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Hier treffen Sie aufeinander: die erste Polizistin der Kriminalliteratur, Geheimpolizistin Dora Myrl, und der "Irisch Sherlock Holmes" Paul Beck. Spannend, witzig und voller Überraschungen. Beste britische, Pardon, irische Detektivgeschichten. Null Papier Verlag
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Seitenzahl: 255
Matthias McDonnell Bodkin
Die Gefangennahme des Paul Beck
Matthias McDonnell Bodkin
Die Gefangennahme des Paul Beck
Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019Übersetzung: Berta Pogson 1. Auflage, ISBN 978-3-962810-38-2
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Inhaltsverzeichnis
Erstes Kapitel – Ein Antrag
Zweites Kapitel – Ein Freund in der Not
Drittes Kapitel – Hausse und Krach
Viertes Kapitel – Aus den Klauen des Todes
Fünftes Kapitel – Eine Verwandlung
Sechstes Kapitel – Verloren und gefunden
Siebentes Kapitel – Die Vergeltung
Achtes Kapitel – Der Angriff
Neuntes Kapitel – Verteidigung
Zehntes Kapitel – Die Fotografie mit Namenszug
Elftes Kapitel – Der Lebensretter
Zwölftes Kapitel – Blinder Alarm
Dreizehntes Kapitel – Tischrücken
Vierzehntes Kapitel – Eine Warnung
Fünfzehntes Kapitel – Der Liebe holder Traum
Sechzehntes Kapitel – Eine Partie Bridge
Siebzehntes Kapitel – Ein Waffenstillstand
Achtzehntes Kapitel – Ein Komplott
Neunzehntes Kapitel – Gegenkomplott
Zwanzigstes Kapitel – Ein Zusammentreffen
Einundzwanzigstes Kapitel – Überlistet
Zweiundzwanzigstes Kapitel – Triumph
Dreiundzwanzigstes Kapitel – Waffenstillstand
Vierundzwanzigstes Kapitel – Weibes Wille
Fünfundzwanzigstes Kapitel – In die Falle gegangen
Sechsundzwanzigstes Kapitel – In Eile
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»Sagen Sie nicht glattweg ›nein‹, das ist alles, was ich erbitte. Ich bedaure schon, dass ich davon anfing, es ist reinste Vermessenheit, und ich weiß nur zu gut, dass ich nicht wert bin, Ihnen die Schuhriemen zu lösen. Haben Sie Mitleid mit dem armen Kerl, der den Mund nicht länger halten konnte. Weisen Sie mich nicht ganz ab, lassen Sie mir ein Fünkchen Hoffnung; dass Sie ›ja‹ sagen, verlange ich ja gar nicht.«
»Sie verlangen nicht, dass ich ›ja‹ sage?«
Diese Worte klangen in einem leisen spöttischen Lachen aus. Der junge Mann, der sich zu einem völlig unüberlegten Antrag hatte hinreißen lassen, hob nun zum ersten Mal die Augen zu dem Antlitz des jungen Mädchens. Die Wangen erglühten unter seinem heißen Blick, die zarten, süßen Lippen zitterten leise, aber in den Tiefen der klaren braunen Augen lachte neckisch ein Schelm.
Eine wilde, tolle Hoffnung erfasste sein Herz.
»Norma, Norma, ist es möglich? Willst du mich?«
»Sie verlangen ja gar nicht, dass ich ›ja‹ sage,« noch leiser als vorher klangen diese Worte.
Das war genug, er holte sich die Antwort von den frischen Lippen, die sich ihm willig boten. Ein Wonnegefühl von Liebe und Triumph durchrann seine Glieder. Er hatte gesiegt; das Mädchen, nach dem seine Seele verlangte, war sein. Die ganze Welt versank um diese zwei, die jetzt die höchste Seligkeit des irdischen Daseins kosteten, die überwältigende Seligkeit der ersten Liebe.
»Ach du dummer Junge,« sagte sie und strich ihm mit zaghafter Hand das Haar aus der Stirn, »du hättest doch wissen müssen, dass ich dich mehr liebe, als du mich je lieben kannst. Ich wartete ja nur auf deine Frage, um dir das zu gestehen.«
Ihm schwindelte vor Entzücken. »Sie liebt dich, sie liebt dich,« flüsterte es in ihm. Er umschlang sie fest und küsste sie wieder und wieder, und die Gewissheit ihrer Liebe erfüllte ihn mit namenloser Wonne, und in weltentrückter Seligkeit genossen sie den Augenblick. Der schwach beleuchtete Salon mit seinen gedämpften reichen Farben war wie der Tempel ihrer Liebe. Der Mann erwachte zuerst aus diesem Rausch des Entzückens, in ungeduldiger Erwartung noch größerer Wonnen. Dem Mädchen genügte die glückliche Gegenwart.
»Norma,« flüsterte er ihr in das kleine Ohr, »wann wollen wir heiraten?«
»Nie, nie, wenn du mich so fest hältst. Ich fürchte mich vor dir. Wir sind noch nicht einmal richtig verlobt, und du redest schon vom Heiraten. Vielleicht heiraten wir niemals.«
»Was!« rief er mit einem Stich der alten qualvollen Angst. »Du scherzest. Natürlich sind wir verlobt, das will ich dir schon beweisen. Na, sind wir’s, oder nicht?«
»Ich kann mich ja nicht wehren, du bist stärker als ich. Aber ehe nicht mein Vater davon weiß, betrachte ich mich nicht als verlobt. Ich habe ja keine Mutter,« setzte sie sehnsüchtig hinzu. »Ich habe die Mutter wohl nie so entbehrt wie gerade jetzt.«
»Nun bist du mein, Liebling, und deinen Vater will ich gleich benachrichtigen. Willst du hier warten, bis ich wiederkomme?«
»Ja, ich will warten. Ich bin für niemand heut zu Hause. Aber merk dir eins, Phil, wenn Vater dich nicht will, will ich dich auch nicht. Du musst also sehr lieb mit ihm sein.«
»Darum mach dir keine Sorge,« antwortete er vertrauensvoll schon an der Tür, »dein Vater und ich sind gute Freunde.«
Als er hinaus war, machte sie Licht und trat an den Spiegel. Eitelkeit? – Weit gefehlt! Sie wollte das Mädchen sehen, das er liebte. In dem breiten Glas sah sie ein junges Geschöpf, das ihr zuerst fremd erschien; nie vorher hatte sie dieses Gesicht gesehen, dieses seltsam süße Gesicht, glühend von wilden Küssen, mit Augen, in deren Tiefen das Morgenrot der Liebe schimmerte. Sie erschrak fast vor dem Leuchten in ihren Augen, drehte schnell das Licht aus und warf sich in einen der tiefen Sessel, zitternd vor unbestimmter Freude und Angst. – –
»Herein!« rief die scharfe Stimme des Mr. Theophilus Lee, und voll froher Zuversicht betrat Phil Armitage das geräumige, behagliche Arbeitszimmer. Groß, mager und eckig erhob sich Mr. Lee von seinem Zylinderbüro, ihn zu begrüßen; doch in dem Gruß lag keine Wärme. Die kalten grauen Augen blickten höflich, aber kühl fragend auf den Eindringling. Mr. Lee trug eine goldene Brille tief auf seiner langen, schmalen Nase, schaute aber ganz unerwartet häufig über die Gläser hinweg gerade in die Augen seines Besuchs.
Phil Armitages fröhlicher Mut begann zu sinken. So hatte ihn Mr. Lee noch nie behandelt. Selbst stehend und ohne seinen Gast zum Sitzen aufzufordern, nahm er eine fragende Haltung an, die deutlicher als Worte sagte: ›Was haben Sie hier zu suchen? Sagen Sie es und gehen Sie.‹
»Es handelt sich um Ihre Tochter, Mr. Lee,« stotterte Phil.
»Meine Tochter! So? Und was ist mit meiner Tochter, Mr. Armitage?« Kein Laut verriet, dass er den Zweck des Besuches ahnte; nur höfliches Erstaunen, dass der junge Mann etwas über seine Tochter zu sagen habe.
Sein Ton stachelte den Mut des Bewerbers an. »Ich komme zu Ihnen, Mr. Lee,« sagte er sehr ruhig, »um Sie um die Hand Ihrer Tochter zu bitten.«
Das Antlitz des Älteren blieb völlig ausdruckslos, er strich mit der mageren Hand über den spitzen Bart, als streichle er einen Lieblingshund. Plötzlich trafen die kalten grauen Augen über die Brillengläser hinweg die des jungen Mannes. »Sie haben schon mit meiner Tochter gesprochen?« fragte er scharf.
»Jetzt eben, vor wenigen Minuten.«
»Sie halten das natürlich für ehrenhaft?«
»Ich verstehe Sie nicht.«
»Vermutlich nicht. Sie wissen doch, dass meine Tochter mein einziges Kind und eine reiche Erbin ist?«
»Darüber habe ich nie nachgedacht.«
»Aber die Tatsache war Ihnen bekannt, als Sie hierher kamen und ihr den Hof machten, und nachdem Sie ihr das Versprechen abgelockt haben, kommen Sie zu mir und bitten um ihre Hand und ihr Vermögen.«
»Nein, nein; ich versichere Ihnen, ich verlange nicht einen Pfennig.«
»Sie brauchen sich hier durchaus nicht als Theaterheld aufzuspielen, Mr. Armitage, das macht auf mich gar keinen Eindruck. Sie wissen recht gut, dass mein Geld einst meiner Tochter gehören wird.«
Bei den letzten Worten klang ein wärmerer Ton in seiner Stimme. »Ich weiß wohl, dass man mich für hart hält, weil ich schwer gearbeitet habe und auf ehrliche Weise ein großes Vermögen erwarb, das ich nicht unnütz ausgebe. Aber nie hat mich jemand einen harten Vater genannt. Junger Mann, Sie sagen, Sie lieben meine Tochter, aber Sie lieben sie nicht halb so sehr wie ich. Alles, was ich bin und habe, gehört ihr. Wenn Norma einen Bettler oder einen Lumpen heiraten will, so ändert das nichts daran; aber sie soll weder einen Bettler noch einen Lumpen heiraten, so lang ich es verhindern kann.«
Der schmächtige Alte häufte Beleidigung über Beleidigung auf den jungen Hünen, der ihn mit einem Griff zerbrechen, mit einem Schlage töten konnte. Phil biss sich die Lippen und ballte die Fäuste, um durch physische Anstrengung die heiße, wilde Leidenschaft, die nach einem Ausweg rang, niederzuhalten. »Er ist ein alter Mann, er ist ihr Vater,« wiederholte er sich immer wieder.
»Ich hoffe, Mr. Lee,« sagte er nach einer Weile mit einer so vollkommenen Ruhe, dass es ihn selbst überraschte, »Sie halten mich weder für einen Bettler noch für einen Lumpen. Ich habe eine sehr gute Stellung in Aussicht und besitze außerdem zwanzigtausend Pfund für den Anfang.«
»Zwanzigtausend,« höhnte der alte Mann, »diese Riesensumme wagen Sie gegen die zweimalhunderttausend, die meine Tochter am Hochzeitstag erhalten wird. Eine gute Spekulation! Sie verstehen es, Ihren Vorteil und Ihre Liebe zu vereinigen. O, Sie brauchen natürlich kein Geld, ein uneigennütziger Mann braucht das ja nie, wenn er eine reiche Erbin heiraten will. Man nennt mich einen Geizhals, und wenn geizig sein heißt, dass man an die Macht und den Wert des Geldes glaubt, dann bin ich ein Geizhals.«
Erschöpft sank er auf seinen Stuhl, aschgrau, mit bläulichen Lippen.
»Setzen Sie sich,« sagte er mit Anstrengung und wies auf einen Stuhl, »wir wollen zu Ende kommen.« Er lehnte sich zurück und wischte sich den kalten Schweiß von der Stirn, fuhr dann aber rücksichtslos fort: »Ich will, dass meine Tochter alles haben kann, was mit Geld zu erkaufen ist, und das ist beinahe alles auf der Welt. Abraham Lamman hat bei mir um die Hand meiner Tochter angehalten, und ich habe ihm mein Wort gegeben, wenn er ihre Einwilligung erlangen kann.«
Der junge Armitage war durch diese Ankündigung auf das höchste überrascht. »Haben Sie Lamman nicht gesagt, dass ich –«
»Sie?« unterbrach ihn der Vater. »Wozu sollte ich Sie erwähnen?«
»Ich meine nur, er ist ein Freund von mir.«
»Heißt das, dass er nur mit Ihrer Erlaubnis heiraten darf?« Wieder brach der Zorn bei ihm hervor. »Ich sage Ihnen hiermit, junger Mann, es ist mein Wunsch, dass meine Tochter Lamman heiratet, und ich bin durchaus dagegen, dass sie Sie heiratet. Wenn Sie einmal Hunderttausend Ihr eigen nennen, dann fragen Sie wieder an. Und nun gehen Sie.«
»Darf ich Ihre Tochter noch sprechen, ehe ich gehe?«
Mr. Lee starrte ihn einen Augenblick an, bevor er antwortete.
»Gewiss,« sagte er kühl. »Sie würden es doch auf irgendeine Art zuwege bringen, sie zu sprechen. Am besten jetzt gleich; auf meine Tochter kann ich mich verlassen.« Damit drehte er sich seinem Schreibtisch zu, und Armitage verließ niedergeschmettert das Zimmer.
Das junge Mädchen hörte ihn die Treppe heraufkommen und sprang auf. »Nun?« rief sie ungestüm, »das hat lange gedauert. Hat er –« Trotz der matten Beleuchtung sah sie sein verändertes Gesicht, und der scharfe Blick der Liebe deutete den resignierten Ausdruck sofort richtig.
»Was bedeutet das, Phil? Er hat dich doch nicht abgewiesen? Seid ihr aneinandergeraten? Schnell, sag mir alles.«
»Dein Vater hat mich niederträchtig behandelt, Norma,« sagte er bitter. »Er nannte mich außer Mitgiftjäger noch Bettler, Lump und Lügner, und zwar mit dürren Worten. Er wünscht, dass du den Millionär Abraham Lamman heiratest.«
Sie seufzte nur leise.
»Wenn der Millionär nicht aufgetaucht wäre, hätte ich vielleicht eine Chance gehabt, so aber bin ich der Mitgiftjäger, der nur nach deinem Vermögen trachtet. Man kann ja gern ein Lump sein, wenn man nur über Millionen verfügt. – Nein, das wollte ich nicht sagen, denn Aby Lamman ist ein guter Freund von mir und brav und ehrlich wie nur einer.«
»Mir ist schon sein Anblick zuwider,« entgegnete Norma.
»So willst du ihn nicht heiraten?« flehte er eifrig.
»Nicht um alles in der Welt! Wie kannst du fragen.«
»Mein Liebling,« sagte er beruhigt. »Dein Vater wird sich wohl erst ein bisschen sträuben, aber bald genug nachgeben, wenn wir nur erst verheiratet sind. Je eher, desto besser.«
Er zog sie bei diesen Worten an sich, und sie widerstrebte ihm nicht; schon glaubte er gewonnenes Spiel zu haben.
»Phil,« flüsterte sie, »wir müssen warten, das siehst du doch ein, nicht wahr? Ich kann nicht gegen Vaters Willen heiraten. Mit der Zeit werde ich ihn schon überzeugen, er kann mir ja nichts abschlagen.«
»Warten, warten,« rief er, »und wie lange, Norma?«
»Wie kann ich das sagen? Bis ich Vaters Einwilligung habe.«
»Und wenn er sie nie gibt?«
»O, das wird er doch, Phil, sicher. Ich kenne ihn besser als du.«
Das Ohr des Liebenden hörte die leichte Zaghaftigkeit in ihrem Ton. »Wenn er es aber nicht tut,« drang er weiter in sie, »willst du mir dann versprechen, in drei Monaten – nein, sagen wir in sechs Monaten meine Frau zu werden? Willst du mir das versprechen?«
Seine Worte klangen nicht wie eine Bitte, sondern als habe er ein Recht zu fordern; dagegen aber lehnte sich etwas in ihr auf.
»Nein,« antwortete sie kühl, »so etwas verspreche ich nicht. Ich heirate nicht gegen den Willen meines Vaters.«
»Dann liebst du mich nicht, weißt gar nicht, was wahre Liebe ist.«
»Aber du weißt es!« gab sie spöttisch zurück. »Vor einer Stunde batest du demütig um einen leisen Hoffnungsschimmer, und nun, wo ich dir törichterweise meine Liebe verraten habe, beleidigst du mich!«
»Beleidige ich dich, Norma?«
»Ja, du sagst, ich sei falsch, unbeständig und wisse nicht, was Liebe sei. Also gut, dann wollen wir nicht weiter darüber sprechen. Dann sind wir fertig miteinander.«
»Damit bin ich wohl entlassen?«
»Wie es Ihnen beliebt.«
»Leben Sie wohl, Miss Lee.«
»Leben Sie wohl.«
Er griff nach seinem Hut und Stock; im Grunde seines Herzens fühlte er wohl, dass er sie verletzt habe, und dass sie im Recht war. Er hätte sich ohrfeigen können und sie auf den Knien um Verzeihung bitten, aber der Trotz war größer als die gute Regung. Unmutig, mit gesenktem Blick ging er durch das Zimmer zur Tür.
Seine Hand fasste schon den Griff, als eine leise Berührung ihn aufsehen ließ. Neben ihm war ihr errötendes Antlitz.
»Nein, nein,« rief sie, als er sie umfassen wollte. »Setz dich dahin, nicht so nahe, und höre mich an. Ich kann es nicht ertragen, dass wir so auseinander gehen. Ich glaube, dass du mich liebst – nein – bleib sitzen – Vater hat dich sehr hässlich behandelt, und ich darf dir nicht böse sein. Versuche aber einmal die Sache mit meinen Augen zu sehen. Ich liebe Vater, und er liebt mich. An meine Mutter kann ich mich nicht erinnern, er war mir Vater und Mutter, er hat mich nie gestraft, nur verhätschelt; er hat mich gepflegt, wenn ich krank war. Er würde mich auch jetzt es nicht entgelten lassen, wenn ich dich morgen heiratete.«
»Das sagte er auch,« stöhnte Phil. Er wollte ehrlich handeln, obwohl seine Hoffnung immer mehr schwand.
»Ich wusste es, ohne dass er es mir sagte. Er würde mir nicht zürnen, aber es würde ihm das Herz brechen, wenn ich so wenig Liebe für ihn hätte, dass ich gegen seinen Willen handeln könnte. Ich kann ihm seine große Liebe nicht so lohnen.«
»Du bist ein Engel, Norma, und ich bin nicht wert, deine Füße zu küssen.«
Vor ihrem Lächeln schwand seine Demut, er zog sie in seine Arme und küsste sie – wenn auch nicht gerade auf die Füße.
»Willst du auf mich warten?« fragte er flüsternd.
»Hundert Jahre, Phil.«
»Hoffentlich nicht ganz so lange,« rief er entsetzt, und beide mussten lachen. »Sagte ich dir, dass dein Vater einwilligt, sobald ich hunderttausend Pfund besitze?«
»Die hast du aber nicht, Liebster?«
»Ich kann sie aber vielleicht bekommen. Aby Lamman sagte mir mal, dass er zuweilen in einer Woche so viel verdient.«
»Ach, Aby Lamman!« Abneigung und Verachtung lagen in ihrem Ton.
»Ich wünsche gar nicht, dass du ihn gern hast, Liebchen. Mir ist er aber ein guter Freund gewesen und er kann mir vielleicht einen guten Tipp geben.«
»Trau’ ihm nicht.«
»Ich glaube, ich kenne ihn sehr genau. Nun wünsche mir Glück und sag’ mir adieu.«
Der Abschied war lang und umständlich, und als sich endlich die Haustür hinter ihm schloss, fand das junge Mädchen ein kleines Medaillon auf dem Treppenläufer. Sie nahm es auf, öffnete es und fand ihr eigenes Bild darin. »O, du glückliches Mädel,« flüsterte sie, küsste es und verbarg es in ihrem Kleid.
»Was um alles in der Welt bringt denn dich in die City, alter Freund? Aber herzlich willkommen und doppelt willkommen, wenn ich dir dienen kann.«
Herzlichkeit klang aus jedem Wort des großen Mannes, und Treuherzigkeit sprach aus seinem breiten, gutmütigen Gesicht.
»Setz dich, mein Junge und steck dir ’ne Zigarre an.« Er schob ihm einen Kasten hin. »Das mildeste, was es gibt. Du frühstückst doch mit mir, was? Und wenn ich hier irgend etwas für dich tun kann, heraus mit der Sprache.«
Aby Lamman mit seiner jovialen Stimme und seiner mächtigen, ungeschickten Figur war die Verzweiflung der großen Schneider in Bond Street, und sein Kontor war wie der Mann selbst unordentlich und gemütlich. In einer Ecke lagen Angelgeräte, in einer andern das Futteral mit den Golfschlägern. Sein Aussehen und seine Umgebung erweckten Vertrauen.
Phil Armitage fühlte nur zu gut den ermutigenden, erfrischenden Einfluss dieses Mannes.
»Es ist eigentlich eine Unverschämtheit von mir, Aby,« sagte er, »überhaupt zu dir zu kommen, denn ich habe soeben herausgefunden, dass wir Rivalen sind.«
Einen Moment verdüsterte sich Lammans heiteres Gesicht und die Brauen zogen sich finster zusammen. Seine Selbstbeherrschung aber war bewundernswert. Er lächelte und fragte freundlich und ruhig: »Miss Lee?«
Armitage nickte.
»Das habe ich gefürchtet. Aber Phil, du kommst doch nicht etwa, um mich zu fordern? Oder um zu verlangen, dass ich alle Ansprüche aufgebe?«
»Das nicht gerade,« antwortete Armitage. Er war froh, dass der andere die Sache so leicht zu nehmen schien. »Mich verlangt durchaus nicht nach einem Streit.«
»Das freut mich,« rief Lamman fröhlich mit seiner lauten Stimme. »Freie Bahn, und der Beste gewinnt. Ich habe das kleine Mädel verzweifelt lieb, das begreifst du wohl, Phil.«
Bei den letzten, mit tiefem Ernst gesprochenen Worten fühlte Armitage einen leisen Stich, wie einen Gewissensbiss. »Du tust mir von ganzem Herzen leid, armer Kerl. Ich hatte keine Ahnung, dass dir die Sache so tief geht, aber ich bin mit Miss Lee verlobt.«
Diese Neuigkeit brachte Lamman offenbar ganz aus dem Gleichgewicht. Er barg sein Gesicht in den Händen und saß lange so. Dann sprang er auf und ging schweigend auf und ab.
»Phil,« sagte er schließlich und legte ihm die Hand auf die Schulter, »ich leugne nicht, dass mir das sehr nahe geht, aber wenn ich sie nicht haben kann, so gibt es keinen, dem ich sie eher gönnte als dir. Besten Glückwunsch, alter Junge. Wann wollt ihr heiraten?«
»Das weiß ich nicht. Offen gestanden, der Vater will mich nicht, er möchte lieber dich, oder vielmehr dein Geld haben.«
»Das kann ich begreifen,« sagte Lamman langsam. »Du hast aber doch genug zum Heiraten.«
»Genug für Norma, gewiss – aber nicht für den alten Lee. Er verlangt als Mindestvermögen hunderttausend Pfund.«
»Das ist ja nicht so schwer zu erlangen,« erwiderte Lamman etwas wegwerfend.
»Nicht für dich, dem alles, was er anfasst, zu Golde wird. Diese Gabe habe ich leider nicht.«
»Man kann nicht alles haben,« sagte der andre bitter. »Du hast dein Teil. Ich würde gerne tauschen.«
Armitage schien die Bitterkeit nicht zu bemerken. »Sag mal, alter Freund,« begann er zögernd, »ich kam zu dir, weil ich glaubte, dass du mir helfen könntest. Es ist freilich nicht ganz fair, das weiß ich wohl, aber da du sagtest, dass du mich allen andern vorziehen würdest, könntest du –«
»Was?« fragte Lamman ungeduldig, als der andre stockte.
»Na, ich dachte, vielleicht würdest du mir einen Tipp für die Fondsbörse geben. Ich habe über zwanzigtausend Pfund, die ich morgen in irgendwas, wozu du rätst, anlegen kann. Ich habe nie den Wunsch nach Geld gehabt, aber jetzt sehne ich mich fast krank danach, um den alten Lee zufriedenstellen zu können.«
Lamman betrachtete ihn aufmerksam, während ein seltsames Lächeln um seine festgeschlossenen Lippen spielte. »Na, an übergroßem Zartgefühl scheinst du nicht zu kranken. Du verlangst von mir, dass ich mir einfach die Gurgel abschneide und dir zu dem verhelfe, was ich selbst erreichen möchte.«
»Du hättest doch keine Chancen. Norma sagte mir, dass sie dich unter keinen Umständen heiraten würde.«
»Das mag wohl sein, aber junge Mädchen ändern zuweilen ihren Sinn. Wenn sie aber dich geheiratet hat, ist das nicht mehr möglich, und dazu soll ich noch helfen?«
»Nein, das sollst du nicht, wenn du es so auffassest,« gab Armitage steif zurück. »Ich werde mein Heil allein versuchen.«
»Immer langsam voran,« sagte der gutmütige Lamman. »Ich habe weder gesagt, dass ich dir nicht helfen will, noch dass ich es will; so etwas will reiflich überlegt sein. Heute isst du erst mit mir, dann gehen wir ins Theater und morgen um zwölf erneuern wir die Sitzung. Bis dahin kein Wort weiter von der ganzen Geschichte.«
Armitage fand in Lamman den freigebigsten und angenehmsten Wirt wie bei früheren Gelegenheiten, und als sie nach dem ausgezeichneten Frühstück, eine gute Zigarre im Munde, Pall Mall hinunter schlenderten, fühle Armitage sich voller Zuversicht. –
Am nächsten Tage, als Armitage zur bestimmten Stunde im Kontor erschien, war Lamman gemessen und ernst. Schweigend reichte er ihm die Zigarrenkiste. Lammans Zigarren waren mit Recht berühmt, und schweigend rauchten sie wohl fünf Minuten lang. Dann sagte Lamman langsam: »Hör mal, mein Junge, ich wünschte, du ließest mich mit der Geschichte in Ruhe.«
»Wie du willst,« sagte Armitage kurz.
»Ich bin nur in Sorge deinetwegen.«
»O, um mich mach dir keine Gedanken. Ich sehe, dass du etwas Gutes weißt.«
»Etwas, das ich für gut halte. Das ist aber immerhin noch keine Garantie für absolute Sicherheit.«
»Gibt es denn die überhaupt an der Fondsbörse?«
»Nein, das wohl nicht, wenigstens nicht bei großen Sachen.«
»Lässt du dich selbst darauf ein?«
»Selbstverständlich.«
»Dann tue ich es auch; das heißt, wenn du es erlaubst.«
»Bitte, sei nicht böse, wenn ich dich darauf aufmerksam mache, dass ein Verlust, den ich leicht verschmerzen kann, dich ruinieren würde.«
»Ich werde die Folgen tragen.«
»Dann meinetwegen,« sagte Lamman, »des Menschen Wille ist sein Himmelreich. Ehrlich gestanden,« fügte er wie widerstrebend hinzu, »glaube ich nicht, dass ein großes Risiko dabei ist. Aber ich mache eine Bedingung.«
»Schieß los.«
Der große Mann war augenscheinlich verlegen. »Armitage,« begann er schließlich, »ich sage dir ganz ehrlich, ich habe noch nicht alle Hoffnung auf Norma Lees Hand aufgegeben und werde das auch nicht tun, bis ihr verheiratet seid. Wenn dieser Coup gelingt, willst du sie dann vom Fleck weg heiraten?«
Der andere nickte.
»Das passt mir nicht in meinen Plan; ich verlange auch eine Chance für mich. Junge Mädchen ändern ihren Sinn.«
»So ist Norma nicht.«
»Um so besser für dich, das erleichtert dir die Bedingung. Willst du versprechen, wenn du dies Spiel gewinnst, sechs – na, sagen wir drei Monate zu warten?«
Einen Augenblick zauderte Armitage. »Es gilt,« sagte er und streckte die Hand aus.
Lamman erfasste sie mit kräftigem Druck. »Nun ans Geschäft,« sagte er munter. »Nach meinen Informationen muss man jetzt Amalgamated Gold Shares kaufen. Du hast doch von der Gesellschaft gehört?«
»Offen gestanden nein!«
»Na, du kümmerst dich ja auch nicht um die Börse. Amalgamated Gold gehört seit vielen Tagen zu den begehrtesten Papieren an der Börse. Eine Anzahl Amerikaner haben ein paar Minen, gute und schlechte, alte und neue, zusammengefasst und treiben sie in die Höhe. Die Fünfdollaranteile standen nach acht Tagen auf zehn, nach einer Woche fielen sie allerdings wieder auf fünf. Ich glaube aber, dass sie nur um so höher wieder steigen werden.«
»Ich verstehe,« sagte Armitage, »die Minen erweisen sich als besser, als man erwartete.«
Lamman betrachtete ihn mit gutmütigem Spott. »Du bist sehr grün, mein Junge! Die Minen oder das Gold sind ganz nebensächlich, die Leute auf dem Markt, die reichsten und besten in den Vereinigten Staaten, bereiten, wie ich glaube, eine neue Hausse vor, und ich will von Anfang an dabei sein.«
»Ich auch.«
»Du auch, wenn du’s riskieren willst. Jetzt heißt es kaufen, kaufen und noch mal kaufen. Hier ist das Telegramm für meinen Agenten in Amerika. Die Chiffren sind ganz einfach, wenn man den Schlüssel hat. Ich will die Nachricht gleich selbst aufgeben, denn jetzt bedeuten Minuten vielleicht schon Tausende.«
»Kannst du auch für mich kaufen?«
»Nein, du musst dich an deinen eigenen Makler halten. Aber sei vorsichtig, dass du mich nicht verrätst, sonst geht am Ende die Karre in den Dreck.«
»Du kannst dich auf mich verlassen. Wann soll ich anfangen?«
»Am besten sofort.«
Sie gingen zu einem ruhigen kleinen Telegrafenbüro, wo Lamman das Telegramm aufgab. Armitage sah mit großem Erstaunen, dass der Beamte, der es in Empfang nahm, eine merkwürdige Ähnlichkeit mit ihm selbst hatte. Armitage war glatt rasiert und der Beamte trug einen kleinen Schnurrbart und spitzen Backenbart. Immerhin war die Ähnlichkeit so auffallend, dass es ihm sonderbar erschien, dass weder Lamman noch der Beamte sie bemerkten.
Lamman trennte sich dort von ihm, und er ging allein zu seinem Makler.
Mr. Samson, ein ernster, gewissenhafter, silberhaariger Mann, war sehr erstaunt, als Philip Armitage ihn beauftragte, für ihn bis zu zwanzigtausend Pfund Amalgamated Gold Shares zu kaufen.
»Das ist eine große Summe,« warnte er väterlich, »Amalgamated Gold gilt für ein Spekulationspapier.«
»Ich trage die Verantwortung,« erwiderte Armitage.
»Sie haben mir aber keinen genauen Auftrag gegeben. Wie weit soll ich gehen? Soll ich gegen bar oder auf Rechnung kaufen?«
»Davon verstehe ich nichts, Mr. Samson. Kaufen, kaufen und weiterkaufen, so weit die zwanzigtausend reichen. Alles andre überlasse ich Ihnen.«
»Er scheint seiner Sache sehr sicher,« dachte Mr. Samson. »Da will ich auch ein bisschen was riskieren.« So kaufte er erst einmal ein gutes Teil der bezeichneten Aktien für sich, ehe er Phil Armitages Auftrag ausführte.
Zum ersten Mal in seinem Leben studierte jetzt Phil Armitage die Börsenberichte. Flüchtig glitt sein Blick über die Spalten der Zeitung – Parlament und Sport – denen sonst sein Interesse gegolten hatte, und haftete an dem Berichte über den Geldmarkt.
In den ersten Tagen blieb Amalgamated Gold ganz ruhig, dann begann ein leises Schwanken auf- und abwärts über die Parilinie und allmählich ging es ruhig und sicher in die Höhe. Ein Achtel, ein Viertel, ein Halb wurde erreicht, und immer weiter stiegen die Aktien. Armitage genügten die Zeitungsberichte nicht mehr, er verfolgte die neuesten Meldungen im Klub. Die fieberhafte Aufregung der Spieler rann auch durch seine Adern. Bald zog die Hausse allgemeine Aufmerksamkeit auf sich, tolle Gerüchte kamen auf, und bildeten das Tagesgespräch im Klub.
Unser Freund Phil lächelte überlegen, wenn er solche Unterhaltungen mit anhörte, er gehörte ja zu den Eingeweihten, und die törichten Bemerkungen der Außenseiter machten ihm Spaß. Eines Tages traf er Lamman zufällig auf der Straße.
»Na,« sagte dieser, als Armitage ihm warm die Hand drückte, »bist du zufrieden?«
»Werden sie noch weiter steigen?« fragte Armitage.
Lamman lachte sein gutmütiges, dröhnendes Lachen. »Wie kann ich das sagen? Ich bin kein Prophet. Aber wenn du zu den jetzigen Preisen verkaufen willst, so nehme ich deinen kleinen Vorrat, du wirst mir wohl die Vorhand lassen, was? Spielen und jobbern1 ist nichts für junge Leute, das fällt auf die Nerven.«
»Was tust du denn?« fragte Phil.
»Ich kaufe,« sagte Lamman mit einem ermutigenden Zwinkern und raste davon.
Für den Augenblick war Phil zufrieden und beruhigt; er fühlte aber doch, wie sehr die Sache ihm auf die Nerven ging. Als eines Tages die Fünfdollaranteile auf elf standen, ging er zu seinem Makler.
Mr. Samson empfing ihn mit übergroßer Liebenswürdigkeit.
»Ich gratuliere, Mr. Armitage,« sagte er, »Sie haben eine feine Nase gehabt. Sie verzeihen wohl, dass ich Ihnen abgeraten habe, aber ich ahnte ja nicht, dass Ihnen so etwas liegt.«
Phil Armitage war noch sehr jung. Ihm schmeichelte das Kompliment, als habe er wirklich etwas Wunderbares vollbracht.
»Natürlich, Herr Samson,« erwiderte er mit überlegener Miene. »Ich kam nur herein, um mal zu hören, wie ich stehe.«
»Sehr gern,« antwortete der Makler. »Jenkins,« rief er in das große Bureau, »bitte bringen Sie mir mal Mr. Armitages Konto.«
Er schlug das Buch auf dem Tisch auf. »Lassen Sie uns mal sehen. An dem Tag, als Sie uns die Order gaben, kauften wir zwei Partien zu –«
Armitage unterbrach ihn höflich. »Bemühen Sie sich nicht um die Einzelheiten. Können Sie mir sagen, wie ich jetzt stehe – ich meine, wie viel mir dies Geschäft einbringt, wenn ich jetzt verkaufe?«
»Sie glauben also, dass der Höhepunkt erreicht ist?« fragte Mr. Samson ängstlich und mit lächerlicher Unterwürfigkeit.
Armitage lächelte geheimnisvoll und schüttelte den Kopf. »Das habe ich nicht gesagt. Ich wünschte nur eine ungefähre Auskunft.«
»Verzeihen Sie, wenn ich indiskret war. Einen Augenblick.« Er rechnete eifrig mit seinem goldenen Bleistift auf einem Stück Papier. »Hier haben Sie eine Aufstellung. Wir haben zwanzigtausend Anteile für Ihre Rechnung gekauft. Der Durchschnittsgewinn ist ungefähr sechs Dollar. Wenn Sie jetzt verkaufen wollen, Mr. Armitage, so macht das einen Gewinn von circa vierundzwanzigtausend Pfund.«
Armitage war sprachlos. In einer Woche vierundzwanzigtausend Pfund und in einem Monat waren es vielleicht hunderttausend. Manche Zeitungen prophezeiten ja ein immer weiteres Steigen. Er fühlte, dass er seinen Freund Lamman um Rat fragen müsse, denn er war ja unerfahren wie ein neugeborenes Kind in solchen Dingen. Und doch schmeckte die Hilfe des großmütigen Freundes ein wenig bitter; sein Egoismus hatte sein Gewissen betäubt, das ihn mahnte, es sei unedel, gerade diesen Mann um Hilfe anzugehen.
»Soll ich für Sie realisieren?« fragte Mr. Samson.
»Nein, Mr. Samson. Ich will noch nicht verkaufen. Amalgamated werden wohl noch weiter hinaufgehen. Sie hören in ein paar Tagen von mir.«
Er wunderte sich selbst über die ruhige Gelassenheit, mit der er sich von dem Makler verabschiedete. Wie getragen durch das große Glück schritt er dahin. Plötzlich aber durchzuckte ihn ein Gedanke. Dieser ganze große Reichtum war Zaubergold, das ebenso rasch zerrann, wie es gewonnen wurde. Schon war er ein paar Schritt rückwärts gegangen, um den Makler mit dem Verkauf zu beauftragen, da winkte er sich einen Wagen heran und gab dem Kutscher Lammans Adresse.
Lamman war augenscheinlich erfreut über seinen Besuch.
»Hab’ dich halb und halb erwartet. Nun?« Das eine Wort enthielt unendlich viel.
»Ich wäre schon längst gekommen, wenn ich nicht fürchtete, dich zu stören,« sagte Armitage etwas verlegen. »Du bist ein Zauberkünstler. Wie kann ich dir danken?«
»Ist nicht der Rede wert. Ein kleiner Tipp kostet mich ja nichts. Ich bin ja selbst beteiligt, und hoffe noch mehr damit zu machen.«
Darauf biss Armitage sofort an. »Du würdest mir also auch raten, noch länger abzuwarten?«
»Nein,« antwortete Lamman gemessen. »Ich gebe dir keinen Rat; die Verantwortung übernehme ich nicht. Du sollst mir keine Vorwürfe machen können, wenn durch irgend einen Zufall die Sache schief geht.«
Armitage lächelte und glaubte zu verstehen.
»Du glaubst nicht, dass die Papiere fallen werden?«