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Ab 2023 erscheint das deutschsprachige Standardwerk für die Trägerraketen der USA in einer neuen Auflage. Es wird in mehrere Teilbände gesplittet. Band 1 behandelt die frühen und kleinen Trägerraketen. Dazu gehören die Vanguard, die den ersten US-Satelliten starten sollte, aber letztendlich nur den zweiten Satelliten startete. Die Konkurrenz Jupiter-C/Juno I entstand aus der militärisch genutzten Redstone und startete die Explorer 1. Die Juno II entstand aus der Jupiter-IRBM mit dem Oberstufenbündel der Jupiter und startete die erste erfolgreiche Raumsonde der USA, Pioneer 4, die 1959 am Mond vorbeiflog. Zu den frühen, kleinen US-Trägerraketen gehört auch das Projekt Pilot. Es war ein erst in den Neunziger Jahren bekanntes Projekt der US-Navy, das 1958 versuchte, mit einer von einem Flugzeug abgeworfenen Rakete einen Satelliten zu starten. Keiner der Starts der Pilot war jedoch erfolgreich. Den Abschluss dieses Bandes bildet die Scout. Sie löste ab 1961 die Vanguard und Juno I ab und wurde in verschiedenen Versionen bis in die Neunziger Jahre eingesetzt. Gegenüber dem Abschnitt aus dem Buch US-Trägerraketen wurde weiter ergänzt, vor allem über die Vorgeschichte der Selektion der Rakete für den ersten US-Träger und für die wenigen Starts der Vanguard Juno I und II um deren komplette Einsatzgeschichte. Diese Reihe bildet den endgültigen Abschluss der Enzyklopädie von Bernd Leitenberger über US-Trägerraketen, die schon in der vorherigen Auflage zum Standardwerk wurde. Weitere Bände über Titan, Atlas, Delta, Schwerlastraketen und neuere Träger ab 1990 erscheinen in den nächsten Jahren.
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Seitenzahl: 238
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Ein besonderer Dank an Mario Remler,
der dieses und andere Bücher von mir korrekturgelesen hat, um zumindest die gröbsten Schnitzer zu entfernen.
Vorwort
Grundlagen
Der spezifische Impuls
Treibstoffförderung
Feste Treibstoffe – Alt und doch neu
Erdumlaufbahnen
Steuerung von Raketen
Die Aufstiegsbahn einer Rakete
Trägerraketen der USA – eine Übersicht
Weltraumbahnhöfe
Frühe US Trägerraketen
Vanguard
Einsatzgeschichte
Bedeutung der Technologie für zukünftige Träger
Mercury Redstone
Evolution
Juno I / Jupiter-C
Der Aufbau der Juno I
Juno II / Jupiter
Einsatzgeschichte
Juno IV
Projekt Pilot
Scout
Scout X
Blue Scout
Scout A
Scout B
Scout D bis F
Scout G
Gesamtübersicht Scout
Abkürzungsverzeichnis
Dieses Buch entstand aus meinem Buch „US Trägerraketen“. Es erschien zum ersten Mal im Jahr 2013 und in einer aktualisierten Auflage 2016. Seitdem sind neue Träger hinzugekommen. Doch schon die zweite Auflage stieß an das Limit von 700 Seiten, das mir der Verlag für ein Buch setzt. Trotzdem musste ich für das Buch die Ränder auf ein Minimum beschränken und eine 9 Punkt Schrift mit engem Schriftbild wählen, um alle Träger unterzubringen.
Für die Neuauflage habe ich mich entschlossen, das Buch in einzelne Bände, geordnet nach den Trägern, zu veröffentlichen:
Band 1: Einführung und kleine, frühe US-Trägerraketen (dieser Band)
Band 2: Titan (erscheint 2023)
Band 3: Thor und Delta (erscheint nach den letzten Flügen der Delta 4H, die für 2024 anstehen)
Band 4: Atlas (erscheint 2025, wenn nur noch die Flüge für den Starliner anstehen. Diese gehen bis 2029, so lange wollte ich nicht warten)
Band 5: Schwerlastraketen: Ares, SLS und Space Shuttle. Eventuell auch Starship, das hängt von der Informationslage zu diesem Projekt ab.
Band 6: Neue US-Trägerraketen nach 1990
Für die Saturn gibt es schon einen sehr ausführlichen Band im Rahmen der Reihe „das Apolloprogramm“.
Die Bucher sind so deutlich kürzer und besser zum Nachschlagen geeignet und die Trennung erlaubt es mir, weitere Träger in neuen Bänden zu behandeln.
Alle Bücher bilden zusammen immer noch eine Einheit, auch wenn sie thematisch sauber getrennt sind. So finden sich allgemeine Erklärungen zu Raketen und Bahnen in diesem Band und die Technik und Geschichte der Agena und Centaur stellvertretend für alle Träger im zweiten Band.
Die Startlisten stammen von Jonathan McDowell's Space Report. McDowell betreibt die umfangreiche Website http://www.planet4589.org/space/. Ich habe die Daten extrahiert, mit einem selbst geschriebenen Computerprogramm formatiert und daraus Grafiken und Tabellen erstellt. Die Einstufung eines Erfolgs ist dabei subjektiv: Jonathan McDowell stuft Starts als erfolgreich ein, wenn eine Umlaufbahn erreicht wurde. Ob das der gewünschte Orbit ist, bleibt offen. Ergänzt wurde das Buch durch Skizzen und Diagramme. Sie machen den Aufbau und die Abmessungen von Stufen deutlicher, als eine Beschreibung und grafische Statistiken. Viele Diagramme der Raketen stellte Norbert Brügge zur Verfügung. Er hat sie für seine Website http://www.b14643.de erstellt.
Die technischen Daten habe ich, soweit möglich, aus den originalen Launch Presskits entnommen. Bei neueren Raketen stammen sie aus der aktuellen Version des Users Guide. Die Daten aus den Launch Presskits gelten für den beschriebenen Start. Für zahlreiche historische Träger sind das leider die einzigen heute noch verfügbaren Informationen. Die verwendeten Informationen habe ich am Ende des Artikels als Referenz angefügt. Die wichtigste Quelle war der NASA Technical Report Server http://ntrs.nasa.gov/search.jsp. Für von der NASA benutzten Trägern finden sich dort zahlreiche Daten. Das gilt leider nicht für militärische genutzte Raketen wie die Thor, Titan III oder Minotaur. Bei den neuen Typen, die von der Privatwirtschaft entwickelt wurden, ist man auf die User Manuals angewiesen, die oft viele Fragen offen lassen. Dagegen gibt es von sehr alten Trägern oft nur schlechtes Bildmaterial.
Ostfildern im April 2023,
Dieses Buch ist kein Lehrbuch für Raumfahrttechnik. Ich denke aber, eine kleine Einführung in die Grundlagen ist wichtig für ein Nachschlagewerk. Es erleichtert das Lesen der folgenden Seiten. An dieser Stelle daher eine Einführung in die Funktionsweise von Raketentriebwerken, Treibstoffen und die wichtigsten Bahnen.
Reagieren zwei oder mehrere Stoffe miteinander, so bezeichnet das stöchiometrische Verhältnis das Gewichtsverhältnis, bei dem eine vollständige Umsetzung der Reaktionspartner erfolgt. So beträgt die Atommasse von Wasserstoff 1, die von Sauerstoff 16. Bei der Reaktion
2 H + O → H2 O
reagieren bei stöchiometrischer Umsetzung zwei Atome Wasserstoff mit einem Atom Sauerstoff. Das stöchiometrische Verhältnis beträgt also 2 × 1 zu 16 oder 1 zu 8. Ist es höher, so wird ein Teil des Sauerstoffs nicht umgesetzt. Ist es niedriger, wird ein Teil des Wasserstoffs nicht umgesetzt. Bei Raketentreibstoffen ist das Letztere der Normalfall.
Flüssiger Sauerstoff (LOX – Liquid Oxygen) ist eines der stärksten Oxidationsmittel (Oxidator). Die Verbrennung von Sauerstoff mit dem Schweröl Kerosin ist die älteste, heute noch verwendete Treibstoffkombination. Kerosin ist in den physikalischen Eigenschaften vergleichbar mit Heizöl. Die als Raketentreibstoff verwendete Kerosinfraktion wird als RP-1 (Rocket Propellant 1) bezeichnet. RP-1 wird durch die Destillation des Treibstoffs JP-4 für Düsenflugzeuge erhalten. So erhält man die Fraktion mit dem höchsten Siedepunkt und der höchsten Wärmekapazität (wichtig für die Kühlung von Brennkammern).
Die Kombination von Sauerstoff und Kerosin ist ungiftig. Sie gehört zu den mittelenergetischen Treibstoffen. Obwohl Sauerstoff nur bei Temperaturen unter -183 Grad Celsius flüssig bleibt, ist er gut handhabbar. Kerosin wiederum eignet sich gut zur Kühlung von Brennkammer und Düse, da es über einen größeren Temperaturbereich flüssig bleibt und beim Erhitzen nicht zerfällt.
Auch heute noch werden neue Trägerraketen entwickelt, die LOX und Kerosin einsetzen. Die Kombination gilt als relativ umweltfreundlich, obwohl Kerosin als Erdöl-Derivat bei seiner Freisetzung das Grundwasser belastet. Es ist jedoch nicht so giftig wie Hydrazin und nicht so ätzend wie Stickstofftetroxid. Der Sauerstoff verdampft bei der Freisetzung einfach.
Stickstofftetroxid (englisch Nitrogentetroxid – NTO, eigentlich Distickstofftetroxid) ist das gemischte Anhydrid der Salpetersäure und der salpetrigen Säure. Anders als flüssiger Sauerstoff ist NTO bei Zimmertemperatur flüssig. Eine besondere Eigenschaft von Stickstofftetroxid ist, dass es sich mit Hydrazinen spontan entzündet. Derartige Kombinationen werden als „hypergol“ bezeichnet. Das vereinfacht die Konstruktion eines Antriebs, da eine Zündvorrichtung überflüssig ist. Antriebe können durch gleichzeitiges Öffnen der Ventile beliebig oft gezündet werden.
Die Lagerfähigkeit von Stickstofftetroxid und Hydrazinen führte dazu, dass sie bevorzugt bei militärischen Raketen eingesetzt wurden. Aus dem gleichen Grund sind sie die Standardkombination für Satellitenantriebe. Der große Nachteil ist ihre Gefährlichkeit. Stickstofftetroxid ist ätzend und bildet mit Wasser Salpetersäure.
Alle Hydrazine sind stark giftig und schwer abbaubar. Aus diesem Grund wird diese Kombination für die ersten Stufen heute nicht mehr verwendet. Es werden drei Hydrazine eingesetzt:
Hydrazin (H
2
N-NH
2
) ist der einfachste Vertreter der Reihe. Es liefert die höchsten spezifischen Impulse. Allerdings zerfällt es durch Hitze in ein Gemisch aus Stickstoff, Wasserstoff und Ammoniak. Deshalb ist es in reiner Form nicht geeignet, wenn mit dem Treibstoff die Brennkammer gekühlt werden soll. Verwendet wird daher meist ein Gemisch mit UDMH, z. B. Aerozin 50, das aus je 50 Prozent Hydrazin und 50 Prozent UDMH besteht. Von Vorteil ist, dass Hydrazin die höchste Dichte aller Hydrazine besitzt. Reines Hydrazin wird als monergoler Treibstoff (nur eine Komponente erforderlich) für Satellitenantriebe verwendet. Dort zersetzen es Katalysatoren in ein Heißgas. Das ergibt immerhin spezifische Impulse von rund 2.200 m/s.
UDMH, das unsymmetrische Dimethylhydrazin (CH
3
)
2
-N-NH
2
, wird öfters eingesetzt als reines Hydrazin. Es zersetzt sich nicht durch Hitze. Der spezifische Impuls und die Dichte von UDMH sind geringer als von Hydrazin. Seine Herstellung ist relativ teuer.
Vor allem bei Satellitenantrieben wird das Monomethylhydrazin, MMH (CH
3
)-HN-NH
2
, eingesetzt. Der spezifische Impuls vom MMH ist etwas geringer als von UDMH und Hydrazin. Dafür gibt es aber bei der Anwendung von MMH einen praktischen Vorteil. Bei dem üblichen Mischungsverhältnis von MMH und NTO von 1 zu 1,6 nehmen beide Treibstoffe das gleiche Volumen ein. Die Tanks sind gleich groß, das erleichtert die Fertigung. Den Vorteil hat auch das Aerozin 50 (eine Mischung von 50 Prozent Hydrazin und 50 Prozent UDMH), welche in der Titan Trägerrakete als Treibstoff eingesetzt wurde.
Charakteristisch bei der Zündung eines Triebwerks mit Stickstofftetroxid als Oxidator ist eine braune Wolke. Bei Treibstoffen, die bei Kontakt zünden, muss die Entstehung eines explosiven Gemisches vermieden werden. Dies wird bewerkstelligt, indem eine Komponente zuerst in die Brennkammer strömt. So kann kein explosives Gemisch entstehen. Die Komponente, die zuerst einströmt, verbrennt zum Anfang nur unvollständig. Der unverbrannte Rest wird freigesetzt. Genutzt wird dazu Stickstofftetroxid, da es die billigere und weniger giftige Komponente der beiden Treibstoffe ist. Beim Erhitzen zerfällt Stickstofftetroxid in Stickstoffdioxid (NO2), das als rotbraune Wolke beim Start zu sehen ist.
Der spezifische Impuls von NTO und Hydrazinen liegt in der gleichen Größenordnung wie der von Kerosin (2.900 bis 3.200 m/s). Ein Vorläufer von NTO ist die Salpetersäure. Sie zersetzt sich bei der Verbrennung zu Wasser und NTO. Der nutzbare Energiegehalt ist daher geringer. Doch Salpetersäure war früher verbreiteter und einfacher verfügbar. Diese Kombination wurde bei der Agena Oberstufe und den ersten Delta Oberstufen eingesetzt.
Von den eingesetzten Kombinationen liefert die Verbrennung von flüssigem Wasserstoff (Liquid Hydrogen – LH2) mit flüssigem Sauerstoff die meiste Energie. Nur wenige Kombinationen sind noch leistungsfähiger. Bei diesen gibt es entweder Bedenken wegen der Giftigkeit (Fluor oder Fluor/Sauerstoff als Oxidator und Wasserstoff als Brennstoff) oder sie sind extrem teuer (Verbrennung von Lithium oder Beryllium mit Wasserstoff als Verbrennungsträger und Sauerstoff als Oxidator).
Wasserstoff wird seit den frühen sechziger Jahren als Treibstoff genutzt. Die Nutzung dieses Treibstoffs sagt viel über die technologische Kompetenz einer Raumfahrtnation aus. Es gibt zahllose technische Schwierigkeiten in vielen Bereichen. Bei den Tanks liegt die Herausforderung in der geringen Dichte von Wasserstoff (0,07 kg/l, also vierzehnmal kleiner als Wasser). Benötigt werden daher sehr große Tanks. Sie müssen sehr gut isoliert sein, da Wasserstoff nur in dem kleinen Temperaturbereich zwischen –259 °C und –253 °C flüssig ist. Sauerstoff ist dagegen zwischen –219 °C und –183 °C flüssig, also ein Intervall von 36 Grad. Die Kombination von tiefen Temperaturen und großen Tanks stellt hohe Anforderungen an die Werkstofftechnologie.
In den Triebwerken wird der Wasserstoff zur Kühlung verwendet. Er verdampft dabei, nimmt aber im Vergleich zu Kerosin weitaus weniger Wärme auf. Entsprechend leistungsfähig muss die Kühlung ausgelegt sein. Außerdem erzeugt die Verbrennung von Wasserstoff und Sauerstoff höhere Temperaturen und bestimmte Metalle binden den Wasserstoff und werden dadurch spröde.
Bei den Förderpumpen für Wasserstoff liegt die Herausforderung in der geringen Dichte. Deswegen sind die Volumina viel höher als bei anderen Treibstoffen. Die Turbinen, welche die Pumpen antreiben, erreichen dadurch sehr hohe Drehzahlen von teilweise über 40.000 U/min. Das stellt hohe Anforderungen an das Material der Turbinenblätter. Sie müssen den enormen Belastungen durch die Fliehkräfte standhalten. Sich zerlegende Turbinenblätter waren ein Grund für die langsame Entwicklung der Space-Shuttle Haupttriebwerke. Problematisch ist außerdem, dass zwei unterschiedliche Drehzahlen bei den Pumpen benötigt werden. Die Sauerstoffpumpe hat viel geringere Anforderungen hinsichtlich des Fördervolumens als die Wasserstoffpumpe. Bei Kerosin/LOX und NTO/Hydrazin liegen die notwendigen Drehzahlen näher beieinander. Dadurch können die Förderpumpen auf einer gemeinsamen Antriebswelle sitzen. Bei den meisten Antrieben mit LOX/LH2 werden zwei getrennte Pumpen eingesetzt. Oftmals ist die Wasserstoffpumpe auch zweistufig ausgelegt, weil eine Stufe alleine die hohen Drehzahlen nicht erbringen kann. Weiterhin müssen alle beweglichen Teile mit Wasserstoff geschmiert werden, da es kein Schmiermittel gibt, das bei den tiefen Temperaturen noch flüssig ist.
Der Lohn für diese Mühe sind sehr hohe spezifische Impulse. Sie können im Vakuum bei 4.350 bis 4.550 m/s liegen, also 40 Prozent besser als bei der Verwendung von LOX/Kerosin oder NTO/Hydrazinen. Durch die großen Tanks für den Wasserstoff sind Raketen mit diesem Treibstoff immer voluminöser als solche mit anderen Kombinationen. Das eingesetzte Mischungsverhältnis von Sauerstoff zu Wasserstoff liegt heute bei 5 bis 6 zu 1. Das stöchiometrische Verhältnis beträgt 8. Weiterhin brennen die Triebwerke länger, dadurch ergeben sich höhere Aufstiegsverluste. Sie entstehen dadurch, das die Erdgravitation bis zum Erreichen des Orbits weiter an der Rakete zerrt. Dies senkt den Vorteil von Wasserstoff wieder ab.
Wasserstoffperoxid und Hydrazin können als instabile Moleküle katalytisch zersetzt werden. Als Treibstoff aus nur einer Komponente wird Hydrazin bis heute eingesetzt. Wasserstoffperoxid wurde früher genutzt, um heißes Arbeitsgas für die Turbinen zu gewinnen. Der spezifische Impuls liegt bei 1.600 bis 2.200 m/s.
Eine wichtige Kenngröße für die Effizienz eines Antriebs ist sein spezifischer Impuls. Vereinfacht gesagt, ist der spezifische Impuls ein Maß für die Energie, die vom Antrieb in nutzbaren Schub umwandelbar ist. Dies ist von vielen Faktoren abhängig. Die drei Wichtigsten sind:
Energiegehalt des Treibstoffs
Brennkammerdruck
Düsenmündungsdruck
In diesem Buch wird die Ausströmgeschwindigkeit der Gase beim Verlassen der Düse als Maß für den spezifischen Impuls genommen. Das hat den Vorteil, dass die Geschwindigkeit einer Rakete sehr leicht nach der Ziolkowskiformel (Raketengrundgleichung) berechnet werden kann, denn es gilt:
ln() ist der natürliche Logarithmus zur Basis e (2,718281828…). In US-Medien wird die Ausströmgeschwindigkeit durch die Erdgravitationskonstante g geteilt. Im SI-System ist der spezifische Impuls von der Dimension her eine Geschwindigkeit (m/s), im imperialen System der USA hat er die Dimension einer Sekunde und kann für Berechnungen nicht genutzt werden.
Aus dem Graphen der Logarithmusfunktion folgt: Eine Steigerung des Massenverhältnisses, also eine Reduktion der Nutzlast oder der Strukturmasse, ist weitaus weniger effektiv zur Nutzlaststeigerung, als eine Erhöhung der Ausströmgeschwindigkeit (spezifischer Impuls). Das zeigt sich vor allem bei hohen Geschwindigkeiten. Damit eine Rakete so schnell ist wie die Ausströmgeschwindigkeit ihrer Gase ist muss das Verhältnis von Start- zu Brennschlussmasse etwa 2,7 betragen. Will sie doppelt so schnell sein, so muss das Verhältnis nicht doppelt so groß sein (also etwa 5,4), sondern 7,4 und für den Faktor 3 schon 20. Das erklärt auch warum Raketen mehrstufig sind, denn mit einer Stufe wäre selbst bei der leistungsfähigsten Kombination LOX/LH2 und extremer Leichtbauweise nur eine kleine Nutzlast in einen LEO transportierbar, höhere Geschwindigkeiten, wie für eine Fluchtbahn sind mit nur einer Stufe nicht erreichbar. Beim Mehrstufenprinzip werden dagegen die ausgebrannten leeren Stufen bei niedriger Geschwindigkeit abgeworfen und nur die letzte, relativ leichte Stufe erreicht einen Orbit.
In der Tabelle werden die Nutzlasten einer Titan IIIC und einer Titan IIIE verglichen. Der einzige Unterschied zwischen beiden Trägern ist die letzte (vierte) Stufe. Sie wurde bei der Titan IIIE durch die Centaur-Oberstufe mit 50 Prozent höherer Ausströmgeschwindigkeit ersetzt. Wie deutlich zu erkennen ist, nimmt die Nutzlast der Titan IIIC bei höheren Geschwindigkeiten (höhere Umlaufbahnen, Fluchtbahnen) stärker ab als bei der Titan IIIE, obwohl beide Raketen fast gleich viel wiegen. Zudem ist die Nutzlast absolut höher.
Titan IIIC
Titan IIIE
Letzte Stufe:
Transtage
Centaur D-1T
Startgewicht letzte Stufe:
12,4 t
15,9 t
Startgewicht Trägerrakete:
635 t
638 t
Spezifischer Impuls letzte Stufe:
3051 m/s
4354 m/s
Nutzlast 185 km Bahn:
13.150 kg
15.422 kg
Nutzlast GTO Orbit:
4.770 kg
7.130 kg
Nutzlast Fluchtgeschwindigkeit:
3.100 kg
5.150 kg
Nutzlast GEO Orbit:
1.600 kg
3.550 kg
In der Tat ist der Einfluss des spezifischen Impulses auf die Nutzlast groß. Eine zweistufige Rakete mit der Kombination Hydrazin/NTO in beiden Stufen kann etwa 2,4 Prozent ihres Startgewichts als Nutzlast in eine 200 km hohe Umlaufbahn befördern. Werden dagegen in beiden Stufen Wasserstoff/Sauerstoff genutzt, steigt der Nutzlastanteil auf 6,5 Prozent. Das ist mehr als das Doppelte, obwohl der spezifische Impuls nur etwa 40 Prozent höher ist.
Ein Raketentriebwerk verbrennt Treibstoff unter hohem Druck. Dabei muss der Druck beim Einspritzen in die Brennkammer größer sein, als der durch die Verbrennung erzeugte Druck in der Brennkammer. Anhand des Verfahrens, wie der Treibstoff gegen den Verbrennungsdruck in die Brennkammer eingespritzt wird, werden verschiedene Typen von Raketenmotoren unterschieden.
Bei der Druckgasförderung stehen die Treibstofftanks unter hohem Druck. Dies limitiert den Brennkammerdruck auf niedrigere Werte. Außerdem werden die Tanks schwer, vor allem, wenn sie nicht kugelförmig sind. Zylindrische Tanks müssen versteift werden, um nicht durch den Druck auszubeulen. Diese Art der Treibstoffförderung ist einfach und zuverlässig. Die Tanks müssen, damit der Treibstoff gegen den Brennkammerdruck eingespritzt werden kann, einen höheren Druck als die Brennkammer aufweisen. Typischerweise haben die Tanks einen Betriebsdruck von 15 bis 20 bar, der Brennkammerdruck beträgt dann 8 bis 10 bar. Das beschränkt die nutzbare Energieausbeute aus dem Treibstoff.
Abbildung 1: Prinzip der Druckgasförderung
Die Druckgasförderung ist bei Satellitenantrieben die einzige Form der Treibstoffförderung. Bei hypergolen Treibstoffen genügt es, die Ventile zu den Treibstoffleitungen zu öffnen, um das Triebwerk zu zünden. Unter hypergolen Treibstoffen versteht man Kombinationen, die sich bei Kontakt selbst entzünden. Das ist der Fall bei Stickoxiden und Hydrazinen. Andere Zündmethoden sind elektrische Zündung durch Funken oder Fackeln, kleine Festtreibstoffzünder oder der Einsatz einer hypergolen Flüssigkeit als Starter (dies wird vor allem bei LOX/Kerosin eingesetzt). So entfällt bei druckgeförderten Triebwerken eine komplexe Zündsequenz, die bei anderen Verfahren nötig ist. Der Tankdruck wird mit Helium aus einem Hochdrucktank gewährleistet. Bei kleinen Tanks wie in Satelliten ist es üblich, das der Tank beim Start nur teilweise gefüllt ist und das Helium das Restvolumen einnimmt. Der Druck sinkt dann mit der Entleerung ab. Das spart aber eine Heliumdruckgasflasche ein. Bei diesen Tanks ist es oft so, das eine Gummimembran Gas und Treibstoff trennt. Da Gummi dehnbar ist, drückt die Membran den Treibstoff an die Wand wo die Leitungen zu dem Triebwerk liegen, das vereinfacht die Zündung erheblich.
Vor der Zündung werden die Tanks mit Helium unter Druck gesetzt. Während der Entleerung der Tanks wird Gas nachgefüllt. Auch im Orion-Raumschiff wird diese sehr zuverlässige Technik eingesetzt, da die einzigen beweglichen Teile die Ventile sind. Die Zahl der Fehlermöglichkeiten sind daher gering. Deswegen wurde Druckgasförderung bei den Antrieben des Apollo-CSM und LM genutzt. Die Delta Oberstufe und das Shuttle OMS arbeiteten ebenfalls mit Druckgasförderung.
Die Treibstofftanks werden bei fast allen Trägern „druckbeaufschlagt“. Der Grund ist relativ einfach: Ein Tank unter Druck hat mehr Steifheit und eine höhere strukturelle Integrität. Das erlaubt es im Extremfall, die Wände so dünn zu fertigen, dass der Tank ohne Druckstabilisierung unter seinem eigenen Gewicht kollabieren würde. So wurde es bei der alten Atlas-Stufe, der Centaur und der Ariane 5 EPC gehandhabt. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Treibstoffe mit Druck in den Gasgenerator / Vorbrenner / Triebwerk gepresst werden. Das verringert die Kavitation. Um den Druck bei Abnahme der Treibstoffvorräte aufrechtzuerhalten, wird Druckgas nachgefüllt. Üblich sind zwei Verfahren: Das Verdampfen der Treibstoffkomponenten, um damit die Tanks unter Druck zu setzen (oft bei leicht verdampfbaren Wasserstoff und Sauerstoff praktiziert) oder der Einsatz von Helium aus einer Druckgasflasche (angewandt bei Kerosin und lagerfähigen Treibstoffen). Helium wird genommen, weil der Druck von der Molekülzahl, aber nicht von der Masse abhängt. Denn Helium hat die kleinste Molmasse aller inerten Gase. 1 Kubikmeter Helium wiegt bei einem Druck von 1 bar 0,178 kg, ein m3Luft oder Stickstoff dagegen 1,3 kg. Außerdem ist Helium selbst bei der Temperatur von flüssigen Wasserstoff noch gasförmig. Das Verdampfen von Treibstoff erfolgt mit einem Wärmetauscher am Triebwerk, wo genügend Abwärme vorhanden ist. Warmes Gas hat zudem eine noch niedrigere Dichte.
Abbildung 2: Antriebsschema des Gasgeneratorbetriebs
Beim klassischen Nebenstromverfahren wird ein Teil des Treibstoffes in einem Gasgenerator verbrannt. Er bildet einen zweiten Treibstofffluss, den „Nebenstrom“. Das dabei entstehende Verbrennungsgas treibt die Gasturbine an, welche über eine rotierende Welle die Treibstoff-Turbopumpe antreibt. Der Förderdruck der Turbopumpe kann viel höher als der Tankdruck sein. Damit nicht zu hohe Temperaturen entstehen, wird üblicherweise der Verbrennungsträger im Überschuss verbrannt. Der Gasgenerator ist eine Brennkammer im Kleinen. Eine Kühlung ist wegen der geringeren Temperaturen von typischerweise 800 – 900 K nicht nötig. Das Nebenstromverfahren ist zuverlässig und erprobt. Es hat aber technologische Grenzen. Bei hohen Brennkammerdrücken sinken die Wirkungsgrade der Turbopumpen ab. Dann braucht man überproportional viel Gas für die Turbine. Die meisten Triebwerke mit Gasgeneratorbetrieb arbeiten mit 60 – 80 bar Brennkammerdruck. Das Vulcain 2, Rekordhalter bei dieser Technologie, arbeitet mit 120 bar schon jenseits des Optimums, das bei etwa 90 – 100 bar liegt.
Hinzu kommt, dass beim Nebenstromverfahren das Gas für den Gasgenerator nicht für die Verbrennung im Triebwerk genutzt werden kann. Die Menge des Treibstoffs, die vom Gasgenerator benötigt wird, nimmt mit steigendem Förderdruck zu. Das Abgas des Gasgenerators wird zum Teil für andere Aufgaben genutzt, z. B. um die Triebwerke zu schwenken (als Pneumatikgas) oder mit Düsen die Rollachse zu stabilisieren. Der größte Teil aber wird über einen „Auspuff“ neben dem Triebwerk ins Freie entlassen. Bei manchen Triebwerken wird es auch zur Nachverbrennung in die Düse injiziert. Die meisten Triebwerke, welche die USA entwickelt haben, nutzen den Gasgeneratorantrieb. So die Triebwerke der Thor, Atlas und Titan, aber auch die H-1, J-1 und F-1 Triebwerke der Saturn. Auch das RS-68 der Delta 4 und das Merlin der Falcon 9 nutzen dieses Verfahren. Es wird noch heute in neuen Triebwerken eingesetzt.
Beim Hauptstromverfahren wird der gesamte Treibstoff in der Brennkammer verbrannt. Es wird kein separater Gasgenerator benötigt. Etabliert haben sich zwei Verfahren: Expander Cycle und Staged Combustion Verfahren.
Beim “Staged Combustion“ Verfahren wird der Treibstoff teilweise in einem Vorbrenner verbrannt (zum Beispiel der ganze Verbrennungsträger mit einem Teil des Oxidators). Der Vorbrenner ersetzt den Gasgenerator. Er funktioniert aber nach dem gleichen Prinzip. Das erzeugte, heiße Gas, treibt die Turbopumpe an. Durch die hohe Gasmenge werden hohe Förderdrücke erreicht. Dieses Gas wird mit dem Rest des Oxidators zur vollständigen Verbrennung in die Brennkammer eingespritzt. Im Russischen wird diese Technologie auch Gas-Flüssig genannt, weil eine Treibstoffkomponente als Gas injiziert wird. Dagegen werden beim Nebenstromverfahren (Gasgeneratorverfahren) beide Treibstoffe als Flüssigkeit injiziert.
Die Turbopumpen können hohe Leistungen bei einem hohen Wirkungsgrad erreichen. Der Brennkammerdruck ist hoch. Triebwerke dieses Typs haben Brennkammerdrü-cke zwischen 150 bis 270 bar. Dies ist besonders beim Betrieb von Erststufen vorteilhaft, da hier der Düsenmündungsdruck nicht viel unter 1 bar liegen darf. Düsen mit hohen Entspannungsraten erfordern daher einen hohen Brennkammerdruck. Weiterhin sind durch den hohen Druck die Brennkammern kompakt und die Triebwerke leichter als Konstruktionen nach dem Nebenstromverfahren.
Durch den hohen Brennkammerdruck wird der Treibstoff gut ausgenutzt. Es gibt kein unverbranntes Gas wie beim Nebenstromverfahren. Dieses Verfahren setzen die meisten modernen russischen Triebwerke ein. Auch das SSME (Space Shuttle Main Engine) arbeitet nach diesem Verfahren. Die hohen Anforderungen führen dazu, dass die Triebwerke teuer sind. Russland entwickelte zahlreiche Triebwerke mit gestaffelter Verbrennung, vor allem für die Kombination Kerosin/Sauerstoff. Die Entwicklung des einzigen russischen Triebwerks RD-0120 mit der Kombination LOX/LH2 (für die Energija) wurde sehr teuer. Es wird heute nicht mehr eingesetzt. Das amerikanische BE-4 für die Vulcan und das Raptor für das Starship arbeiten ebenfalls nach dieser Technologie.
Abbildung 3: Antriebsschema des „Staged Combustion“ Prinzips
Abbildung 4: Antriebsschema „Expander Cycle“
Beim „Expander Cycle“-Verfahren durchströmt der gesamte Verbrennungsträger zuerst die Brennkammerwand zur Kühlung. Dabei erwärmt er sich und verdampft. Das Gas treibt die Turbine an. Anwendbar ist das Verfahren nur bei Wasserstoff und Methan, da andere Treibstoffe bei der Kühlung nicht verdampfen. Die erzeugte Gasmenge und ihr Druck hängen von der aufgenommenen Wärmemenge ab. Deswegen eignet sich dieses Verfahren nur für kleine bis mittelgroße Triebwerke bis etwa 300 kN Schub. Dies ist dadurch bedingt, dass die Oberfläche der Brennkammer quadratisch zum Durchmesser ansteigt, der Schub aber in der dritten Potenz.
Erstmals wurde das Expander Cycle Verfahren beim RL10, welches die Centaur Oberstufe antreibt, eingesetzt. Es ist das effizienteste Verfahren für Oberstufen (für Erststufen ist der erreichbare Schub zu gering). Die Wiederzündung ist ebenfalls einfacher als beim Gasgeneratorprinzip. Bei diesem muss zeitlich präzise abgestimmt der Gasgenerator in Betrieb genommen und danach die geförderten Gase in der Brennkammer entzündet werden. Beim Expander Cycle Verfahren genügt es, aus einem Hochdrucktank Startgas zu den Turbinen zu leiten, um sie auf niedrige Umdrehungszahlen zu bringen. Damit wird etwas Treibstoff gefördert, der durch die große Oberfläche der Brennkammerwand verdampft und eine höhere Turbinenleistung ermöglicht, welche wiederum die Treibstoffmenge erhöht. Diese Vorgehensweise wird daher als „Bootstrap Cycle“ bezeichnet. Außerdem ist das Triebwerk durch den fehlenden Gasgenerator einfacher aufgebaut und hat weniger Fehlerquellen. Interessanterweise hat Russland diese Technologie noch nicht in Serientriebwerken eingesetzt, und setzt beim RD-0146 Oberstufentriebwerk auf Basis von LH2/LOX das Staged Combustion Verfahren ein.
Abbildung 5: Aufbau des A-6 Triebwerks der Redstone, heutige Triebwerke sind deutlich komplexer aufgebaut.
Feste Treibstoffe sind in Pulverraketen seit Hunderten von Jahren im Einsatz. Doch die modernen Feststoffantriebe wurden erst in den letzten Jahrzehnten entwickelt. Bisher haben nur wenige Nationen die Fähigkeit zum Bau großer und leistungsfähiger Feststoffantriebe erworben. China und Russland haben diesen Schritt bei zivilen Trägerraketen gerade erst getan. Die USA haben bereits Mitte der sechziger Jahre begonnen, feste Treibstoffe für militärische Raketen einzusetzen. Alle nach 1965 eingeführten militärischen Kurz-, Mittel- und Langstreckenraketen waren Feststoffraketen. Auch bei Trägerraketen spielen feste Treibstoffe eine große Rolle. Es sind mit der Minotaur I/IV/6, Pegasus und Taurus XL sogar sechs reine Feststoffraketen im Einsatz.
Die heute verwendeten, modernen Treibstoffe bestehen aus drei Komponenten:
Dem Oxidator Ammoniumperchlorat, der etwa zwei Drittel der Gesamtmasse ausmacht. Er liefert den Sauerstoff für die Verbrennung.
Dem Verbrennungsträger Aluminium, der die Energie liefert (etwa 14 – 20 Prozent).
Dem Binder, einem Kunstharz, das aushärtet und dabei die anderen Komponenten bindet.
Dieser Binder ist die wichtigste Neuerung bei den modernen festen Treibstoffen. Er erlaubt es, Mischungen zu erzeugen, die kontrollierbar und linear abbrennen. Der spezifische Impuls konnte gegenüber früheren Mischungen gesteigert werden. Er liegt heute bei einem Spitzenwert von etwa 2.900 m/s – nur wenig unterhalb von NTO/Hydrazin, einer typischen lagerfähigen Treibstoffkombination. Dabei entschärft der Binder den Treibstoff. Die früher verwendete heterogene Mischung, wie das klassische Schwarzpulver, konnte explodieren, wenn es nicht gleichmäßig in die Form gepresst war. Als Binder werden Polymere verwendet, die durch einen Radikalstarter bei der Produktion vernetzt werden. Dabei werden in Mischern Aluminium und Ammoniumperchlorat zugemischt und die Mischung gerührt, bis sie zähflüssig ist und sich das schwerere Aluminiumpulver nicht mehr abtrennen kann. Nach einigen Tagen des Aushärtens entsteht eine gummiartige Masse. Sie brennt nur an der Oberfläche. Selbst bei einer Explosion, wie sie bei der Selbstzerstörung eines Boosters vorkommt, explodiert der Treibsatz nicht. Im Gegenteil: Wenn der Brennkammerdruck unter einen Mindestdruck sinkt, verlöscht er.
Der Schubverlauf eines Feststoffantriebs kann auf zwei Arten beeinflusst werden. Beide Möglichkeiten bestehen nur während der Herstellung.
Die erste Möglichkeit besteht darin, den Treibsatz in eine passende Form zu gießen, sodass sich die geeignete Geometrie ergibt. Der Schub eines Feststofftriebwerks ist proportional zur abbrennenden Oberfläche. Ein fester Treibsatz weist in der Mitte ein Loch auf, welches sich vom Anfang bis zum Ende des Treibsatzes erstreckt. Durch die Form dieser Öffnung werden Form und Größe der Oberfläche bestimmt. Der Treibsatz brennt von innen nach außen ab. Während der Herstellung befindet sich in der späteren Höhle ein Zapfen, der nach dem Aushärten entfernt wird.
Große Booster werden aus Segmenten hergestellt, die separat befüllt werden. Es ist auch möglich, große Segmente schrittweise zu befüllen.
Es gibt es zwei verbreitete Geometrien für die Öffnung im Treibsatz. Das sind der sogenannte Sterninnenbrenner, bei dem die Öffnung im Treibsatz eine Sternform aufweist und den normalen Innenbrenner. Der Innenbrenner hat eine kreisförmige Öffnung, der Treibstoff befindet sich in einem Kreiszylinder und schließt mit der Wand ab. Da die Öffnung beim Abbrand immer größer wird, steigt der Schub beim Kreisinnenbrenner langsam an. Sterninnenbrenner haben eine sternförmige Oberfläche. Je nach geometrischer Form kann der Schubverlauf sehr komplex sein. In der Regel sind Sterninnenbrenner Antriebe mit kurzer Brennzeit und gleichmäßigen Schub. Die Variante ohne zentrale Öffnung, der Stirnbrenner, mit konstantem Schub, wird nicht eingesetzt. Er hat den Nachteil, dass die Brennkammerwand über die ganze Brennzeit hohen Temperaturen ausgesetzt wird. Bei den Innenbrennern erreicht die Flammenfront die Gehäusewand erst beim Brennschluss. Die Shuttle SRB setzen in einem Segment einen Sterninnenbrenner mit elf Zacken ein, der einen hohen Startschub ergab. Der Schub sinkt durch Verringerung der Oberfläche nach 50 Sekunden ab. Zu diesem Zeitpunkt durchquert das Shuttle die Zone maximaler aerodynamischer Belastung. Die anderen Segmente haben normale Innenbrenner.
Abbildung 6: Schub/Zeitverhalten beim Sterninnenbrenner und normalen Innenbrenner