Die Anfänge der Fliegerei   Teil III, Die Schule des Segelfliegens - Rainer Lüdemann - E-Book

Die Anfänge der Fliegerei Teil III, Die Schule des Segelfliegens E-Book

Rainer Lüdemann

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  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2020
Beschreibung

In den bisherigen beiden Teilen dieser Schriftenreihe sind die Flugversuche mit menschlicher Muskelkraft, künstlichen Flügeln oder mit Hilfe von Antriebsmaschinen beschrieben worden, welche sofort das Fliegen realisieren sollten. Vertreter dieser Verfahrensweisen gab es reichlich. Sie erzielten, wie aufgezeigt wurde, wenige bzw. unbestätigte Erfolge mit geringem Einfluss auf die Entwicklung der Fliegerei. Eine andere Gruppe von Experimentatoren, deren Anfänge bis weit in das 17. Jahrhundert zurückreichen, die Ergebnisse aber nicht belegt waren, waren die Forscher, die den mühelosen Gleit-und Segelflug der Vögel bewunderten und versuchten diesen nachzuahmen. Was diese Gruppe von Forschern aber zu dieser Zeit noch nicht wusste, war, dass sie bereits mit ihren umfangreichen Arbeiten die wichtigsten Bedingungen des Fluges, wie Gleichgewicht und Flugstabilität, erforschten und versuchten dieses Problem zu lösen. Wann in der Geschichte genau der Zeitpunkt war, an dem diese Entwicklung ihren eigenen Weg nahm, konnte bis heute nicht genau festgelegt werden. Fest steht aber, dass durch die Arbeiten von Sir George Cayley die ersten nachweisbaren Ergebnisse im Gleitflug vorgelegt wurden.

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Kleine illustrierte Schriftenreihe zur Luftfahrtgeschichte

Die Anfänge der Fliegerei

Teil III

Die Schule des Segelfliegens

Dipl.Wirtsch. Ing. Rainer Lüdemann

Impressum

Verlag: epubli GmbH, Berlin

Copyright: © 2012 Rainer Lüdemann

Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

„Lilienthal hat bisher am meisten dazu beigetragen, zu zeigen, dass menschliches Fliegen wahrscheinlich möglich ist. Er war der erste in modernen Zeiten, welcher es wagte, den Segelflug der Vögel mit Mann tragenden Apparaten nachzuahmen; er war in jeder Hinsicht so gut ausgerüstet, dass er vermutlich endgültigen Erfolg erreicht hätte, wenn er am Leben geblieben wäre.“

Octave Chanute

( aus Halle, Otto Lilienthal – Der erste Flieger, 1936)

1. Ein Wort vorab

In den bisherigen beiden Teilen dieser Schriftenreihe sind die Flugversuche mit menschlicher Muskelkraft, künstlichen Flügeln oder mit Hilfe von Antriebsmaschinen beschrieben worden, welche sofort das Fliegen realisieren sollten. Vertreter dieser Verfahrensweisen gab es reichlich. Sie erzielten, wie aufgezeigt wurde, wenige bzw. unbestätigte Erfolge mit geringem Einfluss auf die Entwicklung der Fliegerei.

Eine andere Gruppe von Experimentatoren, deren Anfänge bis weit in das 17. Jahrhundert zurückreichen, die Ergebnisse aber nicht belegt waren, waren die Forscher, die den mühelosen Gleit-und Segelflug der Vögel bewunderten und versuchten diesen nachzuahmen. Was diese Gruppe von Forschern aber zu dieser Zeit noch nicht wusste, war, dass sie bereits mit ihren umfangreichen Arbeiten die wichtigsten Bedingungen des Fluges, wie Gleichgewicht und Flugstabilität, erforschten und versuchten dieses Problem zu lösen.

Wann in der Geschichte genau der Zeitpunkt war, an dem diese Entwicklung ihren eigenen Weg nahm, konnte bis heute nicht genau festgelegt werden. Fest steht aber, dass durch die Arbeiten von Sir George Cayley die ersten nachweisbaren Ergebnisse im Gleitflug vorgelegt wurden. Cayley war, wie viele seiner Nachfolger, weit seiner Zeit vorausgeeilt und wurde von der Mehrheit der Wissenschaftswelt nicht oder wenig beachtet. 50 Jahre später war es Jean-Marie le Bris, der 1856 seinen ersten künstlichen Albatros fertig stellte. Ihn könnte man an den Anfang der langen Reihe der Luftfahrtpioniere stellen, die sich ausgiebig mit der Beobachtung des Vogelfluges beschäftigten um daraus Schlüsse für die weitere Arbeit, die noch nachfolgend kurz erläutert werden soll, zu ziehen.

Ihm folgten d’ Esterno, Boulton, Wenham, Mouillard, der große Otto Lilienthal, Percy Pilcher, Octave Chanute, Augustus Herring und natürlich die Brüder Wright.

Die Arbeiten dieser herausragenden Personen werden in diesem Teil der Schriftenreihe für den Zeitraum von 1850 bis 1902 zusammen gefasst und stellen in der Entwicklung und Beherrschung des Gleitfluges die wichtigste Vorstufe zum motorisierten Flug dar.

Bad Sassendorf Frühjahr 2020

2. Die Wegbereiter des Gleitfluges - Cayley, le Bris und d`Esterno

Wie bereits im ersten Teil dieser Reihe zu lesen war, sind erst mit den Arbeiten und Aufzeichnungen des Engländers George Cayley Nachweise über erfolgte Gleitflüge dokumentiert worden. Der Ur-Vater der Luftfahrt baute 1804 sein erstes Gleitflugmodell, das erste seiner Art in der Geschichte der Luftfahrt. Diesem Modell sollten noch viele folgen, bis hin zu einem großen Gleiter, der eine Person tragen sollte und es, nach Aufzeichnungen von Cayley, auch tat.1Bis 1853 hat Cayley mehrere Versuche mit Gleitern unternommen von denen einer mit Beladung 180 m weit geflogen sein soll.

Ein weiterer bemannter Flug ist überliefert. Cayley baute im hohen Alter von 80 Jahren einen Doppeldecker-Drachengleiter und transportierte diesen auf einen Hügel nahe bei Brompton. Er setzte seinen Kutscher hinein und schob ihn den Hügel hinab. Der Gleiter hob ab und flog ca. 130 m weit. Wenn es so geschah, dann war dies der erste bemannte Gleitflug in der Geschichte der Luftfahrt und das bereits ca. 40 Jahre vor Otto Lilienthal. Alle seine Modelle, auch die großen Apparate, hatten eine ausgezeichnete Flugstabilität.

Im Jahre 1809 veröffentlichte Cayley seine ersten Erfahrungen, die er mit seinen Forschungen gemacht hat. Unter dem Titel „Aerial Navigation“ erklärt er die Voraussetzungen der Flugstabilität: die Querstabilität (zu erreichen durch eine leichte V-Stellung der Tragflächen), die Längsstabilität (zu erreichen durch die Installation eines Höhenleitwerks), und die Richtungsstabilität (zu erreichen durch die Installation eines Seitenleitwerks).

Diese drei von ihm erkannten Merkmale der Flugstabilität interpretierten gewisser Maßen schon die noch heute gültigen Grundprinzipien der Flugmechanik.

Weiterhin führte er Versuche zur Ermittlung des Druckmittel-punktes und des Schwerpunktes durch und fand mit Hilfe eines einfachen Rundlaufgerätes heraus, dass gewölbte Flügelprofile, wie bei den Vögeln, bedeutend mehr Auftrieb erzeugten als die geraden Flächen seiner Drachenflieger-Modelle. Ebenso fand er heraus, dass der Widerstand geringer ist je stromlinienförmiger das Profil wurde. Dieses traf natürlich auch für den Rumpfkörper zu.

In erster Linie war Cayley Theoretiker und versuchte aber stets seine Theorien durch praktische Versuche zu belegen. Er war mit diesen Erkenntnissen seiner Zeit weit voraus. Seine Ergebnisse nutzten, zwar erst viele Jahre später, Otto Lilienthal, die Brüder Wright und viele andere Luftfahrtpioniere, um den ersten und wichtigsten Schritt zur Entwicklung des Motorfluges zu tun.

Orville Wright schrieb 1912 über Cayley: „Er wusste mehr über die Prinzipien der Luftfahrt als irgendeiner seiner Vorgänger und Nachfolger bis zum Ende des 19.Jahrhunderts. Cayley war es, der die damals herrschende Verwirrung beseitigen half“. 2

In der Zeit als Cayley seinen Mann tragenden Gleiter ausprobierte, baute ein anderer Luftfahrt-Experimentator seinen ersten künstlichen Albatros, ein Gleitflugzeug mit einer Spannweite von 16 Metern und einer Flügelfläche von etwa 20 m². Wie viele andere Seefahrer hat es auch Jean-Marie le Bris (1808 – 1872) beeindruckt, wie stolz und majestätisch die Albatrosse über die Wellen der Meere dahinsegelten.

Kapitän le Bris studierte den Flug dieser Vögel sehr genau auf seinen Fahrten nach Südamerika. Er fing sogar einen Albatros um ihn eingehend zu untersuchen und anhand des Körperbaus festzustellen, welche Merkmale ihm diese Kunst des Segelns verliehen.

Jean-Marie le Bris

Le Bris hat den Vogel sogar getötet und seine Flügel vom Körper getrennt, sie gestreckt und in den Wind gehalten. Nach Berichten von G. de la Landelle3 soll der Flügel le Bris trotz Widerstand nach vorn und nach oben gezogen haben. Daraufhin soll er gesagt haben: „…Ich entdeckte das Geheimnis des Vogels…und plötzlich verstand ich das ganze Geheimnis des Fluges…“. Seine Begeisterung für das Fliegen wuchs mehr, denn er glaubte das Geheimnis gelüftet zu haben.

Die Heckflosse war als bewegliches Steuerelement, senkrecht und waagerecht, mit Hilfe von Scharnieren an den hinteren Rumpfteil montiert.

Wieder zurück in Frankreich begann le Bris sofort mit dem Bau dieses großen Vogels. Der bootsähnliche Rumpfkörper hatte eine Länge von 4,10 Metern und die maximale Breite betrug 1,20 m.

Jeder Flügel maß eine Länge von sieben Metern und die Gesamtflügelfläche betrug nahezu 19 qm. Der gesamte Vogel wog nur 92 Pfund.

Albatros I

Das Tragwerk war eine leichte Holzkonstruktion, welche mit Tuch bespannt war. Der Steuermann stand aufrecht in der halb offenen Rumpfschale und bediente mit den Händen Seilzüge, durch die der Anstellwinkel der vorderen Flügelkanten verändert werden konnte. Auf dem Rumpfboden waren Pedale installiert mit denen man die Heckflosse zur Steuerung des Vogels hin und her bzw. auf und ab bewegen konnte. 4

Betrachtet man das Foto, und es war das erste Foto überhaupt das von einem Flugapparat gemacht wurde, kann man die Ähnlichkeit mit einem Vogel gut erkennen. Körper und Flügel wurden von le Bris so gut wie möglich nachempfunden.

Er wusste dass der lebende Albatros nicht ohne Wind starten konnte und bemerkte auch dass sein Vogel bei Wind aus dem Stand nicht abheben wollte. Er entschloss sich den Start von einer abschüssigen Straße aus, in Trefeuntec nahe Douarnenez, vorzunehmen und den Vogel zusätzlich von einem Pferdegespann anzuschleppen.

Foto des Albatros II von Nadar 1868

Er setzte also seinen Albatros auf einen Wagen, spannte zwei Pferde davor und ließ ihn gegen den Wind schleppen.

An beiden Enden der Tragflächen liefen Assistenten mit, um den Vogel in der Waagerechten zu halten. Sie wurden vorab damit beauftragt die Tragflächen loszulassen, wenn die Pferde anfingen zu traben.

Tatsächlich löste sich der Apparat nach einigen Metern vom Wagen, nachdem le Bris die Verbindung mit dem Wagen gelöst hatte, und hob ab. Er bemerkte sofort an der Bewegung der Zugpferde, dass diese eine nicht mehr so schwere Last zu ziehen hatten und in den Galopp übergingen. Le Bris flog selbst und soll auf eine Höhe von 100 m gestiegen sein und mehr als 200 Meter Strecke zurückgelegt haben.

Dieser Versuch musste leider vorzeitig abgebrochen werden, da der Kutscher sich in der Zugleine verfing und mit in die Luft gezogen wurde. Durch vorsichtiges manövrieren soll le Bris den Mann wieder zur Erde zurück gebracht haben, sodass dieser sich sofort von der Leine befreien konnte. Den Albatros konnte er aber nicht ohne Schaden an der Tragfläche, welcher durch vorzeitiges Berühren der Erde verursacht wurde, landen. Aufgrund des Vorfalls mit dem Kutscher wählte le Bris nach der Reparatur seines Albatros’ eine andere Startmethode für seinen zweiten Flugversuch. Über der Bodensenke eines Steinbruchs unternahm er den nächsten Versuch.

Wieder sollte der „Vogel“ von zwei Pferden durch ein Seil über eine Umlenkrolle am Rande des Steinbruchs zum Fliegen gebracht werden. Le Bris soll nach dem Ausklinken des Seils über der Senke auf Abwärtswinde gestoßen sein, die ihn auf den Boden des Steinbruchs drückten. Sein Albatros zerbrach in Tausend Einzelteile. Le Bris hatte Glück im Unglück und brach sich nur ein Bein. Diese Versuche fanden 1855/56 statt.