Die Anfänge der Fliegerei Teil II- Motorflugversuche von 1880 bis 1903 - Rainer Lüdemann - E-Book

Die Anfänge der Fliegerei Teil II- Motorflugversuche von 1880 bis 1903 E-Book

Rainer Lüdemann

0,0

  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2022
Beschreibung

Zusammengefasst beschränkt sich das Problem des Fliegens mit Geräten "schwerer als Luft" auf drei Hauptbereiche: Flugstabilität, Auftrieb und Vorwärtsbewegung. In diesem zweiten Teil sollen nun weitere Versuche mit Motor getriebenen Fluggeräten und deren Erfolge und auch Misserfolge beschrieben werden. Der Leser wird bemerken, dass im Laufe dieser Abhandlung sich die Ereignisse bis zum Ende des 19. Jahrhunderts komprimieren und wird erfahren, dass in etwas mehr als 10 Jahren die Entwicklung des Flugwesens rasant fort schritt. Modellflugzeuge sind nicht mehr an der Tagesordnung, die Entwicklung eines Mann tragenden Flugzeuges steht im Vordergrund. Zum Ende des ersten Teils wurde der Flugapparat von Moshaiski behandelt. Dieser Apparat war gegenüber seinen Vorgängern eigentlich eher ein Rückschritt als ein Fortschritt. Nach dem "Flugdrachen-Prinzip" gebaut, war dieses Gerät dazu verurteilt nur einen kleinen Hopser von der Startrampe durchzuführen. Die Tragflächen waren leicht angestellt, sodass der Wind unter die Flächen "greifen" konnte um das gesamte Gerät in die Luft zu heben. Das funktioniert bei einem leichten Drachen, aber nicht bei einem tonnenschweren Gerät. Antriebsaggregate, welche eine ausreichende Kraft aufwiesen, um das Fluggerät in der Luft vorwärts zu bewegen, standen zu dieser Zeit noch nicht zur Verfügung.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 94

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Die Anfänge der Fliegerei

Teil II

Rainer Lüdemann

Vor 300 Jahren

„Es ist leichter über eine Flugmaschine zu reden, als sie zu bauen und in die Luft zu bringen. Denn einen Flugapparat in die Luft zu führen, kostet mehr Kraft und weniger Gewicht als der menschliche Körper besitzt.“

Emanuel Swedenborg 1716

(aus der Zeitschrift „Daedalus Hyperboreus“)

Die Anfänge der Fliegerei

Teil II

Motorflugversuche von 1880 bis 1903

Rainer Lüdemann

ImpressumGestaltung und Texte: Copyright © 2020 Rainer Lüdemann

Druck und Vertrieb: epubli–Ein Service der Neopubli GmbH, Berlin, www.epubli.deVerlag: Rainer Lüdemann, 59505 Bad Sassendorf, Von-Hardenberg-Straße 10

Tel. 02921-5599171

2020

Inhalt

1. Ein Wort vorab13

2. Die Profile des Mr. Phillips und seine „Fliegende Jalousie“15

3. Die französischen Fledermäuse von Clément Ader26

4. Der Maxim-Riesendoppeldecker37

5. Die erste Flugmaschine mit Benzinmotor von Wilhelm Kress49

6. Das Langley-Aerodrome56

7. Ist Gustave Whitehead zwei Jahre vor den Wright's geflogen?79

8. Karl Jatho fliegt 1903 bei Hannover94

9. Schlussbemerkung98

10. Quellenverzeichnis99

1. Ein Wort vorab

Anknüpfend an den ersten Teil dieser Schriftenreihe soll im Folgenden die Fortführung der Flugversuche mit Motor getriebenen Flugzeugen beschrieben werden.

Im ersten Teil wurden die interessantesten Erfindungen in der Flugtechnik bis 1890 beschrieben, vor allem die Apparate der Modellbauer der Gruppe des Drachenfliegerkonzeptes. Dergleichen wurde auf diejenigen Luftfahrtpioniere eingegangen, welche versuchten mit den damals modernsten Techniken ein Mann tragendes Flugzeug zu bauen und es sofort in die Luft zu bringen ohne es vorher zu testen. In der Regel setzte man die Eigenstabilität des Flugapparates voraus, so nach dem Motto: „ Abheben- Fliegen- Landen“, ohne dass man viel dazu beitragen müsse. So einfach sollte es sein, war es aber nicht. Es gehörte schon mehr dazu als nur einen Flugapparat zu bauen und damit einfach zu fliegen.

Von George Cayley über John Stringfellow bis hin zu Alphonse Pénaud und Victor Tatin waren erkennbare Fortschritte in der Entwicklung von Flugapparaten zu erkennen. Am Ende fehlten meistens das Geld und die nötigen Unterstützung durch die entsprechenden Regierungskreise, Luftfahrtvereine und Gesellschaften um ihre Projekte in die Praxis umzusetzen. Alle bis dahin wichtigen theoretischen Erkenntnisse standen allen Erfindern zur Verfügung, sodass die eigentliche Entwicklung des Flugapparates einen höheren Standard, ein nächst höheres Niveau hätte erreichen müssen. Natürlich war es nicht immer einfach die Richtigkeit einer neuen Theorie in der Praxis zu bestätigen, zumal bewiesen ist, dass eine Vielzahl von Versuchen in den verschiedenen konstruktiven Bereichen des Flugzeugbaus durchgeführt werden mussten.

Dazu zählen unter anderem die Form der Tragflächen und deren Flächenbelastung, die Form des Flugapparates und dessen Widerstand, die Anordnung der Tragflächen, die Stabilität in allen Fluglagen und damit eng verbunden die Steuerbarkeit des Gerätes.

Nicht zuletzt der Antrieb eines Flugzeuges und sein Leistungsgewicht muss hier ebenfalls angeführt werden. All dies sind wichtige Faktoren und Voraussetzungen, welche als Grundlage für eine sichere Bauweise notwendig sind und eine Beherrschung des Flugzeuges möglich machen.

Zusammengefasst beschränkt sich das Problem des Fliegens mit Geräten „schwerer als Luft“ auf drei Hauptbereiche: Flugstabilität, Auftrieb und Vorwärtsbewegung. In diesem zweiten Teil sollen nun weitere Versuche mit Motor getriebenen Fluggeräten und deren Erfolge und auch Misserfolge beschrieben werden. Der Leser wird bemerken, dass im Laufe dieser Abhandlung sich die Ereignisse bis zum Ende des 19. Jahrhunderts komprimieren und wird erfahren, dass in etwas mehr als 10 Jahren die Entwicklung des Flugwesens rasant fort schritt.

Modellflugzeuge sind nicht mehr an der Tagesordnung, die Entwicklung eines Mann tragenden Flugzeuges steht im Vordergrund. Zum Ende des ersten Teils wurde der Flugapparat von Moshaiski behandelt. Dieser Apparat war gegenüber seinen Vorgängern eigentlich eher ein Rückschritt als ein Fortschritt. Nach dem „Flugdrachen-Prinzip“ gebaut, war dieses Gerät dazu verurteilt nur einen kleinen Hopser von der Startrampe durchzuführen. Die Tragflächen waren leicht angestellt, sodass der Wind unter die Flächen „greifen“ konnte um das gesamte Gerät in die Luft zu heben. Das funktioniert bei einem leichten Drachen, aber nicht bei einem tonnenschweren Gerät. Antriebsaggregate, welche eine ausreichende Kraft aufwiesen, um das Fluggerät in der Luft vorwärts zu bewegen, standen zu dieser Zeit noch nicht zur Verfügung.

Moshaiskis Fluggerät konnte nicht fliegen, weil die Leistungen der Dampfmotoren zu gering waren. Das Leistungsgewicht war zu groß und ein Auftrieb an den Tragflächen war so gut wie nicht vorhanden. Dass dieser Apparat geflogen ist kann nicht bestätigt werden. Moshaiski aber war der erste Techniker überhaupt, der es geschafft hat unter großen Schwierig-keiten solch einen gewaltigen Flugapparat zu bauen.

Auftrieb und Leistungsgewicht gepaart mit Festigkeit und Leichtheit der Konstruktion des gesamten Gerätes waren die Zauberformeln für die nachfolgenden Flugzeugbauer. Das Problem der Steuerung des Fluggerätes musste noch überarbeitet und verfeinert werden. Ob dies alles von den zahlreichen Erfindern, deren Fluggeräte nachfolgend erwähnt werden, auch erkannt und umgesetzt wurde, erfährt der Leser in diesem zweiten Teil.

Bad Sassendorf 2020

2. Die Profile des Mr. Phillips und seine „Fliegende Jalousie“

Um eine schlüssige Beurteilung der Leistungen von Horatio Phillips in der Entwicklung der Flügelformen vornehmen zu können, müssen vorab einige wichtige Erkenntnisse angeführt werden. Bereits im ersten Teil wurde darüber berichtet wie John Stringfellow durch den bemerkenswerten Vortrag1von Francis Herbert Wenham (1824 -1908) auf dem ersten Zusammentreffen der Aeronautical Society of Great Britain im Jahre 1866 zu weiteren Versuchen inspiriert wurde. Dieser wissenschaftliche Vortrag von Wenham basierte auf seinen langwierigen Beobachtungen des Vogelfluges, die er auf seiner Reise nach Kairo im Jahre 1858 sammelte. Seine Theorie dokumentierte sich darin, dass der erfolgreiche Flug nur mit Mehrdecker-Apparaten mit hoher Flügelstreckung und der richtigen Flächenwölbung durchgeführt werden kann. Schon im Jahre 1871 unternahm er zusammen mit dem Briten John Browning erste Strömungsversuche in einem Windkanal. Erstaunlich war seine Feststellung, dass selbst bei einem Anstellwinkel der Tragfläche von 0 Grad ein hoher Auftrieb erzeugt wurde.

Während Moshaiski und seine Vorgänger noch mit ebenen Flügelflächen experimentierten und unendlich viele Versuche unternahmen, arbeitete der Engländer Horatio Frederic Phillips (1845 -1926) bereits 1884 an einem der wichtigsten aeronautischen Probleme in der Entwicklung des Flugapparatebaus. Er bewies mit einer weltweit einmaligen Untersuchungsmethode die 90 Jahre alten Theorien des Engländers George Cayley und machte an jenem Punkt der theoretischen Kenntnisse weiter an dem Francis Wenham aufhörte.

Phillips baute einen kleinen Windkanal im Auftrag der Aeronautical Society und leitete einen Luftstrom mit Rauch über verschieden geformte Flächenprofile.

Horatio Frederic Phillips

Er fand heraus, dass der Rauch unterschiedlich an Ober-und Unterseite der Flächenprofile vorbeiströmte. Er machte unzählige Versuche mit verschieden geformten Profilen und bewies letztendlich durch seine praktischen Versuche Cayleys und Wenhams Theorien, zu denen nachfolgend noch einige Ausführungen gemacht werden sollen. Seine wichtigste Erkenntnis aus diesen Versuchen war, „…dass der durch gewölbte Tragflächen-Profile erzeugte Auftrieb die Definition der alles bedeutenden Kraft bei der Bewegung eines Flugapparates ist“. Phillips fand außerdem heraus, dass die umströmende Luft an der Unterseite eines gewölbten Profils je nach Größe der Wölbung einen Druck von unten nach oben (Überdruck) auf die Tragflächen-Unterseite erzeugte und somit die Fläche nach oben drückte.

Gleichzeitig aber auf der Oberseite der Tragfläche an der stärksten Wölbung ein Unterdruck (Sog) entstand, der in der Lage war die gesamte Fläche nach oben zu ziehen. Hier wirkten also zwei Kräfte in die gleiche Richtung, und zwar nach oben, wobei der Unterdruck auf der Oberseite der Fläche den größeren Anteil der Auftriebskraft erzeugte.2 Ebenso wie Wenham stellte Phillips fest, dass eine große Flügelstreckung sich günstiger auf das Verhältnis zwischen Auftrieb und Flächenwiderstand auswirkt und der Auftrieb an der Vorderkante des Flügels am stärksten ist. Phillips führte fast neun Jahre lang Tests mit verschiedenen Profilformen durch und ließ davon 8 im Jahr 1884 patentieren.3/4/5

Im Rahmen der weitergeführten Experimente entstand ein noch effizienteres Flügelprofil, welches er im Jahr 1891 patentieren ließ. Heute wird von vielen Luftfahrthistorikern dieses Profil als der „erste echte Tragflügel“ und für die damalige Zeit als Spitzen-technologie bezeichnet.

Das 1891 patentierte Flügelprofil von Phillips

8 patentierte Flügelprofile von 1884 (Flight)

Hier zum Vergleich eine neuzeitliche Darstellung zu den Auftriebskräften an der Tragfläche quer und längs (unten)

Um seine Kenntnisse in der Praxis auch beweisen zu können baute Phillips in der darauf folgenden Zeit eine Reihe von Versuchsapparaten, die aber keinerlei Ähnlichkeit mit einem Flugzeug hatten. Das hatte auch seine besondere Bewandtnis.

Sehr stark beeinflusst durch die Theorien von Wenham baute er 1893 seinen ersten sonderbar anzuschauenden Flugapparat. Er nannte ihn „Multiplane“ und er sah aus wie eine venezianische Jalousie auf Rädern.6 Das komplette Tragwerk war von einem Stabilisierungsrahmen eingefasst, hatte eine Breite von ca. 6,75 m und war ca. 2,90 m hoch. Das Tragwerk bestand aus 50 schmalen Tragflächen, welche 3,8 cm tief und mit einem Abstand von 51 mm übereinander, wie bei einer Jalousie, im Rahmen befestigt waren. Die Flügelfläche betrug insgesamt 12,60 m². Der Tragrahmen war auf einem dreieckigen, bootsförmigen, 7,60 m langen Fahrgestell montiert, welches sich auf drei Rädern bewegte. Tragwerk und Antriebsmaschine befanden sich auf dem hinteren stumpfen Ende des Fahrwerks. Der Antrieb bestand aus einer 5,6 PS leistenden Dampfmaschine, die dem zweiflügligen Propeller 400 Umdrehungen pro Minute verlieh.

Der Durchmesser des Propellers betrug 1,83 m. Der gesamte Apparat wog 149,7 kg, wobei die Dampfmaschine allein schon über 90 kg schwer war. Der Test wurde auf einer kreisrunden Holzbahn, ähnlich der bei den Versuchen von Tatin, mit einem Umfang von etwas mehr als 190 m durchgeführt. Das Gerät war an zwei Punkten mit einem Seil verbunden, deren Enden im Mittelpunkt des Kreises an einer drehbaren Halterung befestigt wurden. Das Vorderrad wurde so ausgerichtet, dass es stets die kreisrunde Spur halten konnte. 7

Beim ersten Versuchslauf wurde zusätzlich eine 32,6 kg schwere Ladung hinzugefügt, sodass die Gesamtmasse jetzt 182,3 kg betrug. Ergänzend muss noch bemerkt werden, dass Phillips’ Versuchsgerät ein großes Modell war, das nicht zum Tragen einer Person konstruiert wurde. Wenn man das Modell betrachtet sieht auch der Laie, dass Phillips sich nur auf die Erprobung seiner gewölbten Flächen konzentrierte.

Auf der kreisrunden Holzbahn

Das Testgerät war noch lange kein Flugapparat, stellte aber ein weiteren wichtigen Schritt in der Erforschung der Aerodynamik und zum Bau eines Flugzeuges dar. Das erste Experiment zeigte eigentlich das was Phillips theoretisch bereits herausgefunden und begründet hatte.

Als das Testgerät eine angemessene Geschwindigkeit erreicht hatte, hoben die beiden hinteren Räder, welche die Hauptlast zu tragen hatten, von der Laufbahn ab und schwebten ca. 60–70 cm über dem Erdboden. Hiermit stand außer Zweifel, dass der Apparat in der Lage war aus eigener Kraft mit zusätzlicher Ladung aufzusteigen. Beim zweiten Versuch wurde die Zuladung um 7,25 kg gesenkt. Auf der Kreisbahn hob das Testgerät bei ca. 45 km/h ab und legte ¾ der Kreisbahn in der Luft zurück. Mit diesem Versuch wurde eindeutig das selbstständige Aufsteigen und Halten einer Höhe x mit einer Zuladung, in diesem Fall etwas mehr als 7 kg, bewiesen.

Wenn man das Experiment nur unter dem Gesichtspunkt der Flugfähigkeit betrachtet, kommt man logischer Weise zu dem Schluss, dass diese nicht bestätigt werden kann, denn alle Flug stabilisierenden Maßnahmen waren nicht vorhanden. Das war auch nicht Sinn dieses Experiments! Phillips wollte ausschließlich nur die Auftriebswirkung seiner gewölbten Flächen praktisch beweisen und das hat er damit getan. Ihm ging es nicht um den Bau eines modernen Flugzeuges sondern um die praktische Umsetzung seiner Windkanalversuche. Die durch diese Testreihe erlangten Erkenntnisse waren wegweisend für den Bau modernerer Flugapparate.8

Ein Wort noch zum Leistungsbedarf dieses Gerätes. Obwohl keine Dampfmaschine in Leichtbauweise verwendet wurde, hatte sie ein besseres Leistungsgewicht als das Modell von Tatin.