken ist mir nichts in den Sinn gekommen.«

Ina schüttelte ihren Kopf. »Nichts, absolut nichts. Ich laufe aber auch konzentriert, schaue überwiegend auf den oft unebenen Waldboden. Der Fotograf kann weit weg stehen und macht dann einen Ausschnitt von dem Bild. Unsichtbar für uns zu sein, ist sicherlich sein kleinstes Problem. Wir hatten ja keinen Grund, besonders aufmerksam zu sein. Mit dem jetzigen Wissen würden wir uns anders verhalten.«

»Was mich am meisten ärgert, er schickt Fotos, begründet das aber nicht. Einfach einen kurzen Gruß und die Fotos. Was soll das? Was mich beunruhigt, ist dieses lange Hinauszögern. Vom ersten Brief bis zum heutigen sind jetzt schon über drei Wochen vergangen. Noch immer habe ich keine Kenntnis davon, was er von mir will. So langsam sollte er die Karten auf den Tisch legen.« Sari nahm die Kaffeekanne aus dem Automaten und befüllte beide Tassen.

Ina seufzte. »Als wir vor etwa zehn Monaten hier saßen, war das ein anderer Anlass. Auch ein Brief, aber mit eindeutigem Inhalt: Ab ins Camp! Ich bekomme heute noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke. Damals, dieses vollkommen überraschende Angebot, dich in einem Elite-Camp zur perfekten Sub ausbilden zu lassen. Das Angebot kam, ohne dass dein Mann vorher irgendeine Andeutung gemacht hatte. Verrückt. Du hast es anscheinend mit Briefen. Jetzt sitzen wir wieder hier. Wieder so ein unerwarteter Brief. In diesem Fall allerdings ein absolut unerwünschter. Was jetzt?« Ina schaute in das sichtlich bedrückte Gesicht ihrer Freundin.

»Ich habe mir vorgenommen, Sven erst dann mit einzubeziehen, wenn ich mitgeteilt bekomme, was das alles soll. Noch kann es ein Scherz sein, ein alberner zwar, aber lassen wir das einfach mal offen. Ich hoffe bald auf eine klare Ansage des Schreibers.« Sari trank einen Schluck. »Erpresser gehen anders vor, deshalb schließe ich diesen Hintergrund absolut aus. Die machen keine solchen, fast kindischen, Spielchen. Und mit was würden sie mich erpressen wollen? Sven und ich haben nichts zu verbergen, erst recht nicht innerhalb unserer Beziehung. Also das schließe ich aus.«

Sari trank einen Schluck Kaffee, blickte kurz durch die große Fensterfront in den Garten.

»Vielleicht ist es ein Mann, der Gefallen daran findet, mich verängstigt und verunsichert zu sehen«, sinnierte Sari. »Ein Spinner mit einem besonderen Fetisch. Er befriedigt seine Lust, indem er versucht, Macht über mich zu bekommen. Macht im Sinne von Angst. Mein Bauchgefühl tendiert in diese Richtung. Es erregt den Briefeschreiber sexuell, ein solches Spiel mit mir zu treiben. Der liegt dann zu Hause im Bett und geilt sich an diesem Wissen auf. Das große Fragezeichen ist für mich: Warum hat er mich auserkoren? Diese Frage treibt mich schon um.«

In diesem Augenblick klingelte das Telefon. Das Display zeigte »anonym«, eine unterdrückte Anrufnummer.

Sari nannte ihren Namen.

»Einen freundlichen Gruß … auch an Ina!« Klick! Aufgelegt.

Sofort rannte Sari zur Haustür, ging bis zur Straße und schaute sich in der Gegend um.

Ina folgte ihr verblüfft. »Was ist denn los? Wer war das?«

»Falls der Anruf von einem Handy kam, wollte ich mich einfach vergewissern, dass niemand uns beobachtet, nachsehen kann ja nicht falsch sein.«

Beide gingen wieder ins Haus.

Sari atmete tief durch, setzte sich an den Tisch und blickte ihre Freundin an. »Er sagte den bekannten Gruß, aber der war nicht nur an mich gerichtet, sondern auch an dich! Verrückt, oder?«

»Er hat meinen Namen genannt? Jetzt wird es wirklich spannend.«

Sari nickte zustimmend.

»Man fühlt sich schon beobachtet. Woher wusste er, dass ich hier bin?« Nachdenklich schaute Ina die sichtlich zerknirschte Sari an.

»Seine Stimme habe ich nicht erkannt, was nicht verwunderlich ist. Aber eine wichtige Erkenntnis haben wir mit dem Anruf: Es handelt sich eindeutig um einen Mann. Soweit schon einmal ein erster wichtiger Hinweis auf den Unbekannten. Ansonsten habe ich noch immer keinen blassen Schimmer, was der Kerl von mir will. Was mich persönlich betrifft, es wühlt mich etwas auf, aber mehr bisher auch nicht. Ich schlafe noch gut.«

Sari nahm einen Schluck Kaffee, dachte einen Moment nach. »Natürlich habe ich in den letzten Monaten viele neue Kontakte dazubekommen. Svens und meine Aufnahme in die Loge hat unseren Bekanntenkreis enorm erweitert. Da könnte schon mal einer der Herren auf falsche Gedanken kommen. Vom Gefühl her würde ich diesen Kreis allerdings ausschließen. Wir sind ja in diesem Verein, damit man seine sexuellen Wünsche und Sehnsüchte ausleben kann. Jeder kann mit jedem darüber reden. Aber wir wissen ja nicht, wie so ein Mann tickt.«

Zwei Minuten später war Anspannung ein wenig abgefallen.

»So was von bescheuert!«, rief Sari. »Wir lassen uns von so einem Arsch doch nicht verrückt machen! Wenn du einverstanden bist, bleiben wir ab sofort in engem Handykontakt. Das sind wir zwar auch so fast täglich«, Sari sah ihre Freundin schmunzelnd an, »aber ich beziehe es auf diese spezielle Sache. Jetzt ist dein Name mit im Spiel. So richtig ernstnehmen kann ich das alles immer noch nicht. Also! Gemeinsam packen wir das!«

Sari bot Ina ihre Handfläche an, die klatschend zuschlug.

Inas SinnKrise

»Jetzt komme ich auch noch mit meinen Problemen«, sagte Ina und blies laut die Luft aus. »Es liegt mir etwas auf dem Herzen. Hast du Lust und Zeit … nach alledem, was gerade hier abläuft?«

»Leg los! Heute machen wir alles mit einem Abwasch!«

Ina ging zu einem Schrank, entnahm eine Keksdose und stellte sie auf den Tisch. Es war fast schon zu einem Ritual geworden. Ina griff zu, Sari auch.

»Es ist mir bewusst, dass viele Menschen schlimmere Probleme haben. Krankheit, Trennung, Geldnot, Einsamkeit … um nur einige zu nennen. Aber ich lebe im Hier und Jetzt und möchte nicht vertrocknen wie eine Blume, die kein Wasser mehr bekommt. Ich gestehe mir einfach das Recht darauf ein, einen Anspruch auf das kleine Glück im Alltag zu haben.«

Sie entnahm der Dose einen weiteren Keks. »Ich möchte mich nicht neu erfinden, aber man lebt schließlich und endlich nur einmal und die Uhr tickt die Zeit herunter.«

Sari nickte, schaute Ina verständnisvoll an. »Du bist in einer Sinnkrise und fragst dich warum, weshalb und was dich in den nächsten Monaten, den kommenden Jahren erwartet? Dieses Hinterfragen ist in unserem Alter nichts Ungewöhnliches. Viele verwenden das Wort Midlife-Crisis hierfür. Noch zu jung, um alles zu akzeptieren, wie es ist, noch nicht zu alt, um einfach sich weiter so treiben zu lassen. Nach der Kindheit kam die Partnersuche, die Liebe, die Ehe, die Kinder, die Karriere. Und jetzt? Die Suche nach dem Glück ist Teil unseres Lebens. Du möchtest eingefahrene Wege verlassen, hast Sehnsucht, Neues in dein Leben zu lassen. Begleitet dich dein Mann aktiv oder musst du vielleicht einen Weg für dich allein finden? Deinen Weg? Viele Fragen. Ich kann dich voll und ganz verstehen.« Sari träufelte etwas Zitronensaft in ihre Tasse, trank dann vorsichtig einen Schluck ihres heißen Tees. »Ähnliche Gedanken mussten Sven umgetrieben haben. Deshalb sein Angebot an mich, in das SM-Camp nach Südfrankreich zu gehen. Er hatte die Sorge, dass unsere Lebenslust, unsere Lebensfreude, in der Umklammerung des Alltäglichen verloren gehen könnte. Du hast ja hautnah mitbekommen, welchen Weg wir eingeschlagen haben, und der ist ganz bestimmt nicht jedermanns Sache. Wirklich nicht!«

Sari ging in die Küche, holte einige Stücke Baumkuchen.

Ina winkte ab. »Leider nein. Ich möchte noch ein Kilo loswerden, möchte mich nicht nur gedanklich verändern«, sagte sie mit einem Schmunzeln im Gesicht. »Wenn schon, denn schon!«

Sari überlegte kurz, beugte sich dann etwas nach vorn und sagte: »In den letzten Jahren habe ich mir Bücher zugelegt, die sich, jedes auf seine Art, mit dem Thema Liebe, Glück und Lebenslust befassen. Was mich umtrieb, war der Wunsch, mich besser zu verstehen. Es war schon interessant, sozusagen in mein Gehirn, mein Denken, in meine Seele zu schauen. Um ganz ehrlich zu sein, ich erwartete von den Büchern nicht viel, dazu bin ich eine zu große Realistin. Aber bald schon taten sich neue Sichtweisen auf. In vielem erkannte ich mich selbst, zu einigen Thesen hatte ich keinen Bezug. Das Lesen dieser Bücher war eine hilfreiche Horizonterweiterung. Meine anfängliche, nicht gerade kleine Skepsis, wurde widerlegt.« Sari trennte mit der Gabel ein Stück des Baumkuchens ab, schob es sich in den Mund, trank dann erneut einen Schluck ihres Tees.

Nachdenklich fuhr sich Ina durch ihre Haare, schaute durch die große Frontscheibe in den Garten.

Sari brachte ihre Freundin in die Realität zurück. »Soll ich die Bücher holen?«

»Und ob! In jeder Bücherei gibt es eine Auswahl solcher Bücher. Durchgeblättert habe ich schon einige, aber irgendwie war mir das bisher alles zu suspekt. Ich habe diese Woche noch Urlaub und werde deinen Tipp befolgen. Also, her mit den Büchern!«

So liebte Sari ihre Freundin. Sie ging los und kam mit einigen Büchern wieder. »Ich denke, das reicht für den Anfang. Zwei tolle Bücher von Richard David Precht, unserem Psychoguru und Bestsellerautor. Hier sein Buch ›Liebe‹, und sehr interessant ist ›Die Kunst, kein Egoist zu sein‹. Man muss sich wirklich einlesen, aber es lohnt sich allemal. Es geht um Selbsterkenntnis und die Sicht der anderen auf uns. Du wirst einige neue Erkenntnisse daraus ziehen, manches in einem anderen Licht sehen. Dann hier: ›Fuck it!‹, einfach nicht alles an sich heranlassen, nicht immer alles hinterdenken. Unsere Gedanken drehen sich viel zu oft im Kreis. Unsere Wahrnehmung entspricht oft nicht der Realität. Zur Entspannung empfehle ich dir noch den herrlichen Roman ›Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück‹, denn du bist ja auch auf der Suche nach dem Glück, was immer du auch darunter verstehst. Und hier, zu allerletzt ›Passwort zur Seele‹ von Alexandra Gehring.« Sari legte den Titel mit einem Schmunzeln im Gesicht als letztes Buch auf den Stapel. »Ausbrechen. Loslassen. Seelenmassage einmal ganz anders! Aber so was von anders!«

Ina nahm das Buch in die Hand, prustete lachend los. »Du meinst, ich habe es wohl nötig … und wahrscheinlich hast du sogar recht.« Ina sah ihre Freundin kopfschüttelnd und mit einem breiten Grinsen an.

»Das Thema SM und Devotheit ist dir seit deinem Treffen mit Alexandre in Paris ja nicht mehr fremd. Sollte ich mich für deine jetzige Situation nicht mitschuldig fühlen? Auch wenn du richtig heiß bei der Sache warst … erst durch meine Erfahrungen und Erzählungen bist du von deinem eingefahrenen Weg abgekommen. Da ist schon ein Körnchen Wahrheit dran.«

Ina spürte, wie ihre Freundin dieses Wissen um eine Mitschuld an ihrer sexuellen offeneren Lebensweise anscheinend schon länger beschäftigte. Inas Mann war auch ein Freund von Sari und Sven.

»Eins kannst du mir glauben, ein ganz klares Nein! Denn rumort hat das bei mir schon lange. Diese Sinnkrise, wie du sie nennst, hat mich schon lange umgetrieben. Ich bin dir und auch Sven dankbar, dass ich das mit euch erleben durfte. Darüber brauchst du dir keinen Kopf zu machen. Ich bin erwachsen und ich habe mich dir ja förmlich aufgedrängt. So sieht es aus! Darüber brauchst du dir wirklich nicht den Kopf zu zerbrechen. Im Gegenteil!«

»Komm, trinken wir noch ein Gläschen Prosecco!«, tönte es erleichtert von Sari.

Kurze Zeit später klirrten die Gläser aneinander.

»Du kannst alles mit mir besprechen«, sagte Sari, »wirklich alles! Ich habe dir ja schon angedeutet, das Wort ›Lebenslust‹ hat für Sven und mich einen völlig neuen Sinn und Stellenwert in unserer Beziehung gefunden. Vieles hat sich in den letzten Monaten in unserem Leben verändert. Wir haben aber alles gemeinsam beschlossen. Du bist in einer viel komplizierteren Situation.« Sari schaute ihrer Freundin tief in die Augen, die den Blick nur kurz erwiderte.

»Wenn ich ehrlich bin, ich habe da noch was auf dem Herzen, das mich unterbewusst immer wieder einholt. Viele Mädels und Frauen hatten solche Erlebnisse in ihrer Kindheit oder Jugend, aber wenn du es möchtest, würde ich es dir gern schildern. Dann muss ich es endlich nicht mehr nur mit mir allein herumtragen.«

Sari nickte ihr zu. »Erzähl es mir. Hier und jetzt machst du bitte klar Schiff.«

»Es geht mir im Folgenden nicht so sehr um das Sexuelle. Es geht primär um das Verhalten meiner Mutter. Ich bin heute in einer Situation, wo ich mich ebenso verhalten könnte, wie sie damals. Die Zeiten sind heute anders, aber das Erlebte hat mich schon geprägt. Ich war damals gerade vierzehn Jahre alt geworden. Ich fühlte mich behütet, hatte eine tolle Kindheit. Bis zu diesem Tag. Kevin, ein Klassenkamerad der unbeliebteren Art, hatte mir in der großen Pause einen Umschlag mit Fotos gezeigt. Diese mit einer billigen Fotokamera gemachten, zum Teil leicht verwackelten Aufnahmen, zeigten eindeutig meine Mutter mit einem fremden Mann. Hinter einem Gestrüpp stehend, habe er diese Fotos oben am Waldsee gemacht. Das Ergebnis war eindeutig. Noch heute klingen mir Kevins höhnische Worte im Ohr … ›Der hier‹, er deutete mit dem Zeigefinger auf den Mann, ›ist nicht dein Vater.‹ Da hatte er allerdings recht. Dann faselte er etwas vor sich hin wie, ich bekäme natürlich die Fotos, aber er erwarte schon eine Gegenleistung dafür. Eines der Fotos gab er mir schon mal vorab. Ich wusste nicht, wie mir geschah, sah diesen Kerl wie durch einen Nebelschleier. Das Foto zeigte noch etwas. Meine Mutter hatte ihren Rock hochgezogen, wurde von dem Mann mit einer Gerte geschlagen. Man sah Striemen auf ihren Arschbacken. Meine heile Welt geriet komplett aus den Fugen. Fassungslos nahm ich meine Hände vors Gesicht, dachte an meinen Vater. Du kannst dir ja denken, wie die Geschichte weiterging, was sie bei mir bewirkt hatte.«

Sari schaute sie eine Weile nachdenklich an. Dann war sie sich sicher. »Erzähl mir alles. Rede es dir von der Seele, jetzt hast du die Gelegenheit. Ich bitte dich, sonst kannst du nicht loslassen. Ich schenk dir noch ein Glas Prosecco ein, dann fällt es dir leichter.«

»Wenn du meinst.« Sie setzte sich auf ihrem Stuhl in eine bequemere Haltung zurück. »Zunächst musste ich abwarten, was sich Kevin ausgedacht hatte, was er von mir wollte. Ein mulmiges Gefühl überkam mich. Warum gerade dieses Arschloch … Diesen Satz habe ich damals nicht nur einmal gedacht. Natürlich war ich tief enttäuscht von meiner Mutter und hätte ihr am liebsten das Foto am gleichen Tag noch unter die Nase gehalten, aber ich nahm mir vor, die nächste Zeit alles für mich zu behalten. Ich kann mich noch gut erinnern, wie kraftlos ich in die Pedale meines Fahrrades trat … als wollte ich nicht mehr nach Hause.« Ina nahm das Glas in die Hand, trank einen großen Schluck und leerte das Glas. Dann fuhr sie fort: »Als ich meiner Mutter begegnete, faselte ich etwas von Kopfschmerzen und Unwohlsein. Ich lief in mein Zimmer, vergrub mich in den Kissen. Kevin forderte mich auf, am nächsten Tag gegen drei Uhr zur Waldhütte des Angelsportvereins am Waldsee zu kommen. Was blieb mir übrig.«

Das Telefon klingelte. Beide Frauen zuckten zusammen, sahen sich in die Augen. Beide dachten das Gleiche.

Als Sari den Apparat aus der Station nahm, gab sie sofort Entwarnung, machte mit ihrer Hand eine abwinkende Bewegung. Sie konnte ihre reparierte Armbanduhr abholen. Erleichtert steckte sie das Telefon zurück in die Ladestation.

»Mann, hier bei dir ist ja richtig was los«, sagte Ina lachend. »Aber jetzt weiter mit meinem Problem. Kevin zog eine Latte der Holzhütte etwas nach oben, nahm den Schlüssel aus dem Versteck, öffnete das Vorhängeschloss. Unsicher betrat ich die halbdunkle, mit Schubkarren, Schaufeln, Rechen und weiteren Gartengeräten zugestellte Hütte. Ich schaute Kevin ins Gesicht, sah ihm seine Unsicherheit, seine Aufregung an. Er hatte Schweißperlen auf seiner Stirn. Dann kam er zur Sache, sagte mir, ich solle meine Bluse ausziehen, er möchte meine Titten sehen, dann solle ich ihm einen blasen. Mehr wollte er nicht, dann wäre die Sache erledigt. Er hob seine rechte Hand und schwor. Er hatte mir zu versprechen, mit keiner Menschenseele darüber zu reden, nicht damit anzugeben, und alles, was mit meiner Mutter zu tun hatte, als erledigt anzusehen, sonst würde ich ihn anzeigen, egal was dann passierte. Ich schaute ihm in die Augen, begann, meine Bluse aufzuknöpfen, legte den BH ab. Er betatschte mich, fingerte etwas unbeholfen an meinen Brüsten. Ich setzte mich auf eine der Kisten, wollte die Sache hinter mich bringen. Er öffnete seinen Reißverschluss, zog seinen Halbsteifen heraus und ich besorgte es ihm. Aus heutiger Sicht hört sich das alles harmlos an. Das machen die heute in jeder Schülertoilette. Es war damals eben eine andere Zeit. Meine Mutter hinterging meinen Vater. Das hatte sich in mein Gehirn eingebrannt. Ich werde Lorenz ebenfalls weiter hintergehen, wenn unser Verhältnis sich nicht umgehend ändert. Wo das dann alles endet, das wird die Zukunft zeigen.«

Die beiden Frauen schauten sich einige Zeit schweigend an.

»Es ist dein Leben«, sagte Sari nach einer Weile. »Spüre und tu, was für dich richtig ist. Rede nochmals mit Lorenz. Sag ihm, dass sich etwas ändern muss und soll. Alles andere musst du allein mit dir ausmachen. Du kannst mich jederzeit anrufen. Jederzeit. Ich glaube, an Kontakt wird es uns in der nächsten Zeit nicht fehlen. Wir beide haben ein Problem am Hals! Wir können nur hoffen, dass wir umgehend eine Lösung finden. Für dich steht einiges auf dem Spiel. Deine Intuition, dein Bauchgefühl, aber auch deine Vernunft sindt jetzt gefragt. Halt die Ohren steif!«

RichtungsWechsel

Ein Blick aus dem Fenster zeigte Ina, dass der Herbstwind ganze Arbeit geleistet hatte. Von dem großen Baum in ihrem Garten waren über Nacht fast alle inzwischen gelb-rotgefärbten Blätter abgefallen. Laut Vorhersage sollte es ein sonniger Oktobertag werden.

Sie lief einige Schritte zur Haustür, entnahm dem Briefkasten die Tageszeitung.

Der herbe Duft von Kaffee erfüllte die Küche. Mit einem Klacken sprang das Brot aus dem Toaster. Im Hintergrund spielte das Radio den neusten Hit von Ed Sheeran.

Für Ina jedoch war heute nicht der Tag zum Mitsummen. Sie schüttelte die Flasche Orangensaft mit dem Fruchtfleisch und stellte sie neben die Wasserflasche auf den wie immer liebevoll gedeckten Tisch.

Seitdem sie auf ihren Wunsch hin mit Sari und deren Mann Sven das SM-Studio besucht hatte, sie drei Tage mit Sari und Alexandre in Paris verbracht hatte, war in ihrem Alltag eine große Ernüchterung eingetreten.

»Guten Morgen!«

Ihre Gedanken wurden unterbrochen.

»Siehst nicht gerade ausgeschlafen aus«, kam es kurz angebunden von Lorenz, ihrem Mann, der sich wie jeden Morgen nur wenig Zeit für sein Frühstück nahm. Immerhin hatte er nicht unrecht, musste sich Ina sarkastisch eingestehen. Hastig überflog er die Titelseite der Zeitung, blätterte noch für einige Minuten durch den Sportteil. Das war nicht mehr der aufmerksame, liebenswerte Mensch, den sie über viele Jahre erleben durfte.

»Hast du einen Essenswunsch für heute Abend?«, fragte sie und belegte sich ihren Toast mit einer Scheibe gekochten Schinken.

»Nein, lass mal! Wir sehen uns heute Abend etwas später. Simon möchte mit mir noch etwas besprechen. Ich werde im Brauhaus mit ihm zu Abend essen.« Lorenz stand auf. Mit dem halben Toastbrot in seiner rechten Hand, schob er mit der anderen den Stuhl an den Tisch. »Ich muss los! Mach’s gut. Bis heute Abend.«

Ina schaute zu ihm hoch, nickte ihm zu. Eine Minute später fiel die Haustür ins Schloss. So richtig Lust auf Frühstück hatte sie nicht. Mehr oder weniger aus Gewohnheit biss sie ein Stück Toast ab. Irgendwie hatte er heute keinen Geschmack. Erneut richtete sie ihren Blick gedankenversunken nach draußen. Sie liebte den Blick durch die raumhohe große Fensterfront in den Garten ihres schmucken Einfamilienhauses. Über dem Rasen lag noch der morgendliche Dunst. Der wuchtige Baum verlor weiter Blatt für Blatt. Zeitlupenhaft segelte jedes einzelne durch die Luft, um sich auf der Erde zu einem bunten gelb-rötlichen Teppich zu sammeln. Was blieb, waren blanke, dunkle, nackte Äste.

Das passte zu ihrer Stimmung. Was war nur los? Warum fiel sie gerade jetzt in ein so tiefes Loch?

Gestern Abend im Bett hatte sie ihre Hand auf seinen Schwanz gelegt, hatte Lust gehabt, wollte und brauchte ihren Mann. Körperliche Nähe war für sie ein Lebenselixier. Immer noch hatte sie Gefühle für ihn, aber immer weniger kam von ihm etwas zurück. Es hatte ihr wehgetan und sie richtig gekränkt, aber auch in ihrem Entschluss bestärkt. Wiederholt benahm er sich abweisend, murmelte etwas von Müdigkeit, ging nicht auf sie ein.

Sie musste ihren Frust rauslassen, wollte sich unbedingt mit ihrer Freundin Sari über ihre Gemütslage unterhalten.

Diese drei Tage in Paris vor einigen Monaten, holten sie in ihren Gedanken immer wieder ein. Natürlich war das unfair gegenüber Lorenz, sie war sich dessen bewusst. Es war ein Abenteuer für Stunden, das hier war der Alltag, das tägliche Leben. Erstmals, nach einer gefühlten Ewigkeit, hatte sie sich einem Fremden, einem anderen Mann hingegeben, und zwar in einer Spielart, die ihr seither nicht mehr aus dem Sinn ging.

Wie hatte sie Alexandres liebenswerte dominante Art genossen! Seine Komplimente hatten sie regelrecht verzaubert.

Sari hatte absolut recht. Dieser Mann war ein echter Frauenversteher. Über zwanzig Jahre älter als sie, strahlte er von der ersten Minute an eine Ruhe und Gelassenheit aus, die sie, gemischt mit einer bestimmenden Dominanz, von Anfang an ins Traumland hatte taumeln lassen. Sie hatte jahrelang guten Sex mit ihrem Mann gehabt. Das aber war etwas anderes gewesen. Wie in Trance hatte sie diese Stunden erlebt. Dann dieser Abend im Hotelzimmer … Er hatte bekleidet auf einem Stuhl gesessen und sie hatte sich nach seinen Angaben vor ihm langsam auszuziehen, sich ihm zu präsentieren. Auch jetzt noch kribbelte es in ihrem Körper, wenn sie nur daran dachte.

Bei flackerndem, warmem Kerzenlicht hatte sie ihm ihre Votze, ihre Titten, ihren Arsch deutlich zu präsentieren. Er hatte auf diese Wortwahl bestanden. Sie erinnerte sich, wie irritierend das zunächst für sie war. Aber schon nach wenigen Minuten verstand und fühlte sie, wie Dirty Talk ihr tief unter die Haut ging. Spätestens nach seiner Ansage: »Zeig mir, wie du dich wichst.«, hatte es ihr für Sekunden den Atem abgestellt. Indem sie ihre Augen schloss und sich lustvoll diesen Erinnerungen hingab, überfiel sie eine tiefe Ruhe, aber auch eine aufwallende Erregung. In diesen Sekunden vergaß sie die Realität, spürte ihren Puls pochen, spürte, dass sie lebte, wertvoll war.

Fast unbewusst ging sie mit ihren Fingern zwischen ihre Beine, spürte die Nässe, freute sich, ein geiles Mädel zu sein, wie sie Alexandre damals lobend nannte. In ihrem Kopfkino war sie in dieser Sekunde sein geiles, versautes Mädel.

Umso nüchterner war ihr Erwachen wieder in der Realität.

Eines stand für Ina fest: Ihre Ehe war nach sechzehn Jahren zu einem langweiligen Nebeneinander, einer Art Wohngemeinschaft verkommen.

Begonnen hatte das alles, nachdem es ihre einzige Tochter beruflich nach England verschlagen hatte. Natürlich war das der Lauf der Dinge, und Ina freute sich für ihre Tochter. Auf der anderen Seite fehlten ihr der tägliche Austausch mit ihr, ihre jugendliche Lebendigkeit und ihr herzhaftes Lachen. Es war ruhig geworden im Haus. Vielleicht zu ruhig.

Jetzt, da man es sich zu zweit gemütlich machen könnte, spürte sie eine immer größer werdende Kälte.

In einem war sie sich sicher. Sie musste die Initiative ergreifen, irgendetwas musste sich ändern, sonst würde sie langfristig regelrecht versauern. Alle Versuche, ihr Sexualleben mit Lorenz in eine heftigere, aufregendere Richtung zu bringen, waren an seinem Desinteresse gescheitert.

»Bin ich dir nicht mehr gut genug?«, kam dann von ihm.

Wenn er wüsste, wie recht er damit hatte.

Auf der Toilette schaute Ina in den großen Spiegel, sah darin eine fast vierzigjährige Frau mit kurzen, hellblonden Haaren. Dieser pfiffige Kurzhaarschnitt unterstützte ihr jugendliches sportliches Aussehen.

Die drei Kilo, die sie sich in den letzten Wochen abgerungen hatte, hatten ihr Selbstwertgefühl ansteigen lassen. Auch Sari hatte es positiv bemerkt, ihr Komplimente gemacht. Ihr Mann hatte nicht die kleinste Bemerkung dazu abgegeben. Er wirkte immer mehr abwesend. Hatte er eine andere? Natürlich hatte sie sich darüber schon Gedanken gemacht. Ina hatte auch mit ihrer Tochter und Sari darüber gesprochen. Gefühlsmäßig wollten beide nicht daran glauben, aber stille Wasser sind bekanntlich tief. Es war und blieb eine offene Frage.

Ina fühlte sich durchaus attraktiv, hatte auch allen Grund dazu. Mit ernstem Gesicht zupfte sie ihre Frisur zurecht, fuhr sich mit ihrem Ringfinger über die Augenbrauen, stützte sich mit beiden Händen auf das Waschbecken. So verharrte sie mit geschlossenen Augen für einige Sekunden. Sie vernahm das Pochen ihres Herzens. Dann sah sie im Spiegelbild in ihre matten Augen.

Sie wollte und musste raus! Raus und unter Menschen. Jetzt!

Noch hatte sie einige Tage Urlaub.

***

Als sie in ihrem schwarzen BMW aus der Garageneinfahrt fuhr, musste sie links abbiegen, um in die Einkaufsmeile der Fußgängerzone zu gelangen.

Shoppen war zu ihrer Ersatzbefriedigung geworden. Ihr war das bewusst, umso mehr ärgerte sie sich darüber.

Sie drückte den Blinker nach unten. Links ab. Trotzig, fast zwanghaft, änderte sie die Richtung, um sich nach rechts in den Verkehr einzuordnen.

»Rechts ab! Es ist besser, zu genießen«, murmelte sie vor sich hin und war sich in dieser Sekunde absolut sicher, das Richtige zu tun.

Ina atmete kräftig durch, tippte das Radio um einiges lauter. Sie amüsierte sich über sich selbst, schlug mit einer Hand im Rhythmus der Musik auf das Lenkrad.

Dieses Ausbrechen aus der Normalität, damals mit Alexandre, damals im SM-Club mit Sari und Sven … Es hatte ihr eine andere Seite ihres Lebens aufgezeigt, eine körperliche, sinnliche und berauschende Seite.

Jetzt würde sie es also tun, etwas vollkommen Verrücktes, zumindest für sie Verrücktes.

Bald schon verließ sie die Hauptstraße. Über die Rheinbrücke ging es ins nahe Nachbarland Frankreich. Nur wenige Kilometer hinter der offenen Grenze, nach etwas mehr als zwanzig Kilometern, hatte sie ihr Ziel erreicht.

***

Im alten Roxy-Kino der kleinen Gemeinde liefen fast nur noch Pornofilme. Was war dem Besitzer auch übrig geblieben. Nur moderne, umsatzstarke Kinos wurden mit aktuellen Filmen beliefert, konnten den erwarteten Kundenservice bieten.

Das aber, war nicht ihr Ziel. Ina lief zielstrebig um das Gebäude herum, um an den auf der Rückseite gelegenen Eingang zu gelangen. Sie war positiv überrascht. Der Besitzer hatte einiges an Geld in die Hand genommen. Der Bereich war hochmodern gestaltet und wirkte einladend. Die gedämpfte indirekte Beleuchtung tat ein Übriges.

Ein Security-Mitarbeiter nahm jeden Besucher in Augenschein. Alkoholisierten oder sichtbar Ungepflegten wurde der Eintritt verwehrt. Es war zumindest der Versuch, dem sexuellen Treiben, etwas Seriosität zu verleihen.

Ina wusste natürlich um die gesundheitlichen Risiken und hatte sich hinterfragt, ob es ihr das wert war. Es war fern jeglicher Vernunft, aber … Vernunft konnte auch langweilig sein! Sie wollte ausbrechen, endlich wieder etwas Unvernünftiges tun. Ihr Kopfkino hatte Überhand gewonnen.

Der Security nickte ihr dezent zu, verzog dabei keine Miene.

Sie betrat den stark abgedunkelten Bereich. Auf einer Tafel las sie eine kurze Einweisung. Ina sah sich um, hatte richtig vermutet. Zu dieser Tageszeit musste sie nicht lange warten. Eine grüne LED-Anzeige über Kabinennummer drei signalisierte einen Besucher. Sie schob den Geldschein in den Schlitz des Automaten, trat in die dezent beleuchtete, kompakte Kabine ein. Obwohl sie anonym für ihr Gegenüber in dieser Kabine war, spürte sie schon eine leichte aufkommende Nervosität.

Langsam zog sie ihre Bluse aus und legte beides ordentlich auf die kleine Bank. Dann zog sie den prall gefüllten BH zurecht.

Das Licht senkte sich automatisch ab, dezent erklang Musik, als sich nach wenigen Augenblicken die Klappe öffnete. Der Schwanz des Unsichtbaren, der sich langsam durch die Öffnung steckte, war ein etwas dickerer mit einer prallen Eichel.

Ina kniete sich auf die Matte, umschloss ihn mit ihren Fingern, zog die Vorhaut zurück, begann ihn zu wichsen. Eine Erregung, ein Kribbeln durchlief ihren Körper. Ab sofort war sie in einer anderen Welt. Es war richtig, hier zu sein. Sie brauchte es, sie wollte es. Jetzt schon spürte sie, wie sie feucht wurde, wie prickelnd und geil sie ihr Tun empfand.

Erst als er richtig hart und steif war, nahm sie ihn zwischen ihre Lippen in ihre Mundvotze. Ein Schauer lief durch ihren Körper.

Seit einigen Monaten gab es diese Glory-Hole-Einrichtung in dem kleinen Städtchen. Wieder einmal hatte Amerika es vorgemacht. Keiner der Partner konnte den anderen sehen, es wurde nicht miteinander gesprochen. Daten der Nutzer wurden in einen Computer eingegeben. Der andere Teilnehmer sah diese auf seinem Gerät. Er oder sie konnte ihren Wunsch anmelden.

Heute überließ Ina ihrem Gegenüber die Wahl. … Abmelken … mit der Hand … mit dem Mund … Vollaufnahme … auf die Titten … ins Gesicht …

Der Unbekannte hatte Vollaufnahme eingetippt. Alles aufzunehmen, würde sie richtig Überwindung kosten. Aber auch deshalb war sie hier. Sie wollte ihre eigenen Tabus weiter aufbrechen. Sie sah Sari vor sich, damals in dem Studio. Dort war alles öffentlich. Auch Sven und sie hatten ihr zugeschaut.

Hier in der Kabine war sie allein.

Dass sie selbst einmal hier auftauchen würde, war ihr noch immer vollkommen suspekt. Trotz aller Diskretion, beim Kommen oder Verlassen konnte sie gesehen werden. Es war ihr bewusst, aber auch für sie galt ab sofort der Spruch: No risk – no fun.

Als sie in der Zeitung von der Glory-Hole-Einrichtung zum ersten Mal gehört hatte, war sie einfach nur baff gewesen – auch noch in einer provinziellen Kleinstadt, fast um die Ecke, wenn auch hinter der »Grenze«. Die Presse berichtete natürlich darüber, nicht ohne eine gewisse Ironie einfließen zu lassen.

An Inas Arbeitsplatz, dem Steuerbüro in der Innenstadt, blieben die ersten Witze nicht aus. Es war ein dankbares Thema.

»Wenn die wüssten«, sinnierte sie vor sich hin. Bei ihrem Besuch mit Sari und Sven in dem SM-Studio, hatte sie diese Spielweise der Sexualität hautnah erlebt. An jenem Abend war ihr das Thema nicht mehr aus dem Sinn gegangen. Sie hatte ihren Computer eingeschaltet und in Google »Glory-Hole-Porn« eingegeben … Scheinbar tausende von kurzen Filmchen taten sich vor ihr auf. Frauen jeglichen Alters bearbeiteten die durch eine kleine Öffnung dargebotenen Männerschwänze. Umgehend klickte sie das nächste Video an. Ina sah weitere Frauen, die lustvoll unbekannte Männerschwänze abmelkten. Mal mit ihrem Mund, mal mit ihren Händen. Der eine Schwanz spritzte auf die Zunge, der andere auf die Titten der Frauen. Auch Ehepaare holten sich hier ihren Kick. Paare frischten ihr Sexleben mit dieser mehr oder weniger anonymen Spielform gemeinsam auf.