Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Was, wenn der Urknall weniger eine unumstößliche Wahrheit als vielmehr eine gedankliche ›Erfindung‹ ist? Eine Theorie, die zwar wissenschaftlich fundiert wirkt, aber ebenso den tiefen Wunsch des Menschen nach einem Anfang, einem Ursprung bedient? Die Erfindung des Urknalls nimmt Sie mit auf eine Reise durch die Geschichte und Entwicklung der modernen Kosmologie, stellt kritische Fragen und enthüllt die möglichen Grenzen der sogenannten ›absoluten‹ Wahrheiten. Dieses Buch beleuchtet nicht nur die Entstehung und Bedeutung der Urknall-Theorie, sondern auch die kulturellen und philosophischen Hintergründe, die unseren Drang, das Universum als eine Geschichte mit einem klaren Beginn und Ende zu begreifen, untermauern. Von den ersten kosmischen Spekulationen der Antike bis hin zur heutigen Hightech-Forschung am CERN – der Leser wird durch die faszinierenden Konzepte und Theorien geführt, die unsere Sicht auf das Universum geprägt haben. Mit kritischem Blick und philosophischer Tiefe hinterfragt Die Erfindung des Urknalls die Grenzen menschlicher Erkenntnis und lädt ein, das Unbekannte zu schätzen. Ein Buch für all jene, die sich fragen, ob der Urknall mehr eine Geschichte über uns Menschen erzählt als über das Universum selbst.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 160
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Eine Betrachtung
von
Lutz Spilker
DIE ERFINDUNG DES URKNALLS – THEORIE, BIG-BANG UND UR-ATOM
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Softcover ISBN: 978-3-384-41075-7
Ebook ISBN: 978-3-384-41076-4
© 2024 by Lutz Spilker
https://www.webbstar.de
Druck und Distribution im Auftrag des Autors:
tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany
Die im Buch verwendeten Grafiken entsprechen denNutzungsbestimmungen der Creative-Commons-Lizenzen (CC).
Sämtliche Orte, Namen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind daher rein zufällig, jedoch keinesfalls beabsichtigt.
Das Werk einschließlich aller Inhalte ist urheberrechtlich geschützt. Nachdruck oder Reproduktion (auch auszugsweise) in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie oder anderes Verfahren) sowie die Einspeicherung, Verarbeitung, Vervielfältigung und Verbreitung mit Hilfe elektronischer Systeme jeglicher Art, gesamt oder auszugsweise, sind ohne ausdrückliche schriftliche
Genehmigung des Autors oder des Verlages untersagt. Alle Rechte vorbehalten.
Inhalt
Inhalt
Vorwort
Der Ursprung des Fragenstellens – Vom Mythos zur Wissenschaft
Die ältesten Mythen und Schöpfungsgeschichten
Von der Welt als göttlichem Kosmos zur wissenschaftlichen Frage
Die Wurzeln der kosmischen Faszination
Einleitung zur wissenschaftlichen Reise
Die erste Wissenschaft und das Weltbild der Antike
Die frühen Philosophen und der Ursprung des Kosmos
Die Sphärenmodelle und das endliche Universum
Das Erbe des antiken Weltbilds
Der Wandel zur modernen Wissenschaft
Die mittelalterliche Kosmologie und die Rolle des Klerus
Der Kosmos als Ausdruck des göttlichen Plans
Die Rolle der Kirche als Hüterin des Wissens
Das Universum als moralisches und spirituelles Modell
Die Grenzen des kosmologischen Denkens im Mittelalter
Die kosmologische Ordnung und die Vorbereitung auf die Renaissance
Die kopernikanische Wende – Ein Universum ohne Zentrum
Der geozentrische Kosmos vor Kopernikus
Die kopernikanische Idee eines heliozentrischen Universums
Die Reaktionen der Kirche und die Bedrohung des Glaubenssystems
Die symbolische Bedeutung eines zentrumsfreien Universums
Die Nachwirkungen der kopernikanischen Wende
Galileo und Kepler – Die neuen Werkzeuge der Beobachtung
Galileo Galilei – Der Blick durch das Teleskop
Johannes Kepler – Das mathematische Universum in Bewegung
Das Universum in Bewegung – Ein neues kosmologisches Modell entsteht
Das Erbe von Galileo und Kepler
Newton und die Entdeckung der Gravitationsgesetze
Die Entstehung der Gravitationsgesetze
Ein unendliches und sich selbst regulierendes Universum
Die Gravitation als universelle Kraft und die Vision des Weltalls
Das Vermächtnis von Newtons Gravitationsgesetzen
Erste Ansätze, die das statische Weltbild in Frage stellten
Die ersten Zweifel am ewigen Universum – Die dunklen Flecken des Lichts
Das Olberssche Paradoxon – Ein Himmel voller Sterne und die Frage der Dunkelheit
Die Natur des Lichts und die Vorstellung eines endlichen Universums
Absorption und Abschwächung des Lichts als kosmische Grenzen
Das statische Weltbild gerät ins Wanken
Die Bedeutung der Zweifel für das moderne Weltbild
Einstein und die Relativitätstheorie – Raum und Zeit neu definiert
Einsteins SRT
Die allgemeine Relativitätstheorie – Die Krümmung von Raum und Zeit
Die Konsequenzen für das Verständnis des Universums
Raum und Zeit als vierdimensionale Struktur
Das Vermächtnis der Relativitätstheorie
Lemaître und die Idee eines expandierenden Universums
Vom statischen zum dynamischen Universum
Lemaîtres frühe Vision eines kosmischen Anfangs
Die wissenschaftliche Anerkennung und die Bedeutung der Hubble-Konstante
Ein visionärer Gedanke in der Geschichte der Kosmologie
Der Wegbereiter des kosmischen Anfangs
Hubbles Entdeckung der Expansion des Universums
Der Stand der Kosmologie vor Hubble
Die Grundlagen der Rotverschiebung
Die Beobachtung der Galaxienflucht
Von der Beobachtung zur Theorie
Hubbles Rolle im Kontext der Urknall-Debatte
Die Expansion als Modell und ihre Grenzen
Die Etablierung der Urknall-Theorie – Die kosmische Hintergrundstrahlung
Eine Entdeckung durch Zufall – Die Radioantenne in New Jersey
Die Hintergrundstrahlung – Ein Relikt des frühen Universums
Die wissenschaftliche Bedeutung der kosmischen Hintergrundstrahlung
Ein Echo der Anfänge – Die Hintergrundstrahlung als Fenster in die Vergangenheit
Widersprüche und alternative Modelle – Das Steady-State-Universum
Ein Kosmos ohne Ursprung – Die Grundannahmen des Steady-State-Modells
Die philosophische und wissenschaftliche Grundlage des Steady-State-Modells
Die Konfrontation mit der Urknall-Theorie
Die kosmische Hintergrundstrahlung – Der Niedergang der Steady-State-Theorie
Die philosophischen und wissenschaftlichen Spuren der Steady-State-Theorie
Das Steady-State-Universum als ›kosmisches Gegenmodell‹
Der Begriff der Singularität – Ein wissenschaftliches Dilemma
Ein Paradoxon am Beginn der Zeit
Mathematische Unendlichkeiten und die Krise der Physik
Existiert die Singularität wirklich?
Von der Schleifenquantengravitation bis zur Stringtheorie
Ein ungelöstes Mysterium am Anfang des Universums
Die Vorstellung des ›Nichts‹ – Philosophie und Physik im Konflikt
Die Schwierigkeit, das ›Nichts‹ zu denken
Der Konflikt zwischen Philosophie und Physik
Die Urknalltheorie und die Notwendigkeit des ›Nichts‹
Der Mensch und die Angst vor dem Nichts
Ein ungelöstes Rätsel und die Grenzen des Denkens
Das Higgs-Boson und die Suche nach dem Ursprung der Masse
Das Higgs-Feld und das Higgs-Boson
Ein abgeschlossenes Kapitel?
Masse und das Problem der Gravitation
Ein weiterer Baustein oder die Spitze des Eisbergs?
Die philosophischen Fragen hinter dem Higgs-Boson
Das Higgs-Boson als Schritt in einem unendlichen Prozess
Der Large Hadron Collider (LHC) und seine Grenzen
Eine technische Meisterleistung und die Erwartungen an das Experiment
Der Nachweis des Higgs-Bosons und die Ernüchterung danach
Dunkle Materie, zusätzliche Dimensionen und das Scheitern einer ›Theorie von allem‹
Bestätigung oder Sackgasse?
Neue Fragen und Perspektiven
Der LHC – ein Triumph mit Grenzen
Kosmische Inflation und die Erweiterung der Urknall-Theorie
Die Grenzen der klassischen Urknall-Theorie
Die Entstehung der Inflationstheorie
Die Inflation und die Struktur des Universums
Neue Fragen und das Rätsel des ›inflationären Antriebs‹
Der inflationäre Kosmos und die Vorstellung des Multiversums
Eine Theorie im Spannungsfeld von Wissenschaft und Philosophie
Ein kosmischer Ansatz voller Versprechen und Rätsel
Das Multiversum und alternative Ursprungsmodelle
Die Entstehung der Multiversum-Theorien
Viele Universen durch kosmische Inflation
Die Viele-Welten-Interpretation der Quantenmechanik
Ein Multiversum der Möglichkeiten
Multiversum-Theorien und die Frage nach der Realität
Das Multiversum als Hypothese an der Grenze des Erklärbaren
Moderne Kritiken am Urknall – Stimmen der Wissenschaft
Das Problem der ›Singularität‹ und die Frage nach dem Anfang
Unbekannte Hauptakteure
Das Plasmakosmos-Modell und zirkuläre Universen
Das Problem der kosmischen Inflation
Das Multiversum und das anthropische Prinzip
Die Urknall-Theorie als notwendiges, aber unvollständiges Modell
Die Philosophie der kosmologischen Modelle – Konstrukte des Verstehens
Kosmologische Theorien als Karten des Universums
Die Grenzen wissenschaftlicher Modelle und die Illusion der Vollständigkeit
Kosmologische Modelle als kulturelle Konstrukte
Die Rolle des Beobachters und das anthropische Prinzip
Kosmologische Modelle und die Frage nach der Wahrheit
Kosmologische Theorien als philosophische Spiegel
Der Urknall als moderner Mythos – Eine Rückkehr zu den Ursprüngen
Die kosmische Erzählung als moderne Genesis
Die Grenze der Vorstellungskraft und der Mythos des Anfangs
Die Wissenschaft und der Glaube an eine Ordnung hinter dem Chaos
Der Urknall als mythologisches Konstrukt der Moderne
Der Mythos des Anfangs als Spiegel des Menschseins
Der Urknall als wissenschaftliches und mythologisches Narrativ
Das Unbekannte akzeptieren – Ratlosigkeit als Erkenntnisweg
Die Ratlosigkeit als Einladung zur Einsicht
Das Unbekannte als natürliche Dimension des Universums
Die Kraft des Nicht-Wissens und der Wert der Fragen
Wissenschaft als ein ewiges Werden
Das Staunen als Quelle der Erkenntnis
Das Unbekannte als Element der menschlichen Erfahrung
Über den Autor
In dieser Reihe sind bisher erschienen
Du bist der Urknall,
die ursprüngliche Kraft des Universums,
so wie du in Erscheinung trittst.
Alan Watts
Alan Watts (* 6. Januar 1915 in Chislehurst, Kent, England als Alan Wilson Watts;
† 16. November 1973 am Mount Tamalpais, Kalifornien, USA) war ein britischer
Religionsphilosoph, der einen entscheidenden Beitrag zur Popularisierung östlicher
Philosophie und Spiritualität in der westlichen Welt in der zweiten Hälfte des 20.
Jahrhunderts leistete. Er wirkte zu Lebzeiten vorwiegend in den Vereinigten Staaten, wo er zunächst als Priester der Episkopalkirche, später als Dozent und freier Schriftsteller tätig war.
Vorwort
Es gibt Geschichten, die uns Menschen seit jeher fesseln – nicht nur, weil sie gut erzählt sind, sondern weil sie tief in uns eine uralte Sehnsucht wecken: die Sehnsucht nach Antworten auf die großen Fragen des Seins. Wann hat alles begonnen? Woher kommt das Universum, in dem wir leben? Und ist es nicht seltsam, dass wir als Menschen überhaupt den Drang verspüren, über solch fundamentale Fragen nachzudenken?
Der Mensch hat seit den Anfängen seines Bewusstseins stets versucht, sich selbst im großen Ganzen zu verorten. Unsere Geschichte ist gezeichnet von einem beständigen Ringen mit dem Unbekannten und vom Streben, das Unerklärliche zu benennen und zu verstehen. Dieses Bedürfnis nach einem ›Anfang‹ reicht bis tief in die menschliche Kulturgeschichte zurück. Religiöse Überlieferungen gaben erste Antworten – Schöpfungsmythen, die das Universum als Werk einer höheren Macht beschrieben und den Menschen als Teil eines göttlich gewollten Plans einordneten. Diese Mythen gaben den Menschen Orientierung, boten Halt und verliehen dem Dasein eine tiefere Bedeutung.
Doch mit dem Aufkommen der modernen Wissenschaft hat sich das Bild gewandelt. Die Frage nach dem Ursprung des Universums, nach Anfang und Ende, wurde zunehmend ins Licht der naturwissenschaftlichen Forschung gerückt. Heute präsentiert uns die Wissenschaft eine Geschichte, die nicht minder monumental ist als die religiösen Schöpfungsmythen: die Geschichte des Urknalls. Diese Theorie, wonach das Universum aus einem winzigen Punkt ohne Raum und ohne Zeit entstand und sich seither ausdehnt, ist zur Grundlage unseres modernen Verständnisses des Kosmos geworden. Doch wie zuverlässig ist diese Erzählung wirklich? Und könnte es sein, dass sie uns mehr über die Begrenztheit unseres Denkens als über das Universum selbst verrät?
Hier, in diesem Buch, wird die Urknall-Theorie einer genauen Prüfung unterzogen – nicht mit dem Ziel, sie endgültig zu widerlegen, sondern um ihre Annahmen, Voraussetzungen und Widersprüche offenzulegen. Der Titel ›Die Erfindung des Urknalls‹ deutet dabei an, dass das Konzept des Urknalls möglicherweise weniger als unumstößliche Wahrheit und mehr als gedankliche ›Erfindung‹ betrachtet werden könnte. Eine Idee, die dem Menschen das Universum in einem verständlichen Rahmen erklärt, der sein Bedürfnis nach Ordnung und Ursprung stillt. Vielleicht erinnert diese Theorie mehr an eine Art ›wissenschaftliche Metapher‹ als an eine absolute Wahrheit.
›Die Erfindung des Urknalls‹ lässt sich in vielerlei Hinsicht als Versuch deuten, Antworten auf die Ungewissheit unseres Daseins zu geben, Antworten auf die Fragen, die das Kind in uns nie aufhören kann zu stellen: Warum gibt es überhaupt etwas und nicht einfach nichts? und Wie hat alles begonnen? In der klassischen Kosmologie, wie sie uns heute gelehrt wird, endet der Rückweg in die Vergangenheit an einer mathematischen Singularität, die der Urknall repräsentieren soll. Doch dieser ›Anfang‹, so vielversprechend er auch klingt, entzieht sich letztlich jeder wirklichen Vorstellungskraft. In der Singularität herrscht das ›Nichts‹ – ein Zustand, der weder Raum noch Zeit kennt, ein Punkt jenseits unseres Denkens und Fühlens.
Doch was bedeutet dieses ›Nichts‹ eigentlich? Ist es wirklich ein leerer Raum, eine pure Abwesenheit? Oder könnte es ein Platzhalter sein, ein gedankliches Konstrukt, das die Wissenschaft einsetzt, um den menschlichen Verstand zu beruhigen? Denn wenn wir ehrlich sind, bleibt der Urknall ein Rätsel, das selbst die klügsten Köpfe der Wissenschaft nur mit Vermutungen umgeben können. Begriffe wie ›Zufall‹, ›Schöpfung‹ und Entstehung‹ bieten zwar oberflächliche Antworten, doch bei genauem Hinsehen sind sie oft nur Versuche, die Ratlosigkeit zu übertünchen.
Dieses Buch begibt sich auf die Spuren dieses Rätsels. Es untersucht die Urknall-Theorie nicht als gesicherte Erkenntnis, sondern als Modell, das über Jahrhunderte gewachsen ist und die Denkgewohnheiten unserer Zeit widerspiegelt. Die wissenschaftliche Neugier hat uns immer wieder an die Grenze des Erklärbaren geführt – und oft hat sich die Wissenschaft in Konstrukte geflüchtet, die das Unverstehbare für den Moment fassbar machen sollen. Vielleicht erinnert der Urknall in diesem Sinne mehr an eine ›Puppe‹, die der Mensch seit Jahrzehnten mit Hingabe pflegt. Eine Theorie, die uns das Gefühl gibt, das Unbegreifliche in gewissem Maße kontrollieren zu können.
Der Drang, das Universum von einem festen Anfang und einem strukturierten Ablauf her zu verstehen, ist tief in unserer Natur verankert. Doch dieser Drang hat uns möglicherweise auch daran gehindert, andere, offene Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Der ›Urknall‹ könnte eine moderne Version des Schöpfungsmythos sein, ein Konstrukt, das unserer Faszination für Anfang und Ende Rechnung trägt, ohne wirklich den Kosmos in seiner Tiefe zu erfassen.
Das Ziel dieses Buches ist es, die Urknall-Theorie nicht mit einem endgültigen Urteil abzutun, sondern ihre Rolle als ›wissenschaftliches Modell‹ in Frage zu stellen und ihre Schwachstellen aufzuzeigen. Vielleicht bleibt das Universum am Ende ebenso unergründlich wie zu Beginn. Vielleicht erkennen wir, dass die Suche nach einem absoluten Anfang nur die Grenzen unseres eigenen Denkens widerspiegelt, dass der ›Urknall‹ weniger eine Entdeckung als eine gedankliche Erfindung ist.
Ich lade Sie dazu ein, diese Reise mit einem offenen Geist anzutreten, ohne den Anspruch, eine endgültige Antwort zu finden. Denn die Fragen, die uns seit Anbeginn beschäftigen, sind nicht darauf angelegt, restlos gelöst zu werden. Sie sind vielmehr ein Anreiz, das Unbekannte zu akzeptieren und das Mysterium des Kosmos in seiner Unendlichkeit zu schätzen. So soll ›Die Erfindung des Urknalls‹ nicht nur eine kritische Auseinandersetzung mit der modernen Kosmologie sein, sondern auch eine Einladung, das Wunder des Universums in seiner offenen, rätselhaften Tiefe zu würdigen.
Der Ursprung des Fragenstellens – Vom Mythos zur Wissenschaft
Einführung in die menschliche Faszination für die Entstehung des Universums. Ein Blick auf die ältesten Mythen und Schöpfungsgeschichten, die den ›Anfang‹ der Welt erklären wollten
Die Geschichte der Menschheit ist geprägt von einer einzigartigen Fähigkeit: dem Fragenstellen. Diese Fähigkeit ist es, die uns immer wieder antreibt, Antworten auf die tiefsten Rätsel der Existenz zu suchen. Es liegt in der Natur des Menschen, das Unbekannte nicht einfach hinzunehmen, sondern es zu ergründen und ihm eine Form zu verleihen, die das Verstehen möglich macht. Kaum eine Frage hat dabei eine größere Faszination ausgeübt als jene nach dem Ursprung der Welt. Die Suche nach einer Antwort auf die Frage ›Woher kommen wir?‹ scheint fest in unserer Existenz verankert zu sein, eine Frage, die sowohl Ehrfurcht als auch Drang zum Verstehen in uns wachruft.
Bereits in den frühesten Kulturen finden sich Überlieferungen, die den Ursprung des Universums zu erklären versuchten. Diese Schöpfungsmythen halfen den Menschen, sich in einer unüberschaubaren Welt zurechtzufinden. Die Mythen boten Antworten, die ebenso eindrucksvoll wie tröstlich waren. Sie schufen Ordnung in einer oft chaotisch und bedrohlich wirkenden Realität, gaben der Welt eine Struktur und erklärten das ›Unbegreifliche‹ in Bildern und Geschichten, die das menschliche Verständnis erreichen konnten. Doch während sich das Bild vom Universum über Jahrtausende entwickelte, blieb die Frage nach dem Anfang stets eine Konstante – eine Suche, die schließlich von der Philosophie in die Wissenschaft überging und uns schließlich zu modernen Konzepten wie dem Urknall führte.
Die ältesten Mythen und Schöpfungsgeschichten
Um die menschliche Faszination für den Ursprung des Universums wirklich zu verstehen, lohnt es sich, einen Blick zurück zu den ältesten Überlieferungen zu werfen. In diesen Schöpfungsgeschichten, die seit Jahrtausenden von Generation zu Generation weitergegeben werden, spiegelt sich das Streben wider, das Unbekannte zu ergründen. Sie sind die ersten Versuche, das ›Wie‹ und ›Warum‹ des Seins zu erklären, und gleichzeitig Ausdruck der tiefen Verbundenheit des Menschen mit der Welt, die ihn umgibt.
In den antiken Kulturen Mesopotamiens, Ägyptens und Indiens finden sich frühe Beispiele für kosmische Erzählungen, die das Universum als eine Art lebendiges Wesen darstellten. In Mesopotamien etwa war es das ›Enuma Elisch‹, das die Geschichte von der Entstehung der Welt durch die Vermischung von Urgewässern erzählt. Die Göttin Tiamat, Verkörperung des Urchaos, wird in einem mythischen Kampf besiegt, und aus ihrem geteilten Körper entstehen Himmel und Erde. Dieser Mythos zeigt, wie die Menschen das Universum durch dramatische, fast theatralische Bilder zu begreifen suchten. Die Welt war für sie kein leeres, kaltes Vakuum, sondern ein Ort der Schöpfung und des Kampfes, eine Bühne, auf der mächtige Kräfte miteinander rangen.
Auch in der altägyptischen Kosmologie spiegelt sich eine ähnliche Vorstellung wider. Dort glaubte man, dass das Universum aus einem Ur-Ozean entstanden sei, einem stillen, undurchdringlichen Wasser, das nur Dunkelheit und Ruhe kannte. Der Schöpfergott Atum erhob sich aus diesem Wasser und erschuf durch seine Gedanken und Worte die ersten Götter, die wiederum Himmel und Erde formten. Die ägyptische Schöpfungsgeschichte betont die Kraft des Gedankens, des Wortes und des Willens, und stellt das Universum als geordnetes Ganzes dar, das aus dem Chaos hervorging – eine Harmonie, die stets im Gleichgewicht gehalten werden musste.
Im antiken Indien finden sich ebenfalls beeindruckende Schöpfungsmythen. Das ›Rigveda‹, eine der ältesten religiösen Schriften der Menschheit, beschreibt die Schöpfung in einer Weise, die das Geheimnisvolle und Unerklärliche des Anfangs besonders betont. Der Schöpfungshymnus, das ›Nasadiya Sukta‹, fragt sich selbst, wie alles begann, ob es überhaupt einen Anfang gab und wer oder was diesen Anfang gesetzt haben könnte. In poetischer Weise wird hier ein Gedankenspiel formuliert, das schon den Skeptizismus und die Tiefe aufzeigt, die Jahrtausende später in der wissenschaftlichen Philosophie wieder auftauchen würden. Der Hymnus schließt mit der Frage, ob sogar die Götter selbst nicht wissen könnten, wie das Universum entstand. Dieses Erstaunen über die Unfassbarkeit des Anfangs ist ein frühes Zeugnis dafür, dass der menschliche Verstand schon immer die Möglichkeit in Betracht zog, dass die Ursprünge der Welt vielleicht für immer ein Geheimnis bleiben könnten.
Von der Welt als göttlichem Kosmos zur wissenschaftlichen Frage
Mit der Zeit wandelte sich das Bedürfnis nach Erklärungen, und der Mensch begann, sich von göttlichen Deutungen der Welt abzuwenden. Die griechischen Philosophen, insbesondere mit Denkern wie Thales und Anaximander, waren die ersten, die sich systematisch um natürliche Erklärungen für die Weltentstehung bemühten. Hier vollzieht sich ein bedeutender Wandel: Die Welt wurde nicht mehr als Werk der Götter gesehen, sondern als ein natürliches Phänomen, das bestimmten Prinzipien und Regeln folgt. Die Frage ›Woher kommen wir?‹ wurde zur Grundlage philosophischer Spekulationen, die die göttliche Dimension oft völlig ausblendeten.
Anaximander, etwa, stellte die Theorie auf, dass alles aus einem unbestimmten Urstoff, dem ›Apeiron‹, entstanden sei. Diese erste abstrakte Vorstellung von einem Ursprung ohne Götter war bahnbrechend, denn sie warf die Frage auf, ob die Welt möglicherweise auf mechanischen oder natürlichen Prinzipien beruht und nicht auf übernatürlichen Mächten. Der Gedanke, dass die Welt ›an sich‹ existieren und begreifbar sein könnte, markierte den Beginn eines neuen Denkens – eines Denkens, das schließlich den Weg zur modernen Wissenschaft ebnete.
Doch so sehr sich die Wissenschaft auch von den alten Mythen entfernte, die Grundfrage blieb dieselbe: ›Was ist der Ursprung der Welt?‹ Diese Frage ist der Dreh- und Angelpunkt menschlicher Existenz, sie ist es, die uns in die Tiefen des Universums blicken lässt und uns herausfordert, das Unerreichbare zu berühren.
Die Wurzeln der kosmischen Faszination