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Alle Kindergartenkinder kennen das Lied von Anne Kaffeekanne! In diesem Buch wird die Geschichte von Anne Kaffeekanne weitergesponnen. Fredrik Vahle erzählt zum ersten Mal, wie es kam, dass Anne die Eskimos, den riesengroßen Löwen, Heidi und den Almöhi, den Oberförster und Hansi Heinemann kennengelernt hat. Und wie Anne ihre heißgeliebte Kaffeekanne verliert! Ein Glück, dass Hansi sie wiederfindet. Zum Schluss gibt es dann eine große Geburtstagsparty mit allen Freunden! Ein Lieblingsbuch, das wie die CD in keinem Kinderzimmer fehlen darf. Die ganze Welt von Anne Kaffeekanne mit vielen alten und neuen Freunden, zum Vorlesen und für die ganze Familie. Zum Anne-Kaffeekanne-Jubiläum mit bislang unveröffentlichten Liedern und Gedichten von Fredrik Vahle und mit vielen bunten Illustrationen von Susanne Göhlich.
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Zeit:1 Std. 55 min
Fredrik Vahle
Die fabelhafte Geschichte von Anne Kaffeekanne
Mit farbigen Bildern von Susanne Göhlich
FISCHER E-Books
Ich heiße Anne.
Ein schöner Name, finde ich. Kurz und bündig. Als würde etwas in Schwung kommen.
Eigentlich heiße ich Anna Katharina. Aber das ist mir irgendwie zu umständlich. Das hat schwere Füße. Mein Vater wollte, dass ich Katharina heiße. Meine Mutter war für Susanne. Zuerst haben sie sich gestritten. Doch am Ende ist Anna Katharina rausgekommen. Ein Glück, sonst würde ich heute ›Kati‹ oder ›Susi‹ genannt und wäre so geworden wie meine kleinen Schwestern. Bei denen war alles einfacher. Die hießen von Anfang an Kiki und Veronika.
Also, manchmal denke ich mir was Lustiges aus. Neulich haben Oma und ich uns verkleidet. Ich hatte einen bunten Umhang vom letzten Fasching an und Zebrastrümpfe. Dann habe ich noch so einen spitzen Hut dazu gefunden, und den hab ich mir aufgesetzt, und dann bin ich auf dem Besenstiel immer um meine Oma rumgesaust. Das war was! Meine Oma hat gesagt: »Du hast ja ein Tempo drauf, als wolltest du zum Nordpol und in die Wüste fliegen!«, und ich habe gesagt: »Na klar, da komm ich überall hin …!«
Fliegen ist so eine Sache. Und so richtig was für mich. Eigentlich brauchen die Menschen zum Fliegen Flugzeuge. Vögel, Engel und Fledermäuse haben dafür Flügel.
Manchmal können Menschen ja auch fliegen … ohne Flügel und ohne Flugzeug. Nein, nicht als Drachenflieger, sondern im Traum.
Ich bin schon oft im Traum geflogen, und da weiß ich ganz genau, dass ich fliegen kann. Ich nehme Anlauf, halte die Luft an, und schon schwebe ich los. Im Traum bin ich so leicht wie eine Feder.
Aber wenn ich aufwache, habe ich immer wieder vergessen, wie man das macht. Manchmal denke ich auch, ich hab’s nicht vergessen. Dann setze ich mich auf einen Stuhl, mache die Augen zu, atme tief durch und denke ganz stark, dass ich fliege. Ich stelle mir vor, ich schwebe über den Garten und über den Teich. Und dann geht’s erst richtig los: übers Haus und dreimal im Kreis herum, und schließlich, wenn ich so richtig in Schwung bin, sssssst – hoch hinaus. Dann fliege ich über die ganze Stadt und überallhin, auch an den Nordpol und in die Wüste. Und manchmal erlebe ich Sachen … also wirklich …
Aber egal, wohin ich fliege – meine Kaffeekanne habe ich immer dabei.
Zum Fliegen muss man sich nur leicht machen und alles, was schwer ist, hinter sich lassen. Die Vögel können das. Vögel mit Übergewicht habe ich noch nie gesehen. Und wenn ich dann wieder landen will, mache ich gaaanz langsam die Augen wieder auf.
Meine beiden Schwestern hatten die ganze Zeit draußen gespielt. Aber als sie das Getrampel und das laute Lachen hörten, sind sie reingekommen. Und sind dann auch mit herumgehüpft. Nur verkleiden wollten sie sich nicht. Kiki und Veronika spielen nämlich immer dasselbe: Prinzessin und Meerjungfrau. Die haben auch so Kostüme und Bilderbücher dazu. Aber das ist alles fix und fertig. Dabei kann man sich kaum selber was ausdenken. Deshalb versuche ich immer, sie zu was anderem zu überreden. Also haben wir gesungen. Lauter so Quatschlieder mit komischen Wörtern. »Schubidu, da fliegt die Kuh!« Wir mussten so sehr lachen, dass unsere Bäuche weh taten.
Das ging noch eine ganze Weile so weiter, und wie immer kam zum Schluss mein Mädchenfreiheitslied.
Mädchenfreiheitslied
Keine Knöpfe im Ohr
und kein Handy an der Backe,
kein Geklecker, kein Gemecker,
aber immer zicke, zacke.
Immer cool sein bringt Erkältung –
ich will, wo’s schön warm ist, hin.
Brauchste gar nicht groß zu gucken:
Du bist du, weil ich ich bin!
Keine Schuhe an den Füßen,
aber ab ins nasse Gras –
schwupp, sind wir auf Wolke sieben,
ab die Post und sonst noch was!
Und ist das ein Tag gewesen,
der mir ganz vorzüglich schmeckt,
dann wird ohne Federlesen
froh der Teller abgeleckt.
Keine Knöpfe im Ohr
und kein Handy an der Backe,
kein Geklecker, kein Gemecker,
aber immer zicke, zacke.
Immer cool sein bringt Erkältung –
ich will, wo’s schön warm ist, hin.
Brauchste gar nicht groß zu gucken:
Du bist du, weil ich ich bin!
Na klar, jetzt wollt ihr sicher wissen, wie das eigentlich mit der Kaffeekanne ist, oder? Also gut, Kaffeekanne hin, Kaffeekanne her – ich will’s euch verraten.
Das hat nämlich mit Frau Klatschmohn zu tun. Die wohnte in einem alten Haus. Das Rumpumpelhaus haben wir immer dazu gesagt, weil neben dem Haus ein großer Haufen Blech und Eisen lag. Töpfe, Tassen und alles Mögliche an Blechzeugs. Mein Kletterbaum war auch nicht weit weg. Vor allem war da aber Igor, Frau Klatschmohns Sohn. Der konnte auf einer Trötenflöte spielen. Die hatte er sich selbst gebastelt und so lange geübt, bis er tatsächlich ganz lange Lieder spielen konnte. Die klangen leise und traurig. Und so schön, dass sie mich verzauberten. So schön traurig-leise, dass ich ziemlich oft zu Frau Klatschmohn und Igor kam.
Eines dieser Lieder war richtig poetisch. Igor sagt, wer dieses Lied kennt, braucht sich nie mehr im Leben zu langweilen.
Lied vom Nixtun
Auch beim Nixtun –
merk dir das –
tut sich immer
irgendwas.
Tu erst mal nix,
sei einfach froh,
denn so viel
tut sich sowieso.
Denn in dir drin –
jetzt denk dir bloß –
ist immerzu
’ne Menge los.
Es atmet ein,
es atmet aus.
Geht in dich rein,
geht aus dir raus.
Gedanken kommen an
und geh’n.
Du brauchst sie nicht
im Kreis rumdreh’n.
Und dazu klopft
in aller Ruh’
dein gutes, warmes
Herz dazu.
Dann ist Igor zurück nach Polen gegangen. »Ich sag nicht ade. Ich sag auf Wiedersehen«, hat er zu mir gesagt und lustig mit den Augen gezwinkert.
Mir war aber nicht zum Zwinkern zumute. Weil ich nicht »auf Wiedersehen« sagen wollte.
Weil ich so traurig war, bin ich gleich am nächsten Tag zu meinem Kletterbaum gegangen. Diesmal waren sogar Kiki und Veronika mitgekommen. Ausnahmsweise. Doch gleich ging es wieder los: »Eine Prinzessin muss doch nicht auf Bäume klettern«, zeterte Veronika, »die wird in der Kutsche gefahren!« Und Kiki legte sich gleich mit dem Baum an. »Na«, sagte Kiki zu dem Baum, »weißt du überhaupt, dass es das Meer gibt und dass da ein Muschelschloss steht und dass darin eine Meerjungfrau wohnt, die heute ausnahmsweise mal Landurlaub hat?«
Der Baum sagte nichts. Er rauschte nur mit den Blättern, denn Meerjungfrauen waren ihm – glaube ich – egal.
Ich lief erst einmal um den Baum herum und guckte ihn mir von allen Seiten an. Doch was war das?
Da stand doch etwas im Gras!
Ein Kochtopf!
Und als ich den Deckel hob, war da ein Kästchen drin, und als ich das Kästchen aufmachte, war da eine noch viel kleinere Dose, und als ich diese Dose aufmachte, war da ein ziemlich kleiner Brief, und als ich den Brief aufmachte, war da ein Zettelchen, und auf dem Zettelchen stand so was wie ein Spruch, und der lautete:
Wo Kaffee war,
ist jetzt Musik.
Steig hoch hinauf,
und horch und kiek!
Es ist mein allerbestes Stück.
S’ will hoch hinaus,
drum hol’s zurück.
»Der Igor ist einer, der macht gerne komische Geschenke«, hat Frau Klatschmohn gesagt, die plötzlich hinter mir stand.
Komisch war das wirklich. Typisch Igor.
Was der Brief wohl zu bedeuten hatte? »Steig hinauf« – das habe ich gleich verstanden. Aber das mit dem Kaffee und der Musik überhaupt nicht. Außerdem gibt es auf einem Baum Äste und Blätter und wunderbare Aussicht – aber sonst, was gab es da sonst?
Also bin ich in meinen Kletterbaum hineingeklettert, wie es in dem Brief stand.
»Bleib nicht so lange oben«, hat Veronika mir noch nachgerufen.
Ich bin aber einfach weiter hinaufgeklettert, weil ich unbedingt das Rätsel lösen wollte.
»Was hängt denn da? Das gibt’s doch nicht!«, rief ich plötzlich erstaunt. Es kam mir schön und geheimnisvoll vor und glitzerte ein bisschen. Dabei war es wohl eine ganz normale – Kaffeekanne! Allerdings hatte sie eine etwas außergewöhnliche Form. Sie war rundlich und eigenartig gebogen. Und sie war mit einem roten Band festgebunden. Sie lag leicht in der Hand. Dann habe ich in sie hineingehört. Da war so ein helles, silbriges Rauschen drin. Die Kaffeekanne machte ihre eigene Musik! Ich musste nur noch hineinblasen. Manchmal machte sie ganz laute Töne und manchmal ganz leise und zarte. Es war wie ein Wunder! Und dieses Wunder gefiel mir. Aber vom Baum fallen wollte ich auch nicht. Also habe ich sie an dem roten Band hinuntergelassen. Kiki und Veronika waren nicht mehr da, als ich unten ankam. So war ich mit meinem Kaffeekannenwunder allein.
»Hallo, Anne, rat mal, wo wir sind!«
Die Stimmen kannte ich, und gefunden habe ich sie auch gleich. »Wer sich im Hollerbusch versteckt, wird – siehste wohl – ganz schnell entdeckt!«, habe ich gedichtet, als ich meine beiden Schwestern fand.
»Was hast du denn da?«, fragte Veronika.