Die Europa Rakete - Bernd Leitenberger - E-Book

Die Europa Rakete E-Book

Bernd Leitenberger

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Beschreibung

Die „Europa Rakete“ war der erste Versuch der ELDO, selbst eine Großrakete zu entwickeln. Schon bald verschoben sich die politischen Interessen von England, Frankreich und Deutschland. Während England aus dem Projekt aussteigen wollte, sah Frankreich in dem Träger nur ein Testmuster. Europa sollte gleich die größere und leistungsfähigere Europa III entwickeln. Deutschland wollte erst die Europa I+II abgeschlossen sehen, bevor neue Träger angegangen werden. Anfang der siebziger Jahre wurde das Projekt nach vier Fehlstarts in Folge eingestellt und Frankreich und Deutschland beschlossen gemeinsam, die Ariane zu entwickeln. Dieses Buch erinnert an das heute weitergehend vergessene Projekt und enthält sowohl eine komplette technische Beschreibung der Europa I, II und III wie auch der von der ELDO durchgeführten Studien für weitere Modelle. Der Band beinhaltet die komplette Geschichte des Trägers, sowohl die politischen Auseinandersetzungen wie auch die Ergebnisse der Tests und Ursachen der Fehlstarts der Europa-Rakete. Das Buch ist gedacht für alle, die nur an der Europa Rakete interessiert sind. Das Buch enthält die Kapitel über die Europa-Rakete aus dem Buch „Europäische Trägerraketen Band 1“. Dieses beinhaltet auch noch die anderen nationalen und europäischen Träger, bis einschließlich der Ariane 4. Die zweite Auflage ist ein weitgehend unveränderter Nachdruck der ersten Auflage. Lediglich das Kapitel über die ELDO-Modellstudien wurde erweitert.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Die Aufholjagd bei den Technologien

Treibstoffförderung

Erdumlaufbahnen

ELDO / Europa

Die Entwicklung der Europa im historischen Kontext

Die Testflüge

Warum scheiterte die Europa?

Aufbau der Europa-I

Die Blue Streak

Die Coralie

Die Astris

Bordcomputer, Satellit und Bahnverfolgung

Das Startgelände in Woomera

Startprofil

Europa-II

P0.7 Stufe

Lenksystem

Änderungen an den ersten drei Stufen

Optimierungen

F11

Das Ende der ELDO

Ein Irrweg oder Lektionen, die gelernt werden mussten?

Europa-III

ELDO Projektstudien

Die ELDO B1 und B2

Die Europa-II TA

Die ELDO-C / Europa-IV

Europa Starts

Quellen/Referenzen

Das CSG

Europa-II

Abkürzungsverzeichnis

Vorwort

Dieser Band ist eine Auskopplung des Buches „Europäische Trägerraketen Band 1“, der die Raketenentwicklung von der Diamant bis zur Ariane 4 behandelt. Er bietet dem Leser, der nur an der Europarakete interessiert ist, eine preiswerte Alternative zu diesem Buch.

Die Auflage 2 ist gegenüber der Auflage 1 weitgehend unverändert. Ich habe einige Daten zu den nicht durchführten ELDO-Projekten aktualisiert. Sofern möglich hebe ich für die ELDO-Projekte dieselben Typenblätter mit einem Steckbrief der Daten verfasst, wie bei der Europa I und II. Daneben wurde die Rechtschreibung überprüft. Neu ist auch ein Abkürzungsverzeichnis am Ende des Buches, dafür wurde das einführende Kapitel über die Grundlagen der Antriebe gekürzt.

Wesentlicher Antrieb trotz der wenigen Änderungen trotzdem das Buch erneut zu veröffentlichen waren günstigere Druckkonditionen die eine deutliche Preissenkung zuließen und der inzwischen mögliche EBook Vertrieb, der bei der ersten Auflage 2010 noch nicht möglich war.

Und nun viel Spaß beim Lesen

Bernd Leitenberger

Die Aufholjagd bei den Technologien

Europa begann mit der Entwicklung der Raketentechnologie recht spät. Das hatte nachvollziehbare Gründe. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es dringendere Probleme. Die geografische Nähe zu den Ländern des Warschauer Pakts erforderte keine Raketen, um das Land des Gegners zu erreichen. Atombomben, welche der Antrieb für die Raketenentwicklung in den USA und der UdSSR waren, wurden auch erst später und in kleinerer Zahl als bei den beiden Supermächten entwickelt. Weiterhin hatten Russland und die USA fast alle Experten übernommen, die in Deutschland die A4 und andere Raketen entwickelt hatten. Europas Einstieg in die Trägertechnologie erfolgte daher recht spät und begann praktisch bei „Null“.

Am weitesten waren Anfang der sechziger Jahre die Engländer. Sie hatten die Blue Streak entwickelt – immerhin auf der technologischen Stufe der Thor oder Atlas, aber mit Triebwerken, die in Lizenz gefertigt wurden. Die USA halfen mit der Freigabe von Lizenzen, aber auch bei der Konstruktion. Sie waren daran interessiert auch in Europa Raketen auf die Sowjetunion gerichtet zu haben, um die Bedrohung zu verstärken. England verfügte mit der Black Knight zudem über einen Träger mit selbst entwickelten Triebwerken, wenn auch mit der ungewöhnlichen und nicht sehr leistungsfähigen Kombination Wasserstoffperoxid / Kerosin und einem nur geringen Schub.

Frankreichs Trägerrakete Diamant A hinkte in vielen Dingen hinterher. Die erste Stufe verwendete die veraltete Kombination von Salpetersäure und Terpentinöl. Statt eine Turbine mit Turbopumpe zu verwenden, wurde die gesamte Stufe unter Druckgas gesetzt, wodurch die Leermasse anstieg. Die zweite Stufe verwendete einen Feststoffantrieb mit hoher Leermasse, doch bei der dritten Stufe hatte Frankreich technologisch gleichgezogen. Ein leichtes Glasfasergewebe bildete die Brennkammer, und ihr spezifischer Impuls war hoch. Dasselbe galt auch für die dritte Stufe der britischen Black Arrow. Bei beiden Nationen waren militärische Gründe für die Entwicklung ausschlaggebend. England baute eine Atlas ohne Marschtriebwerk nach, beendete die Entwicklung aber vorzeitig. Frankreich plante schon damals eine eigene Raketentruppe, die natürlich eigene Raketen einsetzen sollten. Gemäß der militärischen Planung mussten diese nicht wie die Blue Streak Moskau erreichen, sondern nur Deutschland, konnten also kleiner ausfallen.

Die ebenfalls in den sechziger Jahren entwickelte Europa-Rakete der europäischen Raumfahrtorganisation ELDO war ein sehr teurer Träger. Zum einen, weil die Verteilung der Aufträge nach Proporz, anstatt nach fachlicher Kompetenz, zu deutlichen Mehrausgaben führte. Zum andern erforderte ein Träger in dieser Größenordnung generell hohe Aufwendungen für Entwicklung, Schaffung von Infrastruktur und Know-How. Von dem Programm zur Entwicklung der Europa-Rakete profitierte vor allem Deutschland, wo es seit dem Exodus der weltbesten Raketenspezialisten am Ende des Zweiten Weltkriegs keine Erfahrungen mit Trägerraketen mehr gab. Deutschland übernahm mit der Entwicklung der dritten Stufe im Entwicklungsprogramm den technologisch aufwendigsten Part. Die Astris genannte Stufe war in ihrer Auslegung mit modernen US-Oberstufen wie der Delta vergleichbar. Neue Technologien wurden dafür entwickelt, wie das Elektronenschweißen oder Explosionsverformen.

Europas Rückstand wurde in den Siebziger Jahren mit dem Ariane-Programm fast aufgeholt. Dieses Programm konnte auf den Vorinvestitionen für die Europa-Rakete aufbauen und wurde daher erheblich preisgünstiger. Die ersten beiden Stufen wurden bewusst einfach gefertigt, mit Triebwerken mittlerer Leistung und einer robusten und nicht besonders leichtgewichtigen Konstruktion. Der Grund dafür war die Minimierung der Entwicklungskosten. Auf der anderen Seite wurde in der dritten Stufe erstmalig außerhalb der USA Wasserstoff als Treibstoff genutzt. Die mit diesem Treibstoff betriebenen Oberstufenversionen der Ariane, H8/H10, entpuppten sich als zuverlässiger als die amerikanische Centaur-Oberstufe, waren aber erheblich preiswerter in der Herstellung.

Die Ariane-5 setzte ab den Neunziger Jahren neue Maßstäbe. Erstmals wurden in Europa sehr große Feststofftriebwerke gebaut. Sie waren leichter als die Booster der Titan-4 und zudem günstiger in der Produktion. Das in der Zentralstufe der Ariane-5 verwendete Vulcain ist das größte und leistungsfähigste Triebwerk, das Wasserstoff im Nebenstromverfahren verbrennt. Die Aestus-Oberstufe erreicht mit einer sehr leichten Konstruktion einen sehr hohen spezifischen Impuls für eine druckgeförderte Stufe. Mit dem Vinci-Triebwerk, das sich für den Einsatz in der Oberstufe ESC-B in der Entwicklung befindet, wird auch in Europa erstmals ein Triebwerk nach dem „Expander Cycle“ eingesetzt werden – mit dem höchsten spezifischen Impuls, den bisher ein chemisch betriebenes Triebwerk erreicht hat.

Die für den Einsatz ab 2012 eingesetzten kleinen Trägerrakete Vega schließlich nutzt leichte Kohlefaserverbundwerkstoffe für das Gehäusem. Auch hier setzt die P85FW Stufe einen Weltrekord. Es scheint, als hätte Europa inzwischen in nahezu allen Technologien die USA überholt. Die einzige Ausnahme ist die Nutzung des „Staged Combustion“ Prinzips, nach dem die Shuttle-Haupttriebwerke und auch zahlreiche russische Antriebe arbeiten. Zwar gibt es bisher kein Triebwerk dieser Technologie in einer europäischen Rakete, doch unbekannt ist das Verfahren bei uns nicht. Schon 1963 begann die deutsche Firma MBB diese Technologie zu erforschen und entwickelte den Versuchsantrieb P111 mit 60 kN Schub. Die Haupttriebwerke des Space Shuttles arbeiten nach den von MBB entwickelten Prinzipien, die vom Hersteller der Shuttle-Haupttriebwerke, der amerikanischen Firma Rocketdyne, lizenziert wurden.

Treibstoffförderung

Jedes Raketentriebwerk verbrennt Treibstoff unter hohem Druck. Dabei muss der Druck beim Einspritzen in die Brennkammer größer sein, als der durch die Verbrennung erzeugte Druck in der Brennkammer. Anhand des Verfahrens, wie der Treibstoff gegen den Verbrennungsdruck in die Brennkammer eingespritzt wird, unterscheidet man verschiedene Typen von Raketenmotoren.

Bei der Druckgasförderung stehen die Tanks selbst unter Druck. Dies limitiert den Brennkammerdruck auf niedrige Werte. Weiterhin werden die Tanks schwer, vor allem, wenn sie nicht kugelförmig sind. Zylindrische Tanks müssen versteift werden, um nicht durch den Druck auszubeulen. Diese Art der Treibstoffförderung ist zwar technisch sehr einfach und zuverlässig, kann aber nur bei kleineren Stufen wie beispielsweise der Astris oder EPS eingesetzt werden. Sie ist bei Satellitenantrieben die einzige Form der Treibstoffförderung, auch weil bei hypergolen Triebwerken es reicht, die Ventile zu den Treibstoffleitungen zu öffnen, um das Triebwerk zu zünden. Es entfällt eine komplexe Anlasssequenz, die bei den anderen Verfahren nötig ist.

Beim klassischen Nebenstromverfahren wird ein Teil des Treibstoffes in einem Gasgenerator verbrannt. Das dabei entstehende Druckgas treibt eine Turbine an, welche die Leistung für die Treibstoff-Turbopumpe aufbringt. Die Bezeichnung Nebenstromverfahren resultiert aus den beiden Treibstoffströmen zur Brennkammer und zum Gasgenerator. Der Förderdruck kann nun viel höher als der Tankdruck sein. Damit nicht zu hohe Temperaturen entstehen, wird üblicherweise der Verbrennungsträger im Überschuss verbrannt. Das Nebenstromverfahren ist zuverlässig und erprobt, hat aber technologische Grenzen. Bei hohen Brennkammerdrücken sinken die Wirkungsgrade der Turbopumpen stark ab und der Aufwand für die Treibstoffförderung steigt. Das Vulcain Triebwerk setzt hier mit 120 bar einen Rekord, die meisten anderen Triebwerke mit Gasgenerator Betrieb bleiben unter 100 bar Brennkammerdruck. Weiterhin kann beim Nebenstromverfahren das Gas für den Gasgenerator nicht für die Verbrennung genutzt werden. Die Menge des Treibstoffs, die vom Gasgenerator benötigt wird, steigt mit steigendem Förderdruck an. Sehr deutlich zeigt sich dies beim Übergang vom Vulcain zum Vulcain 2: Bei der Steigerung des Brennkammerdrucks von 110 auf 118 bar – also um 7% stieg der Anteil des Stroms zum Gasgenerator um 30%. Das Abgas des Gasgenerators wird zum Teil genutzt, z. B. um die Triebwerke zu schwenken oder mit Düsen die Rollachse zu stabilisieren. Der größte Teil wird aber über einen "Auspuff" neben dem Triebwerk entlassen, der z. B. bei der Abbildung des HM-7B auf S. Fehler: Referenz nicht gefunden rechts zu erkennen.

Beim Hauptstromverfahren wird der gesamte Treibstoff verbrannt und es wird kein Gasgenerator benötigt. Etabliert haben sich zwei Verfahren. Beim “Staged Combustion“ Verfahren wird der Treibstoff teilweise in einem Vorbrenner verbrannt (zum Beispiel der ganze Verbrennungsträger mit einem Teil des Oxidators). Das erzeugte heiße Gas treibt dann die Turbopumpe an. Dabei werden sehr hohe Förderdrücke durch die große Gasmenge erreicht und dieses Gas mit dem Rest des Oxidators dann in die Brennkammer zur vollständigen Verbrennung eingespritzt. Durch den hohen Brennkammerdruck von über 200 bar wird der Treibstoff besonders gut ausgenützt und es gibt kein unverbranntes Gas wie beim Nebenstromverfahren. Dieses Verfahren setzen die meisten modernen russischen Triebwerke wie das RD-180 ein. Auch das SSME (Space Shuttle Main Engine) arbeitet nach diesem Verfahren. In Europa gibt es noch kein Triebwerk, welches das „Staged Combustion“ Verfahren in der Praxis einsetzt.

Das „Expander Cycle“ Verfahren ist das zweite Hauptstromverfahren. Der gesamte Verbrennungsträger durchströmt zuerst die Brennkammerwand zur Kühlung, erwärmt sich und verdampft. Das Gas treibt dann die Turbopumpe an. Praktisch anwendbar ist das Verfahren nur bei Wasserstoff und Methan, da andere Treibstoffe nicht bei der Kühlung so weit erwärmt werden, dass sie verdampfen. Da die erzeugte Gasmenge und Temperatur von der aufgenommenen Wärmemenge abhängt, eignet sich dieses Verfahren nur für kleine bis mittelgroße Triebwerke bis etwa 300 kN Schub; da die Oberfläche der Brennkammer quadratisch zum Durchmesser ansteigt, der Schub aber in der dritten Potenz. Vinci ist das bisher erste Triebwerk in Europa, welches dieses Verfahren einsetzt. Erstmals wurde es im RL-10, welches die Centaur Oberstufe antreibt, erprobt.

Abbildung 1: Die Treibstoffförderungsverfahren. Im Uhrzeigersinn: Druckgasförderung, Gasgeneratorprinzip, Expander Cycle, Staged Combustion

Erdumlaufbahnen

Im Zusammenhang mit Erdumlaufbahnen werden immer wieder gewisse Begriffe verwendet, die hier kurz erläutert werden sollen. Unter dem Perigäum wird der erdnächste Punkt einer elliptischen Umlaufbahn verstanden; der erdfernste Punkt wird als Apogäum bezeichnet. Jede Bahn hat eine Neigung zum Äquator, die Inklination. Sie legt fest, welche Gebiete der Satellit bei seinen Umläufen überfliegen kann. Eine Bahnneigung (Inklination) von 50 Grad bedeutet also, dass ein Satellit die Erde zwischen 50 Grad nördlicher und 50 Grad südlicher Breite überfliegt und nie höhere Breiten als 50 Grad erreicht.

Es gibt Erdumlaufbahnen mit einer besonderen Bedeutung. Sie werden mit folgenden Abkürzungen bezeichnet:

LEO

(Low Earth Orbit): In diesen Orbit können Trägerraketen die größte Nutzlast befördern. Die Bahnhöhe ist niedrig und liegt üblicherweise bei 180 bis 300 km. Die Nutzlast einer Trägerrakete wird maximiert, wenn die Inklination des LEO der geografischen Breite ihres Startplatzes entspricht. Oftmals ist ein LEO nur eine Übergangsbahn zur Erreichung anderer Orbits.

PEO

(Polar Earth Orbit): Dies ist eine Bahn, welche direkt über die Pole führt und so die Beobachtung der ganzen Erde ermöglicht. Die Bahnhöhe liegt höher als beim LEO, da sonst die Restatmosphäre den Satelliten rasch wieder zum Verglühen bringen würde.

SSO

(Sun-Synchronous Orbit): Der sonnensynchrone Orbit ist die wichtigste Umlaufbahn für die Erdbeobachtung. Die Neigung ist etwas größer als beim PEO und liegt je nach Bahnhöhe bei etwa 96 bis 110 Grad. Die typische Bahnhöhe beträgt etwa 600 bis 1.000 km. Ein Satellit in dieser Bahn passiert ein Gebiet auf der Erde immer zur gleichen lokalen Uhrzeit, sodass der Schattenwurf bei Aufnahmen aus verschiedenen Umläufen identisch ist. Das erleichtert die Auswertung. Weiterhin werden die Solarpaneele ohne Unterbrechung beschienen und sichern so die Energieversorgung.

GEO

(Geo-Synchronous Orbit): Der geosynchrone Orbit liegt in rund 36.000 km Höhe über dem Äquator (Inklination;: Null Grad). Ein Satellit in einem GEO umkreist die Erde einmal in 24 Stunden. Da diese sich in 24 Stunden um ihre Achse dreht, steht er von der Erde aus gesehen scheinbar still. Dies ist von Vorteil, wenn der Satellit als Kommunikationsrelais benutzt werden soll, weshalb sich die meisten Nachrichtensatelliten in einem GEO befinden. In der Regel wird ein Satellit von einer Trägerrakete zuerst in einen GTO transportiert, bevor er den GEO durch seinen eigenen Antrieb ansteuert. Der Energiebedarf dafür ist abhängig von der Bahnneigung des GTO.

GTO

(Geo-Synchronous Transfer Orbit): Der geosynchrone Übergangsorbit ist eine Bahn, welche zwischen dem LEO-Orbit und dem GEO-Orbit liegt. Der erdnächste Punkt liegt üblicherweise in etwa 200 km Höhe und der erdfernste in der Höhe des GEO-Orbits, also in rund 36.000 km Entfernung. Wenn ein Satellit in 36.000 km Höhe angekommen ist, muss er mit seinem eigenen Antrieb auch den erdnächsten Punkt auf diese Höhe anheben (Zirkularisierung). Ist ein Satellit schwerer oder leichter als die Nutzlast für den GTO-Orbit, so wird er in einen subsynchronen (Apogäum kleiner als 36.000 km) oder supersynchronen (Apogäum höher als 36.000 km) GTO-Orbit befördert. Dies kam früher bei den alten Atlas-Versionen vor, da diese nicht in demselben Ausmaß an unterschiedlich schwere Nutzlasten angepasst werden konnten. Heute nutzt die Falcon 9 dieses Flugregime.

MEO

(Medium Earth Orbit): Mittelhohe Erdbahnen sind alle Bahnen oberhalb des SSO und unterhalb des GEO. Diese Bahnen decken zwar einen großen Bereich von rund 1.200 bis 36.000 km Höhe ab, genutzt wird aber nur ein Bereich in 20.000 bis 24.000 km Höhe. Hier befinden sich die Bahnen von Navigationssatelliten wie dem amerikanischen Navstar, dem russischen Glonass und dem europäischen Galileo System. Sie sind um 50 bis 60 Grad gegenüber dem Äquator geneigt, um einen globalen Empfang auch in hohen Breiten zu gewährleisten.

ELDO / Europa

Die erste europäische (nicht nationale) Trägerrakete wurde zunächst unter der Bezeichnung ELDO-A entwickelt. Erst 1964 erhielt sie den Namen „Europa“. Bei der Europa wurde jede Stufe von einem Land gebaut. Großbritannien steuerte mit der „Blue Streak“ die erste Stufe bei, Frankreich lieferte die „Coralie“ genannte, zweite Stufe, und die dritte, „Astris“ getaufte Stufe stammte aus Deutschland.

Da die britische Blue Streak schon bei Entwicklungsbeginn vorhanden war und als erste Stufe feststand, mussten folgende Spezifikationen eingehalten werden:

Die Startbeschleunigung durfte 1,3 g nicht unterschreiten. Bei 136 t Startschub entspricht das einem Maximalgewicht der Rakete von 106,7 t.

Die Masse der Oberstufen und der Nutzlast sollte 16.100 kg nicht überschreiten, um einen Kollaps der Tanks der Blue Streak zu vermeiden.

Die Eigenfrequenz der Rakete musste größer als 2,7 Hz sein.

Der Durchmesser der zweiten Stufe musste mindestens 1,98 m betragen.

Der Betrieb aller Stufen sollte von Australien aus verfolgbar sein, wodurch die Betriebsdauer der Oberstufen zeitlich begrenzt war.

Das waren enge Grenzen für die Größe und das Gewicht der Oberstufen, welche die Leistung der Rakete von vornherein begrenzten. Mit größeren Oberstufen hätte die Europa eine höhere Nutzlast transportieren können. Doch dies hätte umfangreiche Änderungen der Blue Streak erfordert. Die ELDO kannte die Problematik und arbeitete an Alternativen, um den Startschub zu steigern oder die Oberstufen durch leistungsfähigere Modelle auszutauschen.

Zwei Missionstypen wurden festgelegt, um die Nutzlast zu optimieren: ein 550 km hoher, polarer Orbit mit einer Nutzlast von 1 t und eine Bahn in 10.700 km Höhe mit einer Nutzlast von 180 kg. Daraus ergab sich, dass die zweite Stufe etwa 11.300 kg wiegen und 274 kN Schub aufweisen musste. Die dritte Stufe sollte dann etwa 3.300 kg wiegen, wobei die Brenndauer nicht genau festgelegt war. Es musste aber die Zündung der dritten Stufe vom Festland aus beobachtbar sein.

Das Design der Europa-Rakete wurde in den Jahren 1961 bis 1963 festgelegt. Es gab in diesem Zeitraum vor allem bei den Oberstufen diverse Veränderungen zur Erhöhung der Nutzlast. Der Zeitplan sah erste Testflüge mit den Oberstufen für 1966 und eine Einsatzreife für 1968 vor.

 Vorschlag 1961Optimierung 1963Europa-IBlue Streak:94.160 kg88.250 kg89.400 kgzweite Stufe (voll/leer)8.124 kg / 1.093 kg11.510 kg11.894 kg / 2.100 kgdritte Stufe (voll/leer)1.496 kg / 226 kg3.270 kg3.578 kg / 528 kgNutzlastverkleidung:130 kg440 kg340 kgNutzlast 550 km Bahn:910 kg1.200 kg900 kg (Polare Umlaufbahn)Startgewicht:104.790 kg104.670 kg104.530 kg

Die Entwicklung der Europa im historischen Kontext