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Adam Campbell hat ein schweres Erbe angetreten: er muss das imposante Schloss seines verstorbenen Vaters in Schuss halten. Bei einer spiritistischen Sitzung meldet sich dessen Geist und spricht von einem sonderbaren Vermächtnis. Natürlich nehmen die drei ??? die Ermittlungen auf. Mit einem Gespenst, davon sind sie überzeugt, haben sie es nicht zu tun! Bis Peter von einer gruseligen schwarzen Hand ins Meer gezogen wird. Erst in letzter Sekunde kann er gerettet werden. Der Zweite Detektiv ahnt Unheilvolles: Wurde er von einem Wassergeist attackiert?
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Seitenzahl: 148
erzählt von Marco Sonnleitner
Kosmos
Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin
Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage
der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 - 24. Dezember 2009)
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© 2002, 2009, 2011 Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten.
Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan
Based on Characters by Rober Arthur.
ISBN 978-3-440-12903-6
Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart
eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Dumpf hallte der Schlag von den feuchten Wänden wider, als die schwere Holztür ins Schloss fiel. Kurz darauf wurden zwei mächtige Eisenriegel vorgeschoben. Für Bob hörte es sich fast an wie ein Stöhnen, als sie über die verrosteten Halterungen kratzten. Dann, nachdem sich das letzte Echo in den modrigen Mauerritzen verkrochen hatte, war es still. Still wie in einem Grab.
Bob war gefangen.
Beklommen sah sich der dritte Detektiv um. Graue, gemauerte Wände türmten sich um ihn. Nur aus einem winzigen vergitterten Mauerloch weit über seinem Kopf sickerte fahles Tageslicht in staubigen Streifen zu ihm herab. Langsam ging er die steinernen, ausgetretenen Stufen hinunter, die zum Grund des düsteren Verließes führten. Die massiven, grob behauenen Mauersteine glänzten hier und da vor Nässe, und irgendwo tropfte es auch. Pling, plong, pling, plong. Unablässig, nervtötend. In einer Ecke befand sich etwas Stroh, grau wie ein räudiges Fell. Und es roch streng. Bob mochte gar nicht daran denken, wonach. Ein wenig rechts davon lag ein verbeulter Blechnapf auf dem Boden. Verkehrt herum, so als könnte er sich nicht ansehen, wohin er hier geraten war. Und dann entdeckte Bob die schweren Ringe an der Wand. Und die alte Kette darunter, die sich wie eine dunkle, große Schlange auf dem nackten Lehmboden wand. Den dritten Detektiv schauderte. Diesmal konnte er die Bilder, die in seinem Kopf entstanden, nicht verdrängen. Bilder von ausgezehrten Körpern, von Leid, von Qualen und Entbehrungen. Und als dann auch noch eine große, schwarze Ratte an der Mauer entlangtrippelte, packte ihn die Angst. Er musste raus hier. Sofort. Keine Sekunde länger würde er es in diesem furchtbaren Kerker aushalten.
»Hallo?«
Der Ruf verhallte in der muffigen Luft, die Ratte quiekte und rannte schneller. Sonst passierte nichts.
»Hallo! Hören Sie mich?« Bob starrte zur Tür und lief die Stufen wieder hinauf.
Aber nichts tat sich.
»Hallo! Hallo!« Er hämmerte gegen das Holz. »Lassen Sie mich raus! Hallo!«
Ungehört verpufften seine Schläge, obwohl der Schmerz an seiner Handkante fast unerträglich war. Warum machte keiner auf?
»Hallo!«
Die Kälte griff ihm ans Genick, kroch seinen Rücken hinab. Gefangen! Allein!
»Hallo! Hey! Ich will hier –«
Plötzlich wurden die Riegel zurückgezogen, und die Tür öffnete sich mit einem lauten Knarren. Sobald der Spalt groß genug war, zwängte sich Bob hinaus.
»Hoppla! Sieht ganz so aus, als hättest du genug Verlies-Feeling gehabt.« Ein breites Grinsen empfing den dritten Detektiv. Es gehörte Adam Campbell, einem ungefähr 35-jährigen Mann, dessen blaue Augen schalkhaft blitzten. Mit einer jungenhaften Handbewegung strich er sich die blonden Locken aus der Stirn und klopfte Bob freundschaftlich auf die Schulter.
»Kann man wohl sagen!« Bob nickte mit großen Augen. »Das ist ja echt gruselig da drin. Meine Güte!«
»Nicht wahr?« Campbell freute sich sichtlich über Bobs Aussage. »Als hätten da schon Dutzende von Verbrechern ihr schändliches Leben ausgehaucht, oder?«
»Das haben Sie wirklich gut hingekriegt.« Bob rieb sich die schmerzenden Fäuste und verscheuchte den letzten Rest Beklemmung. »Und offenbar völlig schalldicht. Sie haben mich nicht gehört, als ich gerufen und gegen die Tür gehämmert habe, oder?«
»Keinen Mucks.« Campbell verneinte. Er wies mit der Hand den Gang entlang und setzte sich langsam in Bewegung. »Das Verließ ist genauso schalldicht wie seine echten Vorbilder. Die Wachen wollten damals ja nicht die ganze Zeit das Gestöhne und Gejammer hören.« Wieder grinste er spitzbübisch. »Dort geht’s lang. Komm mit. Da vorne ist die Folterkammer. Die musst du dir unbedingt ansehen!«
Bob lächelte verhalten. Campbell machte diese Schlossführung wirklich sehr viel Spaß. Kopfschüttelnd folgte er ihm den Gang hinab.
»Also die Campbells, Ihre Vorfahren, lassen sich in Schottland bis ins 16.Jahrhundert nachweisen. Habe ich das vorhin richtig verstanden?« Der dritte Detektiv klickte auf seinen Kugelschreiber und machte sich auf seinem Handblock ein paar Notizen.
»Die McCampbells, um genau zu sein, ja. William McCampbell, unser Urahn, wurde 1519 urkundlich zum ersten Mal erwähnt.«
»Und wann hat Ihr Vater herausgefunden, dass Sie Vorfahren in Schottland haben?«
»Vor etwa 40 Jahren.« Campbell nahm die Fackel in die andere Hand, damit Bob mehr Licht hatte.
»40 Jahre«, schrieb der dritte Detektiv. Er freute sich schon ungemein auf das Referat. Als er Campbell gestern angerufen hatte, hatte er nur mit ein paar allgemeinen Informationen gerechnet, die er in seinen Vortrag über historische Gebäude in Kalifornien einbauen könnte. Und jetzt bekam er diese phantastische Privatführung!
»Und dann ist Dad rübergeflogen, hat das Schloss der McCampbells in den Highlands entdeckt und sich unsterblich in das alte Gemäuer hier verliebt«, sagte Campbell und machte ein weit ausholende Handbewegung, sodass das Licht seiner Fackel bizarre Schatten an die Wände malte.
Bob blieb verdutzt stehen. »Soll das heißen, dass dieses Schloss hier dasselbe ist, das –«
»Nein, nein«, unterbrach ihn Campbell lachend. »Dad hat es nicht Stein für Stein abtragen lassen und hier rübergeschafft, wie das ein paar dieser durchgeknallten Millionäre mit anderen Bauwerken schon getan haben. Er hat es in mühevoller Kleinarbeit abgezeichnet. So exakt wie möglich. Und dann hat er es hier oben nachgebaut. Zum größten Teil mit seinen eigenen Händen.« Campbell legte eine Hand an die kalte Mauer und setzte wehmütig hinzu. »Es war sein Lebenswerk.«
Bob nickte bewundernd. »Wirklich beeindruckend.«
»Aber«, Campbell deutete auf Bobs Block und lachte, »vergiss nicht, Edward in deinem Artikel zu erwähnen! Er hat sich hier fast ebenso viele Schwielen geholt wie Dad.«
Campbell hatte Bob gefragt, ob er denn vielleicht einen Artikel über das Schloss in seiner Schülerzeitung bringen könnte. Den dritten Detektiv hatte die Bitte zwar zunächst gewundert, aber mittlerweile ahnte er, wieso Campbell so sehr daran lag. So imposant das Schloss war, so heruntergekommen war es. Die Schäden und Mängel an dem Bauwerk waren unübersehbar, und offenbar hatte Campbell nicht genügend Geld, um das Schloss renovieren oder auch nur einigermaßen instand halten zu können. Daher konnte er jede Art von Werbung gut gebrauchen. Auch in einer Schülerzeitung.
»Edward ist der Butler, oder?« Bob nahm sich vor, einen wirklich ausführlichen Artikel zu schreiben. Das war das Mindeste, was er als Gegenleistung für diese Führung tun konnte.
»Pah!« Campbell winkte ab. »Viel mehr als das! Edward ist die gute Seele des Schlosses. Er ist Butler, Hausmeister, Verwalter, Zimmermädchen, Hofnarr, Manager, Beichtvater – ach! Ich weiß gar nicht, was noch alles. Ohne Edward würde es dieses Schloss gar nicht geben.«
»Manager?« Bob sah von seinem Schreibblock auf, weil Campbell vor einer anderen massiven Holztür stehen geblieben war.
»Na ja, die ganzen Events, die hier im Schloss stattfinden. Die organisiert vor allem er. Mittelalterliche Rollenspiele …« Campbell hielt inne und lächelte Bob auffordernd zu. Und als der dritte Detektiv nicht gleich verstand, nickte er fast unmerklich zu dem Block hin.
»Ah so«, fiel bei Bob der Groschen, und beide grinsten sich vielsagend an. »Mittelalterliche Rollenspiele …«
»Spiritistische Sitzungen …«
»Spiritistische Sitzungen«, notierte Bob gewissenhaft.
»Esoterik-Kongresse …«
»Esoterik-Kongresse.«
»Hochzeiten.«
»Hochzeiten.« Bob fragte sich kurz, ob das für die Schüler von Interesse war, schrieb aber brav weiter.
»Und Gruselwochenenden.«
»Und Gruselwochenenden.«
»Toll!« Campbell reckte den Daumen in die Höhe. »Und jetzt – auf zur eisernen Jungfrau!«
Die Folterkammer fand Bob fast noch beeindruckender als das Verlies. Campbell hatte alle möglichen Folterinstrumente zusammengetragen und sie so ausgestellt, als wären sie immer noch in Gebrauch. Eine Streckbank, ein spanischer Stiefel, diverse Daumenschrauben, Mundsperren, Peitschen und sogar die besagte eiserne Jungfrau ließen Bob eine Gänsehaut über den Rücken laufen. Und als einmal der Wind durch die Mauerritzen pfiff, glaubte er im ersten Moment, ganz deutlich den Schrei einer gefolterten Seele zu vernehmen. Es war mehr als gruselig.
Und gruselig ging es weiter bei der Schlossführung. Während weit draußen die Sonne in einem blutroten Meer versank, zeigte Campbell dem dritten Detektiv insbesondere die Stellen in seinem Schloss, die er für besonders werbewirksam hielt. Das Zimmer, in dem die Weiße Lady zu Vollmondnächten erschien, die Brüstung, von der sich der einäugige Ritter Jahr für Jahr zur Sonnwendnacht in den Burggraben stürzte, weil vor über 700 Jahren in dieser Nacht seine Angebetete dort unten den Tod gefunden hatte; den Spiegel, in dem man immer um Mitternacht sein eigenes Ableben sah; das Loch in der Außenwand, das einst von einem Werwolf gerissen worden war, und, und, und. Der Einfallsreichtum von Adam Campbell schien schier unerschöpflich zu sein, wenn es darum ging, sich irgendeine neue Schauermär für sein Schloss auszudenken.
Und doch fiel es Bob ein ums andere Mal auf, dass Campbell wirklich in großen finanziellen Nöten sein musste. Die Ausstattung des Schlosses war oft verschlissen oder schadhaft, die Einrichtung nicht sonderlich hochwertig, und manche Teile des Schlosses waren so baufällig, dass Campbell sie für Besucher gesperrt hatte – er konnte einfach nicht mehr für ihre Sicherheit und Unversehrtheit garantieren. All die Veranstaltungen, Feste und Angebote, die sich Campbell ausgedacht hatte, warfen offenbar nicht annähernd genügend Geld ab, um das Schloss instand halten zu können. Selbst die Bilder waren in einem bedauernswerten Zustand.
»Ian der Blutrünstige«, sagte Campbell und nickte ernst zu dem Bild hin, das sich Bob gerade ansah. Es zeigte einen korpulenten Mann in einer prächtigen, mittelalterlichen Robe. Er hatte einen harten Zug um den Mund, und seine stechenden Augen wirkten auf unheimliche Art lebendig. »Hatte sieben Ehefrauen auf dem Gewissen, bevor er sein Leben auf dem Schafott aushauchte.«
»Aha.« Bob spielte das Spiel gerne mit. Er ging einen Schritt näher und sah sich das Porträt noch einmal an, während sich Campbell schon dem nächsten zuwandte.
Doch plötzlich zuckte der dritte Detektiv zusammen. Die Augen des Mannes hatten sich bewegt! Und jetzt starrten sie ihn geradewegs an!
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