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Eine Freundschaft wird auf die Probe gestellt.Hilde kann es kaum erwarten bis ihre Mutter wieder kommt, denn dann kann sie sich endlich mit ihrer besten Freundin Fee treffen. Gesagt, getan: kaum ist Mutter da, ist Hilde schon unterwegs. Zu ihrer großen Freude hat Fee auch gewartet, doch sie ist in Begleitung von der verzogenen Steffi. Als sie dann bei einem Spaziergang auf das Bauernmädchen Gretli treffen, schämt sich Hilde vor ihren neuen Freundinnen zuzugeben, dass dieses arme Mädchen bereits seit Jahren ihre allerbeste Freundin ist. Wie wichtig ist Hilde die Freundschaft zu den vornehmen Mädchen und wird sie die warmherzige Gretli gegen die feine Gesellschaft für immer eintauschen?-
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Seitenzahl: 42
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Else Ury
Saga
Die beste Freundin
Coverbild/Illustration: Shutterstock
Copyright © 1917, 2021 SAGA Egmont
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788726884524
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.
Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.
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Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com
Tiefblauer Spätsommerhimmel, hier und da von lustigen kleinen Flatterwölkchen überzogen, stülpte sich wie eine große, kristallene Riesenglocke über das liebliche Dessetal. Die frischgrünen, samtweichen Matten, der schattige Bergwald und vor allem die reine, kräftige Gebirgsluft lockten von Jahr zu Jahr mehr Sommergäste in das versteckte, nahe der schlesisch-böhmischen Grenze gelegene Dörfchen. Schmucke, neue Landhäuser waren erstanden, unternehmungslustig kletterten sie die Wiesenhänge hinauf. Hängematten schaukelten sich zwischen dunklen Bergföhren, und helles Kinderlachen erklang, bis der rauhe Herbst wiederkam. Drunten aber im Tal, wo das langgestreckte, saubere Dorf sich beiderseits der schläfrig dahinziehenden Desse bergwärts zog, da klapperten die Sägemühlen, da prusteten und dampften die gewaltigen, kreisrunden Glasöfen, da schnurrten die Räder der weltberühmten böhmischen Glasschleifereien.
Den mit farbenprächtigen Herbstastern eingefaßten Kiesweg, der sich von der Villa des Direktors der Glasfabrik zum Flüßchen herabzog, kam dessen zwölfjähriges Töchterlein Hildegard entlanggelaufen. Sie hatte es ungemein eilig, die Hildegard, denn drüben, jenseits der neuen, steinernen Brücke, da wartete sicher schon die blonde Felicitas, seit drei Wochen ihre beste Freundin, ungeduldig auf die so lange Säumende. Ja, die hatte es gut, die Prager Felicitas oder vielmehr »Fee«, wie Hildegard sie zärtlich zu nennen pflegte. Die hatte den lieben, langen Tag hier nichts weiter zu tun, als sich in Wald und Wiesen umherzutummeln und sich rote Backen während ihres Landaufenthalts zu holen. Die brauchte nicht morgens früh erst eigenhändig in ihrem Zimmer die niedlichen weißen Korbmöbel und Nippsachen abzustauben und die Blumenstöcke vor dem Fenster zu begießen. Die hatte nicht nötig, hier ein Sprachbuch aufzumachen, während Hildegard auf Wunsch der Mutter auch in den Ferien jeden Morgen eine Stunde fleißig ihre Schulaufgaben wiederholen mußte.
So arg lang wie heute aber hatte sie die Freundin noch nie warten lassen. Das Kinderfräulein war auf vierzehn Tage heimgereist, da hatte Hildegard noch ein Stündchen der Mutter die Aufsicht über das kleine Schwesterchen abnehmen müssen. Sonst war Hilde auch stets gern dafür zu haben gewesen. Stolz war sie, wenn die Mutter ihrer »Großen« die goldhaarige Ursel, den Liebling des Hauses, anvertraute. Aber heute vermochte selbst das reizende Geplauder des dreijährigen Schwesterleins Hildegard nicht über die Zeitversäumnis zu trösten. Wenn Fee nun nicht wartete oder es vorzog, mit der Wiener Steffi, dem gezierten Ding mit den gewickelten Locken, einen Spaziergang zu machen! Hildegard mochte die Steffi, die schon wie eine Dame auf hohen Absätzen die Dorfstraße entlangtrippelte und allenthalben das rote Sonnenschirmchen aufspannte, um nur ja keine Sommersprossen zu erhalten, ganz und gar nicht.
»Hilla soll mit Ulla spielen, Hilla Tuchen backen«, wie die strahlenden Kinderaugen des Schwesterchens gebettelt hatten.
Aber Schwester Hildegard hatte heute keine Lust zum Spielen gehabt. Sie hatte die oberste Stufe des Gartenhäuschens, das auf einer kleinen Anhöhe gelegen war, erklommen und angestrengt zum andern Ufer der Desse hinübergeäugt. War das nicht Fees hellblaues Musselinkleid da zwischen den knorrigen Ulmen? Und das Rot, das dort drüben zwischen wehenden Weidenschleiern aufleuchtete, das konnte nichts anderes als Steffis Sonnenschirm sein.
Endlich war die Mutter zur Ablösung erschienen. Wie ein Pfeil schoß Hildegard den Gartenpfad herab und aus dem Tor.
Hui – nun ging's die Kastanienallee, die zur Glasschleiferei herabführte, entlang. Jetzt stand sie an dem klaren Gebirgswasser – hurra – jenseits der Brücke wehte es himmelsblau und feuerrot. Sie waren noch da, sie hatten auf sie gewartet.
»Fee – Steffi« – selig faßte Hildegard links und rechts die beiden unter, ganz vergaß sie es in ihrer Freude, daß sie die Steffi eigentlich nicht leiden mochte.
»Du hast wohl heute nicht aus den Federn gefunden, Hildchen?« neckte Fee. –
»Deinetwegen hätten wir hier bald einen Sonnenstich bekommen«, fiel Steffi vorwurfsvoll ein.
»Hast ja doch dein rotes Sonnendach bei dir«, entgegnete Hildegard und wandte sich dann an Felicitas. »Ich sollte Mutter noch ein bissel helfen und Klein-Ursel beaufsichtigen.« Und ein wenig Stolz, daß man sie zu solchem Ehrenamt ausersehen hatte, wenn's ihr auch heute ungelegen gekommen war, klang doch mit.
»Habt ihr denn kein Kindermädchen dazu?« fragte Steffi ein wenig von oben herab und rümpfte das Näschen.
»Unser Fräulein ist verreist, und die Mädchen hatten andere Arbeit. Ich tu's ja auch sehr gern«, antwortete Hildegard – war's der Schein von Steffis rotem Sonnendach, der Hildegards Gesicht plötzlich mit tieferem Rot färbte, oder war die Empfindung, soeben nicht ganz bei der Wahrheit geblieben zu sein, daran schuld?
»Das ist Geschmacksache, ich möcht' nicht Kindermädchen spielen. Meine jüngeren Brüder haben ihren Hauslehrer mit in der Sommerfrische, und für Bubi, den Kleinsten, sorgt seine Kinderfrau.« Das hübsche Kommerzienratstöchterlein aus Wien warf den dunkelblonden Kopf etwas hochmütig zurück.