Die Auserwählten - Im Labyrinth - James Dashner - E-Book
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Die Auserwählten - Im Labyrinth E-Book

James Dashner

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Beschreibung

Ein tödliches Labyrinth ohne Ausweg – Spannung pur! Sein Name ist Thomas. An mehr kann er sich nicht erinnern. Und er ist an einem bizarren Ort gelandet – einer Lichtung, umgeben von einem riesigen Labyrinth. Zusammen mit fünfzig Jungen, denen es genauso geht wie ihm, sucht Thomas einen Weg in die Freiheit. Der führt durch das Labyrinth, dessen gewaltige Mauern sich Nacht für Nacht verschieben, und in dem mörderische Kreaturen lauern. Doch gibt es wirklich einen Weg hinaus? Und wer hat sich dieses grauenvolle Szenario ausgedacht? Den Jungen bleibt nicht viel Zeit, um es herauszufinden ... Alle Bände der weltweiten Bestseller-Serie und Filmvorlage »Maze Runner«: Die Auserwählten im Labyrinth (Band 1) Die Auserwählten in der Brandwüste (Band 2) Die Auserwählten in der Todeszone (Band 3) Die Auserwählten - Kill Order (Band 4, spielt 15 Jahre vor Band 1) Die Auserwählten - Phase Null (Band 5, spielt unmittelbar vor Band 1) Die Auserwählten – Crank Palace (exklusive digitale Bonusgeschichte)

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James Dashner: Die Auserwählten – Im Labyrinth

Aus dem Englischen von Anke Caroline Burger

Ein tödliches Labyrinth ohne Ausweg – Spannung pur!

Sein Name ist Thomas. An mehr kann er sich nicht erinnern. Und er ist an einem bizarren Ort gelandet – einer Lichtung, umgeben von einem riesigen Labyrinth. Zusammen mit fünfzig Jungen, denen es genauso geht wie ihm, sucht Thomas einen Weg in die Freiheit. Der führt durch das Labyrinth, dessen gewaltige Mauern sich Nacht für Nacht verschieben, und in dem mörderische Kreaturen lauern. Doch gibt es wirklich einen Weg hinaus? Und wer hat sich dieses grauenvolle Szenario ausgedacht? Den Jungen bleibt nicht viel Zeit, um es herauszufinden …

Alle Bände der weltweiten Bestseller-Serie und Filmvorlage »Maze Runner«:

Die Auserwählten im Labyrinth (Band 1)

Die Auserwählten in der Brandwüste (Band 2)

Die Auserwählten in der Todeszone (Band 3)

Die Auserwählten – Kill Order (Band 4, spielt 15 Jahre vor Band 1)

Die Auserwählten – Phase Null (Band 5, spielt unmittelbar vor Band 1)

Die Auserwählten – Crank Palace (exklusive digitale Bonusgeschichte)

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Für Lynette, die immer an dieses Buch geglaubt hat

Danksagung der Übersetzerin Ich danke Emil Jennerich, Elke Gerischer und Katharina Hinderer für ihre kreative Mitarbeit.

1

Sein neues Leben begann im Stehen, umgeben von kalter Dunkelheit und staubiger Luft.

Metall knirschte auf Metall; eine abrupte Anfahrbewegung brachte den Boden unter seinen Füßen zum Schwanken. Der Ruck kam so plötzlich, dass er hinfiel und auf Händen und Knien rückwärtskroch. Trotz der kalten Luft stand ihm der Schweiß auf der Stirn. Er stieß mit dem Rücken gegen eine harte Metallwand und rutschte daran entlang, bis es nicht mehr weiterging. Er hockte sich in die Ecke, zog die Knie an den Körper und hoffte, dass seine Augen sich bald an die Dunkelheit gewöhnen würden.

Mit einem weiteren Ruck fuhr der Raum schwankend nach oben wie ein Aufzugkorb in einem Kohlebergwerk.

Hartes Knirschen von Ketten und Flaschenzügen wie in einer alten Stahlfabrik erfüllte den Raum und hallte mit einem hohlen, blechernen Echo von den Wänden. Der stockdunkle Aufzug schwankte so stark hin und her, dass sich dem Jungen der Magen umdrehte. Ein Geruch von verbranntem Öl machte alles noch schlimmer. Er hätte am liebsten vor Angst geweint, aber es kamen keine Tränen; er konnte nur dasitzen, allein, und warten.

Ich heiße Thomas, dachte er.

Das … das war das Einzige, was er über sich selbst wusste.

Er verstand nicht, wie das möglich war. Sein Gehirn funktionierte einwandfrei, er war sich über seine Lage völlig im Klaren. Fakten und Bilder, Einzelheiten und Erinnerungen an die Welt und wie sie funktionierte waren da. Vor seinem inneren Auge sah er Schnee auf Bäumen, wie er durch eine Straße voller Herbstlaub rannte, einen Hamburger aß, bleichen Mondschein auf einer Wiese, Schwimmen in einem See, den belebten Platz einer Großstadt, über den Hunderte von Menschen eilten.

Und trotzdem wusste er nicht, woher er kam oder wie er in diesen dunklen Aufzug geraten war oder wer seine Eltern waren. Er kannte nicht einmal seinen Nachnamen. Bilder von Menschen tauchten in seinem Kopf auf, doch er erkannte niemanden, statt Gesichtern sah er nur verschwommene Farbflecken. Ihm fiel kein einziger Mensch ein, den er kannte, kein einziges Gespräch.

Der schwankende Raum fuhr weiter nach oben. Nach einer Weile hörte Thomas das unentwegte Rasseln der Ketten nicht mehr, die ihn hochzogen. Minuten wurden zu Stunden, auch wenn es unmöglich zu sagen war, wie lang es schon so ging, da jede Sekunde ewig schien. Nein. Er war schlauer. Wenn er seinem Instinkt vertraute, dann würde er schätzen, dass er seit ungefähr einer halben Stunde aufwärtsfuhr.

Auf einmal war seine Angst wie weggeblasen, wie ein Mückenschwarm im Wind, und eine riesengroße Neugier überkam ihn. Er wollte einfach nur wissen, wo er war und was mit ihm geschah.

Mit einem Ächzen und Scheppern kam der Raum zum Stehen und Thomas wurde aus seiner Ecke auf den harten Boden geschleudert. Während er sich wieder aufrappelte, merkte er, wie der Raum immer weniger schwankte und schließlich zum Stehen kam. Es war totenstill.

Eine Minute verging. Zwei. Er starrte in alle Richtungen, sah aber nichts als Dunkelheit, tastete sich noch einmal an den Wänden entlang und suchte nach einem Ausgang. Nichts, nur das kalte Metall. Er stöhnte vor Verzweiflung, was wie schreckliches Todesklagen von den Wänden widerhallte. Dann wurde es wieder still. Er schrie, bettelte um Hilfe, trommelte mit den Fäusten gegen die Wände.

Nichts.

Thomas verkroch sich wieder in seine Ecke, verschränkte die Arme und zitterte vor Angst. Er spürte ein bedrohliches Schaudern in der Brust, als ob ihm das Herz herausspringen wollte.

»Hilfe … helft mir … doch!«, schrie er sich die Kehle wund.

Über ihm war ein lautes Scheppern zu hören; vor Schreck verschluckte er sich und sah nach oben. An der Decke des Raums erschien eine gerade helle Linie, die immer breiter wurde. Ein schabendes Geräusch deutete darauf hin, dass zwei schwere Türen gewaltsam auseinandergezogen wurden. Nach so langer Zeit im Dunkeln tat ihm das Licht weh. Er wandte das Gesicht ab und hielt sich die Augen zu.

Über sich hörte er Geräusche – Stimmen – und konnte vor lauter Angst kaum atmen.

»Guckt euch den Strunk an.«

»Wie alt ist er?«

»Sieht aus wie Klonk im T-Shirt.«

»Du redest Klonk, du Neppdepp.«

»Mann, das stinkt nach Fuß da unten!«

»Hoffe, du hattest eine schöne Anreise, Frischling.«

»Rückfahrt ist nicht mehr, Alter.«

Thomas war völlig verwirrt und voller Panik. Die Stimmen hallten verzerrt zu ihm herunter. Einige Worte waren ihm völlig unbekannt – andere klangen vertraut. Er zwang sich, aus zusammengekniffenen Augen in Richtung Licht und Stimmen zu blicken. Zuerst sah er nur Schatten, die sich bewegten, dann Körper – Leute, die sich über das Loch in der Decke beugten und auf ihn herunterblickten.

Und dann konnte er auch Gesichter erkennen, als ob eine Kamera sie scharf gestellt hätte. Es waren Jungs – manche jünger, andere etwas älter. Thomas wusste nicht, was er erwartet hatte, aber die Gesichter verwirrten ihn. Es waren nur Jugendliche. Seine Furcht legte sich ein wenig, aber das Herz schlug ihm immer noch bis zum Hals.

Von oben wurde ein Strick heruntergelassen, an dessen Ende eine große Schlaufe geknotet war. Nach kurzem Zögern trat Thomas mit dem rechten Fuß hinein und hielt sich am Seil fest, mit dem er himmelwärts gezogen wurde. Hände streckten sich ihm entgegen, viele Hände, fassten nach seinen Klamotten, zogen ihn hoch. Alles schien sich zu drehen, ein Strudel von Gesichtern und Farben und Licht. Eine Sturzflut von Gefühlen brach über ihn herein; am liebsten hätte er geschrien, geweint, sich übergeben. Das Stimmengewirr war jetzt verstummt, aber eine Stimme sprach zu ihm, als er über die scharfe Kante des dunklen Kastens ins Freie gezogen wurde. Und Thomas wusste, dass er die Worte nie vergessen würde.

»Schön, dass du da bist, Strunk«, sagte der Junge. »Willkommen auf der Lichtung.«

2

Die helfenden Hände ließen Thomas erst los, als er aufrecht stand und sie ihm den Staub von T-Shirt und Hose geklopft hatten. Er konnte immer noch nicht richtig sehen und taumelte ein wenig. Obwohl er vor Neugier fast platzte, war ihm so übel, dass er sich noch nicht richtig umschauen konnte. Die anderen schwiegen, während er langsam den Blick wandern ließ.

Er drehte sich einmal im Kreis, worüber die anderen kicherten; sie starrten ihn an, ein paar pikten ihn mit dem Finger. Es mussten mindestens fünfzig Jugendliche sein, in allen Größen und Hautfarben und Frisuren, mit dreckigen, verschwitzten Klamotten, als ob sie hart arbeiten müssten. Thomas wurde schwindlig, als sein Blick zwischen den Jungen und dem absonderlichen Ort, an dem er gelandet war, hin- und herwanderte.

Sie standen auf einem riesigen Platz, der die Größe von mehreren Fußballfeldern hatte und von vier riesigen Wänden aus grauem Stein umgeben wurde, die mit dickem Efeu bewachsen waren. Die Mauern mussten Hunderte von Metern hoch sein und bildeten ein Quadrat. Jede der Wände hatte genau in der Mitte eine Öffnung, die so hoch wie die Wände selber war. Soweit Thomas das erkennen konnte, befanden sich dahinter Gänge und Wege.

»Oh Mann, jetzt guckt euch bloß den Frischling an«, sagte eine heisere Stimme. »Der Neppdepp verrenkt sich noch den Hals vom vielen Glotzen.« Einige Jungs lachten.

»Halt die Fresse, Gally!«, erwiderte eine tiefere Stimme.

Thomas richtete den Blick wieder auf die Unbekannten, die ihn umringten. Er sah garantiert aus, als ob er völlig durch den Wind wäre – er fühlte sich wie unter Drogen. Ein großer Junge mit blonden Haaren und einem kantigen Kinn beschnüffelte ihn mit ausdruckslosem Gesicht. Ein kleiner Pummeliger verlagerte nervös das Gewicht von einem Fuß auf den anderen und blickte mit großen Augen hoch zu Thomas. Ein stämmiger junger Asiate mit dicken Muskelpaketen verschränkte die Arme vor der Brust, die Ärmel seines engen T-Shirts hochgerollt, so dass sein Bizeps zu sehen war, und musterte Thomas. Ein dunkelhäutiger Junge sah ihn mit gerunzelter Stirn an – es war der, der ihn zuerst begrüßt hatte. Unzählige andere starrten einfach nur.

»Wo bin ich?«, fragte Thomas und war erstaunt seine eigene Stimme zu hören. Sie klang irgendwie falsch – höher, als er erwartet hatte.

»An keinem guten Ort.« Das hatte der Schwarze gesagt. »Mach dir nicht ins Hemd.«

»Und zu welchem Hüter kommt er?«, rief jemand von hinten.

»Hab ich dir doch gesagt, du Neppdepp«, erwiderte eine hohe Stimme. »Er ist ein Klonk, da wird er natürlich Schwapper – ist doch klar.« Der Kerl kicherte, als ob er einen wahnsinnig komischen Witz gemacht hätte.

Thomas war wie gelähmt vor Verwirrung – ständig hörte er Worte, die er überhaupt nicht verstand: »Klonk.« »Nepp.« »Hüter.« »Schwapper.« Es kam ihm seltsam vor, dass den Jungs die Ausdrücke so leicht über die Lippen gingen und er sie nicht kannte. Als wäre mit seinem Gedächtnis auch ein Teil seiner Sprache verloren gegangen – es war alles unangenehm verwirrend.

In ihm wüteten die verschiedensten Gefühle: Verwirrung, Neugier, Panik, Angst. Aber darunter lag das düstere Gefühl totaler Hoffnungslosigkeit, als wäre seine Welt untergegangen und aus seinem Gedächtnis gelöscht und durch etwas ganz Schreckliches ersetzt worden. Am liebsten würde er wegrennen und sich vor diesen Typen verstecken.

Der Junge mit der heiseren Stimme sagte wieder etwas. »… schafft nicht mal das, da könnt ich einen drauf lassen.« Das dazugehörige Gesicht konnte Thomas immer noch nicht sehen.

»Ich hab gesagt, ihr sollt die Klappe halten!«, schrie der dunkelhäutige Junge. »Wenn ihr hier weiter rumsabbelt, ist die nächste Pause nur halb so lang!«

Das musste ihr Anführer sein. Es nervte Thomas, dass er von allen angestarrt wurde, er konzentrierte sich lieber auf die Lichtung, wie der Junge den großen Platz genannt hatte.

Die Lichtung schien mit großen Steinblöcken gepflastert zu sein. Viele hatten Sprünge, aus denen langes Gras und Unkraut wuchs. Ein seltsames, ziemlich verfallenes Holzhaus in einer der vier Ecken bildete einen starken Kontrast zu den grauen Steinen. Um das Haus herum standen ein paar Bäume, deren Wurzeln sich wie knotige Finger auf der Suche nach Nahrung in den Steinboden gebohrt hatten. In einer anderen Ecke waren Gärten angelegt – Thomas konnte Mais, Tomatenstauden und Obstbäume erkennen. In der Ecke gegenüber waren Ställe mit Schafen, Schweinen und Kühen darin. In der vierten Ecke wuchs ein Wäldchen, dessen vordere Baumreihe halb tot und verkrüppelt aussah. Der Himmel war wolkenlos und blau, doch die Sonne war nirgends zu sehen, obwohl es sehr hell war. Die langen Schatten der Mauern verrieten weder Uhrzeit noch Himmelsrichtung – es musste entweder früher Morgen oder Spätnachmittag sein. Thomas atmete tief durch, um sich etwas zu beruhigen. Viele Gerüche strömten auf ihn ein: frisch umgegrabene Erde, Mist, Kiefern, etwas Verfaultes, etwas Süßes … Irgendwie wusste er, dass es auf einem Bauernhof so roch.

Thomas sah wieder seine mutmaßlichen Entführer an, unsicher, aber er musste Fragen stellen. Entführer, dachte er. Wo kam dieses Wort auf einmal her? Er musterte ein Gesicht nach dem anderen. Beim hasserfüllten Blick eines schwarzhaarigen Jungen durchlief es ihn eiskalt. Der Kerl sah ihn derart zornig an, dass es Thomas nicht gewundert hätte, wenn er mit einem Messer auf ihn losgegangen wäre. Als ihre Blicke sich begegneten, schüttelte der Junge den Kopf, wandte sich ab und ging zu einer Bank, die neben einer schmierigen Eisenstange stand. Oben an der Stange hing eine bunte Flagge schlaff herunter; ohne Wind konnte man ihr Muster nicht erkennen.

Völlig durcheinander starrte Thomas dem Jungen hinterher, bis der sich umdrehte und hinsetzte. Thomas sah schnell wieder weg.

Der Anführer der Gruppe – der vermutlich um die siebzehn war – machte einen Schritt nach vorn. Er hatte Alltagskleidung an: ein schwarzes T-Shirt, Jeans, Turnschuhe, Digitaluhr. Aus irgendeinem Grund überraschte diese Kleidung Thomas – ihm schien, als müssten eigentlich alle Sträflingsklamotten tragen oder so etwas. Der dunkelhäutige Junge hatte kurz geschorene Haare und ein glatt rasiertes Gesicht. Doch abgesehen von seinem finsteren Blick hatte er absolut nichts Bedrohliches an sich.

»Es ist eine lange Geschichte, Strunk«, sagte der Junge. »Du wirst es nach und nach rausfinden – morgen mache ich eine Tour mit dir. Bis dann … und mach so lange nichts kaputt.« Er streckte ihm die Hand hin. »Alby.« Er wartete, dass Thomas ihm die Hand gab.

Thomas weigerte sich. Instinktiv wandte er sich ohne ein Wort von ihm ab und ging zu einem Baum in der Nähe, an dessen rauer Rinde er sich auf den Boden rutschen ließ. Wieder stieg eine Panik in ihm auf, die fast nicht auszuhalten war. Er atmete tief durch und zwang sich dazu, seine neue Situation zu akzeptieren. Mach einfach mit, dachte er. Sich heulend in eine Ecke zu verkriechen bringt bestimmt nichts.

»Dann erzähl’s mir halt«, rief Thomas und hoffte, dass seine Stimme nicht zitterte. »Erzähl mir die lange Geschichte!«

Alby sah seine Freunde neben sich an und verdrehte die Augen. Thomas betrachtete die Gruppe. Mit seiner ersten Schätzung hatte er gar nicht schlechtgelegen – es waren vermutlich fünfzig bis sechzig Jungs, von Teenagern um die vierzehn bis zu jungen Männern wie Alby, der einer der Ältesten zu sein schien. In diesem Augenblick drehte Thomas sich der Magen um: Er hatte keine Ahnung, wie alt er selbst war. Er war vollkommen entsetzt darüber, dass er nicht mal sein eigenes Alter kannte.

»Jetzt mal ganz im Ernst«, sagte er und gab es auf, nicht vorhandenen Mut vorzutäuschen. »Wo bin ich hier?«

Alby kam auf ihn zu und setzte sich ihm gegenüber; die Meute Jungs folgte und drängelte sich hinter ihm. Köpfe reckten und streckten sich, um besser sehen zu können.

»Wenn du keinen Schiss hättest«, sagte Alby, »dann wärst du kein Mensch. Wenn du hier den großen Macker raushängen lassen willst, schmeiß ich dich eigenhändig die Klippe runter. Dann wärst du nämlich ein echter Spinner.«

»Die Klippe?«, fragte Thomas und wurde ganz weiß im Gesicht.

»Klonk drauf«, sagte Alby und rieb sich die Augen. »Ich weiß nicht, wie man so ein Klonkgespräch anfängt. Aber glaub’s mir: Strünke wie du werden hier nicht umgebracht, das versprech ich dir. Versuch einfach am Leben zu bleiben und nicht ins Gras zu beißen, okay?«

Er machte eine Pause und Thomas hatte das Gefühl, dass sein Gesicht beim letzten Satz noch blasser geworden sein musste.

»Oh, Mann«, sagte Alby, fuhr sich mit den Händen durch die kurzen Haare und stieß einen Seufzer aus. »Ich kann das einfach nicht gut – du bist der erste Neue, seit Nick gekillt wurde.«

Thomas riss die Augen auf, und ein anderer Junge trat vor und versetzte Alby spielerisch einen Klaps auf den Kopf. »Wart einfach die blöde Tour ab, Alby«, sagte er mit starkem Dialekt. »Der Junge kriegt sonst noch ’n Herzkasper von dem Zeug, das du da erzählst.« Er beugte sich vor und streckte Thomas die Hand entgegen. »Ich heiße Newt und wir fänden es gut, wenn du unserem Klonk-Hirn von Anführer hier verzeihen würdest, Frischling.«

Thomas schüttelte dem Jungen die Hand – er machte einen wesentlich netteren Eindruck als Alby. Newt war größer als Alby, schien aber ein Jahr oder so jünger zu sein. Er hatte lange, blonde Haare, die ihm bis aufs T-Shirt gingen. An seinen muskulösen Armen zeichneten sich dicke Adern ab.

»Klappe, Neppdepp«, grunzte Alby und zog Newt neben sich auf den Boden. »Wenigstens versteht er ab und an mal was von dem, was ich sage.« Es gab ein paar vereinzelte Lacher, dann drängten sich alle noch dichter hinter Alby und Newt zusammen, um zu hören, was jetzt kommen würde.

Alby breitete die Arme aus, Handflächen nach oben. »Der Laden hier heißt ›die Lichtung‹. Hier wohnen wir, hier essen wir, hier schlafen wir. Wir nennen uns die Lichter, weil wir auf der Lichtung leben. Alles klar? Weiter brauchst du –«

»Wer hat mich hierhergeschickt?«, fauchte Thomas ihn an. »Wie zum –«

Doch bevor er weiterreden konnte, schoss Albys Hand vor und packte ihn am T-Shirt. »Hoch, du Strunk, hoch mit dir!« Alby sprang auf und zog Thomas mit sich.

Thomas rappelte sich auf und bekam von neuem Angst. Er wich zum Baum zurück und versuchte sich von Alby loszureißen, der ihn aber fest im Griff hielt.

»Unterbrich mich gefälligst nicht, du Vollidiot!«, brüllte Alby ihn an. »Wenn ich dir alles erzählen würde, wärst du auf der Stelle tot, nachdem du dir vorher in die Hosen geklonkt hast! Die Eintüter würden dich mitnehmen und dann könnten wir nicht mehr viel mit dir anfangen, was?«

»Ich habe keine Ahnung, wovon du redest«, sagte Thomas langsam und war selbst erstaunt, wie gelassen seine Stimme klang.

Newt fasste nach Albys Schulter. »Komm, lass ihn in Ruhe, Alby. Das bringt doch nichts.«

Alby ließ Thomas’ Hemd los und trat schwer atmend zurück. »Hab leider keine Zeit für Höflichkeiten, Neuer. Dein altes Leben ist vorbei, das neue fängt an. Fertig. Lern die Regeln, hör zu, quatsch nicht dazwischen. Ist das klar?«

Thomas sah Newt an und hoffte auf Hilfe. Er war vollkommen aufgewühlt, die Tränen brannten ihm in den Augen.

Newt nickte. »Du hast ihn verstanden, stimmt’s?« Er nickte noch einmal.

Thomas kochte innerlich vor Zorn und Verzweiflung und hätte am liebsten jemanden verprügelt. Aber er sagte nur: »Ist klar.«

»Gut, das«, sagte Alby. »Erster Tag. Heute ist dein erster Tag, Strunk. Die Nacht bricht demnächst an, die Läufer sind bald wieder da. Die Box ist heute spät angekommen, deswegen ist keine Zeit mehr für die Tour. Morgen früh, direkt nach dem Wecken.« Er wandte sich Newt zu. »Besorg ihm ein Bett, damit er schlafen gehen kann.«

»Geht klar«, sagte Newt.

Alby sah Thomas jetzt wieder aus verengten Augen an: »Mach dir nichts draus. In ein paar Wochen hast du dich dran gewöhnt. Dir geht’s gut und du kannst mitarbeiten. Keiner von uns hatte am ersten Tag den blassesten Dunst, also mach dir nichts draus. Dein neues Leben beginnt morgen.«

Alby drehte sich um, bahnte sich einen Weg durch die vielen Jungs und ging dann auf das windschiefe Holzhaus in der Ecke zu. Die meisten verzogen sich allmählich, nicht ohne Thomas vorher noch ausgiebig gemustert zu haben.

Thomas verschränkte die Arme vor der Brust, machte die Augen zu und atmete tief durch. In seinem Innern war eine schreckliche Leere, die sich jetzt mit Hoffnungslosigkeit füllte, von der ihm das Herz wehtat. Es war alles zu viel – wo war er? Was war dieser Ort? War es ein Gefängnis? Wenn ja, warum war er dann hier und für wie lange? Die Jungen sprachen eine seltsame Sprache und schienen sich einen Dreck darum zu scheren, ob er lebte oder nicht. Wieder drohten ihm Tränen in die Augen zu schießen, aber er unterdrückte sie.

»Was habe ich bloß falsch gemacht?«, flüsterte er, ohne jemand Bestimmtes danach zu fragen. »Was habe ich bloß falsch gemacht – warum bin ich hierhergeschickt worden?«

Newt schlug ihm freundlich auf die Schulter. »So wie du dich gerade fühlst, Frischling, so haben wir uns am Anfang alle gefühlt. Jeder von uns ist aus der dunklen Box gekommen und hat den ersten Tag lang gelitten. Die Lage hier ist ernst und bald wird sie noch viel schlimmer für dich werden, das kannst du mir glauben. Aber früher oder später wirst du noch ein echter Kämpfer. Du bist kein Feigling, das sieht man sofort.«

»Ist das hier ein Gefängnis?«, fragte Thomas. Verzweifelt durchforstete er den Nebel im Kopf und versuchte irgendeinen Zugang zu seiner Vergangenheit zu finden.

»Ist das deine große Preisfrage?«, gab Newt zurück. »Wir haben keine erfreulichen Antworten für dich, jedenfalls jetzt noch nicht. Am besten bist du still und akzeptierst, dass hier alles anders ist – morgen ist auch noch ein Tag.«

Thomas ließ den Kopf hängen und sagte nichts, sondern starrte nur den gesprungenen Steinboden an. Am Rand einer Steinplatte wuchs eine Reihe Kräuter, aus denen sich winzige gelbe Blüten hochreckten, als suchten sie nach der Sonne, die längst hinter den Riesenmauern der Lichtung verschwunden war.

»Mit Chuck wirst du gut zurechtkommen«, sagte Newt. »Fetter kleiner Strunk, aber eigentlich gar nicht übel. Wart hier, ich bin gleich wieder da.«

Newt hatte den Satz kaum zu Ende gesprochen, als ein markerschütternder Schrei die Luft durchschnitt. Das hohe, schrille, kaum menschlich klingende Kreischen hallte über den Hof; alle drehten sich danach um. Thomas hatte das Gefühl, ihm würde das Blut in den Adern gefrieren, als ihm klar wurde, dass das schreckliche Geräusch aus dem Holzhaus kam.

Sogar Newt zuckte zusammen und runzelte besorgt die Stirn.

»Mist«, sagte er. »Kommen die blöden Sanis keine fünf Minuten allein mit dem Kerl zurecht, ohne dass ich danebenstehen muss?« Er schüttelte den Kopf und trat leicht gegen Thomas’ Fuß. »Such nach Chucky, sag ihm, er soll sich um deinen Schlafplatz kümmern.« Und damit rannte er auf das Holzhaus zu.

Thomas ließ sich wieder an der rauen Baumrinde nach unten rutschen, drückte sich mit dem Rücken gegen den Stamm, machte die Augen zu und wünschte, er könnte aus diesem fürchterlichen, unfassbaren Traum aufwachen.

3

Thomas blieb eine Weile so sitzen, unfähig sich zu bewegen. Schließlich zwang er sich zu dem windschiefen Gebäude hinüberzusehen. Mehrere Jungen liefen davor herum und warfen besorgte Blicke hoch zu den Fenstern im oberen Stock, als könnte jeden Moment ein scheußliches Monster in einem Regen aus Glas und Holz herausspringen.

Ein metallisches Klicken in den Zweigen über ihm erregte seine Aufmerksamkeit. Als er hochschaute, sah er gerade noch etwas grellrot und silbern aufblitzen, dann war es um den Stamm herum verschwunden. Er raffte sich auf und umrundete den Baum, reckte den Hals, konnte aber nichts außer nackten Zweigen entdecken, die ihre grauen und braunen Finger wie ein Skelett ausstreckten – und ungefähr genauso tot wirkten.

»Das war eine Käferklinge«, sagte jemand.

Thomas drehte sich um und sah einen nicht besonders großen, pummeligen Jungen, der ihn anstarrte. Er war noch jung – wahrscheinlich der Jüngste aus der Gruppe, um die zwölf oder dreizehn vielleicht. Die braunen Haare hingen ihm über die Ohren bis auf die Schultern. Das einzig Bemerkenswerte in seinem erhitzten, fetten Gesicht waren die strahlend blauen Augen.

Thomas nickte ihm zu. »Ein Käferwas?«

»Käferklinge«, sagte der Junge und zeigte hinauf in den Baum. »Tut nichts, solang man nicht so doof ist und sie anfasst.« Er zögerte. »Äh … Strunk.« Das letzte Wort sagte er etwas unbeholfen, als ob ihm der Sprachgebrauch auf der Lichtung auch noch nicht recht vertraut wäre. Ein weiterer Schrei ertönte, so lang und nervenzerfetzend, dass Thomas beinahe das Herz stehenblieb. Die Angst legte sich wie eisiger Tau auf seine Haut. »Was geht da vor sich?«, fragte er und zeigte auf das Gebäude.

»Weiß nicht«, antwortete der kleine Dicke. Er hatte noch eine relativ hohe Kinderstimme. »Ben ist todkrank und liegt im Bett. Sie haben ihn gekriegt.«

»Sie?« Es gefiel Thomas gar nicht, wie bedrohlich das Wort geklungen hatte.

»Genau.«

»Wer SIE?«

»Das wirst du hoffentlich nie erfahren«, sagte der Junge ein wenig zu beiläufig. Er streckte ihm die Hand hin. »Ich heiße Chuck. Ich war hier der Frischling, bevor du gekommen bist.«

Und der soll sich um mich kümmern?, dachte Thomas. Er wurde sein Unbehagen einfach nicht los. Langsam wurde er auch sauer. Nichts ergab irgendeinen Sinn und der Kopf tat ihm weh.

»Und warum nennen mich alle Frischling?«, fragte er und gab Chuck schnell die Hand.

»Weil du der Neue bist, der gerade frisch eingetroffen ist.« Chuck zeigte auf Thomas und lachte. Ein weiterer Schrei kam vom Haus her, der klang, als ob ein verendendes Tier gefoltert würde.

»Wie kannst du da lachen?«, fragte Thomas entsetzt. »Das klingt, als ob jemand im Sterben liegt.«

»Der wird wieder. Niemand stirbt, wenn er rechtzeitig zurückkommt und das Serum kriegt. Ist immer alles oder nichts, tot oder lebendig. Tut aber ziemlich weh«, sagte er wichtigtuerisch.

Thomas stutzte. »Was tut ziemlich weh?«

Chuck wandte den Blick ab, als wüsste er nicht genau, was er sagen sollte. »Ä-häm. Von den Griewern gestochen zu werden.«

»Griewer?« Thomas wurde immer verwirrter. Gestochen. Von Griewern. Es klang ziemlich grässlich und auf einmal wollte er gar nicht mehr unbedingt wissen, wovon Chuck da redete.

Chuck zuckte die Achseln, verdrehte die Augen und sah weg.

Thomas seufzte deprimiert und lehnte sich an den Baum. »Hört sich an, als würdest du nicht sehr viel mehr wissen als ich«, sagte er, dabei wusste er, dass das nicht stimmte. Sein Gedächtnisverlust war seltsam. Wie die Welt funktionierte, war ihm relativ klar – aber ihm fehlten alle spezifischen Erinnerungen, Namen, Gesichter. Wie ein Buch, das komplett war, bei dem aber in jeder Zeile ein Wort fehlte und bei dessen Lesen man immer verwirrter und frustrierter wurde. Er wusste nicht mal, wie alt er war.

»Du, Chuck … was meinst du, wie alt ich bin?«

Der Junge musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Ich würde sagen, du bist sechzehn. Ein Meter fünfundsiebzig, falls du das wissen wolltest … braune Haare. Und hübsch wie ein Pott gequirlte Scheiße.« Er prustete los.

Thomas war so verblüfft, dass er den letzten Satz gar nicht richtig mitbekommen hatte. Sechzehn? Er war erst sechzehn? Er fühlte sich viel älter.

»Ganz im Ernst?« Er unterbrach sich und suchte nach Worten. »Wie …« Er wusste nicht, was er fragen sollte.

»Mach dir nichts draus. Du bist ein paar Tage lang voll matsche in der Birne, aber dann gewöhnst du dich an den Laden. Wir wohnen hier, so ist das halt. Immer noch besser als aufm Klonkhaus.« Er verengte die Augen, weil er wahrscheinlich wusste, was Thomas als Nächstes fragen würde. »Klonk ist unser Wort für Kacke. Von dem Geräusch, wenn die Kacke in den Pisspott fällt.«

Thomas starrte Chuck an. Das Gespräch war ihm peinlich. »Wie schön« war das Einzige, was er herausbrachte. Er stand auf und ging an Chuck vorbei auf das alte Haus zu: Bruchbude war eigentlich zutreffender. Es war drei oder vier Stockwerke hoch und sah aus, als könnte es jeden Moment zusammenbrechen – die verschiedensten Baumstämme und Bretter waren mit dicken Seilen wüst zusammengebunden, völlig wahllos saßen ein paar Fenster dazwischen, dahinter erhob sich die massive, efeuüberwucherte Steinmauer. Als Thomas über den Hof ging, knurrte ihm der Magen, weil ihm der Geruch eines Lagerfeuers, auf dem Fleisch gebraten wurde, in die Nase stieg. Er fühlte sich schon ein bisschen besser, weil er jetzt wusste, dass es nur ein kranker Junge war, der da herumschrie. Solange er nicht dran dachte, warum er so krank geworden war …

»Wie heißt du?«, rief Chuck, der hinter ihm hergerannt kam.

»Was?«

»Name? Hast du uns noch nicht verraten – und ich weiß, dass du dich daran noch erinnerst.«

»Thomas.« Er hörte seine eigene Antwort kaum, seine Gedanken waren schon wieder mit etwas anderem beschäftigt. Wenn es stimmte, was Chuck da sagte, dann hatte er gerade eine Gemeinsamkeit mit den anderen Jungen entdeckt: dass der Gedächtnisverlust bei allen gleich ablief. Jeder wusste noch seinen Namen. Warum nicht die Namen seiner Eltern? Warum nicht den Namen eines Freundes? Warum nicht seinen Nachnamen?

»Freut mich, Thomas«, sagte Chuck höflich. »Und mach dir keine Sorgen, ich kümmere mich um dich. Ich bin schon einen ganzen Monat hier und kenne mich bestens aus. Auf Chuck ist Verlass, okay?«

Thomas war mittlerweile fast an der Tür der Bretterbude angekommen, vor der eine Gruppe Jungs herumstand, als ihn plötzlich Wut überkam. Er drehte sich zu Chuck um. »Du behauptest, du würdest dich um mich kümmern, dabei verrätst du mir überhaupt nichts!« Er wandte sich wieder in Richtung Tür, fest entschlossen da reinzugehen und selbst nach Antworten zu suchen. Woher er auf einmal den Mut dazu hatte, war ihm selbst schleierhaft.

Chuck zuckte die Achseln. »Nichts, was ich sage, wird dir helfen«, sagte er. »Ich bin ja im Grunde auch noch ein Neuer. Aber ich kann dein Freund sein –«

»Ich brauche keine Freunde«, schnitt Thomas ihm das Wort ab.

Er stand jetzt an der Tür, einem hässlichen, verwitterten Holzbrett, machte sie auf und sah mehrere Jungen mit stoischen Gesichtern unten an einer selbst gezimmerten Treppe stehen, deren Stufen und Geländer krumm und schief waren. Die Wände im Flur waren mit einer dunklen Tapete bedeckt, die halb herunterhing. Die einzig sichtbare Verschönerung war eine verstaubte Vase auf einem dreibeinigen Tisch und ein Schwarz-Weiß-Foto von einer alten Frau in einem altmodischen, weißen Kleid. Thomas musste an ein Spukhaus in einem Film denken. Im Boden fehlte sogar hier und da eine Diele.

Im Haus roch es nach Staub und Moder – ganz im Gegensatz zu den angenehmen Gerüchen draußen. An der Decke hingen flackernde Neonröhren und Spinnweben. Er fragte sich, wo hier auf der Lichtung die Elektrizität herkommen mochte. Er starrte die alte Frau auf dem Bild an. Hatte sie früher mal hier gelebt? Sich um die Jungs gekümmert?

»Guckt mal, der Frischling«, rief ein älterer Junge. Thomas fuhr zusammen, als ihm klar wurde, dass es derselbe schwarzhaarige Typ war, der ihn vorhin mit so einem tödlichen Blick bedacht hatte. Er sah aus, als wäre er um die fünfzehn, und war groß und dünn. Seine Nase war groß und knubbelig wie eine Kartoffel. »Ich wette, der Strunk hat sich die Hosen vollgeklonkt, als er Benny-Baby kreischen gehört hat. Und, brauchst du ’ne neue Windel, Neppdepp?«

»Ich heiße Thomas.« Er konnte den Typen nicht ausstehen. Ohne ein weiteres Wort ging er zur Treppe, weil er nur wegwollte und nicht wusste, was er sagen oder sonst tun sollte. Aber der Schlägertyp versperrte ihm mit erhobener Hand den Weg.

»Moment mal, Frischling.« Er zeigte mit dem Daumen Richtung oberes Stockwerk. »Neulinge dürfen keine Leute sehen, die … gepackt worden sind. Newt und Alby erlauben das nicht.«

»Warum lässt du mich nicht in Ruhe?«, fragte Thomas und versuchte seine Angst zu überspielen und nicht darüber nachzudenken, was gepackt heißen mochte. »Ich weiß nicht mal, wo ich bin. Ich will nur, dass mir jemand hilft.«

»Jetzt hör mir mal gut zu, Freundchen.« Der Junge verschränkte die Arme und sah ihn mit grimmigem Gesicht an. »Ich habe dich schon mal gesehen. Irgendetwas ist faul daran, dass du bei uns auftauchst, und ich werde rausfinden, was das ist.«

Zorn überkam Thomas. »Ich habe dich noch nie im Leben gesehen. Ich habe keine Ahnung, wer du bist, und es ist mir auch scheißegal«, schnaubte er. Dabei wusste er ja eigentlich gar nicht, ob das stimmte. Aber warum konnte der Kerl sich dann an ihn erinnern?

Der Schlägertyp lachte höhnisch, ein Gelächter gemischt mit einem fiesen Rotzgeräusch. Dann wurde sein Gesicht ganz ernst, die Augenbrauen zusammengezogen. »Ich habe … dich gesehen, Strunk. Nicht besonders viele hier sind schon gestochen worden.« Er zeigte die Treppe hoch. »Ich hab’s erlebt. Ich weiß, was der alte Benny da gerade durchmacht. Ich war da. Und bei der Verwandlung habe ich dich gesehen.«

Er streckte den Arm aus und zeigte auf Thomas. »Und ich wette deine erste Mahlzeit drauf, dass der alte Benny genau das Gleiche sagen wird.«

Thomas sah ihm weiter in die Augen, erwiderte aber nichts darauf. Panik erfüllte ihn. Hörte es irgendwann mal auf ständig schlimmer zu werden?

»Hast dich nass gemacht wegen dem bösen, bösen Griewer, was?«, höhnte der Junge. »Bisschen Schiss jetzt, was? Willst nicht gestochen werden, oder?«

Da war das Wort wieder. Gestochen. Thomas wollte nicht darüber nachdenken, sondern zeigte die Treppe hoch, wo das Gestöhn des Kranken herkam. »Wenn Newt da oben ist, dann will ich mit ihm reden.«

Der Junge sagte nichts, sondern starrte Thomas nur mehrere Sekunden lang finster an. Dann schüttelte er den Kopf. »Weißt du was? Hast Recht, Tommy – ich sollte nicht so gemein zu einem Neuen sein. Geh ruhig nach oben, Alby und Newt helfen dir bestimmt gern weiter. Na komm, geh ruhig. Nichts für ungut.«

Er gab Thomas einen leichten Klaps auf die Schulter, trat dann zurück und machte ihm den Weg nach oben frei. Aber Thomas merkte natürlich, dass der Typ es nicht ernst meinte. Er hatte vielleicht das Gedächtnis verloren, aber ein Idiot war er deswegen noch lange nicht.

»Wie heißt du?«, fragte Thomas, weil er noch unentschieden war, ob er nun hochgehen sollte oder nicht.

»Gally. Und lass dich von niemandem verarschen. Ich bin der echte Anführer hier, nicht die beiden alten Knacker-Strünke da oben. Ich. Kannst mich Captain Gally nennen.« Er lächelte zum ersten Mal; sein Gebiss sah genauso abartig aus wie seine Nase. Zwei oder drei Zähne fehlten und kein einziger war auch nur halbwegs weiß. Thomas konnte genug von seinem Atem riechen, dass sich ihm der Magen umdrehte. Es erinnerte ihn an irgendetwas Scheußliches, aber er wusste nicht was.

»Na schön«, sagte er, obwohl ihn der Typ so ankotzte, dass er am liebsten geschrien oder ihm eine reingehauen hätte. »Captain Gally.« Er salutierte übertrieben vor ihm, wobei er einen Adrenalinstoß verspürte, weil er wusste, dass er es gerade einen Tick zu weit trieb.

Ein paar von den Jungs kicherten und Gally fuhr mit hochrotem Kopf herum. Mit vor Hass gerunzelter Stirn und gekrauster Kartoffelnase sah er Thomas an.

»Geh einfach die Treppe hoch«, sagte Gally. »Und geh mir aus den Augen, du kleine miese Ratte.« Er zeigte wieder nach oben, ließ aber den Blick nicht von Thomas.

»Von mir aus.« Thomas sah sich noch einmal um, beschämt, verwirrt, ärgerlich. Er spürte, dass er ein knallrotes Gesicht hatte. Niemand versuchte ihn aufzuhalten, außer Chuck, der an der Tür stand und immer wieder den Kopf schüttelte.

»Das darfst du nicht«, sagte der Kleine. »Du bist ein Frischling – du darfst da nicht rein.«

»Geh«, sagte Gally mit einem falschen Lächeln. »Geh ruhig hoch, mein Lieber.«

Mittlerweile tat es Thomas leid, dass er überhaupt hereingekommen war – aber er wollte unbedingt mit Newt sprechen.

Bei jedem Schritt knarrte und ächzte die Treppe unter seinem Gewicht. Wenn die Lage unten nicht so extrem unangenehm gewesen wäre, wäre er aus lauter Angst, durch die morschen Stufen zu brechen, nicht weitergegangen. Er ging trotzdem hoch, bei jedem Splittern zusammenzuckend. Die Treppe endete auf einem Absatz, es ging nach links, dann kam er auf eine Galerie mit einem Geländer auf einer Seite, von der mehrere Zimmer abgingen. Nur aus einem drang unten durch den Türspalt Licht heraus.

»Die Verwandlung!«, brüllte Gally von unten. »Freu dich schon drauf, du Neppdepp!«

Vielleicht stachelte ihn Gallys Hohn an, jedenfalls ging Thomas geradewegs auf die Tür zu, ohne die knarrenden Dielen und das Gelächter von unten zu beachten – ohne an diese ganzen Worte zu denken, die er nicht kannte, und die schrecklichen Gefühle, die sie bei ihm auslösten. Er fasste nach dem Türgriff, drehte ihn und öffnete die Tür.

Im Zimmer beugten Newt und Alby sich über etwas, das im Bett lag.

Thomas streckte den Kopf vor, um zu sehen, worüber sich alle so aufregten, aber als er den Kranken sah, wurde ihm kalt ums Herz. Er musste Galle herunterwürgen, die ihm die Kehle hochstieg.

Er sah nur ganz kurz hin – nur ein paar Sekunden –, doch den Anblick würde er nie vergessen. Ein bleicher, verkrampft daliegender Junge, dessen bloßer Oberkörper scheußlich entstellt war, wand sich vor Schmerzen. Angeschwollene, krankhaft grüne Adern überzogen seinen ganzen Körper wie gespannte Seile. Seine Haut war über und über mit dunklen blauen Flecken bedeckt, roten Ausschlägen, blutigen Kratzern. Die rot geäderten Augen traten ihm aus den Höhlen und huschten rastlos hin und her. Das Bild hatte sich bereits in Thomas’ Hirn eingebrannt, als Alby aufsprang und ihm die Sicht verstellte, ihn aus dem Zimmer warf und die Tür hinter ihm zuknallte. Das Geschrei und Gestöhn war immer noch zu hören.

»Was willst du hier oben, Neuer?«, schrie Alby mit blitzenden Augen und ärgerlich verzerrtem Mund.

Thomas war ganz schwach zu Mute. »Ich … äh … ich wollte ein paar Antworten haben«, murmelte er, aber seine Worte klangen kraftlos – er gab auf. Was war bloß mit dem Kranken los? Thomas ließ sich im Flur am Geländer herunterrutschen und starrte zu Boden.

»Beweg deinen Hintern auf der Stelle die Treppe runter«, befahl Alby. »Chuck hilft dir. Wenn du mir vor morgen früh noch mal unter die Augen kommst, hat dein letztes Stündchen geschlagen, das versprech ich dir. Ich schmeiß dich höchstpersönlich die Klippe runter, klar?«

Thomas fühlte sich klein und gedemütigt. Er hatte das Gefühl, auf die Größe einer Fliege zusammenzuschrumpfen. Ohne ein Wort schob er sich an Alby vorbei und rannte, so schnell er es wagte, die ächzende Treppe hinunter. Er ignorierte die starrenden Blicke unten, lief zur Tür hinaus und zog Chuck am Arm mit.

Die Kerle waren schrecklich. Thomas hasste sie. Außer Chuck. »Bring mich bloß weg von den Typen«, sagte Thomas. Ihm wurde klar, dass Chuck wahrscheinlich sein einziger Freund auf der Welt war.

»Logo«, antwortete Chuck munter, als freute er sich, dass er endlich gebraucht wurde. »Aber zuerst müssen wir bei Bratpfanne was zu futtern besorgen.«

»Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder essen kann.« Nicht nach dem, was er gerade gesehen hatte.

Chuck nickte. »Doch, kannst du. Wir treffen uns in zehn Minuten. Unterm selben Baum wie vorhin.«

Thomas wollte nur weg von dem Haus und trottete zurück zu dem Baum. Er wusste erst seit ganz kurzem, was es hieß, hier zu leben, und schon hatte er keinerlei Lust mehr darauf. Wenn er sich bloß an etwas aus seinem bisherigen Leben erinnern könnte! An irgendetwas. Seine Mutter, seinen Vater, einen Freund, die Schule, ein Hobby. Ein Mädchen.

Er blinzelte mehrmals schnell, weil er versuchte das Bild loszuwerden, das er da gerade in der Bruchbude gesehen hatte.

Die Verwandlung. Gally hatte es die Verwandlung genannt.

Obwohl es nicht kalt war, schauderte er.

4

Thomas lehnte sich an den Baum und wartete auf Chuck. Er ließ den Blick über die Lichtung schweifen: An diesem albtraumhaften Ort schien er jetzt leben zu müssen. Die Schatten der Wände waren wesentlich länger geworden und krochen an den gigantischen, efeubedeckten Steinmauern gegenüber empor.

Das ermöglichte Thomas zumindest die Himmelsrichtungen zu bestimmen: Das Holzhaus lehnte sich in die Nordwestecke, wo es bereits in tiefem Schatten stand, das Wäldchen war im Südwesten. Der Bauernhof, auf dem immer noch ein paar Jungs die Felder bearbeiteten, nahm das gesamte nordöstliche Viertel der Lichtung ein. Die muhenden und krähenden und meckernden Tiere waren in der Südostecke untergebracht.

Exakt in der Mitte der Lichtung stand immer noch das klaffende Loch der Box offen, als lüde es ihn ein hineinzuspringen und zurück nach Hause zu fahren. Ganz in der Nähe, vielleicht sechs Meter entfernt, stand ein niedriges Gebäude aus rohen Zementblöcken, an dem es nur eine abweisend wirkende Eisentür, aber keine Fenster gab. An der Tür war etwas, das wie ein rundes Steuerrad aus Metall aussah, mit dem die Tür offensichtlich geöffnet wurde, wie bei einem U-Boot. Trotz allem, was er gerade erlebt hatte, wusste Thomas nicht, was stärker war – die Neugier, herauszufinden, was da drin war, oder die Furcht, es zu erfahren.

Thomas hatte den Blick gerade auf die vier großen Öffnungen in den Wänden gerichtet, als Chuck zurückkam, zwei belegte Brote und Äpfel unterm Arm und zwei Metallbecher mit Wasser in der Hand. Thomas war überrascht, wie erleichtert er sich fühlte – er war doch nicht ganz allein hier.

»Bratpfanne war nicht gerade begeistert, dass ich vor dem Abendessen die Küche gestürmt habe«, sagte Chuck, während er sich unter den Baum setzte und Thomas aufforderte es ihm gleichzutun. Thomas nahm sich eins der Brote, zögerte aber, als ihm der Anblick des sich fürchterlich windenden Jungen wieder vor Augen trat. Doch der Hunger siegte und er nahm einen Riesenbissen. Der herrliche Geschmack nach Schinken und Käse und Butter füllte seinen Mund.

»Oh, Mann«, murmelte Thomas mit vollem Mund. »Ich war am Verhungern.«

»Ich hab’s doch gewusst.« Chuck vertilgte sein Butterbrot ebenfalls rasend schnell.

Nach ein paar weiteren Bissen stellte Thomas die Frage, die ihn die ganze Zeit über beschäftigte. »Was ist eigentlich los mit diesem Ben? Der sieht ja kaum noch menschlich aus.«

Chuck warf einen Blick in Richtung Bruchbude. »Keine Ahnung«, brummte er. »Ich habe ihn ja nicht gesehen.«

Thomas merkte, dass das gelogen war, beschloss aber ihn nicht weiter zu bedrängen. »Du willst ihn auch nicht sehen, das kannst du mir glauben.« Er kaute auf seinem Apfel herum, während er die riesig hohen Lücken in den Wänden betrachtete. Er konnte es zwar nicht richtig erkennen, aber irgendetwas war seltsam an den Kanten der Ausgänge zu den Gängen draußen. An den ewig hohen Wänden hinaufzublicken erzeugte ein unangenehmes Schwindelgefühl, als ob er von oben auf sie hinunterschaute, statt unten an ihrem Fuß zu sitzen.

»Was ist da draußen?«, durchbrach er schließlich das Schweigen. »Ist das hier ein Teil von einer Riesenburg oder so was?«

Chuck wirkte betreten und zögerte. »Äh … ich habe die Lichtung noch nie verlassen.«

Thomas wartete. »Du verschweigst mir doch was«, erwiderte er schließlich, aß den letzten Bissen und nahm einen großen Schluck Wasser. Dass ihm niemand Antworten gab, ging ihm langsam fürchterlich auf die Nerven. Noch schlimmer war die Vorstellung, dass er nicht wusste, ob die Antworten, die er bekam, stimmten. »Warum macht ihr so eine Geheimniskrämerei um alles?«

»So ist das halt bei uns. Es läuft ziemlich merkwürdig hier und die meisten von uns wissen nicht alles. Oder auch nur ansatzweise alles.«

Thomas fand es seltsam, weil Chuck sich gar nicht daran zu stören schien. Es machte ihm nichts aus, dass ihm jemand sein Leben geklaut hatte. Was war bloß mit den Leuten hier los? Er stand auf und ging zu der Öffnung im Osten. »Niemand hat gesagt, ich dürfte mich nicht umgucken.« Er musste irgendetwas herausfinden, sonst drehte er noch durch.

»Ey – warte!«, schrie Chuck und rannte ihm hinterher. »Du musst vorsichtig sein, die Dinger gehen jeden Augenblick zu.« Er klang schon nach ein paar Schritten ziemlich außer Atem.

»Wie, zu?«, fragte Thomas. »Wovon redest du?«

»Die Tore, du Strunk!«

»Tore? Ich sehe keine Tore.« Thomas wusste, dass Chuck sich das nicht einfach ausdachte – er selbst schien irgendetwas Offensichtliches nicht zu bemerken. Ihm wurde mulmig zu Mute und er verlangsamte seinen Schritt, weil er auf einmal nicht mehr so erpicht darauf war, zur Mauer zu kommen.

»Und wie bitte schön nennst du die großen Löcher da?« Chuck zeigte hoch zu den unendlich hohen Zwischenräumen in den Wänden, die jetzt noch zehn Meter vor ihnen aufragten.

»Das sind große Löcher«, sagte Thomas, der seine Beklemmung durch beißende Ironie zu verbergen versuchte.

»Tja, das sind aber Tore. Und sie schließen sich jeden Abend.«

Thomas blieb stehen, weil er glaubte, dass er sich verhört hatte. Er blickte nach oben, nach rechts und links und untersuchte die massigen Steinquader, während das beklemmende Gefühl sich zu echter Angst auswuchs. »Was meinst du mit: Sie schließen sich?«

»Wirst du ja gleich selbst sehen. Die Läufer sind bald wieder da. Dann bewegen sich die Mauern, bis die Zwischenräume zu sind.«

»Du hast sie doch nicht mehr alle«, knurrte Thomas. Solche Mammutmauern konnten sich unmöglich bewegen – da war er sich so absolut sicher, dass er sich entspannte, weil er glaubte, dass Chuck ihn nur auf den Arm nehmen wollte.

Sie gelangten an die Öffnung, die auf steinerne Gänge hinausführte. Thomas musste schlucken, als er hinausblickte.

»Das hier ist das Osttor«, sagte Chuck stolz.

»Ach«, sagte Thomas und hörte kaum hin, weil er nicht fassen konnte, wie viel riesiger alles von nahem wirkte. Die Öffnung in der Mauer war mindestens sechs Meter breit und ging bis ganz nach oben. Die Kanten waren glatt, mit Ausnahme eines Musters, das sich auf beiden Seiten wiederholte. Auf der linken Seite des Osttors waren alle dreißig Zentimeter tiefe Löcher von mehreren Zentimetern Durchmesser in das Gestein gebohrt, angefangen am Boden bis nach oben.

Auf der rechten Seite der Türöffnung ragten dreißig Zentimeter lange und zehn Zentimeter dicke Stangen aus der Mauerkante, im selben Abstand wie die Löcher auf der anderen Seite. Ihr Sinn und Zweck war offensichtlich.

»Das ist kein Witz?«, fragte Thomas, wobei sich ihm der Magen umdrehte. »Du willst mich nicht verarschen? Die Mauern bewegen sich wirklich?«

»Na, was sollen sie denn sonst tun?«

Thomas bekam diese Vorstellung einfach nicht in seine Hirnwindungen. »Ich weiß nicht. Ich dachte, vielleicht gibt es eine Tür, die zufällt, oder eine kleinere Mauer, die aus der größeren herausfährt. Wie können sich diese Mauern bewegen? Sie sind riesig und sehen aus, als würden sie seit tausend Jahren so dastehen.« Und die Vorstellung, dass diese Wände sich schließen und ihn hier auf diesem Gefängnishof einschließen könnten, war zutiefst beängstigend.

Frustriert zuckte Chuck mit den Achseln. »Woher soll ich das wissen? Sie bewegen sich halt. Macht einen Riesenradau. Draußen im Labyrinth passiert dasselbe – die Mauern verschieben sich da auch jede Nacht.«

Bei diesem neuen Detail wachte Thomas plötzlich auf. »Was hast du gerade gesagt?«

»Häh?«

»Du hast gerade von einem Labyrinth geredet – du hast gesagt: Draußen im Labyrinth passiert dasselbe.«

Chuck lief rot an. »Du gehst mir auf den Geist. Und zwar gewaltig.« Er ging zurück zum Baum, unter dem sie gesessen hatten.

Thomas beachtete ihn nicht, weil ihn das, was außerhalb der Lichtung war, magisch anzog. Ein Labyrinth? Vor ihm, jenseits des Osttors, sah er Gänge, von denen einer nach links führte, einer nach rechts und einer geradeaus. Die Wände sahen dort draußen ähnlich wie auf der Lichtung aus, der Boden bestand aus denselben Steinquadern. Der Efeu schien dort draußen noch dichter zu sein. Weiter weg sah man weitere Öffnungen in den Wänden, die auf andere Pfade führten; der Gang geradeaus endete ganz weit hinten, sicher hundert Meter entfernt.

»Sieht wirklich aus wie ein Labyrinth«, flüsterte Thomas und hätte beinahe laut gelacht. Als wäre die Lage nicht auch so schon seltsam genug. Sein Gedächtnis war gelöscht und er in ein riesiges Labyrinth verfrachtet worden. Es war alles derart verrückt, dass es fast komisch war.

Das Herz blieb ihm kurz stehen, als auf einmal ein Junge rechts vor ihm um die Ecke bog und im Hauptgang auf ihn und die Lichtung zugerannt kam. Der Junge war völlig nass geschwitzt, sein Gesicht knallrot, die Kleider klebten ihm am Leib, aber er verlangsamte seinen Schritt nicht und würdigte Thomas im Vorbeirennen kaum eines Blickes. Er rannte geradewegs auf das flache Betongebäude zu, das in der Nähe der Box stand.

Thomas folgte dem erschöpften Dauerläufer mit den Augen und fragte sich, warum es ihn eigentlich so überraschte, dass jemand hinaus ins Labyrinth ging. Es war doch nur logisch, dort nach einem Ausgang zu suchen. Dann bemerkte er, dass auch zu den anderen drei Öffnungen Jungen hereingerannt kamen, die genauso erschöpft aussahen wie der erste, der an ihm vorbeigesaust war. Es versprach nichts Gutes, wenn die Jungen derart fertig aus dem Labyrinth zurückkamen.

Neugierig sah er zu, wie die Jungen sich vor der dicken Eisentür des kleinen Gebäudes trafen; einer drehte ächzend an dem rostigen Rad. Chuck hatte vorhin irgendwas über Läufer gesagt. Was hatten sie da draußen gemacht?

Die schwere Tür ging mit einem ohrenbetäubenden Quietschen von Metall auf Metall auf. Die Läufer verschwanden dahinter und zogen die Tür mit einem lauten Knall zu. Thomas’ graue Zellen ratterten wie verrückt, um irgendwie zu begreifen, was er da gerade erlebt hatte. Ihm fiel nichts ein, aber irgendetwas an dem unheimlichen alten Bunker verursachte ihm Gänsehaut.

Jemand zupfte ihn am Ärmel und riss ihn aus seinen Gedanken: Chuck war wieder da.

Thomas hatte tausend Fragen: »Wer ist das und was haben sie gemacht? Was ist in dem Haus da?« Er drehte sich um und zeigte zum Osttor hinaus: »Und warum wohnt ihr in einem gottverdammten Labyrinth?« Es schien, als würde ihm von den vielen Fragen fast der Kopf platzen.

»Ich sag kein Wort mehr«, gab Chuck mit neuer Selbstsicherheit zurück. »Ich finde, du solltest besser bald ins Bett gehen – du brauchst deinen Schlaf. Ah –« Er unterbrach sich, hielt einen Finger hoch und spitzte die Ohren. »– jetzt kommt’s gleich.«

»Was?«, fragte Thomas und wunderte sich, weil Chuck sich auf einmal wie ein Erwachsener benahm und nicht mehr wie ein kleines Kind, das verzweifelt nach einem Freund suchte.

Durch die Luft hallte ein lauter Knall, der Thomas zusammenfahren ließ. Dann folgte ein grässlich knirschendes, malmendes Geräusch. Thomas taumelte zurück und fiel zu Boden. Die ganze Erde bebte; voller Panik sah er um sich. Die Wände schlossen sich wirklich – und schlossen ihn auf der Lichtung ein. Eine fürchterliche Platzangst lähmte ihn und drückte seine Lunge zusammen, als wäre er unter Wasser.

»Beruhig dich, Frischling«, überschrie Chuck den Lärm. »Es sind nur die Wände!«

Thomas hörte ihn nicht, weil er sich ganz und gar auf das Schließen der Tore konzentrierte. Zitternd richtete er sich wieder auf und trat ein paar Schritte zurück, damit er besser sehen konnte, was seine Augen sich zu glauben weigerten.

Die gigantische Steinmauer zu seiner Rechten schien jedes physikalische Gesetz außer Kraft zu setzen, glitt über den Boden und wirbelte Funken und Staub auf, als Stein an Stein rieb. Das mahlende Geräusch ging ihm durch und durch. Wie Thomas sah, bewegte sich nur diese Mauer auf die andere linker Hand zu, wo sie sich mit ihren herausragenden Zapfen in die Löcher auf der anderen Seite bohrte. Er sah sich nach den andren Toren um. Es war ein Gefühl, als würde sein Kopf sich schneller als sein Körper bewegen, und der Magen drehte sich ihm vor lauter Schwindel um. Auf allen vier Seiten der Lichtung bewegten sich nur die rechten Seiten der Mauern nach links und verschlossen die Öffnungen.

Unmöglich, dachte er. Wie kann es so etwas geben? Er kämpfte den Drang nieder, hinauszurennen, sich an den zurumpelnden Mauerungetümen vorbeizuschlängeln, bevor sie geschlossen waren, und aus der Lichtung zu fliehen. Die Vernunft siegte – im Labyrinth kannte er sich noch weniger aus als mit der Situation hier.

Er versuchte zu begreifen, wie es funktionierte. Ungeheuer dicke Steinmauern, über hundert Meter hoch, die sich wie gläserne Schiebetüren bewegten – ein Bild aus seinem früheren Leben blitzte auf. Er versuchte die Erinnerung festzuhalten, das Bild mit Gesichtern, Namen, einem Ort zu ergänzen, aber schon war alles wieder dunkel. Traurigkeit erfasste ihn.

Er sah zu, wie die rechte Wand ihr Ziel erreichte, die Bolzen ihre Öffnung fanden und ohne jeden Widerstand hineinglitten. Ein lauter Knall hallte über die Lichtung, als alle vier Tore für die Nacht verschlossen waren. Thomas spürte einen letzten Augenblick der Erschütterung, dann war die Furcht wie weggeblasen.

Er atmete erleichtert auf. »Wow«, sagte er, ein gigantisches Understatement.

»Kinderspiel, wie Alby sagen würde«, murmelte Chuck. »Man gewöhnt sich irgendwie dran.«

Thomas sah sich noch einmal um. Die Lichtung hatte jetzt, wo alle Wände verschlossen waren und es keinen Ausweg mehr gab, eine ganz andere Atmosphäre. Er versuchte sich vorzustellen, was wohl der Sinn und Zweck des Ganzen sein mochte. Was war schlimmer: dass sie eingeschlossen wurden oder vor etwas da draußen geschützt werden mussten? Dieser Gedanke machte dem kurzen Augenblick des Friedens ein Ende und er stellte sich Millionen von grässlichen Möglichkeiten vor, die da draußen im Labyrinth sein konnten.

»Na komm«, sagte Chuck und zog Thomas wieder am Ärmel. »Glaub’s mir, wenn es Nacht wird, dann ist es besser, man liegt im Bett.«

Thomas wusste, dass ihm nichts anderes übrigblieb. Er versuchte seine Gefühle zu unterdrücken und folgte Chuck.

5

Sie fanden sich an der Rückseite des Gehöfts wieder – so nannte Chuck das windschiefe Bauwerk aus Brettern und Fenstern – in einem dunklen Schatten zwischen dem Gebäude und der Steinmauer dahinter.

»Wo gehen wir hin?«, wollte Thomas wissen, dem immer noch der bedrückende Anblick der zugehenden Wände, das Labyrinth, Verwirrung und Angst durch den Kopf schossen. Er zwang sich damit aufzuhören, sonst drehte er noch durch. Er machte einen lahmen Witz, um irgendwas Normales zu tun. »Falls du meinst, du kriegst einen Gutenachtkuss, vergiss es.«

Chuck zuckte nicht mit der Wimper. »Sei still und bleib hinter mir.«

Thomas seufzte, dann folgte er dem Jüngeren an der Rückseite des Hauses entlang. Sie gingen auf Zehenspitzen weiter, bis sie an ein kleines, verstaubtes Fenster kamen, aus dem das Licht warm hinaus auf Stein und Efeu schien. Thomas hörte, wie sich drinnen jemand bewegte.

»Das Badezimmer«, flüsterte Chuck.

»Na und?« Ein unbehagliches Gefühl machte sich in Thomas breit.

»Ich mache das wahnsinnig gern. Meine größte Freude vor dem Schlafengehen.«

»Was machst du gern?« Thomas hatte das düstere Gefühl, dass Chuck nichts Gutes im Schilde führte. »Vielleicht sollte ich –«

»Sei einfach still. Wirst es gleich sehen.« Lautlos stieg Chuck auf eine große Holzkiste, die direkt unter dem Fenster stand. Er duckte sich, so dass er nicht von der Person drinnen gesehen werden konnte. Dann reckte er die Hand nach oben und klopfte an die Scheibe.

»Was für ein Quatsch«, flüsterte Thomas. Das war jetzt garantiert nicht der richtige Zeitpunkt für so einen Streich – Newt oder Alby konnten da drin sein. »Ich will keinen Ärger bekommen!«

Chuck hielt sich den Mund zu, damit er nicht laut losprustete. Er beachtete Thomas nicht, sondern klopfte noch mal gegen die Scheibe.

Ein Schatten bewegte sich durch das Licht, dann wurde das Fenster aufgeschoben. Thomas versteckte sich schnell und drückte sich, so gut es ging, flach an die Hauswand. Er konnte nicht glauben, dass er in so einen dämlichen Streich mit hineingezogen worden war. Momentan war er noch unsichtbar, aber er wusste genau, dass derjenige, der da drin war, Chuck und ihn sehen würde, sobald er den Kopf rausstreckte.

»Wer ist da?«, knurrte der Junge mit rauer Stimme im Badezimmer. Thomas musste einen Japser unterdrücken – es war Gally: Die Stimme kannte er schon ganz gut.

Ohne jede Vorwarnung schnellte Chuck mit dem Kopf hoch vors Fenster und schrie aus Leibeskräften los. Ein lautes Krachen von drinnen deutete darauf hin, dass der Trick funktioniert hatte – und die Sturzflut von Schimpfworten, die folgte, ließ erkennen, dass Gally alles andere als begeistert war. Eine Mischung aus Scham und Schauder durchströmte Thomas.

»Ich bring dich um, du Neppdepp!«, brüllte Gally, aber Chuck war bereits von der Kiste gesprungen und rannte zur Lichtung davon. Thomas erstarrte, als er hörte, wie Gally drinnen die Badezimmertür aufriss und hinausstürmte.

Thomas erwachte aus seiner Erstarrung und rannte seinem neuen – und einzigen – Freund hinterher. Er bog gerade um die Ecke, als Gally laut brüllend wie ein wild gewordenes Raubtier aus dem Gehöft auftauchte.

Er zeigte auf Thomas. »Herkommen!«, schrie er.

Thomas ergab sich. Alles deutete darauf hin, dass er gleich einen Faustschlag auf die Nase bekommen würde. »Ich war’s nicht, ich schwör’s«, sagte er. Doch als er den anderen so direkt vor sich sah, merkte er, dass er eigentlich gar nicht so viel Angst vor ihm zu haben brauchte. Gally war weder groß noch stark – wenn es sein musste, konnte Thomas es ganz gut mit ihm aufnehmen.

»Ach, du warst’s nicht?«, knurrte Gally. Er schlenderte auf Thomas zu und blieb direkt vor ihm stehen. »Und woher weißt du dann, dass du irgendwas nicht warst?«

Thomas sagte nichts. Es war unangenehm, aber er hatte wenigstens nicht mehr so viel Angst vor dem Typen wie noch ein paar Minuten zuvor.

»Ich bin kein Volltrottel, Frischling«, spuckte Gally. »Ich hab Chucks fette Fresse am Fenster gesehen.« Er bohrte Thomas den Finger in die Brust. »Aber du entscheidest dich mal besser ganz schnell, wen du als Freund und wen du als Feind haben willst. Ist das klar? Noch ein Scheiß dieser Art – und es ist mir egal, ob das auf deinem Mist gewachsen ist oder nicht – und es fließt Blut. Kapiert, Neuer?« Bevor Thomas etwas erwidern konnte, hatte Gally sich schon abgewandt und ging weg.

Thomas wollte die ganze Sache nur möglichst schnell vergessen. »Sorry«, murmelte er. Es klang schrecklich dumm.

»Ich kenne dich«, sagte Gally, ohne sich umzudrehen. »Ich habe dich bei der Verwandlung gesehen und ich werde herausfinden, wer du bist.«

Thomas sah ihm hinterher, bis er wieder im Gehöft verschwunden war. An viel erinnerte er sich ja nicht, aber er hatte das deutliche Gefühl, dass er noch nie jemanden so wenig hatte leiden können. Er war überrascht, dass er echte Hassgefühle verspürte. Er hasste den Typen wirklich. Als er sich umdrehte, sah er Chuck betreten zu Boden schauen. »Schönen Dank auch, Kumpel.«

»Tut mir echt leid – wenn ich geahnt hätte, dass Gally da drin ist, hätt ich’s nie gemacht, ehrlich.«

Zu seinem Erstaunen lachte Thomas. Noch vor einer Stunde hatte er geglaubt, dass er nie wieder dazu fähig sein würde.

Chuck musterte Thomas und fing schließlich auch an zu grinsen. »Was?«

Thomas schüttelte den Kopf. »Braucht dir nicht leidzutun. Der … der Strunk hat’s verdient und dabei weiß ich noch nicht mal, was ein Strunk ist. Das war klasse.« Er fühlte sich schon viel besser und lächelte Chuck breit an.

Ein paar Stunden später lag Thomas in einem weichen Schlafsack auf einem Bett aus Gras in der Nähe des Gartens. Es war ein großes Rasenstück, das er bisher noch nicht bemerkt hatte, und ziemlich viele aus der Gruppe verbrachten hier die Nacht in Schlafsäcken. Thomas fand das seltsam, aber im Gehöft schien es nicht ausreichend Platz für alle zu geben. Wenigstens war es warm. Was ihn zum hundertsten Mal auf die Frage brachte, wo zum Teufel sie bloß waren. Die Namen von Ländern oder Staatschefs oder wie die Welt organisiert war, waren irgendwie aus seinem Kopf verschwunden. Und von den Jungs auf der Lichtung hatte auch keiner einen blassen Schimmer – oder falls doch, dann verrieten sie nichts.

Er lag ganz lange still da, sah hoch zu den Sternen und lauschte dem leisen Gemurmel der anderen. Schlafen schien unmöglich und er wurde das Gefühl der Verzweiflung einfach nicht los, das durch seinen Körper und Geist rotierte – die Freude über Chucks Aktion war lange verpufft. Es war ein endloser – und extrem merkwürdiger – Tag gewesen.

Es war einfach so … unfassbar. Er erinnerte sich an viele allgemeine Dinge – Essen, Kleidung, Lernen, Spiele, Fakten über die Welt. Aber sämtliche Details, die aus diesen Bildern echte Erinnerungen machen würden, waren irgendwie verschwunden. Es war, als versuchte man etwas durch einen halben Meter schlammiges Wasser zu betrachten. Es war zum Verzweifeln.

Chuck durchbrach seine Gedanken. »Du hast also den ersten Tag überlebt, Frischling.«

»Aber mit knapper Not.« Jetzt nicht, Chuck, wollte er sagen. Ich bin nicht in der Stimmung.

Chuck stützte sich auf einen Ellbogen und sah Thomas an. »In den nächsten paar Tagen wirst du eine Menge begreifen und gewöhnst dich allmählich an alles. Gut, das?«

»Äh, ja, wahrscheinlich gut, das. Wo kommen eigentlich diese komischen Ausdrücke her?« Es schien, als hätten sie irgendeine andere Sprache mit seiner eigenen vermischt.

Chuck ließ sich zurück auf den Rücken fallen. »Weiß nicht – ich bin ja auch erst einen Monat hier.«

Thomas fragte sich, ob Chuck wohl mehr wusste, als er zu erkennen gab. Er war ein witziger kleiner Kerl und wirkte völlig harmlos, aber wer weiß? Im Grunde war er genauso geheimnisvoll wie alles andere hier auf der Lichtung.

Einige Minuten vergingen und Thomas merkte, wie die Anstrengung des langen Tages ihn allmählich einholte und er fast einschlief. Aber da tauchte urplötzlich ein Gedanke in seinem Hirn auf. Ein völlig unerwarteter Gedanke, dessen Ursprung ihm komplett schleierhaft war.

Mit einem Mal erschien ihm alles, die Lichtung, das Labyrinth – es erschien ihm so … vertraut. Bekannt. Eine warme Gelassenheit durchströmte ihn und er dachte zum ersten Mal seit seiner Ankunft nicht, dass die Lichtung der schrecklichste Ort der Welt war. Er lag mucksmäuschenstill, seine Augen weiteten sich, er hielt einen langen Augenblick die Luft an. Was ist passiert?, dachte er. Was hat sich verändert? Seltsamerweise fand er das Gefühl, dass alles gut werden würde, ein wenig verdächtig.

Er wusste nicht, wie und warum, aber er wusste, was er zu tun hatte. Nicht zu fassen. Das Gefühl – diese Offenbarung – war seltsam, fremd und vertraut zugleich. Aber das Gefühl stimmte.

»Ich will einer von denen da draußen sein«, sagte er laut, ohne zu wissen, ob Chuck noch wach war. »Im Labyrinth.«

»Häh?« Das war Chuck. Er klang ein bisschen genervt.

»Läufer«, sagte Thomas und hatte keine Ahnung, wo das auf einmal herkam. »Ich weiß nicht, was die da draußen machen, aber das will ich auch.«

»Du hast keine Ahnung, wovon du redest«, knurrte Chuck und rollte sich auf die andere Seite. »Jetzt schlaf.«

Thomas war völlig überzeugt davon, obwohl er wirklich