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Der Junge vermisst seinen Vater. Einfach verschwunden ist der, als der Wald brannte. Oder steckt viel mehr dahinter? Denn dunkle Träume greifen nach ihm, seitdem, immer wieder, Tag und Nacht. Doch er wird nicht aufgeben. Noch nicht. Er will gegen die Dunkelheit kämpfen. Mit allem, was er hat. Für sein Leben, für das seiner Mutter - und für alle auf der Welt, die Angst vor der Dunklen Geschichte haben! "Unsere Traumwelt ist geschlagen. Ihre Farben beugen sich vor grauer Wirklichkeit. Wie retten wir sie ohne Hilfe?", Atahualpa, der letzte König der Inka, 1532
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Seitenzahl: 56
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Andreas Krauße
Die gestohlene Zeit
Kurzgeschichte
Andreas Krauße, Jahrgang 1968, wuchs in einem Märchenland auf, das heute verschwunden ist. Seine feste Burg war umringt von sieben blauen Seen und nicht wenig flachem Land. Schon als Junge flog er hoch hinauf zu den Wolken. Er wollte sehen, was dahinter ist. Später studierte er zwischen hellen Bergen über den Ursprung der Energie. Dort, wo ein König einst sein Gewicht in Gold aufwog. Er wollte wissen, wie alles funktioniert. Zu jeder Zeit aber träumte er! Denn verwoben mit der Fantasie, glitzert die Welt so festlich, wie sie immer sein wollte! Heute lebt Andreas im Norden; er schreibt Geschichten, Novellen und Romane. Es sind seine Träume, in Worte gefasst. Lies sie – genau dafür hat er sie aufgeschrieben!
Impressum
© 2023 Andreas Krauße
2. Auflage
ISBN Softcover: 978-3-384-00618-9
ISBN E-Book: 978-3-384-00619-6
Druck und Vertrieb: tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Autors ist unzulässig. Die Herausgabe und der Vertrieb erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung »Impressumservice«, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Deutschland.
»Unsere Traumwelt ist geschlagen. Ihre Farben beugen sich vor grauer Wirklichkeit. Wie retten wir sie ohne Hilfe?«,
Atahualpa, der letzte König der Inka, 1532
Cover
Titelblatt
Urheberrechte
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Cover
Titelblatt
Urheberrechte
Kapitel 1
Kapitel 12
Cover
1
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Der ganze Wald brannte. Hoch wie ein lebendes Haus und undurchdringlich wie das Dickicht alles verschlingenden Nebels erhoben sich die sengenden Flammen in ihm. Der Wind war ihnen ein treuer Begleiter. Schöpfte er Atem, kosteten ihre glühenden Spitzen lauernd an den Kronen der alten Bäume, die über sie hinaus ragten. Blies er seinen Odem aus, drängten die Flammen lodernd vorwärts. Und fraßen alles gierig auf ihrem Weg. Überall dort, wo sie vorüber waren, blieb nur schwarze qualmende Wüste übrig.
Die Flammen sahen ihn an.
Der Junge spürte ihre hungrigen Blicke. Er musste dem Feuer entkommen! Panisch drehte er sich um und lief los mit der Angst in seiner Brust, die ihm dazu riet. Er lief einfach fort. Was konnte er schon besseres tun?
Wäre er ein Adler, würde er die mächtigen Schwingen ausbreiten. Und das rasende Unglück weit unter sich zurück lassen.
Der Junge seufzte. Er war kein Adler. Nur ein Junge.
Hinter sich hörte er das näherrückende Sterben. Altes Holz zerplatzte in der Hitze. Der Saft junger Büsche verging zischend in der tödlichen Glut. War es der dichte Rauch, der ihm Tränen in die Augen trieb?
Unsägliche Hitze spürte der Junge plötzlich ganz nah über sich. Erschrocken drehte er sich um.
Etwas Schwarzes raste auf ihn zu. Fuhr tief in die schmerzende Lunge. Nahm ihm den Atem. Wie dicht der Rauch war!
Heiß griffen die zuckenden Flammen nach ihm. Ließen nicht mehr los. So sehr er sich auch wand. Sie lachten dabei.
Ganz deutlich hörte er höhnisches Gelächter. Oder war es Wutgeschrei? Verzweifelt schloss er seine Augen.
Dann fiel er.
Und fiel.
Der Junge erwachte schweißgebadet. Etwas Helles war noch bei dem Dunklen Lachen gewesen. Hatte ihn beschützt und aufgefangen, als er fiel. Es hatte dafür einen Schwur gefordert von ihm. In dem Augenblick, als es ihn auffing.
Niemals dürfe das Dunkel, das in ihn gefahren sei, wieder nach Außen dringen. Er solle es in sich verschließen. Nie darüber reden. So lange er dies befolge, sei die Welt in Sicherheit.
Der Junge hatte die Furcht des Dunkel vor seinem Schwur gespürt. Hatte gefühlt, wie es rumorte in ihm. Und drohte.
Also tat das Hell Recht in dem, was es von ihm forderte. Und es erübrigte sich, jetzt zu fragen, welches Dunkel in ihm sei. Nie würde er es preisgeben, hatte er geschworen.
Solange das Hell ihm dabei helfen würde.
Die Bettdecke klebte am Körper des Jungen. Eng umschlungen hielt sie ihn fest. Als wolle sie den Alptraum noch etwas auskosten. Einen Augenblick lang brauchte er, bevor er die Augen öffnete. Dann warf er die Decke von sich und genoss die Kälte.
Sein Zimmer lag im Dunkel. Nur der Mond lugte zwischen den Wolkenfetzen hindurch in das Fenster herein. Kalte helle Streifen warf er in das Zimmer.
Das Bildnis des letzten Inkakönigs an der Wand kämpfte gegen die Kälte des Lichts an. Verloren wirkte es im Mondlicht. Hilflos. Wie der König darauf, der vor langer Zeit gestorben war. Er hatte für das Licht gestritten. Und alles verloren im Dunkel.
Jedes Mal, wenn der Junge den König betrachtete, glaubte er, dessen Blick auf sich zu spüren. Voll Hoffnung. Dass sich alles zum Guten wenden würde. Vielleicht hatte er das Bild deshalb aufbewahrt.
Ganz langsam rückte das Bildnis wieder in den sicheren Schatten hinein. Und kein Laut drang in das Zimmer.
Das Einzige, was der Junge hörte, war sein Keuchen. Noch vom Traum. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Wusste, warum er ihn geträumt hatte.
Was war damals wirklich geschehen? Als der Wald brannte. Und Vater verschwand.
Vor dem Brand hatte es eine Zeit gegeben, in der er glücklich war.
Er dachte an die alte Bank am Kamin. Auf der er, eingekuschelt in weiche Kissen, so gern Vaters Geschichten gelauscht hatte. Mutter hatte ihm oft Kekse in die kleinen Hände gelegt. Sich zu ihm gesetzt. Ihm die Stirn geküsst.
Kaum gespürt hatte er die Liebkosung damals. So gebannt war er von Vaters Worten gewesen. Und doch erinnerte er sich heute daran.
Nur manchmal hatte er Mutters blitzendes Lächeln bemerkt. Wenn er gedankenverloren zu ihr sah. Sie musste gespürt haben, dass er gerade in einer ganz anderen Welt unterwegs war. Deshalb wohl ließ sie ihn gewähren. Sie hatten ja Zeit. Viel Zeit. Dachten sie.
Für einen Augenblick lang spürte der Junge einen Hauch dieser glücklichen Zeit in sein Zimmer wehen. Er lächelte.
Doch es kam noch etwas nach diesem Glück. Und es machte alles zunichte, was er liebte.
In dieser Zeit nach dem Glück war Vater still. Seine Augen stumpf. Und der Körper ganz dünn.
Auch Mutter lächelte nicht mehr. Oft hatte der Junge gesehen, wie sie verstohlen ihre Augen trocknete.
Das war die gestohlene Zeit.