Die Aufgeregten - Johann Wolfgang von Goethe - E-Book

Die Aufgeregten E-Book

Johann Wolfgang von Goethe

0,0

Beschreibung

Das politische Drama, welches von Goethe als Fragment in 5 Aufzügen verfasst wurde, thematisiert die Unterdrückung einer Gruppe von Bauern.Eine Gruppe von Landsleuten plant einen großen Aufstand gegen die Gutsherrschaft, die Bauern wurden bei einem Streit um Feudalrechte schwer betrogen. Der Anführer der Bauerngruppe, Breme von Bremenfeld versucht mit seiner manipulativen Art alle Bauern zum Aufstand zu überreden. Eine besonnene Gräfin setzt sich für die Befreiung der Bauern von der Unterdrückung ein, doch hat sie eine Chance? Der Koalitionskrieg gegen Frankreich bildet den Hintergrund dieses Dramas, Goethe dokumentiert hier unter anderem seine politische Haltung.-

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 72

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Johann Wolfgang von Goethe

Die Aufgeregten

 

Saga

Die Aufgeregten

 

Coverbild/Illustration: https://en.wikipedia.org/wiki/Peasants%27_War_(1798)#/media/File:The_Peasant_War.jpg

Copyright © 1792, 2021 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788726957327

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com

Politisches Drama

in fünf Aufzügen

Personen

Die Gräfinn. Friederike, ihre Tochter. Carl, ihr Söhnchen. Der Baron, ein Vetter. Der Hofrath. Breme von Bremenfeld, Chirurgus. Caroline, Bremens Tochter. Luise, Bremens Nichte. Der Magister, Hofmeister des jungen Grafen. Jacob, junger Landmann und Jäger. Martin, Albert und Peter, Landleute. Georg, Bedienter der Gräfinn.

Erster Aufzug

Erster Auftritt

(Ein gemeines Wohnzimmer, an der Wand zwey Bilder, eines bürgerlichen Mannes und seiner Frau, in der Tracht wie sie vor fünfzig oder sechzig Jahren zu seyn pflegte.)

Nacht.

(Luisean einem Tische worauf ein Licht steht, strickend.Carolinein einem Großvatersessel gegenüber, schlafend.)

Luise(einen eben vollendeten gestrickten Strumpf in die Höhe haltend). Wieder ein Strumpf! Nun wollt' ich der Onkel käme nach Hause, denn ich habe nicht Lust einen andern anzufangen. (Sie steht auf und geht an's Fenster.) Er bleibt heut' ungewöhnlich lange weg, sonst kommt er doch gegen eilf Uhr und es ist jetzt schon Mitternacht. (Sie tritt wieder an den Tisch.) Was die französische Revolution Gutes oder Böses stiftet, kann ich nicht beurtheilen; so viel weiß ich, daß sie mir diesen Winter einige Paar Strümpfe mehr einbringt. Die Stunden die ich jetzt wachen und warten muß, bis Herr Breme nach Hause kommt, hätt' ich verschlafen, wie ich sie jetzt verstricke, und er verplaudert sie, wie er sie sonst verschlief.

Caroline(im Schlafe redend). Nein, nein! Mein Vater –

Luise(sich dem Sessel nähernd). Was gibt's? liebe Muhme! – Sie antwortet nicht! – Was nur dem guten Mädchen seyn mag! Sie ist still und unruhig, des Nachts schläft sie nicht, und jetzt, da sie vor Müdigkeit eingeschlafen ist, spricht sie im Traume. Sollte meine Vermuthung gegründet seyn? sollte der Baron in diesen wenigen Tagen einen solchen Eindruck auf sie gemacht haben, so schnell und stark? (Hervortretend.) Wunderst du dich, Luise, und hast du nicht selbst erfahren wie die Liebe wirkt, wie schnell und wie stark!

Zweyter Auftritt

Die Vorigen. Georg.

Georg(heftig und ängstlich). Liebes Mamsellchen, geben Sie mir geschwinde, geschwinde –

Luise. Was denn, Georg?

Georg. Geben Sie mir die Flasche.

Luise. Was für eine Flasche?

Georg. Ihr Herr Onkel sagte, Sie sollen mir die Flasche geschwinde geben. Sie steht in der Kammer, oben auf dem Brete rechter Hand.

Luise. Da stehen viele Flaschen, was soll denn drinne seyn?

Georg. Spiritus.

Luise. Es gibt allerley Spiritus, hat er sich nicht deutlicher erklärt? Wozu soll's denn?

Georg. Er sagt' es wohl, ich war aber so erschrocken. Ach der junge Herr –

Caroline(die aus dem Schlaf auffährt). Was gibt's? – Der Baron?

Luise. Der junge Graf.

Georg. Leider, der junge Graf!

Caroline. Was ist ihm begegnet?

Georg. Geben Sie mir den Spiritus.

Luise. Sage nur was dem jungen Grafen begegnet ist, so weiß ich wohl was der Onkel für eine Flasche braucht.

Georg. Ach das gute Kind! was wird die Frau Gräfinn sagen, wenn sie morgen kömmt! wie wird sie uns ausschelten!

Caroline So red' er doch!

Georg. Er ist gefallen, mit dem Kopfe vor eine Tischecke, das Gesicht ist ganz in Blut, wer weiß ob nicht gar das Auge gelitten hat.

Luise(indem sie einen Wachsstock anzündet und in die Kammer geht). Nun weiß ich was sie brauchen.

Caroline. So spät! wie ging das zu?

Georg. Liebes Mamsellchen, ich dachte lange, es würde nichts Gutes werden. Da sitzt Ihr Vater und der Hofmeister alle Abend bey'm alten Pfarrer und lesen die Zeitungen und Monatsschriften, und so disputiren sie und können nicht fertig werden, und das arme Kind muß dabey sitzen; da druckt sich's denn in eine Ecke wenn's spät wird und schläft ein, und wenn sie aufbrechen, da taumelt das Kind schlaftrunken mit, und heute – nun sehen Sie – da schlägt's eben Zwölfe – heute bleiben sie über alle Gebühr aus, und ich sitze zu Hause und habe Licht brennen, und dabey stehen die andern Lichter für den Hofmeister und den jungen Herrn, und Ihr Vater und der Magister bleiben vor der Schloßbrücke stehen und können auch nicht fertig werden. –

Luise(kommt mit einem Glase zurück).

Georg(fährt fort). Und das Kind kommt in den Saal getappt und ruft mich, und ich fahre auf und will die Lichter anzünden, wie ich immer thue, und wie ich schlaftrunken bin, lösche ich das Licht aus. Indessen tappt das Kind die Treppe hinauf, und auf dem Vorsaal stehen die Stühle und Tische, die wir morgen früh in die Zimmer vertheilen wollen, das Kind weiß es nicht, geht gerade zu, stößt sich, fällt, wir hören es schreyen, ich mache Lärm, ich mache Licht und wie wir hinauskommen, liegt's da, und weiß kaum von sich selbst. Das ganze Gesicht ist blutig. Wenn es ein Auge verloren hat, wenn es gefährlich wird, geh' ich morgen früh auf und davon, eh' die Frau Gräfinn ankommt; mag's verantworten wer will!

Luise(die indessen einige Bündelchen Leinwand aus der Schublade genommen, gibt ihm die Flasche). Hier! geschwind! trage das hinüber und nimm die Läppchen dazu, ich komme gleich selbst. Der Himmel verhüte, daß es so übel sey! Geschwind, Georg, geschwind!

(Georgab.)

Luise. Halte warmes Wasser bereit, wenn der Onkel nach Hause kommt und Caffee verlangt. Ich will geschwind hinüber. Es wäre entsetzlich. wenn wir unsere gute Gräfinn so empfangen müßten. Wie empfahl sie nicht dem Magister, wie empfahl sie nicht mir das Kind bey ihrer Abreise! Leider habe ich sehen müssen, daß es die Zeit über sehr versäumt worden ist; daß man doch gewöhnlich seine nächste Pflicht versäumt! (Ab.)

Dritter Auftritt

Caroline. Hernach derBaron.

Caroline(nachdem sie einige Mahl nachdenkend auf und ab gegangen). Er verläßt mich keinen Augenblick, auch im Traume selbst war er mir gegenwärtig. O wenn ich glauben könnte, daß sein Herz, seine Absichten so redlich sind, als seine Blicke, sein Betragen reitzend und einnehmend ist. Ach, und die Art, mit der er Alles zu sagen weiß, wie edel er sich ausdrückt! Man sage was man will, welche Vorzüge gibt einem Menschen von edler Geburt eine standesmäßige Erziehung! Ach, daß ich doch seines Gleichen wäre!

Der Baron(an der Thüre). Sind Sie allein, beste Caroline?

Caroline. Herr Baron, wo kommen Sie her? entfernen Sie sich! wenn mein Vater käme! Es ist nicht schön mich so zu überfallen.

Baron. Die Liebe, die mich hierher führt, wird auch mein Fürsprecher bey Ihnen seyn, angebethete Caroline! (Er will sie umarmen.)

Caroline. Zurück, Herr Baron! Sie sind sehr verwegen. Wo kommen Sie her?

Baron. Ein Geschrey weckt mich, ich springe herunter und finde, daß mein Neffe sich eine Brausche gefallen hat. Ich finde Ihren Vater um das Kind beschäftigt, nun kommt auch Ihre Muhme, ich sehe daß es keine Gefahr hat, es fällt mir ein: Caroline ist allein und was kann mir bey jeder Gelegenheit anders einfallen als Caroline? Die Augenblicke sind kostbar. schönes, angenehmes Kind! gestehen Sie mir, sagen Sie mir, daß Sie mich lieben. (Will sie umarmen.)

Caroline. Noch ein Mahl, Herr Baron! lassen Sie mich, und verlassen Sie dieses Haus.

Baron. Sie haben versprochen, mich sobald als möglich zu sehen, und wollen mich nun entfernen?

Caroline. Ich habe versprochen morgen früh mit Sonnenaufgang in dem Garten zu seyn, mit Ihnen spatzieren zu gehen, mich Ihrer Gesellschaft zu freuen. Hierher hab' ich Sie nicht eingeladen.

Baron. Aber die Gelegenheit –

Caroline. Hab' ich nicht gemacht.

Baron. Aber ich benutze sie, können Sie mir es verdenken?

Caroline. Ich weiß nicht, was ich von Ihnen denken soll.

Baron. Auch Sie – lassen Sie es mich frey gestehen – auch Sie erkenne ich nicht.

Caroline. Und worin bin ich mir denn so unähnlich?

Baron. Können Sie noch fragen?

Caroline. Ich muß wohl, ich begreife Sie nicht.

Baron. Ich soll reden?

Caroline. Wenn ich Sie verstehen soll.

Baron. Nun gut. Haben Sie nicht seit den drey Tagen, die ich Sie kenne, jede Gelegenheit gesucht, mich zu sehen und zu sprechen?

Caroline. Ich läugne es nicht.

Baron