Die Diebin von Laterre - Jessica Brody - kostenlos E-Book

Die Diebin von Laterre E-Book

Jessica Brody

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Beschreibung

Bittere Armut, heruntergekommene Straßenzüge, und schon seit Jahren hat niemand mehr die Sterne am Himmel gesehen – das ist der Planet Laterre. Hier lebt die achtjährige Chatine, deren größter Traum es ist, ins elitäre Ledôme zu gelangen – dorthin, wo die herrschende Klasse lebt und es alles im Überfluss gibt. Doch ihr eigener Vater hält sie davon ab, ihrem Traum näher zu kommen. Als berüchtigter Verbrecher ist er oft genug auf die Hilfe seiner hübschen Tochter angewiesen. Um den Zwängen ihres Vaters zu entfliehen und der Armut endlich zu entkommen, nimmt Chatine ihr Schicksal schließlich in die eigenen Hände ... Erfahre in »Die Rebellion von Laterre«, wie Chatines Geschichte weitergeht: Drei junge Menschen – ein Planet im Chaos einer blutigen Revolution – ein gemeinsames Schicksal. »Die Rebellion von Laterre« von Jessica Brody und Joanne Rendell ist eine atemraubende Mischung aus Liebes-Geschichte und Science Fiction mit Figuren, die dich noch lange begleiten werden.

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Seitenzahl: 79

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Jessica Brody / Joanne Rendell

Die Diebin von Laterre

Eine Kurzgeschichte zu »Die Rebellion von Laterre«

Aus dem Amerikanischen von Carina Schnell

Knaur e-books

Über dieses Buch

Bittere Armut, heruntergekommene Straßenzüge, und schon seit Jahren hat niemand mehr die Sterne am Himmel gesehen – das ist der Planet Laterre.

Hier lebt die achtjährige Chatine, deren größter Traum es ist, ins elitäre Ledôme zu gelangen – dorthin, wo die herrschende Klasse lebt und es alles im Überfluss gibt. Doch ihr eigener Vater hält sie davon ab, ihrem Traum näher zu kommen. Als berüchtigter Verbrecher ist er oft genug auf die Hilfe seiner hübschen Tochter angewiesen. Um den Zwängen ihres Vaters zu entfliehen und der Armut endlich zu entkommen, nimmt Chatine ihr Schicksal schließlich in die eigenen Hände …

[home]

Einhundert Larg.

Die Zahl war so groß, dass Chatine ganz schwindelig wurde. Sie hörte sich zu gut an, um wahr zu sein. Doch sie hatte im Kopf immer wieder nachgerechnet. Jede Nacht, wenn sie wach gelegen und die Tage bis heute gezählt hatte, hatte sie alles addiert.

Wenn sie jeden Tag zur Arbeit in der Fabrique ging, nie krank wurde und nie blaumachte, würde sie in einem Monat achtzig Larg verdienen. Und wenn sie die zwanzig Larg dazurechnete, die sie von Madame Fontaine dafür bekommen hatte, dass sie einen Monat lang den Boden ihres Marktstandes fegte, kam sie auf …

Einhundert Larg.

Die Zahl war fast zu groß, um sie mit ihrem achtjährigen Geist zu fassen.

Der Wind frischte auf, und es begann zu regnen, so stark, dass die kalten Tropfen ihre Knöchel durchnässten, als sie vom Boden aufspritzten. Chatine zog sich ihre riesige Kapuze über den Kopf, um ihr Haar abzuschirmen. Sie hatte es für heute extra gebürstet, und sie wollte nicht, dass es ganz nass und zerzaust wurde.

Während sie durch die Frets lief, streckte sie eine Hand aus, um zu beobachten, wie die Regentropfen auf ihre Handfläche spritzten. Selbst die Tropfen schienen hier größer zu sein. In Montfer, ihrer alten Heimat an der Ostküste Laterres, kam der Regen eher wie eine gigantische Decke vom Himmel, feucht und dunstig und grau. Aber hier in Vallonay an der Westküste hätte Chatine schwören können, dass jeder Tropfen so groß wie eine Kartoffel war.

Sie bahnte sich ihren Weg durch das Labyrinth aus riesigen, in sich zusammenfallenden Gebäuden und versuchte, den Marktplatz zu finden. Die Frets waren so groß, und es gab so viele von ihnen, dass sie sich oft zwischen ihren Schatten verlief. Jedes Mal wenn Chatine zu den Überresten dieser riesigen Frachtschiffe aufsah, konnte sie kaum glauben, dass sie einst ihre Vorfahren aus der Ersten Welt gerettet und sie durch die Galaxie auf ihren neuen Planeten Laterre gebracht hatten. Denn jetzt waren sie nicht viel mehr als ein paar hässliche, rostige Gebäude, in denen zu viele Menschen lebten.

Endlich erreichte sie die Marsch, wo geschäftiges Treiben herrschte und die Menschenmenge sich zwischen den klapprigen Marktständen hindurchschob. Während sie sich einen Weg über den überfüllten Marktplatz bahnte, machte sie im Kopf eine Liste von all den Dingen, die sie mit einhundert Larg kaufen konnte. Zuallererst ein neues Paar Schuhe. Ihre Füße wuchsen so schnell, und ihre Schuhe waren schon ganz durchgelaufen. Einen Topf, um das Wasser aufzufangen, das durch die undichte Decke der Couchette ihrer Familie tropfte. Und Brot natürlich. Richtiges Brot. Nicht dieses ekelhafte Kohlbrot, das jeder hier in Vallonay aß. Ihre Familie wohnte seit etwas mehr als einem Monat in den Frets, und Chatine hatte sich immer noch nicht an den Geschmack gewöhnt. Sie bezweifelte, dass das je passieren würde. Und wenn sie dann vielleicht noch ein paar Larg übrig hatte, könnte sie sich auch einen neuen Mantel leisten. Gestern hatte sie ein Mädchen aus Fret 10 mit einem Mantel gesehen, der mit Schaffell gefüttert war. Er hatte so warm ausgesehen, und Chatine war so kalt gewesen, dass sie ihn ihr beinahe vom Leib gerissen hätte.

Aber natürlich hatte sie es nicht getan. So etwas würde sie nie tun. Es war die Art von Dingen, die ihre Eltern tun würden. Und Chatine war nicht wie ihre Eltern. Sie war keine Croc. Sie würde nicht ihr Leben damit verbringen, Policier-Androiden und Cyborg-Inspecteuren aus dem Weg zu gehen.

»Bonjour, chérie«, trillerte Madame Fontaine, als Chatine ihren Stand erreichte.

»Bonjour, Madame.« Chatine schnappte sich sofort den Besen, den Madame Fontaine unter ihren Eimern aufbewahrte, und begann, den Boden zu fegen. Darauf waren hauptsächlich vertrocknete Blätter, verrottete Stängel und andere Überreste des verfaulten Gemüses verstreut, das Madame Fontaine an ihrem Stand verkaufte.

»Du bist so ein hübsches Mädchen, Chatine Renard. Warum versteckst du dich unter dieser Kapuze?«

Chatine wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Ich verstecke mich nicht, Madame. Ich versuche nur, nicht nass zu werden. Heute ist mein erster Arbeitstag in der Fabrique. Ich möchte, dass meine Haare schön aussehen.«

»Ach wirklich?« Madame Fontaine klaubte eine Steckrübe aus einem ihrer Eimer und inspizierte sie, um zu sehen, ob sie schon zu verrottet war, um sie zu verkaufen. »Wohin haben sie dich denn gesteckt?«

»In die Textilfabrique«, sagte Chatine mit einem Anflug von Stolz. Wenn sie es laut aussprach, wirkte es so real. Seit sie offiziell zur Arbeit eingeteilt worden war, konnte sie nicht aufhören, daran zu denken. Ganze achtzig Larg pro Monat.

»Wie alt bist du?«, fragte Madame Fontaine. Ihre Augenbrauen zogen sich neugierig zusammen.

»Acht, Madame.«

»Ach du liebe Sols, heutzutage müssen sogar schon die Jüngsten ran.«

»Ich schaffe das schon«, sagte Chatine ernst und drang mit dem Besen bis in die letzte Ecke des Standes vor. »Ich bin sehr stark für mein Alter. Und meine Schwester, Azelle, arbeitet schon in der Fabrique. Sie ist nicht viel älter als ich. Sie hat gesagt, dass es gar nicht so schwer ist und dass sie den Kindern die leichten Aufgaben geben. Ich kann ehrliche Arbeit für eine ehrliche Chance machen. Ich verspreche es.«

Madame Fontaine lachte leise, legte die Steckrübe zurück in den Eimer und griff nach einer anderen. »Das bezweifle ich nicht. Ich weiß, dass du alles gut machen wirst, was du dir vornimmst. Ich hoffe nur, dass du immer noch bei mir vorbeikommen und mir beim Fegen helfen wirst.«

»Ich werd’s versuchen. Aber ich möchte viele Überstunden machen, damit ich so viele Himmelfahrtspunkte wie möglich sammeln kann. Jetzt, da ich einen Job zugeteilt bekommen habe, nehme ich auch an der Himmelfahrtslotterie teil. Wussten Sie, dass die Gewinnchancen steigen, je mehr Punkte man hat?«

»Ja, das wusste ich«, sagte Madame Fontaine lächelnd. »Was würdest du denn tun, wenn du zum Zweiten État auffahren würdest?«

Chatine hielt gerade lange genug mit dem Fegen inne, um verzückt zu seufzen. Es war eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen, sich Tagträumen darüber hinzugeben, wie es wohl wäre, die Himmelfahrt zu gewinnen und nach Ledôme, in die riesige klimakontrollierte Kuppel hoch oben auf dem Hügel, zu ziehen. »Ich würde alle Zimmer in meinem neuen Manor blau streichen.« Sie begann, an den Fingern abzuzählen. »Ich würde ganz neue Anziehsachen ohne Löcher kaufen. Meine alten würde ich nie wieder tragen – vor allem nicht den Mantel mit der Kapuze, weil es in Ledôme nie regnet. Und ich würde jeden Tag Gâteau zum Frühstück essen. Wussten Sie, dass man im Grand Palais zu jeder Mahlzeit Gâteau isst?«

»Zu jeder Mahlzeit?«, wiederholte Madame Fontaine. »Bist du dir sicher?«

Chatine hatte alles zu einem Haufen zusammengefegt und griff nun nach der Kehrschaufel. »Ja, bin ich. Ich hab es mal in einer Sendung gesehen. Sie haben den Patriarchen und die Matrone in ihrem großen Bankettsaal im Grand Palais gezeigt, und sie hatten Gâteau und Gebäck in allen Farben!«

Chatine ging in die Hocke, um alles auf die Schaufel zu fegen, und leerte sie dann in einem Mülleimer aus. »Fertig!«

Madame Fontaine fuhr mit einer Hand über den kleinen, leuchtenden Bildschirm, der in ihren Unterarm eingelassen war. Chatines Télé-Haut leuchtete ebenfalls auf, und der Audiochip in ihrem Ohr verkündete: »Erhalten: einen halben Larg.«

»Merci, Madame!«, rief Chatine. Sie tippte auf ihren Bildschirm, um ihn auszuschalten, und legte den Besen wieder auf dem kleinen Regalbrett unter den Eimern ab.

»Lässt du mich einen Blick auf dein schönes Haar werfen, bevor du gehst?«

Chatine grinste und zog sich die Kapuze vom Kopf. Sie schüttelte ihr langes, braunes Haar aus, das ihr beinahe bis zur Hüfte reichte.

Madame Fontaine seufzte wehmütig. »Das waren noch Zeiten. Ich hatte auch mal so schöne Haare, als ich in deinem Alter war.«

Ein gigantischer Regentropfen landete auf Chatines Stirn. Sie zog sich hastig wieder die Kapuze über den Kopf und bis tief ins Gesicht. »Ich muss los. Will an meinem ersten Arbeitstag nicht zu spät kommen.«

Madame Fontaine lachte. »Los. Allez. Und vive Laterre.«

»Vive Laterre!«, rief Chatine über die Schulter zurück, als sie in die Richtung von Fret 7 rannte. Doch sie war so in Eile und hatte ihre Kapuze so tief ins Gesicht gezogen, dass sie nicht sah, wie ein Mann ihr einen Karren mit Äpfeln in den Weg schob, bis es zu spät war.

»Autsch!« Chatine taumelte zurück und landete in einer Pfütze. Matsch spritzte ihr ins Gesicht und auf ihren Mantel. Der Karren kippte um, und Äpfel kullerten in alle Richtungen davon.

»Verflucht seien die Sols!«, rief der Mann und bückte sich, in dem Versuch, das überall verstreute Obst wieder zusammenzusuchen. Er war groß und schlaksig und hatte einen schmuddeligen Bart, der dringend mal wieder gestutzt werden musste.