Die Augusteische Dichtung - Roms Beitrag zur Weltliteratur - Niklas Holzberg - E-Book

Die Augusteische Dichtung - Roms Beitrag zur Weltliteratur E-Book

Niklas Holzberg

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Beschreibung

NACH PHILIPPI 42 v. Chr.Oktavian und Mark Anton haben die Cäsarmörder besiegt und teilen das römische Reich unter sich auf. In der unsicheren politischen Situation entstehen die idyllische Hirtenpoesie Vergils und die zeitkritischen Satiren des Horaz.NACH AKTIUM 31 v. Chr.Oktavian hat Mark Anton und Kleopatra besiegt und beginnt die Neuordnung des Reiches. In der allgemeinen Aufbruchsstimmung verfasst Vergil das Lehrgedicht vom Landbau, Horaz Jamben und Properz ebenso wie Tibull Elegien.OKTAVIAN WIRD AUGUSTUS (27 v. Chr.)Als neuer Kaiser Augustus restauriert Oktavian den Staat und sichert die Grenzen. Seine Politik findet Unterstützung in der ersten Lyriksammlung des Horaz und dem Nationalepos der Römer, Vergils "Äneis" in zwölf Büchern.NACH DER JAHRHUNDERTFEIER 17 v. Chr.Während des augusteischen Friedens entstehen noch Gedichtbücher des Horaz und Properz, in denen die Politik des Kaisers begrüßt wird. Gleichzeitig aber schreibt Ovid seine unpolitischen, erotischen Werke, unter denen die "Metamorphosen" am bekanntesten sind.

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Fachbereich

PHILOLOGIE

Die Augusteische Dichtung – Roms Beitrag zur Weltliteratur

Von Prof. Dr. Niklas Holzberg

I. Nach Phillipi 42 v. Chr.

Vergil – Bucolica (Eklogen)

Der Begründer der Augusteischen Dichtung ist einer der bedeutendsten römischen Dichter überhaupt: Publius Vergilius Maro, kurz Vergil. Geboren wurde er im Jahre 70 v. Chr. in Mantua, er verstarb im Jahre 19 v. Chr. in Brindisi.

35 v. Chr., also mit 35 Jahren verfasst Vergil die Gedichtsammlung, die am Anfang der sogenannten Augusteischen Dichtung steht.

Sie erscheint sieben Jahre nach der Schlacht von Philippi (42 v. Chr.). Diese endete mit dem entscheidenden Sieg Oktavians über die Cäsarmörder Brutus und Cassius und deren Anhänger. Der Anlass für die Gedichtsammlung waren vermutlich die Landverteilungen in den Jahren 42-41 v. Chr. Die siegreichen, nach der Schlacht entlassenen Soldaten wurden in Italien auf enteignetem Land angesiedelt.

Das Werk trägt den lateinischen Titel Bucolica, übersetzt „Hirtendichtung“. Es hat sich eingebürgert, dass man die einzelnen Gedichte auch Eklogen nennt, was so viel heißt wie „Kleine Gedichte“. Insgesamt sind es zehn an der Zahl, mit einem Umfang zwischen 60 und 100 Versen. Sie spielen – wie schon der Name verrät - in der Welt der Hirten.

Orientierung an griechischen Vorbildern

Als Vergil sein Werk schreibt, ist es typisch für die römische Dichtung, dass sie sich an griechischen Vorbildern orientiert. Vergils Vorlage stammt in diesem Fall aus der griechischen Antike, von einem Dichter namens Theokrit. Dieser verfasste im 3. Jahrhundert v. Chr. zum ersten Mal eine Hirtendichtung dieser Art. Er befand sich damit in einem Trend der griechischen Literatur, den man als kallimacheische Literatur bezeichnet. Das Besondere an dieser Dichtung ist, dass sie sich nicht mehr -wie es vorher der Fall war - hauptsächlich mit Haupt- und Staatsaktionen befasst, also mit Königen, Schlachten oder hoher Politik. Sie bemüht sich vielmehr um die bürgerlichen, sogar kleinbürgerlichen Probleme, wie die Hirtenthematik deutlich zeigt.

Vergil führt die Hirtendichtung in die römische Welt

Die römische Poesie der Agusteischen Zeit ist stark durch den Trend zur Kleinpoesie geprägt. Dies bezieht sich nicht nur auf den Inhalt der Gedichte, sondern auch auf die äußere Form: Jeder Vers ist bis ins letzte Detail durchdacht und stilistisch sehr fein ausgearbeitet. Die Gedichte sind spielerisch und anspielungsreich.

Auch Vergil bewegt sich in diesem Trend. Mit dem Rückbezug auf die griechische, kallimacheische Dichtung, führt er nun die Hirtendichtung in die römische Welt ein. Im Gegensatz zu seinem Referé Theokrit stellt er in seiner Hirtendichtung Bezüge zum aktuellen Geschehen her: Gleich im ersten Gedicht, also in der ersten Ekloge, spielt Vergil indirekt auf Oktavian, den Sieger von Philippi, an.

Er lässt zwei Hirten auftreten, „Meliboeus“ und „Tityrus“. Meliboeus ist enteignet worden, muss Haus und Hof verlassen. Tityrus hingegen hat Haus und Hof von einem göttlichen Jüngling, den er in Rom getroffen hat, zurückerhalten. Hierzu muss man wissen, dass auch Vergils Landgut bei Mantua im Zuge der Landverteilungen beschlagnahmt worden war, er es jedoch von Augustus zurückerstattet bekam. Bemerkenswert ist, dass die beiden Hirten wenig von ihrer Arbeit, von ihren Schafen und Ziegen reden. Stattdessen spielen sie auf der Flöte und singen sich Lieder vor. Auch die Liebe kommt zur Sprache, die Erotik, wenn auch relativ dezente Erotik. Gleichzeitig toben im Hintergrund noch die Bürgerkriege, es ist die Zeit der Landenteignungen, das spielt ganz eindeutig in diese Idylle hinein.

Hirtendichtung mit politischem Hintergrund

Besonders politisch – und auch gleichzeitig eines der bekanntesten - ist ein Gedicht, das zwar vom Äußeren her ein Hirtengedicht ist, aber das Oktavian doch sehr deutlich ins Spiel bringt: In der 4. Ekloge, prophezeit der Hirtendichter, genauer gesagt wiederholt Vergil eine Prophezeiung, die er in sibyllinischen Büchern gelesen hat. Diese besagt, dass ein Knabe geboren sei und dass dieser Knabe ein goldenes Zeitalter heraufbringen wird. Es werde dann keine Kriege mehr geben. Alltägliche Sorgen, auch die der Hirten wären Vergangenheit. Es gebe dann keine Schlangen mehr und keine anderen wilden Tiere, die die Schafe und Ziegen bedrohen. Dieses goldene Zeitalter werde mit dem Jahr 40 beginnen.

Seit der Veröffentlichung der Bucolica, der Hirtengedichte, hat man darüber gerätselt, wer mit diesem Knaben gemeint sein könnte. Es gab verschiedene Personen, die in Frage kamen. Im Mittelalter hatte man keine Zweifel: gemeint war natürlich Jesus Christus. Vergil habe das gespürt. Diese Deutung ist sicherlich nicht richtig. Ich persönlich vertrete die eher unpopuläre Ansicht, dass es sich hier um eine Prophezeiung aus dem „Rückblick“ handelt und sich auf Oktavian bezieht. Seine Geburt wird noch einmal aus der Retrospektive geschildert. Seine politische „Geburt“: das Jahr 40 wird genannt. In diesem Jahr hatte Oktavian einen sehr wichtigen Vertrag mit Antonius geschlossen, seinem politischen Gegner. Die beiden einigten sich vorübergehend und die ersehnte Friedensära schien greifbar.

Vergil mag wie alle anderen gehofft haben, dass die Kriege nun beendet waren.

Gattungsmischung – Hirtendichtung und Liebeselegie

Ein zweites sehr bekanntes Gedicht aus der Sammlung ist die letzte, die 10. Ekloge. In dieser kommt es zu einer sogenannten „Gattungsmischung“.

Schauplatz ist noch immer die Hirtenwelt, dieses Mal sogar eine griechische: Es ist die Welt Arkadiens. Arkadien ist der ideale Ort für einen Hirten in Griechenland.

In diese Welt hinein setzt Vergil einen Dichter einer anderen Gattung, Cornelius Gallus