Die Evangelische Kirche und Medien in Deutschland seit 1945 - Diana Schild - E-Book

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Diana Schild

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Beschreibung

Magisterarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Theologie - Historische Theologie, Kirchengeschichte, Note: 1,0, Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, Sprache: Deutsch, Abstract: Die evangelische Kirche und Medien mit den Bereichen Print, Rundfunk und Online-Dienste sind zwei wesentliche Faktoren der Kommunikation im 21.Jahrhundert. Die Kirche in Deutschland ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts eine systematisch organisierte Institution, agiert auf vielen gesellschaftlichen Ebenen der Bundesrepublik und hat in den vergangenen zwanzig Jahren eine zunehmende Konzentration auf ihre Öffentlichkeits- und Medienarbeit vorangetrieben. Die Medien leisten über Nachrichten- und Informationsträger einen entscheidenden Beitrag für das Zusammenleben der Generationen und verschiedener Berufs- und Interessengruppen. Insbesondere seit der Einführung des dualen Rundfunksystems sind die öffentlich-rechtlichen und die privaten Rundfunkanstalten und Verlage zunehmend einflussreicher gewordene Wettbewerbsteilnehmer auf dem Kommunikationsmarkt. Wie viele der westlichen Industriestaaten ist die deutsche Gesellschaft, mit ihrem Gebrauch und ihrer Abhängigkeit von Radio, Fernsehen, Computer- und audiovisuellen Techniken, eine für die gegenwärtige Zeit typische Mediengesellschaft. Durch die konstante Weiterentwicklung elektronischer Kommunikationsmittel existiert mittlerweile eine vollständig digitalisierte Medienkultur. Neben diesem medialen Wandel ist das pluralistische Verhältnis zwischen unterschiedlichen Kulturen und Religionen von großer Bedeutung für die Position der Kirche in der Öffentlichkeit Deutschlands. Auch die evangelische Kirche steht heute daher bezüglich ihrer Selbstdarstellung und der Kooperation mit Verlagen, Presseeinrichtungen sowie Print- und Rundfunkvertretern vor völlig anderen Herausforderungen als noch vor einem halben Jahrhundert. Anliegen dieser Magisterarbeit ist es, diese Veränderungen, die vor allem ein Resultat des Wandels der Medienlandschaft in der deutschen Bundesrepublik sind, aufzuzeigen. Welche Position hat die evangelische Kirche in der Medienwelt? Wie nutzt sie ihr Drittsenderecht in Hörfunk und Fernsehen? Wie verläuft die Kooperation zwischen Kirchenvertretern und Journalisten? Wo bestehen effektive Möglichkeiten für die Verständigung mit den verschiedenen Gesellschaftsmilieus und wo treten Probleme auf? Diese und weitere Fragen sollen sowohl unter Einbezug der Öffentlichkeitssituation nach dem Zweiten Weltkrieg und während des Wiederaufbaus des deutschen Staates als auch unter Betrachtung des gegenwärtigen Verhältnisses zwischen der evangelischen Kirche und den Medien erörtert werden.

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Inhaltsverzeichnis
1. Wichtige Phasen der deutschen Medienlandschaft von 1945 bis in die Gegenwart
1.1 Die Öffentlichkeitssituation der Nachkriegszeit
1.2 Die Entstehung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
1.3 Die Etablierung des Privatfunks und die gegenwärtige Medienlandschaft.
2 Exkurs: „Medienreligion“ - Ein Phänomen der Massenmedien
3 Die evangelische Kirche und ihre Stellung in der Mediengesellschaft.
3.1 Die Neuorganisation und das Medienverständnis zwischen 1945 und 1990.
3.2 Die EKD-Gesamtpläne zur Publizistik von 1990 und 1997 im Kontext der deutschen
3.3 Dokumente zur gegenwärtigen Medienpräsenz der evangelischen Kirche
4 Bundesweite Presseämter und gegenwärtige Printmedien der evangelischen Kirche
4.1 Der Evangelische Pressedienst (epd)
4.2 Das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP)
4.3 Formate evangelischer Zeitungen und Zeitschriften.
4.3.1 Die „Evangelische Zeitung“ - eine Wochenzeitung in Niedersachsen.
4.3.2 „Zeitzeichen“ - das evangelische Monatszeitschrift für Intellektuelle
4.3.3 „chrismon“ - die auflagenstärkste evangelische Zeitschrift
4.3.4 Zwischenfazit: Evangelische Printmedien
5 Die evangelische Kirche im gegenwärtigen deutschen Rundfunk.
5.1 Rechtsstellung der Kirche im öffentlich-rechtlichen Rundfunk
5.2 Rechtsstellung der Kirche im privaten Rundfunk.
5.3 Medienbeauftragte und Rundfunkbeauftragte der EKD
5.3.1 Zusammenschlüsse kirchlicher Medienarbeit
5.3.1.1 Das Evangelische Rundfunkreferat der norddeutschen Kirchen e.V. (ERR)
5.3.1.2 Die Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Rundfunk (aer)
5.4 Überblick der Sendeplätze und Formate im deutschen Rundfunk.
5.4.1 Sendeplätze und Formate bei öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern.
5.4.2 Eigene Sender der evangelischen Kirche
6 Rundfunkbeiträge der evangelischen Kirche im Vergleich - am Beispiel von
6.1 Verkündigungsbeiträge im öffentlich-rechtlichen Rundfunk
6.1.1 „Das Wort zum Sonntag“ - Der Klassiker der ARD
6.1.2 NDR 2 „Moment mal“ und die „Radiokirche“ bei N-JOY -
Verkündigungsformate zwischen Ernst und Unterhaltung beim Hörfunk des NDR
6.2 Beiträge im privaten Rundfunk.
6.2.1 „So gesehen“ - christliche Denkanstöße in 60 Sekunden.
6.2.2 „ffn-Spezial“ und „Kinderbibelquiz“ - evangelische Beitragsvariationen bei ffn
Zusammenfassung und Ausblick.
Zeitschriften und Broschüren

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Einleitung

Die evangelische Kirche und Medien mit den Bereichen Print, Rundfunk und Online-Dienste sind zwei wesentliche Faktoren der Kommunikation im 21. Jahrhundert. Die Kirche in Deutschland ist als „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ eine systematisch organisierte Institution, agiert auf vielen gesellschaftlichen Ebenen der Bundesrepublik und hat in den vergangenen zwanzig Jahren eine zunehmende Konzentration auf ihre Öffentlichkeits- und Medienarbeit vorangetrieben.

Die Medien leisten über Nachrichten- und Informationsträger wie Zeitungen, Zeitschriften, Bücher und mittels einer Vielzahl von Hörfunk- und Fernsehprogrammen einen entscheidenden Beitrag für das Zusammenleben der Generationen und verschiedener Berufs-und Interessengruppen. Insbesondere seit der Einführung des dualen Rundfunksystems sind die öffentlich-rechtlichen und die privaten Rundfunkanstalten und Verlage zunehmend einflussreicher gewordene Wettbewerbsteilnehmer auf dem Kommunikationsmarkt. Wie viele der westlichen Industriestaaten ist die deutsche Gesellschaft, mit ihrem Gebrauch und ihrer Abhängigkeit von Radio, Fernsehen, Computer- und audiovisuellen Techniken, eine für die gegenwärtige Zeit typische Mediengesellschaft. Durch die konstante Weiterentwicklung elektronischer Kommunikationsmittel, mit hoch spezifizierter Technik, existiert mittlerweile eine vollständig digitalisierte Medienkultur. Sowohl beruflich als auch privat, ob gemeinschaftlich oder individuell - nahezu jeder Haushalt bedient sich, neben der Printmedien, der Rundfunk- und Onlinemedien.

Eine Langzeitstudie über die Mediennutzungsgewohnheiten der deutschen Staatsbürger, die von 1964 bis 2005 von ARD und ZDF durchgeführt wurde, belegt enorme Veränderungen bezüglich des Mediengebrauchs innerhalb dieser 41 Jahre. Die Studie hat repräsentative Zahlen zur Mediennutzung der deutschen Staatsbürger ab dem 14. Lebensjahr ermittelt. Demnach sind das Radio, mit 221 Minuten Laufzeit pro Tag, und das Fernsehen, mit 220 Minuten Laufzeit pro Tag, die offensichtlich bevorzugten Medien. Das Internet wird täglich 44 Minuten genutzt und Tageszeitungen werden nach den Ergebnissen der Studie 30 Minuten täglich gelesen. Unter Einbeziehung des Zeitschriften- und Bücherkonsums ergibt sich eine

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Nutzungszeit von durchschnittlich 600 Minuten. Im Vergleich zur Mediennutzung im Jahr 1980 (346 Minuten) entspricht das einer Zunahme von ca. 75 Prozent.1Neben diesem medialen Wandel innerhalb unserer Mediengesellschaft ist der Pluralismus unterschiedlicher Kulturen und Religionen von großer Bedeutung für die Position der Kirche in der Öffentlichkeit Deutschlands. Auch die evangelische Kirche steht heute daher bezüglich ihrer Selbstdarstellung und der Kooperation mit Verlagen, Presseeinrichtungen sowie Print-und Rundfunkvertretern vor völlig anderen Herausforderungen als noch vor einem halben Jahrhundert.

Zu dem Thema „Kirche und Medien“ gibt es bereits viele Publikationen, die verschiedene Ebenen und Aspekte erörtert haben. Die aktuelle Literatur bietet, ausgehend vom Umgang der Kirchen - und Medienvertreter mit rechtlichen Grundvoraussetzungen, über Positionen des evangelischen Selbstverständnisses entsprechend der Repräsentation in den Medien, von kircheninterner Personalpolitik über praktisch-theologische Debatten bis hin zur Rezeptions-und Medienwirkungsforschung, ein großes Forschungsfeld. Anliegen dieser Arbeit ist es, zu verdeutlichen, wie die evangelische Kirche sich seit 1945 in den Medienbereichen etabliert hat und wie sich währenddessen die Standpunkte der Theologen und Kirchenvertreter gegenüber den Voraussetzungen und Ansprüchen der Mediengesellschaft geändert haben. Welche Position hatte, bzw. hat die evangelische Kirche in der Medienwelt? Wie nutzt sie ihr Drittsenderecht in Hörfunk und Fernsehen? Wie verläuft die Kooperation zwischen Kirchenvertretern und Journalisten? Wo bestehen effektive Möglichkeiten für die Verständigung mit den verschiedenen Gesellschaftsmilieus und wo treten Probleme auf? Diese und weitere Fragen sollen sowohl unter Einbezug der Öffentlichkeitssituation nach dem Zweiten Weltkrieg und während des Wiederaufbaus des deutschen Staates als auch unter Betrachtung des gegenwärtigen Verhältnisses zwischen der evangelischen Kirche und den Medien erörtert werden.2Folglich gliedert sich der Inhalt dieser Arbeit in einen historischen Teil (Punkt 1-3) und in einen gegenwarts-orientierten Teil (Punkt 4-6). Die Nachkriegszeit zwischen 1945 und 1950 ist hinsichtlich der Wiedererlangung der Meinungs- und Pressefreiheit und der Neuordnung des Mediensystems von besonderer Bedeutung. Im ersten Teil der Arbeit wird daher unter Punkt 1 die Entfaltung der deutschen

1Vgl. Eimeren, Birgit; von Ridder, Christa -Maria: Trends in der Nutzung und Bewertung der Medien 1970 bis 2000. Ergebnisse der ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation, in: Media Perspektiven, 11/2000, S. 538-553.

2Anmerkung: Wenngleich diese Arbeit sich auf die Medienarbeit der evangelischen Kirche stützt, ist es punktuell notwendig auch auf die katholische Kirche zu schließen, da die Medienpräsenz der beiden Konfessionen häufig zueinander in Verbindung steht.

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Medienlandschaft unter der Militärregierung der alliierten Siegermächte beschrieben. In diesem Zusammenhang werden medienpolitisch entscheidende Daten, Gesetze und Abkommen erläutert, die für das Fortbestehen, beziehungsweise für das Entstehen, der unterschiedlichen Medieneinrichtungen entscheidend waren. Die Etablierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks im Jahr 1950 und die Entwicklung der ersten privaten Medienanstalten in den 1980er Jahren werden in diesem Zusammenhang erläutert. Neben Quellen, wie Gesetzen und Verträgen, bietet das chronologische Handbuch von Gerd G. Kopper: „Medien- und Kommunikationspolitik der Bundesrepublik Deutschland“3zahlreiche Detailinformationen, die auch die medienpolitische Wirkung der Kirche mit einbeziehen. In Punkt 2 wird ein Exkurs zu dem in der gegenwärtigen Religionssoziologie und in der Medienwirkungsforschung häufig behandelten Phänomen der „Medienreligion“ geführt, da dieser Begriff zwar eine Ebene der Präsenz von Kirche und Religion in der Gesellschaft beschreibt, jedoch nicht als „die Kirche in den Medien“ zu verstehen ist. Anschließend wird in Punkt 3 das konkrete Verhältnis von Medien und Kirche erörtert. Dabei werden ausschlaggebende Positionierungen der evangelischen Kirche bezüglich der Auseinandersetzung mit den Facetten der Mediengesellschaft dargestellt. Zunächst werden unter diesem Themenpunkt einige EKD - Gesamtpläne zur evangelischen Publizistik genannt. Da der letzte umfassende Gesamtplan der EKD aus dem Jahr 1997 stammt, werden zur heutigen Situation regional begrenzte Stellungnahmen und eine Rede der Bischöfin der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover, Margot Käßmann, aus dem März 2008 betrachtet. Die Gesamtheit dieser Dokumente soll Aufschluss über die gegenwärtige Situation der Kirche auf dem Medienmarkt geben und darüber, wie die Kooperation mit den Print - und Rundfunkeinrichtungen derzeit von Öffentlichkeitsbeauftragten der Kirche und von Journalisten bewertet wird.

In Anlehnung daran beschäftigt sich der zweite Teil der Arbeit detailliert mit dem gegenwärtigen Verhältnis zwischen der evangelischen Kirche und den Medien. Die Gemeinde-Publikationen sind dabei weitgehend unbeachtet, da das Anliegen dieser Arbeit nicht die Kommunikation innerhalb der Kirchengemeinde ist. Das Kernthema ist die christliche Kommunikation über Print- und Rundfunkmedien, die für alle Teile der Gesellschaft zugänglich sind und sich eher Kausal-Christen zuwenden. Da die Pressearbeit, die Publikationen und das Rundfunkprogramm der evangelischen Kirche inzwischen ein

3Vgl. Kopper, Gerd G.: Medien- und Kommunikationspolitik der Bundesrepublik Deutschland. Ein chronologisches Handbuch 1944 bis 1988, Saur Verlag, München 1992.

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umfassendes Angebot bieten, werden aus den genannten Bereichen vereinzelte Medienproduktionen exemplarisch behandelt. Eine Betrachtung aller Formen evangelischer Medienarbeit würde den Umfang dieser Arbeit sprengen.

Als tragende Einrichtungen, sowohl für die Presse als auch für Hörfunk- und Fernsehen, werden unter Punkt 4 zunächst der „Evangelische Pressedienst“ (epd) und das „Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik“ (GEP) vorgestellt. Beispielgebend für die verschiedenen Printformate der evangelischen Kirche werden in diesem Zusammenhang die „Evangelische Zeitung“ in Niedersachsen, das bundesweite Abonnement-Magazin „Zeitzeichen“ und die Zeitschrift „chrismon“, welche als Beilage in mehreren Tages- und Wochenzeitungen veröffentlicht wird, zur Veranschaulichung dienen. In Punkt 5 wird der Blick auf die Präsenz der evangelischen Kirche im deutschen Rundfunk gerichtet. Diesbezüglich soll die Verbindung mit den öffentlich-rechtlichen und den privaten Medienanstalten geschildert werden, beginnend mit den rechtlichen Voraussetzungen, welche die Grundlage für die Zusammenarbeit bilden. Davon ausgehend wird die Funktion der verschiedenen Positionen der kirchlichen Rundfunkvertreter erläutert und im Zusammenhang der Organisations- und Tätigkeitsbereiche werden gegenwärtige Zusammenschlüsse der evangelischen Medienarbeit geschildert. Dazu zählen das „Evangelische Rundfunkreferat der norddeutschen Kirchen“ (ERR) als Kooperationspartner des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Norddeutschland und die „Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Rundfunkarbeit“ (aer), die ein bundesweiter Verband der evangelischen Hörfunkredaktionen im privatrechtlichen Rundfunk ist. Anschließend wird ein Überblick der unterschiedlichen Sendeplätze und Formate innerhalb des Programms des dualen Rundfunksystems erstellt, wobei auch die Rolle zusätzlicher privater Sender mit christlichem Profil, wie „Radio Paradiso“, „bibel.TV“ und „bwfamily.tv“ thematisiert wird.

Oben ist bereits auf die entscheidende, gegenwärtige Dominanz der Hörfunk- und Fernsehprogramme hingewiesen worden. Dieses Forschungsergebnis und die zu beobachtende verstärkte quantitative und qualitative Nutzung der TV- und insbesondere der Radioformate durch die evangelische Kirche, ist Anlass für die Ausführungen unter Punkt 6. Dort sollen evangelische Rundfunkprogramme bezüglich ihres Formates, ihres theologischgesellschaftlichen Anspruchs und ihrer Zielgruppenorientierung verglichen werden. Als Beispielformate des öffentlich-rechtlichen Rundfunks werden „Das Wort zum Sonntag“, als ältestes Verkündigungssendung in der ARD, und zwei evangelische Radioformate im NDR betrachtet. Davon wendet sich ein Format („Moment mal“) an Hörer des Senders NDR 2,

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dessen Zielgruppe durchschnittlich im Alter zwischen 29 und 55 Jahren liegt. Das Format des Jugendsenders N-JOY Radio, mit der Bezeichnung „ Die Radiokirche auf N-JOY“, ist für den NDR-Hörerkreis der 14- bis 29-Jährigen konzipiert.

Als Muster evangelischer Formate im privaten Fernsehen wird die bei Sat.1 ausgestrahlte, christliche Kurzsendung „So gesehen“ näher betrachtet. Für ein Beispiel kirchlich verantworteter Beiträge im privaten Hörfunk werden Produktionen des „Evangelischen Kirchenfunk Niedersachsen“ (ekn), zum einen das „ffn-Spezial“ und zum anderen das „Kinderbibelquiz“ (beide für Radio ffn), hinsichtlich ihrer Zielgruppenorientierung und ihrer Gestaltung verglichen.

Insbesondere seit der Etablierung der privaten Medienanbieter und deren kommerziell gesteuerten Programmgestaltung haben sich deutliche Entwicklungen bezüglich der Vermittlung des Evangeliums im Rundfunk vollzogen. In der Praktischen Theologie kommt immer wieder die Diskussion um den Unterhaltungsaspekt bei der inhaltlichen Gestaltung evangelischer Rundfunkbeiträge zum Tragen. Aufgrund dessen sollen die hier erläuterten Beispiele unter dem Aspekt der Diskrepanz zwischen der Ernsthaftigkeit christlicher Dogmatik und dem nach Belustigung und Entspannung ausgerichteten

Unterhaltungsprogramm, das einen großen Teil der gegenwärtigen Hörfunk- und Fernsehformate ausmacht, betrachtet werden.

Schließlich soll deutlich werden, dass die Medienpräsenz der evangelischen Kirche in der Vergangenheit und in der Gegenwart stets von der Gesamtheit der gesellschaftlichen, politischen und medienrechtlichen Bedingungen abhängig war, und weiterhin abhängig ist.

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1. Wichtige Phasen der deutschen Medienlandschaft von 1945 bis in die Gegenwart

1.1 Die Öffentlichkeitssituation der Nachkriegszeit

Die Funktionen und die Wirkungsweise von Medien wie Presse, Hörfunk und Fernsehen sind immer aus dem Kontext der gesamtgesellschaftlichen Situation zu verstehen. Um die Struktur unseres gegenwärtigen Mediensystems nachzuvollziehen und einen Zugang zu den medienrechtlichen Gesetzgebungen und Ordnungen zu erhalten, ist es erforderlich, sich der politischen und wirtschaftlichen Situation in Deutschland unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bewusst zu werden.

Deutschland wurde nach der Kriegsniederlage 1945 von der Militärregierung der alliierten Besatzungsmächten USA, Großbritannien, Frankreich und der Sowjetunion beherrscht.4Mit klaren Leitvorstellungen und Plänen, die teilweise bereits vor Kriegsende entwickelt worden waren, leisteten insbesondere die USA und Großbritannien intensive Beiträge zum Wiederaufbau der deutschen Demokratie. Die Grundsätze lauteten: Entnazifizierung, Entmilitarisierung, Demokratisierung und Dezentralisierung.5Ein staatliches Herrschaftsmonopol wie das nationalsozialistische Hitler-Regime, das sämtliche Wirtschafts-und Gesellschaftsbereiche vereinnahmte und zentralisierte und Deutschland zu einem absolutistischen Staat machte, sollte in jeder Hinsicht verhindert werden. Die alliierten Westmächte wollten ihre Regierungshoheit nutzen, um föderalistische Strukturen zu entwickeln und den deutschen Staatsbürgern ein neues Gesellschaftsbewusstsein zu vermitteln. Neben dem Bildungs- und Kulturbereich hatte dabei die Neuordnung des Medienwesens oberste Priorität. Dafür wurden alle bestehenden Presse- und Verlagseinrichtungen unter Kontrolle gebracht.6Vor allem dem Rundfunk wurde eine klare Staatsferne verordnet, weil dieser seit der Machtübernahme Hitlers im Januar 1933

4Vgl. Pfändtner, Bernhard und Möller, Silke: Nationalsozialismus, C.C. Buchner Verlag, 2.Aufl., Bamberg 2007, S. 106 und S.138 und Internet: Declaration Regarding the Defeat of Germany and the Assumption of Supreme Authority with Respect to Germany and Supplementary Statements, The American Society of International Law, 1945,www.jstor.org/pss/2213921,10.01.2009.

5Vgl. Vollnhals, Clemens: Entnazifizierung. Politische Säuberung und Rehabilitierung in den vier Besatzungszonen 1945-1949, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1991, S. 7-9.

6Vgl. Kopper, Gerd G.: Medien- und Kommunikationspolitik der Bundesrepublik Deutschland. Ein chronologisches Handbuch 1944 bis 1988, Saur Verlag, München 1992, S. 59.

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ausnahmslos als Instrument der NS-Propaganda fungiert hatte.7Im Dritten Reich war das Medium Radio vollständig der Autorität der nationalsozialistischen Staatsführung unterworfen. Dafür hatte Hitler zahlreiche Verordnungen und Erlasse ausfertigen lassen, die es ermöglichten, jegliche Funktionen und Produktionen des Mediums dem im Juni 1933 eingerichteten Reichsministerium für Propaganda und Volksaufklärung zu unterstellen.8Noch vor der Kriegsniederlage Deutschlands und vor dem Sturz der NS-Regierung schlossen die USA und Großbritannien im November 1944 ein Abkommen für ein zeitlich unbefristetes Kontrollsystem der Siegermächte über Deutschland.9Nur zehn Tage später trat das Gesetz Nr.191 der „Alliierten Hohen Kommission in Deutschland“ in Kraft, das sämtliche Bereiche des Rundfunks, des Nachrichtendienstes, sowie Film, Theater und Musik unter die Kontrolle der Besatzungsmächte stellte. Kurz nach der endgültigen Kapitulation des deutschen Militärs wurde dieses Mediengesetz durch weitere Artikel ergänzt und dahingehend erneuert, dass im Juni 1945 jedweder deutsche Sendedienst verboten wurde und Veröffentlichungen von deutschen Zeitungen, Zeitschriften, Plakaten und anderen publizistischen Blättern nur dann zulässig waren, wenn sie den politischen Richtlinien entsprachen und unter Leitung einer der Besatzungsmächte standen. Rundfunkprogramme deutscher Sender waren verboten.10Die bestehenden Hörfunkfunksender standen unter vollständiger Leitung der alliierten Militärführung.11

Auch im Pressewesen gab es wegweisende Entwicklungen. Zwischen September und Oktober 1945 wurde in der US-Zone die „Deutsche Allgemeine Presseagentur“ (DANA) errichtet, die ein Jahr später in die genossenschaftliche „Deutsche Nachrichtenagentur“ (DENA) umbenannt wurde. Im Januar 1947 entstand aus der bisher britischen Agentur „German News Service“ (GNS) der „Deutsche Pressedienst“ (dpd), der zunächst als GmbH eingetragen war und einige Monate später in eine Genossenschaft umgewandelt wurde. Ab

7Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung: Informationen zur politischen Bildung. Nationalsozialismus II. Führerstaat und Vernichtungskrieg, Nr. 266/2000, S.20.

8Vgl. Lerg, Winfried B.: Zur geschichtlichen Entwicklung des Fernsehens in Deutschland. Das Fernsehen der Reichs-Rundfunkgesellschaft 1935-1944, in Longolius, Christian (Hrsg.): Fernsehen in Deutschland. Gesellschaftspolitische Aufgaben und Wirkungen eines Mediums, Hase& Kohler Verlag, Mainz 1967, S. 12-14.

9Vgl. Kutsch, Arnulf: Rundfunk unter alliierter Besatzung, in Wilke, Jürgen (Hrsg.): Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, Böhlau-Verlag, Bonn 1999, S.60 f.; Anmerkung: Frankreich billigte das Abkommen nachträglich, nachdem die Alliierten Roosevelt, Churchill und Stalin sich auf der Potsdamer Konferenz (17.07.-02.08.1945) einigten auch Frankreich eine Besatzungszone zuzuteilen.

10Vgl. Kopper, Gerd G.: Medien- und Kommunikationspolitik der Bundesrepublik Deutschland. Ein chronologisches Handbuch 1944 bis 1988, Saur Verlag, München 1992, S. 94-95.

11Anmerkung: Zur Entwicklung dieser Sender siehe im anschließenden Punkt anhand der Entstehung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Wortwörtliche Formulierungen dieser Gesetze sind zu finden bei Vollnhals, Clemens: Entnazifizierung. Politische Säuberung und Rehabilitierung in den vier Besatzungszonen 1945-1949, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1991.

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September 1949 schlossen sich die DENA aus der US-Zone und der dpd aus der britischen Zone zur „Deutschen Presseagentur“ (dpa) zusammen. Damit hatte sich nach und nach ein deutsches Nachrichtendienstsystem konstituiert.12

Das Zeitungswesen war wegen der angespannten wirtschaftlichen Lage Deutschlands stark beschränkt. Soweit die Knappheit des Papiermarktes es zuließ, dienten viele regionale Ausgaben zumindest in den Städten als Plattform für Stellen- und Verkaufsangebote. Den Provinzgebieten hingegen blieb diese Informationsquelle zunächst verwehrt. Um Auflagenverluste bei den Redaktionen und Verlagen zu vermeiden, einigten sich die größeren Zeitungen auf eine Pressekonzentration. Das führte zum einen zur Existenz von regionalen und überregionalen Kooperationen zwischen größeren und kleineren Presseblättern. Zum anderen entwickelten sich neuartige Tageszeitungsformate wie in München die „Neue Zeitung“, an deren Gestaltung beispielsweise auch Erich Kästner mitwirkte.13Nachrichtenblätter, die der „Sozialdemokratischen Partei Deutschlands“ (SPD) oder der „Christlich-Demokratischen Union“ (CDU) nahe standen, gründeten im britischen

Hoheitsgebiet die Zusammenschlüsse „Konzentration GmbH“ (1946) und „Verein Union Presse“ (1947), die sich ab 1949 im gesamten Bundesgebiet etablierten. Zwar zeigten beide eine parteiliche Bindung, jedoch waren sie so organisiert, dass die Einflussnahme entsprechender Politiker nur begrenzt möglich war.14Zudem wurden wichtige Organisationen gegründet wie beispielsweise der „Zonenpresserat“ 1948 und der „Deutsche Journalistenverband“ 1949, die über wichtige Presseangelegenheiten berieten und den Aufbau und die Förderung der Demokratie auf journalistischer Ebene unterstützen sollten.15Das wirtschaftliche Wachstum innerhalb der besetzten Zonen Deutschlands verlief unterschiedlich. Folglich gab es auch keine gleichmäßigen Entwicklungen in der Industrie. Dennoch kurbelte die im Zuge der konstanten Autoproduktion wachsende Mobilität und die einsetzende Weiterentwicklung von Informations- und Kommunikationstechniken, eine fortlaufende Gesamtdynamik an. Das hatte auch Auswirkungen auf die Reichweite und die Möglichkeiten des sich aufbauenden Massenmediensystems.16

12Vgl. Kopper, Gerd G.: Medien- und Kommunikationspolitik der Bundesrepublik Deutschland. Ein chronologisches Handbuch 1944 bis 1988, Saur Verlag, München 1992, S. 96 und S. 102-103.

13Vgl. Koszyk, Kurt: Pressepolitik für Deutsche 1945-1949. Geschichte der deutschen Presse. Teil IV, Copress Verlag, München 1986, S. 45 f.

14Vgl. Kopper, Gerd G.: Medien- und Kommunikationspolitik der Bundesrepublik Deutschland. Ein chronologisches Handbuch 1944 bis 1988, Saur Verlag, München 1992, S.102 und 105.

15Vgl. ebd., S. 110 und S. 120.

16Vgl. ebd., S. 62-63.

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Vor der Gründung der Bundesrepublik Deutschland, mit einer klaren gesetzlichen Regelung hinsichtlich der Meinungs- und Pressefreiheit und einer einheitlichen Verfassung, hielten sich die Siegermächte jedoch konsequent an ihren, bis Oktober 1949 wirkenden, Lizenzierungsplan. Immer wieder wurden neue Mediengesetze und Verordnungen verabschiedet, die das öffentliche Wirken der Journalisten einschränkten und insbesondere den Einfluss der Politiker auf einzelne Medienbereiche nahezu ausschlossen. Insgesamt blieben medienpolitische Einigungsprobleme und Diskussionen mit den Besatzungsmächten also vorherrschend. Schließlich führten diese Debatten 1946 und 1947 zu Kontrollratsdirektiven, die den demokratischen Parteien und der deutschen Presse die freie, öffentliche Besprechung von politischen Konfliktpunkten legitimierten. Des Weiteren waren Kommentare über die Militärpolitik der Besatzungsmächte gestattet und der Vertrieb von Print-Produkten und Filmen in ganz Deutschland wurde genehmigt.17Auch das existierende Postmonopol, das in Bezug auf die Rundfunksender und den Einzug von Rundfunkgebühren lange Bestand hatte, wurde auf Geheiß der Siegermächte nach und nach aufgelöst. Alle der Post zugehörigen Rundfunksender und Studios wurden in festgelegten Zeiträumen an die Landesregierungen und Landesrundfunkorganisationen abgegeben. Diese sollten bis zum Erlass von Rundfunkgesetzen auch für die Finanzierung verantwortlich sein.18

In der ostdeutschen Zone entwickelte sich die Lage grundlegend anders. Die sowjetische Besatzungsmacht nahm zunehmend Abstand von den demokratisch-politischen Zielen. Die Regierung Stalins arbeitete auf eine Angleichung Deutschlands an das kommunistische System der Sowjetunion hin, was sich ebenso auf die Medienwirtschaft übertrug. Bereits im Dezember 1945 übergab die sowjetische Militäradministration die Rundfunkverantwortung an die „Deutsche Zentralverwaltung für Volksaufklärung“ (DVV), die noch ein halbes Jahr zuvor in publizistischer Kooperation mit dem „Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda“ fungiert hatte. Mit dieser Entscheidung war die erste Maßnahme zur Errichtung eines Staatsrundfunks vollzogen.19Im September 1947, bei einer Tagung der Rundfunkvertreter aus allen vier Besatzungszonen in München, nahmen zum letzten Mal Beauftragte aus der sowjetischen Besatzungszone teil. In den Folgejahren entwickelten sie

17Vgl. ebd., S.102-104.

18Vgl. Bausch, Hans: Rundfunk in Deutschland. Rundfunkpolitik nach 1945. Erster Teil, Dt. Taschenbuch-Verl., München 1980, S. 26-36.

19Vgl. Kutsch, Arnulf: Rundfunk unter alliierter Besatzung, in Wilke, J. (Hrsg.): Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, Böhlau Verlag, Köln 1999, S. 70.

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eine sich von den Westmächten vollständig abgrenzende Medienpolitik.20Insgesamt ist festzustellen, dass hinsichtlich der Kommunikations- und Medienarbeit gerade in den ersten vier Nachkriegsjahren ein strikter Kontrollrahmen von Seiten der Militärregierung dominierend war. Wenn auch Politiker der Parteien aus der Weimarer Zeit ihre Wege in die Öffentlichkeit suchten, blieb die Souveränität dennoch bei den Siegermächten.21Mit der Gründung der „Bundesrepublik Deutschland“ (BRD) und dem am 23.5.1949 in Kraft getretenen Grundgesetz war jedoch der größte verfassungsrechtliche Schritt zur freien, öffentlichen Meinungsäußerung getan. Denn in Artikel 5 Absatz 1 heißt es:„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“22

Das vom Parlamentarischen Rat und unter Einfluss der westlichen Alliierten erstellte Grundgesetz machte alle bisherigen Vorschriften und Regelungen der Militärregierung in Bezug auf das Pressewesen sekundär. Die Vorbehaltsrechte der Alliierten im Rundfunkbereich hingegen, behielten vorerst ihre Geltung.23

1.2 Die Entstehung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Die Zielvorstellungen und Entwürfe der Alliierten über die Gestaltung des Mediensystems unter deutscher Leitung waren vor allem seit der Spaltung Deutschlands 1949 in die BRD und in die „Deutsche Demokratische Republik“ (DDR) von unterschiedlicher Prägung. Nachdem die geplante Phase der totalen Ausschaltung der deutschen Sendebetriebe (1945-1947) und die darin aufgehende Phase der Sender- und Programmgestaltung durch die Alliierten (1946-1949), konsequent umgesetzt werden konnten, war das Hauptanliegen der Besatzungsmächte anschließend die Medienverantwortung wieder in deutsche Hände zu

20Vgl. Kopper, Gerd G.: Medien- und Kommunikationspolitik der Bundesrepublik Deutschland. Ein chronologisches Handbuch 1944 bis 1988, Saur Verlag, München 1992, S. 105.

21Vgl. Bausch, Hans: Rundfunk in Deutschland. Rundfunkpolitik nach 1945. Erster Teil, Dt. Taschenbuch-Verlag, München 1980, S. 72-14.

22Siehe Quelle: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 5 Absatz 1, Textausgabe, Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), Bonn 2005, S. 14.

23Vgl. Kopper, Gerd G.: Medien- und Kommunikationspolitik der Bundesrepublik Deutschland. Ein chronologisches Handbuch 1944 bis 1988, Saur Verlag, München 1992, S. 116.

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übertragen.24Im September 1949 erließ die „Alliierte Hohe Kommission“ das Gesetz Nr. 5, das den Lizenzzwang aufhob und, unter Bezugnahme auf das Grundgesetz, neben der Pressefreiheit auch die Rundfunkfreiheit zusicherte.25Hinsichtlich der Umsetzung dieses Statuts diskutierten die US-Amerikaner und die Briten über zwei Modelle26: Die Vertreter der USA plädierten für einen Rundfunkmarkt mit kommerziellem Wettbewerb zwischen privaten Sendern, so wie es ihnen aus der amerikanischen Gesellschaft mit einem liberalen Mediensystem geläufig war. Die Engländer hingegen traten für ein deutsches Rundfunksystem ein, dass dem Modell des britischen Senders „British Broadcasting Corporation“ (BBC) entsprach, also ein in öffentlicher Verantwortung stehendes, vom Staat unabhängiges Medienunternehmen.27Da ein privater Rundfunkmarkt aufgrund der sehr unterschiedlichen ökonomischen Gegebenheiten nicht zu verwirklichen war und weil für alle westlichen Besatzungsmächte der schon erläuterte Aspekt der Staatsferne des Rundfunks von großer Bedeutung war, wurde auf eine föderalistische Organisationsstruktur in Form von eigenständigen Landesrundfunkanstalten hingearbeitet. Während des ersten Jahrzehnts nach dem Krieg entwickelte sich ein Rundfunkmodell, das sich im Wesentlichen an das BBC-Modell anlehnte. So wurden in der britischen Besatzungszone bereits 1945 „Radio Hamburg“ und der „Nordwestdeutsche Rundfunk“ (NWDR) unter der Leitung des BBC-Generaldirektors Hugh Greene gegründet. 1948 wurde die Leitung des NWDR, unter der Bedingung der allgemeinen Kontrolle durch die „Alliierte Hohe Kommission“ dem ehemaligen niedersächsischen Kultusminister Adolf Grimme (Amtszeit: 1945-1948) erteilt. Schrittweise wurden die Rundfunksender als Anstalten des öffentlichen Rechts organisiert und fungierten als gemeinnützige, vom Staat unabhängige Einrichtungen, die mittels Gebühren finanziert werden sollten. Zur Organisations- und Programmkontrolle wurden Rundfunk- und Verwaltungsräte gegründet, in denen Vertreter verschiedener Interessengruppen aus politischen, kulturellen, kirchlichen und wissenschaftlichen Bereichen als Aufsichtsorgane wirkten. Mit diesen pluralistisch organisierten Aufsichtsgremien sollte

24Vgl. Kutsch, Arnulf: Rundfunk unter alliierter Besatzung, in Wilke, J. (Hrsg.): Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland, Böhlau Verlag, Köln 1999, S. 61.

25Vgl. Kopper, Gerd G.: Medien- und Kommunikationspolitik der Bundesrepublik Deutschland. Ein chronologisches Handbuch 1944 bis 1988, Saur Verlag, München 1992, S. 118.

26Anmerkung: Das französische Rundfunk-Modell stand aufgrund seiner zentralistischen und staatsnahen Struktur nicht zur Diskussion. Vgl. auch Fischer Lexikon: Publizistik Massenkommunikation, Noelle-Neumann, Elisabeth; Schulz, Winfried, Wilke, Jürgen (Hrsg.), Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2002, S. 553.

27Vgl. Kopper, Gerd G.: Medien- und Kommunikationspolitik der Bundesrepublik Deutschland. Ein chronologisches Handbuch 1944 bis 1988, Saur Verlag, München 1992, S. 60.