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Horror am Filmset: Anstatt die Dreharbeiten zu einem Hollywoodstreifen genießen zu können, finden sich Justus, Peter und Bob in einem Wespennest aus Intrigen und brodelnden Feindschaften wieder. Als dann auch noch ein Geist erscheint, ist klar: Das ist ein neuer Fall für die drei Detektive. Doch die Spuren sind zahlreich und vielfältig. Und "Die drei ???" brauchen die Hilfe ihrer Leser! Dein Fall! - Hier wirst du zum vierten Ermittler und entscheidest selbst, wie die Geschichte weitergeht! Welche Spur ist die richtige? Dein Spürsinn ist gefragt!
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Seitenzahl: 180
Tödlicher Dreh
erzählt von Marco Sonnleitner
Kosmos
Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin
Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage
der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)
Unser gesamtes lieferbares Programm und viele
weitere Informationen zu unseren Büchern,
Spielen, Experimentierkästen, DVDs, Autoren und
Aktivitäten findest du unter kosmos.de
© 2016, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan
Based on characters by Robert Arthur
ISBN 978-3-440-15337-6
eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Lieber Leser,
sicherlich hast du längst durchschaut, welch anspruchsvolle Aufgabe hier vor dir liegt. Doch bevor du mit den Ermittlungen beginnst: Sei gewarnt! Du begibst dich mit Justus, Peter und Bob in ein Netz aus Intrigen und falschen Fährten. Gemeinsam verfolgt ihr rätselhafte Spuren und Tatverdächtige. Und nur du hast es in der Hand, wie der Fall ausgeht: Als vierter Ermittler musst du Kombinationsgabe und detektivisches Geschick unter Beweis stellen, wenn du dieses Abenteuer bestehen willst. Wähle deinen Weg klug, denn – wer weiß? – vielleicht lauert nach der nächsten Entscheidung schon das Ende …
Schließlich bietet so ein Filmset, wie du gleich selbst sehen wirst, viele Schlupflöcher, Fallstricke, Schau-Spieler und (Selbst-)Darsteller. Immerhin sind die meisten hier daran gewöhnt, anderen etwas vorzuspielen und die Wahrheit mit einem kleinen, aber filmreifen Dreh zu versehen. Die perfekte Kulisse also, um deinen Spürsinn auf die Probe zu stellen.
Zum Glück steht dir in dieser oft trügerischen Welt nicht nur Justus Jonas, der bekannt brillante Erste Detektiv, zur Seite. Peter Shaw, das tatkräftige Sport-Ass, setzt sein ganzes Können ein, damit auch dieser Fall erfolgreich gelöst wird. Und Bob Andrews, zuständig für Recherchen und Archiv im Detektiv-Team, verfolgt akribisch jede heiße Spur.
Aber nun mach dich ans Werk – schließlich ist es Dein Fall!
Viel Erfolg!
Percy King, Hauptdarsteller
June Scott, Hauptdarstellerin
Phoebe, Pressefrau und überzeugt von June Scotts Potenzial
Sweety, June Scotts pummeliger Pekinese
Glen McGregor, Regisseur
Gwenda, eine hübsche Schauspielerin
Gus Freeman, spielt den schrecklichen Ripper Skipper
Freeman senior, Vater von Gus Freeman
Preston, Maskenbildner
Rosalie, Prestons Assistentin
Gustavo, Kameramann
Hank, Beleuchtung
Mark, Tontechnik
Jojo, eine Kameraassistentin
Jimmy, einer der Kostümbildner
Philipp Spencer, für die Verpflegung der Filmcrew zuständig
Jeremy Spencer, Philipp Spencers alter Vater, die gute Seele der Dreamland-Studios
Slicky Joe Hanson, ein vor Kurzem entlassener Juwelendieb
Garry Hanson, Sohn von Slicky Joe Hanson
Juan Lopez, Nachbar von Garry Hanson
Spur 1
Die Tür knarrte. Lang und klagend wie ein qualvolles Stöhnen. Die junge Frau wirbelte herum. In ihren Augen flackerte nackte Panik. Warum war sie nur hierhergerannt? Hier saß sie in der Falle! Es gab kein Zurück! Sie drückte sich zitternd in die Ecke, während sich die Tür auf der anderen Seite des Flurs wie in Zeitlupe öffnete.
»Nein!«, schrie sie angstbebend und sank an der Wand hinunter. »Bitte nicht! Warum ich?«
Die Tür hatte sich vollends geöffnet. Ein raues Atmen kroch über den Flur. Dann hörte man ein feuchtes Schmatzen. Wie von einem Fuß, der aus dem Sumpf gezogen wurde.
»Es tut mir leid!«, wimmerte sie. »Was mein Großvater dir angetan hat, tut mir so leid!«
Wieder ein Schmatzen. Ein gewaltiges, dunkles Etwas schälte sich aus dem Türrahmen.
»Was soll ich tun? Bitte … nicht!«
Das Unwesen tat einen weiteren Schritt. Da fiel fahles Mondlicht durch ein zerbrochenes Fenster und ergoss sich über den Koloss. Die junge Frau zuckte zusammen. Jetzt erst sah sie das Ding in seiner ganzen Scheußlichkeit: einen Klumpen verfaulenden, stinkenden Tang und Morast, der sich unerbittlich auf sie zu bewegte.
»Gnade!« Sie hob die Hände. »Gnade!«
Dem Ding entrang sich ein böses Röcheln. Immer näher kam es und zog dabei eine sumpfige Spur hinter sich her. Die Frau schrie auf. Ein Schrei in Todesangst. Dann hob der Untote seine schlammtriefenden Hände und holte aus.
Peter lächelte zufrieden.
Willst du wissen, wo Peter steckt? Dann weiter mit Spur 7.
Dich interessiert nur das Monster? Schnell weiter mit Spur 41.
Spur 2
Elizabeth Scott. So hieß Junes Mutter. Sie lebte in einer Wohnanlage für Senioren am Stadtrand von Santa Monica.
Der Erste Detektiv wurde stutzig, als ihm die nette Dame an der Rezeption mitteilte, dass sich Elizabeth sicher über den Besuch freuen würde, weil das ja nicht so oft vorkäme. Ob er denn mit ihr verwandt sei?
»Nein, ich arbeite mit ihrer Tochter zusammen und soll ihr schöne Grüße ausrichten.«
»Ah, June! Unser Goldstück! Leider hat sie ja so wenig Zeit. Tee oder Kaffee?«
»Bitte?«
»Darf ich dir Tee oder Kaffee bringen? Elizabeth nimmt um diese Zeit gerne ein Tässchen koffeinfreien Kaffee zu sich.«
Tee, Justus bestellte Tee. Dann brachte ihn die nette Dame zu Elizabeth. Und da blieb Justus bis zum Abend. Bis Elizabeth Scott endlich in ihrem Lehnstuhl eingenickt war. Davor hatte ihm Elizabeth geschätzte eine Million Fotos von June in Windeln, June in Halloween-Kostümen, June in Schuluniformen, June in Badeanzügen und June in sonstigen Verkleidungen gezeigt. Und Justus war einfach zu höflich, um die alte Dame in ihren Erinnerungen zu unterbrechen. Zumal Elizabeth Scott eine wirklich süße alte Dame war. Zwar ein bisschen neben der Spur, aber süß.
In Erfahrung brachte Justus allerdings nichts. Gar nichts. Und Zeit, Percys Bruder oder McGregors Ex-Frau zu besuchen, hatte er jetzt auch keine mehr. Er konnte nur noch nach Hause fahren, schnell seine Sachen zusammenpacken und sich dann auf den Weg zu den Dreamland-Studios machen.
Weiter mit Spur 109.
Spur 3
Die allgemeine Fassungslosigkeit legte sich nur langsam. Vor allem Gus stand völlig neben sich. Sein Vater hatte Ripper Skipper wieder auferstehen lassen! Weil er nicht verkraftet hatte, dass Percy King seinem Sohn die Hauptrolle weggeschnappt hatte. Deswegen hatte er den Film zum Scheitern bringen wollen.
Freeman senior saß noch immer auf dem Sofa und kühlte seinen Ellenbogen mit einem Eispack. Bis auf eine Prellung hatte er den Sturz heil überstanden und wartete nun wütend und beschämt zugleich darauf, was mit ihm geschehen würde. Alle außer Gus standen etwas abseits und diskutierten darüber.
»Ich denke nach wie vor, dass wir die Polizei holen sollten«, sagte McGregor. »Das hätte echt ins Auge gehen können.«
»Genau! Einzelhaft!«, forderte June.
Percy King sah das etwas anders. »Leute, wenn das publik wird, schaden wir uns doch höchstens selbst.«
»Ach, komm schon, Percy!«, widersprach Gwenda. »Du hast doch nur Schiss, dass man die Sache genauer untersucht!«
»Was soll das denn heißen?«
»Na, fragen wir doch mal Gus, was das heißt.«
Percy blies die Backen auf. »Das ist … unerhört!«
Die drei ??? folgten interessiert dem Geschehen, als hinter ihnen jemand etwas rief. Gleichzeitig drehten sie sich um.
»Hilfe!« Der alte Jeremy Spencer! Mit hocherhobenen Händen humpelte er auf sie zu. »Helft mir!«
»Jeremy! Was ist denn passiert?« Peter ging ihm entgegen.
»Jack! Der hat sich Philipp geholt!« Jeremy war völlig verängstigt. »Jack ist wieder da! Helft mir! Helft mir!«
Möchtest du wissen, wer Jack ist? Weiter mir Spur 93.
Spur 4
Also rechts. Peter legte sich ins Zeug. Er war ein ausgezeichneter Schwimmer. Gut, Justus schlug ihn zu aller Verwunderung regelmäßig auf kurzen Strecken. Aber hier, in der Strömung, machte ihm so schnell niemand etwas vor.
Der Zweite Detektiv zog kräftig die Arme durchs Wasser und trieb sich mit mächtigen Fußschlägen vorwärts. Der riesige Betonpfeiler kam immer näher. Aber kam auch er dem Betonpfeiler näher? Peter orientierte sich ein ums andere Mal zwischen den Kraulzügen. Ja, er kam näher. Oder doch nicht? Nein?
Er musste sich noch mehr anstrengen. Das würde knapp werden. Sehr knapp. Und langsam spürte er auch die Panik in sich aufsteigen. Panik darüber, was am Stauwehr passieren würde, wenn er diesen verdammten Pfeiler nicht erwischte. Und Panik war im Moment das Allerletzte, was er gebrauchen konnte. Peter mobilisierte alle Kräfte.
Es war nicht mehr weit. Aber er hatte auch nur noch ein paar Sekunden Zeit. Ein, zwei Kraulzüge würden entscheiden: rettender Pfeiler oder Stauwehr. Und unter dem Wehr die Wasserwalze mit ihrem tödlichen Sog.
Kraulen, Peter, kraulen! Nicht denken! Mach schon! Du schaffst das! Reiß dich zusammen! Komm schon!
Riesig ragte der Pfeiler vor ihm auf. Er konnte das Moos riechen, das sich dort festgesetzt hatte. Das Wasser rauschte hier noch lauter, der Schatten der Brücke über ihm verdunkelte die Fluten. Und jetzt! Noch ein Zug, dann zupacken. Zupacken, Peter! Jetzt! Seine Finger schrammten über den rauen Beton, rutschten ab, fassten wieder zu, fühlten eine Metallstrebe, packten noch fester zu … noch fester … dann endlich bekam er das Ding zu fassen.
Weiter mit Spur 48.
Spur 5
386 Blackburn Avenue: Hier musste es sein. Der dritte Detektiv parkte seinen Käfer hinter einem alten Chevy, nahm den Notizblock aus dem Handschuhfach und stieg aus.
Die Hansons wohnten in einem kleinen Mietshaus. Der dritte Detektiv schritt durch die bogenförmige Öffnung, die die struppige Hecke frei ließ, und ging über einen Plattenweg zum Haus. Aus den Augenwinkeln sah er, dass sich im ersten Stock hinter einem Fenster eine Gardine bewegte.
Aber Garry Hanson wohnte im Erdgeschoss, wie das Klingelschild vor der gläsernen Haustür verriet. Bob drückte den Knopf und wartete. Wenn jemand öffnete, würde er sagen, dass er für die Schule eine Umfrage durchführte. Lesegewohnheiten.
Aber es tat sich nichts. Bob klingelte noch mal und wartete wieder. Er klingelte ein drittes Mal. Doch nichts rührte sich. Es war niemand zu Hause. Oder man wollte keinen Besuch.
Der dritte Detektiv sah sich um, ließ seinen Blick über das dürre Gras und die Nachbarhäuser schweifen. Zu viel Aufmerksamkeit wollte er nicht erregen. Die Hansons sollten keinen Verdacht schöpfen. Und seine Anwesenheit war ja ohnehin schon bemerkt worden.
Was tun?, fragte sich Bob. Im Auto warten oder doch lieber unauffällig die Umgebung erkunden? Beziehungsweise »das Terrain sondieren«, wie Justus das genannt hätte.
Wenn du im Auto warten willst, weiter mit Spur 74.
Möchtest du lieber das Terrain sondieren? Weiter mit Spur 35.
Spur 6
Bob überlegte fieberhaft. Das Seil würde ihn auf dem kürzesten und schnellsten Weg nach oben führen. Allerdings sah es alles andere als vertrauenerweckend aus. Das Gerüst hatte sich dagegen bisher als einigermaßen sicher erwiesen. Aber Peter hatte offenbar sehr viel mehr Probleme – so konnte es ihm auch bald gehen. Außerdem kam er auf dem Gerüst nur recht langsam voran. Der dritte Detektiv entschied sich für das Seil.
Bob griff nach dem Tau und riss ein paar Mal daran. Es hielt und fühlte sich auch halbwegs stabil an. Er zog sich ein Stück nach oben, stellte ein Bein auf eine der Stangen und lehnte sich über den Abgrund. Trotz der Dunkelheit sah er, wie hoch er war. Oder er bildete es sich ein. Dann stieß er sich leicht ab und schwang im nächsten Augenblick frei in der Luft.
»Kollegen, der Strahler ist unterwegs!« Das war Justus.
»Wird auch Zeit!«, ächzte der dritte Detektiv.
»Beeilt euch! Ich weiß nicht, was Jack vorhat. Sie bewegen sich weiter Richtung Fluss!«
»Wir … tun … was … wir … können!«, hörte Bob Peter.
Das Tau war grob geflochten. Das erleichterte die Sache, weil Bob gut Halt fand. Er schlang die Füße um das Seil und zog und schob sich Hand um Hand nach oben. Wie im Turnunterricht. Nur im Dunkeln. Etliche Meter über dem Boden. Ohne weiche Matte. Mit einem Kriminellen über sich, der jeden Moment – Bob erschrak, legte den Kopf in den Nacken und starrte nach oben. Jack! Der hatte sicher mitbekommen, dass sie zu ihm unterwegs waren. Und da! Bob überlief es eiskalt! Rechts über ihm war jemand! Jack? War Jack zu ihm herabgestiegen, um ihn – der dritte Detektiv dachte nicht weiter, sondern kletterte nach oben, so schnell er konnte.
Weiter mit Spur 62.
Spur 7
Peter beugte sich nach vorn. In diesem Moment geschah es. Der Vanille-Shake. Dieser ekelhaft süße Shake, den er nach einem Schluck neben das Mischpult gestellt hatte, weil es ihn so geschüttelt hatte. Den Shake hatte er in der Konzentration auf den richtigen Moment für das Donnergrollen völlig vergessen. Und stieß jetzt mit dem Ellenbogen dagegen.
Der Becher kippte zur Seite und drohte seinen pappigen Inhalt über die empfindliche Anlage zu ergießen. Gleichzeitig tönte der Schrei aus dem Kopfhörer. Der Zweite Detektiv zuckte nach links, um den Becher noch abzufangen, und drückte mit der anderen Hand auf den Knopf.
»Cut! Cut!«, hörte er McGregor rufen. Fast im gleichen Moment ertönte das markerschütternde Gelächter einer Hexe und Peter stieß mit der linken Hand gegen den Becher, sodass der neben dem Mischpult zu Boden fiel und die zähe gelbe Flüssigkeit über den Teppich schwappte.
»Mist! So ein Mist!«, fluchte der Zweite Detektiv. Er nahm die Kopfhörer ab, stand auf und sah sich nach irgendetwas um, mit dem er die Sauerei aufwischen konnte.
Aber im Tonraum war nichts. Peter lief nach draußen, den Gang entlang zur Toilette. Dort versorgte er sich mit einem ganzen Arm voller Papierhandtücher und kehrte in das kleine Studio zurück. Die Vanillepampe hatte sich mittlerweile Richtung Steckerleiste vorgearbeitet. Peter beeilte sich, den Brei aufzuwischen, schlug sich dabei einmal kräftig den Schädel an, als er unter dem Mischpult hantierte, und kam beim Aufräumen auf den Knopf für den Donner.
»Der wär’s gewesen!«, knurrte er leise, als der Donnerhall draußen über das Set rumpelte. Genervt stopfte Peter die Papierhandtücher in den Abfalleimer.
Weiter mit Spur 73.
Spur 8
Sofort packte ihn die Strömung und riss ihn mit sich. Er wurde unter Wasser um die eigene Achse gewirbelt, schrammte mit der Hand über einen Stein am Grund und spürte, wie Kälte und Nässe durch seine Kleidung drangen. Erst nach etlichen Metern gelang es Peter, den Kopf über Wasser zu strecken und Luft zu holen.
Sein erster Blick galt der Mole. Aber da stand keiner mehr.
»Das ist doch wie verhext!«, schimpfte Peter. Er hatte nichts gehört, niemanden gesehen, nur diesen gewaltigen Stoß gespürt. Das war schon fast gespenstisch.
Aber jetzt musste er alle Anstrengung darauf verwenden, aus dem Fluss zu kommen. Und es zeigte sich sehr bald, dass das alles andere als einfach war. Die Strömung zog ihn immer weiter zur Flussmitte hin. Und seine nasse und schwere Kleidung zog ihn nach unten.
Einen Moment dachte Peter daran, um Hilfe zu rufen. Aber wer sollte ihn hier draußen hören? Nein, er musste das allein schaffen. Irgendwie. Sonst …
Dann sah er die Brücke. Das musste die Lookout Bridge sein, wurde Peter bewusst. Wenn er den Pfeiler in der Flussmitte erwischte und sich daran festhalten konnte, war es vielleicht möglich, von dort auf die Verstrebungen zu klettern und dann hoch zur Fahrbahn. Aber dazu musste er ein gutes Stück nach rechts schwimmen, denn im Augenblick drohte er genau zwischen zwei Pfeilern durchgespült zu werden. Und danach kam das Stauwehr. Rechts schwimmen. Oder auf den linken Pfeiler zuhalten, das ging auch. Rechts oder links. Rechts. Links.
Rechts? Weiter mit Spur 4.
Links? weiter mit Spur 100.
Spur 9
Die beiden Scheinwerfer fingen eine furchterregende Gestalt ein. Ein Mann in verrotteten Kleidern, blass, totengleich. Er hielt ein langes Messer in der rechten Hand. Ripper Skipper! Etwas irritierend war nur die große Gießkanne in seiner anderen Hand, aus der immer noch eine rote Flüssigkeit tropfte.
»Peter!«, rief Justus. »Häng den Laufsteg aus!«
»Ripper Skipper! Das ist Ripper Skipper«, schrie June Scott. Am Set war der Teufel los. Alle starrten nach oben, stammelten, schrien, brachten sich in Sicherheit.
Ripper Skipper ließ die Gießkanne fallen und riss die Hand vors Gesicht. Benommen wankte er nach hinten.
Der Zweite Detektiv verlor keine Zeit. Er sprang von seiner Kulisse auf einen Balken, balancierte ein Stück, griff sich ein Seil und schwang zu einem anderen Balken. Dort war der eiserne Laufsteg befestigt, auf dem Ripper Skipper stand.
»Beeil dich, Zweiter!«, rief Bob.
»Ja doch!«
Aber Ripper Skipper fing sich schnell und merkte, was Peter vorhatte. Hektisch suchte er nach einer Fluchtmöglichkeit. Er warf sein Messer fort, lief zu einer Seilrolle und griff nach dem Seil. Kurz bevor Peter den Laufsteg aus seiner Halterung löste, schwang sich Ripper Skipper in die Luft.
»Er haut ab!« McGregor deutete hektisch nach oben.
Doch in diesem Moment riss das Seil. Mit einem grässlichen Aufschrei stürzte Ripper Skipper in die Tiefe, genau auf Gus zu, der wie gelähmt hinaufstarrte. Direkt neben ihm krachte Ripper Skipper auf ein altes Sofa, das dort zum Ausruhen stand.
Gus riss die Augen auf und taumelte. »Dad?«
Weiter mit Spur 3.
Spur 10
Das Gerüst ähnelte denen, die Peter schon auf Baustellen gesehen hatte: runde Stahlrohre, die senkrecht, waagrecht und diagonal über riesige Muffen und Koppler miteinander verbunden waren. Der Unterschied war nur: Auf Baustellengerüsten gab es jede Menge Leitern, Planken, Böden und Geländer. Hier gab es offenbar nichts davon. Der Zweite Detektiv war schon mehr als drei Meter über dem Boden, als er endlich eine Plattform erreichte.
»Bob?«, rief er laut. »Bei dir alles klar?«
»War schon klarer«, kam es angestrengt zurück.
»Wie klettert es sich bei dir?«
»Geht so.«
»Bei mir ist es echt übel. Die haben fast alle Zwischenböden wieder mitgenommen.«
»Bei mir sind ein paar.«
»Kannst du Philipp sehen?«
»Nein, keine Chance.«
»Just?« Peter wartete einen Moment, aber er erhielt keine Antwort. »Just?«
»Der ist mit Jeremy weg«, rief McGregor. »Wo seid ihr?«
»Hinter der Kulisse«, antwortete Peter. »Wir klettern rauf.«
»Seid ihr wahnsinnig?« Das war June Scott.
»Philipp ist da oben. Jack hat ihn in seiner Gewalt«, rief Bob.
»Jack? Spooky Jack Reckley?«, kreischte June hysterisch.
»Wir brauchen endlich einen Strahler! Ich seh nichts!« Peter wusste nicht, wie er weiterklettern sollte. Weit und breit war weder eine Leiter noch ein Boden zu sehen. Und die Rohre waren glitschig vom nächtlichen Dunst, der langsam aufzog. Von dort, wo er jetzt stand, konnte er auf einer Stange quer gehen oder sich an einer anderen nach oben ziehen.
Soll Peter quer gehen? Weiter mit Spur 45.
Oder soll er sich nach oben ziehen? Weiter mit Spur 97.
Spur 11
Kurz darauf traf die Polizei auf dem Gelände ein. Cotta ließ sich alle wichtigen Informationen geben und leitete mit professioneller Umsicht die notwendigen Maßnahmen ein. Nach einiger Zeit kam er auf die drei Jungen zu. Er machte einen sehr besorgten Eindruck. »Jetzt kann ich nachvollziehen, warum ihr so am Boden zerstört seid.«
Die drei ??? nickten bekümmert.
Kurz darauf kam ein Polizist in den Schneideraum, den Cotta kurzerhand zur Ermittlungszentrale umfunktioniert hatte, und flüsterte Cotta etwas zu. Der Inspektor nickte und der Polizist verschwand wieder.
»Sie haben ihn nicht gefunden, oder?«, fragte Justus hoffnungslos.
»Nein, bis jetzt nicht.« Cotta stand auf. »Fällt euch sonst noch irgendetwas ein?«
Die drei Detektive schüttelten die Köpfe.
»In Ordnung. Dann werden wir jetzt die Crewmitglieder vernehmen und die Suche morgen früh fortsetzen, wenn wir mehr sehen.«
»Ich hätte da noch einen Vorschlag«, sagte Justus.
»Nämlich?« Cotta wartete.
»Nun, Jack hat ja jetzt erreicht, was er wollte. Dass die Dreharbeiten gestoppt werden und die Crew abzieht. Wenn es ihm nur darum ging, den Film zu sabotieren, für Publicity zu sorgen, sich zu rächen et cetera, ist der Spuk zu Ende und wir sehen Spooky Jack Reckley nie mehr wieder. Wenn nicht, muss er noch einmal zurückkommen.«
»Du meinst, wenn es um die Beute von Jack und Slicky Joe geht, die ihr irgendwo auf dem Filmgelände vermutet?«
»Richtig. Und dass es eher darum gehen könnte, leite ich aus dem Umstand ab, dass sich unser Unbekannter als Spooky Jack Reckley ausgibt.«
»Sagt dieser Jeremy Spencer«, gab Cotta zu bedenken. »Jemand anderes hat ihn ja noch nicht zu Gesicht bekommen.«
»Doch, June«, sagte Bob.
Cotta lächelte müde. »Ach ja, June Scott. Will die nicht auch ein Flussungeheuer mit zwei Köpfen gesehen haben, nachdem Philipp Spencer in den Fluten verschwunden war?«
»Schon«, gab Bob leise zu.
»Aber für Jeremy lege ich meine Hand ins Feuer«, sagte Peter.
»Wie dem auch sei«, fuhr Justus fort. »Wenn es also um die Beute geht – da hat der Unbekannte nur noch bis übermorgen Zeit, weil dann die Abbrucharbeiten beginnen.«
»Worauf willst du hinaus?«, fragte Cotta, der jedoch schon ahnte, was Justus vorhatte.
»Na ja, solange die Polizei hier herumschwirrt, kann er nicht zurück. Wenn Sie und Ihre Leute aber abzögen, bevor die Bagger kommen, sähe das anders aus.«
Bob hob den Kopf. »Genau!«
»Du meinst«, Cotta kniff die Augen zusammen, »wir räumen das Feld und ihr legt euch auf die Lauer und schnappt diesen Kerl, wenn er sich die Beute holt?«
»Nein!«, protestierte Peter.
»Tolle Idee!«, fand Bob.
»Kommt nicht infrage!«, bestimmte Cotta. »Das ist Polizeiarbeit und viel zu gefährlich für euch.«
»Inspektor!«, protestierte Justus. »Wir haben Ihnen alle Fakten auf dem Silbertablett serviert und sollen jetzt nach Hause fahren? Das können Sie nicht tun! Bitte!«
Cotta zögerte. Und zögerte. »Na gut«, knurrte er endlich. »Aber ich will, dass ihr unsichtbar seid, klar?«
Na dann, zieht euch warm an! Weiter mit Spur 22.
Spur 12
Garry Hanson ließ sich enorm viel Zeit in dem Laden. Justus nutzte die Gelegenheit und ging zu einer Telefonzelle, die auf der anderen Straßenseite stand. Dabei ließ er aber den Juwelier nicht aus den Augen. Er wählte die Nummer des Apparats direkt am Set und ließ sich Bob geben.
Nach einer Weile war Bob dran. »Just, was gibt’s?«