Die Bibliothek der Sucher - 2782 Seiten Fantasy - Alfred Bekker - E-Book
SONDERANGEBOT

Die Bibliothek der Sucher - 2782 Seiten Fantasy E-Book

Alfred Bekker

0,0
9,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 9,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

2782 Seiten Fantasy Fantasy-Erzählungen von Hendrik M. Bekker & Alfred Bekker & Margret Schwekendiek Der Umfang entspricht 2782 Taschenbuchseiten. Magische Geschöpfe und das Schicksal von Auserwählten, deren Bestimmung es ist, ihre Welten zu retten. Manchmal sind die Helden allerdings auch nur froh, ihre Haut retten zu können... Dramatische Fantasy-Romane von Top-Autoren des Genres Dieses Ebook enthält folgende Erzählungen: Hendrik M. Bekker: Mjöllnirs Diebstahl Hendrik M. Bekker: Mein Freund, der Zwerg Alfred Bekker: Die Seelen zweier Könige Alfred Bekker: Dway'lion der Magier Alfred Bekker: Gefährten der Magie Hendrik M. Bekker: Abstieg in die Tiefe Teil 1 und 2 Margret Schwekendiek: Zauberlehrling wider Willen - Eorin Band 1 Margret Schwekendiek: Always - Für immer und einen Tag - Eorin Band 2 Margret Schwekendiek: Unterwegs auf den Wegen des Schicksals - Eorin Band 3 Alfred Bekker: Die Gefährten von Elfénia Alfred Bekker& Hendrik M. Bekker: Edros Suche Hendrik M. Bekker: Radswid und die Insel der Verzweiflung Titelbild: Steve Mayer mit Adelind/Pixabay

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



2782 Seiten Fantasy Abenteuer - Die magische Bibliothek der Sucher

Alfred Bekker et al.

Published by Alfred Bekker präsentiert, 2017.

This is a work of fiction. Similarities to real people, places, or events are entirely coincidental.

2782 SEITEN FANTASY ABENTEUER - DIE MAGISCHE BIBLIOTHEK DER SUCHER

First edition. August 8, 2017.

Copyright © 2017 Alfred Bekker et al..

ISBN: 978-1536572544

Written by Alfred Bekker et al..

10 9 8 7 6 5 4 3 2 1

Inhaltsverzeichnis

Title Page

Copyright Page

2782 Seiten Fantasy

Copyright

Mjölnirs Diebstahl

Kapitel 1: Diebstahl

Kapitel 2: Lokis Plan

Mein Freund der Zwerg

DIE SEELEN ZWEIER KÖNIGE

Dway’lion, der Magier

Gefährten der Magie

Kapitel 1: Thobin, der Dieb

Kapitel 2: Faragan, der Abenteurer

Kapitel 3: Pendrasil, der Finstere

Kapitel 4: Emwén, die Heilerin

Kapitel 5: Reiter in der Nacht

Kapitel 6: Das Schattenschiff

Kapitel 7: Das Dorf der Echsenreiter

Kapitel 8: Der Zentaur

Kapitel 9: Faragans Rubin

Abstieg in die Tiefe Teil 1

Abstieg in die Tiefe Teil 2

Eorin – Die ganze Saga

Copyright

Zauberlehrling wider Willen

Vorwort

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

Nachwort:

Always – Für immer und einen Tag

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

Unterwegs auf den Wegen des Schicksals

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

Epilog

Schwerter und Götter: Die Saga von Edro

Copyright

Die Gefährten von Elfénia

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

24

25

26

27

28

29

30

31

32

33

34

35

36

37

38

39

40

41

42

43

44

45

46

47

48

49

50

51

52

53

54

55

56

57

58

59

60

61

62

63

64

65

66

Edros Suche: Die Insel der Verzweiflung

1

2

3

4

5

6

7

8

9

Radswid und die Insel der Verzweiflung

Further Reading: Abenteuer um Lirandil und die Orks von Athranor - Der Wanderer der Elben

Also By Alfred Bekker

Also By Margret Schwekendiek

Also By Hendrik M. Bekker

About the Author

About the Publisher

2782 Seiten Fantasy

Fantasy-Erzählungen

von Hendrik M. Bekker & Alfred Bekker & Margret Schwekendiek

Der Umfang entspricht 2782 Taschenbuchseiten.

Magische Geschöpfe und das Schicksal von Auserwählten, deren Bestimmung es ist, ihre Welten zu retten. Manchmal sind die Helden allerdings auch nur froh, ihre Haut retten zu können... Dramatische Fantasy-Romane von Top-Autoren des Genres

––––––––

Dieses Ebook enthält folgende Erzählungen:

Hendrik M. Bekker: Mjöllnirs Diebstahl

Hendrik M. Bekker: Mein Freund, der Zwerg

Alfred Bekker: Die Seelen zweier Könige

Alfred Bekker: Dway'lion der Magier

Alfred Bekker: Gefährten der Magie

Hendrik M. Bekker: Abstieg in die Tiefe Teil 1 und 2

Margret Schwekendiek: Zauberlehrling wider Willen – Eorin Band 1

Margret Schwekendiek: Always – Für immer und einen Tag – Eorin Band 2

Margret Schwekendiek: Unterwegs auf den Wegen des Schicksals – Eorin Band 3

Alfred Bekker: Die Gefährten von Elfénia

Alfred Bekker& Hendrik M. Bekker: Edros Suche

Hendrik M. Bekker: Radswid und die Insel der Verzweiflung

––––––––

Titelbild: Steve Mayer mit Adelind/Pixabay

Copyright

Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Authors

© der Digitalausgabe 2016 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

[email protected]

Mjölnirs Diebstahl

von Hendrik M. Bekker

Kapitel 1: Diebstahl

Grollend war Donner zu hören, er eilte ihm voran.

Thor, Sohn des Odin, stand auf seinem einachsigen Wagen und hielt in beiden Händen die Zügel seiner monströsen Ziegenböcke, denen Schaum vor den Mäulern stand. Sie zogen ihn und seinen Wagen über die Wolken wie über eine feste Straße.

Langsam  lichtete sich vor ihm der dichte Wolkenteppich und gab den Blick frei auf schroffe steile Klippen und eine wogende See. Der Streitwagen sank niedriger und kam am Rand der Felsklippen auf festen Untergrund auf, wobei Thor noch eine Weile den Rand der Klippen entlangfuhr, bevor er die Zügel zog und den Wagen zum Stehen brachte.

„Du wolltest mich sprechen, Njörd?“, rief Thor in Richtung der brausenden Klippen gewandt. Einen Moment antwortete ihm nur das Brausen der Wellen.

Er klemmte seine Daumen hinter Megingjarder, seinen breiten mit Metallplättchen besetzten Gürtel, den er stets bei sich trug. Er verlieh ihm Kraft und Stärke, mehr als er als Gott allein schon besaß. Das Wasser wurde noch unruhiger und Gischt spritzte Thor ins Gesicht. Eine große Welle baute sich auf und schwappte über die Klippen hinweg, doch bevor sie Thor berühren konnte, ballte sich das Wasser in Form eines Menschen und Njörd stand vor ihm, ein Mann, über drei Schritte groß, so dass er eine Handbreit größer war als Thor. Doch anders als Thor, der mit einer warmen Hose und einem geschnürten Hemd bekleidet war, über dem er seinen schweren warmen Mantel trug, war Njörd nackt. Nicht völlig, denn er war gar nicht ein rechter Mensch. Er sah aus wie ein Mensch, der nur aus Wasser besteht. Seine Haut war ständig in Bewegung und die Oberfläche zitterte immer leicht wegen des beständigen starken Nordwindes.

„Thor“, begrüßte Njörd den Gott des Gewitters und reichte ihm die Hand. Thor ergriff sie, sie fühlte sich seltsam an. Fest und nass, wie Steine auf dem Grund eines Sees. Sie erinnerten ihn an diese schlicküberzogenen Steine. „Ich muss dich warnen, die Joten wissen von deinem Plan“, erklärte Njörd. Sein Gesicht, erst noch unscharf, begann, umso länger er vom Meer getrennt war, langsam immer stärker menschliche Züge anzunehmen.

„Meinem Plan?“, erwiderte Thor ausweichend. Njörd konnte nichts davon wissen, dass Thor mit einigen anderen Göttern vorhatte gegen eine große Gruppe der Bergriesen in die Schlacht zu ziehen. Noch war es zu kalt, doch bald würde es wärmer werden und der geeignete Zeitpunkt wäre da, die Frostriesen zu dezimieren. Sie waren seine Erzfeinde, seit jeher.

––––––––

„Thor, Thor?“, fragte eine Stimme. Thor öffnete müde die Augen und blickte sich um. Er saß auf einem bequemen Holzstuhl vor der Feuerstelle eines kleinen Festsaales. Um ihn herum lagen einige andere Männer des Menschengeschlechts auf Stühlen oder Bänken und schliefen ihren Rausch aus.

Loki, ein Gott wie Thor, stand vor ihm und es war seine Stimme, die ihn geweckt hatte. „Es ist Zeit, du solltest das Heer der Menschen zusammenrufen, damit wir in einer Woche gegen die Riesen ziehen können“, erinnerte ihn Loki, warum er hier war.

„Du hast recht“, stimmte ihm Thor zu und hielt sich seinen brummenden Schädel. Es mochte viel geredet werden über die Fähigkeiten der Götter und vieles war wahr. Doch irgendwann war es selbst einem Gott zu viel des Mets.

„Nimm deinen Hammer in die Hand, sie werden von seinem Leuchten beeindruckt sein und nicht Merken, dass ein verkaterter Gott zu ihnen spricht“, bemerkte Loki spitz.

Thor griff an seinen Gürtel und wollte Mjölnir nehmen, doch er griff ins Leere. Er war nicht wie sonst an seinem Gürtel befestigt. Er blickte sich auf dem Boden der Halle um. Er war nirgendwo zu sehen.

„Wo ist er?“, fragte er an Loki gewandt. Loki war schon immer dafür bekannt gewesen Streiche zu spielen.

„Ich hab ihn nicht, ruf ihn doch“, erwiderte Loki. Thor konzentrierte sich auf die Worte, die seinen Hammer mit Hilfe von Magie zu ihm bringen würden. Doch nichts geschah. Er konnte ihn nirgendwo in seiner Nähe spüren. „Er ist weg, jemand verbirgt ihn vor mir“, stellte er fest. Er fixierte Loki mit den Augen.

„Sieh mich nicht so an, ich war es nicht, was hätte ich für einen Nutzen von dem Ding?“, sagte Loki. Thor musterte ihn. Der Hammer verlieh große magische Fähigkeiten, allein schon wenn man ihn in den Händen hielt. Dazu kamen die Runen, die man in ihn eingeritzt hatte, so dass er die meisten Rüstungen mühelos zerschlagen konnte. Sicherlich hätte Loki sich dann aber nicht hierhingestellt und den Unschuldigen gespielt. Er hätte ihn benutzt. Es sei denn, ging es Thor durch den Kopf, er hatte eines seiner Spielchen vor.

„Finde heraus, wer ihn hat“, blaffte Thor ihn an. Er hatte stechende Kopfschmerzen.

„Wieso ich? Du hast dein Spielzeug verloren“, erwiderte Loki. Thor, der gefolgt von Loki langsam zum breiten Tor der Halle gegangen war, drehte sich um. „Weil du, und ich habe das noch keinem gesagt, aber ich habe dich dabei gesehen, Freya ihren Mantel geklaut hast. Du weißt, dass sie dich an einen großen Stein binden und im Meer versenken würde, wenn sie das erfährt? Du hast den Mantel, damit bist du schneller in Asgard und kannst dich umhören“, erklärte Thor und stieß das Tor auf. Vor ihm lag eine kleine Siedlung, die sich an die Seite eines Berges klammerte. Es waren Häuser aus groben großen Steinen, aus den Kaminen quoll dicker dunkler Rauch. Erhellt wurde das Ganze von der langsam aufgehenden Sonne.

Loki sah Thor einen Moment von der Seite an und Thor überlegte, ob er sich der Anweisung fügen würde. Dann zuckten seine Mundwinkel und er zog aus seinem ledernen Rucksack, den er trug, einen langen Mantel, der aus Federn zu bestehen schien. Es waren dunkle große Federn. Er warf sich den Mantel um und bevor er sich schloss, begann er sich schon zusammenzuziehen. Innerhalb von Sekundenbruchteilen verwandelte sich Loki nun in einen mächtigen Adler, der sich in die Luft erhob und mit beeindruckender Geschwindigkeit zum Horizont flog.

Thor sah ihm eine Weile nach und fragte sich, ob es das gewesen war, was Njörd ihm hatte sagen wollen. Das Treffen mit dem Meeresgott war nicht nur ein Traum gewesen, es war vor einiger Zeit passiert. Damals hatte er hohnvoll zu Njörd gesagt, dass er selbst ganz gut zurechtkäme und die Riesen niemals intelligent genug sein würden ihm etwas anzuhaben. Waren sie es? Oder war es Loki, der ein Spiel spielen wollte?

„Herr?“, fragte eine Stimme vorsichtig neben ihm. Es war Drötgr, ein bärtiger Mann mit den ersten grauen Strähnen in seinem buschigen schwarzen Bart. Sein Haupthaar trug er stets kahlgeschoren, weswegen er im Angesicht des Kampfes stets vor Schweiß glänzte. „Ist etwas nicht zu Eurer Zufriedenheit?“

Er war ein Anhänger Thors, Thor hatte den Ort schon öfter besucht und Drötgr hatte ihn einst als kleiner Junge zum ersten Mal gesehen. Seitdem war er mit einem kleinen hammerförmigen Amulett herumgelaufen, das er aus einem Stück Holz geschnitzt hatte.

„Nein, es ist alles in Ordnung. Aber wir werden unseren Feldzug gegen die Joten ein wenig verzögern müssen. Es gibt Dinge, die ich in Asgard zu erledigen habe“, erklärte Thor. Drötgr nickte langsam. „Wie Ihr befehlt, Herr.“

Thor wandte sich von ihm ab und rief laut nach Tanngnjostr und Tanngrisnir, den beiden Ziegenböcken, die seinen Wagen zogen. Donner war am Horizont zu hören. In einiger Entfernung konnte Thor rasch näher kommende dunkle Wolken sehen, ihnen voran eilten die beiden Ziegenböcke, die größer als normale waren und sogar auf die Entfernung bedrohlich wirkten.

Thor wanderte hinaus, weg von den Behausungen der Menschen auf eine steile Wiese, die kaum bewachsen zu sein schien. Langsam war es dunkler geworden, dichte schwarze Wolken hatten sich vor die Sonne geschoben, sie folgten Thors Wagen, wohin dieser auch fuhr. Der Wagen sank niedriger und setzte ein ganzes Stück von Thor entfernt auf dem Boden auf. Dabei flogen Erdbrocken hoch, denn er war viel zu schnell. Seine Ziegenböcke meckerten, doch es klang nicht wie bei normalen Ziegen. Es klang eher so wie wenn Eisen auf Eisen schlug. Hart, leicht knirschend.

Sie wurden langsamer, während sie sich ihm näherten und anfingen einen leuchtenden Bogen zu laufen. Einige Meter vor ihm kam der Wagen schließlich zum Stehen.

Ohne ein weiteres Wort trat Thor auf den Wagen und ergriff die Zügel. Während der Wagen an Fahrt gewann, rief er gegen den Fahrtwind an: „Nach Asgard“, und die Ziegen antworteten mit ihrem seltsamen Ruf. Schnell wurde die Welt unter ihm kleiner, als er an Höhe gewann und sich aufmachte in das Reich seines Geschlechts, der Asen.

––––––––

Thors Wagen hatte gerade erst die Regenbogenbrücke überquert, die die Welten Asgard und Midgard miteinander verband, da spürte er, wie der Ring, den er an der linken Hand trug, warm wurde. Odin, sein Vater, verlangte mit diesem Signal sein Erscheinen. Ohne Umschweife hatte er sich in der Versammlungshalle der Asen einzufinden. Sie trafen sich in Gladsheim. Von außen wirkte der gigantische Bau bereits beeindruckend, auch wenn Thor ihn schon unzählige Male gesehen hatte. Doch im Inneren überragte die kuppelförmige Halle alles, was er je in der Welt der Menschen zu Gesicht bekommen hatte. Die Decke bestand aus vielen hunderten Segmenten, die Schilden ähnelten. Aber sie waren nicht aus Eisen oder Holz, wie die meisten Schilde, sondern alle aus golden schimmernden Materialien und verziert mit Mustern aus kleinen Edelsteinen. Mehrere hundert Rubine bildeten Runen, die jede Form von Magie unterdrückten, außer die Odins. Es war seit jeher Brauch, dass sich die Asen, wenn es etwas von großer Wichtigkeit gab, hier versammelten. Es war neutraler Boden, dens Odin war der einzige hier mit Macht und niemand zweifelte seine Vormachtstellung an.

Als Thor die Halle betrat, waren bereits einige andere anwesend, doch er achtete nicht sonderlich auf sie. Sie saßen an einem langen Tisch, an dessen Kopfende ein schwerer großer steinerner grantitfarbener Thron stand, auf dem seltsame Muster und Verzierungen zu sehen waren. Thor wusste, das sie eine Bedeutung hatten, doch hatte Odin ihm nie verraten, was sie bezwecken sollten. Sie schimmerten silbern, aber auf eine Weise, die wirkte wie flüssig.

Thor stellte sich neben Odin und ging auf ein Knie herunter.

„Vater“, begrüßte er ihn und blickte vor Odin auf den Boden. Er wusste, dass Odin vom Verschwinden des Hammers wissen musste. Odin hatte einst ein Auge geopfert, um von einer Quelle trinken zu können, die ihm die Fähigkeit der Weissagung verlieh. Manche munkelten, dass er tatsächlich alles sah, was geschehen sollte, selbst wie das Ende der Welt aussehen würde. Aber Thor hielt das für Übertreibungen. Odin hatte ein stoppeliges Kinn und dichte dunkle Augenbrauen. Seine schulterlangen Haare waren dünn und mehr grau als schwarz. Tiefe Furchen durchzogen sein Gesicht, Sorgenfalten, die sich über die Jahre tief eingebrannt hatten.

„Mein Sohn, ich sehe, dass du Mjölnir nicht bei dir trägst“, sagte er. Thor erhob sich vom Boden und nickte. Er setzte sich zu Odin und den anderen an den Tisch.

„Ja, Vater, er wurde mir gestohlen. Ich habe versucht ihn mit Magie zu rufen, doch es funktioniert nicht. Jemand verhindert es. Der Dieb muss mächtig sein, einer der Asen vielleicht“, erklärte er. Es war ihm unangenehm. Ein Gott, der seine heilige Waffe verlor, eine Waffe, die in den falschen Händen sogar einen Gott töten konnte.

„Ich weiß“, stellte Odin fest. Er wirkte nicht sonderlich besorgt. Eher erschöpft und unzufrieden, wie oft in letzter Zeit.  „Loki kam her. Er war sehr aufgeregt.“

Thor blickte am Tisch entlang und dort saß er, im Gespräch mit einem bärtigen gutmütig dreinblickenden Mann, Balder. Er trank lachend aus einem Horn.

„Er sitzt hier und amüsiert sich? Er“, setzte Thor an, doch Odin unterbrach ihn. Er sprach kaum lauter als Thor und doch schwieg dieser sofort beim Klang der Stimme seines Vaters.

„Er kann nichts für dich tun“, erklärte Odin. Auf den fragenden Blick Thors hin huschte ein Lächeln über das bärtige Gesicht des Einäugigen. Über seinem geopferten Auge trug er eine schmale goldene Platte, in die ein Bernstein eingelassen war, der fast aussah wie ein mystisches neues Auge. Thor wusste, dass es keinen direkten Effekt hatte auf die seherischen Fähigkeiten seines Vaters. Er vermutete, dass es reine Angeberei war.

„Was soll ich jetzt tun?“, platzte es aus Thor heraus. Odin lächelte wieder verstohlen. „Setz dich“, sagte er. „Hab etwas Geduld.“

Thor setzte sich widerwillig hin und griff nach einem Hähnchenschenkel, auf dem er herumkaute, der ihm aber nicht wirklich schmeckte. Was wollte sein Vater? Hatte er einen Blick auf seine Zukunft erhaschen können?

Währende Thor so dasaß, wurde das Treiben am Tisch bunter. Die Gespräche wurden lauter und man prostete sich fröhlich zu. Niemand achtete sonderlich darauf, als die Tür zur Halle geöffnete wurde und mit schweren Schritten jemand zum Tisch eilte. Erst als Loki zufällig in die Richtung sah und aufschrie, wandte sich die Aufmerksamkeit dem Eindringling zu.

Es war ein Jote, ein etwas mehr als vier Schritt großer Riese in einer schwarzen Rüstung. Ein breites Schwert, das runenüberzogen war, hing an seiner Seite und er hatte einen Helm auf, der eine dämonische Fratze darstellte. Er stellte sich zu Odins Thron und nahm den Helm ab. Dann nickte er dem Göttervater zu.

„Odin, Herr von Asgard“, begrüßte er ihn. Odin nickte zurück. Er wusste, dass der Riese sich nicht verneigen würde. Die Götter und Riesen waren seit ewigen Zeiten im Krieg und ein Nicken war alles an Ehrerbietung, das man sich gegenseitig zugestand.

„Ich bringe Euch Nachricht“, erklärte der Riese. „Mein  Meister, Thrym der Eisriese, Herr der Jötuun-Feste, erbietet Euch und Eurem Sohn seine Grüße. Er hat gehört, dass Eurem Sohn ein Spielzeug abhandengekommen ist. Er wäre bereit mit Information über den Ort, an dem Euer Sohn es verlor, zu Diensten zu sein.“

„Für welchen Preis?“, fragte Thor zerknirscht. Er wusste nicht, wie Thrym den Hammer bekommen hatte, aber er würde ihn dafür zahlen lassen. Doch ohne den Hammer war er dem Riesen nicht gewachsen.

„Für Freyas Hand“, stellte der Bote klar. Er blickte dabei zu Freya hin, die weiter von Thor weg am Tisch saß und entgeistert zu einer Antwort ansetzte. Odin unterbrach sie aber sofort: „Wir werden das Angebot überdenken und Thrym unsere Entscheidung mitteilen“, stellte er klar. Der Riese nickte und setzte seinen Helm auf. Währenddessen wandte er sich ab und verließ mit schnellen Schritten die Halle.

„Wie ist er überhaupt nach Asgard hineingekommen?“, bemerkte Loki, der sich zu Thor gesetzt hatte. „Eigentlich müsste er, wenn er zu Fuß ist, an Heimdall vorbei, er bewacht die einzige Brücke nach Mitgard.“

„Es gibt magische Mittel und Wege“, erklärte Odin. „Doch das geht dich nichts an, Loki.“

Er traute Loki nicht sonderlich, denn so oft er den Göttern schon gute Dienste geleistet hatte, so oft hatte er auch schon Schabernack mit ihnen getrieben.

„Ich werde keinesfalls einen Riesen heiraten“, stellte nun Freya fest. „Dazu könnt ihr mich nicht zwingen“. Sie strich sich dabei eine Strähne ihres langen blonden Haares aus dem Gesicht. Sie trug ein fließendes weißes Gewand, das zwar immer über den Boden glitt, doch nie dreckig wurde.

Sie diskutierten eine Weile darüber, was zu tun sei. Thor war dafür, mit einigen anderen Göttern zusammen die Festung Thryms zu stürmen und ihn zu töten für den Frevel. Odin hielt dagegen, dass dabei einige Götter ihr Leben lassen würden, da der Hammer Thrym kaum zu bändigende Kräfte verleihen würde. So wurde die Idee bald verworfen, denn Odin war überzeugt davon und man nahm an, dass er in die Zukunft gesehen hatte.

Nach dem ein oder anderen Trinkhorn voll Met stand Loki plötzlich auf und begann zu lachen. Schallend lachte er, so dass ihm schon einzelne Tränen aus den Augenwinkeln liefen, und fragte Freya nach einem ihrer Kleider.

„Ich beglückwünsche dich zum Finden deiner weiblichen Seite“, erwiderte sie schnippisch, „doch denke ich, dass dir die Rundungen dazu fehlen für eines meiner Kleider.“

„Durchaus, holdes Weib, doch ist es nicht für mich“, erwiderte Loki und setzte sich wieder. „Ich habe eine Idee...“

Kapitel 2: Lokis Plan

„Das ist eine schlechte Idee, immer noch“, stellte Thor fest. Er stand in einem von Freyas Kleidern vor einem großen in Holz gefassten Spiegel und sah sich an. Er sah aus wie Freya, was er einem Zauber Lokis verdankte. Er wusste nicht, wo Loki ihn gelernt hatte, doch dieser hatte ihm nach längerem Suchen ein Armband mit einem roten Stein gegeben. Nachdem Freya es getragen hatte und Thor es nun anlegte, begann er für alle Umstehenden wie selbige auszusehen. Loki erklärte, dass diese Wirkung nicht allzu lange anhalten würde und sie sich beeilen mussten, weswegen Thor es wieder abnahm. Nun stand wieder er, der Gott des Donners, vorm Spiegel, in einem Frauenkleid.

Er schüttelte den Kopf.

„Es wird funktionieren“, stellte Loki fest, der neben ihm stand.

Sie bestiegen Thors Wagen und begleitet von Donner fuhren sie Richtung Utgard, wo die Festung Thryms lag. Weite schroffe Berge erhoben sich unter ihnen und bildeten seltsame Formationen. Die Erde wirkte wie mehrmals aufgerissen und wieder zugeschüttet, wobei ungewöhnliche Formationen aus ihr herausragten. Immer wieder glaubte Thor etwas zu sehen, das einer Festung in seinen Umrissen ähnlich sah, doch er wusste, dass es nur Einbildung war. Viele Festungen der Riesen sahen von Weitem aus wie Teil der Landschaft und vieles, was aussah wie eine Festung, war Landschaft. Krieg auf ihrem Gebiet gegen sie zu führen, war schon immer kompliziert gewesen.

Ihr Wagen wurde begleitet von dunklen donnernden Wolken.

„Glaubst du wirklich, dass es eine gute Idee war deinen Wagen zu nehmen, Thor?“, fragte Loki. Er blickte nervös auf die schwarzen Wolken hinter ihnen.

„Wie sollten wir beide sonst so schnell herkommen?“, erwiderte Thor schlicht und wusste, dass Loki nichts erwidern würde. Natürlich war sein Streitwagen keinesfalls das, was man als unauffällig bezeichnet hätte, doch war kaum ein Reittier oder eine Magie schneller als dieser Wagen.

Sie steuerten auf eine große Gebirgsformation zu, die aussah als wäre mit einem gewaltigen Hammer ein Loch in den Gipfel des Berges geschlagen worden, so dass seine Spitze hohl war. Als sie näher kamen, wurden deutlich, dass das der Hof einer gigantischen, aus der Kuppe des Berges geschlagenen Festung war. Überall entlang der vermeintlichen Bergkuppe waren Vertiefungen und Höhleneingänge zu sehen, Wehrgänge und Luken. Einige Riesen waren zu sehen, die Katapulte montierten oder reparierten. An anderer Stelle waren feingliedrigere Wesen zu sehen, Elfen, wie Thor vermutete. Sie waren eigentlich Verbündete von ihm und seinem Vater, doch einzelne verdienten sich trotzdem immer wieder bei den Riesen.

Er gab Loki die Zügel, denn es würde sich nicht für Freya geziemen den Wagen selbst zu lenken. Dieser flog in einem Bogen immer tiefer und hinein in den großen Burghof, auf dem man eine Armee hätte versammeln können.

„Beeindruckend, nicht wahr?“, fragte Loki. Er hatte den Weg gekannt, da er schon einmal in dieser Feste gewesen war. Nicht als sie Thrym gehörte, sondern noch seinem Vater. Loki hatte damals, nach eigener Aussage, einige kleinere Geschäfte mit ihm erledigt. Was das konkret hieß, wusste keiner und Loki weigerte sich Auskunft zu geben. Er war immer schon derjenige der Götter gewesen, auf den am wenigsten Verlass war. Er war vorrangig aus Eigennutz an den meisten Aktionen beteiligt. Auch dieses Mal fragte sich Thor, wieso er ihnen half. War es, weil er, Thor, dann in Lokis Schuld stand? Oder hatte er einen anderen Grund ihn in diese Festung der Riesen zu begleiten. Thor war noch nicht hier gewesen, diese Festung lag so weit im Gebiet der Riesen, dass er es bei seinen Angriffen nie bis hierher geschafft hatte. Er wäre ohne Loki verloren. Er legte das Armband an, so dass er das Aussehen Freyas annahm.

Sie landeten auf dem Burghof, wo bereits eine Truppe von zwanzig Riesen in schweren eisernen Rüstungen auf sie wartete. Ihre Gesichter waren verbogen hinter Helmen mit dämonischen Fratzen, ähnlich der des Boten. Sie trugen Schwerter umgegürtet, die mit Runen reich verziert waren, und einige hatten auch magische Symbole auf ihren Rüstungen, die sie widerstandsfähiger machen sollten. Thor fragte sich, ob Loki deswegen einst hier gewesen war. Loki war der Runen mächtig, was man nicht von vielen behaupten konnte. Eine Rune aufzumalen und wirklich zu wissen, was welche Runen bewirkte, waren verschiedene Dinge. Wer hier die Rüstungen verbessert hatte, war kein Anfänger, wurde Thor klar.

„Freya, Tochter des Njörd, und Loki“, stellte Loki Thor und sich selbt vor. Einer der Riesen, der den anderen vorzustehen schien, blickte sie eine Weile an. Keiner seiner Soldaten bewegte sich währenddessen, dann nickte er abrupt mit seiner Dämonenfratze und es bildete sich eine Gasse für sie.

Loki führte Thor durch diese Gasse, wobei er lächelte und Thor den Arm darbot. „Hak ein, Holde“, sagte er grinsend. Thor verkniff sich eine Erwiderung und sezte ein Lächeln auf, während er, geführt von Loki, die Gasse zwischen den Soldaten entlangschritt. Sie wurden in eine große Festhalle geführt, die gigantisch war doch winzig wirkte im Vergleich zum Hof draußen. Alles war geschmückt mit Gold und Edelsteinen, kunstvolle Skulpturen aus ewigem, nie schmelzendem Eis standen in der Halle und stellten Schlachten dar, in denen die Riesen die Asen und andere Feinde geschlagen hatten. An einer langen Tafel saßen viele Riesen in prächtigen Rüstungen in bronzenen und goldenen Farben. Aber auch solche mit grauen eisernen Rüstungen saßen an der Tafel. Sie trugen ihre Helme nicht und Thor sah, dass viele Narben und Schrammen hatten, es schien entweder eine kampferfahrene Truppe zu sein oder Narben waren vielleicht auch eine Art Statussymbol.

„Ah, Freya“, dröhnte die Stimme Thryms, der sie gesehen hatte und von der Festtafel aufstand, um zu ihnen zu kommen. Er lächelte breit und ein zufriedenes Grinsen zeichnete sich ab. Er hatte kurzes, schwarzes Haar und eine Narbe quer über das Gesicht, die aber schon seit Langem verheilt sein musste. Er trug eine mattschwarze Rüstung, die übersät war mit silbernen Runen. Dazu bildeten mehrere fingernagelgroße bernsteinfarbene Edelsteine, die in die Rüstung eingelassen waren, ein Muster auf seinem Oberkörper, das vielleicht auch ein magisches Zeichen darstellte.

„Habt ihr euch also entschieden euch meinem Willen zu beugen?“, fragte Thrym großspurig. Verhaltenes Lachen von der Festtafel, deren volle Aufmerksamkeit die Neuankömmlinge nun hatten, war zu hören.

„Ich konnte die mächtigen Asen davon überzeugen sich Eurem Willen zu beugen, Eure Hoheit. Wie ich sehe, benutzt Ihr immer noch die Rüstung, die ich Eurem Vater fertigte. Wo ist er, wenn ich fragen dürfte?“, antwortete Loki. Auf Thryms Gesicht erschien ein breites Grinsen.

„Tot, erschlagen von mir. Er war schwach, ich kann die Riesen besser führen“, erklärte er. „Dann lasst uns Hochzeit feiern.“

Er sah Thor auf eine seltsame, gierige Weise an. Thor versuchte keine Miene zu verziehen und sich daran zu erinnern, dass er für den Joten aussehen musste wie Freya.

„Erst einmal wollen wir den Hammer sehen“, unterbrach Loki Thrym. Einige Riesen am Tisch hatten sich erhoben und waren losgeeilt, alles vorzubereiten.

„Ich habe ihn, Ihr bekommt ihn nach der Heirat“, erklärte Thrym.

„Nein, zeigt ihn“, sagte Thor. Er sah Thrym direkt in die Augen. Sein Blick ließ keinen Kompromiss zu.

„Wenn Ihr wollt, Ihr seht ihn bereits“, erklärte er und deutete grinsend auf eine große Eisskulptur, die weiter hinten in der Halle stand. Dort in dem ewigen Eis war der Hammer eingeschlossen in einer Figur, die Thor kniend vor Thrym zeigte. Der Hammer war in Thryms Brust eingelassen und schimmerte matt. Thor wollte ihn zu sich rufen, besann sich aber darauf, dass es bereits vorher nicht geklappt hatte, Thrym musste das Eis mit einem Zauber belegt haben.

„Nun denn, schreiten wir zur Tat“, erklärte Loki. Er setzte sich neben den Platz, an dem Thrym bis vor Kurzem an der Tafel gesessen hatte und Freya/Thor setze sich zu ihm. Nach alter Sitte wurde nun den zukünftigen Ehepartnern das Essen gereicht, das sie traditionell einnehmen sollten.

Thor begann sich reichlich aufzufüllen und schlang herunter, wie es seine Art war, bevor Loki dazwischengehen konnte.

Thrym legte die Stirn in Falten, überrascht vom plötzlichen Appetit, den seine doch so schlanke Zukünftige an den Tag legte.

„Sie hat gefastet die letzten Wochen“, erklärte Loki. Thor blickte auf und erinnerte sich der Maskerade, so dass er begann weniger und langsamer zu essen.

Während sie aßen, warf Thrym immer wieder Blicke auf seine zukünftige Braut, gebannt von der Schönheit, die der Zauber erzeugte.

„Nun“, erhob Loki nach einer Weile die Stimme. „Wollt Ihr nicht Eurer Gattin ein Brautgeschenk machen? Es ist durchaus alte Sitte bei den Asen, der Frau symbolisch den größten wertvollsten Besitz zu überreichen, wie Ihr sicher wisst“, erklärte Loki. Thor wusste, dass das frei erfunden war und keineswegs Sitte war, bei allen. Doch Thrym war so gefangen von der Schönheit Freyas, dass er nur abwesend nickte und zur Eisskulptur schritt. Einer seiner Getreuen wandte sich leise an ihn. Er schien es nicht gutzuheißen, den Hammer einer Göttin in die Hände zu geben, die ja eigentlich mit den Riesen verfeindet war. Doch Thrym war geblendet von ihrer Schönheit und ignorierte sein eindringliches Reden.

Er schritt zur Eisskulptur und strich mit der Hand darüber. Währenddessen murmelte er ein Wort, das Thor leider nicht verstand. Die Skulptur dampfte und der Hammer schmolz heraus, so dass sein Griff herausragte und Thrym ihn ungeduldig herausziehen konnte. Danach dampfte die Skulptur weiterhin, bis sie wieder ihre alte Form angenommen hatte und erneut erstarrte.

Thrym ging mit dem Hammer zu Freya, die ihm einige Meter entgegengekommen war.

„Willst du, Freya, meine Frau sein, mich lieben und ehren, wie auch unseren Bund? Willst du alles mit mir teilen, was dein ist, wie ich mit dir teile, was mein ist?“, sprach Thrym. Thor nickte und ergriff den Hammer. Ein blauer Funke sprang vom Griff auf ihn über und Thors magische Verkleidung löste sich in tausende kleine Teile auf, die wie von einem unsichtbaren Wind zerstäubt wurden. Die Magie des Hammers war so groß, dass kein Zauber außer dem Mjölnirs auf Thor wirken konnte.

„Verrat“, brüllte jemand von der Festtafel, an der einige Riesen bereits begriffen hatten, was vor sich ging, und aufgesprungen waren. Wer bewaffnet war, zog sein Schwert. Thrym stand ungläubig vor Thor, mit schreckensgeweiteten Augen. Thor holte zu einem Seitwärtshieb aus, der den Riesen umgeworfen hätte, wenn er nicht im letzten Moment nach hinten ausgewichen wäre. Er war immer noch ein ganzes Stück größer als Thor, weswegen dieser nun seine Kraft konzentrierte und den Hammer auf Thrym richtete. Blitze schossen daraus hervor und überzogen Thryms Körper mit der Kraft des Himmels. Er schrie auf, doch die Rüstung begann zu leuchten und schien einen Teil der Blitze zu absorbieren. Die Runen flammten hell leuchtend auf. Thrym stand mit verbranntem Gesicht vor Thor, nur dort, wo er keine Rüstung gehabt hatte, schienen die Blitze ihm überhaupt Schmerzen bereitet zu haben!

Thor blickte wütend zu Loki, der ihm nicht gesagt hatte, wie mächtig diese Rüstungen waren. Loki hingegen war verschwunden. Dort, wo er eben noch gesessen hatte, war lediglich ein großer Riese zu sehen, der genüsslich etwas aß und Thor zuwinkte. Loki musste eine magische Illusion geschaffen haben. Die anderen Riesen waren nicht mehr am Tisch sondern hatten Thrym und Thor eingekreist.

„Er gehört mir!“, brüllte Thrym mit schmerzverzerrtem Gesicht und sie hielten sich zurück. Thrym zog sein breites Schwert und hieb damit nach Thor, der es immer wieder parierte. Thrym legte soviel Kraft und Wut in die Schläge, dass Thor Mühe hatte einige davon abzublocken.

Thor duckte sich unter einem Hieb weg, den Thrym geführt hatte und den er mit soviel Kraft geschlagen hatte, dass er leicht aus dem Gleichgewicht kam. Thor schlug mit aller Kraft und mit magischer Verstärkung, so dass Mjölnir dunkelrot und heiß leuchtete, gegen das Knie des Riesen. Das Kniegelenk zerbrach knackend zusammen mit der Rüstung und sein Bein knickte in einem unnatürlichen Winkel ab. Thrym brüllte und brach auf sein Knie herunter, so dass er nun ungefähr auf Augenhöhe mit Thor war. Dieser holte zu einem Schlag aus, den Thrym zwar blockte, doch Thor spürte, dass den Riesen seine Kräfte verließen.

„Lasst es Euch eine Lehre sein, niemand hat das Recht einen Gott zu bestehlen“, sagte Thor wutentbrannt und holte zu einem horizontalen Schlag. Der Hammer traf den Kopf Thryms, der dabei zerbrach. Mit einem Abdruck Mjölnirs an der Schläfe, aus der Blut sickerte, krachte Thrym auf den Boden.

Bereits als er ausgeholt hatte, waren einige Riesen mit ausholenden Schritten aus dem Kreis ausgetreten und auf Thor zugerannt. Nun wurde er von vier Riesen gleichzeitig attackiert. Er duckte sich unter einem vertikalen Hieb eines Riesen mit dunkelroter Rüstung weg und sprang einem weiteren dabei auf die Brust. Mit voller Kraft stieß er sich von dessen Brustharnisch ab, so dass der ins Stolpern geriet und Thor einen Rückwärtssalto machen konnte auf die Schultern eines anderen Riesen. Er schlug diesem seinen Hammer ins Gesicht, so dass von den groben Gesichtszügen nur eine breiige Masse übrig blieb.

Mehrere Riesen konnte Thor aus den Augenwinkeln sehen, die den Saal verließen, während er von den Schultern des umfallenden sprang und zwischen den Beinen eines anderen landete. Er schlug diesem auch gegen das Kniegelenk und wich zur Seite, um nicht vom fallenden Riesen begraben zu werden. Ein anderer schaffte es seinen Arm zu packen zu bekommen, mit dem er seinen Hammer hielt. Mit aller Magie, die er sammeln konnte, ließ Thor Blitze seinen Arm entlang auf den Arm des Riesen zucken. Dessen Rüstung begann wie die Thryms zu leuchten und die Blitze zu absorbieren, doch wie bei Thrym begann das Gesicht des Riesen zu verbrennen, so dass er vor Schmerz aufschrie und Thor losließ.

Er wirbelte herum und stieß den Riesen, der sich mit der Hand ins Gesicht fasste und noch immer schrie, um, so dass dieser auf den Rücken fiel und sich weiter vor Schmerzen wand.

Thor blickte sich um, es kamen weitere Riesen durch alle möglichen Eingänge in die Halle und wollten ihn offensichtlich angreifen. Zu viele, selbst für ihn. Vor allem zu viele in diesen seltsamen Rüstungen, die Loki ihnen scheinbar gefertigt hatte. Er sah sich um und Loki war nicht mehr zu sehen.

Thor nahm Anlauf und sprang einem Riesen, der durch das Hauptportal kam, mit dem Stiefel ins Gesicht. Während dieser, aus dem Gleichgewicht gebracht, umkippte, sprang Thor weiter hinaus auf den gigantischen Platz auf dem noch immer sein Wagen stand. Riesen stürmten auf den Platz, doch nur wenige standen nahe genug zu Thor, dass sie ihn angreifen konnten. Er schleuderte auf mehrere Blitze, und wich einigen Hieben aus, bis er an seinem Wagen war. Er sprang auf den Streitwagen und ohne ein Wort sagen zu müssen, rannten seinen Böcke los, direkt in den Himmel. Eine dunkle Gewitterwolke bildete sich um den Wagen, der sie verbarg, so dass keiner der von den Riesen abgefeuerten Pfeile traf.

Thor blickte zufrieden den Hammer in seinen Händen an und lenkte den Wagen in Richtung Midgard.

Es gab einen Feldzug gegen die Riesen vorzubereiten...

Mein Freund der Zwerg

von Hendrik M. Bekker

„Du wirst heute Abend länger bleiben, und zwar für jede Minute, die du zu spät warst, eine Viertelstunde“,  keifte mich Herman Rilisky an. Er leitete das Museum, in dem ich mein Praktikum verbrachte. Wobei „abarbeitete“ vielleicht eher passte. Eigentlich war es eine tolle Idee gewesen, zumindest solange es nicht Realität war. Man muss ein schulisches Praktikum machen, um Erfahrungen in der richtigen Berufswelt zu sammeln, du hast einen Monat keine richtige Schule, keine Hausaufgaben. Klang super. Okay, das Finden eines Jobs war schon schwerer, denn was bleibt einem jungen, eher bequemen, geschichtsinteressierten Kerl an Auswahl, wo man ein Praktikum machen könnte. Irgendwie bin ich dann beim Museum gelandet, ein Kumpel eines Freundes meiner Tante, hatte mir dazu verholfen, vielleicht war da aber auch noch irgendein anderer Verwandter mit beteiligt, was weiß ich.

Jedenfalls, war ich heute einmal wieder zu spät, ich hatte verschlafen und durfte nun vier Stunden länger arbeiten, so viel konnte ich im Kopf schon mitrechnen.

Ich arbeitete mehr oder weniger als Mädchen für alles, ich war Putzkraft, Dinge-Herum-Schieber und eigentlich für alles da, was anfiel.

Ich verbrachte die nächsten Stunden damit, das zu tun, was die Putzfrauen irgendwie nie so richtig hinbekamen, nämlich hier sauber zu wischen. Ich gebe zu, ich bin selbst kein sehr ordentlicher Mensch, aber Rilisky konnte dafür sorgen, dass man seinen Charakter gerne änderte. Er war irgendwas über 60, sicher nicht mehr lange von der Rente entfernt und hatte mit Geschichte wenig am Hut, er war das, was ich einen lupenreinen Bürokraten und Erbsenzähler nennen würde. Was ihm auch alles menschlich fehlte, das machte er durch sein Organisationstalent wieder weg. Ansonsten wäre er vermutlich auch nicht immer noch der Leiter dieser Einrichtung. Während langsam das Licht der untergehenden Montagssonne hinter den Fenstern schwächer wurde, kam ich schlussendlich in der hintersten Abteilung der sechs Oberbereiche an. Finsteres Mittelalter. Hier gab es alles, von Rüstungen, Schwertern bis hin zu Kirchenverzierungen, wie zum Beispiel Gargoyles und anderen Teufelsfratzen, die Dämonen fernhalten sollten. Plötzlich tippte mich jemand an der Schulter an und ich nahm meinen Kopfhörer aus dem Ohr.

„Hab's schon gehört, du musst länger arbeiten“, zirpte eine Stimme, die dafür sorgte, dass sich meine Eingeweide zusammenzogen. Alina Rose, Neffin von Rilisky und in meiner Schulstufe. Wir hatten uns unabhängig voneinander hier beworben, anders war es auch nicht zu erklären, dass wir beide hier waren. Sie verabscheute mich und vor allem meinen besten Freund, den sie als „widerlichen, fetten Sack“ bezeichnete. Sie selbst war der Prototyp einer Puppe. Helles Gesicht, wasserstoffblondes Haar und Schminke, die geradezu dazu einlud, Witze zu reißen. Sie selbst gehörte allerdings in meiner Stufe zur Highsociety, zumindest bezeichnete sich diese Gruppe selbst als sehr elitär. Was elitär an überteuerter Markenkleidung und diskriminierendem Verhalten war, hatte sich mir nie ganz erschlossen.

„Tja, shit happens“, erwiderte ich und  blickte wieder demonstrativ in Richtung meines Moppes, bis sie sich abwandte. Sie hätte mich zu gerne aufgezogen, denn sie wusste genau, dass ich nicht ansatzweise die üblichen verbalen Angriffe loslassen konnte wie sonst, immerhin konnte sie über Rilisky dafür sorgen, dass meine Praktikumsbewertung sehr, sehr, sehr schlecht ausfiel. Und das wollte ich ihr nicht gönnen.

Einen Moment blickte sie mich noch an, wandte sich dann ab und ich konnte die nächsten Minuten jeden ihrer Schritte von mir weg hören, denn ihre Pfennigabsatz-Stiefel klickten laut, sehr laut.

Etwas später, ich war gerade fast fertig, kam Rilisky noch einmal vorbei. Er meinte, da ja noch etwas von der abzuarbeitenden Zeit da wäre, könnte ich mich ja mal dem Aufräumen der Kellerräume widmen, damit würde ich sowieso die nächsten Tage zubringen.

Entgegen Riliskys Hoffnung war ich sogar wirklich dankbar dafür, denn die Kellerräume waren immer faszinierend für mich, dort fühlte ich mich wieder wie ein Dreijähriger, der die Welt entdeckt. Dort lagen haufenweise Exponate.

Bald staubte ich im Keller einen Gegenstand nach dem anderen ab und räumte ihn fein säuberlich in Kisten ein, die Kisten dann meist in Regale.

Die meisten Dinge hier waren bereits gut verpackt, doch selbst wenn ich etwas kaputt gemacht hätte, hätte es vermutlich erst jemand in Jahren gemerkt, denn die Dinge hier interessierten scheinbar niemanden mehr.

Ich allerdings hatte meinen Spaß an Steinschlossgewehr-Repliken, Schwertern mit zerbrochener Klinge, Dolchen und alten Folianten, die allerdings meist nicht älter als 80 Jahre waren oder Nachbildungen. Die wirklich alten Stücke waren weitaus besser verpackt und in einem anderen Raum als dem, in dem ich war.

Irgendwann fand ich eine Abschrift eines Buches örtlicher Legenden und Mythen, die gut geschrieben war, und begann langsam darin zu lesen. Irgendetwas über einen Dämon, der in einem großen, würfelförmigen Felsen gebannt worden war. Was mich besonders daran interessierte, war, dass ich einen großen, würfelförmigen Felsbrocken hier unten bereits einmal gesehen hatte. Ich ging nach hinten in den Raum und fand dort den gesuchten Stein. Es war eine einzelne H-förmige Rune darauf eingraviert.

Ich schrieb mir eine Notiz in mein Handy, um am nächsten Tag mal Steven, einen der Museumsführer zu fragen, was es mit dem Stein auf sich hätte. Gerade als ich mich abwandte, piepte meine Uhr. Mitternacht. Verdammt, ich hatte gnadenlos meinen Feierabend verpasst und die Überstunden würden mir niemals angerechnet. Klasse.

Etwas summte hinter mir. Ich blickte mich um. Es hatte etwas von einer Resonanz, so wie bei manchen elektrischen Geräten. Während ich mich umsah, fiel mein Blick auf den Stein. Er wirkte seltsam, seine Oberfläche schien flüssig zu sein. Ich blinzelte, das musste am Licht hier unten liegen, meine Augen spielten mir scheinbar einen Streich.

Dann geschah etwas, das mich laut aufschreien ließ. Eine Hand kam heraus. Ich stolperte rückwärts und riss dabei einige Gegenstände hinunter. Einer davon brachte mich dann wohl zu Fall und ich schlug hart mit dem Kopf auf den steinernen Boden. Es wurde dunkel um mich herum.

„Hey, Junge, geht es dir gut?“, brummelte eine mir unbekannte Stimme. Ich öffnete vorsichtig ein Auge, langsam kam die Erinnerung daran zurück, was geschehen war. Ein bärtiges Gesicht war über mich gebeugt und blickte mich neugierig und irgendwie nervös an.

„Ja, danke, ich...“, begann ich, doch dann schreckte ich zurück. Das bärtige Gesicht saß auf einem Körper, der höchstens 1,20 Meter groß war. Breitschultrig und in einem ledernen Wams saß dort vor mir der Klischee-Zwerg, wie man ihn aus den Fantasy-Verfilmungen im Kino kannte.

„Ruhig, es geht keine Gefahr von mir aus. Ich bin Oanarr, ein Dvergatal der alten Zeit und wer bist du?“, erklärte der Zwerg und reichte mir seine Hand. Er wirkte irgendwie unbeholfen.

„Niclas, Niclas Schmidt“, erwiderte ich verdattert und gab ihm die Hand.

„Entschuldige, wenn ich dich erschreckt habe“, erklärte Oanarr. „Ich hatte nicht damit gerechnet, dass hier jemand ist.“

„Du bist also wirklich aus dem Stein gekommen? Ich hab das WIRKLICH gesehen?“

„Oh ja, hast du und ich wünschte auch, es wäre anders“, erwiderte Oanarr und setzte sich auf eine der herumstehenden Kisten. Er blickte mich an und räusperte sich unbeholfen.

„Entschuldige, aber was machst du hier?“, fragte er dann, als wäre ich ein Eindringling.

„Ich arbeite hier“, erklärte ich.

„Als was? Hier war seit Jahren keiner mehr, wenn ich den Stein verließ“, erwiderte der Zwerg.

„Naja, hier unten liegen halt alle möglichen Dinge, die man nicht mehr braucht, was machst du hier?“

„Ich bin hier, weil er hier ist“, sagte Oanarr nach einem Moment und deutete dann auf den Stein.

„Wie?“

„Ich bin verflucht“, begann er. „Ich bin an diesen Stein gebunden, am Tage muss ich in ihm ruhen, in der Nacht bin ich frei zu gehen, wohin ich will, doch wird es Tag, zwingt mich unsagbarer Schmerz dazu, zum Stein zurückzukehren. Wenn ich es nicht tue, leide ich Qualen, bis ich beim Stein bin oder die Nacht erneut hereinbricht.“

Ich blickte ihn sprachlos an, irgendwo in mir war der rationale Teil meines Gehirns gerade dabei, Selbstmord zu begehen und der Rest meines Verstandes akzeptierte somit vorerst, dass hier ein Zwerg mir seine Lebensgeschichte erzählte.

„Ich kann mich deswegen nicht allzu weit von dem Brocken hier entfernen“, fuhr Oanarr fort. „Ich verbringe meine Zeit damit, mir hier unten anzusehen, was da ist oder die Bücher zu lesen.“

„Daher kannst du auch meine Sprache, nicht wahr?“, erkannte ich plötzlich. Ich erinnerte mich an verschiedenste Wörterbücher, die hier gelegen hatten.

„Richtig.“

„Wie alt bist du ?“, fragte ich verdutzt.

„Insgesamt? Ich denke fast ein Dutzend Jahrhunderte, aber weißt du, ich zähle nicht mehr, schon lange nicht mehr. Der Fluch verhindert meinen Tod, auf sehr makabere Weise“

„Makaber?“

„Sterbe ich, so erwache ich aufs Neue wieder im Stein. Ich will ehrlich sein, ich habe es bereits mehrere Male probiert“, erklärte Oanarr und seufzte.

„Isst du?“, fragte ich nach einer Weile des Schweigens, in der Oanarr verloren vor sich hin starrte.

„Manchmal“, erwiderte er. „Ich benötige es nicht zwingend.“

„Wieso wurdest du verflucht?“, kam es mir auf einmal in den Sinn.

„Ich...“, begann Oanarr, doch dann polterte etwas. Jemand kam die Treppe hinunter. Als ich mich wieder ihm zuwandte, trat er gerade in den Stein hinein. Es war als würde er in einen See steigen, die Oberfläche des Steins schlug Wellen.

„Niclas?“, fragte Herr Schont, als er die Treppe hinunter kam. Er war der Nachtwächter und hatte eine gedehnte kölsche Sprechweise.

„Samma wat machst du denn noch hier unten?“

„Ich arbeite meine Überstunden ab“, erklärte ich und blickte noch einmal zum Stein. Seine Oberfläche war wieder vollkommen glatt als wäre nichts gewesen.

„Ach, hat Herman wieder rumjemotzt? Lass stecken und geh, dat passt schon. Is schon spät jenuch“, erwiderte Schont und blickte mich erwartungsvoll an. An jedem anderen Tag hätte ich ihm freudig gedankt, aber heute nicht. Doch was sollte ich machen? Ich wollte sein Angebot keinesfalls ausschlagen, denn noch mochte er mich. Wobei mir schleierhaft war, wieso, ich glaube aber, es lag daran, dass ich ihm in den Pausen zuhörte, es schien sich hier sonst kaum jemand mit ihm zu beschäftigen.

„Danke, hast was gut bei mir“, erwiderte ich und setzte ein freundliches Lächeln auf.

Unfreundlich weckte mich eine männliche Stimme, die mir erklärte, dass das Wetter heute keinesfalls angenehm würde. Mein Radiowecker plärrte weiter, während ich mich verschlafen aus dem Bett quälte. Ich wankte ins Bad, dabei kamen mir die Ereignisse der letzten Nacht wieder in den Sinn. Hatte ich das alles nur geträumt? Oder war es echt? Ich war unsicher. Aber es konnte doch nicht echt sein. Oder?

Ich nahm mir vor, heute wieder bis nachts zu bleiben.

Der restliche Tag wälzte sich ereignislos hin, bis es endlich Abend wurde. Ich hatte freiwillig angeboten, wieder im Keller aufzuräumen, und genau das tat ich bis Mitternacht. Rilisky war anfangs skeptisch wegen meines plötzlichen Eifers, aber nachdem er mich mehrmals kontrolliert hatte, schien er beruhigt. Irgendwie wirkte er, als wäre das sein Verdienst.

Wieder gegen Mitternacht fing die Oberfläche des Steins an, Wellen zu schlagen. So als würde er sich aus etwas Harzartigem ziehen, wand Oanarr sich aus dem Stein.

Schnaufend blickte er mich überrascht an.

„Wieder hier?“, fragte er und setzte sich zu mir auf eine alte Holzkiste, in der irgendetwas vor sich hin moderte. Ich reichte ihm ein Wurstbrot, das ich noch übrig hatte, und nickte.

„Hier, probier mal, du kommst ja nicht oft zum Essen“, sagte ich. Verdutzt blickte er das Brot an. Dann biss er hinein, so dass Krümel in seinen Bart fielen.

„Danke“, sagte er, „ich komme wirklich nicht oft dazu. Es ist so, dass ich durch den Fluch eigentlich nichts brauche, aber wenn ich nichts esse, bekomme ich trotzdem Hunger. Allerdings gewöhnt man sich daran, es gab jetzt eine Weile schon nichts mehr für mich.“

Eine Weile saßen wir schweigend da, bis Oanarr anfing mir Geschichten zu erzählen. Aus einer Zeit, als die Menschen hier noch in Stämmen gelebt hatten und die Elfen noch den Kontakt pflegten zu ihnen. Über sein Leben in der verborgenen Zwergenstadt Svartalfheim.

Am nächsten Tag fand ich wieder einen Grund, um Mitternacht im Keller zu sein, so dass wir uns erneut unterhalten konnten. Oanarr wirkte sehr überrascht, mich wieder zu sehen.

„Dachtest du nicht, dass ich wiederkommen würde?“, fragte ich ihn, als ich die Überraschung in seinem Gesicht sah.

„Nein, doch ich war nicht ganz sicher“, erklärt er. 

„Soll ich dir wieder eine Geschichte aus alter Zeit erzählen?“, fragte er nach einem Moment der Stille. Ich nickte. Daraufhin erzählte er  mir von harten Kämpfern und wie er einst gemeinsam mit anderen Zwergen und Menschen auszog, einen Drachen zu erschlagen. Wie sie dessen Knochen nach dessen Tod weiterverarbeiteten zu allerlei Gegenständen. Unter anderem zu einer kleinen Flöte, die Oanarr noch immer bei sich trug. Er zeigte mir sogar, wie man darauf spielen konnte. Sie hatte einen hohen, fröhlichen Klang.

Bald kam die Zeit, dass mein Praktikum sich dem Ende neigte.

„Mach dir keine Gedanken deswegen“, beruhigte Oanarr mich, als ich ihm erklärte, dass ich bald nicht mehr zu ihm kommen können würde.

„Wieso? Ich mag dich, du bist mir ein Freund geworden, ich will nicht, dass wir uns nicht mehr sehen“ erwiderte ich aufgebracht.

„Dies ist so oder so das letzte Mal, dass wir uns treffen“ sagte er. Er deutete auf die Rune im Felsen. Sie schien weniger tief eingeritzt zu sein, sie schien zu verblassen.

„Wieso? Was bedeutet das?“

„Ich bin frei“, sagte Oanarr. Er grinste schief.

„Frei?“

„Ich war verflucht, der Verräter am Stammesführer der Menschen wurde verflucht, solange zu leben, bis er Reue empfindet. Und die Freundschaft eines Menschen gewinnt“, erklärte Oanarr. Langsam schien er älter zu wirken. „Ich habe die Reue in meinen Herzen vor langer Zeit gefunden, doch wie sollte ich einen Menschen finden und seine Freundschaft gewinnen? Die meisten, die ich traf in den Jahren, hatten Angst. Bis auf dich. Du hast mich befreit“, erklärte Oanarr und reichte mir seine kleine Flöte.

„Aber...“, wollte ich ansetzen, doch in diesem Moment fing Oanarr an zu zerlaufen. So als würde er zu Sand. Oder Asche. Er schien nun um die Zeit zu altern, die er bereits lebte.

„Ich danke dir“, hörte ich Oanarr noch sagen. Alles geschah wie in Zeitlupe. Er, sowie alles was er bei sich trug, zerfiel zu feinem grauen Pulver.

Weg war er.

DIE SEELEN ZWEIER KÖNIGE

von Alfred Bekker

Thiro war der König von Gunland.

Ovamnus war der König von Nirland.

In der Vergangenheit hatte es nicht selten Streit zwischen den beiden Herrschern gegeben, aber jetzt ritten sie einträglich nebeneinander, gefolgt von ihrem gemeinsamen Heer einer riesigen Armee.

Taykor, der Gott mit dem Symbol der gekreuzten Dreizacke, hatte den Streit zwischen ihnen zu beider Zufriedenheit geschlichtet.

Er war jener Gott, zu dem beide Könige beteten und dem sie nun in einen gewaltigen Kreuzzug folgten, der alles, was die überlieferte Geschichte an vergleichbarem kannte, in den Schatten stellen würde.

Taykor selbst würde den Feldzug führen!

Den Feldzug gegen Rhyr, den Gott mit dem Symbol der Streitaxt, an den die Menschen der östlichen Länder glaubten.

Was war schon der lächerliche Streit zwischen zwei kleinen Königen gegen einen Krieg zwischen Göttern!

Der lange Zug von Kriegern und Wagen bewegte sich langsam aber stetig vorwärts.

Die Stimmung war gut.

Es herrschte Zuversicht und Vertrauen in Taykor, an den hier alle glaubten und für den sie bereit waren, zu sterben.

"Oh, ich kann es kaum erwarten, den ersten Feind vor das Schwert zu bekommen!", rief Ovamnus aus. Und an den vor ihnen herreitenden Fahnenträger, der Stolz das Banner mit Taykors Symbol trug, gewandt befahl er: "Halte die Fahne höher, Pan-Ro! Jeder soll wissen, wer wir sind!"

"Wisst Ihr, was man sich über unseren Feind, den grausamen Rhyr erzählt, werter Ovamnus? Er soll mit einem von sechs zweiköpfigen Löwen gezogenen Wagen fahren", sagte Thiro.

Ovamnus nickte.

"Wir haben einen schrecklichen Gegner. Aber als treue Diener Taykors brauchen wir uns nicht zu fürchten."

Thiros Züge verdüsterten sich jetzt etwas.

"Ich habe vor Beginn unserer Reise einen Astrologen befragt, was die Zukunft bringen würde. Es war Raschus, der berühmteste Astrologe und Seher ganz Gunlands!"

"Ihr seid ein Frevler, Thiro! Ihr solltet auf Taykor vertrauen", lächelte Ovamnus.

"Ich vertraue Raschus und seinen Sternen - was diese Dinge betrifft - mehr als Taykor. Die Götter vermögen viel, aber nur die wenigsten von ihnen sind in der Lage, die Zukunft vorauszusehen."

"Was hat Raschus gesagt?"

"Er sagte, die Zukunft läge hinter einer Wand aus Rauch, Blut und Leichen."

"Sehr interessant. Wessen Leichen waren das? Hat er sie erkennen können?"

"Nein."

"Nun, ich würde den Worten eures Astrologen und Sehers nicht allzuviel Bedeutung beimessen."

Thiro zuckte mit den Schultern.

"Ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll."

In zunehmendem Maße wurde das Gelände hügeliger. Langsam ging die flache Ebene in Bergland über.

"Herr, so seht dort!", rief Saphax, Thiros Diener und deutete in die Ferne. "Seht dort! Die Holzkreuze auf der Anhöhe!" Die Kreuze lagen auf ihrem Weg und so näherten sie sich ihnen zusehends.

"Menschen hängen an ihnen", stellte Thiro plötzlich etwas verwirrt fest.

"Ich kenne diese Hinrichtungsart«, erklärte Ovamnus. "Man nagelt den Delinquenten mit Händen und Füßen an ein Holzkreuz und richtet es dann auf. Manchmal dauert es Stunden, oft aber auch Tage, bis die Verurteilten sterben."

"Eine grausame Art und Weise, Menschen vom Leben zum Tode zu befördern", brummte Thiro.

"Seht, Herr!", rief Saphax. "Es sind mindestens fünfzig Kreuze!"

"Seltsam", brummte Thiro, "dass man so viele Menschen auf einmal gekreuzigt hat!"

"Oh, ich glaube Ihr kennt die Bewohner dieser Gegend nicht zu Genüge, Herr Thiro", entgegnete Ovamnus, wobei er sich über seinen langen Bart strich. "Ja, hier ist man schnell mit einem Todesurteil bei der Hand!"

Als sie den Hügel mit den Kreuzen erreichten, sahen sie, dass einige der Gekreuzigten noch am Leben waren.

Ihr Stöhnen ließ die beiden Könige und ihr Gefolge erschauern.

"Lasst uns die Überlebenden von den Kreuzen nehmen", schlug Thiro vor.

"Davor muss ich Euch ausdrücklich warnen, mein Freund", entgegnete Ovamnus. "Wir dürfen nicht in die Angelegenheiten dieses Landes hineinpfuschen."

"Wir müssen diesen armen Menschen helfen!", beharrte Thiro.

Er wandte sich an Pan-Ro, den Fahnenträger.

"Gib das Signal zum Halten! Wir machen kurze Rast!", zuckte mit den Schultern.

"Ihr habt die Verantwortung für alles, was jetzt möglicherweise geschieht!", knurrte er.

Der riesige Treck, den die vereinten Heere der beiden Könige bildeten, kam zum Stehen.

Thiro wies einige seiner Soldaten an, die Überlebenden von den Kreuzen zu nehmen.

"Vielleicht solltet Ihr diese Leute fragen, weshalb man sie einem so schrecklichen Tod überantwortete", schlug Saphax vor.

Nickend stimmte König Thiro seinem Diener zu.

"Ja, du hast Recht. Vielleicht sollte ich sie fragen ..."

Er stieg vom Pferd und ging gemessenen Schrittes zu einem gerade vom Kreuz Genommenen hin. Es handelte sich um einen etwa vierzigjährigen Mann, dessen Gesicht von Qual und Schmerz furchtbar gezeichnet war.

"Wasser ...", murmelte er.

"Gebt ihm Wasser!", fuhr Thiro seine Soldaten an. Man hielt dem Mann eine Feldflasche hin. Er schlürfte gierig das Wasser.

"Warum hat man dich verurteilt?", fragte Thiro jetzt.

Die Augen des geschundenen Mannes blitzten und seine Stimme zitterte, drohte manchmal gänzlich zu versagen, als er antwortete: "Warum ich verurteilt worden bin? Wir alle waren nicht bereit, uns die Seele stehlen zu lassen, wir wollten nicht zu willenlosen Werkzeugen von irgendjemandem werden. Deshalb, lieber Freund, sind wir hier alle miteinander aufgehängt worden."

Ovamnus war hinzugetreten und runzelte die Stirn.

"Man wollte dir die Seele stehlen? Guter Mann, wer sollte Macht genug besitzen, solches zu vollbringen? Man kann einen Menschen töten, man kann ihn foltern, man kann ihm seine Besitztümer abnehmen, aber die Seele rauben?" Ovamnus schüttelte den Kopf.

"Die Götter können solches tun", rief der Gekreuzigte heiser, wobei er nochmals nach der Feldflasche griff. "Taykor mit dem sechsbeinigen Pferd war es, der versuchte, uns durch ein magisches Ritual zu Seelenlosen zu machen. Wir weigerten uns und mussten dafür bezahlen!"

Ein Schwall von Blut und Schleim kam jetzt aus seiner Kehle. Seine Augen brachen plötzlich. Er war tot.

"Ich glaube ihm kein Wort!", schimpfte Ovamnus.

Die anderen antworteten nicht. Aber man konnte deutlich die Verwirrung in ihren Gesichtern lesen.

"Unser Gott Taykor würde so etwas nie tun!", rief Saphax. "Und wenn, dann wird es seinen guten Grund gehabt haben!"

Aber was wussten sie schon von ihrem Gott, außer dass er auf einem sechsbeinigen Pferd ritt?

"Man kann einem Menschen nicht die Seele rauben! So etwas ist ganz einfach unmöglich! Die Geschichte dieses Mannes muss ein Märchen sein!", rief Ovamnus.

"Verlassen wir diesen schreckliche Ort so schnell wie möglich", brummte Thiro.

Außer jenem Mann waren da noch einige andere, die Thiros Soldaten lebend vom Kreuz nehmen.

Aber sie waren nicht in der Lage, irgendetwas von sich zu geben außer einem Schrei nach Wasser.

Sie alle starben im Verlauf der nächsten Stunden.

Es muss schrecklich sein, seine Seele zu verlieren, dachte Thiro während sie ihren Weg fortsetzten.

Konnte dieses Schicksal am Ende gar auch ihnen blühen? Nur ganz kurz kam dieser Gedanke in Thiro auf, denn dann verdrängte er ihn bereits wieder. Es war frevelhaft, solche Gedanken zu hegen, das wusste er.

Aber trotz allem konnte Thiro sich nicht beruhigen.

Die Worte des Gekreuzigten hatten ihn tief in seinem Inneren erschüttert.

"Kommt, König Thiro! Setzt ein frohes Gesicht auf! Es besteht kein Grund Trübsal zu blasen!", wollte Ovamnus ihn aufmuntern.

Aber Thiro spürte sehr wohl, dass die Heiterkeit des anderen lediglich aufgesetzt war.

"Glaubt mir, Thiro, der Mann hat sich ein schönes Märchen ausgedacht, um uns zu beeindrucken."

Die Stunden gingen dahin und die beiden Könige schwiegen die meiste Zeit über. Langsam legte sich der Schleier der Dämmerung über das Land.

"Lasst uns hier übernachten!", schlug Ovamnus vor und Thiro war damit einverstanden. Pan-Ro, der Fahnenträger, gab mit seinem Horn das Signal zum Errichten eines Lagers.

Feuer wurde angezündet, die beiden Könige stiegen aus ihren Sätteln.

"Ich bin hundemüde", erklärte Ovamnus.

Thiro nickte lediglich matt, während Saphax sein Pferd nahm.

"Was ist mit Euch?", fragte Ovamnus.

"Es ist nichts." Er zuckte mit den Schultern und ging zu den anderen ans Feuer, während Thiro gedankenverloren stehenblieb. Saphax, der inzwischen sein Pferd versorgt hatte, kam zurück und der König rief seine Diener zu sich.

"Was ist, mein Herr?"

"Ich muss dich sprechen, Saphax!"

"Gut! Wie Ihr befehlt!"

"Ich brauche einen Rat!"

"Einen Rat?" Saphax verzog das Gesicht. "Hat ein König nicht bessere Ratgeber als seine Diener?"

Thiro musterte Saphax eindringlich. Dann fragte er: "Was hältst du von der Geschichte des Gekreuzigten?"

Saphax zuckte mit den Schultern.

"Sag mir deine ehrliche Meinung!"

"Ich war immer ehrlich zu Euch, mein Herr!"

"Natürlich, ich weiß. Was denkst Du also?"

"Ich bin mir nicht so ganz sicher, Herr! Es ist möglich, dass der Mann im Wahn redete. Starke Schmerzen können sich sehr wohl auf den Verstand auswirken."

"Das ist wahr. Aber so ganz mag ich an diese Version nicht glauben."

"Vergesst den Gekreuzigten und seine Geschichte, Herr! Zerbrecht Euch über das Schicksal dieser Hingerichteten nicht den Kopf! Wahrscheinlich waren es lediglich gemeine Mörder..."

"Möglich, dass du recht hast. Vielleicht sollte ich die ganze Geschichte wirklich vergessen ..."

"Bestimmt, Herr!"

"Und doch ..."

"Ja?"

"Hast du die Augen dieses Mannes gesehen?"

"Ja, ich habe sie gesehen."

"Ich habe sie eingehend betrachtet, Saphax."

"Es waren die Augen eines Mannes, der Angst hatte..."

"Ja, aber Angst wovor?"

"Vor dem Tod, Herr! Wer hätte keine Angst vor dem Tod und jener Qual, die einen erwartet, wenn man ans Kreuz genagelt wird."

Es entstand eine kurze Pause. König Thiro schien nachzudenken.

"Ihr seht betrübt aus, Herr! Kann ich Euch irgendwie helfen?"

Ihre Blicke trafen sich und der König hob fragend die Brauen. "Was ist die menschliche Seele, Saphax?"

"Ich weiß es nicht, Herr. Ich bin weder Priester noch Gelehrter, sondern ein einfacher Diener."

Groß und hell schien der Mond auf die Ebene herab. Die meisten derer, die sich an diesem Kreuzzug ihres Gottes Taykor beteiligten, hatten sich neben die Feuer gelegt und waren eingeschlafen. Ein anstrengender Tag lag hinter ihnen und morgen würde ein weiterer folgen.

Nachtgespenstern gleich schlichen die Wachposten umher und beäugten misstrauisch die Umgebung. Aber da war nichts, was sich bewegte, außer ihnen selbst - und ihrem König.

Thiro konnte im Gegensatz zu Ovamnus nicht schlafen. Ruhelos spazierte er um das Lager und dachte nach, wobei er sich langsam aber sicher mehr und mehr von den Feuern entfernte. Er wollte ungestört sein.

Er setzte sich ins Gras und schaute den Mond an.

Als er plötzlich hinter sich ein Geräusch hörte, fuhr seine Hand zu dem Griff des langen, schmalen Schwertes an seiner Seite. Er wandte sich um und blickte in die traurigen Augen eines kleinen Gnomes.

"Bitte..."

"Was wollt Ihr, Fremdling?", fauchte Thiro den Gnomen an.

"Ihr könnt euer Schwert getrost dort lassen, wo es ist."

Thiro nickte und nahm die Hand von der Waffe. Die Haltung des Kleinen straffte sich. Er räusperte sich.

"Es wäre sehr wohl angemessen, wenn Ihr mir ein wenig mehr Respekt entgegenbringen würdet!"

Thiro lacht herzhaft.

"Was glaubt Ihr wohl, wer ich bin, kleiner Mann?"

"Nun, mehr als ich werdet Ihr sicherlich nicht sein!"

"Ich bin der König von Gunland!"

Der Gnom zuckte mit den Schultern. "Und ich bin Shaykaliin, der Gott!"

"Ihr seid ein Gott?" Thiro schmunzelte unwillkürlich. "Besonders groß scheint eure Macht aber nicht zu sein! Lasst Euch genauer im Mondlicht betrachten... Ah, ich glaube Euch zu erkennen..."

"Das will ich hoffen! Im Pantheon eurer eigenen Hauptstadt Gun gibt es eine Statue von mir!"

"Ja, in irgendeiner Ecke, wo die unwichtigeren Götter des Uytrirran, des heiligen Berges, ihren Platz haben ..."

"Der äußere Schein trügt... Meine Macht ist weitaus größer, als Ihr glaubt. Wenn ich wollte, könnte die Kraft meines Willens Euch in eine Ratte oder einen Stein verwandeln! ich könnte ein ganzes Universum erschaffen oder den Mond vom Himmel holen und ihn auf dem großen Ozean schwimmen lassen!"

"Und warum tut Ihr es dann nicht?"

"Reine Bescheidenheit meinerseits."

"Ein bescheidener Gott! So etwas muß man wahrlich mit eigenen Augen gesehen haben!"

Der Kleine wurde böse. "Ich warne Euch im Guten! Macht Euch nicht über mich lustig!"