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Döblins Arbeiten für Radio, Bühne und Film Als radikal gegenwärtiger Autor hat sich Alfred Döblin auch für moderne Massenmedien wie Radio und Film interessiert. Dieser Band enthält Döblins Hörspielbearbeitung seines Romans ›Berlin Alexanderplatz‹, alle Dramen sowie zahlreiche Filmentwürfe aus der Zeit der Weimarer Republik und dem kalifornischen Exil. Mit einem Nachwort von Stefan Keppler-Tasaki
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Seitenzahl: 819
Alfred Döblin
Die Geschichte vom Franz Biberkopf / Dramen / Filme
FISCHER E-Books
Mit einem Nachwort von Stefan Keppler-Tasaki
Hörspiel
(Musik)
STIMME
(flüsternd) Hiob[.]
HIOB
Wer ruft?
STIMME
Hiob[.]
HIOB
Wer ist es?
STIMME
Hiob, du liegst im Kohlgarten an der Hundehütte. Da ist der Palast, den du einmal besessen hast. Was quält dich am meisten, Hiob? Daß du deine Söhne und Töchter verloren hast, daß du nichts besitzt, daß du krank bist?
HIOB
Wer fragt?
STIMME
Ich bin nur eine Stimme.
HIOB
Eine Stimme kommt aus einem Hals[.]
STIMME
Hiob, du kannst die Augen nicht aufmachen, willst du keine Rettung?
HIOB
Ach heile mich.
STIMME
Wenn ich aber Satan oder der Böse bin?
HIOB
Heile mich.
STIMME
Ich bin Satan.
HIOB
Heile mich.
(Musik)
HIOB
Wo ist die Stimme?
STIMME
Ich komme schon.
HIOB
Du willst mir ja nicht helfen, keiner will mir helfen, nicht Gott, nicht Satan, kein Engel, kein Mensch.
STIMME
Und du dir selbst?
HIOB
Was ist mit mir[?]
STIMME
Du willst ja selbst nicht.
HIOB
Was?
STIMME
Wer kann dir helfen, wo du dir selbst nicht helfen willst.
HIOB
Nein, nein.
STIMME
Alle wollen dir helfen, nur du dir nicht.
HIOB
Ich kann nicht.
STIMME
Du – mußt!
(Scenenwechsel überall ohne Pause!)
HARMONIKA, AUTOTUTEN, VERSCHIEDENE STIMMEN
B.Z. am Mittag, die Zwölfuhrmittagzeitung, die neusten Schlager, Gigolo, mein kleiner Gigolo, meine Dame kaufen sie Fische, Fische sind preiswert, Fische enthalten viel Phosphor, ist doch giftig, Sie meinen Streichhölzer, nee Streichhölzer brauchen Sie nicht zu l[u]tschen, Fische sind nahrhaft, eßt Fisch, dann bleibt ihr schlank gesund und frisch, Damenstrümpfe, echt Kunstseide, Sie haben hier einen Füllfederhalter, mit prima Goldfeder, anlackiert, ich sage Gold, vielleicht lackiere ich Ihnen eine runter.
FRANZ BIBERKOPF
Herrschaften treten Sie näher, Fräulein Sie auch mit dem Herrn Gemahl, Jugendliche haben Zutritt, für Jugendliche kostets nicht mehr, warum trägt der feine Mann im Westen Schleifen und der Prolet trägt keine?
STIMME
Fabisch Konfektion, gediegene Verarbeitung und niedrige Preise sind die Merkmale unserer Erzeugnisse.
FRANZ
Warum trägt der Prolet keine Schleifen? Weil er sie nicht binden kann. Da muß er sich einen Schlipshalter zukaufen, und wenn er den gekauft hat, ist er schlecht und er kann den Schlips noch nicht immer nicht binden. Das ist Betrug, das verbittert das Volk, das stößt Deutschland noch tiefer ins Elend, wo es schon drin ist.
SPRECHER
Der Mann, den Ihr hier sprechen hört –
FRANZ
Warum hat man früher diesen großen Schlipshalter nicht getragen? Weil man sich keine Müllschippe an den Hals binden will, das will weder Mann noch Frau, das will nicht mal der Säugling, wenn er reden könnte.
SPRECHER
Ist Franz Biberkopf.
FRANZ
Man soll drüber nicht lachen, Herrschaften, lachen Sie nicht, wer weiß, wat in sonm klein Kinderkopf vorgeht, ach Jott, das liebe Köppchen und die lieben Härchen.
SPRECHER
Er hat ein wildes Leben geführt, Zement- und Transportarbeiter ist er gewesen, dann hat er zu trinken angefangen.
FRANZ
Herrschaften, wer hat heut zu Tage Zeit sich morgens einen Schlips umzubinden? Und gönnt sich nicht lieber die Minute Schlaf, weil wir viel arbeiten müssen und wenig verdienen. Ein solcher Schlipshalter erleichtert Ihnen den Schlaf.
SPRECHER
Er ist ins Trinken gekommen, seiner Freundin hat er die Rippen zerschlagen, vier Jahre hat er wegen Totschlag in Tegel gesessen.
FRANZ
Jehn Sie weg vom Damm, junger Mann, sonst überfährt Sie ein Auto und wer soll nachher den Müll wegfegen.
SPRECHER
Aber in Tegel ist ihm ein Seifensieder aufgegangen und er hat gesagt: es soll jetzt aus sein mit dem Lumpen und Saufen, er hat geschworen anständig zu sein, darum hört Ihr ihn jetzt am Rosenthaler Platz ausrufen und schrein.
FRANZ
Sie geben Ihr Geld für viel Dreck aus. Da haben Sie die Ganov[en] im Krokodil gesehn, vorne gab es heiße Bockwurst, hinten hat Jolly gelegen im Glaskasten, und die Schokolade haben sie ihm durch die Radioröhre durchgeschoben. Hier kaufen Sie ehrliche Ware, Herrschaften, Gummi gewalzt, ein Stück 20, drei 50.
MECK
([P]fiff) Franz, Achtung Polente.
FRANZ
Meck, Junge, seh ick dir ooch wieder.
MECK
Polente, Franz, der Grüne.
FRANZ
Wat heißt hier Polente, ick hab mein Schein.
MECK
Wat haste?
FRANZ
Jawoll, kleenes Meckchen, Meckmeckziegchen, haben wir. Franz isn Gewerbetreibender, da, Reichsverband ambulanter Gewerbetreibender, ambulant sind wir, verstehste. Ein Stück 20 Pfennig, 3 fünfzig.
MECK
Na mach man ne Mittagspause, Mensch, loofen ja doch alle weg.
FRANZ
Ja wolln ooch futtern, also wo gehts hin Meckchen?
MECK
Prenzlauer.
FRANZ
Jemacht. Meck, wir sind ehrbare Leute, wir haben im Zuchthaus gesessen, vier Jahre, da haben wir was zugelernt.
MECK
Bist ja ordentlich im Fleisch, du, Schwergewicht, du wirst den Laden schon schmeißen.
FRANZ
Ich denke.
STIMME
Ich weiß nicht.
SPRECHER
Wer sagt, ich weiß nicht[?]
STIMME
Ich weiß nicht.
Lärm eines Lokals.
MECK
Komm hier setzen wir uns hin.
LINA
Tag ooch, Franzeken.
FRANZ
Tag Lina, aber schieb man lo[s] ick hab wat Geschäftliches zu reden mit Lüders. Lüders komm mal rüber.
LINA
Adjö Franz, kommst bald nach Haus.
FRANZ
Also zwei große Mollen, paar Würschtchen for mir, for dir ooch.
LÜDERS
Ja.
FRANZ
Ist se raus? Na Lüders, wat hab ick hier in der Hand?
LÜDERS
Na wat denn.
FRANZ
Na schieß man lo[s].
LÜDERS
Na wat denn.
FRANZ
Da Geld, zwei Zehner, zwanzig Eier.
LÜDERS
Mensch!
FRANZ
Na von wo denn, rat mal, von wo.
LÜDERS
Hinten rum.
FRANZ
Bei mir nicht zu machen, kennste Franzen nicht. Von wo Lüders, rat mal. Also: ick da gestern mit Schnürsenkel in die Elsasserstraße. Steht da im Quergebäude eene an der Tür, macht mir auf, schniekes Weib, du, ei, wei, kommt mit mir ins Quatschen, is ne Kriegerwitwe und denn sagt se, ick soll man rin kommen und wir trinken Kaffee und du –
LÜDERS
Mensch.
FRANZ
Glück muß der Mensch haben, war joldig, Mensch, und denn sagt se, ick seh vielleicht aus wie ihr Oller und weil ick so abgerissen bin, jiebt sie mir die zwei Lappen, die Schnürsenkel hab ick oben gelassen, ha ha.
LÜDERS
Mensch! det schenkt se dir.
FRANZ
Hab ihr allens erzählt von mir, hat ihr leid jetan und ick soll mir ne Kluft besorgen und in ne Woche treff ick ihr wieder.
LÜDERS
Hast doch die Lina.
FRANZ
Bin ihr ooch gut, laß man, ist doch Jeschäft, alles Jeschäft.
LÜDERS
Son Kerl. Ist stark wien Athlet, istn Verbrecher und kaum kommt er raus, fliegt ihm det Geld ins Portemonnaie. Und ick, ick sitz da mit meine Frau und die Göhren. Glück muß man haben. Mal ruff zu det Weib, wat hat er jesagt, Elsasser.
Mehrfaches Klingeln.
FRAU
Wer ist da?
LÜDERS
Erlauben Sie, ick komme von meinem Freund Franz.
FRAU
Was ist?
LÜDERS
Von meinem Freund Franz, Sie wissen doch, mit die Schnürsenkel, na ick komme schon rin, danke schön.
FRAU
Was hat er Ihnen erzählt?
LÜDERS
Aber nischt, junge Frau, nischt, darf ick mir nicht setzen, haben Sie nicht ne Tasse Kaffee.
FRAU
Was wollen Sie denn?
LÜDERS
Na haben Sie sich man nicht so, krieg ich nicht ooch ne Tasse, ick bin wohl nich so hübsch wie der Franz.
FRAU
Ick bring schon.
LÜDERS
Machen Sie man keen Gesicht, bin wohl n Köter, was, Pinke her.
FRAU
Ick geh bloß in die Küche.
LÜDERS
Quatschkaffee. Pinke her.
FRAU
Da.
LÜDERS
Und die Uhr, fix.
Stöhnen der Frau.
LÜDERS
Plumpst die um, die dumme Töhle, mal raus.
Rennende Schritte.
FRANZ
(singend) Seit wann bläst meine Großmama [] Posaune etc.
FLÜSTERSTIMME
Na so lustig, Herr Biberkopf?
FRANZ
Ja immer lustig, weil die Welt so schön ist.
FLÜSTERSTIMME
Ja, immer lustig, weil die Welt so schön ist.
FRANZ
Das Wetter ist schön und die Welt ist schön und das Leben ist schön.
FLÜSTERSTIMME
Das Wetter ist schön und die Welt ist schön und das Leben ist schön.
FRANZ
Und jetzt trinken wir noch ne Molle und denn wart ick auf Lüders und dann gehn wir auf Tour.
FLÜSTERSTIMME
Und denn wart ick auf Lüders und denn gehn wir auf Tour.
JUNGE
Is hier Herr Biberkopf?
WIRT
Ja da sitzt er, am Fenster, der Große[,] wat wiste denn[?]
JUNGE
Bloß wat abgeben. Solln Brief abjeben von ner Frau aus unserm Haus, der Große? Welcher denn?
WIRT
Na jib man. Isn Brief for Sie da, Herr Biberkopf.
FRANZ
For mir, wer schreibt mir denn n Brief? Ah so! Wir haben nämlich ne Freundschaft, komm her mein Jung, hier hast du n Sechser, jetzt habn wir schon Briefwechsel.
FLÜSTERSTIMME
Ja das Wetter ist schön und die Welt ist schön und jetzt trinken wir noch ne Molle und denn wart ick uf Lüders.
FRANZ
[S]töhnt.
WIRT
Herr Biberkopf!
FRANZ
([s]töhnt)
WIRT
Na Mann, richten Sie sich doch auf, wat machen Sie denn, wohl n Trauerfall, nicht unterkriegen lassen, kommen se, bißchen an die Luft.
FRANZ
Ick will nich.
WIRT
Trinken Sie n Kognak.
FRANZ
Will nich. Hab ick zu zahlen[?]
WIRT
80, danke, hat Ihn denn die Frau geschrieben?
FRANZ
Lassen se man.
(Schon vorher Gebrüll vom Schlachthof)
WIRT
Sachen sind det, der wird noch aus die Pantinen kippen.
FLÜSTERSTIMME
Ja die Welt ist schön und das Leben ist schön.
Im Folgenden fortdauernd Geräusche vom Viehhof
1. STIMME
Der Schlachthof liegt im Nordosten von Berlin zwischen Eldenaerstraße und Landsberger Allee. – Da kuck mal die Schweinchen, wie sie übern Hof laufen, die lustigen Schwänzchen, wie sie schnuppern.
2. STIMME
Denn es geht dem Menschen wie dem Vieh.
1. STIMME
Da ist das Schlachthaus, das Beil, hatz, herunter auf den Kopf, hatz noch eins. Und dieser große weiße Stier, allein steht er in der Halle, und jetzt ist das Schlachtbeil über ihm, wum[m], in seinen Nacken.
2. STIMME
Und haben alle einerlei Odem und der Mensch hat nichts mehr denn das Vieh.
FRANZ
Und jetzt trink ich noch ne Molle und noch eine und noch eine und noch immer eine. Denn warum soll der Mensch ooch anständig sein, man ist doch von lauter Kruppzeug umgeben, es hat doch alles keenen Zweck, und was de tust is für [n] Dreck.
SPRE[]CHER[] MIT GETEILTEN STIMMEN
Seht ihn an, was er alles kann, jetzt sauft er und flucht er und marschiert los, ein Meter achtzig ist er groß. Wie ne Riesenschlange ist er stark, hat nischt als Muskeln und Knochen und Mark. Er denkt, weil er anständig ist, wird ihm was geschenkt, aber es geht in der Welt anders als man denkt. (Stürmisch teilweise wiederholt)
SPRECHER
Weil er aber Franz Biberkopf ist, so wollen wir ihn nicht so vor die Hunde gehen lassen. Er soll nur ruhig in seiner Stube hocken und fluchen und saufen und sich jeden Tag einen neuen Affen kaufen. Den holen wir schon raus, um den ist uns nicht bange, der fällt nicht auf einen Hieb von der Stange. Na siehste, jetzt steht er auf, jetzt geht er runter, jetzt steht er schon wieder da – und die Preußen sind lustig und rufen hurrah.
Musik, Harmonika.
VIELE STIMMEN
Krisenalarm im Reichstag, was gibts Neues am Alex, wat soll hier lo[s] sein, sie reißen ja alle Häuser ab, na da wolln paar Leute was dran verdienen, Krisenalarm im Reichstag, das neue Magazin.
FRANZ
(singt) Siehste woll, da kimmt er, lange Schritte nimmt er. Meck, Meckmeckchen, wie ist es möglich, biste wieder da?
MECK
Und du Franz, wie ist det mit dir?
FRANZ
Ick steh hier immer am Alex, Zeitung.
MECK
Und ick drüben an der Grenadierstraße, Herrenkluft, Windjacke, Hose.
FRANZ
So, so. Und wo kriegste die her[?]
MECK
Mensch, daß du noch immer so neugierig bist, du lernst doch wirklich nischt zu. Ick dachte, Franz, du bist verschütt gegangen.
FRANZ
Nu laß man det, mein Junge, bei mir ist nischt mit verschütt gehn.
MECK
Kann doch jedem mal passieren.
FRANZ
Ne, mir nich. Mir nich. Verstehste!
MECK
Na is kalt. Komm, wollen ein heben.
STIMMEN
Seide, Kunstseide, ich empfehle Kunstseide, etwas rasend Modernes für die Frau vom Format, die Ehe hoch interessant und pikant, bloß 20 Pf[ennig,] bitte einen Augenblick, Sie sehen jetzt das geheimnisvolle Antlitz der fremden Frau, die Frage dieser Schönen gilt jedem, auch Ihnen, die Frage: rauchen Sie schon Garbaty Kalif. Bananen, gebt euren Kindern Bananen, die Banane ist die sauberste Frucht, da sie durch ihre Schale vor Insekten, Würmern sowie Bazillen geschützt ist. (Gesang: ausgerechnet Bananen)
MECK
Det is hier also unser Verkehrslokal, gibt n guten Korn.
FRANZ
We[e]ßte Meck, wenn ich dir so betrachte, eigentlich sollt ich mir vor dir in Acht nehmen, jawoll sollt ick.
MECK
Nanu.
FRANZ
Jawoll. Weeßte woll nich, wo ick jetzt herkomme. Die janzen Wochen auf meine Bude gesessen und immer gesoffen. Warum[?]
MECK
Na warum?
FRANZ
(schlägt auf den Tisch) Weil es n Hund war, der Lüders, den du mir gezeigt hast, ja mit dem ick gehandelt habe, der Kleene, an dem is nichts dran, abern Hund is er, betrogen hat er mir, niederträchtig. Na laß mal gut sein, wat vorbei is, is vorbei, der Deibel soll die Schufte holen, prost Meck.
MECK
Prost, Franz. Hör mal, wat die quatschen, der da mit dem Hut.
DER HOPPEGARTNER
Wat die zuerst gesehn haben, wie sie nach Australien gekommen sind? Erst mal Sand und Wüste und keen Baum und keen Gras und nischt. Reine Sandwüste. Und denn Millionen und Abermillionen gelbe Schafe. Die existieren da wild. Von die haben die Engländer zuerst gelebt, exportiert nach Amerika.
ZWEITER
Amerika? Brauchen sie grade Schafe aus Australien[?]
DER HOPPEGARTNER
Südamerika, verlaß dir druff.
ZWEITER
Haben soviel Ochsen, wie es überhaupt gibt. Wat solln die mit Schafe.
HOPPEGARTNER
Wolle, Mensch, Ochsen haben doch keene Wolle. Wo in dem Land die Neger so frieren, nanu. Wo sind jetzt die Schafe aber alle hin? Jetzt kannste nach Australien fahren, siehste keen Schaf nich, weit und breit keen Schaf.
ZWEITER
Viehseuche.
HOPPEGARTNER
Nee.
ZWEITER
Raubtiere.
HOPPEGARTNER
Ooch nich, jibts da jarnich, schon alle abgeschossen.
ZWEITER
Na wat[?]
HOPPEGARTNER
Na alle ans Meer gelaufen. Stell dir vor, wat die Engländer machen. Immer ein Schaf nach dem andern gefangen und rin in die Waggons. Da merken sie schließlich ooch wat lo[s] is, so dumm is det Vieh schließlich ooch nich und nu lo[s] in eenem Galopp det janze Vieh weg, immer in eenem Trab ans Meer.
ZWEITER
Sparen die Engländer die Bahnspesen, kommen sie gleich auf die Schiffe.
HOPPEGARTNER
Du hast ne Winde. Hat lange gedauert, bis de Engländer det überhaupt gemerkt haben. Die immer ans Meer die Schafe und denn die Salzlake gesoffen[.]
ZWEITER
Na und[?]
HOPPEGARTNER
Wat fürn und? Hab du mal Durscht und nischt zu fressen und immer Salzlake.
ZWEITER
Krepiert.
HOPPEGARTNER
Da haben die am Meer gelegen, zu tausend und tausend und immer weg damit.
ZWEITER
Donnerwetter, Donnerwetter.
MECK
Erzählen sich bloß Geschichten, Franz. Kuck mal, der da hinten steht mit dem roten Gesicht, der Kleene mit die Stulpstiefel, det is Pums.
KELLNER
Wat bestellen die Herrschaften.
FRANZ
Wat Sie haben gegen die Kälte. Portion Bohnen mit Einlagen, n Eisbein[,] und du Meck[?]
MECK
Ooch und ne Molle.
FRANZ
Ne Große natürlich.
MECK
Der Pums nämlich, der wartet bloß hier, die machen hier ihre Geschäfte.
FRANZ
Wat soll det schlechte Leben nützen, ick muß mir wieder uffüllen, es jeht ein Rundgesang an unserm Tisch herum dibum. Wat kuckt mir der denn immer zu, der Pums.
MECK
Weil du groß bist, Franz[,] und stramm. Der kann große Leute brauchen zum Tragen.
FRANZ
Jawoll, faß mal meine Muskeln an, ick war früher Transportarbeiter.
MECK
Vielleicht zum Tragen, weeß man, was die Jungens schieben, aus den wirst du nicht klug, der hat sogar n Büro.
FRANZ
Nee dafür bin ich zu dumm, Meck, schreiben da bin ich schwach.
MECK
Nee der handelt mit Obst und denn berechnet er wohl sein Verdienst. Achtung, Franz.
FRANZ
Wat nu[?]
MECK
Achtung, kommt eener rüber, kuckn dir mal an.
FRANZ
Der mit die Kaffeetasse.
MECK
Is Reinhold.
HOPPEGARTNER
Denn [w]er ick ihn mal det vom Amerika erzählen. Heirat eener also ne Frau in Amerika und denkt sich nischt bei. Is es ne Negerin. Wat sagt er, du bist ne Negerin? Bums fliegt sie raus. Hat sich die Frau vor Gericht ausziehen müssen. Badehose natürlich, will erst nicht, soll doch keen Quatsch machen. Ist die Haut janz weiß gewesen, weils ne Mestize war. Sagt der Mann, ist doch ne Negerin. Und warum? Weil die Fingernägel braun angelaufen sind. Mestize.
ZWEITER
Und wat will die vor Gericht, Scheidung?
HOPPEGARTNER
Das sowieso. Schadenersatz. Hat ihr doch geheirat und vielleicht hat sie ihre Stellung verloren. Ne bildhübsche schlohweiße Frau, Mestize, Schadenersatz.
ZWEITER
Na.
MECK
Det is Reinhold, trink[t] keen Bier.
FRANZ
Jarnich so dumm, jarnich so dumm, lieber Meck. Sieht aber elend aus, du. Der holt sich Limonade, in der andern Hand hält er den Kaffee, ne komische Kruke. Macht so traurige Augen. Hat der mal gesessen[?]
MECK
Gloob nich, der rutscht immer durch, war mal politisch, mit Dynamit in die Gasanstalt, aber gekriegt haben sie ihn ooch nich. Achtung er kommt.
FRANZ
Der gefällt mir.
MECK
Geh ick aber lo[s], ick mag den nich.
REINHOLD
N Abend, Meck.
MECK
N Abend, ick muß gehn, is mein Freund Franz, Franz Biberkopf, der blebt noch.
REINHOLD
Kann ich mir an den Tisch setzen, is überall heut voll.
FRANZ
Na ob.
REINHOLD
Ja. Ick trink bloß Kaffee und Limonade, Bier nich.
FRANZ
Hab ick schon jesehn, is sehr vernünftig.
REINHOLD
Wieso vernünftig?
FRANZ
Bier is nich jut für manche Leute und kost viel[.] Wat kost die Cichorie?
REINHOLD
Ick kann kein Bier vertragen. Wie heeßt du?
FRANZ
Biberkopf, Franz.
REINHOLD
Dat biste.
FRANZ
Handele Zeitungen, willste mir eene abkoofen?
REINHOLD
Nee, lese nich, jeht mich nischt an, wat in die Zeitungen steht.
FRANZ
Du det sag mal nich.
REINHOLD
Ja det sag ick doch. Wer doch wissen, wat mich wat angeht. Also. Sag mal, bist son großer Kerl, hast wohl viel Glück bei die Weiber.
FRANZ
Na ick danke, for mir reichts, hab schon allerhand damit erlebt. Mal hab ick mir ooch die Finger verbrannt, aber jetzt –
REINHOLD
Jetzt?
FRANZ
Jetzt muß ick Geld verdien. Is schwer bei die Kälte. Aber wer kein Geld hat, kann sich ooch keine Frau halten.
REINHOLD
Meenste.
FRANZ
Jawoll. Ne Frau kost Geld, und wenn se ooch verdient, kost se immer noch Geld.
REINHOLD
Meenste.
FRANZ
Wa nich. Ich bin jetzt erst aus dem Gröbsten raus, aber durch komm wir noch immer.
REINHOLD
Sag mal, willste mirn Gefallen tun.
FRANZ
Mit größtem Frachtwagen.
REINHOLD
Willste mirn Mädel abnehmen?
FRANZ
Wat?
REINHOLD
Hab eene hängen, krieg se nich los.
FRANZ
Schmeiß se doch raus.
REINHOLD
Kann nich.
FRANZ
Warum nich?
REINHOLD
Kann nich, kann det nich mit Weiber, fehlt mir die Kurage.
FRANZ
Nanu, mußt vorher eenen genehmigen, vielleicht jehts denn.
REINHOLD
Kann nich. Nimm se mir ab.
FRANZ
Soll ick mit der? Wenn ick eene will, hol ick mir alleene eene.
REINHOLD
Kannste keene brauchen, bist doch Zeitungshändler, brauchst doch immer eenen zum Zutragen, Kaffebringen und so.
FRANZ
Machen wir allens alleen.
REINHOLD
Na denn is also nich.
FRANZ
Nu brüll man nich gleich; Mensch, also meinetwegen. Brauch ick garnich auf Brautschau gehn, fliegt mir die Braut ins Haus, haha.
REINHOLD
Willste[?]
FRANZ
Ja doch. Aber lachen muß ick über dir.
REINHOLD
Na lach man.
FRANZ
Na wer tommt den da, wer tommt denn da?
CILLY
Ich bin die Cilly.
FRANZ
Den Namen hab ick schon mal gehört.
CILLY
Ick sollt ihn wat bringen von Ihrem Freund Reinhold. Paar Stiebel.
FRANZ
Na. Nett von ihm, und det sollst du mir bringen, der is zum Pi[e]pen. Komm mal her, du bist also die Cilly.
CILLY
Hat er dir schon erzählt von mir.
FRANZ
Viel. Wie alt biste denn, Cilly?
CILLY
Zwanzig.
FRANZ
Scheenes Alter für ne dreißigjährige Frau. Na wat weenste denn[?]
CILLY
Det kannste mal deinem Freund fragen, er is[n] Strolch, aber so sind die Männer[.]
FRANZ
Aber nich doch, Cilly. Is n Kavalier.
CILLY
Son Strolch, erst macht er een verliebt, det man nich aus die Oogen sehn kann, denn verduft er. Gestern hat er sich auch Jott weiß wie gehabt, gibt mir die Stiebel und ick soll sie herbringen und vorhin wie ich hingeh zu ihm, is er weg, verduft der feine Herr. Die Wirtin sagt, is verzogen, nach auswärts.
FRANZ
Na, denn is man wenigstens hübsch, daß du mir noch die Stiebel hergebracht hast.
CILLY
Mir hat er nischt hinterlassen.
FRANZ
Na vielleicht bin ick noch da, komm doch mal, Cilly, heul doch nich. (singt, zum Schluß mit ihr zusammen[:] »Schwör mir keine Treue, leist mir keinen Eid« u.s.w)
SPRECHER
Und vier Wochen später –
REINHOLD
Komm bloß her zu dir ruff, Franz, um mir zu bedanken[,] Franz.
FRANZ
Keen Grund, die Stiebel sind n bißken groß gewesen.
REINHOLD
Gefällt sie dir?
FRANZ
Natürlich. Hilft mir, macht Gänge for mir, hält mir die Bude in Ordnung.
REINHOLD
Also. Hat wohl zuerst sehr geheult.
FRANZ
Na macht sich. »Schwör mir keine Treue, leist mir keinen Eid« u.s.w
REINHOLD
Stimmt! Hast ihr nu schon ne janze Zeit, 5 Wochen.
FRANZ
Vier.
REINHOLD
Hast se noch nich über?
FRANZ
Ick ihr?
REINHOLD
Denn es reizt das Neue jedem mit der Zeit.
FRANZ
Nettes Mädel, looft for mir, hält mir die Bude in Ordnung.
REINHOLD
Ja.
FRANZ
Na was is nu lo[s].
REINHOLD
Hast se nich über?
FRANZ
Sag dir doch, ne, Mensch.
REINHOLD
So.
FRANZ
Na warum denn[?]
REINHOLD
Ick hätt wat for dir.
FRANZ
N Geschäft[?]
REINHOLD
Ooch a Geschäft.
FRANZ
Machen wir.
REINHOLD
N Krimmerkragen und ne Pelzmütze.
FRANZ
Kostenpunkt[?]
REINHOLD
Nischt. Kannste doch brauchen bei dein Geschäft.
FRANZ
Geklaut?
REINHOLD
Reelle Sache.
FRANZ
Na wieso?
REINHOLD
Sollst mirn Gefallen tun. Hab dir doch schon gesagt.
FRANZ
Hab nischt gehört.
REINHOLD
Denn denkst du, ick bin verrückt.
FRANZ
Also ick hör ja.
REINHOLD
Willste mir eene abnehmen[?]
FRANZ
Mädel?
REINHOLD
Was denn, Dus[s]el.
FRANZ
Und wat mach ick mit meine[?]
REINHOLD
Schmeißte auf die Straße, meinetwegen in Mülleimer, Ochse.
FRANZ
Denn mach det doch alleene, Mensch! Weeßte Reinhold, mit dir müßte man mal Fraktur reden. Du hast ja een sitzen. Du brauchst dir nich zu besaufen, du hast schon so einen, hier oben.
REINHOLD
Nu quatsch dir man reene aus.
FRANZ
Ja merkste denn nich, Kerl, wat de machst, det jeht doch nich, det muß doch mal schief gehen, holste dir eene nach der andern, schmeißt se weg, det geht nich.
REINHOLD
Warum jeht det nich[?]
FRANZ
Weil Weiber ooch Menschen sind.
REINHOLD
Und ick? Ick bin nischt?
FRANZ
Hab ick doch nicht jesagt.
REINHOLD
Bin ick etwa nischt, bin ick keen Mensch?
FRANZ
Ick sag bloß, holst dir eene nach der andern ran, machste verrückt, hat mir die Cilly gesagt und nachher schmeißt se raus. Ick nehm dir keene mehr ab, ick nich.
REINHOLD
Denn nich.
FRANZ
N Weib is auch ein Mensch, det sollste mal lernen, Reinhold, so geht man nich mit eim Mensch um wie du det tust, ob du nur Christ oder Heide bist.
REINHOLD
Vielleicht biste bald fertig.
FRANZ
Nee, det sag ick dir, weil du dir damit noch ins Unglück bringst.
REINHOLD
Meenste. Da wolln wir mal noch abwarten.
FRANZ
Hab dir geraten, Reinhold.
REINHOLD
Scheenen Dank.
SPRECHER
Dann ist ein Sonntag gewesen, den 8. April, da saß Franz am Fenster seiner kleinen Bude, nachmittags, warm und mollig in der Stube, draußen Schnee, hört er mit einmal Glockenläuten, ein furchtbarer Krach, bloß ne Minute lang, und wie er aufsteht, waren das keine Glocken gewesen, hat es bloß in seinen Ohren so furchtbar geknallt. Dachte Franz: was mag bloß passiert sein, daß mir die Ohren so klingen. Und der Cilly hat er nen Kuß gegeben und auf die Straße ist er runter, nachm Alex, wollt bloß mal sehn, ob was passiert ist. Trifft er da unten einen, den kennt er aus der Kneipe Prenzlauer Straße, der sagt, zu ihm, komm mit, Franze, kannst Geld verdienen bei uns, Franze, wir holen heut Obst. Hat Franze gelacht und gesagt: Is ja [n] merkwürdiges Unglück, daß ich heut noch Geld verdiene am Sonntag. Und bei Pums vorm Haus sind schon zwei Autos gestanden, da sind se eingestiegen, sechs Mann hoch.
Geräusch von Motoren, während des ganzen Folgenden.
1. AUTO
(mit Flüsterstimme) Was bist du für n Wagen?
2. AUTO
(ebenso) Alter Opel und du[?]
1. AUTO
Fiat. Ich steh schon drei Stunden und warte und warte, son Schnee, son Matsch.
2. AUTO
Ich auch.
1. AUTO
Weeste, worauf du wartest, Opel[?]
2. AUTO
Kann mir schon denken.
1. AUTO
Kaiser Wilhelmstraße, wollen nen Ding drehen.
2. AUTO
Is mir nischt Neues. Paß uff, sie kommen.
PUMS
Also haben alle Mäntel?
REINHOLD
Jawoll.
PUMS
N Abend Reinhold. Alles im Lot. Haste schon gesehen, wer heut mitmacht, kuck dir mal um, dein Biberkopf.
FRANZ
N Abend Reinhold. Siehste Reinhold, wo es n anständiges Geschäft gibt, wirste Franzen immer zu kriegen.
REINHOLD
Versteh ohne Brille.
PUMS
Nu mal vorwärts.
Autogeräusch.
1. AUTO
Ratter ratter, s geht los, haste gehört[?]
2. AUTO
Ratter ratter, det jeht nich gut ab du. Der jlaubt, er holt Obst ab von die Marchthalle.
1. AUTO
Was kann er denn machen, den haben sie ja zwischen sich.
2. AUTO
Das geht nich gut ab, paß auf, ratter, ratter.
FRANZ
Siehste Reinhold, nu treffen wir uns bei ner vernünftigen Arbeit und det jefällt mir von dir.
REINHOLD
Schön schön.
FRANZ
Weeßte Reinhold, manchmal braucht man einen Menschen bloß fest in die Kandare zu kriegen, denn jehts schon. Jetzt mußt du ooch Stange halten, mit die Weiber.
REINHOLD
Ick weeß.
FRANZ
Det haste mir zu verdanken, mein Junge.
REINHOLD
Ick weeß.
PUMS
Aussteigen, Lampen mit, zwei im Keller, drei über die Treppe, Biberkopf, Sie bleiben im Hausflur.
REINHOLD
Zigarre aus, du.
FRANZ
Warum denn[?]
REINHOLD
Weil icks sage.
1. AUTO
Ratter ratter, jetzt merkt er was.
2. AUTO
Der hat ihm eben die Zigarre aus der Hand geschlagen.
FRANZ
Die klauen! Die brechen ein! Dafür haben sie mir hergeschleppt!
1. AUTO
Jetzt merkt er was. Er hat mal in der Patsche gesessen.
FRANZ
Darum haben se mir hergeholt. Und darum hab ick vier Jahr in Tegel gesessen und hab geschworen, ick will anständig sein und jetzt steh ick Schmiere für die Strolche.
Tiergeräusche vom Schlachthof wie oben.
FRANZ
Der Lüders hat mir betrogen, die wollen mir janz in den Dreck ziehn. Die denken ick bin nischt. Ah! Man kann machen, was man will, die Welt is von Eisen, kommt wie eine Walze an, da sitzen sie drin, die Deibel, mit Hörner und Zähne, und zerfleischen einen, mit ihre Ketten, und wollen einen umbringen.
PUMS
Alles fertig, rin in die Wagen.
1. AUTO
Ratter ratter, hörst du Fiat. Jetzt sitzt Franz neben Reinhold und denkt, wat kann ick dem tun, dem Verbrecher und wie komm ick hier raus.
2. AUTO
Er kommt nich raus, die halten ihn fest.
PUMS
Vollgas! Fährt einer hinter uns!
REINHOLD
Dalli dalli.
1. AUTO
Fiat kuck mal, wie Franz lacht. Wie er sich freut, daß sie die Bande erwischen.
REINHOLD
Na wat lachste Kerl.
FRANZ
Wer ick doch lachen könn, ha haha, lach ick noch immer.
REINHOLD
Wat wist du lachen, Kerl, du lachst noch, vielleicht warum.
FRANZ
Na vielleicht warum. Du denkst du hast mich in die Tasche.
REINHOLD
Bist zu fein für uns, du Hund, wat?
1. AUTO
Fiat es geht los, sie haben ihn, drei Mann. Franz lacht nicht mehr. Er haut um sich.
FRANZ
Und ick freu mir ooch und jetzt jehn wir allesamt verschütt, ick meinetwegen mit.
REINHOLD
Maxe rück mal näher.
2. AUTO
Opel gib her, was du kannst. Sie wollen ihn aus dem Wagen schmeißen. Sie wollen ihn unter das andere Auto schmeißen. Opel gib her, was du kannst[.] Renne.
1. AUTO
Ick renn ja, ick renn ja.
FRANZ
(Gebrüll) Ah! Hilfe!
1. AUTO
Sie schmeißen ihn raus.
FRANZ
Hilfe!
2. AUTO
Er ist raus. Er liegt unter dem andern Auto.
1. AUTO
Was soll ich noch rennen, Fiat.
2. AUTO
[(]tonlos[)] Jetzt brauchst du nich mehr zu rennen.
Leises Lied: »In der Nacht, in der Nacht, wenn die Liebe erwacht«, – auch während des folgenden Gesprächs – darauf kesser, schmetternder Vergnügungsmarsch, Paukenschlag.
EVA
Ist es schlimm, Herr Doktor[?]
DOKTOR
Der Arm ist hin, meine Gnädige.
EVA
Darf ich ein paar Minuten zu ihm rein[?]
DOKTOR
Aber bitte.
FRANZ
Wer singt hier immer[?]
EVA
Franz du träumst, macht vielleicht das Morphium, haste Schmerzen?
FRANZ
Bißchen.
Musik, das Lied wie oben.
FRANZ
Mir haben die Hunde unters Auto geschmissen, sie denken, sie kriegen mir unter, – und sie haben mir auch unter gekriegt.
EVA
Du lebst doch, Franze, paß auf, du stehst bald auf.
FRANZ
Recht haben sie gehabt, da kuck mir an, glaubste, ick weeß nich, daß mein Arm ab is, der rechte Arm, sie wollens mir nich sagen. Aber recht haben sie gehabt.
EVA
Wer hat denn recht gehabt, wie kannst du das sagen, Franz.
FRANZ
Alle haben recht gehabt und ick bin der Ochse. Ick hab getan, was ick tun konnte, anständig sein, ich hab am Alex gestanden, in größtem Dreck, ick bin die Treppen gelaufen von morgens bis abends und hab gehandelt: es is [n]ischt, ein Ochse bin ich, ick, Franz Biberkopf, bin ein Ochse. Ja, meine Schulter.
EVA
Reg dich doch nich auf, Franz, die Schwester kommt rein.
FRANZ
Betrüger sind in der Welt, die haben die Welt und die [A]nständigen schmeißen sie aus den Wagen.
EVA
Du stehst bald auf, dann holst du dir den Halunken, den Mörder.
FRANZ
Recht hat er gehabt, recht hat der Reinhold, laß mir erst auf zwei Beene stehn. (singt laut das Lied mit)
SCHWESTER
Gehn Sie jetzt, gnädige Frau, ich geb ihm eine Spritze.
FRANZ
Ich brauch keine Spritze, mir gehts gut, ich bin bald wieder gesund, dann sollen sie sehen.
Musik: schmetternd, kess, wie oben, Paukenschlag.
Straßenlärm []
ZEITUNGSRUFER
[:] Sturz der Regierung in Oslo, die letzte Nacht im 6[-]Tagerennen, die Lage im Saargebiet verschärft, Zunahme der Arbeitslosigkeit, die große Bockwurst mit Salat, hier junger Mann die große Bockwurst, Vorzug der kleinen Motorspritze ist die leichte Bedienung, geringes Gewicht, geringer Umfang, das Mieterschutzgesetz ist ein Fetzen Papier, wir verlangen öffentliche Kredite an das Kleingewerbe, sofortiges Verbot aller Pfändungen im Kleingewerbe, meine Damen, meine Herren[,] ihr Herz lacht vor Freude, wenn Sie ein [H]eim mit unsern Möbeln besitzen, alles was Sie an Wohnlichkeit [v]erträumten, wird von dieser Wirklichkeit übertroffen. Sturz der Arbeiterregierung in Oslo, Resultate im 6[-]Tagerennen.
FRANZ
(lacht) Sturz der Regierung in Oslo, Resultate vom 6[-]Tagerennen.
MECK
Da is doch nischt zu lachen.
FRANZ
(lacht) Aber for mir.
MECK
Die werden dir noch vermöbeln, du, wenn du auch bloß einen Arm hast.
FRANZ
Ick wer doch lachen können über die Idioten, über die Schreihälse, über die Nachtigallen, horch mal wie sie singen.
AUSRUFER
Wie oben.
MECK
Die verdienen ehrlich ihr Geld.
FRANZ
Darüber lach ick eben. Idioten hab ick gesagt. Idioten, die müßte man alle in der 68 einpacken und nach Herzberge fahren. Komm nach die Münze. Da, kuck dir det an, kuck mal ins Schaufenster, »amerikanische Schnellbügelanstalt«, ehrlicher Mann, wat, arbeitsam, fleißiger Mann wat, steht von morgens bis abends da und bügelt, wat.
MECK
Na wat denkst du denn, wat der tut, aus Freude an der Arbeit tut ers nich, der braucht die paar Pfennige.
FRANZ
Jawollja sagt Olja[,] der bügelt, das is Sand in die Augen. Kuck mal, was da hinten am Bügel hängt, haha, alles jemaust, bloß unter gestellt. Ehrliche Leute, was, arbeitsam, fleißig. Komm Meck, ich zeig dir noch was.
MECK
Spielwarengeschäft, schöner Laden.
FRANZ
Großartig. Mit det kleine Zeug spielen die Göhren, kuck mal an, was det kostet, die kleinen Holzwagen, die Windmühle. Alles Heimarbeit, Meck, frag mal, wat die dafür bezahlt kriegen, hab ick ooch mal als kleiner Junge machen müssen, und wat haben wir für gekriegt, haha, die anständigen Leute.
MECK
Na Franz, du wirst wohl politisch.
FRANZ
Politik geht mir nischt an. Die Zeitungshändler, die gehn mir ooch nischt an. Wenn Menschen so dämlich sind, sich ausbeuten zu lassen, kann ich nischt dafür. Sollen sich ihren Kopf alleene zerbrechen.
MECK
Wenn alle so denken.
FRANZ
Mir hat ooch keener geholfen. Jetzt helf ich mir alleene.
MECK
Franze, oller Franze, du gefällst mir nich.
FRANZ
Es ist jetzt aus, Meck, mit dem guten alten Franz Biberkopf. (gesangsartig) Es ist die Schlacht geschlagen wohl auf dem freien Feld, ratatam, wir haben die Stadt genommen und das viele Geld gewonnen, geklommen, rattatam rattatam rattatam.
Lärm einer Kneipe: »Ach du lieber Augustin« wird gespielt und gesungen.
SPRECHER
Kaffeeklappe, Achtung, dufte Jungs.
GESPRÄCH
Polizeihunde, was die schon können, bei uns waren fünf Mann abgezogen durch die Mauer, wie kann ick dir genau sagen, unten durch den Boden durch, nanu Zementboden, graben n Loch, nachher kommen die Polizeichiens, det hätten sie hören müssen, ne, wir haben garnicht gehört, wir haben geschlafen, haha.
Gesang: »Es geht ein Rundgesang«.
GESPRÄCH
Und nachher kommt natürlich wer, Herr Polizeiwachtmeister, Oberwachtmeister Schwab, will sich wichtig tun. Kollege! Billig zu verkaufen braune Hose und schwarze Windjacke, Saisonausverkauf, braune Woche, rücksichtslos herabgesetzte Preise, ein paar Segeltuchschuh, mit Strohsohlen dran, eine Wolldecke, Mensch, die hättest du beim Hausvater abgeben müssen.
Gesang: »Es geht ein Rundgesang«.
EINER
Wat is denn det für ne Type[?]
2
N Einarmiger.
1
Du wieviel kriegst du dafür, daß du bloß ein Arm hast, Sechser?
2
Det is viel zuvill, die sollen keen Pfennig kriegen, die vielen Unterstützungen, die powern das Volk aus, können ja arbeiten.
1
Nehmen Sie Platz, Herr Baron.
AUSRUFER
Ein Paar Strohsandalen zu verkaufen, zum ersten, zum zweiten.
Musik:
STIMME
(flüsternd) Hiob.
HIOB
Wer ruft[?]
STIMME
Hiob.
[HIOB:]
Wer ist es[?]
STIMME
Hiob, du kannst die Augen nicht aufmachen, willst du keine Rettung[?]
HIOB
Nein.
STIMME
Wenn ich aber Satan oder der Böse bin und will dich holen.
HIOB
Ich will nicht.
STIMME
Warum nicht[?]
HIOB
Weil ich nicht will, ich will nicht mehr, du sollst mich kennen lernen.
STIMME
Sieh dich vor, Hiob.
HIOB
Da lach ich.
FRANZ
(lacht im Tone des Hiob weiter)
EINER
Der ist bei juter Laune, der Invalide.
HERBERT
Jotte doch. [D]er Franz, du hier.
FRANZ
Herbert, Mensch, du, und die Eva ooch.
EVA
Ja und die Eva ooch, und zu uns kommst du wohl nicht mehr, sind dir wohl nich fein genug.
FRANZ
War ja Straßenhändler, Eva, Zeitungen.
EVA
Na bist ja schon lange raus aus Tegel.
FRANZ
Schwamm drüber, bin mal so verrückt gewesen, hab en Vogel gehabt, Franz will anständig sein, n teures Geschäft, kuck mal, was ich dafür bezahlt habe, Arm ab.
HERBERT
Hab ich schon gesehn, wie es det gewesen?
FRANZ
Det hab ick bezahlt dafür und jetzt weeß ick, wat ich weeß.
HERBERT
Wat wiste machen mit dem eenen Arm.
FRANZ
Alles, jetzt trinken wir noch ne Molle.
EVA
Ich weiß eine für dich, Franze.
FRANZ
Prost Herbert.
EVA
Franzeken, du kannst doch nich so mit eim Arm rumlaufen, dir muß einer helfen.
FRANZ
Bist goldig, Eva.
EVA
Na ick freu mir, daß du wieder da bist, Franze. Ick kann dir ja nich viel helfen, ick bin Herbert seine, aber komm mal raus vor die Tür. Die Sonja is da, ick will sie dir zeigen.
Musik: »In der Nacht, in der Nacht, wenn die Liebe erwacht«.
EVA
Das ist Sonja, und ick freu mir ooch wirklich so, daß du wieder da bist, Franzeken, und dat du wieder zu uns kommst. Paß uff, jetzt wird alles gut werden. Und bist ooch gut zu ihm, Sonja. Wiedersehn, Sonja. Wiedersehn Franzeken.
FRANZ
Welln wirn bißchen gehn, Straßen runter.
MIEZE
Na ja.
FRANZ
Du heißt Sonja[?]
MIEZE
Mensch, du hast ja bloß einen Arm.
FRANZ
Ja.
MIEZE
Bist ausm Krieg[?]
FRANZ
Ja ausm Krieg.
MIEZE
Jefall ich dir, Franz?
FRANZ
Bist hübsch, Mädel. Wieviel wiegst du denn?
MIEZE
So in die Sachen 105.
FRANZ
Nanu, mehr wiegst du nich[?]
MIEZE
(kreischt) Reg mir doch nich uff uff die Straße, wat denken die Leute.
FRANZ
Wat Richtiges.
MIEZE
Wat denn[?]
FRANZ
Wat der mit seinem einen Arm kann und det is n feines Mädel.
MIEZE
Laß los, Franzeken.
FRANZ
Komm mit zu mir, ich zeig dir meine Bude. Kuck da bin ich, hier wohn ich, is nich groß, wie gefällts dir[?]
MIEZE
Ick muß mir erst hinsetzen, Franz.
FRANZ
Nu bin ick froh, ick jeh tanzen, n Mädel hab ick, die heißt aber nich Sonja, die muß Mieze heißen, Miezeken, du, ick han noch nie n Mädel gehabt, die Mieze heißt.
MIEZE
Ick heiße ja auch garnich Sonja, hat die Eva bloß jesagt, weil die alle so heißen.
FRANZ
Paß uff, Mieze, hier wohnst de und ick geh für dich verdien.
MIEZE
Laß man, du hast bloß een Arm, ick tu schon.
FRANZ
Ick wer verdienen, was haste gern, na wat?
MIEZE
Kleen Stieglitz.
FRANZ
Koof ick. Wat noch[?]
MIEZE
N Korbstuhl, zwee Korbstühle, für die Ecke, wo wir dran sitzen können, und denn [n] runder Tisch vor.
FRANZ
Koof ick alles.
MIEZE
Wo kriegste det Geld her[?]
FRANZ
Meine Sorge.
MIEZE
Ick helf dir.
FRANZ
Mach mal die Oogen zu. Wat is det[?]
MIEZE
Jott, hundert Märker.
FRANZ
Mach noch mal zu. Na warum weenst du denn[?]
MIEZE
Frei mir so. Mit dir Franze. Hab es so schlecht gehabt. Bin aus Bernau, die haben mir da rausgeschmissen und die Menschen sind alle so schlimm, du aber nich.
FRANZ
Ich nich, Mieze.
MIEZE
Will bei dir bleiben, Franze.
Musik: »Wenn die Soldaten durch die Stadt marschieren«.
FRANZ
Ick hab noch wat zu besorgen, Mieze.
MIEZE
Wo jehste hin, Franz[?]
FRANZ
Adjes. (liedartig) Wohin ich gehe, wer ich der Mieze nich sagen, er hat mir geschmissen ausm Wagen, durch den is mir der rechte Arm abgefahren, ich wer es ihm aber nich nachtragen. Aber an seinem Tisch muß ich sitzen, det muß ich, und wenn ich Blut soll schwitzen, und wenn er mir sollt niederknallen, ich muß da sitzen.
Musik wieder: »Wenn die Soldaten durch die Stadt marschieren«.
REINHOLD
(singt mit) Ei warum ei darum.
FRANZ
Poch poch.
REINHOLD
Ei warum ei darum, wer klopft, wat du, hab ick rin gerufen?
FRANZ
Ei warum ei darum, die Tür war offen, Reinhold.
REINHOLD
Ei bloß wegen dem Tschinderata. Da könnte ja jeder rin kommen, wenn die Tür offen ist.
FRANZ
Hab geklopft, Reinhold.
REINHOLD
Wat wiste hier[?]
FRANZ
Wunderst dir wohl, daß ick ruff komme.
REINHOLD
Paß mal uff, wie ick mir wundere.
FRANZ
Nich Reinhold, leg des weg, ick will doch nischt.
REINHOLD
Die Pistole brauch dir nich zu stören, die liegt bloß da und hört zu, Zeugen sind immer gut bei Gesprächen. Wenn die Soldaten durch die Stadt marschieren. Nu setz dir man hin. Bibberst ja[.]
FRANZ
Bibbere nich, is bloß so verflucht schwer still zu halten. Bin noch nich janz fest auf die Beine, Reinhold.
REINHOLD
Erhol dir man gut.
FRANZ
Ick will jetzt arbeiten.
REINHOLD
Richtig.
FRANZ
Woll.
REINHOLD
Also, hat lange gedauert, Mensch. Warum kommste grade zu mir? Hast doch Herbert[.]
FRANZ
Ne ick will zu dir.
REINHOLD
Is mehr Verlaß auf mir, was[?]
FRANZ
Ja.
REINHOLD
Zeig doch mal dein Arm, is ab, was.
FRANZ
Halbe Schulter mit.
REINHOLD (pfeift)
Donnerwetter. Hast noch Schwein gehabt, hättn Kopf kosten könn du.
FRANZ
Ick weeß.
REINHOLD
Siehst komisch aus, wie der Ärmel baumelt, wie ne Wurstpelle, ohne Wurscht. Mußt wat rin stoppen, komm mal her ick zeig dir.
FRANZ
Strümpe, ne det fällt wieder raus.
REINHOLD
Da mußte zum Schneider gehn, der macht dir det. Gibt ooch nen künstlichen Arm. Fällt sonst uff, Mensch mit eem Arm, erkennt dir jeder gleich wieder. Bibberst noch immer, wart mal, die Pi[]stole legen wir weg.
FRANZ
Möcht zu euch arbeiten.
REINHOLD
Schön von dir. Muß ick natürlich erst mit Pums und die andern sprechen. Morgen in unser Lokal, Prenzlauer, weeßt schon.
FRANZ
Dank schön, Reinhold.
REINHOLD
Und hier hastn Revolver und schieß mir doch tot du, haha, schieß doch.
FRANZ
Ick will ja nich, Reinhold.
REINHOLD
Also uff morgen.
Musik: »Wenn die Soldaten durch die Stadt marschieren«.
MIEZE
Siehst ja so blaß aus, Franzeken, wo bist gewesen[?]
FRANZ
Bisken forsch geloofen.
MIEZE
Mußte nich, bist doch noch schwach.
FRANZ
Bin nich schwach, bin ick nich, ick steh auf meine zwei Beene, ick komm wieder ganz hoch, soll keener sagen, ick bin schwach.
MIEZE
Hast son Knudel in dem Ärmel. N Strumpf, nanu.
FRANZ
Hat mir eener ringesteckt, macht nischt, n Spaßvogel, schmeiß weg, ick komm wieder hoch und denn wolln wir mal sehn, ob noch eener Franzen unter die Räder schmeißt. Heut jehn wir schwofen, Miezeken, Herbert und Eva müssen mit und trinken wollen wir.
MIEZE
Bist ja so uffgeregt, Mensch.
FRANZ
Es jeht in den Krieg, es jeht los!
MIEZE
Eva, ick hab ja solche Angst, wat is mit mein Franz, der redt so und wer hat ihm [] n Strumpf in n Ärmel gesteckt.
EVA
Wat fürn Strumpf?
MIEZE
Und jetzt will er trinken jehn.
EVA
Mußt uffpassen auf den, dat er keene Zicken macht, bei den weeß man nich.
MIEZE
Wat soll ick bloß machen.
EVA
Uffpassen.
MIEZE
Hilfst mir ooch.
EVA
Nu ja, Kleenes.
PUMS
Also von mir aus kann er kommen. Der Biberkopf ist zuverlässig, sonst hätt er uns ja verpfiffen.
REINHOLD
Sag ick ooch. Mensch wat hätt [n] anderer gemacht, so ausm Auto raus und mitm Arm.
[PUMS]
Alles jut. Bloß warum muß er jrade zu uns kommen, wenn er arbeten will, gibt doch andere Kolonnen. Der Herbert is doch sein Freund.
[REINHOLD]
(lacht) Das macht die Anhänglichkeit.
[PUMS]
Scheint mir ooch.
[REINHOLD]
Na wat kann schon sin. Einmal hat er schon Senge bezogen. Kommt er noch mal, ick hab noch Kleingeld überflüssig.
PUMS
So is richtig.
REINHOLD
Der Hund will wat von mir, von mir, verstehste. Dabei hat er jestern jebibbert, wie er bei mir uff die Bude war.
PUMS
Also da könn wirn wohl rin holen.
FRANZ
N Abend allerseits.
PUMS
N Abend. Wie jehts, Biberkopf[?]
FRANZ
Danke für gütige Nachfrage, ausgezeichnet.
PUMS
Sieht man. Also Biberkopf, Handschlag.
FRANZ
Könnt Euch auf mir verlassen.
PUMS
Wissen wir.
SPRECHER
Es geht los, auf ne Diebesfahrt, sollt mal sehn, wie Franz Biberkopf fährt. Zwischen Tuchballen hatten sie ihn damals eingeklemmt, dann die Türe auf, angefaßt, einen Stock über die Schulter und über den Kopf und dann in den Straßenmatsch runter vors Auto. Jetzt ist er aufm Damm, jetzt sitzt er stramm. Sie arbeiten, arbeiten und rauchen, wie sie nach Hause krauchen, da haben sie mächtige Pinke gemacht, das [] war nur eine Nacht. Und Berlin is groß, da gibts was zu erben, da brauch kein Mensch vor Hunger sterben.
REINHOLD
Nu rutschen wir mal zusammen, Franz, jetzt biste ja bei uns, wie is damit, wie heißt deine Braut.
FRANZ
Weeßte doch, Reinhold, Mieze, früher hieß sie Sonja.
REINHOLD
Zeigst sie uns nich, is wohl zu fein für uns.
FRANZ
Hab doch keene Menagerie, dat ich sie dir zeigen muß.
REINHOLD
Hübsches Mädel, wat[?]
FRANZ
Soll schon sein.
REINHOLD
Hast ihr wohl sehr gern, Franz.
FRANZ
Nu hör schon uff mit dem Quatsch. Hast wohl dein Vogel noch immer. Denkst wohl, Reinhold, ick fürcht mir vor dir, weil ich dir das Mädchen nich zeige. Für manche Leute is janz jut, daß sie nich überall ihre Nase rinstecken. Wat kuckste mir an. Du meenst wirklich, ick fürcht mir vor dir, wegen Mieze.
REINHOLD
Kann die doch ankucken.
FRANZ
Also du willst die Mieze sehn. Sollste haben. Sollste!
REINHOLD
Vielleicht verzicht ich auf deine Gnade. Vielleicht geht der Reinhold mal alleene zu ihr ruff.
FRANZ
Hat er garnich nötig, sollste sehen, wat det fürn Prachtmädel [is]. Und die hängt an mir, sollste ma sehn.
FRANZ
Det is mein Freund Reinhold, Mieze, der wollt dir mal kennen lernen. Weeßte wat der meint: istn ganzer Herzensbrecher wie er im Buch steht, und wenn er will, kriegt er alle.
MIEZE
Na mir nich.
FRANZ
Alle, hab ich gesagt, Mieze.
REINHOLD
Wenn der mir gleich schlecht macht, Fräulein, ick bin n kranker schwächlicher Mann.
FRANZ
Na nu zieh man nich zurück.
REINHOLD
Kann keen Troppen Alkohol vertragen. Und denn soll ick mir uffspielen als Herzensbrecher. Nee Fräulein, wir waren bloß als neugierig auf sie, weil Franz sie garnich zeigt im Verein, haben doch in Berlin keine Käfige für Frauen.
MIEZE
(leise) Warum bringst du den ruff, Franz[?]
FRANZ
Möchte dir kennen lernen, Kleenes.
MIEZE
Magst mir nich mehr, Franz.
FRANZ
Miezeken, die r[e]den doch über mir. – Na nu hast se ja gesehn, Reinhold[,] und wenn du sie mal unten triffst, weeßte wers is, die Mieze, der Reinhold.
REINHOLD
(leise) Fein is se, Franz, n Puppchen, hängt an dir wie Pech und Schwefel. Kommste mit runter[?]
MIEZE
Ick bin dein, Franz.
FRANZ
Weeß.
MIEZE
Ick bin dein, Franz.
FRANZ
Aber ja Mulleken. Wat heulst de. Adjes. Wat sagste nu, Reinhold?
REINHOLD
Adjö, Fräulein.
MIEZE
(ein Leierkasten spielt: »Ich hab mein Herz in Heidelberg …«) Wat bringt er mir den ruff, pfui son Kerl, (klopft) Eva!
EVA
Na. Na. Miezeken, wat heulste.
MIEZE
Der jeht mit sone Kerle um.
EVA
Wat Kerle. Kennst dir noch nich aus auf Männer. Is janz jut, daß er dir welche ruffbringt, kannste doch begutachten. Immer die Augen auf, Mieze. Ick sag dir doch, auf den Franz mußt du uffpassen, mit wem der umgeht. Die machen mit ihm, wat sie wollen.
(Der Leierkasten spielt, Mieze spricht dazu.)
MIEZE
Det is ne falsche Gesellschaft; wann kommt er denn nach Hause? Ick wer mir mal ne Bluse anziehen, wer mal horchen, wat die machen. Wo ist mein Hut, Handschuh[?] Daß ich mein Herz in Heidelberg verloren, mein Herz es schlägt am Neckarstrand.
REINHOLD
Tag, Fräulein[.] Sie wollten wohl jrade weg[?]
MIEZE
Was wollen Sie?
REINHOLD
Der Biberkopf ist weg, muß was besorgen für uns, geschäftlich. Dacht ich mir –
MIEZE
Was[?]
REINHOLD
Geh mal ruff zu ihr. Ein armer Mann ohne Anhang wie ick, wat soll er machen. Sie werden mich ja nich gleich rausschmeißen.
MIEZE
Ick muß jetzt runter.
REINHOLD
Haben mir so gefalln, wie sie mit Biberkopfen sind. Sone Anhänglichkeit, det hab ich gern, det giebts nich viel.
MIEZE
Ich – muß runter.
REINHOLD
Gehn wir zusammen, Fräulein, wat wolln Se an som schönen Tag machen, alleene.
MIEZE
Sagen Sie, wat – sind Sie eigentlich für Leute da im Verein?
REINHOLD
Nette Leute, Fräuleinchen, wollen Se se mal kennen lernen[?] Ich könnte Ihnen noch allerhand erzählen, ooch von Franz und wat Se wollen.
MIEZE
Na ja, vielleicht n ander Mal.
REINHOLD
Ne heute, Fräulein. Heut is schönes Wetter, det kommt so bald nich wieder. Ick habn Freund, der Klempner Karl, hatn Auto, da fahren wirn bißchen raus.
MIEZE
Ihr seid aber feine Jungs.
REINHOLD
Alles nötig fürs Geschäft, Fräulein. Auf fremde Schofföre kann sich unsereins nicht verlassen.
MIEZE
Fein! Fahren wir Auto.
REINHOLD
Fahren wir nach Freienwalde, bißchen ins Grüne. Bis Franz da is, sind wir wieder zurück.
MIEZE
Komm schon. Bloß mein Mantel.
Autofahrt.
MIEZE
Ach, es ist schön zu fahren mit Ihnen, Reinhold.
SPRECHER
Du freust dich, Mieze, mit ihm zu fahren.
MIEZE
Ja ick freu mir.
SPRECHER
Du denkst, für deinen Franz was zu tun, du fürchtest um ihn.
MIEZE
Ja.
SPRECHER
Du willst alles für ihn tun, was du kannst[?]
MIEZE
Ja.
SPRECHER
Du wirst auch für ihn dein Leben lassen[?]
MIEZE
Ja. Ja.
REINHOLD
Und das ist also Freienwalde. Dank schön Karl, kannst hier warten. Und jetzt jehn wir n bißchen spazieren im Wald.
MIEZE
Ick bin schon lange nich im Wald gewesen.
REINHOLD
Brauchst dir bloß an uns zu halten, kleine Mieze, wir haben alles, Auto, Geld.
MIEZE
Ick denk Sie sind a schwacher Mann ohne Anhang.
REINHOLD
Wat sagt man nich alles, wenn a Fräulein hübsch is und nich will.
MIEZE
Sie sind die richtige Marke. Wie schön sind die Bäume hier in Freienwalde. Hören Sie mal wie die rauschen. Wie Musik, wat[?]
REINHOLD
Ja.
MIEZE
Wie die rauschen.
(Wind und Bäume rauschen, dabei die Musik, an- und abschwellend: »Es ist ein Schnitter, der heißt Tod.«)
MIEZE
Schön rauschen die. Hören Sie bloß.
(Bäume: »Es ist ein Schnitter«, Musik)
MIEZE
Bißchen traurig.
REINHOLD
Schön, wenn man so geht, mit ein hübsches kleines Fräulein.
MIEZE
Und ick freu mir ooch. Wissen Se worüber? Wissen Se worüber? Weil Sie nen rechten Arm haben, es jeht sich besser. Franz hat keen. Haben Sie eigentlich keine Freund[in?]
REINHOLD
Du lieber Gott, da jibt es allerhand, det kennen Sie doch auch, Fräulein. Sie haben da ein Freund, der is solide und tut was für Sie. Aber son Mädchen heute will nischt als Jeld und sich amüsieren. Herz sowas jibts nich mehr.
MIEZE
Haben Se aber Pech.
REINHOLD
Lauter Bruch. Nachn paar Wochen sitzen Se wieder da.
MIEZE
Bißchen Abwechslung is wohl ooch dabei.
REINHOLD
Ha, warum nich, sind doch alle Menschen.
MIEZE
Tätowiert sind Sie ooch, in beide Hände, zeigen Se mal. (kreischt) Nich doch, was fällt Ihnen denn ein.
REINHOLD
Hab dir doch nich, Mensch.
MIEZE
Ick jeh los.
REINHOLD
Na sein Se man nich so, Fräulein, det war nur son Momentchen, es jibt im Menschenleben manchesmal Momentchen.
MIEZE
Ihr seid wohl alle so bei Pums[?]
REINHOLD
Kommt druff an, gut Kirschen essen is mit uns nich.
MIEZE
Na wat machen Sie da alles[?]
REINHOLD
Ach Mieze, det fragst du am besten dein Franz.
MIEZE
Der sagt nischt.
REINHOLD
Gut is das, schlau, besser nischt sagen.
MIEZE
Aber mir.
REINHOLD
Wat wiste wissen[?]
MIEZE
Was Ihr macht.
REINHOLD
Krieg i[c]kn Kuß[?]
MIEZE
Wenn Sie mir sagen.
(Bäume, Musik, dazu die Worte): Jegliches seine Zeit, pflanzen und ausrotten, geboren werden und sterben, suchen und verlieren, zerreißen und zunähen, jegliches seine Zeit.
MIEZE
Jetzt läßt du mir los, ick krieg keene Luft, wat denkste von mir.
REINHOLD
Sag mal Mädel, du bist dochn hübsches Stück, wie kannste dir bloß son Kerl ausbuddeln wie den Franz, mit eem Arm, son hübsches Mädel, kriegst doch zehn an jedem Finger.
MIEZE
Quatsch nich Krause.
REINHOLD
Liebe is blind auf beede Oogen. Dein Franz, weeßte, wat der bei uns spielen will, bei uns jetzt? N dicken Wilhelm. Da haste ne feine Nummer erwischt.
MIEZE
Tätowiert.
REINHOLD
Die Hand, jawoll, studierst mir ja ordentlich aus.
MIEZE
Am Arm ooch.
REINHOLD
Een Ambos. Is mei[n] Wappen.
MIEZE
Muß man sich ja fürchten vor Se.
REINHOLD
Oh du nich, du nich, Mieze, vielleicht andere.
MIEZE
Sie sehen ganz anders aus, wenn Sie so sprechen.
REINHOLD
Mag sein, hat dir woll deiner ooch geschoben, der Biberkopf.
MIEZE
Der erzählt janischt, und von Sie hab ick noch nie wat gehört.
REINHOLD
Hefe. Hat er ooch allen Grund, Mieze. Noch wat erzählen, wie der lackiert ist, dein Freund.
MIEZE
Ick will det nich hören, ick denk, Sie sind sein Freund.
REINHOLD
Mensch, Mädel, un son Kerl fängst dir, son Schlapper mit eem Arm.
MIEZE
Ick jeh los.
REINHOLD
Renn man nich mit n Kopp an die Bäume, n Kuß will ick, her!
MIEZE
Laß mir los.
REINHOLD
Nanu, du haust mir?
MIEZE
Laß mir los, ick geh, du Strolch.
REINHOLD
Wat bin ick[?]
MIEZE
Strolch[.]
REINHOLD
Erst kommste mit, läßt dir Auto fahren, willst mir aushorchen und dann sagste Strolch. Setzte dir her, Kröte, in die Kute.
MIEZE
Laß mir los.
REINHOLD
Setzt der her. Bist o[o]ch so eene wie dein Franz? Der wollte o[o]ch mal so, wies in seine Birne steckt, nicht mithelfen bei de Arbeit[,] is zu fein, anständig, wat[?]. Bist ooch zu fein for mir, wat? Da haben wir den genommen, du, ick hier mit meinem Arm, und raus aus dem Auto.
MIEZE
Wat, du[?]
REINHOLD
Ja ick! Jetzt weeßt, wo er seinen anderen Arm hat.
MIEZE
Mörder! Du bist ein Mörder.
REINHOLD
Nu schrei.
MIEZE
Ick will weg. Hilfe! Franze.
REINHOLD
Wat, du schreist[?]
MIEZE
Franz! Komm! Franzeken, Franz!
REINHOLD
Schrei man, dein Franze.
(Wind, Bäumerauschen: »[E]s ist ein Schnitter der heißt Tod« sehr laut, hart dann: »Jegliches hat seine Zeit, pflanzen und ausrotten, zerreißen und zunähen, schweigen und reden, würgen und heilen, jegliches seine Zeit.«)
SPRECHER
Franz Biberkopf, du hörst nicht, was sie singen. Du gehst rum, du bist vergnügt. Mieze hat dir helfen wollen. Es war nichts.
FRANZ
(singt den Schlager: »Du bist das süßeste Mädel der Welt.«)
FRAUENSTIMME
Ach, ach ich muß klagen, daß es so gekommen ist mit ihr. Ich bin eine einfache Frau, die diese Geschichte hört, ich kann nicht glauben, daß es aus ist mit Mieze. Warum, warum[?] Sie war die Tochter eines Straßenbahnschaffners aus Bernau, sie waren drei Kinder zu Haus, sie ging öfter alleine aus, ging tanzen nach Berlin, Chausseestraße zu Lestmann und wo anders, und ein paarmal wurde es abends zu spät, da traute sie sich nicht zurück nach Haus und blieb in Berlin. Sie hatte viele Bekannte und manchen Freund. Aber zuletzt blieb sie nur mit einem vereint, das war ein einarmiger starker Mann, den Mieze auf einen Blick lieb gewann und ist ihm gut geblieben bis an das Ende. Was fürn Ende, ein furchtbares Ende, ich mags nicht glauben; ist das das Leben? Sie wurde erschlagen, weil sie neben ihm stand, zufällig neben ihm.
SPRECHER
Und was wirst du tun, Franz[?]
EVA
Sitzt so im Dustern, Franz, steck doch das Gas an.
FRANZ
N Abend Eva. Die Mieze läßt mir sitzen, ist det möglich.
EVA
Kommt schon wieder, Mensch, wird dir nich wegloofen.
FRANZ
Gräme mir aber, sitz schon vier Tage und warum kommt se nich.
EVA
Vielleicht kleene Spritztour gemacht, die hat ihre Einfälle.
FRANZ
Komisch is det, komisch is det.
EVA
Herbert, ick kann det nich ansehn.
HERBERT
Wat wiste Eva[?]
EVA
Der Franz sitzt da und sitzt und sitzt und in der Zeitung steht ooch nischt.
HERBERT
Wird ihm ausgerissen sind. Wenn von alle Frauen in die Zeitungen steht, die ausreißen.
EVA
Is nich wahr, is nich ausgerissen. Ick hab schon im Schauhaus nachgesehn. Oh, det is ein Unglück mit Franz.
HERBERT
Jotte doch, nimmt er sich ne andere.
EVA
Haste nischt jehört bei Euch im Verein, oder bei Pums, wat erzählen die sich.
HERBERT
Mit die hab ick nischt zu tun. Hab nischt gehört.
EVA
Die halten dicht.
HERBERT
Wat sollen sie denn dicht halten, werden sich anm Mädel vergreifen, bei dir rappelts wohl.
REINHOLD
Der Klempner Karl muß rausgeschmissen werden. Der kann nischt, Pums, der vermasselt uns jede Tour.
PUMS
Mußt nicht solche Wut auf den haben, Reinhold. Det isn guter Schofför. Wenn mal das Gebläse nicht geht, kann jedem mal passieren, haste gesehn, wie er sich die Pfoten bei verbrannt hat, Pech.
REINHOLD
Der Kerl muß raus. Den könn wir nich brauchen. Ick dreh keen Ding mehr mit dem. Des hab ich gesagt, Pums nu könnt Ihr wählen.
PUMS
Soll eener verstehn, wat in dein Kopp lo[s] ist. Erst machste mit dem die schönsten Touren, erst neulich nach Freienwalde, und mit eenmal is aus.
REINHOLD
Der Hund grient immer, wenn er mir sieht.
PUMS
Hab ick noch nich jesehn.
REINHOLD
Ick aber. Wat hat der Kerl zu lachen, dem hau ick die Zähne in.
PUMS
Laß den doch grienen, ich wers ihm sagen.
REINHOLD
Nischt. Raus soll der, raus.
KLEMPNERKARL
Pst du, Maxe, mir hat Pums gestoßen, der Reinhold mag mir nich, ick soll raus ausm Verein.
MAX
Warum denn Karl[?]
KARL
Wird er schon wissen, weeß ooch. Aber laß man. Kann auch ohne den leben. Machste mit mir mit, Maxe[?] Ick weeß wat, Elsasserstraße, ick habn Tip[].
REINHOLD (lacht)
Pums! Aha!
PUMS
Na wat fürn aha.
REINHOLD
Haha, sie haben ihn. Da lees mal, den Klempnerkarl: Aujust Lempe, det is er.
PUMS
Wo steht det[?]. In der Elsasserstraße wurden bei einem Einbruch in flagranti erwischt – na sone Anfänger.
REINHOLD
Sag ick doch. Haha, freut mir, der steckt im Loch, Zellgefängnis, Präsidium, panoptischer Bau, steckt die Signalstange raus, haha. Da jeh ick hin und bedank mir bei der Polizei.
KLEMPNERKARL
Ick will zum Vernehmungsrichter, Herr Wachtmeister, Lempe, Aujust Lempe.
WACHTMEISTER
Ich weiß, Klempnerkarl. Bischen warten werden Sie wohl können.
KARL
Kann aber nicht warten, hab die janze Nacht nich jeschlafen, is wat Eiliges.
WACHTMEISTER
Hier schläft keener ordentlich, det jibt sich, sind schon sechs vorgemeldet, haben alle wat Eiliges.
KARL
Machen Se doch, wenn ick Ihn sage, nachher is zu spät.
WACHTMEISTER
Menschenskind.
KARL
Ick bitte um Entschuldigung, Herr Amtsgerichtsrat, hab die janze Nacht nich schlafen können, es is wat sehr Eiliges, aber erst muß ich Ihnen wat fragen.
RICHTER
Also.
KARL
Wer hat mir verpfiffen[?]
RICHTER
Na hören Sie mal Lempe, dazu drängen Sie sich vor.
KARL
Na brauchens mir janich zu sagen, Gerichtsrat, ick weeß schon alleene, kann mir schon denken.
RICHTER
Also.
KARL
Ick wollt Ihn bloß sagen, dat det sehr dämlich war von dem, Herr Amtsrichter, det er mir verpfiffen hat. Sehr dämlich. Werdn sofort wissen, warum.
RICHTER
Nu man lo[s] Lempe, was gibts.
KARL
Ick – kenne – diesen Reinhold.
RICHTER
Welchen? Reinhold, ist mir nicht bekannt oder wie nennt er sich sonst[?]
KARL
Bei uns heißt er Reinhold, da wird er sich nich so genannt haben, in die Akten, vielleicht hat er ooch eenen vorgeschoben.
RICHTER
So so, na weiter.
KARL
Bei uns heißt er Reinhold und ick war mit ihm sehr gut befreundet.
RICHTER
Sie haben wohl mit ihm zusammen gearbeitet.
KARL
Det hab ick nich jesagt, Herr Amtsgerichtsrat.
RICHTER
Verstehe, Geschäftsgeheimnis.
KARL
Bin Schofför und habn Auto an der Hand.
RICHTER
Verstehe, kann man manchmal brauchen, nicht.
KARL
Und da bin ick mal mit ihm spazieren gefahren, vor, na so zehn Tagen is her, undn Mädel war auch bei. Aber det war nich seins, det war det Mädel vonn Andern, von den Biberkopf.
RICHTER
Weiter.
KARL
Na da sind wir rausgefahren nach Freienwalde (stockt)[.]
RICHTER
Was is nu lo[s], Lempe, wen geht das was an, wenn Sie nach Freienwalde fahren.
KARL
Geht mich wat an, Herr Amtsgerichtsrat, und Sie auch. Mir hat der Hund ja darum verpfiffen, denn soll er auch wissen, was gespielt wird. So dämlich wie sein Biberkopf sind wir noch lange nicht. Mit dem Mädchen – da hat er was gemacht.
RICHTER
Komische Geschichte. Na reden Sie mal weiter.
KARL
Die wollt nich, det weeß ick ganz genau, det is bombensicher, hingebracht hab ick ihr und zurück is bloß der Reinhold mit mir gefahren.
RICHTER
Und das Mädel.
KARL
(heult)
RICHTER
Na setzen Sie sich man mal. Wollen Sien Glas Wasser[?]
KARL